Stenografisches Protokoll 128 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 128. Sitzung - endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 26. Januar 2017, 11.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. Patrick Sensburg, MdB

Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme

Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

-GünterHeiß,BK 3 (Beweisbeschluss Z-19)

- , Bundesminister a. D. (Beweisbeschluss Z-9) 86

______* Hinweis: Die Zeugen Heiß und Pofalla haben keine Korrekturwünsche übermittelt.

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Mitglieder des Ausschusses

Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Marschall, Matern von Schipanski, Tankred Ostermann, Dr. Tim Sensburg, Dr. Patrick Wendt, Marian Warken, Nina SPD Flisek, Christian Zimmermann, Dr. Jens Mittag, Susanne DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter

CDU/CSU Feser,Dr.Andreas Allers, Fried-Heye Fischer, Sebastian D. Puglisi, Livia Schneider, Bastian Schrot, Jacob Wehrl, Dr. Wolfgang Wimmer. Luzie SPD Ahlefeldt,Johannesvon Heyer, Christian Dähne, Dr. Harald Hanke, Christian Diego Linden, Alexander Weiß, Benjamin DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan BÜNDNIS 90/DIE Kant, Martina GRÜNEN Hortolani, Johanna Pohl, Jörn Pohl, Jörn

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Bundeskanzleramt Nur zurJipp, dienstlichen Daniel Verwendung Kämmerer, Marie Metscher, Andreas Neist, Dennis Pachabeyan, Maria Wolff, Philipp Bundesministerium des Innern Brandt, Dr. Karsten Darge, Dr. Tobias Hofmann, Christian Kiehn, Eva Matthes, Thomas Weiss, Jochen Bundesministerium der Justiz und für Unterlöhner, Dr. Ulrike Verbraucherschutz Staudigl, Ulrich Bundesministerium für Wirtschaft und Krüger, Philipp-Lennart Energie Bundesministerium für Verteidigung Theis, Björn Rauch Rüdiger Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz Kremer, Dr. Bernd und die Informationsfreiheit Auswärtiges Amt Müller-Bernd, Kai Stephen

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zunächst werden die Zeugen Heiß und Pofalla (Beginn: 11.45 Uhr) öffentlich vernommen. Im Anschluss daran fin- det dann die nichtöffentliche, gegebenenfalls ein- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine Da- gestufte Vernehmung beider Zeugen statt. men und Herren! Ich eröffne die 128. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahl- Vernehmung des Zeugen periode. Günter Heiß

Ich stelle fest: Die Öffentlichkeit ist hergestellt. Ich begrüße nochmals ganz herzlich unseren Zeu- Die Vertreter der Presse und der Medien darf ich gen Günter Heiß. Ich stelle fest, dass der Zeuge ganz herzlich begrüßen, die Öffentlichkeit in ordnungsgemäß geladen ist. Herr Heiß, Sie haben Gänze. Ich könnte mir vorstellen, dass der eine den Erhalt der Ladung am 8. Dezember 2016 be- oder andere Platz sich im Laufe des Tages noch stätigt. Herzlichen Dank, dass Sie meiner Ladung füllt; das würde ich sehr begrüßen. Ich freue gefolgt sind und dem Ausschuss für diese Ver- mich über eine umfangreiche, ausführliche und nehmung zur Verfügung stehen. immer positive Berichterstattung. Herr Heiß, Sie wurden bereits am 2. Juli 2015 Ich begrüße als Allererstes ganz herzlich erneut und am 11. September 2015 vom Ausschuss ver- unseren Zeugen Günter Heiß. Ich freue mich, nommen. Also werden Ihnen die folgenden Hin- dass Sie bei uns sind. weise und Belehrungen möglicherweise noch er- innerlich sein; es ist ja auch nichts Weltunbe- Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand dieser kanntes. Gleichwohl möchte ich Sie auch für Sitzung komme, gestatten Sie mir die schon be- diese Sitzung erneut belehren. kannten und gewohnten Vorbemerkungen: Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- Ton- und Bildaufnahmen sind während der öf- destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme der fentlichen Beweisaufnahme nicht zulässig. Ein Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Verstoß gegen dieses Gebot kann nach dem Haus- Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- recht des Bundestages nicht nur zu einem dau- zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- ernden Ausschluss von den Sitzungen dieses stellung des Protokolls gelöscht. Ausschusses sowie des ganzen Hauses führen, sondern gegebenenfalls auch strafrechtliche Kon- Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen sequenzen nach sich ziehen. nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben dann, wie auch bei den letzten beiden Vernehmungen, Ich rufe den einzigen Tagesordnungspunkt der falls dies gewünscht ist, die Möglichkeit, inner- heutigen Sitzung auf: halb von zwei Wochen Korrekturen und Ergän- zungen vorzunehmen und uns dann diese zu- Zeugenvernehmung rückzusenden. Günter Heiß, BK (Beweisbeschluss Z-19) Herr Heiß, vor Ihrer Vernehmung habe ich Sie zunächst zu belehren. Sie sind als Zeuge geladen Ronald Pofalla worden. Als Zeuge sind Sie verpflichtet, die (Beweisbeschluss Z-9) Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts weglas- Die Beweisbeschlüsse Z-19 und Z-9 stammen sen, was zur Sache gehört, und nichts hinzufü- vom 08.05.2014. Es wird Beweis erhoben zum gen, was der Wahrheit widerspricht. Untersuchungsauftrag - Bundestagsdrucksachen 18/843 und 18/8683 - durch Vernehmung der Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- Zeugen Günter Heiß und Ronald Pofalla. rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung beäugt? Welche kennen Sie? Sie können alles sa- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie wichtig gen, was Sie wünschen. Sie können die ganze ist das Thema Selektoren aus Sicht der Abtei- Klaviatur ausrollen. lung 6 des Kanzleramts oder, wenn Sie das aus diesem Blickwinkel bewerten, für den BND? Für ( (DIE uns ist das ja jetzt hier so ein Riesenthema. War LINKE): Wir haben Zeit!) das eigentlich so ein dominantes Thema, bevor der Skandal hochpoppte? Oder Zeuge Günter Heiß: BND-eigene Selektoren sind war „Selektor“ so ein Thema wie gefälschte mir konkret immer mal wieder untergekommen, Kennzeichen für eine Observation? weil ich weiß, dass der BND bestimmte Selekto- ren einsteuert, um zum Beispiel in Entführungs- Zeuge Günter Heiß: Also, ich glaube, ich habe fällen Hilfe zu leisten, in bestimmten Bereichen das hier schon mal ausgeführt: Den Ausdruck Informationen zu heben, nach zum Beispiel § 5 „Selektor“ haben wir im Grunde vor Frühjahr G-10-Gesetz, die strategische Fernmeldeaufklä- 2015 so nicht verwandt, sondern das waren Tele- rung. Und sie sind mir natürlich insbesondere kommunikationsmerkmale oder Suchbegriffe, die zur Kenntnis gekommen im Rahmen der Aufklä- eingesteuert wurden in Hinblick auf die Berei- rung der abgelehnten US-Selektoren im Frühjahr che, die ich bereits genannt habe. Der Ausdruck 2015, als es dort auch um BND-eigene Selektoren „Selektor“ hat sich erst - in Anführungsstrichen - ging. „eingebürgert“ bei uns im Rahmen der Aufklä- rung der abgelehnten US-Selektoren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur dass ich den ersten Teil verstehe, also zum Beispiel: Peter Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Und Müller wird im Jemen entführt. Der hat ein diese Begriffe, Suchbegriffe oder Telekommu- Handy. Das hat er gegebenenfalls dabei. Dann nikationsmerkmale: Wie hoch gehängt war die wird seine Handynummer als Selektor eingesteu- Thematik? Deswegen hatte ich - - mal so mit ert, damit man helfen kann, zu lokalisieren, wo Tarnkennzeichen verbunden. War das so ein er im Jemen ist. Dingelchen von vielen, die relevant sind im BND? Oder war das was, wo man sagen konnte: Zeuge Günter Heiß: Zum Beispiel. Das wäre eine „Wow, die Abteilung TA, die soll jetzt so einen Selektorensteuerung nach § 5 G-10-Gesetz. Es richtigen Fortschritt machen im Bereich SIGINT; gibt auch andere Selektorensteuerungen, die aus- dafür sind Selektoren, aber auch das technische gesprochen vielfältig sein können. Aber es war Equipment wichtig; also die Hauptbaustellen für halt nur ein Beispiel. die Zukunft sind die Suchbegriffe und die techni- schen Möglichkeiten“? Oder lief das unter zig an- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mhm. - Die deren Themen? anderen Beispiele interessieren mich ein bissel mehr. Zeuge Günter Heiß: Also, uns war natürlich be- wusst, dass SIGINT eine der Kernaufgaben in der Zeuge Günter Heiß: Es gibt bestimmte Informati- Aufklärung des BND ist. Das ist eine ausgespro- onsbedarfe, zum Beispiel Terrorismus oder chen wichtige Quelle der Informationsbeschaf- Proliferationsbereiche, Migration, Menschenhan- fung. Aber als technisches oder als zukunfts- del, organisierte Kriminalität. Dies sind alles Be- trächtiges Problem wurde das nur punktuell an- reiche, in denen nach § 5 G-10-Gesetz Selektoren gesehen, wenn es darum ging, möglicherweise im gesteuert werden können. Und dann gibt es eben Haushalt dafür weitere Mittel einzuwerben. Eher auch noch die Bereiche außerhalb des G-10-Ge- haben wir unser Augenmerk darauf gelegt, was setzes, also die - in Anführungsstrichen - nor- im HUMINT-Bereich passiert - ich erinnere so an male, Routinefernmeldeaufklärung, die dann aber solche Dinge wie „Curveball“ oder so -, weil die unabhängig - - die dann aber keine deutschen Se- aus unserer Sicht immer, ich sage mal, politisch, lektoren beinhalten darf.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung aber auch nachrichtendiensttechnisch etwas vi- sind. Sie haben dann eine - - begannen eine Rolle rulenter waren. zu spielen, als die Snowden-Veröffentlichungen begannen, aber im Hinblick auf zunächst erst mal Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Wann amerikanische Suchbegriffe. war dann das Thema „Suchbegriffe“ zum ersten Mal - vielleicht: in welchen Formaten? - themati- Natürlich haben wir uns während der Aufklärung siert worden? dessen - was machen die USA in Deutschland über die Einsteuerung in Bad Aibling zum Bei- Zeuge Günter Heiß: Suchbegriffe waren natürlich spiel? - auch gefragt: „Wie sieht das mit unserer immer thematisiert, allein schon durch die regel- eigenen Praxis aus?“, und haben gezielt Fragen mäßigen G-10-Sitzungen, in denen immer neue gestellt, zum Beispiel die ganz normale Frage: Suchbegriffe wir uns haben genehmigen lassen Machen wir eine anlasslose, massenhafte, flä- müssen. Die wirklich politisch und auch tech- chendeckende Aufklärung, oder machen wir ge- nisch-administrativ interessanten, auch zum Teil nau das Gleiche wie die USA in dem und dem dramatischen Vorgänge in der Diskussion um Punkt, der gerade in irgendeiner Veröffentli- Suchbegriffe oder, ich sage jetzt mal, Selektoren chung virulent geworden ist? Insofern sind natür- begannen im März 2015, als aufgrund eines Be- lich Suchbegriffe und Telekommunikationsmerk- weisbeschlusses bestimmte Listen vorgelegt wur- male - was wird eingesteuert, was wird nicht ein- den, in denen sich abgelehnte US-Suchbegriffe gesteuert? - schon etwas mehr in den Mittelpunkt befanden, und daraus gewisse Schlüsse über das unserer Betrachtung gelangt, waren es aber nicht US-Suchprofil gezogen werden konnten. Da in der Intensität, wie es dann ab März 2015 der dies - - Fall war, als eben die echte Ablehnungsliste der US-Suchbegriffe aufgetaucht ist und als dann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Darf ich noch auch in diesem Zusammenhang von der soge- einmal zurückgehen? nannten Quarantäne- oder Gruppenliste die Rede war, die dann in das Zentrum unserer Aufmerk- Zeuge Günter Heiß: Ja. samkeit gelangt ist.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie kommt wollte noch so ein bisschen in die tägliche Praxis das? Waren Sie da unwissend oder blauäugig, in den Jahren vor 2013 - ich sage mal, Anfang der oder hat der BND Sie da so ein bisschen im Dun- 2000er werden ja Suchbegriffe immer intensiver keln gelassen? Irgendwo muss es ja dran liegen. genutzt, weil der Bereich SIGINT immer wichti- Weil sie wurden ja genutzt, sie waren ja da. ger wird -, wie da dies Thema Suchbegriffe so ge- handelt wurde. Weil ich habe so ein bisschen das Zeuge Günter Heiß: Ja. Wir hatten keine Anzei- Gefühl, frühestens ab 2013 war das auf dem chen dafür, dass der BND irgendwelche Suchbe- Schirm, und bis 2013 haben die Sachbearbeiter - griffe nutzt, die er nicht nutzen sollte, die poli- sage ich jetzt mal etwas despektierlich; eigentlich tisch vielleicht heikel sind oder die rechtlich ist es gar nicht so gemeint - vor sich hinge- nicht zulässig sind. Dafür gab es nicht die ge- krautert mit diesen Suchbegriffen und einen Rie- ringsten Anhaltspunkte, und wir sind erst sozu- senhaufen davon aufgehäuft, und alle haben es sagen bösgläubig geworden mit der Veröff- - mit mal machen lassen. Bewerte ich das falsch? der Entdeckung dieser sogenannten Quarantäne- oder Gruppenliste bzw. bösgläubig in Hinblick Zeuge Günter Heiß: Sie bewerten das sicherlich auf die amerikanischen Suchbegriffe, als die Ab- richtig in Hinblick darauf, dass Suchbegriffe bis lehnungsliste auftauchte. 2013, also bis zu der Snowden-Affäre, im Alltag unserer Aufsichtspraxis kaum eine Rolle gespielt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt sage ich haben als konkrete Suchbegriffe, die möglicher- es mal flapsig: Wer hat es denn jetzt verbaselt? weise technisch oder auch rechtlich umstritten

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1. Untersuchungsausschuss

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Die Kontrolleure in Abteilung 6 oder die, die es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wusste das gemacht haben, die es nicht gemeldet haben? der BND vielleicht selber nicht? Waren da andere Mächte an der Macht? Zeuge Günter Heiß: Man kann natürlich nur das kontrollieren in Hinblick darauf, wo man An- Zeuge Günter Heiß: Da habe ich keinen hinrei- haltspunkte hatte, was man kontrollieren sollte. chenden Einblick. Ich kenne nur die Ergebnisse der Aufarbeitung, und die lassen mich vermuten, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also war es dass es ab einer bestimmten Hierarchieebene der BND. dann nicht weiter nach oben gegangen ist, was dort zwischenzeitlich auch erkannt worden ist. Zeuge Günter Heiß: Wir hatten keine Anhalts- punkte dafür, dass es so etwas gab, wie es sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und welche jetzt in der Gruppenliste darstellt. haben Sie da im Blick?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das hätte Zeuge Günter Heiß: Ich glaube, es war die UAL- doch - - Ich sage mal, es war ja nicht nur die Ebene, aber - - Gruppenliste, es waren ja nicht nur die von Part- nerdiensten zu Unrecht eingesteuerten Selekto- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. ren. Es waren ja auch die eigenen Selektoren, wo man hinterher sagte: Die steuern wir jetzt nicht Zeuge Günter Heiß: Ich weiß es eben, wie gesagt, mehr. Also, das ist ja schon nicht so - - ich sage auch nur durch die Aufarbeitung. mal, die drei, die da im Spiegel standen, sondern es sind ja viele, viele, viele. So, und bei vielen, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So richtig vielen, vielen, finde ich, muss man irgendwann Konsequenzen dienstrechtlicher Art hat es da mal sagen: Wenn das über Jahre - und wir reden aber nicht gegeben. Ich erinnere mich an mehrere nicht von anderthalb, sondern über mehrere Nachfragen aus diesem Ausschuss. - Frau Jahre - keiner merkt, dann ist systemisch was Kollegin Renner nickt. So schlimm kann es aber nicht perfekt. Da hat nicht mal einer einen Fehler nicht gewesen sein. Wir machen zwar hier einen gemacht, aus meiner Bewertung, der einen Selek- Riesenaufwand - vielleicht ist das ja alles eine tor irgendwie falsch geschaltet hat, sondern da ist Luftnummer hier -; aber so richtig schlimm kann was nicht aufgefallen. Entweder hat es da die es im BND ja nicht empfunden worden sein, dass eine Seite eben nicht kenntlich gemacht, dass Sie als Abteilung 6 da nichts wussten. Sonst man da viel im Topf hat, oder die andere Seite hätte es ja auch irgendwie mal - - Also, ich sage hat nicht hinreichend hinterfragt. Und wenn Sie mal: Wenn Sie beim Bund die Mütze falsch rum sagen: „Man kann nur das prüfen, wo man auch ansetzten, kriegten Sie einen größeren Anschiss. halbwegs alert ist“, kann ich das nachvollziehen. Also von daher: So richtig eingeschlagen hat es Aber dann hätte im umgekehrten Bereich, wo ja da nicht im BND. auch ein Hochaggregieren von Informationen und Meldungen erfolgen muss, das nicht geklappt. Da Zeuge Günter Heiß: Ob es - in Anführungsstri- hätte man ja kenntlich machen müssen: Wir ha- chen - „Anschisse“ gegeben hat, - ben da einen Riesentopf, und so ein paar Sachen sind sensibel. Wie seht ihr das, liebes Kanzler- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. amt? - Das hat anscheinend nicht stattgefunden. Zeuge Günter Heiß: - kann ich nicht beurteilen, Zeuge Günter Heiß: Das hat nicht stattgefunden, weil ich kein Zeitzeuge bin im BND. Die Prüfung, und deswegen hat die Bundesregierung ja auch ob disziplinarrechtliche Anfangsverdachte da im Frühjahr 2015 eine Presseerklärung herausge- sind, ist selbstverständlich - davon gehe ich aus - geben, in der deutlich von Defiziten im organisa- vorgenommen worden. Das Ergebnis kann ich torisch-strukturellen Bereich die Rede war. hier nicht mitteilen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also unsere Deswegen frage ich mich: Wo hat es denn ge- Erkenntnis ist auf Nachfragen - vielleicht hat sich klemmt? Also Sie sagen: auf der Unterabteilungs- das aber geändert; das ist auf jeden Fall mein ebene. Aber was ist jetzt anders gemacht worden Sachstand -: Es hat keine Disziplinarverfahren ge- nach den Erfahrungen 2015? Jetzt sind wir in geben und die Einleitung von Disziplinarverfah- 2017. Sitzen da jetzt Vieraugenprinzip-Unter- ren. Aber, wie gesagt, muss ja auch nicht; ich will abteilungsleiter, oder was ist die Folge daraus ja auch keinem was Böses. Nur, was ich politisch jetzt schon gewesen? daraus folgere: Zeuge Günter Heiß: Also, wir haben ja eine sehr (Dr. André Hahn (DIE aufwendige Aufarbeitung dieses Sachverhalts LINKE): Wissen zu viel!) vorgenommen. Während dieser Aufarbeitung gab es eine Fülle von Einzelweisungen, mindestens Da ist ja irgendwo etwas passiert, was das Kanz- 17, und eine Fülle von Maßnahmen zur Aufarbei- leramt - nach meiner Meinung zu Recht - doch zu tung dieser Sachverhalte, die ich im Einzelnen einer Kritik als Anlass genommen hat. Irgendwo vielleicht nicht aufzuzählen brauche; aber wich- war also was nicht optimal, und das ist für mich tig ist zumindest eine Position, die ich hervorhe- der Informationsfluss. Weil schiefgehen kann mal ben möchte: was - immer wo wer was macht, da geht auch mal was schief -; nur dann muss man es irgend- Es ist ganz klargestellt worden, dass jeder Selek- wie mitkriegen und im Zweifel auch abstellen tor eine Deutung haben muss, die APB-konform, können. also konform mit dem Aufgabenprofil der Bun- desregierung sein muss, und das muss überprüft Das hat über Jahre nicht stattgefunden. Wenn so werden. Dafür muss es eine qualitätssichernde etwas wie eine Selektorenthematik, die eine Einheit geben. Das ist eingerichtet. wichtige Thematik ist, die ich auch für richtig in der Sache selbst halte, aber nicht durchdringt, Zweitens ist durch die Novelle zum BND-Gesetz was alles wie gemacht wird, dass man eine ge- auch ganz klargezogen worden, dass bestimmte wisse Sensibilität als dienst- und fachaufsichtli- Selektoren nur unter ganz bestimmten Bedingun- che Institution haben kann, dann ist das ein gen eingesteuert werden dürfen. Ich denke da Problem. Und wenn das dann auch möglicher- eben an Partnerselektoren, die nur unter den Be- weise nicht bis zum Präsidenten des BND - - oder dingungen bestimmter Schwellen und formaler irgendwo dann auf der Abteilungs- - zwischen Erfordernisse eingesteuert werden dürfen. Abteilungs- und Unterabteilungsleiter hängen bleibt, dann frage ich mich zumindest: Ist das ein Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mhm. - Jetzt systemisches Problem, oder ist das ein Einzelfall? sagen Sie: „So richtig wurde uns das im Jahre 2015 gewahr“, - Wenn es ein Einzelfall ist, dann muss man sich die eine Person mal vornehmen und ihr erklären, Zeuge Günter Heiß: Ja. dass es anders laufen muss. Wenn es aber syste- misch ist, dann muss man sich überlegen: Wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - was ja ei- macht man es besser? Und darum geht es uns ja; gentlich schade ist, weil im Jahr 2013 hätte man nicht jetzt, zu sagen: „A und B waren es“, son- ja schon wachsam sein können. Auch die Bun- dern was man auch aus diesem Problem lernen deskanzlerin hat ja eine Pressekonferenz gegeben, kann. Es soll ja besser laufen, weil SIGINT brau- am 19. Juli 2013, wo sie die Abhörpraxis kriti- chen wir auch in Zukunft, Selektoren brauchen siert hat. Und da ist ihr ja auch zugeliefert wor- wir auch in Zukunft; aber wir hätten es wahr- den, wenn ich das richtig erinnere, aus der Abtei- scheinlich - und ich glaube, das ist Konsens bei lung 6 nicht. Ich hätte ja eigentlich gedacht, dass allen Fraktionen - gerne anders. ich gerade aus der Abteilung 6 eine Zulieferung haben will. Erinnern Sie sich daran? Warum

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Nur zur dienstlichen Verwendung wurde da aus der Abteilung 6, wenn ich es jetzt Zeuge Günter Heiß: - dass es unter Umständen richtig weiß - sonst korrigieren Sie mich bitte -, durchaus geboten sein kann, auch Partner zu da nichts zu beigesteuert? Weil man da erst mal steuern, wenn sie zum Beispiel in einem gewis- sagte: „Wir müssen das erst mal alles - - wir steu- sen Phänomenbereich Verdacht erregt haben. ern besser nichts bei, wir prüfen“? Oder - - Dieser Zum Beispiel wenn irgendjemand des Terroris- Zeitraum 2013/2015, der macht mich so stutzig. mus, der Proliferation oder der geheimen nuklea- ren Aufrüstung verdächtig ist, dann kann er na- Zeuge Günter Heiß: Was die Aussagen der Kanz- türlich, auch wenn er Partner ist, gesteuert wer- lerin vom 19.07. angeht, so unterstehen diese den. Aussagen selbstverständlich, wie alle anderen Aussagen der Kanzlerin, dem Gebot: Wenn etwas Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich finde das gefordert wird, liefern wir etwas. Wenn nichts in der Sache auch völlig richtig. - Herr Schindler angefordert wird, können wir nicht einfach unge- hat in der letzten Sitzungswoche hier gesagt: Mit fragt etwas liefern. dieser Aussage der Kanzlerin war dann auch so ein innerer Überprüfungsprozess eigentlich ein- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Ja, geleitet. Ich gebe es jetzt mit meinen Worten wie- wenn das so ist. - Was hätten Sie denn geliefert, der. Er hat es natürlich in Worten anders formu- wenn Sie hätten liefern sollen? Hätten Sie da was liert. Würden Sie auch sagen, durch diese Aus- zu den Selektoren gesagt? sage hat man gesagt: „Oh, jetzt mal Vorsicht. Die hat da so einen Pflock eingeschlagen. Jetzt Zeuge Günter Heiß: Das ist hypothetisch. Es schauen wir noch mal genau hin“? Weil da hat ja kommt natürlich auf die Aussagen an, die getrof- im BND zumindest intern so ein Prozess stattge- fen werden sollen, von der Kanzlerin. funden, das zu hinterfragen und auch einzubrem- sen. Wie hat das die Abteilung 6 wahrgenom- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mhm. - Wenn men? Oder war man da noch außen vor, und der Sie das in Gesamtschau der damaligen Situation BND hat das erst mal intern gemacht? sehen, hätten Sie dann gesagt: „Oh, Vorsicht, wir steuern ja auch unheimlich viel an Selektoren: Zeuge Günter Heiß: Wir haben ja eine Fülle von Europa, NATO-Partner“? Ich halte das nicht für parlamentarischen Anfragen vorher schon beant- verkehrt im Einzelfall übrigens; nicht, dass Sie wortet, die durch den BND vorbereitet waren. mich falsch verstehen. Aber man muss es ja so Und aus diesen Anfragen, die zum Teil auf sol- differenziert ausdrücken, dass es auch differen- che Dinge zielten, hatten wir keinen Hinweis da- ziert vermittelt werden kann. rauf, dass der BND NATO-Partner oder EU-Mit- gliedstaaten in die Selektoren eingespeist, einge- Zeuge Günter Heiß: Das hätte ich der Kanzlerin steuert hat. Insofern hat für die Abteilung 6 die nicht sagen können, weil mir das nicht bekannt Aussage der Kanzlerin nicht unmittelbar dazu ge- war, dass wir viele NATO- oder Europapartner führt, dass wir jetzt noch mal nachfragten beim steuern. BND. Aus der Vorbereitung und aus den Akten weiß ich, dass diese Aussage der Kanzlerin beim Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oh Mann, die BND indes dazu geführt hat, dass zu einem - - wird sich gefreut haben, nicht? mal mit einer Überprüfung zu beginnen.

Zeuge Günter Heiß: Sie hätte sich wahrschein- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Was mich lich darüber nicht gefreut. Allerdings hätte ich halt so ein bisschen stutzig macht: Die Kanzlerin eine wichtige Differenzierung angebracht: - sagt zum ersten Mal am 19. Juli 2013 in der Bun- despressekonferenz, dass man das unter Freun- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay? den nicht macht, nämlich zum Thema Abhören, und rund drei Monate später in Brüssel - dieses

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Interview, was dann ja kameramäßig rumgegan- Zeuge Günter Heiß: Na gut, aber auch die Ar- gen ist - am 24. Oktober 2013: „Ausspähen unter beitsebene hätte auf Arbeitsebene irgendwelche - Freunden ... geht gar nicht.“ Und irgendwie da- zwischen hat man es so laufen gelassen. Da hätte Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klar. ich ja mal hingeguckt oder zumindest mal gesagt: „Hallo, liebe Abteilung 6“, also wenn ich jetzt Zeuge Günter Heiß: - Informationen weitergeben der BND gewesen wäre, „wir haben da auch so können. Das ist, soviel ich weiß, nicht der Fall ein paar Sachen gesteuert. Vorsicht ist die Mutter gewesen. der Porzellankiste, dass wir uns nicht missverste- hen.“ - Da kam keiner. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ich sage mal, wenn so eine Kommunikation bei mir im Zeuge Günter Heiß: Nein. Da kam keiner. Büro laufen würde, würde ich ja denken: Was geht hier jetzt ab? Lassen den Chef da doof daste- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich hen. - Okay. Ja, da sind wir einer Meinung. sage mal, 2015 wäre ich aber nicht so glücklich gewesen im Kanzleramt dann nach diesem Vor- So, und dann sind wir im Dezember des Jahres lauf, als dann die Listen kamen. Weil, ich sage 2013: Wie ist denn dann beim Wechsel im Bun- mal, ich hätte es eigentlich hier erwartet, - deskanzleramt, dem personellen Wechsel, dieses Thema noch mal angegangen worden? Ist das ir- Zeuge Günter Heiß: Ja. gendwie aufgearbeitet worden? Gab es da so eine Art Übergabegespräch? Auch mit den Mitarbei- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - dass mal da tern der Abteilung 6? Also ist das irgendwie the- jemand vom BND anruft und sagt: Vorsicht, da matisiert worden? Nachdem dann im Herbst 2013 sind ein paar Sachen, da müssten wir mal drüber insgesamt die Thematik ja auch hochpoppte - es reden mit euch, Abteilung 6. - Oder sehen Sie das war im Raume, dass die Koalitionsverhandlun- anders? gen einen Untersuchungsausschuss im Koali- tionsvertrag festschreiben -, ist es da mal Zeuge Günter Heiß: Das wäre sicherlich berichts- angesprochen worden oder da auch noch nicht? pflichtig gewesen. Zeuge Günter Heiß: Übergabegespräche gab es in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aus Ihrer Er- meiner Abteilung nicht, weil wir ja keinen Wech- kenntnis: Der damalige Präsident, wusste der das, sel erfahren haben. Der Wechsel an der politi- und hat der Sie nicht angerufen? schen Spitze - also sprich: Chef BK -, da habe ich keinen Einblick, ob es da Übergabegespräche ge- Zeuge Günter Heiß: Es ist vom BND weder vom geben hat, und, wenn ja, was da gesagt worden Präsidenten noch auf Arbeitsebene über diese ist. Umstände berichtet worden. Insofern - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Letzte Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich sage mal, Frage zu dem Themenkomplex. 2015: Was war da hätte ja nicht die Arbeitsebene bei Ihnen ange- der konkrete Anlass und Auslöser, dass das rufen; - Thema Selektorenlisten in 2015 hochpoppte?

Zeuge Günter Heiß: Nein. Zeuge Günter Heiß: Sie meinen jetzt BND-eigene Selektorenliste? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - Herr A, B, C ruft da an und sagt: „Hallo, Sie kennen mich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. nicht, aber ich wollte mal was sagen“, sondern das wäre ja wahrscheinlich der Präsident gewe- sen oder - -

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Zeuge Günter Heiß: Das war ein Anlass - so habe Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wegen der ich das jedenfalls dem Bericht der Kollegen ent- US-Selektoren? nommen -: Chef BK war mit einigen Leuten aus der Abteilung - ich war nicht dabei - und Staats- Zeuge Günter Heiß: Ja. sekretär Fritsche, ich glaube, im März in Pullach und hat sich berichten lassen zu der Ablehnungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. liste, zu den US-Selektoren. Wir haben eine aus- führliche Frageliste dann übergeben, und die Zeuge Günter Heiß: Und ich darf sagen: Wir Aufarbeitung in Hinblick auf US-Selektoren be- wähnten uns ja gewissermaßen - im Gegensatz gann. Und da - wie gesagt, es ist mir berichtet zur NSA - im Stande der Unschuld. Wir hatten worden; ich war selbst nicht dabei - muss es nicht die Vermutung, dass wir irgendwelche po- wohl zu irgendwelchen Nachfragen gekommen litisch heiklen Steuerungen haben, und insofern sein in dem Stile: Was gibt es sonst noch? Und waren wir in der Tat von dieser Quarantäneliste gibt es noch irgendetwas, was jetzt ähnliche wirklich überrascht. Wichtigkeit hat wie die US-Selektoren? - Und da soll der Ausdruck „Quarantäneliste“ gefallen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da hatte ich sein. damals auch den Eindruck; ich bin dann auch davon überrascht worden, relativ spontan. - Was Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer mag den ich mich halt frage, ist: Alles gut; kann alles im gesagt haben? Weil das ist natürlich - - Leben passieren. Aber wieso kommt so was mal eben bei einem Besuch mit um die Ecke ge- Zeuge Günter Heiß: Sorry, ich war nicht dabei. huscht? Weil das ist ja schon ein Vorgang, bei Und es ist mir auch nicht gesagt worden, wer den dem ich eigentlich eine gewisse Sensibilität, Pro- gesagt hat. Nur, wir haben uns anschließend fessionalität erwarte, und dann kommt so en pas- gleich natürlich um einen weiteren Bericht über sant - da übertreibe ich jetzt; ich war ja auch diese Quarantäneliste gekümmert, und so ist die- nicht dabei -: Ach, da haben wir noch eine Qua- ser Fall dann auch aufgerollt worden. rantäneliste. - Das klingt ja auch schon so wie Container beim Virenscanner. Und wie ging es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil das ist dann weiter, nachdem - ja schon interessant, dass man dann - im Grunde wieder zwei Jahre weiter, nachdem wir hier flei- Zeuge Günter Heiß: Also, ich gehe zunächst - - ßig vor uns hinarbeiten - bei einem Besuch des Chef BK in Pullach mal eben so dem Chef BK Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - Chef BK mit sagt: Ach, da gibt es so eine Quarantäneliste; ha- diesen Informationen zurückgekommen war? ben wir bisher euch nicht sagen wollen. - Also, das ist ja auch ungewöhnlich, finde ich jetzt. Zeuge Günter Heiß: Also, ich gehe zunächst erst mal davon aus, dass die wachsende Sensibilität Zeuge Günter Heiß: Ob das mal eben so passiert des BND dazu geführt hat, jetzt auch von einer ist oder ob das nach großer Ankündigung passiert Quarantäneliste zu sprechen. Wie ging es weiter? ist - - Wie gesagt, ich war nicht dabei. Wir haben natürlich, vergleichbar mit der Ableh- nungsliste, ein Überprüfungsprogramm ausge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber er ist rollt, auch mit der Direktive: Jeder Selektor muss jetzt nicht wegen einer Quarantäneliste da hinge- irgendwie überprüft werden. Das geht natürlich fahren? zunächst erst mal nur algorithmisch. Es wurden also sämtliche Top-Level-Domains - - Alle 28 Zeuge Günter Heiß: Nein, nein. Er ist wegen Top-Level-Domains wurden rausgeschmissen aus der - - unserer Steuerung, es wurde die Qualitätssiche- rung eingeführt, es wurden weitere Arbeitsgrup- pen oder Kontrollgruppen eingesetzt. Also, diese

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Sache ist ebenso aufgerollt und aufgeklärt wor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Klar, ja. - den wie die US-Selektorenproblematik. Aber wenn ich so eine IP-Adresse habe?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, kann Zeuge Günter Heiß: Aber an IP-Adressen kann ich nachvollziehen. Wie gesagt, ich bin der ich natürlich erkennen, ob das jetzt, sagen wir Letzte, der sagt, wo ein Fehler passiert: Großes mal, eine politisch heikle oder vielleicht nicht Drama. - Aber damals: Hatten Sie den Eindruck, APB-konforme Einsteuerung ist. jetzt klärt der BND Ihnen gegenüber auf? Und konnte er das überhaupt? Hat der BND damals Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Echt? Das gezeigt, Ihnen deutlich gemacht, dass er den kann ich da erkennen? Überblick über die Selektoren hat? Zeuge Günter Heiß: Wenn da „.de“ dahinter steht Zeuge Günter Heiß: Den Eindruck hatten wir, oder „.br“. wobei es natürlich dann immer wieder techni- sche Einschränkungen gibt, die ich nur sehr un- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: An einer IP? vollständig erläutern kann. Aber zum Beispiel bei Okay, man lernt immer Neues. - Und Sie haben der Überführung in die PBDB - das ist so eine das dann auch als Kanzleramt so nachgeprüft, ob Großdatei - sind dann einige Marker bzw. Bezie- da bei den IPs hinten „.de“ dransteht? hungen zu den Arbeitsbereichen verlorengegan- gen, sodass man bei einigen Selektoren nicht Zeuge Günter Heiß: Wir haben - - Dies war jetzt mehr nachweisen konnte: Warum sind sie eigent- ein Beispiel. lich mal gesteuert worden? - Das war natürlich - - Für die Nachfrage: „War dieser Selektor gewisser- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. maßen legitim? Gab es dafür eine Begründung oder nicht?“ war das natürlich ausgesprochen Zeuge Günter Heiß: Es ging um Steuerungen von unange- - ungünstig. NATO-Partnern und andern EU-Partnern; da gibt es natürlich keine Endung „de“, sondern entspre- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. - Ich chende Endungen „fr“ oder „gov“ oder was weiß glaube, das ist sicherlich bei vielen Selektoren ich. der Fall - weil Sie „einige“ sagten -, weil, wenn man die Genese der Selektoren bis Ende der 90er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber, wie ge- zurückverfolgt und wenn einfach alles reingetan sagt, es gibt ja auch die, wo eben die Endung worden ist und nie wieder verifiziert worden ist, nicht dabei ist, wo nicht +49 oder +43 davor dann wird das wahrscheinlich sogar bei relativ steht oder wie auch immer. Ein Großteil der vielen der Fall gewesen sein; das würde jetzt Dinge ist ja auch eben nicht so leicht erkennbar. meine Lebenserfahrung sagen. Aber wie konnte Wo ich eben das Fragezeichen habe, ist: Als wir man das denn wirklich prüfen? Ich meine, eine im Jahr 2015 waren, habe ich Zweifel, dass über- Handynummer kann ich mir noch anschauen haupt überblickbar war, was alles in dem Topf und die Landeskennung. Aber es gibt ja viele Ka- der Selektoren drin ist, und das ist ja auch - - Ich tegorien von Suchbegriffen, von Telekommunika- sage mal, das ist meine These, dass ich glaube, tionsmerkmalen. Da gibt es ja welche, das sind wir müssten eine Grundrevision dieses Se- Zahlen-Buchstaben-Kombinationen. Wie erkenne lektorentopfes vornehmen, weil jahrelang reinge- ich denn überhaupt, was das ist? packt worden ist und inzwischen gar keiner mehr weiß was da drinsteckt. Zeuge Günter Heiß: Entscheidend sind natürlich die IP-Adressen und Telekommunikationsmerk- Zeuge Günter Heiß: Aus meiner Sicht ist das in- male. Wenn ich natürlich nur eine chemische soweit erfolgt, dass es keinen Selektor geben darf Formel habe, dann ist die völlig neutral. ohne Begründung bzw. ohne Verweis auf das Sachgebiet, weswegen er gesteuert worden ist.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn das so Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, das würde wäre, wäre ich mehr als zufrieden. Das wäre si- ich gerne ein bisschen genauer wissen. Also: In cherlich eine Aufgabe des PKGr, in Zukunft das welchen Konstellationen, mit welchen Personen mal zu verifizieren, weil da sehe ich eines der wurde diese Frage zu welchen Anlässen erörtert? Hauptprobleme, nicht in der böswilligen Steue- In den - - rung von irgendwelchen Selektoren, sondern ein- fach in der Praxis, alles in einen Topf zu schmei- Zeuge Günter Heiß: Das kann ich Ihnen leider ßen mit der Maßgabe: „Na, wenn es eh keinen nicht genauer sagen. Treffer gibt, ist es ja auch egal, dass es weiter im Topf drin ist“, aber dass man im Grunde gar Martina Renner (DIE LINKE): Wer war denn da keine verifiz- - also wenige verifizierte Selektoren aus Ihrer Erinnerung bei dieser Erörterung zu den hat über die Jahre, sondern viele, viele, wo man BND-Selektoren dabei? möglicherweise inzwischen ganz andere Perso- nen auf dem Suchmerkmal finden mag. - Okay. Zeuge Günter Heiß: Es geht jetzt nicht nur um BND-Selektoren. Letzte Frage, die das vielleicht abschließt. Sie hatten zumindest dann irgendwann im Jahr 2015 Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ich frage als Abteilung 6 - nicht Sie in Person - den Ein- jetzt zu den BND-Selektoren. druck: „Jetzt haben die es unter Kontrolle beim BND“? Zeuge Günter Heiß: Meine Aussage war dahin gehend, dass wir uns schon während der Veröf- Zeuge Günter Heiß: Es ist ein laufender Prozess. fentlichung der Snowden-Dokumente gefragt ha- Ob die Kontrolle inzwischen tatsächlich so per- ben, wenn es wieder irgendeine Skandalisierung fekt ist, wie wir uns das wünschen, werden die von amerikanischen Aktivitäten gab: Wie ist das weiteren Berichte und Nachfragen zeigen. Jeden- eigentlich bei uns? - Und da hatte ich das Bei- falls haben wir die Anweisungen gegeben, die spiel gemacht: Machen wir auch eine massen- dazu ausreichend sind, dass diese perfekte Kon- hafte, anlasslose, flächendeckende Telekommu- trolle eintreten kann. nikationsaufklärung?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - Martina Renner (DIE LINKE): Nein, nein. Sie ha- Zu den anderen Themenkomplexen klinke ich ben - - mich einfach bei der Fraktion der Union ein, da- mit die anderen Fraktionen jetzt auch zügig an Zeuge Günter Heiß: Und solche Fragen haben ihre Fragen kommen. - Ich würde die erste Frage- wir uns dann immer wieder gestellt. runde damit eröffnen, und Frau Kollegin Renner beginnt für die Fraktion Die Linke. - Danke Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben gesagt: schön, Herr Heiß. Im Zusammenhang mit den NSA-Selektoren ist uns auch die Frage nach der BND-eigenen Erfas- Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- sung untergekommen. - Ich habe mir das hier no- zender. - Herr Heiß, Sie sagten: Im Zuge der tiert. Snowden-Dokumente und dann auch der NSA- Selektorenproblematik haben wir uns die Frage Zeuge Günter Heiß: Ja. gestellt: Und wie machen wir das? - Wann war das? Wer war das? Martina Renner (DIE LINKE): Und ich möchte genau wissen: Wann war das? Zeuge Günter Heiß: Das war eine kontinuierliche Frage, die wir uns immer wieder vorgelegt haben. Zeuge Günter Heiß: Das war im März 2015, als der Minister in Pullach den Besuch gemacht hat.

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Martina Renner (DIE LINKE): Sind Sie sich ganz Zeuge Günter Heiß: Auch da haben wir uns wie- sicher? der gefragt - als Medien berichteten, es seien Snowden-Dokumente aufgetaucht, wonach die Zeuge Günter Heiß: Ich war nicht dabei, aber NSA Botschaften abhöre -: Wie ist das eigentlich seit - - Damals gab es - - bei uns? Gibt es so etwas? - Ich kann jetzt nicht genau sagen, wie der Ablauf im Einzelnen war. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, also dass es Ich glaube, Präsident Schindler hat die Frage zu- erst im März 2015 war. Dass Sie nicht dabei wa- nächst erst mal mitgenommen und hat dann ir- ren, da sind Sie sich sicher. Aber die Frage ist: gendwann bei einem der vielen Treffen, die der Sind Sie sich sicher, dass das erste Mal diese Minister Pofalla, Präsident und ich gemeinsam Problematik im Frühjahr 2015 aufgefallen ist bei hatten, gesagt: Ja, es gibt bestimmte Fälle, da ma- Ihnen? chen wir das auch. - Und dann hat er die Bedin- gungen geschildert, unter denen es dazu kommen Zeuge Günter Heiß: Die Problematik der BND-Se- kann, dass wir eine Botschaftsüberwachung ma- lektoren, - chen im Hinblick auf Partner.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Und das Ergebnis, was Herr Schindler vorgetragen hat, wurde von Zeuge Günter Heiß: - die wir hier erörtern im Ihrer Seite und Herrn Pofalla als zufriedenstel- Hinblick auf Steuerung von - lend betrachtet?

Martina Renner (DIE LINKE): Freunden, Part- Zeuge Günter Heiß: Er hat vorgetragen, dass es in nern. Krisengebieten dazu kommen kann, dass man Informationen erhebt über das Krisengebiet, aber Zeuge Günter Heiß: - EU- und - die Informationen holt aus einer Botschaft eines Partnerstaates, die in dem Krisengebiet über eine Martina Renner (DIE LINKE): NATO. ganz besondere Kompetenz verfügt, -

Zeuge Günter Heiß: - NATO-Partnern, ist als Martina Renner (DIE LINKE): In Europa? massenhaftes Phänomen, also als größeres Pro- blem durch die Erwähnung der Quarantäneliste Zeuge Günter Heiß: - die wir nicht haben. aufgefallen. Martina Renner (DIE LINKE): Also eine Botschaft Martina Renner (DIE LINKE): Und als kleineres in Europa? Problem? Wann ist das vorher aufgefallen? Zeuge Günter Heiß: Nein, im Krisengebiet. Zeuge Günter Heiß: Ich vermute, Sie reflektieren auf ein Gespräch Schindler/Pofalla/Heiß irgend- Martina Renner (DIE LINKE): Die Botschaft sollte wann 2013. dann im Krisengebiet auch selbst örtlich zu fin- den sein. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, richtig. Zeuge Günter Heiß: Ja, natürlich, im Krisenge- Zeuge Günter Heiß: Da ist das mal als Einzelfall- biet. problem aufgetaucht. Martina Renner (DIE LINKE): Wir reden nicht Martina Renner (DIE LINKE): In welcher Hin- von einer Botschaft in Madrid, Paris oder Hel- sicht? sinki?

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Zeuge Günter Heiß: Nein, die Botschaft eines war der Hauptaufschlag: Frühjahr 2015. - Es gab Partnerstaates im Krisengebiet. vorher weitere Anlässe?

