Durch die Wüste... Tunesien – auf den Spuren von Kara Ben Nemsi Text und Fotos Frank Hoffmann

„Wir hatten ein Gelände erreicht, auf dem in der Dunkelheit hatten wir unser idyllisches, Tal und Hügel wechselten. Die wellenförmi- gemütliches Camp inmitten der Palmengär- gen Erhebungen bestanden zwar aus hartem, ten von verlassen und erreichten über haltbarem Salz, die Talmulden aber aus ei- das armselige Nest die Einfahrt zum ner zähen breiartigen Masse, in der sich nur el . einzelne schmale Punkte befanden, auf de- Zuerst ging es mal an verrosteten Verbots- nen Mensch und Tier nur unter höchster Auf- schildern vorbei. Die nächsten Kilometer merksamkeit und mit der größten Gefahr zu pflügen wir durch lockeren Sand. Nur die fast fußen vermochten. Und dabei ging mir, ob- verwehten Radspuren von Lastwagen zeigen wohl ich auf dem Pferd saß, das grüne Was- uns in etwa den Weg. Endlich ist der Sand zu ser oft bis an die Oberschenkel, so daß die Ende. Um jedoch die etwas festere Erdpiste Stellen, auf denen man sicher war, erst unter zu erreichen, bietet sich erst mal eine hun- der Flut gesucht werden mußten. Dabei war dert Meter lange Schlammpassage an. das allerschlimmste, daß der Führer und dann wieder auch die Tiere diese Stellen erst Das erste Fahrzeug bewältigt schlingernd und prüfen mußten, ehe sie sich mit dem ganzen schlabbernd die Pampe und gerät wenige Me- Gewicht darauf wagen konnten, und doch ter, bevor die Pneus sich über einigermaßen war dieser Halt so gering, so trügerisch und festen Boden hätten freuen können, in eine verräterisch, daß man keinen Augenblick zu lockere Salzsenke. lange darauf verweilen durfte, wenn man Wie gesagt, das Fahrzeug steckt nun bis zu nicht versinken wollte – es war fürchter- den Achsen im lockeren Salz. Der unglück- lich.“*) liche Fahrer gibt zornig Gas. Langsam wühlt sich das Fahrzeug noch tiefer und sitzt end- Obwohl vorangegangener Text bereits vor lich mit dem Bodenblech auf. Ungeduld wird über 100 Jahren zu Papier gebracht wurde, geht es uns im Augenblick ähnlich. Damals ließ Karl May mit diesen Zeilen sei- ne Helden Kara Ben Nemsi und dessen treu- en Diener und Gefährten Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd Al Gossarah den Großen Salzsee – das Chott el Djerid – mit Reittieren über- queren. Wir sind mit ein paar Pferdestärken mehr an- getreten. Aber eines unserer Fahrzeuge ist al- lerdings schon versunken und steckt bis zu den Achsen im Salz. In solchen Augenblicken stellt sich mir die Frage: „Was tust du ei- gentlich hier – hier mitten auf dem Chott el Djerid, morgens um sieben?“ Übers Chott el Djerid