Martina Renner (DIE LINKE): Darüber ist gespro- Zeuge Günter Heiß: Nein, es gab über diesen chen worden? Punkt keine weiteren Gespräche. Wir haben dann entschieden, diese Informationserhebung zu un- Zeuge Günter Heiß: Ja, das ist - - Das Ziel, Infor- terlassen. mationen über das Krisengebiet zu erheben - - wurde der Weg gewählt, weil Botschaften in Kri- Martina Renner (DIE LINKE): Wie ist das ent- sengebieten über eine ganz besondere Kompetenz schieden worden? für das Krisengebiet verfügten, Informationen zu erlangen. Zeuge Günter Heiß: Das haben wir zu dritt ent- schieden. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Schindler hat in dem Gespräch nicht erwähnt, dass auch Bot- Martina Renner (DIE LINKE): Und das ist dann schaften in Europa abgehört werden? als Weisung - -

Zeuge Günter Heiß: Daran kann ich mich nicht Zeuge Günter Heiß: Das hat Präsident Schindler erinnern, nein. Es ging also - - als Weisung mitgenommen und, soviel ich weiß, umgesetzt. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Schindler hat auch in dem Gespräch nicht erwähnt, dass mög- Martina Renner (DIE LINKE): Wann war das? licherweise deutsche Botschaften abgehört wer- den? Zeuge Günter Heiß: Das war nach kurz- - gleich nach diesem Gespräch, von dem ich gerade be- Zeuge Günter Heiß: Nein, es ging immer um richtet habe. eine - - Also, das Beispiel war: eine Botschaft eines Partnerstaates in einem Krisengebiet. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Wann war das Gespräch etwa? Martina Renner (DIE LINKE): Und haben Sie oder Herr Pofalla nachgefragt, ob darüber hinaus Zeuge Günter Heiß: Kann ich nicht genau sagen. auch Botschaften abgehört werden? Das muss irgendwann 2013 gewesen sein. Die Akten sagen mir und auch Kollegen sagen mir, es Zeuge Günter Heiß: Nein, das war ein Beispiel, - soll im Oktober gewesen sein.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. - Das war ein Dreiergespräch? Zeuge Günter Heiß: - und wir haben uns das so vorgestellt, dass eben Botschaften in Krisengebie- Zeuge Günter Heiß: Ja. ten schon mal abgehört werden, um über Krisen- gebiete etwas zu erfahren. Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten vorhin - ich will das nur noch einmal festhalten, auch für Martina Renner (DIE LINKE): War das das ein- uns -, Sie hatten Ihre Informationen zum Teil zige Beispiel, das Herr Schindler gebildet hat? auch gewonnen aus den Vorarbeiten des Bundes- nachrichtendienstes in Beantwortung auf kleine Zeuge Günter Heiß: So ist meine Erinnerung. Anfragen des Parlamentes zur Praxis der NSA oder aber auch des BNDs zur Überwachung von Martina Renner (DIE LINKE): Gab es weitere Ge- Zielen von Partnern in Europa oder der NATO, - spräche vor Frühjahr 2015, weil Sie sagten: Das

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Zeuge Günter Heiß: Mhm. tung zu überprüfen? Können denn alle Telekom- munikationsmerkmale der NSA verstanden wer- Martina Renner (DIE LINKE): - dann mit den In- den? formationen, die Sie ab 2015 wohl auch hatten. Mit rückwärtiger Sicht: Würden Sie heute sagen, Zeuge Günter Heiß: Verstanden werden können dass die kleinen Anfragen falsch beantwortet sie. Ob sie eine faktische Grundlage in der Wirk- wurden? lichkeit haben - - Die lässt sich naturgemäß nicht überprüfen. Zeuge Günter Heiß: Es sind einige Anfragen - wir haben das ja dann aufgearbeitet; ich glaube, auch Martina Renner (DIE LINKE): Sagen Sie, dass Se- auf eine entsprechende Anfrage von Ihnen hin - lektoren, die zum Beispiel auf soziale Netzwerke zielen - Messenger-Systeme, Skype, Foren, Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Chats -, alle eindeutig verstanden werden kön- nen, was die Länderzuordnung angeht oder die Zeuge Günter Heiß: - als unzutreffend erkannt Ehrlichkeit der Deutung? Also, ich kann ja über- worden, und sie sind dann korrigiert worden. all „Proliferation“ dranschreiben. Wenn ich vorne nicht verstehe, was dort gemeint ist - - Wie Martina Renner (DIE LINKE): Hat dieser Um- überprüfen Sie denn einen Messenger-Selektor stand, dass kleine Anfragen falsch beantwortet zum Beispiel? wurden in einer Zuarbeit des BND, in irgendei- ner Form zu Konsequenzen geführt, was die zu- Zeuge Günter Heiß: Es gibt keine Möglichkeit, künftige - aus damaliger Sicht zukünftige bzw. die inhaltliche Begründung in der Wirklichkeit heutige - Beantwortung von kleinen Anfragen an- zu überprüfen. geht? Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und - - Zeuge Günter Heiß: Es hat insofern zu Konse- quenzen geführt, als wir Sicherungsmechanis- Zeuge Günter Heiß: Das ist eine Frage der Zu- men in die TA eingebaut haben wie Qualitätssi- sammenarbeit, der Kooperation in einer Partner- cherung und die eindeutige Zuweisung von Be- schaft. gründungen zu jedem Steuerungsmerkmal, zu je- dem Selektor. Das wäre zum Beispiel eine der Martina Renner (DIE LINKE): Und wie hoch ist Folgerungen, die wir daraus gezogen haben. der Anteil, wo Treu und Glauben gilt bei den NSA-Selektoren? Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagen jetzt im- mer: Bei den BND-Selektoren haben wir heute Zeuge Günter Heiß: Das kann ich nicht beurtei- eine eindeutige Zuordnung, weil wir eine Deu- len. tung beifügen lassen und auch diese überprüfen können. - Wie sieht das denn bei den NSA-Se- Martina Renner (DIE LINKE): Ist der klein oder lektoren aus? groß?

Zeuge Günter Heiß: Es trifft auf die ebenso zu. Zeuge Günter Heiß: Das kann ich nicht beurtei- len. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Und da würde ich gerne wissen: Wenn die NSA dort Martina Renner (DIE LINKE): Kann der möglich- Deutungen anfügt, inwieweit ist denn der Bun- erweise die Hälfte und mehr sein? desnachrichtendienst bzw. Sie als Rechts-, Dienst- und Fachaufsicht in der Lage, diese Deu- Zeuge Günter Heiß: Das entzieht sich meiner Kenntnis.

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Martina Renner (DIE LINKE): Wäre nicht Konse- einzustellen Sache des Partners ist. Wir haben quenz aus dem BfDI-Bericht - - Dort wird ja ins- keinen Zugang dazu, welche Gründe er hat, be- besondere die Problematik der NSA-Selektoren, stimmte Deutungen für Telekommunikations- die auf dem Datenerfassungssystem des BND lau- merkmale anzulegen. fen, problematisiert, weil gesagt wird: In dem Moment, wo die NSA-Selektoren im eigenen Da- Martina Renner (DIE LINKE): Aber die Daten tenverarbeitungssystem sind, müssen sie nach laufen doch auf unseren Datenbanken, des BND. Bundesdatenschutzgesetz und nach unseren Dann muss man die doch verstehen, bevor man Maßgaben betrachtet werden. - Müsste nicht je- sie einstellt. der NSA-Selektor verstanden werden, wenn er eingestellt wird, um die Voraussetzungen des Zeuge Günter Heiß: Verstehen tun wir sie. Bundesdatenschutzgesetzes zu erfüllen, näm- lich - - Sie kennen ja die Kriterien. Also, wann Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, man liest ist - - Eine Datenerhebung muss zweckmäßig nur die Deutung. Ich kann das Wort „Antiterror- sein. kampf“ auch lesen.

Zeuge Günter Heiß: Zu den rechtlichen Implika- Zeuge Günter Heiß: Ja. tionen, die Sie gerade ausgeführt haben, kann ich nichts sagen. Ich glaube, dass - - Martina Renner (DIE LINKE): Aber damit habe ich den Selektor nicht verstanden. Martina Renner (DIE LINKE): Sie sind doch die Rechtsaufsicht, oder? Zeuge Günter Heiß: Ich wüsste nicht, wie wir ei- nen Beweis erlangen könnten, dass irgendein Zeuge Günter Heiß: Kann ich nichts sagen. Aber Telekommunikationsmerkmal dem Menschen ich glaube, die - - Oder ich weiß, dass die Deu- ABC, der ein Terrorist ist - und dafür müssten tungen der Selektoren verstanden werden. wir den Beweis haben, dass er Terrorist ist - - wie das vermittelt werden könnte. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das ist klar, weil das sind fünf Stück. Die heißen irgendwie Martina Renner (DIE LINKE): Okay, alles klar. „War on Terror“, „Proliferation“, „Drogen“ - keine Ahnung. Klar kann jeder die lesen. Aber Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, da die Frage ist: Kann der Selektor, der vorne in der müssten wir in der nächsten Runde weiter nach- Liste steht, tatsächlich dieser Deutung zugeord- bohren. - Wir kommen in der ersten Runde zu net werden? Also, wenn hinten steht: „Das ist ein den Fragen der SPD. Herr Kollege Zimmermann Terrorist“, kann auch vorne gesagt werden: „Le- beginnt. gen wir diese - - Der Name, der dort vorne steht in einem Chatprotokoll - das ist möglicherweise Dr. Jens Zimmermann (SPD): Vielen Dank, Herr eine Abfolge von Zahlen und Buchstaben -, hat Vorsitzender. - Herr Heiß, ich würde vielleicht tatsächlich etwas damit zu tun, was hinten als doch auch die eine oder andere Sache, die Sie Deutung vorgegeben wird zu sein“? Also, kann schon ausgeführt haben, gerne noch mal in eine das überprüft werden? bisschen andere Reihenfolge bringen oder, besser gesagt, in eine chronologische Reihenfolge, weil Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste wir viele Punkte - - Wir springen immer zwi- dann die letzte Frage sein. schen 2013, zwischen 2015, und ich würde Sie vielleicht noch mal kurz bitten, dass für uns noch Martina Renner (DIE LINKE): Ja. mal in die Reihenfolge zu bringen, ausgehend von den Veröffentlichungen durch Edward Zeuge Günter Heiß: Das kann nicht vom BND Snowden. überprüft werden, weil das zu überprüfen und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 18 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Wenn ich es richtig sehe - - Sie haben ja gesagt, die durch den BND gesteuert wurden, die in den Sie waren in der Abteilung bereits mit allgemei- Datenbanken vorhanden sind, die aber - - Und nen Fragen betraut, die aus dem parlamentari- eben ist ja darüber diskutiert worden, ob all diese schen Raum kamen. Das haben Sie vorhin gesagt, Anfragen, die gestellt wurden, Stand heute - und glaube ich, auf die Frage des Vorsitzenden, dass das wissen wir -, den faktischen Zustand be- Sie da schon mit der Thematik sich beschäftigt schrieben haben. Was wäre denn eigentlich ge- hatten. War das nach Snowden oder war das be- wesen, wenn diese Informationen vor dem 22. reits vor Snowden? September 2013 öffentlich geworden wären?

Zeuge Günter Heiß: Das begann im Juni 2013 mit Zeuge Günter Heiß: Jede Antwort kann da nur der ersten Veröffentlichung im Spiegel über die eine Spekulation enthalten, und meine Spekula- sogenannten Snowden-Dokumente. Da wir uns tion ist nicht überraschenderweise die, dass es mitten im Wahlkampf befanden, können Sie sich auch zu einer öffentlichen Diskussion über die vorstellen, dass es einen ganz, sehr hohen Takt SIGINT-Aktivitäten des BND gekommen wäre. an parlamentarischen Anfragen, PKGr-Sitzungen, medialen Anfragen und vielen Anforderungen Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ja, das glaube ich der Aufklärung auch beim BND und über den auch, dass es dazu gekommen wäre. Und deswe- BND an uns gegeben hat, sodass die Beschäfti- gen ist natürlich der Zeitraum schon, zumindest gung mit dem, was Snowden veröffentlicht hat - aus der politischen Perspektive, von sehr hoher wozu eben auch Selektorenprobleme gehört ha- Relevanz, dass - und bitte korrigieren Sie mich - ben, ohne dass wir das Wort damals so benutzt Sie ja vorhin gesagt haben, die Aussagen der haben -, ab Juni 2013 in eine ausgesprochene Kanzlerin beim Sommerinterview haben in Ihrer Hochphase gegangen ist, die erst ein wenig ab- Abteilung zu keiner zusätzlichen Aktivität oder ebbte nach dem Jahreswechsel 14 und dann wie- zu keiner zusätzlichen Überprüfung geführt, weil der anschwoll mit Einsetzung des Parlamentari- Sie durch die parlamentarischen Anfragen ohne- schen Untersuchungsausschusses. hin in der Thematik waren. Aber ich sage mal - -

Dr. Jens Zimmermann (SPD): Sie haben jetzt Zeuge Günter Heiß: Das hatte ich nicht - - auch explizit den Wahlkampf und die Bundes- tagswahl erwähnt. Das heißt, auch bei Ihnen in Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. Nein? Dann, der Abteilung und auch bei Ihnen selbst war die bitte, korrigieren Sie mich. politische Brisanz des Ganzen - - das war Ihnen sehr bewusst? Zeuge Günter Heiß: Ja, gerne. - Ich hatte gesagt, dass wir im Hinblick auf das, was wir durch die Zeuge Günter Heiß: Was im Wahlkampf großes parlamentarischen Anfragen auch beim BND an mediales Echo erfährt, ist selbstverständlich poli- Informationen gehoben haben, keinen Anlass sa- tisch brisant, weil es ja möglicherweise den Aus- hen, bösgläubig zu sein im Hinblick auf BND-ei- gang der Wahl beeinflussen kann. Das ist bei je- gene Selektoren; das war meine Aussage. Das dem Thema so, was in den Medien prominent heißt, wir hatten keinen Anhaltspunkt, danach diskutiert wird. zu fragen, was Sie eben angesprochen haben.

Dr. Jens Zimmermann (SPD): Na ja, das ist ja Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. - Aber dann nicht so ganz unerheblich, weil - - Und da würde würde ich noch mal auf den Punkt gehen: Die ich dann auch die Frage direkt auch mal an- Kanzlerin geht mit einer Positionierung zu die- schließen: Wir haben die Aussagen der Kanzle- sem Thema raus. Ich finde, das ist ja doch noch rin; da hat der Herr Vorsitzende Sie schon drauf mal ein Unterschied, ob wir im parlamentari- angesprochen. Die Frage ist ja so ein bisschen: schen Raum nachfragen, ob wir irgendwo Sach- Was wäre denn eigentlich gewesen, wenn die In- aufklärung betreiben wollen, oder ob die Kanzle- formationen, die wir jetzt haben über Selektoren,

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Nur zur dienstlichen Verwendung rin mit einer Positionierung rausgeht: „Ausspä- ich in der Abteilung davon ausgegangen sind - hen unter Freunden, das geht gar nicht.“ Das hat und ich nehme an, auch alle anderen, die bei die- ja ein bisschen eine unterschiedliche Qualität, ser Verhandlung mit teilgenommen haben, wie und bei dem Sommerinterview ging es ja schon zum Beispiel Präsident Schindler -, dass eine sol- in diese Richtung. Vielleicht können Sie das ein- che Praxis bei uns nicht vorliegt und wir deswe- fach noch mal schildern: Was ist, sagen wir mal, gen auch guten Gewissens ein solches Abkom- nach diesem Sommerinterview bei Ihnen in der men abschließen könnten. Abteilung abgelaufen bis Ende des Jahres? Dr. Jens Zimmermann (SPD): Dann haben Sie Zeuge Günter Heiß: Wir haben im Hinblick auf vorhin gesagt, die Bundestagswahl ist ja so ver- das Sommerinterview den BND damit beauftragt, laufen, dass es im Kanzleramt zu keinen allzu den Punkt fünf - ich glaube, dieses Acht-Punkte- großen Veränderungen gekommen ist. Aber der Programm war auch im Sommerinterview mit er- Chef BK hat ja nun gewechselt. Und Sie haben läutert worden - als Aufgabe anzunehmen. Das vorhin auch gesagt, Ihnen ist da nichts drüber be- waren Verhandlungen mit den EU-Partnern über kannt, wie die Übergabe zwischen Herrn Pofalla ein Abkommen der, sagen wir mal, gegenseitigen und Herrn Altmaier in diesem Feld, in diesem Freistellung von Überwachung. Dies war eine Bereich abgelaufen ist; bei Ihnen in der Abteilung Aufgabe, die wir dem BND gegeben haben als war keine Übergabe notwendig. Aber wann ha- Folge dieses Acht-Punkte-Programms. ben Sie denn das erste Mal mit dem neuen Chef BK dann über Selektoren überhaupt gesprochen, Dr. Jens Zimmermann (SPD): Das war aber der also wahrscheinlich dann erst mal über NSA-Se- einzige konkrete Ausfluss aus dem Interview, der lektoren? bei Ihnen dann eine Reaktion nach sich gezogen hat? Zeuge Günter Heiß: Das kann ich nicht sagen. Wir hatten - - Es kam ja dann auch der Staats- Zeuge Günter Heiß: Dies betraf uns konkret, die- sekretär Fritsche noch mit hinzu, und wir hatten ser Punkt fünf des Acht-Punkte-Programms, wäh- sehr bald ein Gespräch bei Altmaier über sämtli- rend die Aussage über Ausspähen unter Freun- che Themen, die die Abteilung angingen; aber den - ich wiederhole mich - - wir keinen Anlass das kann ich jetzt nicht konkretisieren. Und über hatten, davon auszugehen, dass der BND so et- Selektoren konkret - jedenfalls nicht über BND- was tut. eigene Selektoren - haben wir nicht gesprochen.

Dr. Jens Zimmermann (SPD): Und jetzt kamen Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay, beim Amts- wir dann aber - - ging es ja weiter. Die ganze The- wechsel jetzt, da direkt am Anfang. Aber haben matik No-Spy-Abkommen hat man ja auch dann Sie überhaupt irgendwann mal mit Herrn Alt- ins Gespräch gebracht. Jetzt mal unabhängig da- maier über NSA-Selektoren dann gesprochen? von, wie die Verhandlungen mit den USA gelau- Weil es muss ja irgendwo dann einen Punkt gege- fen sind: Aber hat das bei Ihnen dazu geführt, ben haben, wo das dann ein großes Thema dass man vielleicht noch mal gesagt hat: „Okay, wurde. wenn wir so ein Instrument jetzt ins Spiel brin- gen, wenn wir dazu mit einem weiteren Partner Zeuge Günter Heiß: Selbstverständlich ab in Verhandlungen treten, müssen wir vielleicht März 15, klar. Da war es ein ganz großes Thema, nochmals schauen, wie eigentlich unsere eigene und vorher weiß ich es nicht genau. Ich muss Praxis ist, weil wir können ja schlecht was ein- dazu einschränkend sagen: In der Regel berichtet fordern, wo wir uns dann nicht sicher sind, dass Herr Fritsche direkt an Bundesminister Altmaier. wir die Gegenseitigkeit erfüllen können“? Manchmal bin ich dabei, aber eher selten.

Zeuge Günter Heiß: Das hat nicht zu einer sol- (Christian Flisek (SPD): chen Nachfrage geführt, weil meine Kollegen und Schwarzes Loch!)

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Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay, aber ich gehe auf der Hand lagen. Halten Sie das, was wir jetzt ja davon aus, wenn Herr Fritsche zu Herrn Alt- hier machen - ich frage Sie jetzt mal so direkt -, maier geht und es dann um die Selektoren ging, für überzogen, also für ohne Anlass? Ist unsere dass er dann vorher bei Ihnen ist und sich mit Tätigkeit jetzt in Bezug auf die BND-Selektoren Ihnen abspricht. etwas, wo sie sagen: „Also, für uns war das alles völlig normal”? Zeuge Günter Heiß: Mir ist nicht bekannt, dass er mit Herrn Altmaier über Selektoren gesprochen Zeuge Günter Heiß: Wir hatten bis März 2015 hat. Wie gesagt, ich kann das nicht ausschließen; keine Kenntnis von NSA-Selektoren, wie sie aber ich weiß es nicht. dann in der Ablehnungsliste zum Vorschein ge- kommen sind. Deswegen hatten wir keinen An- Dr. Jens Zimmermann (SPD): Okay. - Aber das lass, konkret über Selektoren, über US-Selektoren heißt - ich fasse einfach mal zusammen; bitte kor- zu sprechen. rigieren Sie mich gerne erneut -, vor März 2015 ist Ihnen eigentlich nicht bekannt, dass - - Sie ha- Christian Flisek (SPD): In einer solchen Situation ben nicht mit Herrn Altmaier über Selektoren, stelle ich mir das völlig falsch vor, wenn ich über die NSA - - vom BND gesteuerten NSA-Se- sage, dann geht man mal als Aufsichtsbehörde lektoren gesprochen, und Ihnen ist auch nicht be- hin, schnappt sich den BND-Präsidenten und kannt, dass Herr Fritsche mit Herrn Altmaier dar- sagt: „So, lieber Herr Schindler, wir wollen jetzt über gesprochen hat? über das Thema Selektoren in Ihrem Laden alles wissen, und Sie kriegen jetzt von uns eine Frist Zeuge Günter Heiß: So ist es. Und mir ist auch von einem Monat von mir aus und dann umfas- kein Anlass bekannt, weswegen das hätte gesche- senden Bericht, bitte“? Ist das so, oder ist das die hen sollen. absurde Vorstellung eines Abgeordneten?

Dr. Jens Zimmermann (SPD): Aber wäre das Zeuge Günter Heiß: Das entzieht sich meiner Be- nicht - - Meinen Sie nicht, dass es vielleicht not- urteilung. Aber wenn wir keinen Anlass haben, wendig gewesen wäre, darüber mal zu reden? überhaupt über konkrete US-Selektoren zu spre- Also, ich meine - - chen - - Es gab vorher, vor März 2015, das Thema US-Selektoren als illegitime oder als feindliche Zeuge Günter Heiß: Notwendig, darüber zu re- Selektoren nicht, sodass wir auch keinen Anlass den - - Die Notwendigkeit, darüber zu reden, be- hatten, uns eine Selektorenliste der eingesteuer- steht dann, wenn wir irgendeinen konkreten An- ten Millionen Selektoren in Bad Aibling zu - - lass haben. Da wir die Ablehnungsliste, die im März 2015 aufgetaucht ist, bisher nicht kannten - Christian Flisek (SPD): Also, das kann ich nicht das heißt also, über das Aufgabenprofil der NSA nachvollziehen, Herr Heiß; Entschuldigung, dass keine Mutmaßungen anstellen konnten -, gab es ich jetzt einhake und Ihnen da ins Wort falle. - auch keinen Anlass, konkret über US-Selektoren Dass Sie mir sagen, vor März 2015 gab es über- mit dem Kanzleramtsminister zu sprechen. haupt gar keinen Anlass über die Frage, ob auch nur irgendein Selektor der USA in irgendeiner Dr. Jens Zimmermann (SPD): Ich gebe mal kurz Weise schiefliegen könnte, nachzudenken, das weiter an meinen Kollegen. kann ich nicht nachvollziehen. Und wenn Sie mir das hier heute sagen, dann ist das aus meiner Christian Flisek (SPD): Danke; ich steige mal ge- Sicht ein ziemlicher Offenbarungseid für das rade kurz ein. - Herr Heiß, Sie sagen, da hat es Funktionieren der Aufsichtsbehörde Bundes- keinen Anlass gegeben. Ich meine, wir beschäfti- kanzleramt - das sage ich Ihnen ganz offen -, weil gen uns genau in diesem Zeitraum, der nach wie das ist sozusagen die Einflugschneise bei der vor ein großes schwarzes Loch für uns ist, mit ei- Frage, ob die Leute, die da sitzen und die Auf- ner ganzen Reihe von Anlässen sozusagen, die sicht über den BND zu führen haben, überhaupt

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung in der Lage sind, das zu tun. Wenn Sie mir sagen, forschungen angeht, aber nicht der einzelne Se- erst im März 2015 ist überhaupt da mal eine Sen- lektor. Diese Problematik ist erst im März 2015 sibilität aufgetaucht, dass es Probleme bei den aufgetreten. US-Selektoren geben könnte, dann sage ich: Gute Nacht. - Und das ist so? Das bestätigen Sie jetzt Christian Flisek (SPD): Gab es eine Einschät- noch mal? zung - ich frage jetzt wirklich auch zugespitzt und provokant -, dass man gesagt hat: „Wir müs- Zeuge Günter Heiß: Ich glaube, es gab auch vor sen das in irgendeiner Weise versuchen auszusit- März 2015 keine Frage seitens des Ausschusses zen. Wir stellen uns tot. So schlimm wird es nach konkreten US-Selektoren, weil das über- schon nicht werden“? haupt nicht - - Zeuge Günter Heiß: Das ist nicht die Art einer (Martina Renner (DIE rechtsstaatlichen Aufsicht im Bundeskanzleramt. LINKE): Sie sind doch die Fachaufsicht!) Christian Flisek (SPD): Ja, das teile ich uneinge- schränkt in der Beurteilung. Aber die mangelnde Christian Flisek (SPD): Entschuldigen Sie! Sie Aktivität in diesem Thema ist unerklärlich. Uner- sind die Aufsichtsbehörde, und Sie haben doch klärlich! Fragen zu stellen über das Funktionieren dieser Behörde unabhängig davon, ob Sie Parlaments- Zeuge Günter Heiß: Wir waren im Rahmen der fragen bekommen. Aufklärung der Snowden-Affäre und der dann folgenden Beschäftigung mit Ihren Fragen und Zeuge Günter Heiß: Selbstverständlich. mit dem Untersuchungsausschuss durchaus auch an Leistungsgrenzen angekommen im Kanzler- Christian Flisek (SPD): So, und das haben Sie amt, in der Abteilung TA. Das soll nichts beschö- nicht getan, weil Sie keinen Anlass gesehen ha- nigen, sondern erklärt nur, dass wir uns nicht ben, so wie Sie es jetzt gerade noch mal formu- noch gezielt Extrathemen gesucht haben, denen liert haben. wir dann noch zusätzlich nachgegangen sind. Um es mal so zu sagen: Wir hatten genug zu tun Zeuge Günter Heiß: So ist es, ja. mit dem, was täglich von uns gefordert wurde, und waren damit vollauf beschäftigt. Christian Flisek (SPD): Und da sage ich Ihnen ganz offen: Das ist ein Armutszeugnis. Wenn Sie Christian Flisek (SPD): Aber Ihr neuer Chef, Herr mir sagen, es gab bis März 2015 in Bezug auf die Minister Altmaier, war ja dann im März 2015 al- Frage, ob es rechtmäßig oder auftragsprofilmäßig les andere als amused. Hat er denn im Nachgang in Sachen NSA-Selektoren zugeht, gar keinen zu seinem Treffen in Pullach und zu der Kennt- Anlass, irgendwie mal nachzufassen, was haben nisnahme, die er dann bekommen hat über die Sie in Bezug auf dieses Thema denn dann ge- Problematik, mal irgendwann mit Ihnen gespro- macht? Gar nichts? chen und hat gesagt: „Also, lieber Herr Heiß, da gibt es Luft nach oben“? Zeuge Günter Heiß: Wir hatten dies nicht als Thema - die US-Selektoren, ob sie im Einzelnen Zeuge Günter Heiß: Wir sind, was die Aufklä- legitim oder politisch heikel waren -, sondern wir rung der NSA-Selektoren angeht, in ständigen haben viele andere Dinge aufbereiten müssen zu- Gesprächen gewesen und haben auch seitens der sammen mit dem Ausschuss im Rahmen der Abteilung das Notwendige veranlasst, um aufzu- Snowden-Veröffentlichungen. Da gab es viele klären, was hinter - - Fragen, die uns ständig und immer wieder be- schäftigten, insbesondere was das Ziel von Aus- Christian Flisek (SPD): Mit wem waren Sie in ständigen Gesprächen?

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Günter Heiß: In der Abteilung mit dem diese Arbeit? Hat man gesagt: „Das haben Sie toll Staatssekretär und der Staatssekretär, soviel ich gemacht“? weiß - aber ich sagte Ihnen bereits, ich bin nicht immer dabei; eher selten -, mit dem Bundes- Zeuge Günter Heiß: Da gilt die gleiche Aussage, minister Altmaier. die ich eben gemacht habe.

Christian Flisek (SPD): Nach März 2015, vermute Christian Flisek (SPD): Mhm, also gar keine Aus- ich. sage.

Zeuge Günter Heiß: Ja. Zeuge Günter Heiß: Nein, ich kann mich nicht erinnern, dass das erfolgt ist. Christian Flisek (SPD): Vorher war da Funkstille? Christian Flisek (SPD): Na gut, dann werden wir Zeuge Günter Heiß: Da war sicherlich nicht in der nächsten Runde weitermachen. Funkstille; aber Selektoren waren kein Thema. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- Christian Flisek (SPD): Das Kanzleramt hat ja chen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächs- den BND sehr offen kritisiert in einer Pressestel- ten Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- lungnahme. Gab es irgendwelche Maßnahmen in nen. Herr Kollege von Notz beginnt. Ihre Abteilung hinein, die man als Kritik bezeich- nen könnte von oben? Dr. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Guten Tag, Herr Heiß! Zeuge Günter Heiß: Daran kann ich mich nicht erinnern. Zeuge Günter Heiß: Guten Tag, hallo!

Christian Flisek (SPD): Aber Sie können es auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht ausschließen? NEN): In der Nachschau ist Ihnen in den Akten ja sicherlich auch aufgefallen, dass man direkt nach Zeuge Günter Heiß: Dass - - Ich selbst kann mich der Sommerpressekonferenz der Bundeskanzle- nicht daran erinnern. Ich kann es nicht ausschlie- rin im Bundesnachrichtendienst angefangen hat, ßen, dass irgendjemand Kritik erfahren hat. Ich Selektoren zu deaktivieren bzw. zu löschen. Ha- war dann aber nicht dabei. ben Sie das auch in den Akten gesehen?

Christian Flisek (SPD): Ihnen gegenüber wurde Zeuge Günter Heiß: Soweit ich mich erinnere, niemals gesagt: „Das lief in der Abteilung 6 nicht hat man zunächst erst eine Untersuchung ange- rund“? stellt. Ob die gleich gelöscht worden sind, weiß ich nicht. Zeuge Günter Heiß: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Niemals? Von nieman- NEN): Nein, aber deaktiviert worden sind. dem? Nicht von Herrn Fritsche, nicht von Herrn Altmaier? Von niemandem? Zeuge Günter Heiß: Ja, kann sein.

Zeuge Günter Heiß: Soweit ich mich erinnere, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht. NEN): Tausende, Zehntausende von Suchbegrif- fen. Christian Flisek (SPD): Hat das Gegenteil stattge- funden? Hat man Sie mal gelobt in Bezug auf Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht; ja, mag sein.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 23 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht die Wahrheit. Sagt Ihnen die sogenannte NEN): Das wissen Sie nicht? 700er-Liste etwas?

Zeuge Günter Heiß: Nein, ich weiß nur, dass das Zeuge Günter Heiß: Nein. untersucht worden ist. Ich weiß nicht, ob die De- aktivierung sofort eingetreten ist. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Am 28.10.2013 ist eine Liste erstellt wor- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den, die leider Geheim eingestuft ist, über proble- NEN): Ja, das ist vorgenommen worden. Das steht matische Selektoren, die der BND steuert - in unseren Akten drin. Das behandeln wir hier 28.10.2013. seit längerer Zeit; das ist auch presseöffentlich. Aber Sie als Fach- und Rechtsaufsicht - und Sie Zeuge Günter Heiß: Mhm. sind ja noch AL 6, glaube ich - müssen doch da- mit befasst sein, mit den Aufräumarbeiten sozu- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sagen. NEN): Am 28.10.2013 gab es Gesprächsrunden, an denen Sie auch teilgenommen haben, bei de- Zeuge Günter Heiß: Ja. nen Herr Schindler dabei war. Ich halte Ihnen mal das vorläufige Stenografische Protokoll vor Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Vernehmung von Herrn Schindler hier das NEN): So. - Ist aus diesem Umstand, dass sozusa- letzte Mal. Da geht es um diese Treffen, bei de- gen direkt mitten im Sommer 2013 auf die erste nen diese 700er-Liste im Bundeskanzleramt eine Aussage der Bundeskanzlerin: „Ausspähen unter Rolle gespielt hat. Das ist Seite 27 von 82 Seiten. Freunden geht gar nicht“ im Bundesnachrichten- Ich kürze das jetzt so ein bisschen ab. Ich arbeite dienst angefangen wurde, Selektoren herauszu- mich da an meine Fragen mit Herrn Schindler nehmen und das offenbar nach oben nicht wei- langsam ran, und dann geht es - - tergegeben wurde, irgendetwas gefolgt? Wurde je- mand strafversetzt, abgemahnt? Das frage ich Sie Frage von mir: „Und wer war denn noch dabei, jetzt als AL 6, der nicht informiert wurde. bei diesem Treffen?“ In Klammern - ich ergänze -: bei diesem Treffen, bei dem die Problematik der Zeuge Günter Heiß: Ist mir nicht bekannt. Wir BND-Selektoren besprochen wurde. Da fragt der haben jedenfalls weder Strafen, disziplinarrecht- Zeuge Schindler: „Bei welchem?“ Meine Frage: liche Maßnahmen noch Abmahnungen veran- „Als man sich im Bundeskanzleramt mit Herrn lasst. Pofalla austauschte über diese Problematik.“ Zeuge Gerhard Schindler: „Also, nach meiner Er- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- innerung war der Abteilungsleiter 6 noch dabei.“ NEN): Was muss man machen, damit man von Ich frage: „Herr Heiß.“ Herr Schindler sagt: „Ja.“ Ihnen abgemahnt wird? Ich frage: „Und noch jemand?“ „Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagt Herr Schindler. Zeuge Günter Heiß: Das kommt auf einen Ver- such an. Also, Herr Schindler sagt, im Bundeskanzleramt am 28.10. hat es ein Gespräch gegeben, bei dem (Heiterkeit) es um die Problematik „BND-Selektoren: Was steuern wir?“ - da geht es so um Europäische Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Union und NATO -, gegangen ist, bei dem Sie da- NEN): Da haben es Leute ganz hart versucht, bei gewesen sind. Haben Sie eine Erinnerung an nicht erfolgreich offensichtlich. - Ich frage mal dieses Gespräch? anders, weil ich glaube, Sie vertauschen oder Sie verwechseln Abläufe - oder Herr Schindler sagt

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 24 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Günter Heiß: Meine Erinnerung an ein Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- entsprechendes Gespräch ist ein wenig abwei- NEN): Das ist da auch nicht besprochen worden? chend von dem, was Sie gerade vorgelesen haben oder auch insinuiert haben. Also, ich kenne Zeuge Günter Heiß: Nach meiner Erinnerung keine 700er-Liste; ich kenne insofern gar keine nicht. Listen. Und nach meiner Erinnerung ging es in diesem Gespräch auch nicht konkret um BND-Se- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lektorsteuerungen, sondern zunächst erst mal um NEN): Bei der Sommerpresse- - Oder am 01.07. die ganz abstrakte Frage - anhand einer Veröffent- bei der Regierungspressekonferenz ging es um lichung in den Medien, die NSA würde Botschaf- die Frage des Abhörens, Ablauschens von Bot- ten abhören oder Botschaften überwachen -: Ma- schaften und Ähnlichem durch die NSA, und da chen wir das auch? Passiert so was bei uns auch? sagte der damalige Regierungssprecher - heutige auch noch - Seibert - ich zitiere -: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Und was war da wohl die Antwort Wenn sich aber bestätigt, dass tat- bei dieser Frage? sächlich diplomatische Vertretun- gen der Europäischen Union und Zeuge Günter Heiß: Ich will nicht ausschließen, einzelner europäischer Länder ausgespäht worden sind, dann dass diese Frage zunächst erst mal aufgetaucht müssen wir ganz klar sagen: Ab- ist, und Herr Präsident Schindler hat gesagt: Ich hören von Freunden ist inakzepta- nehme das erst mal mit und beantworte das in bel. Das geht gar nicht. Wir sind unserem nächsten Gespräch. - Das weiß ich nicht nicht mehr im Kalten Krieg. mehr. Das war am 01.07. Wir kennen inzwischen viele Er hat jedenfalls dann einen Fall geschildert, in der problematischen Selektoren, und um es kurz dem die Botschaft eines Partnerlandes in einem zu machen: Der Bundesnachrichtendienst tut ge- Krisengebiet überwacht worden ist mit dem Ziel, nau das. Er hat genau das getan. Er hat diplomati- Informationen über das Krisengebiet zu erlangen; sche Vertretungen der Europäischen Union, das war ein Beispiel. Und er hat dann ausgeführt Freunde, befreundete Staaten, Regierungschefs, nach meiner Erinnerung: So etwas machen wir. Außenminister verschiedener Länder - - Die alle hat er abgehört, und Sie sagen, als das die Vertei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- digungslinie wurde im Juni 2013 von Frau Mer- NEN): Herr Schindler? kel und dem Bundeskanzleramt inklusive Herrn Seibert, wussten Sie als Abteilungsleiter 6 nicht, Zeuge Günter Heiß: Ja. dass das der Faktenlage im BND entsprach und dass der Bundesnachrichtendienst exakt das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gleiche tut? NEN): Da am 28.10.? Zeuge Günter Heiß: Nein, das wusste ich nicht. Zeuge Günter Heiß: Ob es der 28.10. ist, weiß ich nicht; keine Ahnung. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hat Ihnen mal jemand aus Amerika ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sagt - in das man ja empört gereist ist, um total NEN): Von einer 700er-Liste und einer ganzen echauffiert zu sagen, dass das alles nicht geht -, Reihe von Botschaften wussten Sie nichts? ob man des Wahnsinns fette Beute ist, weil die Amerikaner ja wussten, dass der BND das auch Zeuge Günter Heiß: Nein. macht?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 25 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Günter Heiß: Ich kann nicht bestätigen, obachtung von Botschaften - das war dann wahr- dass die Amerikaner so etwas wussten. Ich hoffe scheinlich im Herbst - haben wir uns diese Frage nicht; aber es hat uns nie jemand so etwas gesagt. gestellt.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da hat nie jemand gesagt: „Ihr macht das NEN): Und dann sind Sie belogen worden? auch“? Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht, ob ich Zeuge Günter Heiß: Nein. belogen worden bin. Ich bin - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mhm. NEN): Herr Heiß, ganz kurz.

Zeuge Günter Heiß: Ich kann mich jedenfalls Zeuge Günter Heiß: Ich bin - - nicht daran erinnern. Falls es irgendjemanden gibt, der das berichtet: Ich weiß es nicht. Ich bin Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- davon jedenfalls - - Ich bin nicht anwesend gewe- NEN): Herr Heiß, Sie haben doch die Selektoren sen, als irgendjemand so etwas gesagt haben soll. auch gesehen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Ja, natürlich. NEN): Und Sie haben auch nie nachgefragt als AL 6: „Sagt mal, Freunde, wir reiten da diese Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- steile These im Bundestagswahlkampf. Die Bun- NEN): Also, sind Sie belogen worden oder nicht? deskanzlerin stellt es öffentlich so dar, als wäre das ein moralisch maximal empörender Vorgang. Zeuge Günter Heiß: Ich sage noch mal: Ich weiß Machen wir das eigentlich selbst?“? Diese Frage es nicht; denn Lüge setzt ja einen Vorsatz voraus. ist Ihnen nie in den Kopf gekommen und wurde Ich weiß nicht, ob der Herr Präsident Schindler auch nie rückgekoppelt? mehr wusste zu dem Zeitpunkt. Ich kann mich nur daran erinnern, dass dieses Beispiel „Bot- Zeuge Günter Heiß: Diese Frage haben wir ge- schaft und Krisengebiet“ gegeben wird. stellt im Zusammenhang mit einer medialen Ver- öffentlichung von Botschaften, und dann ist es zu Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diesem Gespräch gekommen und gleichzeitig NEN): Gut. - Sind Sie unzutreffend informiert dazu, dass diese Praxis dann abgestellt wurde. worden?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Das ist möglich. NEN): Am 01.07.? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Nein, nein, nein. NEN): Das ist möglich.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und damit NEN): Die Veröffentlichung ist vom 01.07., Herr müssten wir in die nächste Runde. Heiß. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Das ist richtig; aber Sie ha- NEN): Gibt es - - Letzte Frage: Gab es wegen die- ben gefragt, ob wir in der Folge uns diese Frage ser unzutreffenden Information irgendeine perso- mal gestellt haben. Und im Zusammenhang mit nalrechtliche oder irgendeine politische Konse- einer medialen Veröffentlichung über die Be- quenz, personelle Konsequenz, dass man die Bundeskanzlerin so maximal peinlich in der

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 26 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Weltöffentlichkeit sich hat vorführen lassen? (CDU/CSU): Welche Rolle oder Oder passiert das folgenlos? Funktion hatten Sie bei der Besprechung als Ab- teilungsleiter 6? Zeuge Günter Heiß: Es hat keine personellen Fol- gen gegeben, soviel ich weiß. Zeuge Günter Heiß: Eben diese: als Abteilungs- leiter 6, als Aufsicht über den BND zusammen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit dem Präsidenten, sozusagen der Vertreter des NEN): Vielen Dank. Beaufsichtigten und mit unserem politischen Chef. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur der Fraktion Nina Warken (CDU/CSU): Aber Sie hatten jetzt CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. keine spezielle Aufgabe konkret in der Bespre- chung? Oder waren Sie es, der Fragen gestellt hat Nina Warken (CDU/CSU): Guten Tag, Herr oder der irgendwas vorgetragen hat? Oder waren Heiß! - Ich bleibe - - oder komme auf das Ge- Sie einfach nur dabei und haben dann danach spräch 28. Oktober 2013 zurück. Da habe ich jetzt Aufgaben verteilt? Oder - - noch nicht ganz genau verstanden - bzw. es an- ders in Erinnerung gehabt -, wie es denn zu- Zeuge Günter Heiß: Ich habe teilgenommen, si- stande kam und von wem da was genau ausging. cherlich auch aktiv. Aber von wem die Initiative Also, können Sie noch mal sagen: Wer hatte denn zu dem Gespräch ausging und wer nun im Ein- um den Gesprächstermin gebeten, Herr Pofalla zelnen was gesagt hat oder veranlasst hat in dem oder Herr Schindler? Oder war das ein Routine- Gespräch, das weiß ich nicht mehr. treffen, und hat man vorher sich schon auf eine Agenda geeinigt gehabt? Oder wie lief das ab? Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt ging es ja darum, dass vorgetragen wurde über die bisherige Steue- Zeuge Günter Heiß: Das waren informelle Tref- rungspraxis des BND, dass vorgeschlagen wurde, fen, die damals öfter stattgefunden haben, also die Steuerungspraxis auch mit einem eventuellen jetzt nicht in Regelmäßigkeit im Sinne eines Jour Erkenntnisverlust grundsätzlich einzustellen. fixe, sondern anlassbezogen. Welcher Anlass Können Sie vielleicht noch mal schildern, wie es diesmal obwaltet hat, weiß ich nicht. Aber wir dann dazu kam? Ich hatte das immer so verstan- haben uns einfach in der Zeit öfter getroffen, weil den, dass Herr Schindler eben in diesem Termin es darum ging, die jeweiligen Informationen mit- dann proaktiv vorgetragen hat, dass es bei der einander abzustimmen und die politische Spitze BND-eigenen Steuerung eben auch um Ziele mit zu informieren. Bezug zu NATO- und EU-Staaten ging, und er dann eben vorgeschlagen hat, das einzustellen. Nina Warken (CDU/CSU): Aber es gab jetzt keine Sie hatten vorhin irgendwie gesagt: Wir haben konkrete Anfrage - über NSA geredet, und dann kamen wir irgend- wie auch auf BND-eigene Selektoren. - Das hatte Zeuge Günter Heiß: Mir ist es - - ich bisher immer anders verstanden. Aber viel- leicht können Sie das noch mal schildern, weil Nina Warken (CDU/CSU): - zu einem konkreten am Ende des Gesprächs gab es ja dann auch eine Thema? konkrete Entscheidung und eine konkrete Wei- sung. Zeuge Günter Heiß: Ist mir jetzt nicht bewusst oder bekannt. Aber wenn Sie den Kalender Zeuge Günter Heiß: Ich kann den Ablauf des Ge- sehen, können Sie dem entnehmen, dass wir sprächs nicht mehr aus dem Gedächtnis darstel- damals relativ oft bei Chef BK zu einem Gespräch len. Anlass war, wie gesagt, die Frage: „Werden waren, ohne dass im Kalender jetzt noch mal auch von uns Botschaften beobachtet?“ und als extra vermerkt war, zu welchem Thema. Konnotation: Botschaften von Partnern.

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Nina Warken (CDU/CSU): Mhm. sehr heikel angesehen haben und wir auch ver- hindern wollten, dass die Diskussion auf die Pra- Zeuge Günter Heiß: Daraufhin hat Schindler xis des BND umschwenkt und wir einen großen nach meiner Erinnerung einen Beispielfall ge- medialen Hype dann haben im Hinblick darauf schildert, den ich vorhin schon genannt habe: und wir natürlich auch uns bewusst waren, dass eine Botschaft eines Partners in einem Krisenge- die Kanzlerin dieses Diktum mit den Freunden biet, weil also dieses Krisengebiet besonders gesagt hat. Da haben wir gesagt: Dieses ist eine wichtig ist für Deutschland, daraus Informatio- Praxis, die wir sofort abstellen. nen zu erlangen. Wir haben keinen guten Infor- mationszugang in diesem Krisengebiet; aber die Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Ein paar Tage Botschaft des Partners ist sozusagen von Exper- vorher war ja - dann konkret noch mal - die Äu- tise gesegnet. Und deswegen: Ziel Informationen ßerung der Kanzlerin, und da haben Sie das nicht über das Krisengebiet, Objekt aber die Botschaft noch genauer hinterfragt. Jetzt haben Sie gesagt, des Partners. es wurden da Einzelbeispiele genannt und Bot- schaften von Partnerstaaten, aber im Krisenge- Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt haben Sie - - biet. Hat man das nicht noch genauer hinterfragt, dass man sagt: Ist es wirklich nur das? Oder wa- Zeuge Günter Heiß: Das war die Ausgangssitua- ren es vielleicht auch Botschaften sonst wo, eben tion. Das wurde gemeinsam von Herrn Minister nicht nur in Krisengebieten, aber Botschaften aus Pofalla, Herrn Präsident Schindler und mir als Partnerstaaten? Oder hat man sich das - - War politisch durchaus heikel im Zusammenhang mit man mit der Auskunft - - zufrieden mit den Bei- der Diskussion über das, was gerade medial er- spielen, oder ist man da noch näher eingestiegen? folgte im Hinblick auf die NSA-Selektoren, ange- Gerade vor dem Hintergrund, dass es eben schon sehen, weil wir natürlich die öffentliche Aufre- die Diskussion gab, dass es die Aussage der gung dann auch auf uns gezogen hätten, wenn Kanzlerin gab, da hätte man doch, meine ich, das wir sagen: Ja, natürlich, das machen wir auch in vielleicht ein bisschen genauer hinterfragen müs- bestimmten Fällen. - Da kann man natürlich im- sen: Ist es wirklich - - Sind es nur diese Einzel- mer noch drüber streiten: Ist das eine legitime fälle, die man vielleicht dann auch gut begrün- Aktion gewesen oder nicht? Aber politisch war es den kann, oder gibt es noch sonstige kritische zumindest so eingeschätzt worden, dass die zu Fälle? einer für den BND sehr unangenehmen öffentli- chen Diskussion geführt hätte. Deswegen haben Zeuge Günter Heiß: Wir haben keine weiteren wir dann entschieden: Das stellen wir ab. - Und Fälle erörtert. Klar war, dass diese Praxis im Hin- selbstverständlich war das Diktum der Kanzle- blick auf EU-Partner und NATO-Partner - das war rin - das wäre wahrscheinlich Ihre nächste Frage das Ergebnis des Gesprächs - sofort abzustellen gewesen - da auch die Leitlinie gewesen. war.

Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt habe ich den letz- Nina Warken (CDU/CSU): Der Kollege macht mal ten Satz leider akustisch nicht verstanden - könn- weiter. ten Sie den noch mal sagen? -, weil es hier so laut war. (CDU/CSU): Herzlichen Dank. - Ich hätte da noch eine Nachfrage, und Zeuge Günter Heiß: Ich habe gerade ausgeführt, zwar - wir haben jetzt die Begriffe „Partner“ und dass wir die Praxis des BND, die uns als ein ge- „Freunde“ verwendet -: Wenn Sie die Einzelfälle, ringer Kreis von Einzelfällen dargestellt wurde - auf die Sie sich hier bezogen haben - Sie haben in hier gibt es eine Botschaft in einem Krisen- dem Fall „Partner“ genannt -, für politisch heikel gebiet -, im Zusammenhang mit der medialen halten, stellt sich mir die Frage: Warum? Also, ist Diskussion über die Praxis der NSA als politisch der Begriff „Partner“ hier bezogen auf ein Land, mit dem üblicherweise oder in diesem konkreten

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 28 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Fall auch nachrichtendienstliche Kooperation ist. Wir hatten das ja auf Vorschlag der USA ver- stattgefunden hat? Und ist dann - - Und ergibt sucht, mit den USA zu verhandeln. Wie Sie wis- sich daraus die Frage des Heiklen, nämlich dass sen und wie hier hinreichend erörtert worden ist, trotz der Kooperation ein Misstrauen sozusagen ist das im Sande verlaufen. durch die Ausspähung der Botschaft offenbar be- gründet ist? Matern von Marschall (CDU/CSU): Danke.

Zeuge Günter Heiß: Wenn ich an Ihre letzte Aus- Nina Warken (CDU/CSU): Zu diesem Gespräch. sage anknüpfen darf: Mit Misstrauen gegenüber Gab es da - - Hatten Sie da erstmals das Thema dem Partner hatte es, so wie Herr Präsident „BND-eigene Selektoren“ besprochen oder erfah- Schindler das darstellte, überhaupt nichts zu tun, ren und die Problematik damit? Oder gab es da sondern nur mit der Expertise des Partners, etwas vorher schon einen Ansatz und das Gespräch war über das Krisenland zu wissen, was wir nicht die, sage ich mal, Fortsetzung? Oder - - wissen. Also, es war gewissermaßen der kurze Weg, so was abzuschöpfen. Es wäre auch möglich Zeuge Günter Heiß: Dieses Gespräch drehte gewesen, den Partner selbst zu fragen oder in Ko- sich - noch mal - nicht um im engeren Sinne operation diese Informationen zu erlangen. BND-eigene Selektoren und die Problematik, son- dern es ging eigentlich darum, im Hinblick auf Wenn Sie fragen, ob die Frage einer nachrichten- Botschaftsstatus - - Botschaften sind ja immer, dienstlichen Partnerschaft gleichzeitig eine sol- insbesondere in der öffentlichen Diskussionen, che Informationserhebung ausschließt, dann was ausgesprochen Sakrosanktes, und insbeson- kann ich sagen: Das ist nicht der Fall. Wir haben dere Botschaften von Partnern sind besonders natürlich auch Kooperationen mit Nachrichten- sensibel. Da ging es uns konkret drum, dass Bot- diensten, die durchaus auch im Kernbereich un- schaften von NATO-Partnern oder EU-Angehöri- serer Beobachtung stehen. Die würden wir zwar gen nicht überwacht werden. Da ging es weniger nicht als Partner bezeichnen; aber wir kooperie- um die Frage nach konkreten Selektoren. Das ist ren mit denen. natürlich der technische Hintergrund. Aber der Ausdruck „BND-eigene Selektoren“ ist zum Bei- (Hans-Christian Ströbele spiel in diesem Gespräch nach meiner Erinne- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rung überhaupt nicht gefallen. NEN): Oder als „Freunde“!) Nina Warken (CDU/CSU): Ja, aber es ist ja jetzt - Als „Freunde“ auch nicht. - Zur Frage: „Was durchaus ein Unterschied, ob es ein Problem ist war das für ein Partner?“ muss ich eben sagen: im Zusammenhang mit eben den Selektoren der Das zielt hier auf enge Partner, zum Beispiel NSA oder ob es ein Problem gibt im Zusammen- NATO-Partner oder EU-Mitglieder. hang mit dem, was wir oder was der BND selbst macht. Jetzt nenne ich es vielleicht mal so: Haben Matern von Marschall (CDU/CSU): Also, würde Sie da dann erstmals erfahren, dass bei dem, was man denn nicht bei solchen engen Partnern, wie der BND selbst tut ohne einen Partner, es viel- Sie sie beschreiben, üblicherweise Vereinbarun- leicht auch ein Problem gibt, nämlich mit der Er- gen treffen, die dann ein wechselseitiges Ausspä- fassung von Botschaften? hen ausschließen? Zeuge Günter Heiß: Wir haben das durchaus als Zeuge Günter Heiß: Das ist möglich; das ist denk- kritisch angesehen, diesen Vortrag; davon haben bar. So was erfolgt auch bilateral. Im Einzelfall wir das erste Mal erfahren, Herr Pofalla und ich. gibt es so was; das wird auch immer wieder ange- Auch in der Abteilung gab es darüber kein Wis- strebt. Aber einen gänzlichen Ausschluss der ge- sen, soviel ich weiß. Wir haben dieses Problem genseitigen Informationserhebungen - - Es hat auch sofort gelöst, indem wir die Weisung gege- sich ja gezeigt, dass das sehr schwer umzusetzen ben haben, dass das sofort einzustellen ist.

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Nina Warken (CDU/CSU): Gut. - Also, es gibt ein darauf fortfolgende - erfahren haben, nicht beson- Gespräch, in dem - so habe ich es jetzt verstan- ders, sagen wir mal, angetan war über die Be- den - grundsätzlich Steuerung mit Bezug zu Bot- richtseifrigkeit des BND. schaften ein Thema war, und in dem Zusammen- hang hat Herr Schindler dann berichtet, dass man Nina Warken (CDU/CSU): Wie hat denn der Herr eben selbst da auch gegebenenfalls Kritisches Pofalla in dem Gespräch darauf reagiert, dass er steuert. Herr Pofalla hat dann entschieden, - es dann erst erfährt?

Zeuge Günter Heiß: Ja. Zeuge Günter Heiß: Da war Herr Pofalla nicht mehr Bundesminister. Nina Warken (CDU/CSU): - das konkret und komplett abzustellen. Vielleicht können Sie mal Nina Warken (CDU/CSU): Nein. In dem Ge- den konkreten Inhalt der Weisung, wie Sie ihn spräch, meine ich, in dem er es erstmals erfahren noch erinnern, uns schildern. hat.

Zeuge Günter Heiß: Nein. Da wird einfach gesagt: Zeuge Günter Heiß: Im Herbst 2013? Das lassen wir jetzt - Punkt. Nina Warken (CDU/CSU): Ja, genau. Nina Warken (CDU/CSU): Das lassen wir alles, - Zeuge Günter Heiß: Er hat gesagt, das sei sofort Zeuge Günter Heiß: Ja. einzustellen, -

Nina Warken (CDU/CSU): - komplett, ohne noch Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Und - - mal zu gucken - - Zeuge Günter Heiß: - auf Vorschlag des Präsiden- Zeuge Günter Heiß: Nein, im Hinblick auf ten. NATO- und EU-Partner; das war so der Rahmen. Soviel ich weiß, hat Präsident Schindler das so- Nina Warken (CDU/CSU): Hat er dann gesagt: gar selbst vorgeschlagen. „Warum erfahre ich das erst jetzt?“? War er da verärgert? Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Also, Herr Schindler hat es vorgeschlagen und Herr Pofalla Zeuge Günter Heiß: Die Frage war erst jetzt auf- hat dann die Weisung so erteilt; okay. - Und wie getreten. Er war nicht verärgert. würden Sie das bewerten, dass Sie dann erstmals zu dem Zeitpunkt überhaupt von der Problematik Nina Warken (CDU/CSU): Wird bei so einer Be- erfahren haben? Wäre das was gewesen, was man sprechung dann üblicherweise Protokoll geführt? nicht schon hätte eher mal ansprechen müssen? Sie haben jetzt vorhin gesagt: Wir haben uns sehr regelmäßig getroffen, vor allem in der Zeit. - Gab Zeuge Günter Heiß: Na ja, im Hinblick darauf, es da immer ein Protokoll? dass, soviel ich weiß, bereits Mitte Sommer sich jemand in der Abteilung TA mit den BND-eige- Zeuge Günter Heiß: Nein, über diese Bespre- nen Selektoren im Hinblick auch auf das Diktum chung ist nicht Protokoll geführt worden. Über der Kanzlerin - so vermute ich jedenfalls - befasst die vielen Informations- und informellen Kon- hat und dort auch fündig geworden ist - es war ja takte des Präsidenten, des Abteilungsleiters und hier von einigen Listen schon die Rede -, hätte des Bundesministers ist in der Regel nicht Proto- natürlich auch eine frühere Befassung mit diesem koll geführt worden, es sei denn, es ist beim Bun- Problem stattfinden können, sodass wir, als wir desminister im Büro selbst Protokoll geführt wor- dann den wirklichen Umfang 2015 - im März und den, wovon ich nichts weiß.

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Nina Warken (CDU/CSU): Hat man da dann auch Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Ist das unüb- sich verabredet? Oder wie ist man verblieben, um lich? Müssten die das nicht wissen? auch die Umsetzung der Weisung zu kontrollie- ren? Hat man dann gesagt: „Ich will da noch mal (Christian Flisek (SPD): Die einen Bericht“ - in zwei Wochen oder in zwei wollen es gar nicht Monaten -, oder waren das - - wissen!)

Zeuge Günter Heiß: Daran kann ich mich nicht Zeuge Günter Heiß: Also, für mich war die Sache erinnern. Es waren der sozusagen oberste politi- insoweit erledigt, als wir entschieden haben - sche Verantwortliche, der Kanzleramtsminister, und ich mich darauf verlassen konnte -, dass der Chef der Aufsicht und der Präsident gemein- Herr Schindler das Entsprechende veranlasst in sam, also sozusagen die höchsten „Würdenträ- der Abteilung. Man muss auch sehen, dass das ger“ - in Anführungsstrichen - in diesem Bereich, nicht dieses Gewicht aus unserer damaligen zusammengekommen und haben entschieden, Sicht gehabt hat, wie es später bekommen hat, als dass das so und so zu erfolgen hat. Das spricht wir eben diese sogenannte Quarantäneliste, also dafür, dass man da nicht noch, jedenfalls nach diejenigen Sachen, die dann ausgeschieden wur- unserer Ansicht, eine gesonderte Kontrolle einfü- den im Hinblick auf diese Weisung, gesehen ha- gen muss. Das passiert dann auch. Darauf habe ben. ich mich verlassen. Nina Warken (CDU/CSU): Hätte es nicht auch Nina Warken (CDU/CSU): Wer wurde denn im eine Vorlage nach oben, also eine schriftliche Nachgang zu dem Gespräch informiert über den Vorlage an die Kanzlerin geben müssen? Oder sa- Vorgang BND-eigene Selektoren mit Bezug zu gen Sie da auch, das war vom Gewicht her nicht NATO und EU? Haben Sie - so wichtig?

Zeuge Günter Heiß: Also der Präsident - - Zeuge Günter Heiß: Die Information der Kanzle- rin - wenn der Bundesminister, der Kanzleramts- Nina Warken (CDU/CSU): - Ihre Arbeitsebene in- minister entsprechende Informationen hat - ist formiert? dann gewissermaßen in seiner Verantwortung, und ob der Bundeskanzleramtsminister die Kanz- Zeuge Günter Heiß: Ich habe die Arbeitsebene lerin unterrichtet hat, weiß ich nicht. bei uns nicht informiert. Der Präsident ist mit entsprechenden Weisungen in seine zuständige Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Sie waren ja Abteilung gegangen. mit dem Abteilungsleiter 2 im Bundeskanzler- amt, mit Herrn Heusgen, im Oktober, am 30. Ok- Nina Warken (CDU/CSU): Und im Kanzleramt? tober 2013, in Washington zu den No-Spy-Ge- Hat vielleicht Herr Pofalla noch jemanden infor- sprächen, und Sie reisten laut Terminkalender miert? mit Herrn Heusgen am 29. Oktober ab. Die Ge- spräche waren ja wichtig und, denke ich, auch Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht. politisch hochbrisant. Haben Sie das Gespräch, das Sie da geführt hatten am 28. Oktober, auch Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Sie haben aber mit Herrn Schindler, mit Herrn Pofalla - - Haben jetzt Ihre, sage ich mal, Referatsleiter nicht dar- Sie dann in dem Zusammenhang auch überhaupt über informiert? über „No Spy“ und die bevorstehende Reise spre- chen können, oder ist das dann völlig ins Hinter- Zeuge Günter Heiß: Nein, ich habe meine Abtei- treffen geraten, weil man eben dann eher über Se- lung nicht informiert. Für mich war die Sache er- lektoren gesprochen hat? ledigt.

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Zeuge Günter Heiß: Nein, wir haben zu dem Zeuge Günter Heiß: Eigentlich sind wir im stän- Zeitpunkt nicht ausführlich über Selektoren ge- digen Austausch seitdem über untersuchungsge- sprochen; ich hatte das bereits auf die Frage des genständliche Sachverhalte: „Wie geht man da Abgeordneten Flisek gesagt. Wir hatten damals vor? Was haben wir vorzulegen? Welche Pro- keinen Anlass dazu. Sicherlich haben wir die bleme ergeben sich?“ usw. Also, das ist Möglichkeit erörtert und erwogen, wie wir mit eigentlich Tagesgeschäft. Das ist nicht irgendein dem Angebot der USA umgehen könnten, ein Punkt mal am Anfang, und dann ist das für entsprechendes Abkommen abzuschließen. Dem immer vorbei, sondern das ist Tagesgeschäft. diente ja auch die Reise damals - meines Kolle- gen Heusgen und meine - in die USA. Ziel war Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie dann nach eine Besprechung im Weißen Haus mit der Si- der Regierungsbildung auch den neuen Kanzler- cherheitsberaterin damals. amtschef Altmaier unterrichtet von der alten Pra- xis, von der neuen Weisungslage? Nina Warken (CDU/CSU): Kann es dann gewesen sein, dass eben, weil Sie dann kurz darauf auch Zeuge Günter Heiß: Was das Problem „Gespräch abgereist sind, vielleicht deswegen auch ein biss- 28.10.“ anging, soviel ich weiß, nicht. Das war chen in Vergessenheit geraten ist, Ihre Fachrefe- für mich ein erledigter Einzelfall. rate zu unterrichten von der Weisung? Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Zeugen aus Zeuge Günter Heiß: Ich kann mich an die kon- dem Bundesnachrichtendienst haben uns berich- kreten Situationen nicht so erinnern, als dass ich tet, dass vor dem Gespräch 28. Oktober 2013 sich jetzt Ja oder Nein sagen könnte. Aus der Perzep- der BND-Präsident zum ersten Mal über die BND- tion, die ich jetzt habe, ist es so gelaufen, dass ich eigene Steuerung von Zielen mit Bezug zu Part- diese Sache für erledigt gehalten habe, dass ich nerstaaten berichten ließ und dass vor dem Okto- sie gehalten habe für ein Problem, was einzelfall- ber 2013 weder die Leitung des Dienstes noch mäßig eingrenzbar ist - also wenige Einzelfälle das Bundeskanzleramt nach dieser Thematik ge- oder ein kleiner Kreis von Fällen -, und dass die- fragt hat; also, das hat uns zum Beispiel der ses Problem geregelt ist. Insofern hatte ich keinen Zeuge D. B. so berichtet. Trifft es aus Ihrer Sicht Anlass, weiter darüber nachzudenken - so ist je- zu, dass eben im Bundeskanzleramt weder vor denfalls meine heutige Erinnerung oder meine dem 28.10.13 gesprochen wurde noch man dazu heutige Perzeption -, das noch weiter in die Ab- irgendeinen Sachstand eingefordert hatte beim teilung zu geben. BND?

Nina Warken (CDU/CSU): Die Amtseinführung Zeuge Günter Heiß: Das ist der Fall, ja. Das ent- von Herrn Fritsche war ja dann im Januar 14. Ha- spricht auch meiner Erinnerung. ben Sie ihn dann informiert über die Weisungs- lage, über die geänderte Weisungslage, über die Nina Warken (CDU/CSU): Und die Snowden- bisherige Praxis? Enthüllungen 2013, haben Sie die dazu veran- lasst, auch Fragen zur BND-eigenen Erfassung zu Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht mehr. Ich stellen? habe ihn über viele Details informiert, die damals aktuell waren. Ob dies dazugehörte, kann ich Zeuge Günter Heiß: Wir haben uns natürlich im nicht mehr sagen. Hinblick auf die Snowden-Veröffentlichungen auch Gedanken gemacht: Welche Parallelen gibt Nina Warken (CDU/CSU): Erinnern Sie sonstige es da? Und wir haben mediale Diskussionen untersuchungsgegenständliche Sachverhalte, die sozusagen projiziert auf den BND. Da ging es ja Sie mit Herrn Fritsche erörtert haben? im Wesentlichen um massenhafte, flächende- ckende, anlasslose Überwachungen. Wir haben uns beim BND natürlich auch schlaugemacht, ob

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Nur zur dienstlichen Verwendung es so was überhaupt beim BND gibt, obwohl wir technisches Verständnis, das ist sicherlich über- natürlich schon vorher etwa die Struktur seiner trieben; das hatten wir nicht. Inzwischen ist das Überwachung kannten. Aber auch da hat er uns aufgewachsen. Inzwischen haben wir da nachge- noch mal bestätigt, dass es keine parallelen Vor- bessert, um auch die Vorgänge, die jetzt bei der gänge insoweit gibt. Das ist ein Beispiel dafür, in- Aufarbeitung im Zusammenhang mit dem Unter- wieweit wir uns veranlasst gesehen haben, im suchungsausschuss ans Tageslicht gekommen Hinblick auf die Snowden-Veröffentlichungen sind, besser zu verstehen. Da haben wir nachge- auch beim BND nachzufragen. rüstet und sind heute besser in der Lage als frü- her, technische Abläufe nachzuvollziehen oder Nina Warken (CDU/CSU): Wenn jetzt aber der uns zumindest von Fachleuten erklären zu las- BND-Präsident im Oktober 2013 auf die Idee sen. kommt, sich über die BND-eigene Steuerung und eben die Praxis, vielleicht auch die problemati- Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Wir haben er- sche Praxis unterrichten zu lassen, müsste dann fahren, dass in der Abteilung TA ja schon seit das Kanzleramt nicht auch auf die Idee kommen, Frühjahr 2013 eine interne Weisung zur Steue- das mal genauer zu hinterfragen? rung von Botschaften und Regierungseinrichtun- gen erarbeitet wurde. Haben Sie davon gewusst? Zeuge Günter Heiß: Wir hatten keinen Anlass dazu, das genauer zu hinterfragen, weil wir da- Zeuge Günter Heiß: Nein, das habe ich jetzt bei von ausgegangen sind, dass eben das für den der Aufarbeitung hier erfahren. BND gilt, was die Kanzlerin gesagt hat. Nina Warken (CDU/CSU): Das war dann auch Nina Warken (CDU/CSU): Bis zu welcher Detail- keine Thema des Gesprächs am 28. Oktober tiefe haben Sie sich denn üblicherweise berich- 2013? Oder hat man da bestimmte Überlegungen ten lassen? Und wie war denn sichergestellt, dass angestellt, vielleicht auch, dass eben Teile einer auch technische Details der Arbeit des BND und solchen Steuerung vielleicht auch zulässig sind, vor allem der Abteilung TA überhaupt beurteilt Teile vielleicht nicht? Die Überlegungen, die man werden können und bewertet werden können in bei der Erstellung der Weisung angestellt hat im Ihrer Abteilung? BND, die waren jetzt nicht Gegenstand des Ge- sprächs mit Herrn Schindler, am Ende dessen ja Zeuge Günter Heiß: Das ist die Problematik einer dann die Weisung stand? jeden Aufsicht. Wenn man sie sozusagen so per- fekt, dass alles beurteilt werden kann, was der Zeuge Günter Heiß: Nach meiner Erinnerung war Beaufsichtigte tut, vornehmen will, dann ist man das nicht Gegenstand des Gespräches. Indessen natürlich darauf angewiesen, praktisch eine Eins- hat Herr Schindler ergänzend vorgetragen in dem zu-eins-Aufsicht zu haben, die jeden Arbeitsplatz Gespräch, dass er zwar vorschlage, diese durch die entsprechende Expertise spiegelbild- Selektoren aus der Steuerung herauszunehmen, lich kontrolliert. Das ist nicht möglich, und das er aber davon ausgehe, dass diese Selektoren auf- ist auch nicht gewünscht. Die Detailtiefe, jeden tragsgerecht wären, also nicht etwa verboten, einzelnen Selektor anzugucken und welche Se- sondern nur politisch heikel; denn es handle sich lektoren wie im Einzelnen verwandt werden, die um die Informationserfassung für das Krisenge- hat die Aufsicht nicht umfasst. biet und nicht für die betroffene Botschaft, also Informationen über das Krisengebiet, nicht über Nina Warken (CDU/CSU): Aber ein grundsätzli- den Partner. Das war eine Argumentationsstrate- ches Verständnis für die technischen Abläufe, gie, die Herr Schindler im Zusammenhang damit würden Sie sagen, bestand in Ihrer Abteilung? auch noch anbrachte, die aber jetzt unabhängig - - oder keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte. Zeuge Günter Heiß: Sehr grundsätzlich, sehr grundsätzlich. Also, ein wirklich tiefgehendes

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Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Gut. - Dann ist Martina Renner (DIE LINKE): Und ich meine, meine Zeit für die Runde um. - Danke. wir sind in einem Zeitraum, wo das Abhören von Regierungsstellen doch schon im Raum steht im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Oktober 2013. Ja, 23. Oktober, Meldung des Spie- Dank. - Und wir kommen zur zweiten Frage- gels: „Das Kanzlerinnenhandy wird abgehört“; da runde. In der zweiten Fragerunde beginnt auch denkt da man nicht darüber nach, dass das auch wieder die Fraktion Die Linke. Frau Kollegin vielleicht sein kann, dass Ministerien abgehört Renner. werden.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, danke. - Frau Zeuge Günter Heiß: Möglicherweise darf der Warken hat das eben schon angesprochen: Im BND Ministerien abhören in Kernländern; das ist Bundesnachrichtendienst hat man sich schon im nicht die Frage. Es ging hier um - - September Gedanken gemacht zur Steuerung und Erfassung von Regierungseinrichtungen. Darunter Martina Renner (DIE LINKE): Nein. Es ging hat man Politiker, Ministerien, aber auch Bot- doch - - schaften und Konsulate verstanden, und ich glaube, das ist auch sehr naheliegend. Und dann (Hans-Christian Ströbele berichtet Herr Schindler nur zu so einem, ich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sage mal, kleinen Segment, nämlich Botschaften NEN): Nicht in Kernlän- von EU-Staaten oder NATO-Partnern im Aus- dern! In NATO-Ländern!) land. Wäre da nicht sofort die Rückfrage aus dem Bundeskanzleramt notwendig gewesen: „Ja, - Nein. Es ging doch um EU und NATO. wenn Botschaften das Problem sind, was ist denn mit Ministerien, was ist denn mit Politikern?“? Zeuge Günter Heiß: Ja, da ging es um Botsch- - Also, wieso hat man sich auf diese Engführung (Hans-Christian Ströbele eingelassen? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die USA!) Zeuge Günter Heiß: Weil das nachvollziehbar war, dass bestimmte Botschaften in Krisengebie- Martina Renner (DIE LINKE): Und wir reden ten, die über besondere Expertise für das Krisen- auch nicht von Monitoring-Staaten, - gebiet verfügt haben, Ziel einer Informationserhe- bung waren; das war nachvollziehbar. Und inso- Zeuge Günter Heiß: Okay. fern - Martina Renner (DIE LINKE): - wir reden von EU Martina Renner (DIE LINKE): War das Bun- - und NATO, wir reden von Ministerien in den eu- ropäischen Nachbarstaaten, in den - - Zeuge Günter Heiß: - haben wir überlegt, ob das denn - - (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Martina Renner (DIE LINKE): Aber das Bundes- NEN): Und in den USA!) kanzleramt hat dann nicht gesagt: „Wenn Bot- schaften erfasst werden, was ist mit Konsulaten, - So. Und das ist nicht dann - - Also, man redet über EU-Botschaften oder NATO-Botschaften in Zeuge Günter Heiß: Nein. Krisenregionen. Ich meine, da lässt man sich doch dann - - Also, wenn das so stimmt, Ihre Er- Martina Renner (DIE LINKE): - was ist mit Mini- zählung, wenn die nicht dazu dient, irgendwie sterien, was ist mit - - alle Last bei Herrn Schindler abzulegen, dann lässt man sich vom BND an der Nase rumführen Zeuge Günter Heiß: Nein. oder man ist selbst nicht denkfähig, weil man

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Nur zur dienstlichen Verwendung muss sofort von Botschaften auch auf Ministerien Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das sind - und Politiker und Angehörige dieser Institutio- nen schließen in einer Zeit, wo das Zeuge Günter Heiß: Wir waren bisher - - Kanzlerinnenhandy abgehört wird. Martina Renner (DIE LINKE): - ja auch nicht bei- (Christian Flisek (SPD): des Geheimdienste innerhalb der Five Eyes. Gute Frage!) Zeuge Günter Heiß: Wir sind nicht in den Five Was ist es denn? Soll Herr Schindler hier das auf Eyes; sorry. seinen Schultern raustragen, oder ist man nicht in der Lage, von Botschaften auf Ministerien zu Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, oder Senior schließen? SIGINTs oder was auch immer. - Was ist denn ei- gentlich der Grund für den Rücktritt von Herrn (Christian Flisek (SPD): Das Schindler? war der Deal!) Zeuge Günter Heiß: Herr Schindler ist nicht zu- Zeuge Günter Heiß: Ist das eine Frage? rückgetreten.

Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das ist eine (Dr. André Hahn (DIE Frage. LINKE): Er wollte nicht, aber man wollte das ja!) Zeuge Günter Heiß: Wir haben nicht nach Mini- sterien gefragt, sondern wir haben das Beispiel Martina Renner (DIE LINKE): Ja. akzeptiert, dass Botschaften von EU-Partnern und NATO-Partnern überwacht wurden, einzelne, so (Hans-Christian Ströbele viel wie Herr Schindler gesagt hat, und wir haben (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- angewiesen, das abzustellen. NEN): Er wurde!)

(Hans-Christian Ströbele - Er wurde zurückgetreten. Was ist denn dafür (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Grund? NEN): Wer’s glaubt, wird selig! - Gegenruf des Abg. Zeuge Günter Heiß: Er ist entlassen worden. Und Christian Flisek (SPD): Es die Regierung kann einen politischen Beamten gibt viele Selige!) ohne Angabe von Gründen entlassen, und das ist hier erfolgt. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber ich sage mal, man hat in diesem Zeitraum den Hinweis, Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber was war dass die NSA das Kanzlerinnenhandy abhört. der wirkliche Grund? Man kriegt vom BND-Präsidenten mitgeteilt, dass man möglicherweise Botschaften von EU- und Zeuge Günter Heiß: Die Regierung macht keine NATO-Partnerstaaten abhört. Dann ist doch total Angabe über Gründe der Entlassung bei politi- zwangsläufig, zu fragen: Hören wir denn auch schen Beamten; das ist so vorgesehen im Gesetz. Minister ab? Präsidenten? Regierungsstellen? - Ich meine, das liegt doch auf der Hand, das sofort Martina Renner (DIE LINKE): Sie haben vorhin zu fragen. gesagt, das besondere Problem war, dass Bot- schaften sakrosankt seien, oder: Deswegen hat Zeuge Günter Heiß: Für uns lag es nicht auf der man darüber nachgedacht. Hand, von der Praxis der NSA auf die Praxis des BND zu schließen. Zeuge Günter Heiß: „besonders sensibel“, wollte ich damit sagen.

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Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - Sind Parla- EU-Einrichtungen abhört. Da gibt es keine Konse- mente auch „besonders sensibel“? quenz.

Zeuge Günter Heiß: Es kommt darauf an, in wel- Zeuge Günter Heiß: Ich weiß - chem Land. Martina Renner (DIE LINKE): Ich frage Sie. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und wenn man über Botschaften nachdenkt, weil sie besonders Zeuge Günter Heiß: - zurzeit nicht, was Sie mei- sensibel sind, warum denkt man nicht über Par- nen. lamente nach, die besonders sensibel sind? Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich frage Sie als Zeuge Günter Heiß: Wir hatten keinen Anlass, Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht: Hat das eine über Parlamente nachzudenken. Konsequenz?

Martina Renner (DIE LINKE): Konnte man sich Zeuge Günter Heiß: Ja, selbstverständlich. Das nicht vorstellen, dass der BND Parlamente über- Gesetz ist geändert worden, und es ist inzwi- wacht? schen untersagt worden.

Zeuge Günter Heiß: Nein, das konnten wir uns Martina Renner (DIE LINKE): Ja, es ist jetzt er- nicht vorstellen. laubt. Ich meine - -

Martina Renner (DIE LINKE): Und wenn man Zeuge Günter Heiß: Bitte? das später feststellt, dass das alles stattfindet - Parlamente werden überwacht, EU-Institutionen, Martina Renner (DIE LINKE): Ja, jetzt ist es er- Ministerien, Politiker -, erfolgt keine Konsequenz laubt; meinethalben. Aber - - oder ist die Entlassung von Herrn Schindler die Konsequenz? Zeuge Günter Heiß: Es ist jetzt nicht erlaubt, son- dern es ist untersagt worden, ohne Anlass von Zeuge Günter Heiß: Was die Entlassung Herrn Gründen - - Schindlers angeht, habe ich bereits Ausführun- gen gemacht. Martina Renner (DIE LINKE): Genau.

Martina Renner (DIE LINKE): Also erfolgte keine Zeuge Günter Heiß: Aber diese Gründe wären Konsequenz. Der BND kann Parlamente überwa- auch damals schon möglich gewesen. chen, und es hat keine Konsequenz. Martina Renner (DIE LINKE): Sie müssen nicht Zeuge Günter Heiß: Ich habe auch nicht gesagt, über das Gesetz streiten; das Gesetz sieht solche dass der BND Parlamente überwacht hat, - weiten Eingriffsnormen vor, dass ich in Zukunft mir immer einen Anlass stricken kann. Ich frage Martina Renner (DIE LINKE): Ich sage das. aber nach der Zeit vor dem Gesetz und der Fest- stellung, dass dies erfolgt ist - Parlamente, Regie- Zeuge Günter Heiß: - sondern ich habe nur ge- rungsstellen, Ministerien, Politiker, Politikerin- sagt: Er ist ohne Angabe von Gründen entlassen nen -: Was war die Konsequenz daraus aus Ihrer worden. Sicht, Abteilungsleiter 6 für den Bundesnach- richtendienst? Martina Renner (DIE LINKE): Es hat keine Kon- sequenz, wenn man Ministerien in Nachbarstaa- Zeuge Günter Heiß: Das habe ich gerade ausge- ten abhört. Das hat keine Konsequenz, wenn man führt. Das Gesetz ist geändert worden und ent- sprechend eine Regelung - -

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Martina Renner (DIE LINKE): Die Fach-, Dienst- antwortlichen Beamten im Bundesnachrichten- und Rechtsaufsicht meint doch nicht, dass man dienst, die dafür die Verantwortung tragen, dass danach das Gesetz anpasst an die rechtswidrige zum Beispiel Parlamente durch den Bundesnach- Praxis. Rechts-, Dienst- und Fachaufsicht meint richtendienst überwacht wurden? doch, dass man dort, wo möglicherweise Rechts- verstöße vorliegen, sie auch tatsächlich personell Zeuge Günter Heiß: Ich sage es noch mal: Es ist ahndet bzw. organisatorische, strukturelle Män- durchaus möglich, Parlamente zu überwachen; es gel feststellt, warum diese eintreten konnten, und kommt darauf an, in welchem Land. diese abstellt. Und wenn es ein Eigenleben der TA gegeben hat, dass Sie nicht wussten, dass Sie Martina Renner (DIE LINKE): Wir reden hier seit September 2013 darüber nachdenken, ob doch die ganze Zeit von Partnern. Dass wir nicht man Regierungsstellen in der EU und der NATO von Nordkorea reden, ist doch wohl klar, oder? steuern darf, und, wenn ja, unter welchen Bedin- gung, weil in der Vergangenheit das gang und Zeuge Günter Heiß: Das können wir hier und so gäbe war und man Sie deswegen im Dunkeln in öffentlicher Sitzung nicht erörtern. lässt, wenn das stimmt, die Erzählung, dann hätte man alleine aus dem Sachverhalt heraus Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann mal, Konsequenzen folgen lassen müssen, weil man weil die Zeit jetzt um ist: Wir haben es ja auch hat vonseiten der TA Sie sozusagen über rele- teilweise erörtert mit manchen Ländern hier in vante Vorgänge im Bundesnachrichtendienst öffentlicher Sitzung. Den Einzelfall, den müssten nicht in Kenntnis gesetzt. wir dann wahrscheinlich in eingestufter Sit- zung - - Und diese ganzen Herrschaften: Was ist mit de- nen, die das zu verantworten haben, - Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe es ja auch allgemein gefragt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist dann die letzte Frage oder Anmerkung. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Des- wegen hatte ich es ja gerade gesagt: Wir haben es Martina Renner (DIE LINKE): - dass der BND hier schon mal in öffentlicher Sitzung auf be- Parlamente ausspioniert hat? Was ist mit diesen stimmte Länder konkretisiert. Den Einzelfall Herrschaften, die das zu verantworten haben? müssten wir dann in eingestufter Sitzung gegebe- nenfalls individuell beschreiben. - Ich komme (Dr. André Hahn (DIE aber jetzt zur nächsten Fraktion. Und in der zwei- LINKE): Die geben immer ten Runde ist wieder die Fraktion der CDU/CSU noch Suchbegriffe ein!) dran. Frau Kollegin Warken.

Zeuge Günter Heiß: Ich habe die Frage immer Nina Warken (CDU/CSU): Ja. - Herr Heiß, ich noch nicht - - Herr Vorsitzender, vielleicht kön- komme noch mal auf die Weisung zurück aus nen Sie mir helfen. dem Oktober 2013. Uns hat der Zeuge D. B. hier gesagt, dass ab November 2013 dann bereits wie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich hätte eher der einige Selektoren reaktiviert worden sind, da gedacht, vielleicht Kommentar. die Weisung eben zu pauschal, zu weit gehend war. Und auch im PKGr-Bericht der Taskforce Zeuge Günter Heiß: Ich halte es eher für einen des PKGr, die das ja alles untersucht hat, steht, Kommentar. dass eben mindestens ein Drittel der zunächst de- aktivierten Ziele rechts- und auftragskonform Martina Renner (DIE LINKE): Das ist kein Kom- und ihre Steuerungen nicht zu beanstanden ge- mentar; das ist eine Frage: Was ist mit den ver- wesen seien. Wie würden Sie denn die Weisung des damaligen Kanzleramtschefs bewerten? Hätte

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung man nicht angesichts der ja doch jahrzehntelan- Zeuge Günter Heiß: Das habe ich in den Akten gen Steuerungspraxis in der Abteilung TA nicht gelesen. Ich weiß, dass es während der Aufberei- eine Differenzierung vornehmen müssen, statt tung dieser BND-eigenen Selektoren als, soviel das so pauschal zu machen? ich weiß - - ein Teil unserer Weisungen war, so etwas auch einzurichten. Wie es im Einzelnen Zeuge Günter Heiß: Ja. Zunächst erst mal werden dazu gekommen ist, kann ich jetzt nicht mehr sa- grundsätzliche Weisungen erteilt; die Differenzie- gen; aber es gibt eine solche Qualitätssicherungs- rung muss dann aufgrund der besseren Detail- einrichtung, ja. kenntnis der BND selbst vornehmen. Der BND kennt die Richtung: EU- und NATO-Staaten Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt haben wir ja nicht; rausnehmen. - Und entsprechend muss er schon einiges hier auch gehört, was der BND jetzt dann natürlich verfahren. Und zunächst ist er anders macht. Was machen Sie denn jetzt anders erst mal sehr pauschal verfahren, und hinterher im Kanzleramt bei Ihrer Fach- und Dienstauf- hatte man gemerkt, dass es da eben differenzie- sicht? Sie haben vorhin gesagt: Wir sind jetzt bes- rende Gesichtspunkte gibt, die es ermöglichen, ser bei den technischen - trotz solcher Qualifikationen doch eine be- stimmte Beobachtung noch zu erlauben. Zeuge Günter Heiß: Ja.

Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt sagen Sie: Der Nina Warken (CDU/CSU): - Abläufen, beim Ver- BND muss die Differenzierung selbst vornehmen. ständnis technischer Vorgänge. Was haben Sie noch verändert? Zeuge Günter Heiß: Ja. Zeuge Günter Heiß: Ja. Der Berichtstakt ist natür- Nina Warken (CDU/CSU): Erfolgt das dann nicht lich viel enger geworden. Wir lassen uns sehr nach Rücksprache mit Ihnen, oder haben Sie zum viel mehr berichten. Wir fragen sehr viel mehr Beispiel gewusst, dass die Weisungslage ja dann nach, was wir jetzt auch kapazitär besser können fortgeschrieben wurde, dass man da ja auch wei- mit mehr Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen; das ter dran gearbeitet hat im Frühjahr oder ab Früh- hat sich entscheidend geändert, während wir also jahr 2014? Erfolgt das dann nicht in Zusammen- früher sozusagen die Ergebnisse zur Kenntnis ge- arbeit mit Ihnen oder mit Ihren Fachreferaten? nommen haben und damit umgegangen sind. Ins- besondere bei der Fernmeldeaufklärung interes- Zeuge Günter Heiß: Nein. Die Umsetzung dieser siert uns jetzt tatsächlich auch - ich pauschali- Weisung war mir nicht bekannt, bis es eben zu siere das jetzt leicht -: Wie werden sie im Einzel- den bereits geschilderten Vorfällen im März nen technisch gehoben? Wie geht das? - Das war 2013, Stichwort „Quarantäneliste“, kam. natürlich während der Aufbereitung der Unterla- gen für den Ausschuss im Bereich der Snowden- Nina Warken (CDU/CSU): Im März 2015 wahr- Affäre, aber eben auch für das neue Gesetz ausge- scheinlich. sprochen notwendig, sodass wir inzwischen, sa- gen wir mal, mit guter Expertise dabei sind, eine Zeuge Günter Heiß: 15; Entschuldigung. Also, Aufsicht auch über die TA zu führen. 13. Vom Herbst an war die Weisung, und seitdem sind mir die weitere Weisungslage und Umset- Nina Warken (CDU/CSU): Herr Pauland, der ehe- zung bis März 15 nicht bekannt. malige Abteilungsleiter TA hat hier in seiner Be- fragung erwähnt, dass es einen Prüfbericht der Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie Kenntnis Firma Roland Berger mit Optimierungsvorschlä- von der Entwicklung eines unabhängigen Quali- gen gibt. Und im Mai letzten Jahres war schon in tätssicherungselements bei der Steuerung von Se- der Presse berichtet worden, dass die Unterneh- lektoren, das wohl heute im BND zur Anwen- mensberatung die Defizite der Abteilung TA ja dung kommt?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung untersuchen und Vorschläge für ein engmaschi- Nina Warken (CDU/CSU): Können Sie uns hier ges Kontrollsystem ausarbeiten soll, auch im Hin- in öffentlicher Sitzung sagen, welche Ergebnisse blick auf Anordnungen. Gibt es denn jetzt schon oder Empfehlungen von Frau Dr. H. F. schon um- tatsächlich einen Bericht des Unternehmens? gesetzt worden sind? Wurde der vorgelegt? Wurden noch weitere Defi- zite identifiziert, die in den Untersuchungsauf- Zeuge Günter Heiß: Ich glaube, das waren keine trag dieses Ausschusses fallen? Empfehlungen, wenn ich mich richtig erinnere, sondern sie hat einfach Satz für Satz die Berichte, Zeuge Günter Heiß: Es gibt einen Bericht, und die von der Arbeitsgruppe an uns gegangen sind, was von dem Bericht im Einzelnen umgesetzt durchleuchtet, hinterfragt und noch mal kritisch wird, wird zurzeit in Kooperation zwischen bearbeitet. Manche Dinge konnte sie so nicht Kanzleramt und BND erörtert. nachvollziehen, manche Dinge mussten neu for- muliert werden. Das war also jetzt nicht so ange- Nina Warken (CDU/CSU): Können Sie hier Opti- legt, dass sie Vorschläge machen sollte, sondern mierungsvorschläge nennen in öffentlicher Sit- das war so angelegt, dass sie die Überprüfung des zung? BND in einem inneren Controlling noch mal überprüfen sollte. Zeuge Günter Heiß: a) in öffentlicher Sitzung schwierig, b) habe ich Zweifel, ob das untersu- Nina Warken (CDU/CSU): Ja, aber da wurden ja chungsgegenständlich ist. bestimmt auch Dinge festgestellt, die ihrer Mei- nung nach, also nach Meinung von Frau H. F., (Martina Renner (DIE nicht so gut liefen und die man ändern sollte. LINKE): Ich auch!) Und das wurde -

Nina Warken (CDU/CSU): Der BND-Präsident Zeuge Günter Heiß: Nein. hatte die Datenschutzbeauftragte des BND, Frau Dr. H. F., im März 2015 mit der Leitung einer Nina Warken (CDU/CSU): - nicht gemacht. Prüfgruppe beauftragt zum Thema „Prüfung und Steuerung zur Erfassung von Telekommunika- Zeuge Günter Heiß: Das war nicht der Auftrag tionsverkehren im Rahmen der internationalen dieser Prüfgruppe, - Zusammenarbeit von den Five-Eyes-Staaten“. Hatten Sie von dem Auftrag Kenntnis? Nina Warken (CDU/CSU): Okay.

Zeuge Günter Heiß: Ja. Ich kenne diesen Auftrag Zeuge Günter Heiß: - sondern diese Prüfgruppe aus den Akten, und es ist sozusagen ein internes befasste sich dezidiert mit den Prüfergebnissen Controlling. Jeder Bericht, den die Arbeitsgruppe der BND-eigenen Arbeitsgruppe. zur Aufarbeitung der NSA-Selektoren, also der Ablehnungsliste und der damit zusammenhän- Nina Warken (CDU/CSU): Und die sollte sie be- genden Selektoren, gefertigt hat, wurde noch mal werten. durch diese Prüfgruppe um die Datenschutzbe- auftragte herum - - Zeuge Günter Heiß: Die sollte sie bewerten: Stimmt das eigentlich, was ihr über die und die Nina Warken (CDU/CSU): War es vorher mit Liste Selektoren und die und die technischen De- Ihnen abgesprochen, den Auftrag zu erteilen? tails geschrieben habt? Stimmt das, oder stimmt das nicht? - Und das ist sehr kritisch von dieser Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht; aber si- Prüfgruppe gemacht worden und mit gutem Er- cherlich in Einklang mit uns. Aber das kann ich folg. Also, dadurch wurden die Ergebnisse des nicht mehr sagen. BND, die er uns lieferte, immer besser.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Nina Warken (CDU/CSU): Also, man hat sich das tragen werden, sodass die Geschichte einer Steu- dann schon angeschaut, was H. F. da aufgeschrie- erung von Anfang bis zum Ende nachvollziehbar ben hat, und hat dann versucht, dass besser zu sein muss. machen, oder - - Nina Warken (CDU/CSU): Was ist denn mit ei- Zeuge Günter Heiß: Ja klar. Wir kriegten die ja nem politisch brisanten Aufkommen, zum Bei- auch, die Ergebnisse dieser Qualitätsprüfungs- spiel Botschafter, Regierungsmitglied eines be- gruppe. Und wir haben dann zurückgesteuert freundeten Staates, vor Oktober 2013, vor der und gesagt: Passt mal auf; da müsst ihr aber jetzt Weisung bzw. danach passiert? nacharbeiten; da gibt es noch die und die Fragen. Zeuge Günter Heiß: Wir haben ja bisher hier Nina Warken (CDU/CSU): Können Sie uns da überhaupt noch nicht gesprochen über Aufkom- Beispiele nennen? men, und das weiß ich auch nicht, ob es über- haupt zu dem einzelnen Selektor, der hier inkri- Zeuge Günter Heiß: Aus meiner Erinnerung miniert wird und der kritisch gesehen wird - zu nicht; das war ein so vielfältiges und detailrei- Recht -, Aufkommen gegeben hat. Ich kann nur ches Gebiet, dass ich da nicht wage, irgendwas sagen, dass er gesteuert worden ist. Ob es tatsäch- aus meiner Erinnerung rauszukramen, was dann lich Aufkommen gegeben hat, lässt sich in vielen so bruchstückhaft im Raum steht. Fällen gar nicht mehr nachvollziehen, weil der Selektor aus der Steuerung rausgenommen ist Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Ich hatte ja und damit die Verbindung zum Fachbereich un- vorhin schon kurz den Bericht des PKGr er- terbrochen worden ist, sodass wir nicht sagen wähnt, den öffentlichen Bericht der Taskforce können: Dazu hat es wirklich Aufkommen gege- zur BND-eigenen Erfassung. Dort wird festge- ben. stellt, dass bei der Erfassung von Bündnispart- nern und anderen politisch sensiblen Zielen der Nina Warken (CDU/CSU): Das wäre nämlich „nachrichtendienstliche Mehrwert gegenüber meine nächste Frage gewesen: Sind Ihnen Fälle dem potentiellen politischen Schaden“ abgewo- bekannt? Ist Ihnen was herangetragen worden: gen werden sollte. Ist das denn Ihres Wissens bis- „Oh, da haben wir jetzt ein Aufkommen; könnte lang nicht so passiert? heikel sein“?