Aber die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Mit drei Fahrzeugen – drei VW-Bullys – wa- ren wir aus Deutschland aufgebrochen, um das nordafrikanische Land Tunesien unter die Räder zu nehmen. Im Hafen von Tunis waren wir vor einigen Tagen angekommen und durch die Wein- plantagen von Mornag zum Kamelmarkt nach Nabeul gereist. Wir hatten das giganti- sche Kolosseum von El Djem bestiegen und uns von einer Berberfamilie an der Küste bei Sfax zum Couscous-Essen einladen lassen. Wir waren hinaufgefahren in die heimeligen Bergoasen Tamerza und Chebika und hatten gebadet in den warmen Bewässerungsgräben der Oase Tozeur unter malerischen Dattel- palmen. Heute morgen aber waren wir aufgebrochen, um den Großen Salzsee zu überqueren. Noch hier umgehend bestraft. Mit Hilfe von Be- nem Durchmesser von etwa fünf Metern die duinen, die uns entgegenkommen und mit Weiterfahrt versagt. Klares salziges Wasser ihren Eselkarren in der Nacht das Chott über- blubbert wie aus einem gewaltigen Brunnen quert hatten, kommt der VW-Bus endlich über die Strecke und verwandelt das weite frei. Umfeld in einen salzigen, erdigen Morast. Wir beiden anderen „Wüstenpiloten“ prüfen Fahrspuren gehen vom unterbrochenen die Schlamm- und Salzpiste noch einmal sorg- Erddamm hinunter, verschwinden nach ein fältig zu Fuß, bevor wir mit mehr Glück auf paar Metern in einem morastigen Tümpel, festerem Untergrund zur Weiterfahrt starten. um nach etwa zwanzig Metern auf der ande- ren Seite des Wassers wieder aufzutauchen, Fremdenlegionäre und Strafgefangene hat- und im weiten Bogen die Piste zu erreichen. ten vor Jahrzehnten diese Piste erbaut, die Wir stehen noch etwas ratlos da, als zwei teils als Erddamm durch das Chott von De- hochbeinige Landrover, die brummend gache nach im Süden verläuft. Viel hinter uns auftauchen, zeigen, wie man es Zeit, die man sonst aufwenden müsste, um macht: Sie verlassen über die steile hüftho- den Salzsee zu umfahren, kürzt die zirka 70 he Böschung die Straße, fahren auf das Was- Kilometer lange direkte Strecke ab. In der ab- ser zu, mahlen sich langsam durch die schlam- solut trockenen Jahreszeit ideal. Nach leich- mige Flut und verschwinden Minuten später ten Regenfällen in den umliegenden Gebir- als flimmernde Silhouetten in der Ferne. gen jedoch sammelt sich in dieser giganti- Was die graugrünen englischen Geländewa- schen Senke genug Feuchtigkeit, um die sonst gen mit Allradtechnik und Kraft bewältigten, steinharte Salzkruste aufzuweichen und so- müssen wir allerdings mit Schwung und Ri- gar offene Wasserflächen zu schaffen. siko in Angriff nehmen. Weit über die Knie Immer dann wird auch die Legionärpiste un- reicht uns das morastige Nass beim terspült und zum Teil weggerissen. Natürlich vorsichtigen Durchwaten der Furt. Einige bessert das Straßenbauamt jedes Jahr die größere Felsbrocken am Grund können wir gröbsten Schäden aus, aber Mutter Natur ist mit den nackten Füßen ertasten und werden schneller als Ali mit der Schaufel, selbst die uns ihre Position merken, um nicht mit den neuerdings eingesetzten modernen Cater- Rädern unserer Bullys dort hängen zu blei- pillars kommen kaum nach. ben. Meterhoch spritzt Schlamm und Wasser! Ein VW-Bus als Amphibienfahrzeug? Fahrzeug nach dem anderen spurtet nach kur- zem Anlauf und kräftig dosiertem Gas Die Sonne steht schon recht steil und die Luft durch die salzige, dunkle Schlammwasser- fängt knapp über der endlosen Salzfläche zu pampe. Tief tauchen die vorderen Stoßfän- flimmern an. Wir rollen über diese topfebe- ger ein. Für Bruchteile von Sekunden schie- ne weiße Fläche, deren Horizont vor und hin- ben die Minibusse eine gewaltige Bugwelle vor sich her, die dann wie von einer Explo- sion emporgerissen wird, um zischend zu zer- platzen. Wie ein gigantischer Saugnapf ver- sucht der Tümpel die schlitternden und hüp- fenden Volkswagen festzuklammern. Die Antriebsräder haben kaum noch Traktion. Nur ein beherzter Tritt aufs Gaspedal beför- dert die Autos wieder aufs feste Salz. Mit etwas zu viel Schwung schiebt sich mein Fahrzeug gleich nochmal in die nächste Schlammfläche. Nur mit Glück und durch- drehenden Reifen erreiche ich festeres Ter- rain und mache einen gewaltigen Satz die Bö- schung hinauf zur eigentlichen Straße. Über weitere Salz-, Sand- und Wellblech- pisten erreichen wir endlich Kebili und verlassen damit das Chott. Fünf Stunden hat- ten wir für die rund 70 Kilometer gebraucht – und gute Nerven. Berber und Höhlendörfer