Zeuge Günter Heiß: Sonst hätte es wahrschein- Zeuge Günter Heiß: Nein. lich dieses Ergebnis dieser Gruppenliste nicht ge- geben, wenn das passiert wäre. Denn ich denke, Nina Warken (CDU/CSU): Solche Fälle sind da sind viele Steuerungen darauf enthalten, die Ihnen nicht bekannt. - Ist Ihnen bekannt, dass es man bei einer etwas sensibleren Handhabung schon im August 2013 Deaktivierungen gegeben nicht vorgenommen hätte. hat? Ich meine auch, die Kollegen hatten da schon mal danach gefragt. Also, im August 2013, Nina Warken (CDU/CSU): Gibt es dazu oder gab als man schon eine Weisung erstellen wollte zur es dazu mit dem BND im Kanzleramt Diskussio- Steuerung von Zielen in Partnerstaaten, also da- nen zu dem Thema? So - - bei gab es schon - haben uns Zeugen D. B. und B. R. zum Beispiel gesagt - mehrere Hundert Zeuge Günter Heiß: Es gibt die klare Weisung, Deaktivierungen, also man dann gemerkt hat: Oh, dass sämtliche Steuerungen mit einer nachvoll- da ist was in der Steuerung, was vielleicht so ziehbaren Begründung versehen werden müssen, nicht auftragskonform ist. - Darüber haben Sie auch beim BND, und zwar so, dass sie auch nach- keine Kenntnis. vollziehbar sind, wenn sie in eine andere Liste, die nicht mehr gesteuert ist, zum Beispiel über- Zeuge Günter Heiß: Nein. Davon haben wir lei- der nichts erfahren.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Nina Warken (CDU/CSU): Uns haben die Zeugen ist man davon ausgegangen, dass man das auch D. B. und B. R. gesagt, dass eben diese Überprü- bei anderen Betroffenen erheben kann. „Hauptsa- fung und dann auch die Deaktivierung dieser che, es entspricht dem Auftrag“, so sind die ja Hunderte Selektoren ein Routinevorgang gewe- vorgegangen im Hinblick auf diese Botschaften. sen sei, den man nicht hätte nach oben melden Das war indessen nicht unbedingt unsere Ausle- müssen. Wie bewerten Sie das denn? Ist das zu- gung der Auftragskonformität. Aber darüber, dass treffend, oder hätte man das nicht doch mitteilen es dort eine unterschiedliche Sichtweise gab, dar- müssen? über sind wir uns erst klar geworden durch die Aufklärung hier ab März 2015. Zeuge Günter Heiß: Also, das kommt auf die Perzeption an. Meine Perzeption ist selbstver- Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Im März 2015, ständlich, dass dies kein Routinevorgang ist, und am 20. März, haben ja Herr Altmaier und Herr so was hätte man mitteilen können. Es ist aber Fritsche die Dienststelle in Pullach besucht. In vorstellbar, dass ein Techniker sagt: „Ich schaue dem PKGr-Bericht heißt es zu diesem Besuch, mal nach, was es da gibt, und wenn das nicht dem Chef BK sei anlässlich dieses Besuches mehr gewünscht ist, tue ich das raus“, ohne sich unter anderem auch - in Anführungsstrichen - da weitere Gedanken drüber zu machen. Denn „dieser Vorgang“, also die Steuerung von die Handlungsmotive der Arbeitsebene, gerade in Personen und Telekommunikationsmerkmalen einer technischen Abteilung, gehen meistens aus EU- und NATO-Staaten, erläutert worden. eher dahin, viel zu steuern und viel zu erlangen; Sie haben ja nicht teilgenommen - denn das ist, sagen wir mal, positiv für das be- triebsinterne Image. Und die politische Sensibili- Zeuge Günter Heiß: Nein. tät, auf einen einzelnen Selektor mal zu schauen, die war nach meiner Beurteilung nicht durchweg Nina Warken (CDU/CSU): - an dem Besuch. Gab vorhanden, und wir hoffen sie mit unseren sehr es dafür einen Grund? genauen Weisungen und neuen Ansätzen der Überprüfung von Selektoren jetzt so langsam zu Zeuge Günter Heiß: Das ist business as usual. Es entwickeln. fahren bestimmte Leute: Mein Vertreter war da- bei, der Minister war dabei. Ich bin - in Anfüh- Nina Warken (CDU/CSU): Lag das dann an der rungsstrichen - „zu Hause“ geblieben, weil es da vielleicht mangelnden Fehlerkultur oder eben ja nun auch einige Führungsaufgaben gibt, insbe- vielleicht auch an der mangelnden Fähigkeit, zu sondere - - Ich meine, das war ein - - Ich weiß sehen, was politisch brisant sein könnte, beim noch nicht mal - - Ich kann es jetzt gar nicht sa- BND-Mitarbeiter, oder lag der Fehler eher dann gen. Also, ob ich - - Irgendwas war an dem Tag, bei der Dienst- und Fachaufsicht im Kanzleramt, dass ich nicht mitfuhr. dass man da einfach vielleicht jahrelang auch nicht genau genug hingeschaut hat? Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Was haben Sie denn im Vorfeld des Besuchs erfahren über den Zeuge Günter Heiß: Wie gesagt, wir hatten bis zu Besuch, bzw. haben Sie über den Verlauf was er- den hier inkriminierten Umständen auch keinen fahren und auch über den Nachgang? Anlass, genau hinzuschauen auf jeden einzelnen Selektor; denn wir sind davon ausgegangen, dass Zeuge Günter Heiß: Ich habe das kurze Protokoll die Selektoren auftragskonform sind. Die Proble- eigentlich gelesen; das war es im Prinzip. Natür- matik der Auftragskonformität - so ist uns erst lich haben mir meine Kollegen berichtet, wie es später dann aufgefallen - ist sicherlich auf Ar- so abgelaufen war und wie die Stimmung war. beitsebene im BND auch unterschiedlich beur- teilt worden, nämlich, wie vorhin ja geschildert: Nina Warken (CDU/CSU): Und Ihnen war vorher Sobald ich eine Information über etwas erlangen aber auch schon konkret bekannt, warum der Be- möchte, was dem Auftrag des BND entspricht, so such stattfindet.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: Es ging um die NSA-Se- MR Philipp Wolff (BK): Ich wollte nur darauf lektoren. hinweisen: Zu Details der Weisungslage auch wirklich nur in eingestufter Sitzung. Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Zeuge Günter Heiß: Okay. Danke. Zeuge Günter Heiß: Stichwort „Ablehnungs- liste“. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Wolff hilft Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Und das ist dann!) Ihnen dann auch so berichtet worden. Und der Vorgang „Steuerung von Personen und Telekom- Nina Warken (CDU/CSU): Dann noch eine Nach- munikationsmerkmalen zu EU- und NATO-Staa- frage zu dem Bereich: Wurden Sie dann über Ih- ten“ in der eigenen Erfassung, ist Ihnen das auch ren Wissensstand über die Weisung aus Oktober berichtet - - 2013 und die Umsetzung befragt?

Zeuge Günter Heiß: Also, das Stichwort „Qua- Zeuge Günter Heiß: Die Weisung aus Oktober rantäneliste“ fiel auch. Und selbstverständlich 2013 war in diesem Zusammenhang überhaupt waren wir einhellig der Meinung, da sofort nach- kein Thema. zusteuern und uns berichten zu lassen. Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Sie waren ja, Nina Warken (CDU/CSU): Ja. Wissen Sie, was al- sage ich mal, zwischen Oktober 2013 und März les im Nachgang zum Besuch veranlasst wurde? 2015 der einzige Wissensträger im Kanzleramt, der den Vorgang, also die BND-eigene Steuerung Zeuge Günter Heiß: Das ist das ganze Paket der zu EU- und NATO-Staaten, wusste und auch Aufklärung und der Sicherheitsmargen, die eine über die Weisung Bescheid wusste. Wiederholung verhindern. Also, das ging erst mal los: Erstens. Obleute wurden unterrichtet. Zeuge Günter Heiß: Also, ich habe die - Zweitens. Die 28 Top-Level-Domains mussten so- fort rausgeschmissen werden. Drittens. Die drei- Nina Warken (CDU/CSU): War das kein Thema? stufige Filterung in DAFIS, da wurde die Filter- stufe 3 ausgesprochen geschärft. Dann wurden Zeuge Günter Heiß: - Weisung zunächst damit diese Routineüberprüfungen mit DAFIS auf eine bei der ersten Befassung gar nicht in Zusammen- Woche - früher war das vierteljährlich, soviel ich hang gebracht. Dann wurde mir aber erklärt, dass weiß - angeordnet. Es gab dann die Einsetzung diese Quarantäneliste oder Gruppenliste auf dieser Qualitätsarbeitsgruppe um die Daten- diese Geschichte zurückginge, dass es mal ir- schutzbeauftragte. gendwann die Weisung des Präsidenten gegeben habe, bestimmte Steuerungen zu entfernen. Und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu die da wurde mir klar: Das ist sozusagen die Folge Bundesregierung, Herr Wolff. der damaligen präsidentiellen Weisung in die TA hinein, bestimmte Steuerungen zu sperren oder Zeuge Günter Heiß: Und dann gab es, was auch rauszunehmen. sehr wichtig war, die Weisung, alles einzufrieren und zu sichern im Status dessen, als der Besuch Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Und das haben war, damit wir gewisse Nachweise dann haben, Sie dann erläutert, - was passiert. Zeuge Günter Heiß: Ja sicher, klar. Nina Warken (CDU/CSU): Ach so. Nina Warken (CDU/CSU): - haben Sie dann auf- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff. geklärt. Okay. - Haben Sie sich dann anhören

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung müssen: „Warum haben Sie denn da nicht früher - Unmittelbar nach der zweiten namentlichen was gesagt?“? Oder gab es da Vorwürfe auch in Abstimmung - dass wir nicht trödeln - sind wir Ihre Richtung? Oder - wieder hier. Bis dahin ist die Sitzung unterbrochen. Zeuge Günter Heiß: Nein. (Unterbrechung von Nina Warken (CDU/CSU): - konnten Sie da Wei- 14.01 bis 15.21 Uhr) teres dann dazu beitragen? Ich meine, man hat ja dann auch begonnen, aufzuklären. Oder haben Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- Sie dann schlicht berichtet von dem Gespräch chene Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses von der Weisung, oder konnten Sie da noch wei- wird fortgesetzt. - Die Union war mit den Fragen ter beitragen als, sage ich mal, einziger Wissens- durch, und wir kommen zur nächsten Fraktion; träger? das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Kollege Ströbele beginnt mit Fragen. Zeuge Günter Heiß: Ich konnte nur das berich- ten, was ich hier über dieses Gespräch auch be- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richtet habe. NEN): Ja, danke, Herr Vorsitzender. - Herr Heiß, der Oktober 2013 ist ja auch deshalb ein wichti- Nina Warken (CDU/CSU): Und Sie mussten sich ger Monat, weil da noch ein anderes Vorkomm- auch nie erklären, warum man in dem Zeitraum nis das Kanzleramt beschäftigte; ich meine die Oktober 13 bis März 15 nichts mehr gehört hat zu Nachricht vom Abhören der Kanzlerin durch die dem Thema im Kanzleramt. Mussten Sie das er- CIA. Wann haben Sie davon gehört, und waren klären, bzw. wie haben Sie das erklärt, vielleicht Sie damit befasst? auch von sich aus? Zeuge Günter Heiß: Das Datum kann ich Ihnen Zeuge Günter Heiß: Es hat niemand gefragt. nicht genau sagen. Ich habe hier ja dazu schon ausgeführt, wie ich davon gehört habe. Ich (Dr. André Hahn (DIE glaube, der Regierungssprecher Seibert hat mich LINKE): Doch, die PKGr angerufen und hat gesagt, er habe von zwei Jour- schon!) nalisten einen Dateieintrag mit der Behauptung bekommen, das sei ein Dateieintrag der NSA be- Nina Warken (CDU/CSU): Gut. Dann würde ich züglich des Kanzlerinnenhandys, und den wolle im Moment mal den Cut machen bis zur Abstim- er mir vorbeibringen; das hat er getan. mung. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Herzli- NEN): Ja. Und was haben Sie dann damit ge- chen Dank. - Ich würde sagen, jetzt unterbrechen macht? wir und gehen zur namentlichen Abstimmung. Ich würde auch vorschlagen, dass wir die beiden Zeuge Günter Heiß: Die entsprechenden Stellen nacheinander abfolgenden namentlichen Abstim- damit befasst und gebeten, das zu bewerten. mungen nutzen, eine kurze Pause zu machen. Es bringt jetzt nichts, zwischen den Abstimmungen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wieder in den Saal zu kommen; das sind 35 Mi- NEN): Ja. Und was ist dabei rausgekommen? nuten dazwischen. Zeuge Günter Heiß: Die haben gesagt: Kann sein; (Dr. André Hahn (DIE kann nicht sein. LINKE): Können wir die Zeit festlegen?) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Kann sein; kann nicht sein.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(Christian Flisek (SPD): Zeuge Günter Heiß: Weiß ich nicht. Anything goes!) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Also, die Bewertung war NEN): Wissen Sie nicht. nicht endgültig, sondern man konnte das - - Zeuge Günter Heiß: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wurde ja dann vom Spiegel veröffent- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- licht und hat doch einige Wellen geschlagen. NEN): Sind Sie damals, als sie das gesagt hat, Und die Äußerung der Kanzlerin war ja auch nicht damit in irgendeiner Weise befasst worden? eine Reaktion darauf; das war, glaube ich, in ei- War das nicht Thema in Ihrem Amt, in dem Amt, nem Presseinterview, in dem sie danach gefragt in dem Sie tätig sind? wurde im Ausland und dann diesen berühmten Satz „Das geht gar nicht“ gesagt hat. Zeuge Günter Heiß: Wir haben aus der Abtei- lung 6, soviel ich weiß, der Kanzlerin für dieses Zeuge Günter Heiß: Ist das eine Frage? Interview nicht zugearbeitet.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Erinnern Sie sich daran, dass das so NEN): Nein. Das habe ich ja auch nicht behaup- war? tet. Ob Sie sich damit befasst haben, mit dieser Meldung? Ist das diskutiert worden, dass die Zeuge Günter Heiß: Ich erinnere mich daran, Kanzlerin sich dazu äußert und wie sie sich dazu dass die Kanzlerin das am 19.07. gesagt hat. Und geäußert hat und ob das Auswirkungen auf Ihre der Vorfall mit dem Handy, was abgehört worden Arbeit hat? sein soll, das ist im Oktober 13 gewesen. Zeuge Günter Heiß: Wenn die Kanzlerin Äuße- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rungen tut, die unsere Arbeit betreffen, wird das NEN): Ja. Aber das berühmte oder das noch be- natürlich immer mit großer Aufmerksamkeit zur rühmtere Interview als das vom Juli war im Okto- Kenntnis genommen. ber, und zwar, wenn ich recht erinnere, am 24. Erinnern Sie sich daran? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also müssen Sie damit befasst gewesen Zeuge Günter Heiß: Nein. sein; darum geht es mir ja.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Der Ausdruck „Befassung“ NEN): Nein. ist mir ein wenig weit. Also, wir haben das zur Kenntnis genommen und haben selbstverständ- Zeuge Günter Heiß: Nein. Ich erinnere mich na- lich auch sehr aufmerksam zugehört. türlich an Interviews der Kanzlerin. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und haben Sie darüber gesprochen? NEN): Ja. Zeuge Günter Heiß: Das ist üblich, dass man über Zeuge Günter Heiß: Aber ob das am 24. Oktober tagesaktuelle Themen spricht. war, weiß ich nicht. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich will ja nicht wissen, was üblich - - son- NEN): Ja. Aber im Oktober. dern Sie sind hier als Zeuge, Herr Heiß. Sie sol- len sagen, an was Sie sich erinnern. Ist darüber

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung gesprochen worden, diskutiert worden, über die machen auch so was Ähnliches“ - allerdings Sie Reaktion der Kanzlerin? Ja oder nein? sagen ja, er hat von Regierungschefs und Ministe- rien und Außenministern oder so was nichts ge- Zeuge Günter Heiß: Ich wiederhole: Es ist üblich, sagt, sondern nur von Botschaften -, ob dann darüber zu sprechen. nicht die Frage nahegelegen hat, zu sagen: Macht ihr außer den Botschaften noch was anderes bei Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- unseren Freuden und bei unseren Alliierten? NEN): Ja. Was üblich ist, weiß ich selber. Zeuge Günter Heiß: Ich verstehe durchaus, was Zeuge Günter Heiß: Dann haben Sie meine Ant- Sie meinen; aber ich muss noch mal betonen, wort. dass ich nicht weiß, in welcher Reihenfolge, wel- cher Abfolge und zu welchem Datum diese Ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spräche stattgefunden haben. Wir haben uns da- NEN): Können Sie nicht die Fragen beantworten? mals beim Herrn Pofalla oft getroffen, um gegen- seitig Standpunkte auszutauschen und abzuglei- Zeuge Günter Heiß: Das habe ich gerade ver- chen. Wann dieses Gespräch stattgefunden hat, sucht. ob danach oder davor, das ist mir so nicht klar.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also haben Sie darüber gesprochen. NEN): Also, Sie haben nicht in Erinnerung eine Verbindung zwischen der Äußerung der Kanzle- Zeuge Günter Heiß: Wenn ich den nächsten Satz rin und dass Herr Schindler jetzt kommt und zu Ende bringen darf, werde ich versuchen, Ihre dass das vielleicht in Ihre Überlegungen einge- Frage zu beantworten. Es ist üblich, darüber zu flossen ist, Ihre und von Herrn Schindler und sprechen, wenn die Kanzlerin etwas in Bezug auf Herrn Pofalla, dass die Kanzlerin ja sonst bla- die Abteilung 6 sagt, und insofern gehe ich davon miert dasteht oder so was, wenn so was jetzt aus, dass wir auch gemeinsam darüber gespro- rauskommt. chen haben; an Details kann ich mich nicht erin- nern. Zeuge Günter Heiß: Das ist nicht erörtert worden.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Erinnern Sie sich auch daran, dass NEN): Das ist nicht erörtert worden. - Und ist dann wenige Tage später der Herr Schindler zu denn danach - - Sie waren danach ja nicht mehr Herrn Pofalla gekommen ist und dann das Ge- damit beschäftigt, sagen Sie, bis anderthalb Jahre spräch stattgefunden hat, von dem ja vorhin später oder fast anderthalb Jahre später, bis März schon die Rede war? 2015; aber März 2015 waren Sie ja damit befasst. Haben Sie dann mal mit dem Herrn Schindler Zeuge Günter Heiß: Ich habe auch vorhin schon darüber geredet, als rauskam, dass es eben nicht ausgeführt, dass ich das nicht auf ein Datum fest- nur um Botschaften ging, sondern dass es auch legen kann. Sie sagen, es sei am 28.10. gewesen. um Regierungen ging und Institutionen der EU und der NATO und dass es unter anderem auch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- um Regierungen ging, die sehr nahestehen, also NEN): Nein. Das danach gewesen ist; am 24. hat in Europa und darüber hinaus in der NATO? die Kanzlerin das geäußert, und dass Sie danach dieses Gespräch hatten. Ob das jetzt am 25. oder Zeuge Günter Heiß: Dieses Thema ist mit dem am 27. war, ist mir egal, sondern dass das danach BND sehr eng aufgenommen worden, wie Sie war, weil ich stelle die Frage, Herr Heiß, weil wissen. dann besonders naheliegt, dass, wenn dann Herr Schindler mit so einer Meldung kommt: „Wir

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1. Untersuchungsausschuss

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Partnerregierungen nicht informiert war, sondern NEN): Ja. dass auch er, so wie Sie das von sich behaupten, was ich Ihnen nicht glaube, erst nach März 2015 Zeuge Günter Heiß: Ich persönlich habe mit davon erfahren hat? Herrn Schindler, also von face to face, darüber nicht gesprochen. Zeuge Günter Heiß: Was Herr Schindler weiß oder nicht weiß, entzieht sich meiner Kenntnis. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Er hat uns jeden- - NEN): Kein Wort. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Es war nicht erforderlich. NEN): Was hat er denn gesagt? Meine Abteilung, das Büro des Staatssekretärs, der Staatssekretär selbst, wir haben dieses Thema Zeuge Günter Heiß: Was Herr Schindler weiß mit dem BND aufgenommen. Sie fragen nach ei- oder nicht weiß, entzieht sich meiner Kenntnis. nem persönlichen Gespräch zwischen Schindler Er hat es jedenfalls glaubhaft versichert, dass er und mir; das hat darüber nicht stattgefunden. das auch erst zusammen mit uns bei dieser Ver- anstaltung zusammen mit dem Minister Altmaier Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- im März 2015 zur Kenntnis genommen hat. NEN): Haben Sie nicht Anlass gehabt, zu sagen: „Warum hast du uns das vor anderthalb Jahren Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht gesagt?“? NEN): Ja. - Hat er oder haben Sie von anderen er- fahren, dass in der Zeit zwischen Oktober 2013 Zeuge Günter Heiß: Nein. und März 2015 - das ist ja auch hier schon ange- sprochen worden - sogar über die Liste der Sa- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen, die rausgenommen werden sollen und wie- NEN): In der Besprechung mit Herrn Pofalla: Ha- der reingenommen werden sollen, mehrfach gere- ben Sie ihm nicht Vorwürfe gemacht, dass das ja det worden ist und dass man versucht hat, Ab- weit über das hinausgeht, was er Ihnen mitgeteilt grenzungen zu treffen, was drinbleiben kann und hat? was nicht drinbleiben kann?

Zeuge Günter Heiß: Nein, habe ich ihm keine Zeuge Günter Heiß: Das mögen BND-interne Vor- Vorwürfe gemacht. gänge gewesen sein, von denen ich keine Kennt- nis habe. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hat das jemand anders in Ihrer Gegenwart Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gemacht? NEN): Also das Kanzleramt war damit nicht be- fasst. Zeuge Günter Heiß: Daran kann ich mich nicht erinnern. Herr Präsident Schindler hat uns sehr Zeuge Günter Heiß: Soviel ich weiß, nicht. glaubwürdig erklärt, dass auch er erst im März 2015 mit dieser Liste aus der TA, mit dieser soge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nannten Gruppen- oder Quarantäneliste, konfron- NEN): Keiner. tiert worden ist. Insofern erübrigte sich irgendein Vorhalt. Zeuge Günter Heiß: Soviel ich weiß, nicht.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wollen Sie damit sagen, dass Herr Schind- NEN): Auch Herr Pofalla nicht, solange er da ler vorher über solche Objekte Ihrer oder des noch - - BND Begierde wie befreundete Regierungen oder

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Zeuge Günter Heiß: Dann müssen Sie Herrn Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Pofalla selbst fragen. NEN): Ja. Da haben Sie nie was von gehört.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Nein. NEN): Ja. Sie waren jedenfalls nie dabei, als so was beschlossen wurde oder besprochen wurde. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Waren Sie auch nie mit befasst. Zeuge Günter Heiß: Im BND? Nein. Zeuge Günter Heiß: Die Abteilung war, soviel ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weiß, überhaupt nicht damit befasst; das war ein NEN): Nein, nicht im BND, im Kanzleramt. Ihr BND-interner Vorgang der Aufarbeitung, die Dienstort ist Kanzleramt, wenn ich das richtige nachher zu der Quarantäne- oder Gruppenliste sehe. geführt hat.

Zeuge Günter Heiß: Das Kanzleramt hat erst Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kenntnis genommen von der sogenannten Qua- NEN): Sagen Sie, haben Sie nie Anlass gehabt, rantäne- oder Gruppenliste im März 2015. über die Frage zu reden in Ihrer Abteilung - viel- leicht aus anderem Anlass -, über das Abhören Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von Regierungsmitgliedern, etwa der USA, also NEN): Das habe ich doch nicht gefragt, sondern der US-Außenminister oder der US-Außenminis- ich habe gefragt, ob Sie an Gesprächen dabei wa- terin damals, dass sie auch mal abgehört worden ren, wo darüber gesprochen worden ist, was man ist? rausnehmen soll und was man doch besser viel- leicht drinlassen soll und welche Kriterien dafür Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre maßgeblich sein sollen. dann die letzte Frage.

Zeuge Günter Heiß: Es hat keine Gespräche über Zeuge Günter Heiß: Das geht nur in eingestufter solche Kriterien gegeben, weil wir erst von die- Sitzung. sen Umständen 2015 im März erfahren haben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bitte? NEN): Nein. Herr Schindler hat uns ja hier er- klärt, dass er - und auch auf Intervention oder Zeuge Günter Heiß: Das geht nur in eingestufter mit Kenntnis vom Kanzleramt - seine Entschei- Sitzung. dung korrigiert hat, oder die gemeinsame Ent- scheidung vom Oktober, dass man dann gesagt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hat: Doch, die eine oder andere Sache müssen NEN): Wieso? wir wieder reinnehmen; das lässt sich auch rechtfertigen und so. - Da wissen Sie nichts von. Zeuge Günter Heiß: Ja, weil das eine Verschluss- sache ist. Zeuge Günter Heiß: Das war nach 20- - Doch, da- von weiß ich - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stand doch in allen Zeitungen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, das war in den anderthalb Jahren Zeuge Günter Heiß: Daraus wird es noch nicht zwischen Oktober 2013 und März 2015. öffentlich.

Zeuge Günter Heiß: Dann weiß Herr Schindler Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr als ich. NEN): Aha. Wird es nicht öffentlich.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(Heiterkeit) Christian Flisek (SPD): Es war kein Krisenma- nagement. Zeuge Günter Heiß: Ich muss mich leider nach Gesetz und Recht richten. Zeuge Günter Heiß: Wir hatten keine Krise.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Das ist sehr gut. - Ich NEN): Ja. würde mich ganz gerne mal mit Ihnen über An- lässe unterhalten. Und zwar haben Sie, glaube Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist gut so. ich, vorhin - da war ich leider nicht da; aber ich Und, wie gesagt, das hatten wir auch nicht zum habe mir das gerade berichten lassen - hier ge- ersten Mal. - Wir kommen jetzt zu den Fragen der sagt, dass der Anlass für das Gespräch mit Herrn Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. Schindler im Oktober 2013 nicht das Statement der Kanzlerin „Ausspähen unter Freunden, das Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- geht gar nicht“ war, sondern auslösend waren die der. - Herr Heiß, nur damit wir es wirklich jetzt Presseberichte darüber. Ist das falsch wiedergege- auch noch mal fürs Protokoll haben: Das heißt, ben? Oder - - Sie als Abteilungsleiter 6 haben nach dem 28. Oktober 2013 keinen Anlass gesehen, sich Zeuge Günter Heiß: Das ist ungenau. Den Anlass weiter um die Selektorenfrage zu kümmern. zu dem Gespräch kann ich nicht mehr sagen. Ich habe ausgeführt: Wir hatten ständig Gespräche, Zeuge Günter Heiß: Der BND-eigenen Selektoren. ob nun zu dritt oder zu mehreren; manchmal war Ja. der Büroleiter noch dabei. Es gab keinen - - oder nach meiner Erinnerung kann ich mich nicht auf Christian Flisek (SPD): Wir waren vorhin auch einen konkreten Anlass für dieses Gespräch be- bei den NSA-Selektoren. sinnen. Aber wie Sie den Kalendern entnehmen können, gab es oft solche Gespräche; damals gab Zeuge Günter Heiß: Die waren meines Erachtens es genug Anlass dafür. im Oktober 2013 überhaupt nicht in der Diskus- sion. Sie verbinden ja die BND-eigenen Selek- Christian Flisek (SPD): Na ja, gut. Aber es liegt ja toren mit dem Gespräch bei Pofalla; da ging es auf der Hand, dass nun mal im Oktober jetzt da aber nicht um NSA-Selektoren. eine gewisse Hektik entstanden war, nicht? Und das ist sicherlich nicht zufällig nah dran an dem Christian Flisek (SPD): Ich verbinde das auch mit Zitat der Kanzlerin. Sie wollen da keinen sachli- der Aussage der Kanzlerin, und mir ist das jetzt chen Zusammenhang erinnern können. herzlich egal. Haben Sie sich nach dem 28. Okto- ber um Selektoren gekümmert? Das war meine Zeuge Günter Heiß: Nein. Ich würde ihn auch Frage, ohne Einschränkung. nach meiner Erinnerung ausschließen wollen, nämlich mit der Begründung, dass wir ständig ir- Zeuge Günter Heiß: Wir haben uns um die Se- gendwelche Gespräche hatten, die gerade mit der lektoren gekümmert, die wir zum Beispiel in der Frage: Was kommt von Snowden Neues? Wie G 10-Kommission als Selektoren genehmigen las- müssen wir darauf reagieren? Wo gibt es poli- sen mussten. tisch heikle Punkte - -

Christian Flisek (SPD): Also, das war, kann man Christian Flisek (SPD): Also, noch mal: Die so sagen, business as usual. Kanzlerin sagt einen Satz und das zufällig zum ersten Mal, seit es überhaupt zwischen dem BND Zeuge Günter Heiß: Ganz recht. und der NSA eine Kooperation gibt, dass zum ersten Mal überhaupt jemand sich hinsetzt und anfängt, interne Weisungen zu machen, wie mit

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung diesem Selektorengeschäft umzugehen ist. Das ist unter Freunden geht gar nicht“, wenn man weiß, ein Zufall, dass das alles in der Woche nach dem „Ausspähen unter Freunden“ ist Alltagsgeschäft Zitat der Kanzlerin stattfindet. und der BND mischt kräftigst an vorderster Front mit. Zeuge Günter Heiß: Wie gesagt, den zeitlichen Ablauf kann ich nicht bestätigen, weil ich nicht Zeuge Günter Heiß: Also, die Kanzlerin - das mehr weiß, wann dieses inkriminierte - möchte ich mal klarstellen - blamiert sich nicht, wenn sie etwas sagt, was stimmt. Dass wir das Christian Flisek (SPD): Ach je. nicht gewusst haben - -

Zeuge Günter Heiß: - Gespräch stattgefunden hat. Christian Flisek (SPD): Das ist eine sehr wert- volle Aussage jetzt gewesen, die allerdings nichts (Hans-Christian Ströbele zu unserer Aufklärung beiträgt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie wissen es Zeuge Günter Heiß: Das ist richtig. Gleichwohl genau!) würden Sie mir ja gestatten, wenn Sie solche Be- merkungen machen, dass wir die Kanzlerin bla- Das ist ja auch nur eine Vermutung. Ich weiß miert haben, dass ich das vielleicht zurechtrücke. nicht, woher wir so genau wissen wollen, wann Dass wir allerdings nicht gewusst haben, was wir dieses Gespräch, was ich ja gerne inhaltlich wie- jetzt wissen, das müssen Sie glauben oder nicht dergegeben habe, stattgefunden hat. Ich kann es glauben. Auf jeden Fall - jedenfalls nicht bestätigen, dass es am 28.10. war; ich kann es aber auch nicht ausschließen. Inso- Christian Flisek (SPD): Nein, ich glaube es nicht. fern ist dieser inhaltliche Zusammenhang von mir auch nicht zu bestätigen, weil der zeitliche Zeuge Günter Heiß: - haben wir das damals nicht Zusammenhang da Voraussetzung dafür wäre. gewusst, und sonst hätten wir ganz anders rea- giert, wie wir nämlich reagiert haben ab März Christian Flisek (SPD): Ich sage es mal so: Ange- 2015. Seitdem läuft die Aufklärung ja. sichts der Tatsache, dass wir seit den Snowden- Unterlagen und der darauf folgenden Pressebe- Christian Flisek (SPD): Nein. Ich glaube, nicht, richterstattung und der Aussage der Bundeskanz- und das ist ja genau der Punkt. Die Frage ist: Wa- lerin bereits bei ihrem Sommerinterview oder bei rum haben Sie nicht anders reagiert? Ich glaube, der Sommerpressekonferenz im Juli 2013 eine dass Sie es hätten wissen müssen. Ich bin sogar ganz ähnliche Aussage hatten, scheint mir das so, der Überzeugung, dass Sie es vielleicht gewusst dass man allein - also, wir reden ja jetzt nicht haben nach dem jetzigen Stand. Ich kann mir über BND, sondern Sie sind im Bundeskanzler- das, was hier vorgetragen wird über die Zustände amt - sozusagen das so laufen lässt, wie Sie das in der Abteilung 6, die mittlerweile korrespon- hier schildern, was dann dazu führt, dass die dieren mit den Zuständen der Abteilung TA beim Kanzlerin im Oktober tatsächlich diesen Satz BND, nicht wirklich erklären; es sind schwarze noch mal wiederholt. Löcher. Und das bedeutet - ich sage es Ihnen ganz offen -: Man hat es, glaube ich, völlig unter- Also, ich sage es Ihnen noch mal: Man hat im ei- schätzt, dass das Ganze so hochkochen kann. genen Haus - - Namentlich Sie, Herr Heiß, mit Ih- Und aus meiner Sicht sage ich Ihnen heute, ist rer Abteilung tragen dafür die Verantwortung, Herr Schindler derjenige, der in der Tat - - So hat dass die Bundeskanzlerin sich mit diesem Satz in er sich auch im Übrigen jetzt bei seiner letzten aller Öffentlichkeit blamiert hat. Man hat sie ins Vernehmung großzügig generiert hier als derje- kalte Messer laufen lassen. Man hätte längst seit nige, der die Schuld auf sich lädt. Den Rest kön- dem Sommer mal deutlich sagen müssen, was nen wir in der Abteilung TA nicht aufklären, Sachstand ist und welche Gefahren bestehen und weil da wird Schwarzer Peter gespielt. Und das dass man doch nicht sagen kann: „Ausspähen

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Nur zur dienstlichen Verwendung ist schon ein sehr interessantes Konstrukt, was (Martina Renner (DIE wir da vorfinden in Bezug auf Verantwortungs- LINKE): Da passiert nichts!) management. Zeuge Günter Heiß: Dann sind wir ja in einem Wissen Sie, ich stelle mir die Frage - jetzt mal Boot. Auf die Gefahr hin, dass ich Sie also nicht vom Ende her gedacht -: Sie kennen ja die Presse- langweile, lege ich das noch einmal dar: erklärung der Bundesregierung vom 23. April 2015, nicht? Die kennen Sie: Erstens. Die Sache war erledigt, weil drei höchste Beamte darüber entschieden haben mit dem Mi- Im Rahmen der Dienst- und Fach- nister zusammen - oder zwei höchste Beamte mit aufsicht hat das Bundeskanzler- dem Minister zusammen -: Die Sache ist geregelt; amt technische und organisatori- das wird eingestellt. sche Defizite beim BND identifi- ziert. … hat unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben. (Dr. André Hahn (DIE (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Hat niemand kon- LINKE): Das hat ja eine trolliert!) Weile gedauert!) Zweitens. Es war für uns, so wie sich das dar- - 2015. - Was ist in diesen anderthalb Jahren stellte, ein überschaubarer Kreis von Einzelfällen. passiert? Drittens. Es war, so wie Präsident Schindler das (Dr. André Hahn (DIE darstellte, ein Vorgang, der APB-konform war, LINKE): Nichts!) weil es um die Ziele ging, nämlich um das Ziel, - Nichts. Genau. etwas über das Krisenland zu erfahren, und nicht das Ziel, etwas über den Partner zu erfahren; drit- Zeuge Günter Heiß: Wir hatten keine Hinweise tens. auf diese Defizite, die Sie gerade - - Viertens. Es handelt sich damit auch - jedenfalls Christian Flisek (SPD): Sie haben die Augen zu- nach der Einschätzung Schindlers damals, und gemacht. Und die Frage ist: Warum haben Sie die darüber kann man selbstverständlich diskutie- Augen zugemacht? Das ist der Punkt: Sie haben ren - um einen Vorgang, der rechtmäßig erfolgt die Augen zugemacht. Man kann mit dieser The- ist, aber gleichwohl politisch sehr heikel ist - matik aus dem, was auf dem Tisch liegt, was in sehr heikel -; das war uns schon klar. Deswegen der Öffentlichkeit gesprochen und diskutiert haben wir das abgestellt. Das APB konstituiert wird, wo es einen Untersuchungsausschuss die- keine Rechte irgendwelcher Dritter, sondern ist ses Parlaments zu gibt, nicht anderthalb Jahre so eine innerdienstliche Weisung, gegen die man tun, als würde da kein Anlass bestehen, irgend- möglicherweise verstößt, wenn man Partner be- wie nachzufragen als Aufsichtsbehörde. obachtet; das ist aber ein Verstoß gegen eine Handlungsanweisung interner Art; führt sozusa- Zeuge Günter Heiß: Also, auf die Gefahr hin, gen nicht unmittelbar zur Rechtswidrigkeit des dass ich Sie langweile, lege ich noch einmal gesamten Handelns. dar - - Das waren die Gründe, die dazu geführt haben, Christian Flisek (SPD): Nein. Ich finde das hoch dass wir gesagt haben: Dieser Fall ist jetzt erle- spannend. digt, und darum müssen wir uns nicht mehr kümmern. - Erst als klar wurde, als im März 2015 diese Listen auftauchten, dass dahinter sehr viel mehr steckt, haben wir auch gemerkt, dass wir

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung uns vielleicht hätten kümmern sollen; aber wir Die Hoffnung ist leider nicht erfüllt worden. Bis hatten vorher, wie ich eben dargelegt hatte, auf- März 2015 kam es dann noch mal hoch mit voller grund dieser vier Gründe keinen Anlass dazu. Wucht; dann hat man mit Empörung reagiert, so- gar gegenüber der Presse gesagt: „Missstände im Christian Flisek (SPD): Na ja, ich erzähle Ihnen BND, historisch einmalig“ - das war eine öffentli- jetzt mal - vielleicht läuft das ja bei Ihnen völlig che Kritik -, hat dann den Herrn Schindler verab- anders -: Wenn ich eine Weisung in meinem Ab- schiedet. Und der macht seitdem den Eindruck, geordnetenbüro einem Mitarbeiter erteile in ei- als wäre ihm ein Ballast von den Schultern gefal- nem Bereich, den ich für sensibel halte, den ich len. Liege ich damit falsch, wenn ich sage, Sie für wichtig halte, der eine hohe Priorität bei mir haben damit versucht als Kanzleramt, die Verant- hat, dann fasse ich nach, dann lege ich mir so wortung wieder dem BND zurückzuspielen? Ist was mindestens auf der Arbeitsebene, wenn das aus Ihrer Sicht eine Bewertung, die sich jeder schon nicht die Chefs, die höchste - - Ich weiß Grundlage und jeder Tatsache entzieht? nicht, wie Sie das vorhin formuliert haben; das war schon fast sakral. Also, wenn da die Aller- Zeuge Günter Heiß: Also, ich teile diese Bewer- höchsten zusammensitzen, wenn schon die das tung nicht. nicht machen, aber dann lege ich mir das doch auf der Arbeitsebene auf Wiedervorlage und Christian Flisek (SPD): Warum nicht, Herr Heiß? schaue nach: Wie wird das umgesetzt? Was pas- siert dort? - Und als Aufsichtsbehörde - ich Zeuge Günter Heiß: Weil das nicht so war. meine, ich kenne das - Entschuldigung - aus der Kommunalpolitik -: Wenn die Rechts- und Fach- Christian Flisek (SPD): Erläutern Sie mir das aufsicht eine Kommune anweist, was zu tun oder noch mal. nicht zu tun, dann sagen die nicht einfach: „Mach das! Tschüs; das war’s! Erledigt!“, die fra- Zeuge Günter Heiß: Ich konnte davon ausgehen, gen nach: „Habt ihr das umgesetzt?“, lassen sich, dass eine Entscheidung des Bundesministers wenn es sensibel ist, berichten: Wie habt ihr es Pofalla als oberster politischer Verantwortlicher umgesetzt? Ist das geeignet, wie ihr es umgesetzt und des zuständigen Abteilungsleiters als oberste habt? Gibt es noch Restrisiken? Gibt es in der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber dem Präsi- Umsetzung Probleme? denten umgesetzt wird. Wir hatten nie Zweifel daran, dass solche Umsetzungen erfolgen. Und Wissen Sie, ich glaube Ihnen einfach nicht, dass soviel ich weiß - und das hat die Aufarbeitung ja man sich bei einer solche Frage hinsetzt und sagt: auch gezeigt -, ist er mit dieser entsprechenden „Die drei haben dagestanden, haben telefoniert Weisung in die Abteilung hineingegangen, und oder gesprochen, mündliche Weisung“, und das die Umsetzung hat begonnen. war es. Und dann hat man sich nicht mit - - Ich kann mir nur vorstellen, wenn man das tatsäch- Christian Flisek (SPD): Aber Sie haben auch nie lich so gemacht hat, dann hat man das behandelt ein Interesse daran gehabt, zu wissen, wie es um- wie eine heiße Kartoffel, wo man froh war, dass gesetzt wurde. Noch mal: Ich habe keine Zwei- man den Ball ganz schnell wieder ins andere fel - wir unterhalten uns hier über Regierung und Spielfeld gespielt hat und gesagt hat: Für uns ist über Behörden des Bundes -, dass sich die Be- das jetzt erledigt. Wir haben eine klare Weisung amtinnen und Beamten dort nach allen Möglich- erteilt. - Das kann sein. Aber selbst das wirft na- keiten, die sie haben, korrekt verhalten und dass türlich ein schräges Licht auf die Zustände, dass Weisungen nicht einfach nach dem Prinzip „Le- man sagt: „Ich spiele den Ball ganz schnell wie- sen, lachen, lochen“ irgendwo in der Rundablage der weg - heiße Kartoffel -, die sollen klären, wie landen, sondern dass man sie befolgt. sie damit klarkommen, und dann hoffen wir mal, dass das nie mehr wieder hochkommt; dann hof- Aber ich stelle noch mal die Frage: Als Aufsichts- fen wir mal.“ behörde - - Aus meiner Sicht ist das - - Wenn die

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Bürgerinnen und Bürger in diesem Land in einer dann kann man hinterher die Sache natürlich im- solchen Situation von einer Aufsichtsbehörde mer in einem anderen Licht sehen. Wir haben sie über die Geheimdienste, über den Auslandsnach- damals - richtendienst der Bundesrepublik erwarten, dass man nachfasst und nicht nur einfach eine Wei- Christian Flisek (SPD): Da stimme ich zu, ja. sung in die Welt setzt, sondern noch mal nach- fasst und nachfragt: „Wie läuft es? Was macht Zeuge Günter Heiß: - in dem Licht gesehen, wie ihr? Gibt es neue Probleme, die wir bisher nicht ich es gerade geschildert habe. kannten?“ - also, ich habe die Vorstellung von ei- ner Aufsichtsbehörde, dass das so funktioniert -, Christian Flisek (SPD): Wir haben allerdings und wenn das nicht so ist, bleibe ich bei meinem auch - - müssen wir ja feststellen, dass diese Heiße-Kartoffel-Vergleich: Weg damit. ganze Thematik: „Was gibt es für Probleme mit Selektoren, mit Filterung?“, Stichwort „Wirt- Zeuge Günter Heiß: Ihre Vorstellung, dass eine schaftsspionage“ - - Das ist ja alles nicht neu. Das Aufsichtsbehörde so funktioniert, ist ja total zu- hat ja auch sogar weit vor Snowden eine Vorge- treffend; aber sie funktioniert nicht in jedem Ein- schichte - verstehen Sie? -, Stichwort „EADS“, zelfall so. Und dieser Fall war so, dass wir aus „Eurocopter“. Das sind Sachen, die tauchen Mitte den von mir mehrfach dargelegten Gründen kei- der 2010er-Jahre schon auf und führen dazu, dass nen Anlass gesehen haben, noch mal nachzufra- man DAFIS-Filter und alles einer Prüfung unter- gen. zieht, kritisch damit umgeht. Und das bedeutet für mich: Entweder hat man eine Nullsensibili- Christian Flisek (SPD): Na ja, gut. Dann denke sierung im Hinblick auf den Gesamtkontext ich mal, sollte man sich nicht wundern, wenn im oder - - Und da darf ich durchaus mal ein Ge- Abschlussbericht dieses Ausschusses - zumin- spräch, das wir hier geführt hatten in einer Ver- dest in der Bewertung der SPD-Fraktion - eine nehmung mit dem ehemaligen Chef des Bundes- ähnliche Bewertung steht wie die, die Sie über kanzleramtes, Thomas de Maizière, zitieren; da den BND am 23. April 2015 abgegeben haben, haben wir nämlich sehr, sehr tief die Frage und nur in Bezug auf die Aufsichtsfunktion des Bun- sehr, sehr gut die Frage erörtert, ob das Kanzler- deskanzleramtes, weil für mich bedeutet das, amt überhaupt die geeignete Aufsichtsinstitution dass dort erhebliche Defizite festzustellen sind. über so was wie einen BND ist, weil ich habe so Ich stelle mir Aufsicht über einen so sensiblen ein bisschen das Gefühl, das läuft so nach die- Gegenstand in so sensiblen Zeiten, in Zeiten, wo sen - - da baut man eine Firewall auf, nicht nur es einen parlamentarischen Untersuchungsaus- personell, auch in der Sache. Je mehr man mit ei- schuss gibt und uns alle erzählen, dass sie gar ner Sache nicht befasst ist dort drüben in dem nicht mehr wussten, wann Tag und Nacht ist, Hause, umso besser vielleicht, und je mehr die weil sie nur noch mit parlamentarischen Anfra- heißen Sachen im BND bleiben, auch umso bes- gen zu tun hatten, und dann behandelt man das ser. in dieser Form, wie Sie es hier schildern: Ich halte das für sehr couragiert, diesen Umgang, um Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste es mal freundlich auszudrücken. dann die letzte Frage sein.

Zeuge Günter Heiß: Also, Sie haben gerade zu- Christian Flisek (SPD): Ich lasse es mal auf mich treffend ausgeführt, dass wir damals sehr viel wirken, und wir werden noch eine Runde dre- prioritäre Aufgaben gehabt haben, die gerade mit hen. der Aufklärung dieser gesamten Komplexe zu tun gehabt haben. Und dies, ich wiederhole mich, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen war nicht so prioritär, weil wir von Einzelfällen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächsten ausgegangen sind. Wenn wir das gewusst hätten, Fraktion in der nächsten Fragerunde. Es beginnt was wir jetzt wissen - jetzt sind wir schlauer -,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung die Fraktion Die Linke wieder. Herr Kollege des BND, der ist auch noch im Amt. Herr Schind- Hahn. ler ist weg, und die Mitarbeiter, die Such- begriffe - Präsidenten, Staatspräsidenten, Regie- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, vielen Dank, rungschefs, NATO-, EU-Partner usw. - angeblich Herr Vorsitzender. - Ich möchte mal da anfangen, allein und ohne Wissen ihrer Vorgesetzten einge- wo die Kollegin Renner vorhin aufgehört hat. Sie stellt haben, die sitzen auch alle noch auf ihren hatte nach den Konsequenzen und nach den Ver- Stühlen. Ist das richtig? antwortlichen gefragt. Sie haben dazu nichts ge- sagt. Deshalb frage ich Sie noch mal: Ist es rich- Zeuge Günter Heiß: Das kann ich nicht beurtei- tig, dass trotz all dieser Pannen und Skandale der len, weil ich nicht weiß, welcher Sachbearbeiter, letzten drei Jahre, die es in dem Bereich gegeben Referatsleiter oder Sachgebietsleiter im BND hat und die aufgedeckt wurden, der Kanzleramts- wann auf welchem Stuhl gesessen hat. minister immer noch der gleiche ist wie 2013 nach der Neukonstituierung, nach der neuen Re- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Uns sind da keine gierung? Ist der immer noch im Amt? Versetzungen bekannt; aber Sie hätten ja mal nachfragen können, wie das passieren kann, dass Zeuge Günter Heiß: Ich kann jetzt nicht sagen, dort Staats- und Regierungschefs und EU-Institu- wann der Kanzleramtsminister Altmaier seinen tionen gesteuert werden. Das wären Ihr Job und ersten Diensttag gehabt hat, ob das 13 oder schon Ihre Pflicht gewesen, das zu tun. 14 war; das weiß ich jetzt nicht genau. Aber mög- licherweise war es im Dezember - Zeuge Günter Heiß: Wir haben in der Tat nachge- fragt, welche Gründe diese Steuerungen im Ein- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dezember. zelnen gehabt haben. Diese Steuerungen konnten zum Teil belegt werden im Hinblick auf be- Zeuge Günter Heiß: - 13. Ja. stimmte Themen. Manche Steuerungen - aber das können Sie ja auch dem Bericht der Taskforce Dr. André Hahn (DIE LINKE): Der ist noch im entnehmen - konnten nicht mehr begründet wer- Amt, Herr Altmaier? den, weil die Begründung inzwischen durch technische Vorgänge weggefallen ist. Zeuge Günter Heiß: Ist das jetzt eine ernsthaft an mich gerichtete Frage? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Und mehrere Tausend konnten nicht begründet werden nach Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, ja. Ich komme Auffassung der Taskforce. Ja, und wenn mehrere gleich dazu; es geht um die Konsequenzen. Tausend Begriffe rechtswidrig, unverhältnismä- ßig nicht dem Auftragsprofil entsprechen, ist das Zeuge Günter Heiß: Dann sage ich: Ja, er ist noch für Sie kein Grund, irgendetwas zu unternehmen im Amt - - Nein: Er ist im Amt; nicht noch, son- in der Abteilung TA an der Spitze bei Ihrer dern - - Rechtsaufsicht.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Der Geheimdienst- Zeuge Günter Heiß: Selbstverständlich haben wir koordinator Fritsche ist auch noch im Amt. was unternommen, nämlich - -

Zeuge Günter Heiß: Herr Fritsche ist der Beauf- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Personell nicht, of- tragte für die geheimen Nachrichtendienste des fenkundig. Bundes, und der ist im Amt. Zeuge Günter Heiß: Das kann ich jetzt hier nicht Dr. André Hahn (DIE LINKE): Der Abteilungslei- beurteilen, denn ich weiß nicht, wer wann auf ter 6, insbesondere zuständig für die Kontrolle welchem Posten da gesessen hat. Im Übrigen ist

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung es auch nicht möglich, irgendeinen Selektor ir- nicht, dass wir Partner steuern“ -, keinen Hin- gendeinem Sachbearbeiter als von ihm eingestellt weis, dass der BND NATO-Staaten, EU-Partner jeweils nachzuweisen - - dass er das getan hat. überwacht. Das waren Ihre Aussagen vorhin; ich Das ist im Einzelfall vielleicht denkbar, habe mir das mitgeschrieben. Herr Schindler sagt, er hätte Ihnen genau das alles gesagt. Und (Hans-Christian Ströbele jetzt möchte ich schon gerne - - (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Keine Schuld!) (MR Philipp Wolff (BK) meldet sich zu Wort) aber dazu braucht es auch immer die Begründung für den Selektor. - Ja, Herr Wolff, im Moment frage ich gerade; da ist nun wirklich nichts geheim zu halten; das war Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das an sich ist eine öffentliche Aussage. - Und - - doch schon ein Skandal, dass niemand weiß, wer was überhaupt zu welchem Zeitpunkt eingestellt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff, hat, dass da niemand die Aufsicht gehabt hat, die Frage geht doch oder nicht? niemand kontrolliert hat. MR Philipp Wolff (BK): Ich halte den Vorhalt nur Aber ich möchte zu einem anderen Punkt noch für falsch und wollte darauf hinweisen: Dann kommen, der mir wichtiger ist: Herr Schindler muss man das mit Protokollstellen belegen; das und Sie erzählen eine unterschiedliche Ge- ist das Einzige, was ich anmerken wollte. schichte, und einer von beiden kann nur die Wahrheit sagen. Herr Schindlers Geschichte geht Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das Protokoll ist im Kern so: Die Kanzlerin erklärt „Ausspähen noch nicht gedruckt; das wissen Sie natürlich. unter Freunden, das geht gar nicht“, jemand in- Das war letzte Woche. formiert ihn und sagt: „Herr Präsident, wir ma- chen das genauso“, oder: „Wir machen das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es wurde auch.“ - Schindler sagt: „Okay, dann muss ich schon rumgeschickt. das Bundeskanzleramt informieren“, macht einen Termin bei Pofalla - ob nun am nächsten Tag Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, gut. Wir werden oder übernächsten Tag, wusste er nicht, und ob das - - können wir dann alles noch raussuchen. es am Rande eines Gespräches war, konnte er auch nicht sagen; aber er macht dieses Gespräch, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ja. Es an dem Sie teilnehmen -, dort teilt er mit, dass wurde schon rumgeschickt. der Bundesnachrichtendienst das auch macht, EU-Institutionen, hat er uns gesagt, Botschaften, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das Grundproblem NATO-Partner usw. ausspioniert und steuert, dabei ist, dass Sie den Eindruck erwecken wol- und daraufhin wird eine Weisung erlassen, dass len, das Bundeskanzleramt wusste von alledem das zu unterbleiben hat. nichts und deshalb konnten Sie auch Frau Mer- kel nicht unterrichten und alles Mögliche. Herr Sie erzählen uns, man hätte den BND-Präsiden- Schindler sagt das Gegenteil. Und können Sie ten aufgefordert, doch mal zu sagen und rauszu- mir erklären, wie es passieren kann, wenn er finden: „Was macht ihr denn?“, und dann hätte Ihnen angeblich von einer Botschaft in einem er Ihnen was von einer Botschaft erzählt ir- Krisengebiet gesagt hat, die überwacht wird, gendwo in einem Krisengebiet, und das war es wieso er dann mit einer Weisung rausgeht aus dann. Und Sie haben gesprochen von „kleiner dem Kanzleramt, EU-Institutionen, NATO-Part- Zahl von Einzelfällen vielleicht“, Sie hätten bis ner, all das rauszunehmen, was kritisch sein März 2015 keine Kenntnis gehabt - „ich wusste

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 54 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung könnte, und nicht etwa mit einer Weisung, Bot- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Ich muss Ihnen schaften dort rauszunehmen, wenn Sie von alle- nur sagen, wenn eine Weisung erteilt wird oder dem nichts gewusst haben? auch abgestimmt wird mit dem Chef Bundes- kanzleramt und es handelt sich um EU-Institutio- Zeuge Günter Heiß: Ich denke, jeder - und so- nen, NATO-Partner, EU-Endungen usw., dass ich wohl Herr Schindler als auch ich - berichtet dann überhaupt nicht verstehen kann, wie das Ihnen hier nach bestem Wissen und Gewissen, sein kann, wenn es vorher keine Rolle gespielt was das Gedächtnis dafür hergibt, und das habe hat in dem Gespräch, wie Sie hier aussagen. ich auch getan. Sie haben allerdings meine Aus- sage ein wenig verkürzt; deswegen stelle ich das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre noch mal richtig. Herr Schindler hat nicht gesagt, dann auch die letzte Frage. dass sei ein Fall, sondern er hat einen Beispiels- fall gegeben: So nach dem Muster beobachten wir Zeuge Günter Heiß: Na, der Herr Abgeordnete auch unsere Partner, nach dem Muster. - Und er hat zu verstehen gegeben, dass er das nicht ver- hat den Eindruck vermittelt, das sei ein kleiner steht, aber eine Frage habe ich darin nicht gese- Kreis von Fällen; er hat nicht gesagt, das sei ein hen. Einzelfall. Und danach haben wir gesagt: Okay, dann wird das abgestellt. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Doch. Die Frage ist, wie es möglich sein kann, dass der Präsident Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Aber abgestellt eines Bundesnachrichtendienstes nach Abstim- werden sollte nicht die Überwachung von Bot- mung mit dem Chef Kanzleramt und mit Ihnen schaften, sondern die Weisung, die dann ergan- aus dem Kanzleramt geht, eine Weisung erhalten gen ist noch am gleichen Tag telefonisch, lautete: hat, die er uns hier mitteilt - was der Inhalt dieser EU-Institutionen, EU-Kennungen, NATO-Partner Weisung war -, die er auch weitergibt noch am usw. gleichen Tag telefonisch, und Sie sagen: EU-Insti- tutionen, NATO-Partner, Politiker, Regierungs- Zeuge Günter Heiß: Das will ich nicht bestreiten; chefs usw. - alles nicht besprochen worden. das mag sein. Zeuge Günter Heiß: Ja, das stimmt. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das macht ja keinen Sinn, wenn er Ihnen davon nichts erzählt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke hätte, dass das anschließend als Weisung raus- schön. - Dann kommen wir jetzt zu den Fragen geht. der nächsten Fraktion, den Fragen der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. Zeuge Günter Heiß: Vielleicht weiß er, dass das Handeln des BND umfassender ist, und gibt eine Nina Warken (CDU/CSU): Ja, ich kann da direkt umfassendere Weisung. Ich habe das hier nach anknüpfen. - Wenn man dann tatsächlich so glo- bestem Wissen und Gewissen berichtet, was in bal - und das haben Sie ja vorhin auch bestätigt - diesem Gespräch vorgekommen ist. die Steuerung von Personen und TKM aus EU-, NATO-Staaten herausgenommen, beendet hat, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das sagt Herr haben Sie da nicht hinterfragt: „Warum müssen Schindler auch, und beides passt nicht zusam- wir das denn so global machen, wenn nur irgend- men. wie ein paar Botschaften in Krisenländern betrof- fen waren bislang?“? Weil tatsächlich hat man Zeuge Günter Heiß: Das ist nun mal so mit Ge- das dann ja sehr viel globaler gefasst. Warum war dächtnis, dass, je länger ein Vorfall her ist, das das dann notwendig? Haben Sie da nicht nachge- Gedächtnis immer ungenauer wird. fragt, wenn Sie angeblich ja nur dieses eine Bei- spiel gehabt haben? Oder haben Sie das eine Bei-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 55 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung spiel so verstanden, dass da doch mehr dahinter- spiels, was Schindler gegeben hat: Das wird ein- steckt? Das ist das, wo wir - auch die Kollegen - gestellt. - Daraufhin hat Schindler eine Weisung eben das Verständnisproblem haben und wo sich in die TA gegeben, die ich damals inhaltlich die Geschichte ein bisschen anders anhört, als sie nicht kannte, und die mag globaler gewesen sein uns bislang hier erzählt wurde. als das, was er uns als Beispiel vorgestellt hat.

Zeuge Günter Heiß: Ich kenne ja konkret die Nina Warken (CDU/CSU): Ich habe Sie vorhin Weisung, die Präsident Schindler innerbetrieb- sogar so verstanden, dass Sie gesagt haben: Ja, lich in die TA hineingegeben hat, nicht, kannte und der BND hat dann eben die Weisungslage ich auch damals nicht. Die hat er uns nicht vor- nach und nach angepasst und hat sie konkreti- gelegt, sondern die hat er anhand des Ergebnisses siert und verfeinert. unseres Gespräches selbstständig umgesetzt. Wie das Gespräch verlaufen ist, habe ich gesagt. Was Zeuge Günter Heiß: Ja. er später angewiesen hat, darüber habe ich erst sehr viel später erfahren, also erst im Zusammen- Nina Warken (CDU/CSU): Also mussten Sie ja hang mit der Aufklärung dieser Vorgänge. Und dann doch gewusst haben, dass es zunächst diese möglicherweise, wenn er eine solche Weisung so globale Ausgangsweisung gab. Oder habe ich - gegeben hätte und uns die mitgeteilt hätte, hätte genau an der Stelle für mich ein Anlass bestan- Zeuge Günter Heiß: Nein, ich habe - - den, noch mal nachzufragen und zu sagen: Wieso sind da plötzlich NATO-Staaten, wieso sind da Nina Warken (CDU/CSU): - Sie da vorhin falsch EU-Partner usw. drin? verstanden?

Das Gespräch, soweit ich mich erinnere, ging Zeuge Günter Heiß: Ich habe mich vielleicht ausschließlich darum, das Beispiel Krisenland- missverständlich ausgedrückt. Ich habe das inter- Botschaft - - und es wurde auch verdeutlicht, pretiert, was ich inzwischen weiß aus der Aufar- dass so was kein Einzelfall ist, sondern schon öf- beitung. Zunächst gab es eine relativ allgemein ter mal vorkommen kann. Aber in der Globalität, gehaltene Weisung, und dann gab es Erkennt- wie Sie sie gerade beschrieben haben, die in der nisse, dass man bestimmte Bereiche, Entitäten Weisung steckt, ist das dort nach meiner Erinne- wieder reinnehmen muss, weil man sie aus Grün- rung nicht besprochen worden. den zum Beispiel der Terrorbekämpfung oder der Migrationsgründe oder was weiß ich, was das Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt haben wir ja vor- sein könnte, wieder in die Steuerung reinnehmen hin auch über die Weisung gesprochen; da haben muss. Sie gesagt: „Ja, die war sehr global, und es war dann Aufgabe des BND“, ich weiß nicht mehr ge- Nina Warken (CDU/CSU): Wann genau - - nau, was Sie gesagt haben, „nachzuarbeiten, zu konkretisieren.“ Also wussten Sie doch, dass die Zeuge Günter Heiß: Das war die Feingliederung. Weisung so global war. Jetzt haben Sie gesagt, Sie wissen nicht genau, was angewiesen wurde. Wie Nina Warken (CDU/CSU): Und wann genau ha- ist man denn genau verblieben, was zu tun ist, ben Sie davon Kenntnis erlangt? was Herr Schindler seinen Mitarbeitern sagen soll? Da wurde doch dann drüber gesprochen. Zeuge Günter Heiß: Während der Aufarbeitung, irgendwann nach dem März 2015. Zeuge Günter Heiß: Ich versuche, die beiden Ebenen noch mal auseinanderzuhalten. Die eine Nina Warken (CDU/CSU): Ist das üblich, dass Ebene war das Gespräch Schindler, Pofalla und der BND dann selbst so was Globales noch mal ich. Dort ist festgelegt worden aufgrund des Bei- konkretisiert? Und ist es dann üblich, dass bei

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Ihnen im Haus Ihre Fachabteilung, Ihr Fachrefe- Snowden-Affäre. Ob das nun XKeyscore, P 6 oder rat davon nichts weiß? Oder müssten die das sonst was war. Es kam im Prinzip jede Woche nicht normal wissen, um auch kontrollieren zu eine neue dramatische Wendung, auf die wir ir- können, dass das richtig, sage ich mal, konkreti- gendwie reagieren mussten. Und selbstverständ- siert wird? lich war eine Sache, die für mich abgeschlossen war und für mich nur einen kleinen Kreis von Zeuge Günter Heiß: Das ist hier mehrfach gefragt Fällen betraf, weniger prioritär als das, was jeden worden. Wir haben aufgrund der Umstände, die Tag wieder neu aus den Medien oder aus ande- ich geschildert habe, keinen Anlass gesehen, ren Bereichen zu uns hineinbrach. noch mal zu fragen, wie das umgesetzt worden ist. Wenn Präsident Schindler selbst eine allge- Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt verstehe ich ja, meine Weisung gibt, dann ist es selbstverständ- dass es eine aufregende Zeit war, es viel abzuar- lich, dass seine Fachleute, seine Techniker diese beiten gab. Aber das Schöne ist ja, dass es da Weisung natürlich differenziert betrachten und eben im Kanzleramt nicht nur Sie dafür gab, son- sagen, was geht in dieser Richtung und was geht dern eben gerade die Referate gab und Ihre Mitar- nicht oder was ist noch zu bedenken. Das ist aber beiterinnen und Mitarbeiter. Und ich weiß nicht, ein ganz normaler Ablauf, der immer stattfindet, vielleicht habe ich da auch ein falsches Verständ- wenn es eine sozusagen etwas globalere Weisung nis von der Ausübung von Dienst- und Fachauf- durch den Vorgesetzten gibt, der in der Regel we- sicht. Wie soll denn die ausgeübt werden, wenn niger in den Details drinsteckt, die dann umge- bei so einem Vorgang, der dann von mir aus setzt wird von den Sachverständigen und Tech- auch - - oder wenn Sie sagen: „Ich habe gedacht, nikern. der ist erledigt“ - - dem man schon irgendwas entgegengesetzt hat. Aber wie soll denn dem Nina Warken (CDU/CSU): Und Sie haben jetzt, nachgegangen werden bzw. wie soll denn für die als Sie gehört haben - - Nehmen wir mal an, Sie Zukunft dafür gesorgt werden, dass so was nicht haben dann eben die Fälle „Botschaften in Kri- mehr passieren kann? Da muss es doch irgend- senländern“ gehört, wo Sie dann auch gesagt ha- eine Rückkopplung von Ihnen in die Fachreferate ben oder auch Herr Pofalla gesagt hat: Ist abzu- geben. Oder sagen Sie: „Das ist nicht Sinn und stellen. - Hatten Sie da keine Veranlassung gese- Zweck der Dienst- und Fachaufsicht“, dass Sie so hen, Ihren Referaten zu sagen: „Oh, da habe ich was nach unten geben? jetzt erfahren, was da bislang gelaufen ist. Das darf natürlich in Zukunft nicht mehr so sein; ach- Zeuge Günter Heiß: Ich hatte das schon Ihrem ten Sie da mal bitte drauf beim BND“? Also, die Kollegen Herrn Flisek erklärt: Selbstverständlich Veranlassung haben Sie überhaupt - ist das Sinn und Zweck der Fachaufsicht, Dinge anzuordnen und nachzuhalten; aber es gibt eben Zeuge Günter Heiß: Habe ich nicht gesehen. wirklich prioritäre Dinge, und es gibt auch Dinge, von denen glaubt man, dass sie jetzt erledigt Nina Warken (CDU/CSU): - nicht gesehen? sind. Und wenn man hinterher erfährt, dass sie noch nicht erledigt waren, und wenn man hinter- Zeuge Günter Heiß: Ich habe die Gründe ja ge- her mitbekommt, was eigentlich an Dingen da rade dargelegt; ich kann das gerne noch mal tun. noch hinter steht, die jetzt erst klar werden, dann kann man die Sache anders beurteilen. Damals Nina Warken (CDU/CSU): Ja, weil zu viel zu tun haben wir jedenfalls die Sache so beurteilt: Dies war, oder - - braucht jetzt nicht nachgehalten zu werden.

Zeuge Günter Heiß: Das, würde ich sagen, ist ei- Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt würde ich noch ner der letzten Gründe, aber der kommt natürlich mal gern springen auf den März 2015, auf den auch hinzu. Wir haben damals in der Tat ausge- Besuch in Pullach, bei dem Sie nicht dabei wa- sprochen viele Baustellen gehabt aufgrund der ren, wo dann ja aber im Nachgang rauskam, dass

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung auch zu dem Vorgang „BND-eigene Selektoren“ und dann bespricht man sich, und dann haben berichtet wurde. Wenn Sie mir das noch mal Sie gemerkt: „Oh, dazu weiß ich was, was hier konkret erläutern würden: Haben Sie dann ge- keiner weiß“, und haben das dann in so einer merkt: „Oh, das ist ja der Vorgang aus Oktober Runde gesagt. Muss ich mir das so vorstellen? 2013; da weiß ich doch was, da kenne ich doch was“, und haben das dann berichtet? Oder wie Zeuge Günter Heiß: So kann man sich das vor- sind Sie da aktiv geworden? Weil Sie ja der Ein- stellen. zige waren im Prinzip, der den Zusammenhang wahrscheinlich herstellen konnte. Was haben Sie Nina Warken (CDU/CSU): Sie sind aber jetzt dann gemacht? nicht zu Herrn Altmaier gegangen und haben ge- sagt: „Im Übrigen: Da war noch was, was man Zeuge Günter Heiß: Ja, mir ist erst zu dem Zeit- Ihnen vielleicht nicht gesagt hat“? punkt klargeworden, dass der Ausgangspunkt der Quarantäne- oder Gruppenliste ebendieses Ge- Zeuge Günter Heiß: Also, Herr Altmaier ist nicht spräch beim Bundesminister Pofalla war. Dies mein direkter Vorgesetzter, sondern das ist Herr habe ich mitgeteilt, dass - Fritsche.

Nina Warken (CDU/CSU): Wem? Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Und dem haben Sie es gesagt. Zeuge Günter Heiß: - das darauf zurückkommt. Zeuge Günter Heiß: Ja. Nina Warken (CDU/CSU): Wem und wann? Nina Warken (CDU/CSU): Und wissen Sie, ob es Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht. Meinen der dann weitergegeben hat? Kollegen. Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht. Nina Warken (CDU/CSU): Ja, Ihren Kollegen. Also, Ihren Mitarbeitern oder - - Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Und was gab es dann für Rückfragen? War man da nicht er- Zeuge Günter Heiß: Also, wir führen nicht über staunt, dass das da erstmals so hochkommt, dass jedes Gespräch, über jede Mitteilung irgendein es da schon einen Vor-Vorgang gab, der mit dem Protokoll und geben das zu den Akten. Besuch in Pullach bzw. der Listenerstellung zu tun hat? Es war doch sicherlich ein Thema, kann Nina Warken (CDU/CSU): Nein, aber es ist ja ich mir vorstellen. wahrscheinlich ein Unterschied, ob Sie es Herrn Altmaier mitgeteilt haben, Herrn Fritsche oder Zeuge Günter Heiß: Ja, meine Aussage korres- Ihren Referatsleitern. Wissen Sie - - pondierte ja mit der von Präsident Schindler, der auch erst sehr viel später - ich meine auch im Zeuge Günter Heiß: Also, wir sitzen mit Referats- März 2015 - von dem Ausmaß dieser Listen er- leitern und Herrn Fritsche sehr häufig zusam- fahren hat. men; jeden Morgen zum Beispiel gibt es eine Morgenrunde. Wir sind ständig in Rücksprachen Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Und gab es gemeinsam, und gerade bei der Aufarbeitung die- keine Verwunderung darüber, dass in dem Zeit- ser Listen gab es also sehr viele Zusammen- raum Oktober 13 bis März 15 überhaupt nichts künfte, und sicherlich habe ich das im Rahmen stattgefunden hat? Ist man da vielleicht der Sache einer Zusammenkunft dann auch gesagt. noch mal nachgegangen bei Ihnen im Haus auch? Oder haben Sie da beim BND noch mal nachge- Nina Warken (CDU/CSU): Na, okay. Aber die fragt? Oder hat man da versucht aufzuklären? kommen aus Pullach zurück mit dem Wissen, Weil das ist ja auch ein Punkt, an dem wir uns

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung immer wundern, oder wo wir uns fragen: Was ist Zeuge Günter Heiß: Ob ich das gefragt worden passiert in dem Zeitraum Oktober 13 bis März bin? 15? - Es gibt das Gespräch, es gibt die Weisung, dann gibt es noch so - - beim BND arbeitet man Nina Warken (CDU/CSU): Ja, ob Sie das gefragt dann noch an der Verfeinerung, nimmt wieder worden sind. Selektoren raus. Aber irgendwie kriegt keiner mehr was mit weder beim BND in der Hauslei- Zeuge Günter Heiß: Nein, bin ich nicht gefragt tung noch im Kanzleramt. Also ist da dann eine worden. Lücke. Nina Warken (CDU/CSU): Also, das fand nie- Dann ist der Besuch in Pullach. Man merkt, dass mand komisch, dass man im März 15 über so Lis- es diese Listen gibt auch bezüglich der BND-eige- ten erfährt und Sie das schon, sag ich mal, wuss- nen Selektoren. Man kommt zurück. Sie sagen: ten seit Oktober 13, dass es da zumindest ein Stimmt, da war doch was; von der Weisung ha- Problem gab. Von den Listen wussten Sie ja dann ben wir damals gewusst, dass die ergangen ist. - auch noch nichts, habe ich jetzt verstanden. Das Aber ansonsten wissen wir nichts über den Zeit- fand keiner komisch. raum dazwischen. Haben Sie dann mal versucht, aufzuklären, was in der Zwischenzeit passiert Zeuge Günter Heiß: Nein, weil jeder nachvollzie- ist? Oder haben Sie sich das mal fragen lassen hen konnte, dass ich - - wenn ich dargelegt habe, müssen, warum Sie da nicht weiter tätig gewor- dass dieses Problem im Oktober im Einverneh- den sind? Und warum sind Sie es nicht? men mit allen Beteiligten für uns gelöst war.

Zeuge Günter Heiß: Ja, in der Zwischenzeit ist je- Nina Warken (CDU/CSU): Und dass man aber denfalls vonseiten des Kanzleramtes nichts ver- über ein gelöstes Problem mal berichtet, ist auch anlasst worden, die Sache weiter aufzuklären - nicht veranlasst - - Also, dass man sagt: Hört ich sage es noch mal -, weil die Sache für uns er- zu - - ledigt war und wir davon ausgegangen sind, dass das, was zwischen Präsident Schindler, Bundes- Zeuge Günter Heiß: Wenn man genug andere minister Pofalla und mir verabredet worden ist, Probleme hat, braucht man über gelöste Probleme gilt und auch umgesetzt wird. nicht zu berichten.

Nina Warken (CDU/CSU): Aber im März 15, als Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Gut. Sie dann erfahren haben, es gibt jetzt diese Lis- ten, haben Sie dann noch mal irgendwas veran- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen lasst, um zu schauen: „Was ist in der Zwischen- Dank. - Dann kommen wir zur nächsten Fraktion, zeit passiert gewesen?“? der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- lege von Notz. Zeuge Günter Heiß: Ja, selbstverständlich wurde der gesamte Sachverhalt ab März 15 breit und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- großräumig aufgeklärt. NEN): Herr Heiß.

Nina Warken (CDU/CSU): Und gab es da Diskus- Zeuge Günter Heiß: Ja. sionen darüber, warum man bis zu dem Zeit- punkt nichts mehr gemacht hat oder warum kei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ner informiert war? Hat Ihnen dann keiner gesagt: NEN): Was wäre eigentlich gewesen im Sommer „Mensch, das hätten wir aber gern früher schon 2013, wenn öffentlich geworden wäre, was ist? erfahren, wenn Sie das wussten, dass das ein Jetzt sagen Sie nicht: Das ist hypothetisch. - Das Thema war“? Oder war das alles: Schön, dass weiß ich selbst. Aber was wäre denn da gewesen? man jetzt weiß - -

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: Rückfrage: Was darf ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- denn sagen? NEN): So machen es alle. - Und das war Ihnen als Abteilungsleiter 6, der für die Rechts- und Fach- (Vereinzelt Heiterkeit) aufsicht des Bundeskanzleramts beim BND zu- ständig war, nicht bekannt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. Sie können sagen: „Es ist hypothe- Zeuge Günter Heiß: Così fan tutte? tisch.“ Aber dann beantworten Sie die hypotheti- sche Frage. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeuge Günter Heiß: Okay. - Das wäre wahr- scheinlich zu einer sehr ausführlichen medialen (Heiterkeit) und politischen Diskussion gekommen. Zeuge Günter Heiß: Also, da geht es um einen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Partnertausch zwischen zwei Paaren. So was ist NEN): In der Tat. Und was war im Sommer 2013? mir aus der Literatur her bekannt, persönlich Das ist nicht hypothetisch. habe ich darin keine Erfahrungen.

(Dr. André Hahn (DIE (Vereinzelt Heiterkeit) LINKE): Die Affäre ist been- det!) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So genau wollte ich es gar nicht wissen, Vor vier Jahren. Herr Heiß, aber - -

Zeuge Günter Heiß: Ja, Wahlkampf. Zeuge Günter Heiß: Ich bin immer zu einer Aus- kunft gern bereit. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wahlkampf. Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und da Sie unter Wahrheitspflicht stehen, Zeuge Günter Heiß: Ich wusste, worauf Sie hin- werden wir dem natürlich nachgehen. Aber - - auswollen; - (Heiterkeit) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist aber jetzt nicht mehr Untersuchungsauftrag. Zeuge Günter Heiß: - deswegen habe ich es ge- sagt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Wolff meldet sich gar nicht. Weiß Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht, was los ist. NEN): Wahlkampf. - Und Sie sind ja, glaube ich, auch musikinteressiert. Così fan tutte -- (Heiterkeit)

Zeuge Günter Heiß: Ja. So. Die Bundesregierung wäre voll in der Haftung gewesen, weil man ja selbst für die NSA Millio- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen von Selektoren steuert und weil man selbst NEN): Ja. diese Überwachung von EU-Institutionen usw. betreibt. Das wäre im Wahlkampf halt eine große Zeuge Günter Heiß: Das heißt: So machen es alle. Nummer gewesen.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: Aber nach dem zeitlichen wurde - - bei dem Herr Schindler nur so ganz Ablauf scheint der erste Hinweis, den Sie jeden- kleine Probleme ansprach. falls unterstellen, dass ihn die Bundesregierung hatte, erst im Oktober durch dieses Gespräch bei Zeuge Günter Heiß: Also, die Weisung, die wir Pofalla erfolgt zu sein. sozusagen zu dritt vereinbart haben, -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist im Oktober aufgrund des Kanzle- NEN): Genau. rinnenhandys; aber der Bundesnachrichtendienst hat direkt im Juni angefangen zu löschen. Zeuge Günter Heiß: - das jetzt, was immer Schindler da erklärt hat, zu lassen. Zeuge Günter Heiß: Das ist richtig. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Ja. Während des Wahlkampfes hat man an- gefangen zu löschen. Zeuge Günter Heiß: Die hatte Konsequenzen, ja. Das war - - Zeuge Günter Heiß: Oder auszusteuern. Ich glaube, auszusteuern, nicht zu löschen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Können Sie den Wortlaut der Wei- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sung rekonstruieren sinngemäß? NEN): Ja, genau. Ich würde ganz präzise sein, wenn es in unseren Akten ganz präzise stehen Zeuge Günter Heiß: Das ist insofern schwierig, würde. Da steht nicht: Aussteuern - sieben Aus- als Herr Präsident Schindler einen Sachverhalt rufezeichen -, sondern da steht: Löschen - sieben geschildert hat, und er hat gesagt: Das halte ich Ausrufezeichen. Aber sei’s drum. Gut. für politisch heikel, und ich schlage vor, so etwas nicht mehr zu steuern. Herr Heiß, ich frage Sie mal ganz direkt: Gibt es eine Verabredung darüber, dass man vor dem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- März 2015 von dieser Problematik wusste, nicht NEN): Was hält er für politisch heikel? öffentlich zu reden? Zeuge Günter Heiß: Dieses Beispiel, was ich be- Zeuge Günter Heiß: Ist mir nicht bekannt. schrieben habe. Ich kann es gerne noch mal - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ist Ihnen nicht bekannt. NEN): Botschaft in Krisengebieten.

Zeuge Günter Heiß: Nein. Zeuge Günter Heiß: Ja. Ich kann es gern noch mal erläutern. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Diese Weisung, die da erteilt wurde, hatte Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja Konsequenzen, oder? NEN): Er hat nur - - Nein, nein, ich hatte das ge- hört - - Zeuge Günter Heiß: Von welcher Weisung spre- chen Sie? Zeuge Günter Heiß: Und da - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die dann nach dem Oktober 2013 erteilt NEN): Bitte, bitte.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: Daraufhin hat er vorgeschla- Zeuge Günter Heiß: Ich kann die Voraussetzung gen unter der Begründung, das sei politisch hei- Ihrer Frage nicht bestätigen. Aber wenn irgend- kel, das würde er aus der Steuerung rausnehmen. etwas rausfällt aus einer Steuerung - - Bei der Und da hat Bundesminister Pofalla gesagt nach Breite der Steuerung und bei der Vielfalt der meiner Erinnerung: Okay, das machen wir so; möglichen Erkenntnisquellen merken wir nicht, dann lassen wir das jetzt. - Das war in etwa, so wenn eine Steuerung rausfällt. Wir wissen ja wie ich es erinnere, die Konversation … (akus- noch nicht mal, wenn wir einen Bericht bekom- tisch unverständlich) men, aus welcher Erkenntnisquelle der Bericht schöpft. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nur im Hinblick auf Botschaften. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das - - Zeuge Günter Heiß: Im Hinblick auf Botschaften; das ist meine Erinnerung. Zeuge Günter Heiß: Ob das nun ein SIGINT ist oder ein HUMINT oder ein OSINT aus der Türkei Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder aus der Ukraine, um jetzt Ihre Beispiele auf- NEN): Weil auf die Frage des Kollegen Flisek hat zugreifen, ergibt sich nicht aus dem Bericht, der Herr Schindler bezüglich - - was er da denn nun uns vorgelegt wird. mitgeteilt hat, auf Seite 24 des Protokolls gesagt: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ja. Ich habe ja eben versucht, dar- NEN): Verstehe. - Also, die Konsequenzen dieser zustellen, dass meine Unterrich- Weisung waren nicht spürbar in dem Meldungs- tung, aufkommen.

- in Klammern: beim Bundeskanzleramt - Zeuge Günter Heiß: Nein.

dass es so etwas in einem größe- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ren Umfang gibt, nach dem Zitat NEN): Da hat der BND auch nichts drüber berich- der Kanzlerin stattgefunden hat. tet. Es gab keine Diskussion, dass man Sachen „Dass es so etwas in einem größeren Umfang wieder einsteuern sollte. Es gab keine Probleme gibt“: Den größeren Umfang, den hat er Ihnen ge- im Hinblick auf die Ukraine zum Beispiel, Mel- genüber verschwiegen. dungen aus der Ukraine.

Zeuge Günter Heiß: Nach meiner Erinnerung hat Zeuge Günter Heiß: Ist mir nicht bekannt. er nicht von einem größeren Umfang gesprochen, sondern hat einen Beispielfall gebildet und in- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sinuiert, dass dies ein überschaubarer Kreis von NEN): Hat Sie nie erreicht? Anwendungsfällen wäre. (Der Zeuge schüttelt den Kopf) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und wenn dann die Ukraine, die Türkei, Wissen Sie, wie das Bundeskanzleramt die Um- solche Länder rausfallen aus der Erfassung, dann setzung dieser Weisung heute bezeichnet, die da- fällt das im Bundeskanzleramt, wo man ja Mel- mit befassten Menschen, die auch mit Ihnen, dungen bekommt, niemandem auf. Also, ob man glaube ich, zusammenarbeiten? die steuert oder nicht, ist wurscht, oder? Denn es muss dann - - Es hat ja keine Diskussionen dar- (Der Zeuge schüttelt den über gegeben. Kopf)

Als mangelhaft.

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Günter Heiß: Ah ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - dem man ja offensichtlich nicht korrekt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- begegnet ist danach. NEN): Diese Weisung sei mangelhaft umgesetzt worden. Und jetzt frage ich mich: Wenn eine Zeuge Günter Heiß: Gut. Weisung mangelhaft umgesetzt wird beim BND, wer ist da zuständig? Also, mit wem muss man Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schimpfen, um mit dem Richtigen zu schimpfen, NEN): So, wer trägt dafür die Verantwortung? dass diese Weisung nicht korrekt, nicht gut um- gesetzt worden ist? Zeuge Günter Heiß: Dann beginne ich noch ein- mal: Das kann der Anweisende sein, wenn die Zeuge Günter Heiß: Das hängt von vielen Einzel- Weisung nicht konkret genug ist. Das hängt aber heiten ab. Wenn die Weisung zum Beispiel unge- davon ab, ob der Anweisende überhaupt in der nau erteilt wird, würde ich mit dem schimpfen, Lage ist, eine sehr konkrete Weisung zu geben. der die Weisung erteilt hat. Also, wenn es technisch kompliziert ist und wenn das in die Einzelheiten geht, dann ist we- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der ein Kanzleramtsminister noch ein Präsident NEN): Und ist sie ungenau erteilt worden? noch ein Abteilungsleiter in der Lage, eine dezi- dierte, im Detail ausgearbeitete Weisung zu ge- Zeuge Günter Heiß: Ich war nicht dabei. ben, sondern die geben nur die Richtung vor. Bei der Bundeswehr nennt man das Auftragstaktik: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das ist der Auftrag, das soll jetzt angestellt wer- NEN): Nein, aber Sie sind Abteilungsleiter 6 im den, macht das mal. So. Bundeskanzleramt und für die Fach- und Rechts- aufsicht beim Bundesnachrichtendienst zustän- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dig. Deswegen - - Also, ich habe - - Ich nehme NEN): So. meine gedachte Antwort vorweg: Ich hätte Sie im Verdacht, Herr Heiß, dass am Ende das Ihr Pro- Zeuge Günter Heiß: Dann kommt die nächste blem ist. Aber Sie können mir helfen, dass Stufe: Präsident Schindler gibt das in die TA jemand anderes verantwortlich ist, wenn diese rein. Auch da gibt es eine Fehlerquelle. Wenn der Weisung mangelhaft umgesetzt wird. Und die Weisung jetzt nicht genau genug gibt, dann deswegen frage ich Sie: Wer ist dafür wird das auch schwierig. verantwortlich, wenn dann eine solche Weisung mangelhaft umgesetzt wird? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So, wir sind uns einig - - Zeuge Günter Heiß: Sie sprechen von der Wei- sung, die Präsident Schindler in die TA gegeben Zeuge Günter Heiß: Und dann geht das die Stufe hat. runter bis zu dem Letzten, der die Weisung er- füllt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Weisung, auf die Sie sich zu dritt - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Pofalla, Heiß, Schindler, so habe ich es bisher NEN): So funktioniert das Verwaltungswesen, ge- verstanden - verständigt haben, um diesem Pro- nau. Aber jetzt haben wir - - Das ist ja kein theo- blem zu begegnen, - retischer Fall, sondern es ist ein praktischer Fall, und er ist passiert. Und er hat dazu geführt, dass Zeuge Günter Heiß: Ja. man dem BND hart ins Kreuz gesprungen ist me- dial im Jahr 2015. Aber wer trägt für die mangel- hafte Umsetzung dieser Weisung die Verantwor- tung? Wo haben Sie in der Aufarbeitung - Sie

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Nur zur dienstlichen Verwendung sind ja immer noch AL 6 - das Problem festge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stellt? NEN): Was zu dem unbefriedigenden Zustand führt - letzte Frage -, - Zeuge Günter Heiß: Der BND ist kritisiert wor- den, oder ihm ist ins Kreuz gesprungen worden, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. wie Sie das auszudrücken belieben, wegen der NSA-Problematik. Die Frage der BND-eigenen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Steuerung war da noch nicht zentrales Thema je- NEN): - dass nicht korrekt umgesetzt wurde, un- denfalls bei der Kritik, auf die Sie gerade reflek- serer Meinung nach rechtswidrig über Jahre eben tieren. Dinge gesteuert wurden zumindest mit höchstem diplomatischem Schaden. So. Und jetzt frage ich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie: Wer trägt dafür die Verantwortung? Oder ist NEN): Da kommt noch eine Presseerklärung. das, was Sie beschreiben, organisierte Verantwor- Oder was soll das heißen? tungslosigkeit? Das nehme ich auch zur Kennt- nis. Ich würde aber gerne wissen, wer aus Ihrer Zeuge Günter Heiß: Nein, das soll das nicht hei- Sicht für das, was Sie beklagen, die politische ßen. Ihre Frage, wer denn nun letztlich dafür ver- und verwaltungsorganisatorische Schuld trägt. antwortlich ist, dass eine Weisung so oder so um- Wer hat da was falsch gemacht? Oder haben alle gesetzt wird und möglicherweise mangelhaft, wie alles richtig gemacht? Das würde einen sehr be- Sie sagen - es gibt durchaus Anzeichen dafür, unruhigen. dass das der Fall ist - - hängt davon ab, wie derje- nige, der anweist, im Thema drinsteckt. Wenn Zeuge Günter Heiß: Bei dem Kenntnisstand, der ich nicht weiß, dass da eine große Menge poli- dem Gespräch vom, wie Sie sagen, 28.10. zu- tisch heikler oder nicht zu steuernder Selektoren grunde lag, konnte nur diese globale und allge- im Hintergrund ist, sondern ich nur davon aus- meine Weisung ergehen. Insofern ergibt sich, wie gehe, dass es ein paar Botschaften sind, die, wie Sie das gerne hier bezeichnen wollen, keine wir damals noch nicht so gesehen haben - - aber Schuldzuschreibung an diese Dreiergruppe; denn möglicherweise unzulässigerweise gesteuert wer- die konnte nur aufgrund dessen, was Herr den, dann kann ich keine Weisung geben, die so Schindler vorgetragen hat, entscheiden. mangelhaft ist, dass sie mangelhaft umgesetzt wird, sondern dann kann ich nur die Weisung ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, die das reflektiert, was ich als Problem er- NEN): Nur, Herr Heiß, letzter Gedanke: Die Öf- kannt habe. fentlichkeit ist im Sommer 2013 belogen worden über das, was ist. Und Sie sagen hier: Niemand Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hat Schuld. - Ich bin ein wackerer Streiter für de- NEN): Ich verstehe jetzt - - mokratische Verhältnisse, aber das frustriert mich zutiefst. Und ich wäre wirklich dankbar, Zeuge Günter Heiß: Und ich habe als Problem wenn jemand aus dem Bundeskanzleramt - wir nur erkannt, dass Botschaften in Krisenländern hören ja noch ein paar Leute - sagt, wer dafür die gesteuert werden, um aus Krisenländern kompe- Verantwortung übernimmt, weil irgendjemand tente Informationen zu erlangen. muss für diese Irreführung der Öffentlichkeit, die da 2013 stattgefunden hat, die Verantwortung Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- übernehmen. NEN): Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Ganz Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das - - herzlichen Dank. - Und wir kommen zur nächs- ten Fraktion, der Fraktion der SPD.

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Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- nie im Kanzleramt für notwendig erachtet wor- der. - Herr Heiß, da es ja scheinbar zumindest den? nach meinem Verständnis gewisse Schwierigkei- ten bei der Ausübung der Aufsicht gegenüber Zeuge Günter Heiß: Es ist nicht erfolgt. dem BND durch das Bundeskanzleramt gab, würde ich Sie gerne mal befragen: Auf welcher Christian Flisek (SPD): Ist ja kein Vorwurf, auch Grundlage übt das Bundeskanzleramt denn die schon gar nicht an Sie oder so, sondern ich Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst aus? nehme das einfach jetzt mal als Beschreibung des Also, ich will jetzt nicht eine einzelne Norm ir- Status quo, weil mich das halt auch wundert, gendwie hören, wo da drinsteht - - keine Ah- weil natürlich gerade in solchen Bereichen auch nung, sondern: Was sind die Prinzipien? Gibt es bestimmte Dokumentationen auch Absicherun- Regelungen, wo drinsteht, nach welchen Prinzi- gen sein können für den Fall, dass man zum Bei- pien wird die Rechts-, Fachaufsicht ausgeübt? spiel mal später im Rahmen eines parlamentari- schen Untersuchungsausschusses hier Aufklä- Zeuge Günter Heiß: Soviel ich weiß, gibt es allge- rung betreibt. meine Regelungen über Fach- und Dienstauf- sicht, die das BMI erlässt oder herausgibt. Also, das bedeutet, Sie üben diese Aufsicht nach den allgemeinen Grundsätzen aus, und ein In- Christian Flisek (SPD): Ja. strument, das vor allen Dingen praktiziert wird dort, haben Sie ja gerade gesagt, ist die Weisung. Zeuge Günter Heiß: Da muss ich aber inhaltlich passen; das kann ich nicht im Einzelnen zitieren Zeuge Günter Heiß: Zum Beispiel. oder anführen. Es gibt jedenfalls für die konkrete Aufsicht der Abteilung 6 über den BND keine Christian Flisek (SPD): Und wenn Sie sich so die konkret zu fassende Dienstanweisung oder Ver- Weisungen anschauen, die Sie in Ihrem Leben er- waltungsvorschrift. teilt haben oder mit denen Sie zu tun hatten, ist das eher üblich, dass man Weisungen dann Christian Flisek (SPD): Ja also, in der Tat - - Sie mündlich erteilt und sie auch nachträglich nicht sprechen ja an: Es gibt sozusagen Grundsätze zur verschriftlicht werden? Ausübung der Fachaufsicht der Bundesministe- rien über den Geschäftsbereich, also nachgeord- Zeuge Günter Heiß: Es ist unterschiedlich, situa- nete Bundesbehörden. Und das sieht also vor, tiv abhängig. Es gibt Weisungen, die schriftlich dass es dann auch in einzelnen Spezialbereichen erteilt werden, - noch einmal speziellere Grundsätze geben könnte, dass man so was mal vonseiten des Bun- Christian Flisek (SPD): Ja. deskanzleramtes in Bezug auf einen so sensiblen Gegenstand - ich meine, in der Geschichte der Zeuge Günter Heiß: - zum Beispiel Berichtsanfor- Bundesrepublik ist das ja nicht neu, dass es ir- derungen, wenn man genau detailliert rein- gendwie mal Probleme mit den Nachrichten- schreibt, mitteilen möchte, was in dem Bericht diensten geben könnte - - dass man da mal Rege- drinstehen - - worauf wir Wert legen. Es gibt all- lungen schafft, zu Papier bringt, wie ist die Auf- gemeine Weisungen wie zum Beispiel: Bitte legt sicht über so etwas auszuüben. Weil es ist ja auch mal ein Konzept zu dem und dem Punkt vor. - was Spezielles, gerade dieser Konflikt von Ge- Die kann man, weil sie einfach und selbsterklä- heimhaltung und Aufklärung und der damit ver- rend ist, mündlich übermitteln. Das ist, wie ge- bundenen Transparenz; das ist ja eher etwas, was sagt, situativ abhängig. Mal so - - sehr speziell ist und was es so in dieser Konstel- lation vielleicht nicht in allen Bereichen gibt, wo Christian Flisek (SPD): Und Ihre Einschätzung Aufsicht ausgeübt wird. Dass man mal so was zu würde jetzt hier auch so sein. Diese Weisung da Papier bringt irgendwo, war nie notwendig, ist auf der Grundlage des Gesprächs am 28.10.2013,

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Nur zur dienstlichen Verwendung die dann im Anschluss erfolgt ist, ist eher so ein hinreichend dargetan - dieser komplexe Sachver- einfacherer Fall, wo man quasi mit einer mündli- halt in dem Gespräch so nicht zur Geltung ge- chen Weisung ohne Weiteres klarkommt. kommen, -

Zeuge Günter Heiß: Ja, das ist insbesondere im Christian Flisek (SPD): Okay. Verhältnis zwischen dem zuständigen Bundesmi- nister, dem Präsidenten völlig klar, dass, wenn Zeuge Günter Heiß: - sondern es war relativ da etwas gesagt wird, das auch genauso umge- schlicht: Krisenland-Botschaft. Okay, wir lassen setzt wird und gilt; da braucht man jetzt nicht das. - Ich verkürze jetzt absichtlich, um das nicht noch etwa eine Verschriftlichung in dem Sinne, immer wieder zu wiederholen. dass das auch so gilt, was der Minister gesagt hat. Dazu ist das Wort des Ministers viel zu wichtig. Christian Flisek (SPD): Okay. - Ich würde Ihnen gerne - das ist ja hier üblich - auch aus einer ge- Christian Flisek (SPD): Ja. Wobei wir heute im- heimen Akte einen stillen Vorhalt machen. Das mer noch nicht so richtig wissen, was der Minis- ist MAT A BND-44/2, Tagebuchnummer 223 aus ter eigentlich gesagt hat. Und wenn ich mir jetzt 16, die Seite 149. Wenn ich Ihnen das gerade mal anschaue, welche Spagate da dann gemacht wor- geben darf. den sind - - Weil so wenig komplex ist das ja dann doch wieder nicht in der Differenzierung (Dem Zeugen werden Un- zwischen Aufgabenprofil, EU, NATO, rechtmä- terlagen vorgelegt - Er und ßig, deutsche Interessen, Botschaften in was weiß MR Philipp Wolff (BK) ich für Ländern - - mit unterschiedlichen Qualifi- nehmen Einblick) kationen zu differenzieren. Da wundert mich sozusagen, wie in einer solchen komplexen Sach- Haben Sie das schon mal gesehen? lage - wir reden hier über das Kanzleramt und oberste Bundesbehörden - man sagt, da wird auf Zeuge Günter Heiß: Nein. Zuruf mit einer mündlichen Weisung - - kommt man über die Runden. Christian Flisek (SPD): Okay. Das ist nachvoll- ziehbar. Das ist ein Dokument des BND. Jetzt - - Also, ich sage es Ihnen ganz offen: Ich kenne hier Wollen Sie das gerade noch mal kurz durchle- keinen Zeugen - und es sind fast alle schon dage- sen? wesen bis auf eben Herrn Altmaier und vielleicht die Bundeskanzlerin, die noch folgen werden -, Zeuge Günter Heiß: Ich bin dabei. - Geht es um dem ich ganz persönlich zutraue, dass er in einer die eine Seite oder - - mündlichen Weisung, diese komplexe Thematik befriedigend anweisen kann; das sage ich Ihnen. Christian Flisek (SPD): Nein, um die Seite geht es mir jetzt. - In der Tat ist es ja so, dass Sie auch Zeuge Günter Heiß: Ich hingegen traue das vielen drauf angewiesen sind, was für Informationen Sie zu. eben vom BND bekommen. Wir streiten uns ja ge- rade ein Stück weit jetzt - - oder wir versuchen, Christian Flisek (SPD): Okay. zu erforschen: Was hat der Präsident des Bundes- nachrichtendienstes am 28.10. an Sachverhalt Zeuge Günter Heiß: Vielleicht darf ich noch mal vorgetragen? Und jetzt gibt es da entsprechende richtigstellen: Wenn man so einen komplexen Vorbereitungen innerhalb des BND. Sachverhalt, wie Sie ihn gerade schildern und wie er uns im Nachhinein auch klargeworden ist, Zeuge Günter Heiß: Die ich gerade gelesen habe. vor sich hat, dann ist es natürlich wünschens- wert, so etwas auch zu verschriftlichen. Indessen Christian Flisek (SPD): Die Sie gerade gelesen ha- ist nach meiner Erinnerung - und die habe ich ja ben. Und jetzt würde ich Sie mal gerne fragen:

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Deckt sich das, was da drinsteht, mit dem, was es trifft zu, dass er in dem Gespräch lediglich ei- der BND-Präsident am 28.10. vorgetragen hat? nen Beispielfall nannte und ansonsten das Prob- lem nicht als ein besonders großes dargestellt hat: Zeuge Günter Heiß: Jedenfalls nicht zur Gänze. Angesichts einer solchen Vorbereitung würden Sie dann sagen, hat der BND-Präsident den Sach- Christian Flisek (SPD): Nicht zur Gänze. verhalt heruntergespielt?