Der nächste Tag sieht uns noch ein Stück wei- ter im Süden. Hier umgibt uns nur noch die . Rechts und links der Straße zeugt da und dort rostiger Stahlschrott noch immer vom Wüstenfuchs Rommel auf Afrika-Feld- ter uns jetzt langsam anfängt in der Hitze zu zug. wabern. Klare Konturen verschwimmen in Wir erreichen Matmata – eines der ar- der Ferne. Fasziniert bewegen wir uns durch chaischsten Höhlendörfer Tunesiens. Die Be- diese Landschaft, die jedes Leben zu er- wohner haben sich allesamt in den weichen sticken droht. Wir fahren mit offenen Türen Kreideboden gegraben. Zehn Meter tiefe, und der Fahrtwind bringt uns die Erfrischung mehr oder weniger runde Trichter mit einem eines heißen Föhns. Durchmesser von bis zu 30 Metern bilden die Da plötzlich, nach einem Dutzend unbe- Höfe, von denen dann die Wohnungen waa- schwerter Kilometer ist die Piste wieder weg. gerecht in den Fels getrieben sind. In der er- Wir starren in ein tiefes Loch, das uns mit sei- barmungslosen Hitze bot diese Art des Wohnens eine erträglich kühle Behausung für Wir sind noch an den Autos beschäftigt, da Mensch und Tier. schwebt auch schon eine Schöne, einen Esel An die fünfhundert Wohntrichter sind über vor sich her treibend, den steilen Pfad her- die leicht hügelige Landschaft verstreut. Die unter. Dabei weht der selbst gewebte rote meisten davon entdeckt man erst, kurz be- Haik, ein Umhang, ganz typisch für die Ber- vor man hinein stolpert. Gegen ein obliga- berfrauen dieser Gegend, um ihren Körper. torisches Bakschisch dürfen wir hinunter klet- Das ist aber auch das Einzige, was im Au- tern. genblick hier weht. Die Luft steht still. Es rührt sich kein Hauch. Das Thermometer hat Am Nachmittag nehmen wir die Bergpiste sich auf über 40 Grad hinauf gequält. über das Dahar-Gebirge Richtung Médeni- ne unter die Räder. 60 lange Kilometer kämp- Pirateninsel Djerba fen wir mit gewaltigen Schlaglöchern, in de- nen man weitere Wohnhöhlen vermuten Etwas angenehmere Temperaturen herr- könnte. Zur Abwechslung rollen wir zwi- schen am Palmen gesäumten Strand von Zar- schendurch stundenlang über „Wellblech“, zis. Wir campieren neben einer kleinen, das mal wieder an sämtlichen Schraubver- schmucken Hotelanlage und dürfen die sa- bindungen nagt. nitären Einrichtungen sowie den Thermal- Gesteinsformationen, die beim Heraus- Swimmingpool des Hotels mitbenutzen. sprengen der Straße ans Tageslicht trafen, lie- gen vor uns wie Stufen, über die wir die Bus- Über den uralten Römerdamm erreichen wir se oft nur mit Schrittgeschwindigkeit bewe- am folgenden Tag die Insel Djerba. Hier auf gen. Treppauf und treppab – Kilometer für diesem schon von Homer beschriebenen Ei- Kilometer. Die atemberaubende Land- land am Rande der Wüste lassen es sich nicht schaft lässt die materialtötende Strecke je- doch fast vergessen. Weit geht der Blick von hier oben auf eine rötlich-ockerbraune Wüs- tenebene. Nur eine Schafherde mit einem ein- samen Hirten begegnet uns unterwegs.

In Médenine, das für seine Webteppichher- stellung bekannt ist, finden wir schnell die berühmten Ghorfas. Die langgestreckten auf- und übereinandergesetzten Tonnenge- wölbe dienten den Djeffara-Nomaden als Vorratshäuser. Heute beherbergen sie oft Teppichläden und Souvenirshops für eilig herangefahrene Badetouristen von der nahen Insel Djerba.

Zum südlichsten Punkt unserer Reise kom- men wir in Foum Tatahouine. Auf der asphaltierten Straße, die in Richtung der li- byschen Wüste führt, erreichen wir den ei- gentlich unbedeutenden Verwaltungsort. Heute jedoch ist Markttag, wie jeden Mon- tag und Donnerstag, und das kleine Zentrum, des in der Hitze brütenden Städtchens platzt fast aus allen Nähten. Berber aus weit ent- fernten Höhlendörfern, stolze Halbnomaden aus der Weite der Djeffara und tief ver- schleierte Araberinnen schieben sich über Plätze und Gassen. Biblische Gestalten bie- ten ihre Ware an. Frauen huschen von Stand zu Stand, feilschen um Gemüse oder bon- bonfarbene Plastikeimer. Auch Kamele, Esel und Ziegen sollen die Besitzer wechseln. Wir können einem schweren Messingmörser nicht widerstehen und meine Kamera saugt die abenteuerlichen Gesichter förmlich in sich hinein. Frauen lassen sich nicht so ger- ne aufnehmen, aber die meisten Männer lächeln stolz ins Objektiv.