Zeuge Günter Heiß: Nein. Ich bleibe bei meiner Zeuge Günter Heiß: Das würde ich nicht unbe- Darstellung: Er hat einen Beispielfall genannt, er dingt so bezeichnen. Er hat ihn im Hinblick auf hat auch ein Land genannt, er hat auch einen die Kürze der Zeit, die wir alle nur haben für sol- Partner genannt. Und anhand dieses Beispielfalls che Besprechungen, hinreichend reduziert, dass hat er exemplifiziert, dass es so etwas gibt, und er wir ungefähr verstanden haben, worum es ging, hat auch deutlich gemacht, dass es kein Einzel- und eine Entscheidung treffen konnten. Ich darf fall ist, dass in einigen Fällen so etwas passiert. allerdings - - Insofern deckt sich das, weil das die Quintessenz dessen ist, was hier drinsteht. Er hat allerdings Christian Flisek (SPD): Na ja gut, Herr Heiß, jetzt nicht diese Einzelheiten, diese Zahlen und diese muss ich mal ganz kurz einhaken, wenn ich darf; Hinweise genannt. entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche.

Christian Flisek (SPD): Ja. Okay. - Also, das Zeuge Günter Heiß: Kein Problem. heißt, um das jetzt noch mal zusammenzufassen, um zu rekonstruieren, was wurde da am 28.10. Christian Flisek (SPD): Das, was ich Ihnen da ge- vom BND-Präsidenten vorgetragen: Er hat keinen rade vorgelegt habe, ist eine DIN-A4-Seite, nicht abstrakten, allgemeinen Sachvortrag gemacht, wirklich dicht und lang beschrieben. Also, Zeit sondern er ist gleich mit einem Einzelfall einge- könnte aus meiner Sicht nicht der Grund sein, stiegen, hat gesagt: „So was gibt es; das könnte zumindest die fünf, sechs, sieben Punkte, die da problematisch sein“, und mehr nicht. Gebe ich - - stehen, vorzulesen; das mache ich in zwei Minu- ten. Zeuge Günter Heiß: Na, wenn ich mir das hier durchlese, hat er gewissermaßen einen exempla- Zeuge Günter Heiß: Ich habe nur versucht, die rischen Einzelfall für die Fälle, die er hier zah- möglichen Motive - - lenmäßig auch aufführt, dargestellt; so erscheint mir das, wenn ich das jetzt sozusagen übereinan- Christian Flisek (SPD): Okay. derlege. Zeuge Günter Heiß: - des Präsidenten Schindler Christian Flisek (SPD): Ja. zu erklären, -

Zeuge Günter Heiß: Also, er ist nicht mit diesen Christian Flisek (SPD): Gut. Inhalten gekommen, sondern hat gesagt: Ich sage euch mal ganz allgemein, wie so was funktio- Zeuge Günter Heiß: - warum er das nicht in Ein- niert. Da ist dieses Land, da ist diese Botschaft. zelheiten - - Wir hören die Botschaft ab, um aus diesem Land etwas zu erfahren. Christian Flisek (SPD): Schließen wir mal das Motiv „Zeit“ aus. Überlegen wir mal: Könnte es Christian Flisek (SPD): Gut. - Unterstellt, der vielleicht ein anderes Motiv geben neben Zeit- BND-Präsident hat genau das, was Sie dort ha- mangel? Weil das lasse ich nicht zu, gibt es nicht. ben, als Vorlage für die Gesprächsvorbereitung Wenn er das als Vorlage hat, kann er es vorlesen. aus seiner Behörde bekommen, und unterstellt, Es sind zwei bis drei Minuten Lebenszeit.

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Die Frage ist, warum - unterstellt, das, was Sie Christian Flisek (SPD): Gut. Also, das bedeutet hier sagen, dass er einen Beispielfall genannt im Endeffekt in der Darlegung jetzt von Ihnen, hat - - Und wenn Herr Schindler anfängt, Bei- dass Sie sagen, Herr Schindler hat im Endeffekt - spielfälle zu schildern - wir wissen das aus zahl- Sie haben sich ja nicht angeschlossen, wenn ich reichen Vernehmungen -, dann kann das durch- es als „Herunterspielen“ bezeichnet habe - aber aus episch breiter sein, als wenn man das vor- offensichtlich - wenn wir das jetzt mal unterstel- liest, und mehr Zeit in Anspruch nehmen. Was len als die dem Präsidenten bei diesem Gespräch könnte die Motivationslage gewesen sein, dass er bekannte Sach- und Informationslage - Sie nicht offensichtlich nicht das vorgetragen hat, was dort umfassend über das informiert, was er an Infor- in dieser Akte drinsteht? mationen vorliegen hatte.

Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht. Ich kann Zeuge Günter Heiß: Es war zumindest eine ver- mich nicht hinreichend fantasievoll in Herrn einfachende Darstellung, und ich kann mich Schindler hineinversetzen. auch nicht erinnern, dass er irgendetwas in der Hand gehabt hat, wie zum Beispiel eine Akte Christian Flisek (SPD): Halten Sie das als je- oder ein Blatt Papier, als er von diesen mand, der die Aufsicht über Herrn Schindler aus- Umständen berichtet hat. zuüben hat - also, nicht über Herrn Schindler persönlich, aber über das Amt, das er geleitet Christian Flisek (SPD): Ist das nicht ungewöhn- hat -, für einen Fehler, dass er angesichts der ihm lich? Ist das nicht ungewöhnlich in einer Situa- vorliegenden Informationen, die er hatte, das tion, wo ein BND-Präsident gegebenenfalls selber Ihnen oder dem Bundeskanzleramt nicht so vor- spüren könnte, dass sein Stuhl wackelt? Ist es getragen hat? nicht ungewöhnlich, dass ein BND-Präsident ge- nau bei einem solchen Gespräch - und am Ende Zeuge Günter Heiß: Also, ich hätte mir natürlich hat sich das ja genau realisiert - alles tut, um sich gewünscht, er hätte das in dieser Ausführlichkeit und sein Amt selber abzusichern? und auch so vorgetragen, dass ich und auch Herr Pofalla eher einen Eindruck von der Menge der Zeuge Günter Heiß: Das kann ich nicht beurtei- Fälle bekommen hätten; das hätte ich mir in der len, ob Herr Präsident Schindler damals gespürt Tat gewünscht. hat, dass sein Stuhl wackelt - wenn er überhaupt gewackelt hat. Christian Flisek (SPD): Hätte das - unterstellt, er hätte es vorgetragen, so wie es dort vorliegt - an Christian Flisek (SPD): Aber jetzt in der Nachbe- der Reaktion des Kanzleramtes was geändert? trachtung von heute, wenn Sie das sehen: Halten Sie es für einen Fehler? Zeuge Günter Heiß: Also, es hätte sicherlich nichts daran geändert, dass wir einvernehmlich Zeuge Günter Heiß: Also, wir hätten sicherlich zu dem Ergebnis gekommen wären - ich formu- gerne genauere Umstände in dem Ge- - hätte ich liere wieder in Anführungsstrichen -, „dies jetzt gerne genauere Umstände in dem Gespräch erfah- zu lassen“. Das wäre sicherlich das gleiche Ergeb- ren. Es war insofern nur bedingt ein Fehler; denn nis gewesen. Ich will nicht ausschließen - und wir sind ja zu dem Ergebnis gekommen, was er darauf wollen Sie vermutlich hinaus -, dass ange- auch angestrebt hatte, nämlich - das war auch sichts einer solchen konkreten Vorlage wir uns seine Empfehlung - diese Dinge einzustellen. hätten noch mal berichten lassen; aber das ist hy- pothetisch, das will ich nur nicht ausschließen. Christian Flisek (SPD): Der Casus knacksus aber Jedenfalls sind diese Dinge, die ich jetzt zum ers- war das, was Sie gerade gesagt haben: Hätten wir ten Mal sehe, natürlich ein etwas konkreterer An- vielleicht ein wenig mehr über das Ausmaß der fasser, noch mal nachzuhaken. Problematik gewusst, hätten wir im Zweifel nicht

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nur eine mündliche Weisung erteilt, sondern hät- Christian Flisek (SPD): Ich kriege langsam ein ten auch am Ende noch mal Berichtspflichten Bild davon, wie scheinbar solche Gespräche ab- eingefordert. laufen, auch wenn ich sie in der Sache nicht nachvollziehen kann. Weil wenn ich auch nur Zeuge Günter Heiß: Ich habe gesagt: Das will ich ein so ein Gespräch - - mit dabei wäre als ein nicht ausschließen; das könnte uns dazu veran- Part, ich würde die Gespräche anders führen. lasst haben. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass das nicht der Fall ist offensichtlich. Christian Flisek (SPD): Ich halte das auch für richtig, ja. Ich hätte es für richtig gehalten. Es ist Wissen Sie, ob die Bundeskanzlerin jemals über genau das, was ich auch in meiner letzten Frage- das Treffen vom 28.10.2013 informiert worden runde angesprochen habe mit der Frage, wie eine ist? solche Aufsicht auszuüben ist, dass man nicht einfach nur eine Weisung - noch dazu nur eine Zeuge Günter Heiß: Nein, weiß ich nicht. mündlich - in die Welt setzt, sondern irgend- wann einmal nachfasst: Was ist eigentlich aus Christian Flisek (SPD): Wissen Sie, ob die Bun- dieser Weisung geworden, und was ist daraus ge- deskanzlerin informiert worden ist im Vorgriff macht worden? auf die erteilte Weisung?

Das heißt, Sie würden sagen, aufgrund des Be- Zeuge Günter Heiß: Jetzt bin ich mir nicht sicher, richtes gab es dafür keinen Anlass. Wären Sie ob ich Ihre Frage richtig verstehe. eventuell in dieser Form, wie es dort liegt, infor- miert worden, möchten Sie nicht ausschließen, Christian Flisek (SPD): Man hat ja die Weisung dass man so etwas in Erwägung gezogen hätte; erteilt an Herrn Schindler. aber man hat es halt nicht in Erwägung gezogen. Wenn Herr Schindler Ihnen einen Beispielfall Zeuge Günter Heiß: In dem Dreiergespräch. nennt - - Ich meine, die Bundesrepublik hat viele Botschaften in allen möglichen Ländern, die Christian Flisek (SPD): Und ist sozusagen über Schwierigkeiten haben. Ich meine, da braucht es die Tatsache, dass jetzt eine Weisung erteilt wird, nicht viel Fantasie, auf den Gedanken zu kom- dass bestimmte Dinge eben nicht mehr zu steuern men, dass dieses Problem eventuell ein größeres sind, die Bundeskanzlerin darüber informiert sein könnte. worden?

Zeuge Günter Heiß: Das kommt auf das Beispiel Zeuge Günter Heiß: Nein. Ich glaube, das hatten an. Wenn das Beispiel zum Beispiel ein Krisen- Sie gerade gefragt. Sie ist nicht - - Das weiß ich land betrifft, wo die Bundesrepublik in ganz be- nicht. sonderer Weise engagiert ist, dann gibt es nicht so furchtbar viele Länder davon. Christian Flisek (SPD): Ja, ich habe Sie gefragt, ob sie über das Treffen informiert wurde, und ich Christian Flisek (SPD): Aber es ist keiner vom habe Sie gefragt, - Bundeskanzleramt auf die Idee gekommen, zu fragen: Herr Schindler, über wie viele Fälle reden Zeuge Günter Heiß: Ach ja. Entschuldigung. wir hier? Christian Flisek (SPD): - ob es über die Weisung Zeuge Günter Heiß: Dies ist in dem Dreierge- eine Information gab. spräch nicht erfolgt. Zeuge Günter Heiß: Ich muss beides - - Nichtwis- sen bekennen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Zeuge Günter Heiß: - bis gar nicht, weil ein Kol- jetzt dann auch - - lege, nämlich Herr Bartodziej dort teilgenommen hat. Das war meistens die Sache des Unterabtei- Christian Flisek (SPD): Ja. lungsleiters, der zuständig war für G 10 und diese Bereiche. Danach hat es Herr Schäper ge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn noch macht. Ich war sicherlich immer mal wieder da- eine Frage ist, dann jetzt. Vielleicht wären wir bei. sonst - - Martina Renner (DIE LINKE): Gut, das reicht ja Christian Flisek (SPD): Nein, ich spare mir das schon. auf. Dann machen wir noch eine Runde. Zeuge Günter Heiß: Und nach der Vakanz kam Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Dann dann Herr Dr. Palm, der dann seinerseits wieder wären wir nämlich jetzt mit dieser Runde durch, mehr teilnahm. Aber ich war öfter dort. und da wir ja noch einen weiteren Zeugen haben, den wir auch gern zur Tageszeit öffentlich ver- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Wie sind nehmen wollen, würde ich mal anregen, ob wir denn die BND-Selektoren der G 10-Kommission es vielleicht schaffen, mit gezielter Fragestellung vorgelegt worden? in der kommenden Fragerunde durch zu sein. Wenn nicht, dann müssen wir gucken, wie wir Zeuge Günter Heiß: Es gibt Anträge, die werden heute noch so durchkommen. über das Innenministerium -

(Christian Flisek (SPD): Das Martina Renner (DIE LINKE): § 5. hängt nicht nur von den ge- zielten Fragen ab, das hängt Zeuge Günter Heiß: - an die G 10-Kommission - - auch von der Qualität der die gehen im Büro ein, und dann wird darüber Antwort ab! - Martina Ren- entschieden, ob diese Selektoren, also diese Tele- ner (DIE LINKE): Wir wer- den sehen, Herr Vorsitzen- kommunikationsmerkmale, verlängert werden. der!) Meistens geht es um Verlängerungen.

- Gut. - Dann geht es jetzt in die nächste Frage- Martina Renner (DIE LINKE): Also befinden sich runde. Die Fraktion Die Linke beginnt wieder. die Suchbegriffe auf den Anträgen nach § 10: die Frau Kollegin Renner. TKM, die E-Mail-Adressen, die Telefonnummern.

Martina Renner (DIE LINKE): Ich komme noch Zeuge Günter Heiß: Ja klar. Die werden da ge- mal auf einen Aspekt zurück, der ganz am An- nannt. fang auch schon in Antworten auf den Vorsitzen- den eine Rolle spielte. Sie sagten, hinsichtlich Martina Renner (DIE LINKE): Auch alles das, der BND-Selektoren wäre auch die G 10-Kommis- was auf das Internet zielt, also Selektoren - - sion einbezogen gewesen. Sie haben vermutlich an den Sitzungen der G 10-Kommission seit Ih- Zeuge Günter Heiß: IP-Adressen - natürlich, klar. rem Amtsantritt teilgenommen. - Nein? Nie? Ge- legentlich? Martina Renner (DIE LINKE): Genau. - Gab es je- mals Nachfragen in der G 10-Kommission zu Zeuge Günter Heiß: Also am Anfang weniger - konkreten Selektoren?

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. (MR Philipp Wolff (BK) meldet sich zu Wort)

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Zeuge Günter Heiß: Das gibt es immer wieder - G 10-Kommission Korrekturen, würden Sie klar. Die lassen sich das schon genau erklären. sagen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr Zeuge Günter Heiß: Das mag der Fall gewesen Wolff von der Bundesregierung. sein, weiß ich nicht.

MR Philipp Wolff (BK): Ich will nur auf zwei Sa- Martina Renner (DIE LINKE): Aber Sie können chen hinweisen: Zum einen halte ich Inhalte, sich an eine Korrektur erinnern? insbesondere zu Nachfragen von der G 10-Kom- mission oder Ähnlichem, nicht für geeignet in Zeuge Günter Heiß: Ich weiß nicht, wie man ei- öffentlicher Sitzung erörtert zu werden. Zum an- nen Selektor korrigieren kann. Also, es sei denn, deren halte ich das auch grundsätzlich für nicht er ist - untersuchungsgegenständlich, weil es mitnichten um die Selektoren geht, die, so wie der Ergän- Martina Renner (DIE LINKE): Indem man ihn zungsauftrag lautet, aus der Erfassung genommen zum Beispiel - - wurden, sondern um G 10-Selektoren. Das nur grundsätzlich als Hinweis. Zeuge Günter Heiß: - falsch geschrieben; dann muss man eben die Richtigschreibung - - Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Ich will auch gar nicht wissen, welche Nachfragen es gab Martina Renner (DIE LINKE): Indem man ihn seitens der G 10-Kommission, sondern: Gab es zum Beispiel nicht steuert. auf Grundlage von Nachfragen mal Überarbeitun- gen? Zeuge Günter Heiß: Das ist keine Korrektur.

Zeuge Günter Heiß: Ich weiß nicht, was Sie mit Martina Renner (DIE LINKE): Echt? Überarbeitungen meinen. Zeuge Günter Heiß: Nein. Und warum sollten Se- Martina Renner (DIE LINKE): Na, dass man Se- lektoren, die im Antrag zur G 10-Kommission ge- lektoren zurückgezogen hat oder - - geben werden, um Terrorismusbekämpfung da- mit vorzunehmen, dann aus der Steuerung raus- Zeuge Günter Heiß: Das ist grundsätzlich immer genommen werden? Wenn man einen Antrag möglich, dass Zweifel geäußert werden: Ist dieser stellt, dann will man ihn ja steuern, den Selektor. Selektor - - Oder besser: Müssen wir diesen oder jenen Betroffenen weiterhin mit filtern oder Martina Renner (DIE LINKE): Ja. nicht? Das gibt es immer, natürlich. Das ist busi- ness as usual, dass mal Nachfragen gestellt wer- Zeuge Günter Heiß: Also, insofern erfasse ich den. noch nicht ganz, in welchem Rahmen sich Ihre Frage bewegt. Martina Renner (DIE LINKE): Gab es dann auch - - Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, ob es von der G 10-Kommission mal Bedenken gegen ein- Zeuge Günter Heiß: Ich darf allerdings darauf zelne Steuerungen gab und ob man daraufhin be- hinweisen, dass das Selektoren sind, die mit den stimmte Steuerungen unterlassen hat. Selektoren, die hier inkriminiert sind, überhaupt nichts zu tun haben. Zeuge Günter Heiß: Kann immer passieren. Weiß ich nicht. Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Aber es gab dann auch auf Grundlage von Hinweisen der Martina Renner (DIE LINKE): Nein, ob es pas- siert ist.

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Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht, kann ich Martina Renner (DIE LINKE): Super. - Donners- nicht sagen. tag, 24. Oktober, 9.30 Uhr bis 10.30 Uhr: Herr Schindler, Herr Fritsche, Herr Heusgen, Herr Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Gut. Sie Heiß, Herr Maaßen und Herr Seibert. können sich an keinen Vorgang erinnern, wo so etwas passiert ist. Zeuge Günter Heiß: Ja.

Zeuge Günter Heiß: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. - War was? Die ND-Lage? Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Ich möchte noch mal zum 24. Oktober 2013 fragen. Das ist Zeuge Günter Heiß: Nein, das ist nicht ND-Lage. der Tag nach der Veröffentlichung zum Kanzle- rinnenhandy. Da haben Sie an drei Runden teil- Martina Renner (DIE LINKE): Das ist die ND- genommen in unterschiedlicher Besetzung. Kön- Lage. nen Sie sich daran erinnern? Zeuge Günter Heiß: Nein. Die ist nicht donners- Zeuge Günter Heiß: Nein. tags.

Martina Renner (DIE LINKE): Nein? Einmal mor- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Was war gens um 9.30 Uhr, dann um 12.45 Uhr, dann gab das denn? es die Sondersitzung des PKGr und dann um 18 Uhr. Zeuge Günter Heiß: Das war eine Runde. Keine Ahnung. Zeuge Günter Heiß: Das sind schon vier. Martina Renner (DIE LINKE): „Das war eine Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber die PKGr Runde. Keine Ahnung“ - man kommt in der habe ich jetzt mal rausgenommen als regulären Konstellation immer zusammen Donnerstagfrüh? Termin. Zeuge Günter Heiß: Woher soll ich wissen, was Zeuge Günter Heiß: Nein. dort besprochen ist, was Jahre her ist?

Martina Renner (DIE LINKE): Nein, gar nicht? Martina Renner (DIE LINKE): 2013.

Zeuge Günter Heiß: Nein. Zeuge Günter Heiß: Ja.

Martina Renner (DIE LINKE): Die Meldung im Martina Renner (DIE LINKE): Wir reden nicht Spiegel läuft: Kanzlerinnenhandy wird abge- von 1993. hört. - Am nächsten Tag trifft man sich dreimal. Zeuge Günter Heiß: Nein. Das weiß ich. Zeuge Günter Heiß: Na, ich treffe mich täglich - Martina Renner (DIE LINKE): 2013. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Zeuge Günter Heiß: Ich habe keine Ahnung, was Zeuge Günter Heiß: - in vielen Runden. Ich kann das für eine Runde war. nicht ermessen, welche Runden das jetzt sein könnten. Vielleicht sagen Sie mir den Wochen- Martina Renner (DIE LINKE): Vielleicht ging es tag, und dann könnte ich sagen, ob es die AL- in der Runde um die Veröffentlichung des Spie- Runde war oder die ND-Lage oder irgendwie so gel zur Abhörung. was.

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Zeuge Günter Heiß: Kann durchaus sein. Klar. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Möglich. (Christian Flisek (SPD): Im- Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie über- mer dann, wenn alles nor- haupt eine Erinnerung, dass man nach dieser mal ist!) Veröffentlichung im Magazin zusammengesessen hat? Es ist aber nicht die AL-Runde.

Zeuge Günter Heiß: Nein. Zeuge Günter Heiß: Das stimmt.

Martina Renner (DIE LINKE): Gar nicht? Martina Renner (DIE LINKE): Richtig. - Und um 12.45 Uhr trifft man sich wieder: Herr Schindler, Zeuge Günter Heiß: Nein. Herr Fritsche, Herr Heiß, Herr Maaßen.

Martina Renner (DIE LINKE): Dann 12 - - Zeuge Günter Heiß: Mhm.

Zeuge Günter Heiß: Ich glaube, wir haben nach Martina Renner (DIE LINKE): Und um 18.00 Uhr fast jeder Veröffentlichung, die irgendwo poli- trifft man sich noch mal: Herr Schindler, Herr tisch inkriminiert war, irgendwo zusammenge- Fritsche, Herr Heiß, Herr Maaßen. - Dreimal an sessen und darüber gesprochen. Erstens: Was hat einem Tag. das für einen Hintergrund? Gibt es Fakten, die wir wissen müssen? Zweitens: Wie reagieren wir Zeuge Günter Heiß: Richtig. darauf? Das ist auch business as usual. Martina Renner (DIE LINKE): Und was war der Martina Renner (DIE LINKE): Mit Herrn Seibert Anlass? und Herrn Heusgen und Herrn Dr. Maaßen, da sitzen Sie permanent zusammen, - Zeuge Günter Heiß: Keine Ahnung,

Zeuge Günter Heiß: Nein. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehnsucht!) Martina Renner (DIE LINKE): - weil irgendwo eine Zeitung irgendwas veröffentlicht. aber ich kann vermuten.

Zeuge Günter Heiß: Unterschiedliche Besetzun- Martina Renner (DIE LINKE): Bitte? gen. Zeuge Günter Heiß: Keine Ahnung, aber ich kann Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber das ist ja es vermuten. schon eine besondere Besetzung, oder? Martina Renner (DIE LINKE): Dann vermuten Sie Zeuge Günter Heiß: Finde ich nicht. mal.

Martina Renner (DIE LINKE): Nein. - Wie oft ist Zeuge Günter Heiß: Wenn dazwischen PKGr war, denn der Herr Seibert bei so Besprechungen mit dann könnte es die Vorbereitung der PKGr - - und Herrn Schindler dabei? hinterher der Bericht, was in der PKGr los war, oder die Nachbereitung. Zeuge Günter Heiß: Kann ich mich nicht erin- nern. Aber er ist zum Beispiel immer in der AL- Martina Renner (DIE LINKE): Das kann gut sein. Runde dabei oder oft. Zeuge Günter Heiß: Ja.

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Martina Renner (DIE LINKE): Müsste sich ja Zeuge Günter Heiß: Ich sage hier alles ehrlich, dann analog an den anderen Donnerstagen auch Frau Renner. so finden. Finden wir aber nicht an den anderen Donnerstagen, oder? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - zur nächs- ten Fraktion wechseln. - Und wir kommen zur Zeuge Günter Heiß: Da war wahrscheinlich an al- Fraktion der CDU/CSU. len anderen Donnerstagen keine PKGr-Sitzung. Nina Warken (CDU/CSU): Ja, noch mal eine Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die Zeit ist Nachfrage zu dem Gespräch im Oktober 2013. Da dann aber auch gleich rum. sagten Sie ja, Sie hatten keine Veranlassung, Ihre Mitarbeiter, Ihre Referate zu informieren über die Martina Renner (DIE LINKE): Doch, wir haben - - Weisung, weil ja alles dann dadurch auch ausge- Nein. räumt war, und zu informieren über das, was Sie erfahren haben. Aber wäre es nicht ein logischer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht Gedanke, wenn Sie so was hören vom BND, mal kriegen wir aber das raus, ob dann PKGr-Sitzung bei Ihren Leuten zu fragen: „Sagt mal, habt ihr war in dieser Zeit. das gewusst, dass das so läuft?“? Haben Sie sich das vielleicht auch von Herrn Pofalla fragen las- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja. sen müssen? Oder sind Sie da nicht auf die Idee gekommen: „Oh, ich wusste es jetzt nicht. Aber Zeuge Günter Heiß: Die ist meistens mittwochs. war uns das bekannt? Da frage ich mal nach“?

Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Da gibt es Zeuge Günter Heiß: Also, wenn das unter den eine Vorbereitung der PKGr-Sitzung - da haben Bedingungen, die ich geschildert habe, damals Sie vollkommen recht -, aber nicht drei Sitzun- ein logischer Gedanke gewesen wäre, hätte ich gen an einem Tag. diese Frage mit Sicherheit gestellt. Aber unter den Bedingungen, wie ich sie bereits geschildet Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sollen wir habe, war die Sache erledigt, und es ergab sich dann - - keine - - es drängte sich nicht auf, das Referat darüber in Kenntnis zu setzen oder damit zu be- Martina Renner (DIE LINKE): Also, an irgend- fassen. welche Runden, die am Tag nach dieser Veröf- fentlichung: „Das Handy der Chefin wird abge- Nina Warken (CDU/CSU): Ja, in Kenntnis zu set- hört“ - - können Sie sich nicht erinnern. zen - - Okay, wenn Sie jetzt sagen: Es ist erle- digt. - Aber man will doch wissen als Abteilungs- Zeuge Günter Heiß: Nein. leiter: Was geht bei mir auch in der Abteilung vor sich? Welcher Kenntnisstand war da? - Gab es da Martina Renner (DIE LINKE): Herr Maaßen vielleicht Versäumnisse, dass Sie nicht unterrich- macht ja auch Sinn wegen Spionageabwehr. Herr tet waren? Muss man dem nicht nachgehen, auch Seibert macht Sinn; Herr Heusgen macht Sinn. wenn man jetzt sagt, es war mit dem Gespräch, mit der Weisung dann erledigt oder „Gefahr ge- Zeuge Günter Heiß: Ja, klar. Ich sage ja nicht, bannt“? Aber man muss das doch auch ein Stück dass es keinen Sinn macht; aber ich kann mich weit aufarbeiten. Wäre das dann nicht die Auf- nicht dran erinnern. gabe gewesen, mal rauszufinden: „Gab es eine Kenntnis in unserem Haus dazu? Gab es eine Er- Martina Renner (DIE LINKE): Ehrlich? kenntnis in meiner Abteilung dazu? Gab es da Versäumnisse, weil es nicht an mich herangetra- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann müss- gen ist?“? Die Frage haben Sie sich nicht gestellt. ten wir jetzt aber - Oder sagen Sie: „Ist generell nicht üblich“?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: Ich habe keine Hinweise da- denkwürdigen Auftritte unseres nächsten Zeu- rauf, dass es Erkenntnisse in der Abteilung dar- gen, Herrn Pofalla, am 12., glaube ich, und über gab; denn die Erkenntnis war mir völlig neu. 19. August 2013, wo er mit sehr vehementen Und ich muss davon ausgehen, dass solche Er- Worten gesagt hat - ich fasse das jetzt mal so kenntnisse selbstverständlich an mich herange- zusammen -: „An den ganzen Vorwürfen ist tragen werden. So was schlummert nicht einfach überhaupt nichts dran. Die Vorwürfe sind vom in irgendeinem Referat; das ist ziemlich unwahr- Tisch“? Er hatte das ja schriftlich und hat das am scheinlich. 12. und dann noch mal am 19. in ähnlicher Form vorgetragen. Erinnern Sie sich da dran? Nina Warken (CDU/CSU): Das wäre ja jetzt auch kein großer Schritt gewesen nachzufragen. Haben Zeuge Günter Heiß: Ich kann die Daten, wie im- Sie es vielleicht schlicht dann irgendwie verges- mer, nicht bestätigen, - sen? War es ganz aus Ihrem Kopf? Oder haben Sie gesagt: „Will ich gar nicht mehr mit befasst Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sein“? Oder - - Wenn Sie sagen: „Gut, keine Er- NEN): Ja. kenntnisse“, glaube ich Ihnen ja, dass das für Sie neu war, dass Sie keine Anhaltspunkte vielleicht Zeuge Günter Heiß: - weil die mir nicht vorlie- aus dem Gespräch mit Herrn Schindler hatten, gen; aber ich erinnere mich an Statements des dass es Ihre Mitarbeiter wussten. Aber es wäre ja Bundesministers Pofalla, die er im Rahmen der jetzt auch kein großer Aufwand gewesen, das in PKGr-Befassung davor oder danach abgegeben einer der nächsten Besprechungen einfach mal hat. anzusprechen. Oder sagen Sie: „Ich habe meine Abteilung so gut im Griff gehabt, dass so was ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nerell gar nicht vorkommen kann, dass ich was NEN): Genau. - Waren Sie an der Anfertigung nicht weiß“? Anders, als es im BND lief. dieser Informationsbriefe oder Erklärungen, wie man das auch immer - - Also, man weiß ja nicht, Zeuge Günter Heiß: Man kann nichts so im Griff war das für intern bestimmt oder auch für außen haben, dass gar nichts passieren kann; das wäre oder beides. Waren Sie inhaltlich an der Ausar- sicherlich denkunmöglich. Was passieren kann beitung beteiligt? immer; aber ich hatte keine Hinweise darauf, dass solche Dinge in der Abteilung vorliegen, Zeuge Günter Heiß: Wir haben in einer größeren und ich gehe immer davon aus, dass so gewich- Runde zusammen mit Herrn Pofalla diese Dinge tige Sachen, sollten sie denn vorliegen, mir auch besprochen, ja. mitgeteilt werden. Es gab also keinen Anlass für mich, da nachzufragen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Und Formulierungen hat er dann sel- Nina Warken (CDU/CSU): Gut. ber gemacht oder haben Sie gemacht oder Mitar- beiter? Zeuge Günter Heiß: Aber vergessen habe ich es nicht. Zeuge Günter Heiß: Es gab so Kooperationen. Wir haben Formulierungen gemacht, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Wir kommen zur nächsten Fraktion, der Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Kollege NEN): Ah ja. Ströbele beginnt. Zeuge Günter Heiß: - Herr Pofalla hat selbstver- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ständlich auch Formulierungen gemacht. NEN): Herr Heiß, erinnern Sie sich noch an die

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- … Überwachungen auch von EU- NEN): Ja. Sie waren also da irgendwie eingebun- Einrichtungen usw. gehört haben: den. - Kann es sein, dass alles, was Sie vorhin ge- Das fällt in die Kategorie dessen, sagt haben über den 28. Oktober - Sie wissen das dass man das unter Freunden nicht macht. Das geht nicht. Datum nicht genau -, aber jedenfalls diese Be- sprechung Pofalla mit Ihnen und Schindler - - Also immer die gleichen Worte. - Ähnliche For- dass Sie da was verwechseln? Weil mir ist aufge- mulierungen finden sich dann am 14.08., also ei- fallen, dass über Ausspähung diplomatischer nen Monat später. Vertretungen der EU oder von EU-Staaten bereits am 1. Juli - also viele Monate vorher - öffentlich Da wird ja nun ganz klar gesagt: Wenn das tat- räsoniert worden ist. Das stand nämlich in der sächlich stattfindet, dann geht das nicht - so ver- Zeitung, und da hat insbesondere Herr Seibert, stehe ich das -, dann muss das beendet werden aber auch die Bundeskanzlerin mehrfach dazu oder muss auch dem Nachrichtendienst gesagt Stellung genommen, am 1. Juli und im August, werden: Das geht nicht. 14. August. Ich kann Ihnen das vorlesen. Also, beim 1. Juli zum Beispiel: Waren Sie denn mal danach damit befasst, festzustellen, also schon in diesen Monaten Juli, Ich würde gerne auf einige Medi- enberichte vom Wochenende über August - Sie, oder haben Sie den Auftrag weiter- Aktivitäten der amerikanischen gegeben an den BND? -, dann zu sagen: „Also, da National Security Agency einge- steht so was in der Zeitung. Der Regierungsspre- hen und möchte für die Bundesre- cher wird da dauernd mit gelöchert. Die Kanzle- gierung sagen, dass sie diese rin muss sich dazu äußern. Könnt ihr mal sagen: jüngsten Berichte mit Verwunde- Macht ihr so was? Und wenn ja: Spinnt ihr?“, rung - besser gesagt, mit Befrem- oder so - vielleicht mit ein bisschen anderen den - zur Kenntnis genommen hat. Worten? Aber waren Sie damit befasst, dass man diese Äußerungen jetzt versucht hat zu belegen, Dann kommen zwei Sätze dazwischen, dann oder haben Sie da jetzt die Vertreter der Bundes- kommt: regierung, die in Pressekonferenzen auftritt, ein- fach immer ins Messer laufen lassen? Oder haben Wenn sich aber bestätigt, dass tat- Sie das mal versucht zu verifizieren, dass das gar sächlich diplomatische Vertretun- gen der Europäischen Union und nicht geht? einzelner europäischer Länder ausgespäht worden sind, dann Zeuge Günter Heiß: Also, wir haben bei fast jeder müssen wir ganz klar sagen: Ab- Medienveröffentlichung in diesem Zusammen- hören von Freunden ist inakzepta- hang beim BND nachgefragt, was er uns dazu be- bel. Das geht gar nicht. Wir sind richten kann, ob er irgendwas verifizieren oder nicht mehr im kalten Krieg. falsifizieren kann. Das ist klar. Und das haben wir auch im Hinblick auf eine Meldung, dass Zeuge Günter Heiß: Wessen Stellungnahme? Botschaften beobachtet werden, getan.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Was Sie ansprechen, ich würde etwas verwech- NEN): Herr Seibert. seln, muss ich insofern richtigstellen, dass ich mich nicht - in meiner Erinnerung - auf ein Da- Zeuge Günter Heiß: Herr Seibert. Ah ja, okay. tum festgelegt habe, wann dieses Dreiergespräch stattgefunden hat. Es sprechen alle davon: am Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 28.10. Das will ich auch gar nicht bestreiten. Das NEN): Die Bundeskanzlerin sagt dann am 19.07. mag so sein; ich kann es nur nicht bestätigen aus in einer Sommerpressekonferenz: meiner Erinnerung heraus. Ich kann Ihnen nur

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung den Inhalt sagen. Ob das nun am 28.10. war oder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorher oder nachher - - NEN): Nein.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Es waren nicht Medien- NEN): Ja, ja, das haben Sie ja schon alles gesagt. berichte darüber, dass der BND Botschaften be- obachtet. Zeuge Günter Heiß: Ja, weil Sie gesagt hatten, ich würde möglicherweise zwei Sachverhalte durch- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einanderbringen. NEN): „Wenn eine solche Ausspähung diplomati- scher Vertretungen - - dann wäre das für uns ab- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- solut inakzeptabel.“ NEN): Ja, weil da von diplomatischen Vertretun- gen der EU, die möglicherweise ausgespäht wer- Zeuge Günter Heiß: Ja. den, die Rede ist und die Regierung jetzt da sehr in drastischen Worten sagt: „Das machen wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht. Wenn das wäre, geht gar nicht“, usw. Sie NEN): Haben Sie denn mal nachgefragt, ob sie sagen jetzt, Sie haben danach im Bundesnach- das tun, also der BND? richtendienst dann nachfragen lassen: „Stimmt denn was?“, oder: „Ist da was dran?“, oder so. Zeuge Günter Heiß: Wir haben nachgefragt, ob Was ist denn da rausgekommen? Was ist Ihnen der BND etwas bestätigen oder verneinen kann denn gesagt worden, im Juli und August? im Hinblick auf den Vorwurf, der dort gegenüber der NSA erhoben wurde. Das war die Schlacht- Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht mehr; linie. Es ging nicht um den BND. aber normalerweise konnte der BND das, was in den Medienveröffentlichungen aus den Snow- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den-Papieren heraus ans Tageslicht gekommen NEN): Und da sind Sie nicht auf die Idee gekom- ist, nicht aus eigenem Wissen irgendwie bestäti- men, mal zu fragen, ob die das machen? gen. Zeuge Günter Heiß: Ich sage ja: Wir haben selbst- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verständlich den BND auch immer wieder ge- NEN): Wer hat Ihnen denn das gesagt? fragt: „Gibt es so etwas bei uns auch?“

Zeuge Günter Heiß: Was denn? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dass sie das nicht bestätigen können. Weil Zeuge Günter Heiß: Ob in diesem Zusammen- objektiv stimmte es ja. Also, diese Medienbe- hang, den Sie gerade schildern, zu diesem Da- richte waren ja richtig. Und im Oktober - ob nun tum, das kann ich nicht bestätigen, das weiß ich am 28. oder 27. - ist das ja dann auch aufgeschla- nicht. gen bei Ihnen und hat zu einer Weisung geführt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Medienberichte gingen da- NEN): Nein, das Datum ist nicht so wichtig. rüber, dass die NSA Botschaften beobachtet. Zeuge Günter Heiß: Aber wir haben den BND Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dazu gefragt. Daraufhin gab es ja dieses Dreier- NEN): Nein, nein, nein! gespräch, was ich jetzt zeitlich nicht -

Zeuge Günter Heiß: Das waren die Medien- berichte.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 77 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- reingehörten, und die auch aussortiert hat und NEN): Ja, aber das war ja im Oktober. Wir reden dann mit denen umgegangen ist. War Ihnen das jetzt vom Juli. bekannt?

Zeuge Günter Heiß: - verorten kann. Das habe ich Zeuge Günter Heiß: Nein. jetzt auch schon dreimal betont. Ich weiß nicht, wann es war. Sie sagen, es war im Oktober; - Stellvertretende Vorsitzende : Das wäre dann die letzte Frage, Herr Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Bevor Sie dann diese Erklärung ge- Zeuge Günter Heiß: - das mag auch anders gewe- meinsam mit Herrn Pofalla verfasst haben und sen sein. Herr Pofalla die mit bewegten Worten nach au- ßen getragen hat, haben Sie denn da mal beim Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- BND nachgefragt, bevor Sie so was schreiben? NEN): Ja, das haben uns jetzt alle Zeugen gesagt, - Zeuge Günter Heiß: Ich weiß nicht, welche Erklä- Zeuge Günter Heiß: Okay. Ich will das nicht be- rung Sie meinen. streiten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vom 12. und vom 19. August 2013. Haben NEN): - steht so in den Akten. Also, wir gehen Sie da vorher mal, bevor Sie so was schreiben: mal davon aus. „Weitgehend ist alles vom Tisch, da ist nichts dran“, den BND gefragt? Dann hätten die Ihnen ja Zeuge Günter Heiß: Ich will das nicht bestreiten. mitgeteilt: Seit 14 Tagen wissen wir leider ganz schreckliche Dinge. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, gut. - Also, mich interessiert ja nur: Wa- Zeuge Günter Heiß: Die Erklärung Herrn Bundes- ren Sie mit der Frage befasst, oder haben Sie den ministers Pofallas mit dem Inhalt: „Es ist alles BND damit befasst? Und wer hat Ihnen wann da vom Tisch“, bezog sich auf die Frage, ob die NSA was zu gesagt? Also, wer hat eigentlich die Un- flächendeckende Massendatenerhebung in wahrheit gesagt, wenn er gesagt hat: „Wir ma- Deutschland macht. chen das nicht“? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Die Befassung des BND hat NEN): Ja. zu diesem Dreiergespräch geführt und dann zu dem Ergebnis, was ich bereits geschildert habe. Zeuge Günter Heiß: Und diese Anschuldigung war vom Tisch, als wir herausgefunden haben - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das dauerte ja auch einige Zeit -, woher diese in- NEN): Und vorher nicht? kriminierten 500 Millionen Daten, die angeblich monatlich erhoben werden, kommen. Zeuge Günter Heiß: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, es bezog sich nicht auf die - NEN): Vorher nix. - Das zweite Ereignis: Wir wis- sen inzwischen - damals wussten wir das nicht -, Zeuge Günter Heiß: Nein. dass bereits Anfang August der Bundesnachrich- tendienst ja drangegangen ist - oder auch gefun- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den hat -, NSA-Selektoren zu finden, die da nicht NEN): - NSA-sonstigen Aktivitäten.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 78 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Günter Heiß: So ist es. Zeuge Günter Heiß: Das ist unterschiedlich; denn ich habe ja auch meine Termine. Also, ich bin Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: mal dabei, ich bin mal nicht dabei. Dann geht es weiter bei der SPD-Fraktion. Christian Flisek (SPD): Aber Sie sagen, da ist nie Christian Flisek (SPD): Das geht jetzt schnell. dann irgendwann mal über so etwas gesprochen Danke. - Herr Heiß, ich wollte noch mal mit worden. Ihnen - - Also, ich wollte Sie noch mal fragen, ob - - Wir reden ja jetzt immer über die einzelnen Zeuge Günter Heiß: Ich wollte nur sagen, dass Abläufe: Was war an dem Tag? Wie lief dieses die Struktur unserer Zusammenarbeit sich ein Gespräch ab? - Ist jetzt ein paar Monate auch wenig geändert hat - schon insgesamt alles her. Aber hatten Sie mal mit dem Herrn Schindler sozusagen vielleicht so Christian Flisek (SPD): Das wissen wir ja. im Vorfeld seiner Entlassung rückblickend noch mal auf das Ganze gesprochen? Haben Sie ihn Zeuge Günter Heiß: - dadurch, dass die Spitzen mal gefragt: „Herr Schindler, Mensch, warum ha- jetzt miteinander sprechen. Insofern ergibt sich ben Sie denn damals uns nicht umfassend infor- dann nicht einfach mal so ein Gespräch: Herr miert? Wir hatten das Gefühl, dass das irgendwie Schindler, kommen Sie mal her, ich muss Ihnen ein kleineres Problem ist“? mal was sagen. - Das ist so nicht erfolgt.