Eine weitere knappe Stunde abseits liegt das Bergdorf Chenini, das von Djerbalia-Berbern bewohnt wird. Dorthin kämpfen wir uns mit den Bullys wieder durch Wadis und über Schotterpisten, bevor wir direkt neben der kleinen Moschee parken können. In den stei- len Hang des Berges sind unzählige Wohn- höhlen eingegraben. Die winzigen kleinen da- vorgemauerten Vorhöfe wirken auf uns wie Schwalbennester. nur die heutigen Urlauber gut gehen. Auch Fische über unserem glühenden Holzkoh- Phönizier und Römer besaßen Stützpunkte. lenfeuer. Dann folgten Vandalen, Byzantiner, Araber und Normannen. Auch Freibeuter und Pira- Ein Tagesausflug bringt uns von hier an die ten fühlten sich hier wohl und sicher. Und Südküste. Wir besuchen Guellala, das Dorf jetzt sind wir da. der Töpfer, wo bereits in der Antike Tonzeug Vorüber an den Hotelstränden von Sidi Mah- hergestellt wurde. Im Hafenörtchen Adjim rez, die trotz der Millionen europäischen Tou- bewundern wir die herrlichen Natur- risten nur wenig von ihrer ursprünglichen schwämme, die nebeneinander aufgefädelt in Schönheit eingebüßt haben, rollen wir nach der Sonne wie goldgelbe Girlanden leuchten. Houmt Souk. Hier endlich können wir einen Die bunten Boote der Schwammtaucher Reifen vulkanisieren lassen, mit dem wir uns dümpeln träge in der Dünung. vor Tagen zwei gewaltige Nägel eingefangen hatten. Die Werkstatt sieht zwar wenig Am nächsten Morgen jedoch trennen sich un- vertrauenserweckend aus, ist aber schnell sere Wege. Die Besatzung der beiden ande- und billig. Wir nutzen den Stopp in Djerbas ren Fahrzeuge möchte auf einem feudalen „Hauptstadt“ auch gleich zum Auffüllen Campingplatz im nördlichen Hammamet unserer Vorräte und natürlich landet auch die restlichen zwei Wochen verbringen. das eine oder andere Souvenir im Reise- Uns, meine Frau und mich, hat die Aben- gepäck. teuerlust allerdings noch lange nicht verlas- sen. Im Gegenteil. Aber auch wir verlassen Die Dattelpalmen an der Westküste Djerbas mit der Fähre von Adjim zwei Tage später die stehen hier sehr einsam. Die meisten Hotels Insel und setzen zum Festland über. der sonnenhungrigen Besucher liegen im Osten der Touristeninsel. Kairouan – zum Lob Allahs! Wir haben eine kleine Wagenburg unter be- sagten Palmen aufgebaut, aalen uns am Tags darauf erreichen wir Kairouan. Mit der Strand und machen ein wenig Urlaub. Auf ei- gewaltigen Sidi-Okba-Moschee zählt die Stadt nem ausgedehnten Strandspaziergang treffen neben Mekka, Medina und Jerusalem zu den wir nur auf eine Gruppe abenteuerlich aus- vier heiligen Städten des Islams. Auch hier sehender Fischer. Sie kauern zwischen ihren herrscht eine unglaubliche Hitze, so dass wir uralten Holzbooten, die sie auf den flachen gerne den Schatten der Moscheen und Mau- Sandstrand gezogen haben und laden uns ern nutzen, um die Stadt ein wenig zu ent- zum Tee ein. Eine pechschwarze verbrannte decken. Gewaltig ragt das Minarett der mehr Metallkanne steht direkt in der Glut. Immer als tausendjährigen Großen Moschee über wieder wird der Tee im hohen Bogen ins Glas deren mit Marmor gepflasterten Hof und die gegossen und dann zurück in die Kanne ge- Schatten spendenden Arkadengänge, die kippt. Endlich hat er die richtige Konsistenz. auch wir betreten dürfen. Der große Ge- Reihum werden die winzigen Gläser gefüllt, betssaal ist allein den Gläubigen vorbehalten. schwarzbraun, süß und bitter. Glühendheiß Kairouan ist aber auch die Stadt der Teppi- rinnt er durch die Kehle. Drei Gläser soll der che. Überall schmücken die geknüpften Gast zu sich nehmen – das ist Tradition und oder gewebten Kunstwerke als Blickfang die Sitte. Eines abzulehnen oder ein viertes zu Fassaden der unzähligen Anbieter im leb- verlangen wäre mehr als unschicklich. haften Souk. Mit viel Tee und großen Gesten Ein Teil des frischen Fanges wechselt danach weisen die Händler lautstark auf die Unver- den Besitzer und am Abend grillen leckere zichtbarkeit eines Kaufes hin. Entlang der be- eindruckenden Stadtmauer wandern wir zum Bir Barouta. Dieser Brunnen – so erzählt es unser junger tunesischer Führer, der sich uns nachhaltig angedient hat – habe eine unterirdische Verbindung mit dem Brunnen Zem Zem in Mekka. Dem Dromedar, das unablässig im Kreis läuft, um Wasser für die frommen Pilger zu schöpfen, hat man die Augen mit einem grünen Schleier verbun- den. Grün – die heilige Farbe des Prophe- ten.