Zeuge Günter Heiß: So ein Gespräch hat nie statt- Christian Flisek (SPD): Aber im Sinne von - dass gefunden. man noch mal zurückgeschaut hat -: „Wie ist der BND mit dieser Thematik umgegangen? Wie ist Christian Flisek (SPD): Man geht sehr effizient in Herr Schindler mit dieser Thematik umgegan- der Kommunikation um, nicht? gen?“, bei den zahlreichen Gesprächen, bei de- nen Sie vielleicht dann trotz Ihrer anderweitigen Zeuge Günter Heiß: Vielleicht darf ich auch zur Verpflichtungen dabei waren. Hat man da nie Kommunikationsstruktur sagen: Seit Januar 14 drüber geredet im Nachgang? haben wir ja den Beauftragten für die Nachrich- tendienste des Bundes, Herrn Staatssekretär Frit- Zeuge Günter Heiß: Das mag sein, aber jedenfalls sche, und seitdem ist die unmittelbare Kommuni- nicht ich und nicht in meinem Beisein. kation zum Präsidenten, also damals Schindler, auch auf dieser Ebene erfolgt, während sie vorher Christian Flisek (SPD): Interessant. - Warum hat auf meiner Ebene erfolgt ist. man eigentlich, als dieser Bericht, über dessen genaues Ausmaß wir jetzt immer noch nicht ganz Christian Flisek (SPD): Kriegen Sie denn mit, klar sind - - Warum hat man eigentlich nicht an- wenn der Herr Fritsche mit dem Herrn Präsiden- lässlich dieses Berichtes damals im Herbst 2013 ten Schindler spricht? Schon, oder? das PKGr informiert?

Zeuge Günter Heiß: Soweit mir dann ein Debrie- Zeuge Günter Heiß: Das ist leicht zu beantwor- fing zuteil wird - und das ist ja üblich in der Ver- ten. Wenn ich die Sache für erledigt empfinde waltung -: Ja. und noch nicht mal mein Referat informiere, sehe ich natürlich auch keine Veranlassung, das Christian Flisek (SPD): Und Sie sind doch auch dem PKGr zu sagen. Also, ich hielt das nach mei- bestimmt regelmäßig bei solchen Gesprächen mit ner damaligen Perzeption nicht mehr für hinrei- dabei. chend gewichtig, das zuständige Referat zu infor- mieren, noch viel weniger das PKGr.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 79 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Auch nicht im Sinne ei- Zeuge Günter Heiß: Viele andere, ja. ner proaktiven Information? Also, noch mal: Wir - Christian Flisek (SPD): - im Kontext - - Und die Snowden-Dokumente waren auch voll davon. Zeuge Günter Heiß: Ja, ich verstehe. Aber - - Zeuge Günter Heiß: Ja. Christian Flisek (SPD): - sind ja jetzt nicht in ei- ner Situation, wo irgendwie - - Ich sage mal: Christian Flisek (SPD): Noch mal: Die Pflicht ist, Wenn es keinen Herrn Snowden gegeben hätte, proaktiv das PKGr zu informieren. wenn das Thema nicht im Wahlkampf wäre, wenn Herr Pofalla nicht mit dem Herrn Schindler Zeuge Günter Heiß: Ja, aber, wie gesagt: Das war über ein No-Spy-Abkommen verhandeln würde, aus meiner Sicht, aus meiner damaligen Perzep- wenn sich nicht Tausende von Fragen im Parla- tion nicht gewichtig genug, das zu tun, zumal wir ment ergeben würden, wenn nicht ein Untersu- ja auch durchaus nicht ganz sicher waren, auch chungsausschuss drohen würde - das war ja die durch die Darstellung des Präsidenten in dem politische Lage -, wenn das alles nicht wäre, Dreiergespräch, ob das nicht vielleicht durchaus dann kann ich mir durchaus nachvollziehbar er- APB-konform war; denn so wurde es uns ja klären, dass man das irgendwie - - Aber in so ei- durchaus erläutert. ner Situation taucht jetzt die Frage auf: Der BND beobachtet auch Partnerländer, aber eben in be- Christian Flisek (SPD): Ja, Sie waren sich nicht stimmten Krisenstaaten, mit dem Ziel - von mir sicher; - aus; ich unterstelle das jetzt mal alles als richtig - , nur Informationen aus diesen Krisenländern zu Zeuge Günter Heiß: Ja. bekommen, und dann sagt man: Da gibt es Ein- zelfälle, vielleicht gibt es viele Fälle, vielleicht Christian Flisek (SPD): - Sie erteilen aber eine gibt es einen ganzen Haufen von Fällen, viel- Weisung. Ich bin nicht im PKGr; aber was ich leicht gibt es auch Dinge, die darüber hinaus- manchmal so höre, was alles im PKGr berichtet schießen. - Die Presse berichtet darüber. Und in wird: Das sind Peanuts im Vergleich zu dem, was all diesen ganzen Kooperationsanalysen und Ri- wir hier gerade diskutieren. Wenn Sie eine Wei- sikoabschätzungen steht immer drin: Wenn da- sung erteilen angesichts eines Vortrages, im von auch nur ein bisschen mal was an die Öffent- Nachgang zeitlich unmittelbar eines Kanzle- lichkeit kommt, auweia, dann zieht es uns den rinnenzitats, und in einem solchen politischen Boden unter den Füßen weg. - Und dann sagt Umfeld dann zu sagen: „Es handelt sich hierbei man im Kanzleramt: Nein, ist ja erledigt, Wei- nicht um ein besonderes Vorkommnis, die Tatsa- sung mündlich erteilt, müssen wir gar nicht ir- che, dass der BND Selektoren steuert von EU- gendwie PKGr informieren. und Partnerstaaten, mit welchem Motiv auch im- mer, ob rechtmäßig, vielleicht sogar interessen- Zeuge Günter Heiß: Ich kann die Umstände, die gerecht“, aber in jedem Fall, wenn es mal im Sie schildern, so nicht bestätigen. Wenn das am Raum steht ohne weitere Kommentierung - - ab- 28.10. war, war da der Wahlkampf bereits vorbei. solut problematisch, zu sagen: „Da verlieren wir kein Wort drüber, wir treffen die Entscheidung, Christian Flisek (SPD): Das ist richtig, ja. das PKGr darüber nicht zu informieren, dass wir eine solche Weisung erteilt haben.“ Ich bleibe bei Zeuge Günter Heiß: Dann haben die Medien meinem Begriff: Couragiert. nicht darüber berichtet. Es war nicht an die Öf- fentlichkeit gelangt, dieses Problem. Insofern - - Zeuge Günter Heiß: Vielen Dank. - Allerdings hat sich der Verwaltungsgebrauch und überhaupt die Christian Flisek (SPD): Nein, dieses nicht; aber Gewohnheit ein wenig weiterentwickelt, in wie es sind ja viele andere Ziele schon -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 80 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung vielen Fällen jetzt inzwischen das PKGr unter- Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: richtet wird. Das ist durchaus einem Wandel un- Danke. - Dann geht es weiter bei Herrn Hahn. - terworfen. Da war man zuzeiten sparsamer. In- Bitte? zwischen ist man belehrt durch die Vorgänge, die dann immer mal wieder aufpoppen, wie zum Zeuge Günter Heiß: Wenn ich zwischendurch Beispiel die Listen, über die wir uns hier unter- mir mal die Hände waschen darf? halten, belehrt darüber sozusagen nach dem Motto „Wehret den Anfängen“: Man weiß nie, Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Ja. was auch aus einer Kleinigkeit werden kann; lie- Dann pausieren wir. Wie lange bräuchten Sie? ber informieren, als nachher die große Diskussion darüber zu haben. So wird inzwischen verfahren. Zeuge Günter Heiß: Händewaschen, fünf Minu- Damals sind wir nicht so verfahren. Wenn wir ten. der Meinung waren, es sei nicht von hinreichen- dem Gewicht, haben wir es nicht getan. Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Fünf Minuten. Dann unterbrechen wir jetzt für Christian Flisek (SPD): Ja, aber nur, Herr Heiß, fünf Minuten. damit das jetzt nicht hier in den falschen Hals reinkommt, weil das ist tatsächlich so gewesen - (Unterbrechung von so interpretiere ich die Rechtslage -: Bereits da- 17.17 bis 17.20 Uhr) mals, glaube ich, hätte man sehr gut, mit sehr gu- ten Gründen zumindest mal darüber diskutieren Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: So, müssen, ob man es nicht dem PKGr meldet. Ist dann geht es weiter. - Sind die Fragenden start- darüber gesprochen worden? klar? - Dann macht Frau Renner weiter, so wie ich das identifiziere, oder? Zeuge Günter Heiß: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, im Moment Christian Flisek (SPD): Überhaupt nicht? Man nicht. hat es noch nicht mal in Erwägung gezogen? Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Zeuge Günter Heiß: Wenn ich nicht mal mit mei- Dann Herr Hahn oder irgendwie niemand? nem Referat darüber spreche, kann ich das auch mit keinem erörtern. Man hat es in der Dreier- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich warte darauf. runde auch nicht in Erwägung gezogen. Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Christian Flisek (SPD): Und auch der damalige Dann Herr Hahn. Chef des Bundeskanzleramtes, Herr Pofalla, hat das nicht in Erwägung gezogen? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich fange kurz an, weil vorhin ja die Frage war, was in dem Ge- Zeuge Günter Heiß: Es ist nicht thematisiert wor- spräch mit Herrn Pofalla gesagt worden ist, und den nach meiner Erinnerung. da hatte ich ja nicht sofort - hatte ja nur meine Er- innerung aus dem Kopf, die mich dann aber auch Christian Flisek (SPD): Ich habe noch einige Fra- nicht getrogen hat - - Ich verweise noch mal auf gen; aber ich befürchte, dass wir da in die einge- das Protokoll der Zeugenvernehmung von Herrn stufte Sitzung dann gehen müssen. Und insofern Schindler. Das ist die Seite 26 von 82, und da würde ich es an dieser Stelle in der öffentlichen geht es genau um das Gespräch. Herr Schindler Sitzung erst mal bewenden lassen. - Danke. sagt hier aus auf die Frage von Herrn von Notz, ihm sei es darum gegangen - also Herrn Schindler -, deutlich klarzustellen - und jetzt kommt das Zitat -:

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

… „Wir haben ein Problem, weil Zeuge Günter Heiß: Das war das, was ich rezi- wir etwas Ungesetzliches machen, piert habe damals, ja - insbesondere weil dieses weil wir etwas Fehlerhaftes Beispiel von Krisenländern handelte, in denen machen“, Deutschland in besonderer Weise engagiert ist, und das sind ja nicht so furchtbar viele. - Das war nicht sein Punkt, sondern: - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Was wissen Sie sondern sie haben nur auf die denn noch mal - das hat vorhin schon mal eine Problematik hingewiesen, dass doch eine beachtliche Anzahl kurze Rolle gespielt - über die Wiederherein- nahme von ursprünglich auf gesperrt gestellten - eine beachtliche Anzahl! - Selektoren? Sie haben ja gesagt vorhin, dass Sie bis März 2015 keine Kenntnis hatten, weder von von EU- und NATO-Zielen gesteu- der Quarantäneliste, noch wussten Sie, dass wir ert wird im Bundesnachrichten- Partner steuern. dienst und das unter dem Ge- sichtspunkt der politischen Äuße- Zeuge Günter Heiß: Ja, also ich glaube - - rung der Kanzlerin möglicher- weise … ein Problem … Dr. André Hahn (DIE LINKE): Jetzt kommt die Weisung, es werden Selektoren aus der Steue- ist. - Aus diesem Zitat geht zweierlei hervor: Es rung genommen, wo Sie nicht genau wissen, wie geht um die Aussage und die Äußerung der viele, und wo Sie auch keine Liste kennen, und Kanzlerin, weil das vorhin auch noch eine Frage dann hat Herr Schindler hier gesagt, dann haben war. Und zweitens. Herr Schindler erklärt hier sie gemerkt, es gibt ein Problem, sie müssen doch vor dem Ausschuss, dass er auf eine beachtliche wieder was steuern, hat auch das Land genannt Anzahl von EU- und NATO-Zielen hingewiesen in geschlossener Sitzung - das kann ich jetzt hier hat, die durch den BND gesteuert werden. - Wol- nicht sagen -; aber er hat gesagt auf Nachfrage: len Sie immer noch bei der Aussage bleiben, dass Das war selbstverständlich mit dem Kanzleramt das nicht gesagt worden ist in der Sitzung, in der abgestimmt. - Und er hat dem Kanzleramt gesagt, Beratung mit Herrn Pofalla? worum es geht, und dann ist Einverständnis ge- äußert worden, dass dieses Land wieder gesteuert Zeuge Günter Heiß: Das war nicht meine Aus- wird. sage. Ich habe gesagt, dass ich besten Wissens und Gewissens aus meiner Erinnerung das Ge- Zeuge Günter Heiß: Ja, wenn das - - spräch geschildert habe. Ich kann einzelne Wort- laute überhaupt nicht wiedergeben. Ich habe Dr. André Hahn (DIE LINKE): Spätestens im Jahr Ihnen nur das geschildert, was nach meiner Erin- 2014. nerung in dem Gespräch abgelaufen ist. Zeuge Günter Heiß: Das ist mir nicht bekannt. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Da haben Sie nur Ich habe im Jahr 2014 von herausgenommenen von Botschaften geredet, von dem einen Beispiel. Selektoren, die dann wieder eingesteuert werden, BND-eigenen Selektoren, keine Kenntnis. Zeuge Günter Heiß: Ein Beispiel, was für meh- rere Fälle exemplarisch erklärt worden ist. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wer hat denn dann die Kenntnis? Also, wenn Herr Schindler sagt - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): „Eine kleine Zahl von Einzelfällen“, habe ich mir aufgeschrieben. Zeuge Günter Heiß: Ich nehme an, das ist ein Herr Schindler sagt was ganz anderes. Fall, der anschließend passiert ist; denn in der Tat haben wir irgendwann mal darüber disku-

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 82 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung tiert, ob es richtig ist, dass man bestimmte Se- Kriterium, was Sie nun als besonderen Vorgang lektoren draußen lässt, obwohl die Länder, auch ansehen, der dem PKGr berichtet werden muss, wenn sie in bestimmter Weise Partnerländer dass die Medien darüber berichtet haben müssen sind, aber vom APB durchaus umfasst sind. vorher?

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, aber wenn Sie Zeuge Günter Heiß: Also, ich glaube, Sie haben einen NATO-Partner rausgenommen haben, der meine Sätze ein wenig miteinander kombiniert, dann wieder reingenommen werden soll, dann die jedenfalls nicht meiner Absicht, sie zu kom- muss er ja vorher in erheblichem Maße drin ge- binieren, entsprachen. Herr Flisek hat mir eine wesen sein als Land. Weil Sie sagen, Sie hatten gewisse Rahmenbedingung geschildert, nämlich keine Kenntnis davon, dass NATO-Partner - - Wahlen, Medien, PKGr usw., und da hatte ich ge- sagt, dass ich nicht ganz einverstanden bin mit Zeuge Günter Heiß: Nein, nein, Moment! Ich diesen Rahmenbedingungen, weil zum Beispiel habe keine Kenntnis von dem Wiederreinnehmen kein Wahlkampf mehr stattgefunden hat im Okto- vor 2015. Wir haben in der Tat darüber disku- ber - der war zu Ende -, und dass zweitens - so tiert, dass anschließend manche Partner oder hatte ich Herrn Flisek verstanden; er mag es an- NATO-Mitglieder vielleicht auch in besonderer ders gemeint haben - die Medien über diesen Weise nach dem APB zu betrachten sind. Das hat Vorfall nicht berichtet haben, über die BND-eige- durchaus stattgefunden. Aber ich sage es noch nen Selektoren. mal: Bis zum März 2015 hatte ich keine Kennt- nisse über Herausnahme von Selektoren oder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wiedereinsteuerung im Hinblick auf europäische NEN): Ja, können sie ja gar nicht. Mitgliedstaaten oder NATO-Partner. Zeuge Günter Heiß: Eben. Das wusste niemand. Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: Keine weiteren Fragen mehr? - Gut. Dann geht es Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weiter bei der CDU/CSU. NEN): Ja, also erst wenn das in den Medien steht, dann hätten Sie es vielleicht berichtet. (CDU/CSU): Keine weiteren Fra- gen. Zeuge Günter Heiß: Das mag sein. Wenn das jetzt eine große politische Diskussion geworden wäre - Stellvertretende Vorsitzende Susanne Mittag: womit ich aber nicht gerechnet habe, weil ich es Auch keine weiteren Fragen mehr. - Dann geht es ja, wie gesagt, für einen nicht so gewichtigen Um- weiter bei Herrn Ströbele. stand hielt -, dann hätten wir sicherlich auch so entsprechend reagieren müssen, klar. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Heiß, vorhin haben Sie einen Satz bei Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Befragung durch den Kollegen gesagt, warum NEN): Sie haben vorhin auf meine Befragung in das nicht dem PKGr mitgeteilt worden ist, der In- einem anderen Zusammenhang zu dem Abhören halt dieser Besprechung, dass da also jetzt des Handys der Kanzlerin gesagt, Sie hätten sich Selektoren rausgenommen werden, weil sie pro- damit oder der BND hätte sich damit beschäftigt blematisch sind, weil sie diplomatische Vertre- oder die Dienste hätten sich damit beschäftigt, tungen treffen von EU-Staaten. Da haben Sie das und dabei sei rausgekommen, kann sein, kann begründet, und da haben Sie gesagt: „Warum nicht sein. Das war ja offenbar vor der Veröffent- sollten wir das machen?“, Sie hätten ja nicht mal lichung durch den Spiegel; das waren ja Leute Ihre eigene Abteilung davon informiert, dann vom Spiegel wohl. Nach der Veröffentlichung schon gar nicht das PKGr. Und dann haben Sie soll es ja ein Telefonat gegeben haben der Kanzle- den Satz da hinzugefügt: Die Medien haben ja rin mit dem US-Präsidenten, in dem geäußert nicht darüber berichtet. - Ist das für Sie ein worden ist: In Zukunft findet das nicht mehr

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung statt. - Und wir haben hier schon von Zeugen ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hört, dass man daraus ja schließen konnte, dass NEN): Sie haben nie von irgendjemand im Kanz- es offenbar bis dahin der Fall gewesen ist; sonst leramt gehört, dass man doch jetzt davon ausge- macht der Satz ja keinen Sinn. Haben Sie an ir- hen müsse, dass so was stattgefunden hat? gendeinem Gespräch mit der Kanzlerin teilge- nommen, wo diese nachträgliche Erkenntnis dis- Zeuge Günter Heiß: Nein. kutiert worden ist, wo darüber gesprochen wor- den ist, wo mitgeteilt worden ist, was da gespro- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- chen worden ist? Weil das war ja wohl auch für NEN): Nein. Ganz sicher nicht? Sie, für Ihre Abteilung von Bedeutung, ob sich die ganze Geschichte jetzt verifiziert hat oder Zeuge Günter Heiß: Ganz sicher - nach meiner halb oder wahrscheinlicher geworden ist. Erinnerung natürlich.

Zeuge Günter Heiß: Ich habe an keinem Ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spräch diesen Inhalts teilgenommen. NEN): Ja, klar. Kleine Einschränkung.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Günter Heiß: Diese Einschränkung ist ja NEN): Sind Sie denn sonst davon informiert wor- eigentlich hier immer zu machen. Man muss das den, jetzt vielleicht von Herrn Pofalla - ist da- alles vor die Klammer ziehen. rüber geredet worden? - oder von anderen, viel- leicht auch von Herrn Schindler, dass man ja au- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ßer den eigenen Erkenntnissen jetzt auch noch NEN): Wie ist denn heute Ihre Auffassung dazu? diese originäre Erkenntnis aus dem Kanzleramt Wie ist denn heute Ihre Auffassung? Hat das hat, den Inhalt dieses Telefonats oder auch an- stattgefunden oder nicht? Oder ist das eine bösar- dere Indizien, dass dieses Abhören der Kanzlerin tige Behauptung aus einem nicht identifizierba- stattgefunden hat? ren Dokument von Herrn Snowden?

Zeuge Günter Heiß: Also, ich habe von dem In- Zeuge Günter Heiß: Ich weiß gar nicht, ob dieses halt des Telefonats Kenntnis genommen. Ich Dokument von Herrn Snowden ist. Ich weiß nur, kann nicht mehr genau sagen, wie. Ich glaube, es dass Journalisten es irgendwo abgeschrieben ha- war einfach auf dem Dienstwege, dass uns das ben - mitgeteilt wurde; aber das weiß ich nicht mehr. Ich habe dem Inhalt dieses Telefonats nicht ent- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nommen, dass nunmehr bestätigt ist, dass die NEN): Genau. Kanzlerin abgehört wird oder abgehört wurde, sondern nur, dass Präsident Obama gesagt hätte, Zeuge Günter Heiß: - und dann selbst einen Zet- das komme nicht mehr vor in Zukunft. tel daraus gemacht haben. Und ich kann mir kein Urteil darüber erlauben, ob die - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das hört sich ja nicht wie ein Dementi Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- an. - Ist das auch in diesem Sinne im Kanzleramt NEN): Eine Meinung aber vielleicht. besprochen worden? Zeuge Günter Heiß: Ich mache mir gerne Urteile Zeuge Günter Heiß: Ich habe an keinem solchen aufgrund von Tatsachen, und die Tatsachen rei- Gespräch teilgenommen. chen einfach nicht aus, dort hinreichend etwas Belegbares dazu zu sagen. Ich habe das hier schon mal ausgeführt, verweise auf meine frühe- ren Befragungen, kann das aber auch gerne noch

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mal ausführen, welche verschiedenen Möglich- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir werden keiten ein solcher Dateieintrag, wenn es denn ei- jetzt den zweiten Zeugen, Herrn Ronald Pofalla, ner ist, haben könnte. öffentlich vernehmen und würden dann auf Sie zurückkommen; es schließt sich dann nämlich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal die nichtöffentliche bzw. eingestufte NEN): Ist das die Meinung des Kanzleramtes Befragung Ihrerseits im Anschluss an die öffentli- nach Ihrer Kenntnis? che Befragung von Herrn Pofalla an.

Zeuge Günter Heiß: Das weiß ich nicht. Gut, dann dürfen Sie erst mal Pause machen. Ich würde darum bitten, den Zeugen Pofalla in den Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sitzungssaal zu begleiten. Ich unterbreche so NEN): Ja, gibt es auch - - Haben andere gesagt: lange, bis wir hier wieder zusammensitzen in „Also, für uns ist das jetzt klar“, oder „klarer“ - geordneter Reihenfolge, für zehn Minuten. Ich vielleicht nicht ganz klar, gerichtsfest nicht zu denke, so lange wird es dauern. beweisen -, oder so? Die Sitzung ist unterbrochen. Zeuge Günter Heiß: Nein, ich habe an keinem entsprechenden Gespräch oder so teilgenommen, (Unterbrechung von wo so etwas gesagt wurde. 17.33 bis 17.45 Uhr)

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na ja, wir haben ja noch Zeugen dazu. - Danke.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, jetzt gu- cke ich mal in die Runde. - Ich glaube, es gibt derzeit keine Fragen mehr, die in öffentlicher Sit- zung beantwortet werden können. Dann würde ich folgenden Beschluss vorschlagen:

Für die weitere Befragung des Zeugen Heiß am heutigen Tag wird die Öffentlichkeit gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 4 des Untersuchungs- ausschussgesetzes ausgeschlossen, weil beson- dere Gründe des Wohls des Bundes entgegenste- hen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Hand- zeichen. - Herzlichen Dank. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine. Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Herr Heiß, ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken für diese lange Bereitschaft, in öffent- licher Sitzung Fragen auf die vielen Antworten zu geben [sic!].

Zeuge Günter Heiß: Umgekehrt.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- es sich dabei handle, habe ich nach meiner Erin- chen Dank. Und dort können wir Sie auch laden? nerung um weitere Klärung gebeten; mir sei in dieser Sache direkt und umfassend schriftlich zu Zeuge Ronald Pofalla: Ja. berichten, sobald es klare Erkenntnisse in dieser Sache gebe. Nach meiner Erinnerung war das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Oder über die Ende Oktober 2013. Ausweislich meines eigenen Privatadresse? - Gut. - Dann hätten Sie die Mög- Terminkalenders - und der Ausschuss hat ja ei- lichkeit, wenn dies gewünscht ist, nun ein Ein- nen entsprechenden Beweisbeschluss erlassen im gangsstatement abzugeben, also die Möglichkeit, Blick auf gemeinsame Termine mit Herrn im Zusammenhang zum Beweisgegenstand vor- Schindler, und ich habe die Ihnen ja auch zur zutragen. Wünschen Sie dies? Verfügung gestellt - muss das am Rande der Ter- mine am 24.10.2013 oder 28.10.2013 gewesen Zeuge Ronald Pofalla: Ich würde gerne davon sein. Welcher der Tage es genau gewesen ist, ist Gebrauch machen, ja. mir wirklich nicht mehr genau erinnerlich. Nach meiner Erinnerung würde ich sagen, es ist eher Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann haben der zweite, also der 28.10., gewesen; aber am Sie jetzt das Wort. Ende kann ich mich da nicht festlegen, weil meine Erinnerung eben auf Ende Oktober fixiert Zeuge Ronald Pofalla: Sehr geehrter Herr Vorsit- ist, und beide Termine liegen ja in der zweiten zender! Sehr geehrte Damen und Herren Abge- Oktoberhälfte und am Ende des Monats. ordnete! Ich bin ja jetzt zum zweiten Mal hier im Untersuchungsausschuss, und ich gebe gerne Nach meiner Erinnerung war Herr Heiß, der Ab- Auskunft zu den Fragen, die ja ganz offensicht- teilungsleiter 6 des Kanzleramtes, bei dieser Un- lich bei Ihnen diskutiert werden. Deshalb möchte terrichtung auf meinen Wunsch anwesend. Ich ich mich am Anfang äußern zur Aufklärung des habe mich nie unter vier Augen in nachrichten- BND in Krisenländern in Bezug auf befreundete dienstlichen Dingen von Dritten unterrichten las- Botschaften. sen. Das habe ich ja bereits in meiner Aussage vor diesem Untersuchungsausschuss am 2. Juli Dieser Vorgang liegt nach meiner Erinnerung 2015 ausführlich erklärt; ich verzichte deshalb mehr als drei Jahre zurück, und er wurde mir le- auf Wiederholungen. Nachzulesen ist meine Aus- diglich mündlich durch Herrn Schindler vorge- sage hierzu ja im Stenografischen Protokoll der tragen. Deshalb weise ich darauf hin, dass ich die 57. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses Fragen nur noch bestem Wissen und Gewissen vom 2. Juli 2015, Seite 151, linke Seite. aus der Erinnerung beantworten kann. Alles, was ich sage, steht somit unter dem Vorbehalt der Einen Bericht in dieser Sache habe ich dann in Richtigkeit meiner Erinnerung an die mündliche den mir verbliebenen Wochen in der Regierung Unterrichtung. nicht mehr bekommen.

Nach meiner Erinnerung hat mich der damalige Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren BND-Präsident Schindler Ende Oktober 2013 Abgeordnete, auch gebe ich gerne Auskunft - und mündlich darüber informiert, dass der BND in die Frage käme, und die liegt auch auf der Krisenländern befreundete Botschaften aufgeklärt Hand -, ob ich die Bundeskanzlerin zur Aufklä- habe. Nach meiner Erinnerung wusste er noch rung des BND in Krisenländern in Bezug auf nicht mal, ob dies auch für Nicht-Krisen-Länder befreundete Botschaften informiert habe. Und gelte und für welche befreundeten Botschaften deshalb will ich die Frage auch gleich in meinem dieses genau gelte. Ich habe daraufhin angeord- Eingangsstatement mit beantworten - auch hierzu net, diese Aufklärung sofort einzustellen. Da Herr kann ich nur nach bestem Wissen und Gewissen Schindler zu diesem Zeitpunkt nicht auskunfts- aus der Erinnerung Ihre Fragen beantworten; al- fähig war, um welche befreundeten Botschaften les steht hier unter dem Vorbehalt der Richtigkeit

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 87 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung meiner Erinnerung -: Mit der Bundeskanzlerin Wahrheit war aber, dass jeder - ich betone: jeder - habe ich nach meiner Erinnerung nicht darüber Vermerk, der aus der Abteilung der NSA gesprochen, da der genaue Sachverhalt ja noch stammte, das Kürzel SI trug, vollkommen unab- von Herrn Schindler geklärt werden musste. hängig vom Inhalt und unabhängig von der Frage, ob es sich um Erkenntnisse aus der Auf- Erläuternd sollte ich meine damalige Vorgehens- klärung oder um rein interne Vermerke handelte. weise darstellen. Ich habe grundsätzlich die Bun- Dieses Kürzel befand sich somit auf jedem deskanzlerin immer erst dann in nachrichten- Schriftstück der NSA. Selbst eine Tagesordnung dienstlichen Dingen informiert, wenn die Sach- eines gemeinsamen Gesprächs des BND mit der verhalte mindestens annähernd geklärt waren. NSA enthielt das Kürzel SI, weil sie eben dort Ich habe im Sommer 2013 sehr häufig von Vor- verzeichnet war. Und ich erinnere mich daran, würfen und angeblichen Erkenntnissen gehört, weil das im Umfeld einer Sitzung des PKGr war, die sich später als nicht richtig herausgestellt ha- dass ich den Sachverhalt dann auch im PKGr klä- ben. Etwas scheinbar Plausibles oder etwas ren konnte, und ich habe auch diese Tagesord- scheinbar Richtiges ist bei genauer Analyse und nung dieser gemeinsamen Sitzung gezeigt und gehöriger Überprüfung oft anders und in man- auch nach meiner Erinnerung mit dem Kürzel SI. chen zentralen Fällen eben grundlegend falsch gewesen. Ich erinnere Sie nur an meine Ausfüh- Ich habe daher mit einer Unterrichtung - und nur rungen zu den beiden verwandten Codes im Zu- deshalb habe ich den Fall genannt - immer so sammenhang mit der Auslandsaufklärung in Bad lange gewartet, bis die Sachverhalte mindestens Aibling: Was hat es nicht alles an zentraler fal- annähernd geklärt waren. Da der betreffende scher Berichterstattung in diesem Zusammen- Sachverhalt erst am Anfang der Klärung war und hang gegeben! Hierzu habe ich in der 57. Sitzung da ich die sofortige Einstellung angeordnet hatte, des 1. Untersuchungsausschusses vom 2. Juli ist eine Unterrichtung der Bundeskanzlerin nach 2015 ausführlich Stellung bezogen und erspare meiner Erinnerung durch mich nicht erfolgt. Ich Ihnen auch hier deshalb Wiederholungen. Wer es selber habe dann bis zu meinem Ausscheiden - nachlesen möchte, den verweise ich auf das Ste- ich habe es ja bereits betont - aus dem Kanzler- nografische Protokoll dieses Ausschusses vom 2. amt keine weitere mündliche oder schriftliche Juli 2015 und dort auf die Seiten 115 bis 117. Unterrichtung oder den von mir angeforderten Bericht in dieser Angelegenheit erhalten. Ich verweise aber auch auf einen weiteren Vorfall aus dem Sommer 2013, um deutlich zu machen, Ich will gleich auch eine weitere Frage, die als welche Vorwürfe im Raum waren, was behauptet nächste Frage ja kommt, gleich mit beantworten. worden ist und was am Ende dabei rausgekom- Schließlich kommt ja auch die Frage oder käme men ist. Ein großes Onlinemedium hatte behaup- die Frage, ob ich meinen Nachfolger, Herrn Bun- tet, dass die Einschätzung der NSA, wonach der desminister , über diese Sache in- BND die Bundesregierung beim Datenschutz be- formiert oder mit ihm gesprochen habe. Auch einflusst habe, durch Aufklärung der NSA - - der hier gilt nach meiner Erinnerung, dass ich aus BND-Kommunikation gewonnen worden sei. Die- den gleichen Gründen wie bei der Bundeskanzle- ses Onlinemedium war einem Missverständnis rin nicht mit ihm darüber gesprochen habe. aufgesessen. Es war damals offenbar im Besitz ei- nes internen Vermerks der NSA, in dem es um Ich glaube, dass ich das im Zusammenhang des- den BND ging, und auf diesem Vermerk stand halb einmal darstellen wollte, weil damit, glaube das Kürzel SI, das bedeutet Signal Intelligence, ich, viele Fragen, die Sie haben, sich erübrigen. also Informationen aus der Aufklärung, im Ge- Und jetzt stehe ich Ihnen gerne für weitere Fra- gensatz also zu menschlichen Quellen. Daraus gen zur Verfügung. hatte das Onlinemedium, übrigens mit gehöriger Wirkung, den Schluss gezogen, dass die NSA den Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- Bundesnachrichtendienst aufklären würde. Die chen Dank. - Und damit starten wir auch sofort.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 88 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Ich hätte einige Fragen zur Arbeitsweise der Ab- im Kanzleramt üblich gewesen wären für die Ab- teilung 6. Können Sie erinnern zu Ihrer Zeit: teilung 6. Anhand meines Terminkalenders, den Welchen Stellenwert hatte die Abteilung 6 im ge- Sie erfragt haben, für die Termine können Sie ja samten Geschäftsbereich? Und ich würde es sehen, dass wir häufig die ganzen Sonntage ge- gerne so sagen: Welcher Aufwand wurde mit sessen haben, um überhaupt die Fülle der Anfra- Blick auf Abteilung 6 betrieben im Verhältnis zu gen, die bei uns eingegangen sind, beantworten anderen Vorgängen? War das etwas Stiefmütterli- zu können und so beantworten zu können, dass, ches, oder hatte die einen großen Raum in der ich glaube, es der gebotenen Sorgfalt entsprach, alltäglichen Arbeit? Wie kann man das einord- die wir versucht haben walten zu lassen. nen? Also, in normalen Zeiten, würde ich sagen, ist Zeuge Ronald Pofalla: Herr Vorsitzender, ich die Abteilung 6 eine ganz normale Abteilung des habe auch dazu ja in der Vernehmung im Jahre Kanzleramtes. Ich würde sagen, da stehen andere 2015 mehrere Sachen gesagt, die ich vielleicht Abteilungen stärker im Fokus bestimmter Ar- wie folgt zusammenfassen kann: Der Aufwand beitsprozesse. Aber das hat sich kolossal mit dem und die Beteiligung der Abteilung 6 ab dem Som- Sommer 2013 geändert. mer 2013 bis zu meinem Ausscheiden im Kanz- leramt hatte einen für normale Verhältnisse des Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Kanzleramtes umfangreichen Umfang eingenom- Dank. Genau so haben Sie das auch damals am men. Ich würde sagen, da Sie die Runden ken- 2. Juli beschrieben. - Ich würde ganz gerne mal nen - es gibt die wöchentlichen Runden am einen speziellen Fokus auf den Bereich BND-ei- Dienstag, wo natürlich die Abteilung 6 die ent- gene Selektoren richten, also nicht die von Drit- sprechenden Themen vorbereitet; sie begleitet ten uns gegebenen, insbesondere von der NSA, verschiedene Gremien, unter anderem das Parla- sondern die BND-eigenen Selektoren. Haben Sie mentarische Kontrollgremium, aber auch an- sich einmal selber mit der Thematik BND-eigene dere - - Das, würde ich sagen, ist der normale Ab- Selektoren vor dem Sommer 2013 beschäftigen lauf. müssen? War das ein Thema?

Und alleine aus dem Umstand meiner Anwesen- Zeuge Ronald Pofalla: Auch da verweise ich heit im PKGr will ich noch einmal darauf hin- noch mal auf meine Aussage in der Sitzung im weisen: Ich bin während meiner gesamten vier Sommer des Jahres 2015 hier im Untersuchungs- Jahre als Bundesminister - und ich mache gleich ausschuss, unter anderem auf die Seite 120 des die Einschränkung: während der Sitzungszeit des Protokolls vom 02.07.2015. Um es jetzt anders- Bundestags, also bis Sommer 2013 - kein einziges rum auszudrücken: Nach meiner Erinnerung ist Mal im PKGr gewesen. Es gab auch nicht den mit mir niemals in meiner Zeit über Selektoren Wunsch des PKGr, mit dem Kanzleramtsminister gesprochen worden. Und nach meiner Aktenein- über irgendwas zu reden. sicht, die ich ja im Vorfeld der damaligen Sitzung des Untersuchungsausschusses vom 02.07.2015 Erst nach der letzten Sitzung - so habe ich es in im Kanzleramt selber vorgenommen habe, war es Erinnerung - des Deutschen Bundestages im auch so, dass nicht ein einziger Vermerk mir in Sommer 2013 und den entsprechenden Veröf- dieser Sache jemals vorgelegt worden ist. Der Be- fentlichungen von Snowden gab es überhaupt griff war mir nicht bekannt, der ist in meiner von meiner Seite zum ersten Mal einen Kontakt Amtszeit nie gefallen. mit dem PKGr, und nach meiner Erinnerung - ich müsste es jetzt nachzählen - war ich dann, ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Auch die Be- glaube, rund siebenmal alleine zwischen Ende griffe „Suchmerkmale“, „Telekommunikations- Juli und bis zum November im PKGr. Und alleine merkmale“ - das würde das einschließen, das meine Begleitung und die Vorbereitung auf die sind ja andere Begriffe einfach für Selektoren -, Sitzung haben jede Form gesprengt, die vorher die waren da auch nicht - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 89 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Ronald Pofalla: Also, das will ich jetzt Nein, am 28. Oktober habe ich ja jetzt hier den nicht ausschließen, dass darüber gesprochen Termin, den ich Ihnen auch übermittelt habe. worden ist im Zusammenhang mit der Aufklä- Jetzt müsste ich das mal abgleichen. Einen Au- rung der Fragen, die wir im Zusammenhang mit genblick. der NSA hatten. Weil in dem Austausch der Informationen, die wir im Sommer 2013 versucht (Der Zeuge blättert und haben von der NSA zu bekommen, hat ja die liest weiter in seinen NSA beschrieben, welche Profile sie selber hat Unterlagen) im Blick auf Aufklärung. Und wenn ich jetzt nur einen Punkt rausnehme, die Bekämpfung der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist einer organisierten Kriminalität, dann impliziert natür- von mehreren in Folge. lich ein solcher Umstand, dass man nach irgend- welchen Kriterien dann versucht auch entspre- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. chende Informationen im Rahmen der Aufklä- rung zu bekommen. Aber die Frage ehrlicher- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und ich weise hat überhaupt keine Rolle gespielt in dem komme darauf, weil am 28. Oktober ja dann auch Sinne, wie es dann sich in 14 oder 15 durch an- diese Weisung kommt - dere Erkenntnisse entwickelt hat. Also, in meiner Zeit, kann ich wirklich sagen, hat die Frage der Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Selektoren keine Rolle gespielt. Und ich habe ja bewusst vor meiner Vernehmung im Sommer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - bezüglich 2015 auch Akteneinsicht im Kanzleramt genom- der Selektoren. men, und aus den damals eingesehenen Akten konnte ich damals sehen, dass ich darüber nie Zeuge Ronald Pofalla: Ja. eine Information erhalten habe. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und jetzt war Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und dann meine Schlussfolgerung daraus: Entweder in ei- kam es zum Oktober 2013, 28. Oktober, und das nem der nahe davor - ich glaube, am 24. ist ein Treffen damals mit dem BND-Präsidenten. Da Termin - liegenden Termine oder eben am 28. ging es aber dann um die BND-eigenen Se- kam es zu der Diskussion um die BND-eigenen lektoren, richtig? Selektoren, weil dann ja der BND-Präsident Schindler ins Haus die Weisung gegeben hat, die Zeuge Ronald Pofalla: Nein. wahrscheinlich im Vorfeld besprochen worden ist. Das war eben meine Spekulation. Ich sehe es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. an den Terminen ja auch nicht, was inhaltlich besprochen worden ist. Zeuge Ronald Pofalla: Wenn ich das jetzt richtig sehe - aber ich müsste den Kalender, Sie haben Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein. Also, ich habe ihn ja bekommen, raussuchen, - es ja in meinem Eingangsstatement gesagt: Von Selektoren war in dem Zusammenhang sowieso Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. keine Rede, sondern Herr Schindler hat mitge- teilt - ich kann es nur wiederholen, wie ich es ge- Zeuge Ronald Pofalla: - haben wir uns an dem rade formuliert habe -, dass der BND in Krisen- Tag, glaube ich, sogar mehrere Mal getroffen, ländern befreundete Botschaften aufgeklärt habe. wenn ich jetzt die Tage nicht verwechsle. Muss Und ich habe es ja auch schon betont: Nach mei- ich mal einen Augenblick gucken. ner Erinnerung wusste er noch nicht mal, ob auch dieses für Nicht-Krisenländer gelte oder (Der Zeuge blättert und möglicherweise auch für befreundete Botschaf- liest in seinen Unterlagen)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 90 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung ten. Daraufhin habe ich dann ja einen entspre- Zeuge Ronald Pofalla: Kann ich Ihnen nicht sa- chenden Bericht - ich will den nicht wiederho- gen, wäre auch nicht meine Aufgabe gewesen. len - erbeten und habe deutlich gemacht, dass Ich habe ja im Sommer - ich könnte weitere Bei- das, wenn es so ist, sofort einzustellen ist. spiele nennen - häufig, ja täglich Unterrichtungen und Gespräche mit der Abteilung 6 und dem Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber wusste BND gehabt, weil es ja um Dutzende von Fragen er denn - - Ich sage mal, SIGINT kann man ja jede Woche ging, die geklärt werden mussten. auch unterschiedliche Weise betreiben. Hat er Und die konnten nicht immer unmittelbar geklärt denn erklären können, ob das eine direkte Abhör- werden, weil sie natürlich auch technisch maßnahme ist oder ob das, sagen wir mal, das Fi- manchmal überprüft werden mussten. Dann habe schen im Datenstrom ist? Das war alles gar nicht ich Berichte angefordert, und die sind dann häu- klar, es wurde nur gesagt: Da wurde - - fig ja auch nach sechs, acht oder zehn Wochen gekommen. Wenn die dann da waren, habe ich ja Zeuge Ronald Pofalla: Ja. auch die darin enthaltenden Erkenntnisse ge- nutzt. Also, so gesehen habe ich auf den Bericht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. gewartet; der ist aber in meiner Amtszeit nicht mehr gekommen. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, so war es. Also, das wurde nicht näher spezifiziert. Nach meiner Er- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich innerung - aber da bin ich jetzt vorsichtig, weil komme zu einem anderen Bereich, und da geht das ja alles mündlich erfolgt ist - war es auch so, es darum, dass die Plattform WikiLeaks im Juni dass er - so habe ich es zumindest, sagen wir mal, 2015 eine Reihe von Streng Geheim eingestuften entfernt in Erinnerung - die Auffassung - - oder Überwachungsberichten der NSA veröffentlicht mitgeteilt hat, dass er es auch gerade unmittelbar hat. Da geht es insbesondere um die Überwa- erfahren habe. Ob jetzt an dem Tag oder ein, zwei chung von hohen französischen Regierungsmit- Tage vorher, daran kann ich mich jetzt nicht gliedern in der Zeit insbesondere von 2006 bis mehr erinnern; aber es war auch für ihn überra- 2012: Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy, François schend. Hollande und weitere französische Staatsbeamte, Botschafter oder Diplomaten. Und da wird die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So, und These aufgestellt, dies sei über Bad Aibling er- wenn ich das richtig zusammensetze, ist er dann folgt. Ist Ihnen dazu was bekannt? zurück zum BND und hat dann die Weisung er- teilt, pauschal Selektoren mit EU- und/oder Zeuge Ronald Pofalla: Nein. NATO-Bezug aus der Steuerung rauszunehmen. So hat er in die Abteilung, nach TA, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gar nicht? insbesondere dann die Weisung gegeben. Dann hat Schindler sie aber vielleicht auch mithilfe Zeuge Ronald Pofalla: Nein. des Leitungsstabs so konkretisiert, dass sie dann eben so genau wieder im Amt ankam, obwohl er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der Bericht es dann bei Ihnen relativ offen angesprochen hat, der Taskforce des Deutschen Bundestages ist richtig? dann auch nicht mehr, weil es ja auch nach der Zeit war, mit Ihnen besprochen, zugänglich ge- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ich habe klarge- macht worden oder sonst irgendwas? macht, dass ich den festen und klaren Willen habe, dass das zu unterlassen ist. Zeuge Ronald Pofalla: Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hat man das dann nachgeprüft, ob der BND das unterlassen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, dann hat? brauche ich da in der Richtung auch gar nicht

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 91 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung weiter nachfragen. - Gut, dann hätte ich noch ei- nerhalb weniger Tage glauben, Sie haben eine Er- nen Punkt, über den wir eben auch mit Herrn kenntnis, und dann entwickelt sich der Sachver- Heiß gesprochen haben: das Thema Abhören un- halt innerhalb weniger Tage in eine völlig andere ter Freunden. Die Bundeskanzlerin hat das zwei- Richtung, mit entsprechenden Prüfungen, woraus mal gesagt, auf zwei Veranstaltungen: einmal in ich ja auch den Rückschluss gezogen habe, dass der Bundespressekonferenz und dann noch mal, ich entsprechende Unterrichtungen nur vor- ein zweites Mal, beim EU-Besuch in Brüssel. nehme, wenn ich annähernd sicher sein kann, Zwischen diesen beiden Veranstaltungen ist ja dass das, was da behauptet wird, annähernd ge- eine gewisse Zeit dazwischen. Und was wir uns klärt ist. auch eben bei Herrn Heiß gefragt haben, ist: Wäre das nicht sinnvoll gewesen, ich sage mal, zwi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Ich hätte schen dem - ich habe die Daten noch mal hier - in öffentlicher Sitzung keine weiteren Fragen 19. Juli 2013 und dem 24. Oktober 2013 hier mehr. noch mal zu schauen und mit dem BND rückzu- koppeln: „Was machen wir da eigentlich?“ Weil (Dr. Konstantin von Notz so dieses Nutzen von Selektoren, die EU- und (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NATO-Ziele darstellen, hätte man ja eigentlich NEN): Sehr gut!) auch zumindest in der Interimszeit zwischen die- sen beiden Statements einmal herausarbeiten Wir kommen dann zu den Fragen der Fraktionen. können oder der BND hätte sie herausarbeiten Dort scheint man ja können, der Abteilung 6 sagen können, damit man da genau im Bilde ist und den Satz viel- (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- leicht noch besser einordnen kann. Wie bewerten NEN): Guter Dinge zu sein!) Sie das? doch kluge Fragen vorbereitet zu haben. Wir Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, also, dafür brauche kommen zur Fraktion Die Linke. Frau Kollegin ich den Satz nicht. Das meine ich jetzt nicht Renner. Frau Kollegin Renner, auf geht’s. böse; aber ist ja eine naive Vorstellung, dass aus einer öffentlichen Stellungnahme der Bundes- Martina Renner (DIE LINKE): Herr Pofalla, als kanzlerin, die in der Sache richtig ist, sozusagen Herr Schindler informiert hat zu der Problematik daraus jetzt zusätzlich oder gerade erst deshalb gesteuerte diplomatische Vertretungen von EU- Klärungsbedarf entsteht. Ich habe, als die ersten Staaten oder NATO-Staaten in Krisengebieten, Veröffentlichungen kamen im Frühsommer 2013, hat er da von SIGINT-Maßnahmen gesprochen? in allen Gesprächen gegenüber dem BND immer wieder deutlich gemacht, dass ich sofort davon Zeuge Ronald Pofalla: Zunächst habe ich ja wissen will, wenn es Vorwürfe gegenüber dem schon was anderes gesagt, als Sie in der Frage- BND gibt, die, sagen wir mal, den Charakter der stellung hinsichtlich sozusagen der Ziele jetzt be- Glaubwürdigkeit des BNDs infrage stellen. Und hauptet haben. Ich will es nur noch einmal sa- ehrlicherweise habe ich das sogar so in Erinne- gen: Ich habe gesagt, dass Herr Schindler mich rung, dass ich daraus manchmal sogar ein Ritual darüber unterrichtet hat, dass es aufgeklärt wor- gemacht habe, weil ich eigentlich immer wieder den sei: befreundete Botschaften. Da war nicht die Gelegenheit geben wollte, auch die Chance von NATO die Rede, da war auch nicht von dem geben wollte, mir gegenüber, falls es etwas gibt, anderen, was Sie gerade - - deutlich zu machen. Das ist jetzt nicht spezifi- ziert vorgetragen gewesen. Aber gehen Sie mal Martina Renner (DIE LINKE): Wer ist denn sonst davon aus, dass die ganzen Überprüfungen des noch so befreundet? Sommers 2013 auch Überraschungen geboten ha- ben, und Überraschungen, wo Sie manchmal in- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich will jetzt erst mal richtigstellen, sonst wird nicht deutlich, was da

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 92 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung berichtet wurde. Darüber ist nicht berichtet wor- er als Beispiel benannt hat. Weil es erweckt jetzt den, sondern so, wie ich das in meinem Ein- den Eindruck, als würden hier sieben Länder ge- gangsstatement erzählt habe. nannt worden sein.