Wir hören das Plätschern des heiligen Was- sers, das fast lautlose Tapsen des fleißigen Kamels und das hölzerne Knarren des jahrhundertealten Schöpfrades und jetzt Ain Drahan allerdings ist ein Städtchen aus auch in der Ferne den Ruf des Muezzin zum unserer Zeit. Auf 800 Metern Höhe gelegen Abendgebet. und umgeben von großen Korkeichenwäl- dern gilt der Ort als idealer Sommer- und Draußen vor den Toren sitzen wir an den Bas- Winterkurort. sins der Aghlabiten. Seit dem neunten Jahr- Unsere Strecke führt weiter durch richtig grü- hundert sammeln diese beiden Becken die ne Wälder und erreicht irgendwann die Stadt spärlichen Niederschläge für die Bewohner Tabarka und damit die Küste im Norden Tu- der heiligen Stadt und versorgen sie so mit nesiens. Wir stürzen uns erst mal in die ge- dem Leben spendenden Nass. Mit seinen 128 waltige Brandung des Mittelmeeres. Metern Umfang fasst das größere der beiden Es ist wie im Urlaub! Sogar ein Langusten- kreisrunden Bassins 50000 Kubikmeter des Essen im Restaurant mit einer vorzüglichen Flasche „Sidi Rais Rosé“ lassen wir uns heute angedeihen. Geheimtipp Cap Serrat

Nach Wochen des Herumvagabundierens und Entdeckens wollen wir vor unserer Rückreise nun doch noch ein wenig die See- le und den Körper baumeln lassen. Am Cap Serrat, rund 60 km östlich der Ha- fenstadt Bizerte, finden wir einen kilome- terlangen Sandstrand, ein Stück malerischer Steilküste und einen eindrucksvollen Euka-

lyptuswald, in dessen kühlem Schatten sich phantastisch campieren lässt. Uns begegnen hier täglich nur zwei Menschen – allmorgendlich zieht ein junger Hirte mit seinen Ziegen und Schafen vorüber. Er freut sich immer auf ein Schwätzchen im Schatten und zeigt uns stolz jeden Morgen die neuge- borenen Lämmer der letzten Nacht. Ein we- nig später erscheint dann ein Fischer, der uns stets seinen frischen Fang anbietet. Der brutzelt dann allabendlich über unserem Feu- erchen aus Eukalyptusholz. Schwimmen, kostbaren Wassers. Die Sonne berührt im schnorcheln, Fische ausnehmen, lesen und Westen schon fast den Bergrücken des Dje- dösen in der Hängematte – so vergehen die bel Bargou, als wir mit unserem knallroten Tage. Bus die Ebene von Kairouan verlassen. Wir Langsam gehen uns die Vorräte aus. Seit zwei überqueren den Uë el Kebir und folgen dann Tagen ernähren wir uns außer dem allabend- der Straße bergauf Richtung Makthar. lichen Fisch zum Frühstück und zur Mittags- zeit mit Schnellpudding. Wir übernachten am Straßenrand im Atlas- gebirge. Als wir am Morgen aufwachen, ist Bevor uns nun auch bald dieses köstliche Pro- der Bus von Kindern umringt. Selbst bei der dukt aus dem Hause Dr. Oetger ausgeht, heute sehr flüchtigen Morgentoilette und zwingen uns leider auch die bereits datierten dem eiligen Frühstück bleibt die neugierige Rückfahrtickets unseres Schiffes dazu, die- Schar immer direkt „am Mann“. ses paradiesische Stückchen Erde zu ver- Die Fahrtstrecke führt heute durch ein lassen. geschichtsträchtiges Terrain, in dem schon Aber wir haben sie schon geplant – unsere die Römer ihre Spuren hinterließen. Dogga nächste Reise „durch die Wüste“. zum Beispiel zeigt römische Ruinen, die auf einem Boden stehen, der seinerseits be- reits in punisch-numidischer Zeit besiedelt war. Auch Bulla Regia zeigt noch die Reste römischer Villen mit beachtenswerten Mo- saiken. *) Karl May, Band 1 „Durch die Wüste“