Über die Frage, wie - darauf zielt Ihre Frage ab -, Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, jetzt bin ich ja beru- konnte Herr Schindler keine Aussage machen; higt, weil durch die Richtigstellung des Vorsit- zumindest ist sie mir nicht erinnerlich. Er konnte zenden, muss ich jetzt mal sagen, fühle ich mich ja - ich habe es ja bereits gesagt - nicht mal sagen, jetzt bestätigt, weil, wenn der Zweite aus dieser um welche Krisenländer es sich handelt oder ob Runde sich genauso erinnert wie ich - ich habe auch Nicht-Krisenländer dabei gewesen wären, mit Herrn Heiß nicht darüber gesprochen -, finde sondern er hat es so mitgeteilt, wie ich es am An- ich das eine sehr schöne Bestätigung. fang hier versucht habe in meinem Eingangsstate- ment darzustellen. Und jetzt will ich einmal was sagen: Ich verstehe das ja, dass jetzt der Fokus - auch zu Recht - da- Martina Renner (DIE LINKE): Also, das steht im drauf ist. Aber jetzt will ich mal einmal darauf eklatanten Widerspruch zu dem, was Herr hinweisen: Das sind ja alles Erinnerungen, eine Schindler hier gesagt hat, und auch dem, was schriftliche Unterrichtung habe ich nie bekom- Herr Heiß vorhin gesagt hat. Er hat gesagt, er hat men. Also, wie soll ich das mal ausdrücken: Das ganz konkrete Beispiele gebildet, und natürlich aus einer Zeit - - Wir reden über Ende Oktober, ging es um EU-Staaten und NATO-Staaten. Und nach der Bundestagswahl: Zunächst Sondie- dass es um SIGINT geht, ist ja auch logisch, weil rungsgespräche, dann Koalitionsgespräche. Ich die ganze Weisungslage und die Vorbereitung der habe die Leitungsgruppe der Koalitionsgespräche Weisungslage im Bundesnachrichtendienst im- geleitet. mer um die Frage gesteuerte diplomatische Ver- tretung ging, also nicht um HUMINT. Also, es ist Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich halte mal total abstrus, dass es nicht um Steuerung im kurz die Zeit für die Opposition an. Sinne von Überwachung der Kommunikation in oder von diesen Einrichtungen geht. Und ich (Dr. Konstantin von Notz kann mir wenig vorstellen, dass auch angesichts (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- des Vorlaufs im Bundesnachrichtendienst, wo NEN: Das ist, glaube ich, man eben lange um diese Weisungslage herum auch außerhalb des Unter- suchungsauftrags!) sich schon Gedanken gemacht hat, Herr Schind- ler in vollkommener Unkenntnis dessen mal so Zeuge Ronald Pofalla: Und dann wird man zwi- ganz allgemein um vielleicht Botschaften von schendurch über eine solche Sache informiert. Freunden in Krisenregionen erzählt hat. Also, ist Ich bin ja heilfroh, dass ich mich überhaupt an da Ihre Erinnerung wirklich richtig? Weil Herr diese Gespräche erinnern kann angesichts der Heiß hatte auch das etwas anders geschildert, Fülle, die da in den Wochen und Monaten auf ei- dass Herr Schindler eben auch ganz konkrete Bei- nen niedergegangen sind. spiele gebildet hätte und Ähnliches mehr. (Dr. André Hahn (DIE Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss LINKE): Wir sind unend- ich einschreiten. Nein, er hat keine Beispiele ge- lich dankbar!) nannt, er hat gesagt - - als Beispiel hat er Bot- schaften in Krisenländern benannt, - Deshalb sage ich hier ganz klar, Frau Renner: Ich habe deutlich gesagt, was Herr Schindler nach Martina Renner (DIE LINKE): Ja. meiner Erinnerung mir gesagt hat, und da brau- che ich keine Ergänzung vorzunehmen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - aber keine Krisenländer benannt. Das ist eine Definition, die

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Martina Renner (DIE LINKE): Nun gut, es bleibt 24., ja? für mich der Widerspruch, dass man im BND ganz konkret sich eben um die Steuerung von Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. EU- und NATO-Staaten Gedanken gemacht hat, und dann soll Herr Schindler eben so ganz nebu- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, also die erste Runde, lös und blumig dann gegenüber Ihnen und Herrn die hier im Kalender aufgeführt ist, auf die Sie ja Heiß sich irgendwie eingelassen haben. Das wäre Bezug nehmen, wird nach meiner Ansicht eher ziemlich überraschend. zu tun gehabt haben mit der damals - nach mei- ner Erinnerung; ich habe die Daten jetzt auch Ich würde gerne fragen: In welchem Verhältnis nicht mehr genau drauf - - Reise, die Verschie- stand denn die Diskussion zu dieser Steuerung dene noch mal, ich glaube, Ende Oktober, Anfang von Botschaften zu der Frage, wie das Abhören November nach Amerika gemacht haben, um bei des Handys der Kanzlerin einzuordnen ist? Wir dem No-Spy-Abkommen weiterzukommen. Die finden hier in Ihrem mittlerweile ja aufgefunde- zweite Runde ist die eigentlich übliche Runde nen Kalender am 24. Oktober drei Gesprächsrun- zur Vorbereitung der PKGr-Sitzung gewesen, die den - das ist ja der Tag nach der Veröffentlichung ja, wie man meinem Kalender auch entnehmen im Spiegel - mit unterschiedlicher Besetzung und kann, dann ja auch unmittelbar im Anschluss würden gerne wissen, ob an diesem Tag zu dieser stattgefunden hatte. Problematik gesprochen wurde, in diesen Run- den 9.30 Uhr, 12.45 Uhr und 18 Uhr. Martina Renner (DIE LINKE): Das war eine Son- dersitzung. Zeuge Ronald Pofalla: Zu welcher Problematik? Zeuge Ronald Pofalla: Bitte? (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Kanzlerhandy, Martina Renner (DIE LINKE): Das war eine Son- Kanzlerinnenhandy!) dersitzung.

- Kanzlerhandy? Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, aber auch Sondersit- zungen - - Martina Renner (DIE LINKE): Kanzlerinnenhandy, ja. Martina Renner (DIE LINKE): Was hatte die denn für einen Anlass, diese Sondersitzung? Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, ist klar. Ich gucke aber auch noch mal eben in den Kalender. Einen Zeuge Ronald Pofalla: Das kann ich Ihnen jetzt Augenblick. nicht sagen, müsste ich nachschlagen in meinen Aufzeichnungen, was damals Gegenstand der Be- (Der Zeuge blättert in ratungen am 24. war. Nach meiner Vermutung seinen Unterlagen) das Kanzlerhandy. Martina Renner (DIE LINKE): Da war nämlich Martina Renner (DIE LINKE): Ja, könnte sein, zum Beispiel auch Herr Seibert dabei. Das würde nicht? für uns eben ein Indiz dafür sein, dass es mög- licherweise zu dieser Causa ging. Und Herr Heus- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, vermute ich, ja. Aber gen war da auch dabei. Auch das wäre möglich- jetzt müssen Sie ja die Abläufe sehen. Aber an erweise - - den Tagen sehen Sie eben auch, wie verrückt die Tage waren. Am 23. Oktober - nach meiner Zeuge Ronald Pofalla: Ich gucke eben rein. Erinnerung - gab es die große Runde für die Koa- litionsgespräche. Unmittelbar im Anschluss an (Der Zeuge blättert weiter in seinen Unterlagen) diese Runde - nach meiner Erinnerung - habe ich

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung den damaligen Vorsitzenden des PKGr, Herrn Zeuge Ronald Pofalla: Ja, das kann ich Ihnen Oppermann, und den stellvertretenden Vorsit- jetzt aus der Erinnerung nicht mehr sagen. Ich zenden des PKGr, Herrn Grosse-Brömer, über den kann Ihnen aber sagen - - Und darüber habe ich ja Vorgang Kanzlerhandy informiert. Und wir sind in der letzten Vernehmung von mir am 2. Juli nach meiner Erinnerung an dem Abend zu der 2015 auch Stellung bezogen. Da hatte ich ja einen Überzeugung gekommen, dass es am nächsten interessanten Disput mit Herrn Ströbele, weil es Tag eine Sondersitzung des PKGr geben muss, ja um die Frage ging: Ist die Ablichtung der um über diesen Vorgang zu unterrichten. - So Maske, um die es ging, ein Beweisstück, das da- wäre jetzt aufgrund der Termine, die ich sehe, für spricht, dass es die Abhörung gegeben hat, meine Interpretation der Abläufe. und wenn ja, warum, und wenn nein, warum? Die Argumente können Sie alle nachlesen, die Ich glaube, dass die erste Runde, auf die Sie jetzt dafür sprechen; die habe ich benannt in meiner Bezug genommen haben, auf meinem Kalender, Vernehmung am 02.07. Ich habe aber auch Argu- nichts mit der Vorbereitung des PKGr zu tun mente benannt, die Zweifel aufkommen ließen hatte, sondern mehr wahrscheinlich ein länger wegen der Echtheit dieses Dokumentes. Am Ende schon dann geplanter Termin in Vorbereitung ei- haben wir uns trotzdem dafür entschieden - und ner Reise nach Amerika - - abzielte, während die- das war der kleine Disput, den ich mit Herrn ser zweite Termin liegt ja unmittelbar vor der Ströbele hatte -: Wir sind auch eher von der PKGr Sitzung, der endet ja eine Viertelstunde vor Wahrscheinlichkeit ausgegangen, dass es sich um der PKGr-Sitzung, sodass ich sage: In der eigent- eine Maske im Zusammenhang mit dem Abhören lichen Sitzung hat es dann die abschließende des Handys der Bundeskanzlerin handelte. Aber Vorbereitung für die PKGr-Sitzung gegeben. zweifelsfrei war die Sache nicht, weil üblicher- weise diese Maske - und ich nenne noch einmal Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und dann gibt das Beispiel - weder die ausgeschriebene Tele- es noch den Termin danach. Also, der Termin am fonnummer noch den Namen der Person 23. Oktober fehlt bei uns. Der ist offenbar gebläut, üblicherweise enthalten, sondern verklausuliert geschwärzt, verklebt. eigentlich nur bestimmte Personen hinter der Verklausulierung erkennen können, wer das war. Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein, nicht gebläut, So, darüber habe ich ja ausführlich berichtet. den habe ich jetzt aus meiner Erinnerung dazuge- Und ich glaube, ich habe damals ja auch den tragen. Den habe ich - - BND - - Ich habe übrigens auch das Bundesamt für Verfassungsschutz, BSI, wenn ich mich noch Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ja, wäre schön, richtig erinnere, gebeten, mir ihre dass wir den auch gekannt hätten, - Einschätzungen zu der Maske zu geben, und ich vermute, dass in dieser unmittelbaren Sitzung, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre unmittelbar vor der PKGr-Sitzung, ich noch mal dann auch die letzte Frage. in Kenntnis gesetzt worden bin über die Ein- schätzung unserer Dienste und derer, die ich ge- Martina Renner (DIE LINKE): - weil der gehört ja beten habe, eine Stellungnahme abzugeben. ursächlich offenbar zu dieser Abhörung des Kanzlerinnenhandys dazu. - Aber jetzt würde ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen gerne noch einen Inhalt hören: Wie hat man sich Dank. - Jetzt müssten wir wechseln und kommen denn mit Blick auf die PKGr-Sitzung in diesen zur Fraktion der SPD. Frau Kollegin Mittag. Runden vorbereitet: „Ist das technisch möglich? Welche Konsequenzen soll es geben? Wie geht Susanne Mittag (SPD): Ja, danke schön. - Ich be- man mit diesem Umstand denn weiter vor?“? ziehe mich auf einige Angaben von Ihnen vorhin. Also, was hat man denn inhaltlich besprochen? Seit dem Sommer 13 hatten Sie eigentlich nur noch mit diesem Thema zu tun, und vorher war die Abteilung 6, sagen wir mal, in Ihrem Bereich

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nicht ganz so dominant. Wie war denn der Unter- Zeuge Ronald Pofalla: Also, ein Großteil der Ar- schied? Vorher hatten Sie mit der Abteilung 6 o- beit des Kanzleramtes im Sommer 2013, die übli- der mit derartigen Themen eher so 10 Prozent zu cherweise anfällt, die gab es nicht mehr wegen tun und dann 100 Prozent, oder wie ist denn die- Ende der Legislaturperiode. Wäre das im Sommer ses Verhältnis so ungefähr gekippt? 2012, 2011, 2010 passiert, wäre das Kanzleramt gar nicht dazu imstande gewesen, diese Bewälti- Zeuge Ronald Pofalla: Na ja - - gung der Vielfalt der Fragen von ganz unter- schiedlichen Stellen auch nur annähernd so zu Susanne Mittag (SPD): Ungefähr. bewältigen wie im Sommer 2013. Und daraus habe ich ja den Schluss gezogen, diesen Organi- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Ich beschreibe sationsvorschlag während der Koalitionsverhand- Ihnen mal die Abläufe: Es gab feste Abläufe, da lungen ja auch den dann heutigen - damals zu- tauchte die Abteilung 6 immer auf, unabhängig künftigen - Koalitionsparteien zu machen, eine ob Sie jetzt Zeiten besonderer Aufklärung, also entsprechende Verstärkung im Kanzleramt vorzu- Klärungsbedürftigkeit, haben oder nicht. Und da nehmen. würde ich jetzt mal sagen: In einer normalen Wo- che waren das vier bis sechs Stunden, in denen Susanne Mittag (SPD): Ich denke, Sie hätten auch ich mit denen zu tun hatte, also durchaus auch sonst eine Lösung gefunden; man muss ja mit beachtlich bei sechs Abteilungen des Kanzleram- den Aufgaben klarkommen. - Und zu dieser Zeit tes. Wenn Sie das auf die anderen Abteilungen ab Sommer haben Sie sich also mit den Snow- hochrechnen, ist die normale Arbeitswoche da- den-Dokumenten ja befasst. Haben Sie sich die mit rum. Aber das stand - - Oder sagen wir mal auch mal selber angeguckt oder erklären lassen? andersherum: Das hat sich im Sommer des Jahres 2013 eben kolossal geändert. Da, würde ich sa- Zeuge Ronald Pofalla: Welche Dokumente? gen, haben 70 oder 80 Prozent der Arbeit, die ich machen musste und auch gemacht habe, sich auf Susanne Mittag (SPD): Von Snowden. Die waren die Klärung dieser Sachverhalte bezogen. Ich ja nun schon mal sehr publik. Dass Sie sich das habe ja deshalb auch auf die Frage, glaube ich, mal selber angeguckt haben und sagen: „Mensch, von Herrn Dr. Notz ja auch geantwortet beim letz- was könnte das denn für Auswirkungen haben“ - ten Mal bei der Vernehmung, welche Verände- Sie planen ja nicht nur für den Tag, sondern auch rungsvorschläge ich machen soll oder würde im langfristig -, „was kommt alles auf uns zu?“ Blick auf die Organisation des Kanzleramtes - - habe ich ja auch berichtet, dass ich sowohl der Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, also schauen Sie Bundeskanzlerin wie dem späteren Vizekanzler sich mal die Presse - - vorgeschlagen habe, einen beamteten Staatssekre- tär zusätzlich in diese Ebene zu nehmen, um ein- Susanne Mittag (SPD): Nein, nicht die Presse. Ob fach die Arbeitslast, die zu bewältigen ist, bewäl- Sie einfach nur mal geguckt haben: „Von was re- tigen zu können. Abschließend habe ich auch da- det die Presse? Ich gucke mir jetzt mal ein paar mals berichtet: In einem normalen Jahr - und im Dokumente an. Was hat er denn da veröffent- Sommer 2013 war ja aus der Sicht des Kanzler- licht?“ Haben Sie das mal gemacht? amts quasi die Legislaturperiode ausgelaufen - - Das Kanzleramt koordiniert ja sehr viel unter den Zeuge Ronald Pofalla: Also nicht, dass ich mich Ministerien, versucht, die Terminpläne zum Bun- jetzt erinnere; aber ich schließe das nicht aus. destag und zum Bundesrat abzustimmen. Die Ge- Aber noch mal - wie soll ich das ausdrücken? -: setzgebungsarbeit war ja eingestellt. Wir haben ja auch vom Parlament Hunderte von Fragen bekommen - zu Recht; wir haben von Susanne Mittag (SPD): Ist bekannt. Journalisten Hunderte von Fragen bekommen - zu Recht; es musste so viel geklärt werden, auch zwischen den Diensten. Wir haben uns bemüht,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mit dem britischen Geheimdienst, mit der NSA, Zeuge Ronald Pofalla: Das PKGr wollte Akten- ich weiß nicht, mit welchen Institutionen noch, stücke haben über vermeintliche oder vermutli- Kontakt aufzunehmen, um die unterschiedlichen che Veröffentlichungen, an die wir nicht ranka- Informationen zusammenzutragen, weil die Be- men. Dann haben die Amerikaner uns im Som- hauptungen, die Snowden vorgenommen hatte, mer des Jahres 2013 Dokumente gegeben. Die ha- in dem Sommer so erheblich waren - darauf habe ben wir hinterlegt damals in der Geheimschutz- ich auch beim letzten Mal hingewiesen -, dass stelle des Deutschen Bundestages. Da waren auch ich ja sogar meinen Sommerurlaub abgebrochen nach meiner Erinnerung Snowden-Dokumente habe, weil, die Richtigkeit der Vorwürfe von dabei. Die habe ich natürlich alle gelesen. Oder Snowden damals im Sommer 2013 unterstellt, nehmen Sie die berühmten beiden Codes: Die das wäre ein Hammer gewesen. waren ja auch aus den Snowden-Dokumenten, die angeblich ja den Beweis führen sollten, dass Susanne Mittag (SPD): Ja. 500 Millionen Daten von Deutschen durch die NSA abgesaugt worden waren. Natürlich habe Zeuge Ronald Pofalla: Da war die Behauptung im ich mir das angeguckt. Aber Sie wissen, dass das Raum, dass bis zu 500 Millionen Daten die NSA falsch war, und wir haben es ja damals dann von Deutschen sozusagen absaugt. auch richtiggestellt: Das waren ja zwei Stellen des BND, die bezogen sich nicht auf Deutsche, Susanne Mittag (SPD): Herr Pofalla, ich meinte sondern auf die Auslandsaufklärung. jetzt aber eigentlich nur die Frage, ob Sie sich sel- ber mal die Dokumente angesehen haben. Kön- Susanne Mittag (SPD): Ja. nen Sie sich jetzt nicht dran erinnern, war Ihnen nicht geläufig. Zeuge Ronald Pofalla: Also, so gesehen habe ich mich auch mit Snowden-Daten und -Fakten aus- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. einandergesetzt.

Susanne Mittag (SPD): Wenn Sie so viel zu tun Susanne Mittag (SPD): Ja, also Sie haben sich Do- hatten - was auch überhaupt nicht in Abrede ge- kumente angeguckt. Sie haben sich ja den ganzen stellt wird -, dann denke ich, dann gucke ich Sommer mit Fakten auseinandergesetzt. Deswe- doch erst mal an: „Um was geht es eigentlich?“, gen mussten Sie ja so viel zuliefern und für Pres- so im Original vielleicht. Das war jetzt der Grund se arbeiten. Haben Sie sich auch, sagen wir mal, der Frage; aber Sie können sich jetzt, wie gesagt, Begrifflichkeiten aus diesen Dokumenten erklä- nicht daran erinnern, mal direkt die Dokumente, ren lassen? Kam der Begriff „Selektor“ da mal weswegen Sie ja jetzt so viel Arbeit hatten, mal vor, und Sie sagen: „Mensch, was heißt das selber angeguckt zu haben oder sich mal das ein denn? Ach, das kenne ich unter ,Suchbegriff‘“? oder andere erklären lassen: „Was steht da drauf? Was bedeuten die Begrifflichkeiten?“, oder Ähn- Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, habe ich ja schon liches. gerade gesagt. Also, der Begriff „Selektoren“, der ist mir in meiner Amtszeit als Bundesminister Zeuge Ronald Pofalla: Also, ich habe mir nicht untergekommen. Als die Veröffentlichun- schon - - gen zu den Selektoren losgingen, war ich auch überrascht über den Begriff; der war für mich völ- Susanne Mittag (SPD): Nicht? lig neu. Da bleibe ich genau bei der Einschät- zung, die ich bereits abgegeben habe. Zeuge Ronald Pofalla: Doch, ich habe mir schon Dokumente zeigen lassen. Mir fallen jetzt gerade Susanne Mittag (SPD): Haben Sie sich den - was zwei Sachen ein. kann man noch dazu sagen? was macht ein Se- lektor? - mal erklären lassen, - Susanne Mittag (SPD): Ja.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 97 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Zusammenhang hätte ich daraus keine Hand- lungsmaxime gesehen, die mich zu irgendeinem Susanne Mittag (SPD): - nicht den Begriff hinge- Handeln veranlasst hätte. nommen, sondern gesagt: „Kann das jetzt irgend- wie bei uns noch mehr Ärger geben? Was bedeu- Susanne Mittag (SPD): Na ja, aber es gibt doch tet dieser Begriff?“? auch enge europäische Kontakte. Und Sie müs- sen ja auch, sagen wir mal, so ein bisschen im Zeuge Ronald Pofalla: Da der Begriff nie bei mir Vorgriff planen und nachdenken, was es für Aus- aufgetaucht ist, musste ich ihn mir nicht erklären wirkungen haben könnte. Es geht ja auch eben lassen und schon gar nicht die Technik. Das darum, sagen wir mal, bestimmte Entwicklungen spielte keine Rolle. Der Begriff „Selektoren“ ist in vorab schon zu sehen, also zu agieren und nicht meiner Amtszeit mir gegenüber nicht aufge- zu reagieren, dass das eventuell - es gehen viele taucht. Dokumente unterwegs -, vielleicht auch auf Bun- desrepublik, auf unseren Bereich Auswirkungen Susanne Mittag (SPD): Auch nicht mit irgend- haben könnte. Sie sind ja nicht ganz unerfahren welchen Zeitungsberichten, Dokumenten oder in dieser Richtung. Also, man denkt doch dann sonstigen - - Seit Juni bis Oktober ist Ihnen der ir- ein paar Schritte weiter. Nur weil das jetzt ein gendwie nie untergekommen, obwohl Sie ja nun anderes Land ist, haben wir nichts mit zu tun - so fast 80 Prozent in Ihrem Bereich mit der Bearbei- kurz kann man ja nicht denken. Man muss doch tung des Themas zu tun hatten? immer ein paar Schritte weiterdenken und sagen: Was könnte das bei uns für Auswirkungen ha- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, das waren die Monate, ben? - Es bestehen doch zwischen europäischen damit wir es nicht verwechseln, also Juli, August, Ländern enge Kontakte. Dass das nicht auch Aus- vielleicht auch noch September. Aber ab Oktober wirkungen für das Kanzleramt haben könnte. Gab hatte sich ja die Lage auch wieder verändert, und es da nicht mal den Anlass auch, beim BND dezi- da hatte ich ja dann auch andere Aufgaben im diert nachzufragen bzw. zu sagen: „Welche Lage Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlun- könnte sich entwickeln?“? Die war ja nun nicht gen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass gerade unüblich im Sommer 13. mit mir über Selektoren gesprochen worden ist. Zeuge Ronald Pofalla: Meine Kontakte zum fran- Susanne Mittag (SPD): Ich komme noch mal zur zösischen Präsidialamt waren - zum Chef des Frage zurück, und zwar bei der Überwachung des Präsidialamtes - exzellent. Ich würde sogar sagen, französischen Präsidenten - was vorher schon ge- wir sind bis heute befreundet. Der hat mich fragt worden ist - - Das war auch - - Diese Diskus- niemals darauf angesprochen. Und wir haben, sion gab es ja auch im Juni, also relativ frühzeitig. ich würde sagen - also wöchentlich ist Wie Ihnen das Thema bekannt geworden ist, ha- wahrscheinlich sogar zu gering gegriffen -, ben Sie da jetzt, sagen wir mal, nicht auch eine wöchentliche Kontakte, wir haben häufig gewisse sich entwickelnde Problematik erkannt? telefoniert, der ist bei mir gewesen, ich bin bei ihm gewesen, weil natürlich die deutsch- Zeuge Ronald Pofalla: Ehrlicherweise fühlte ich französische Zusammenarbeit es auch erfordert mich für den französischen Präsidenten nicht zu- hat, dass wir in den Vorbereitungen, er für den ständig. Ich hatte mit den Dingen, die ich zu tun französischen Präsidenten, ich für die hatte im Zusammenhang mit den Vorwürfen, die Bundeskanzlerin, Dinge vorbereiten. Aber um es uns betrafen, die den BND betrafen, genug zu mal so rum zu sagen: Ich kann mich nicht erin- tun. Ich kann nicht ausschließen, dass ich dies nern, dass der mich jemals darauf angesprochen auch alles gelesen habe mit dem französischen hat. Präsidenten; aber ich gebe offen zu: In meinem

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

(Hans-Christian Ströbele Zeuge Ronald Pofalla: Also, dass das von mir ge- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wollt war, dass ich das erfahren wollte und mög- NEN): Weil er nicht weiß lichst schnell erfahren wollte, war ohnehin klar. genau, warum!) Das galt für all diese Sachverhalte. Herr Schind- ler hat ja selber häufig - ich könnte, wenn Sie - Ja, aber wenn er es noch nicht mal tut - das will wollen, Beispiele dafür nennen - zwei, drei Mo- ich ja damit sagen; ich will auf den Einwand von nate gebraucht, um bestimmte Sachverhalte wirk- Herrn Ströbele kurz eingehen -, warum sollte ich lich so zu klären, dass er sie mir, sagen wir mal, dann eine Veranlassung gesehen haben - an die als gesicherten Sachverhalt vortragen konnte. Ich ich mich auch jetzt nicht erinnern kann -, da ir- habe deutlich gemacht, dass ich einen solchen gendwas zu unternehmen? Bericht will und ich genaue Kenntnis darüber ha- ben will, worum es dabei geht. Susanne Mittag (SPD): Kommen wir noch mal auf den Oktober weiter. Und zwar, da haben Sie Susanne Mittag (SPD): Hatten Sie da nicht ein ja sozusagen zum ersten Mal davon erfahren, kleines bisschen Sorge - dann kam das ja auch dass es Selektoren gibt bzw. dass es Probleme mit dem Kanzlerhandy -, dass Sie, wenn Sie jetzt gibt. keine Fristen setzen und nicht sagen: „Uh, viel- leicht kriege ich die Information in zehn Wo- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich widerspreche jetzt chen“ - das war es ja schon öfter mal -, die Ereig- wieder bei den Selektoren. Auch da spielte der nisse nicht zwischendurch irgendwie ein biss- Begriff keine Rolle. Ich wiederhole mich: Wäh- chen überrollen oder überholen, dass Sie sozusa- rend meiner Amtszeit hat der Begriff bei mir gen ja massiv bei Informationen dann hinterher- keine Rolle gespielt; der ist mir nie vorgetragen hinken? worden; Dokumente haben mir nicht vorgelegen. Und ich könnte jetzt das wiederholen, was ich Zeuge Ronald Pofalla: Ich hatte bei Herrn vorhin gesagt habe, was Herr Schindler mir ge- Schindler immer - ich kann das ja nur aus meiner sagt hat. Ich glaube, jetzt habe ich es dreimal ge- Sicht sagen - das Gefühl, dass er selber Tempo macht; dabei bleibt es. gemacht hat an vielen Stellen beim BND zur Auf- klärung und er mir dann die von mir gewünsch- Susanne Mittag (SPD): Ja, aber deswegen ist es ten Berichte gegeben hat ab dem Zeitpunkt, wo er trotzdem nicht zwingend klar geworden, weil, selber dazu imstande war. Ich hatte kein einziges wie Herr Schindler Ihnen das gesagt hat und Sie Mal den Eindruck, dass er irgendwas verzögert; sagten: „Das war mir eigentlich ein bisschen zu ich hatte kein einziges Mal den Eindruck, dass er wenig Information“ - so haben Sie es ja darstellt, nicht wusste - jetzt gehe ich wieder auf den Som- dass das ein bisschen unbefriedigend war; Sie mer 2013 -, wie wichtig bestimmte Informationen wollten also mehr Information haben - - sind. Hatte ich gar keinen Zweifel, dass ihm das klar war. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Susanne Mittag (SPD): Aber da hatten Sie ja nun Susanne Mittag (SPD): Und haben Sie da eine auch, sagen wir mal - - Er hat was von Botschaf- Fristsetzung mitgegeben? Ich meine, wenn man ten in Krisenländern erzählt. Und ist Ihnen da in sagt: „Mensch, das ist mir einfach viel zu wenig, Erinnerung gekommen, dass Sie ja im Juni schon das muss doch ein Präsident vom BND eigentlich mal so ein Thema hatten? wissen, das kann sich in irgendeiner Weise ent- wickeln“, dann möchte ich doch zu irgendeiner Zeuge Ronald Pofalla: Welches? bestimmten Zeit auch eine Information haben und nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag. Dann wer- Susanne Mittag (SPD): Das war von der ersten den doch üblicherweise auch Fristen: „Bis dann Frage, dass es im Juni ja mit diesen französischen und dann brauche ich die und die Informa- Botschaften schon mal hochgekommen ist, - tion“ - - Haben Sie die gesetzt?

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Ronald Pofalla: Ach so. Susanne Mittag (SPD): Suchbegriffe oder eine an- dere Umschreibung. Susanne Mittag (SPD): - dass es jetzt auch einen deutschen Bezug haben könnte, dass man sagt: Zeuge Ronald Pofalla: Nein, auch mit Suchbe- „Mensch, das könnte jetzt ja aber doch mal ein griffen nicht. Ich habe deutlich gemacht, was bisschen enger werden“? Oder haben Sie gar Herr Schindler gesagt hat. Ich kann es gerne ein keine Verbindung dazu gezogen? viertes Mal wiederholen: Herr Schindler hat mir mitgeteilt, dass befreundete Botschaften in Kri- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, vermutlich nicht, weil senländern aufgeklärt worden seien, und nach ich konnte ja gerade in Ihrer Frage noch nicht meiner Erinnerung wusste er noch nicht mal, ob mal die Verbindung herstellen, weil ich mich gar dies auch für Nicht-Krisenländer gelte und für nicht erinnern konnte an das, was offensichtlich welche befreundeten Botschaften. Darüber haben dann im Juni, so wie Sie sagen, im Blick auf den wir geredet. Und ich habe klipp und klar gesagt, französischen Präsidenten berichtet wurde. Nein, dass das zu unterbleiben hat. Insofern ist an der Schindler hat das mir so mitgeteilt, wie ich es Anweisung an Klarheit, glaube ich, keine Deu- Ihnen aus meiner Erinnerung geschildert habe. tung möglich gewesen. Ich habe gesagt, dazu will Und ich habe gesagt, ich hätte dazu gerne einen ich einen Bericht, um dann den Sachverhalt zu schriftlichen Bericht und genau geklärt, worum erfassen, und dann, wenn ich ihn erfasst hätte, es sich hier handelt. wäre ich damit ja auch entsprechend umgegan- gen. Wichtig war mir nur, dass ich bei der ersten Susanne Mittag (SPD): Also, wie lange er jetzt Information, die ich dazu bekommen habe, ver- dazu brauchte, das war dann nicht unbedingt anlasst habe, dass das unterbleibt. maßgeblich? Susanne Mittag (SPD): Haben Sie dann nicht mal Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, ich - - nachgefragt, wie aufgeklärt wurde?

Susanne Mittag (SPD): So lange, wie es braucht. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danach müssten wir wechseln. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Aber noch mal: Das war immer so im Sommer. Wenn ich gesagt habe, Zeuge Ronald Pofalla: Ich wiederhole mich. Ich ich will dazu einen Bericht, dann war immer völ- kann das ein fünftes Mal - - lig klar, dass ich den so zeitnah haben will, dass ich damit auch arbeiten kann; aber es hat trotz- Susanne Mittag (SPD): Nein, nein, das brauchen dem manchmal länger gedauert, weil einfach die Sie nicht, ein fünftes - - technische Klärung - ich könnte dafür Beispiele nachher geben, wenn Sie wollen - beim BND sel- Zeuge Ronald Pofalla: Doch, doch. ber so aufwendig war, dass es häufig mehrere Wochen gedauert hat, bis diese Klärung erfolgt Susanne Mittag (SPD): Was bedeutet für Sie „auf- ist. geklärt“?

Susanne Mittag (SPD): Aber Sie haben doch auch Zeuge Ronald Pofalla: Ja, Aufklärung. Deshalb im Oktober angewiesen, dass die BND-eigenen verwende ich ja den Begriff, weil er nicht spezifi- Selektoren mit EU- und NATO-Bezug pauschal ziert ist - - herausgenommen werden sollen? Susanne Mittag (SPD): Ja, hatten Sie nicht ein In- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Ich habe von Se- teresse, das mal zu spezifizieren: „Was machen lektoren, darf ich noch mal sagen - da lasse ich Sie eigentlich für Aufklärung?“? mich einfach nicht - -

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Ronald Pofalla: Ja, Herr Schindler war ja Zeuge Ronald Pofalla: Nein. noch nicht mal imstande, zu sagen, um welche Krisenländer es sich handelt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Minister? Susanne Mittag (SPD): Nein, wie aufgeklärt wird. Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: Er war nicht weiter Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auskunftsfähig als das, was ich hier aus meiner NEN): US-Außenminister? Erinnerung wiedergegeben habe, und deshalb habe ich ja einen schriftlichen Bericht angefor- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. dert. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Susanne Mittag (SPD): Dann machen wir erst mal NEN): Parlamente? Schluss. Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut, herzli- chen Dank. Da müssten wir dann in der nächsten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Runde weitermachen. - Wir kommen erst mal zur NEN): EU-Institutionen, den Rat? Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. Zeuge Ronald Pofalla: Nein.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Tag, Herr Pofalla! - Nun verfolgen Sie ja NEN): Deutsche Staatsbürger? bestimmt trotz neuer Aufgaben auch so ein biss- chen, was da sonst noch so rausgekommen ist in Zeuge Ronald Pofalla: Ja, der Vorwurf war ja nun Sachen BND. Haben Sie das mitbekommen, dass im Raum. dann im März 2015 da ein starkes Problem aufge- treten ist mit Selektoren, die vom Bundesnach- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet richtendienst gesteuert wurden? sich die Bundesregierung, vermutlich mit einem Hinweis. Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, diese Form der Be- richterstattung war so umfänglich, dass sie selbst MR Philipp Wolff (BK): Ich gehe davon aus, dass für jemanden, der das jetzt nicht mehr - wird Sie das jetzt nur Pressezitate sind. vielleicht verwundern - mit der Intensität ver- folgt, wie ich das wahrscheinlich, wenn ich in Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Amt geblieben wäre oder weiter im Bundes- NEN): Das sind alles Pressezitate. kabinett oder im Bundestag geblieben wäre, getan hätte - - aber das ist mir nicht verborgen geblie- MR Philipp Wolff (BK): Gut, danke. ben. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hat Sie erreicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Denn darauf habe ich ja rekurriert. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, ja, habe ich auch so Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verstanden. NEN): Und wussten Sie, dass der Bundesnach- richtendienst europäische Partner steuert?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 101 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So. NEN): Nein, das weiß ich.

Zeuge Ronald Pofalla: Nein, also um es mal auf Zeuge Ronald Pofalla: Ich versuche nur noch einen Punkt zu bringen: Sie können jetzt weitere mal, die Sache einzugrenzen. Also, wenn die Institutionen aufzählen - - Presse darüber berichtet, dass es diese Form gege- ben hat, dann lege ich erst mal größten Wert da- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rauf, dass in meiner Zeit mir diese Kenntnis NEN): Nein, aber, Herr Pofalla, genau, um den nicht offenbart worden ist, von keiner Seite. - Kern schnell, damit wir viele Fragen in diesen Erste Anmerkung. acht Minuten, die wir zusammen jetzt haben, ab- haken können - - Haben Sie da nicht ein krasses Und zweite Anmerkung: Da ich weiß, dass es Störgefühl, dass Sie damals verantwortlich wa- auch häufig Divergenzen gibt zwischen öffentli- ren, die Bundeskanzlerin rausgegangen ist mit cher Berichterstattung und dem wirklichen Sach- dem „Abhören unter Freunden geht gar nicht“, verhalt, werde ich jetzt keine Beurteilung vorneh- maximale Empörung beim Kanzlerinnenhandy, men aufgrund nur meiner Kenntnis, die ich auf- und dann stellt man fest zwei Jahre, anderthalb grund von öffentlichen Berichten habe. Jahre nachdem Sie weg sind: Der Bundesnach- richtendienst macht das alles auch. - Und jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben Sie gesagt, Schindler war nicht im Film, NEN): Ich glaube, dass Ihnen das unangenehm als Sie gesprochen haben am 24.08. Da habe ich ist, Herr Pofalla; aber es gibt ja auch den PKGr- nachher in der geheimen Sitzung noch mal ein Bericht, auch den öffentlichen PKGr-Bericht, da paar Akten, die ich Ihnen gerne vorhalten würde. stehen all diese Dinge drin. Und jetzt sagen Sie Aber wer hat denn die Fach- und Rechtsaufsicht mir mal: Wie ist das? Wer ist denn verantwort- für Herrn Schindler? Also, ist der Präsident für lich am Ende des Tages? Ist das Herr Schindler? sich allein, ist der BND für sich selbst verant- Ist das sozusagen eine singuläre Person, der Prä- wortlich? Oder wie ist denn das rechtlich eigent- sident des Bundesnachrichtendienstes? Oder wa- lich? rum tapelt der eigentlich zu Ihnen dann drei Mal am Tag ins Bundeskanzleramt? Das ist doch, weil Zeuge Ronald Pofalla: Ja, also jetzt haben Sie, um das Bundeskanzleramt am Ende des Tages ver- den Einwand von Herrn Wolff aufzugreifen, im antwortlich ist. Sie waren verantwortlich. Und Blick auf die, die möglicherweise ausgespäht die Öffentlichkeit wurde informiert - also, ich sind, ja nur rekurriert auf Presseberichte. Ich sage das auch mal - transatlantisch, ja? Also, wie habe ohnehin nur Kenntnis von Presseberichten, peinlich kann es werden, wenn man mit erhobe- weil ich mit dem Ausscheiden am 17. Dezem- nem Zeigefinger in die USA zeigt, sich empört, ber - - sofort am selben Tag, als diese Kanzlerinnenhandygeschichte aufpoppt, da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bereitet man die US-Reise vor, um da nun NEN): Ja, aber in Ihrer Zeit ist all das gesteuert echauffiert in die USA zu fahren, und tatsächlich worden, Herr Pofalla. macht man das alles selbst auch? Ja? Und ich meine, es gab ja auch ein Motiv, es zu Zeuge Ronald Pofalla: Ja, Moment. verheimlichen, dass man Teil dieses ganzen Mechanismus ist. Wussten Sie eigentlich zu dem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeitpunkt der Snowden-Veröffentlichungen, was NEN): Da waren Sie verantwortlich. in Bad Aibling passiert, um die Kooperation mit der NSA? Zeuge Ronald Pofalla: Ja, jetzt kommen Sie mal - - Mal langsam! Sie können mich ja gleich Zeuge Ronald Pofalla: Also, ich kann nur sagen, noch kritisieren; damit kann ich ja gut leben. dass ich nichts verheimlicht habe. Alles, was ich

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Nur zur dienstlichen Verwendung wusste, habe ich jeweils, wenn es gesichert war, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem PKGr mitgeteilt, und ich glaube, dass es ei- NEN): Haben Sie über - - Nein, lassen Sie mich nen so dichten Informationsaustausch zwischen die Frage umformulieren: Haben Sie überprüfen dem PKGr und dem Kanzleramt wie ab Ende Juli lassen, ob Ihr eigener Selektor, ob Ihre Handy- bis November niemals mehr gegeben hat. Wir ha- nummer, in Bad Aibling eingesteuert worden ist? ben alles offengelegt, was wir hatten, wenn wir die Sachverhalte kannten. Darf ich aber auch Zeuge Ronald Pofalla: Nein, habe ich auch gar noch mal auf einen Punkt hinweisen? keine Veranlassung zu gehabt.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich hatte Ihnen eine Frage gestellt, Herr NEN): Warum nicht, wenn Sie Opfer sind? Pofalla. Ich möchte nicht auf Punkte hingewiesen werden, ich würde gerne meine Frage beantwor- Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe deshalb keine tet bekommen: - Veranlassung gehabt, weil es ja die unterschiedli- chen Verknüpfungen gab. Die sind in meiner Zeuge Ronald Pofalla: Aber ich gebe die Antwor- Amtszeit mir nie vorgetragen worden; davon ten, und deshalb - - habe ich nie Kenntnis gehabt.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - Wussten Sie von der Kooperation der NEN): Aber das ist ja ein Widerspruch an sich. NSA mit dem BND in Bad Aibling? Wenn die Ihnen nie vorgetragen worden sind, wussten Sie ja nicht um diese Verknüpfung. Zeuge Ronald Pofalla: Jetzt gebe ich trotzdem Also, noch mal, Herr Pofalla: Wussten Sie, dass erst die Antwort. Sie reden ja mit jemandem, der in Bad Aibling die NSA mit dem Bundesnach- ist selber Opfer, nach öffentlichen Berichterstat- richtendienst gemeinsam viele Millionen Se- tungen - bestätigt worden ist mir das bis heute lektoren steuert über Satellit, aber auch aus Glas- nie -, der angeblichen Abhörung durch die NSA faserverkehren? geworden. Sie können sich an die Berichterstat- tung des Sommers oder Herbstes 2015, war das, Zeuge Ronald Pofalla: Eindeutig nein. glaube ich, erinnern? Also, dass Sie mich da jetzt angreifen, wundert mich. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wurde Ihnen nie vorgetragen? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich stelle Ihnen Fragen, Herr Pofalla. Sie Zeuge Ronald Pofalla: Nein. beantworten sie nur leider nicht. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, nein, ich bin ja gelas- NEN): Die Rechts- und Fachaufsicht des Bundes- sen. Also, Sie haben schon auch durch die Tona- nachrichtendienstes wusste von dieser Koopera- lität deutlich gemacht, wo Sie hinwollen, und tion in Bad Aibling nichts? nur deshalb weise ich jetzt da einmal drauf hin: Sie reden mit jemandem, wenn die öffentliche Zeuge Ronald Pofalla: Das weiß ich nicht. Berichterstattung stimmt - noch mal: mir ist das nie mitgeteilt worden; aber die Medien haben an Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einem bestimmten Tag darüber ausführlich be- NEN): Aber Sie waren doch als Chef BK - - richtet, dass mein Handy abgehört worden ist -, der selber Opfer dieser Aktion gewesen wäre, Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber Sie haben mich hätte sie so stattgefunden. Ich - - doch jetzt gefragt, ob ich darüber - -

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Fraktion der CDU/CSU. Frau Kollegin War- NEN): Ja. ken beginnt.

Zeuge Ronald Pofalla: Ich kann nur für mich re- Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Herr den. Ich bin darüber nie unterrichtet worden, Pofalla, ich komme noch mal auf das Gespräch und ich habe das nicht gewusst. Ende Oktober 2013 zurück, bei dem Sie dann ja über die Selektoren mit Bezug zu befreundeten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und jetzt Botschaften in Krisenländern erfahren haben. müssten wir die letzte Frage haben. Hatten Sie - - Zuerst vielleicht die Frage - - Also, ich hatte es richtig verstanden, dass das ein Rou- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tinetermin war, der nicht extra vereinbart war zu NEN): Und - letzte Frage - als das Kanzlerinnen- dem Anlass, dass Herr Schindler da berichten handy am 24. oder wahrscheinlich ja bei Ihnen wollte, sondern das war ein Routinetermin? ein, zwei Tage früher Thema wurde, hat sich auch niemand gefragt: „Sag mal, kann es sein, Zeuge Ronald Pofalla: Ja, so habe ich es in Erin- dass wir diese Nummer in irgendeiner Form nerung, dass wir einen Termin hatten und er selbst einsteuern in einer der Kooperationen, die mich dann gebeten hat am Ende des Termins, ob wir mit den USA haben?“? Das war kein Thema? er mich über eine Sache unterrichten könnte. Und dann sind nach meiner Erinnerung - ich Zeuge Ronald Pofalla: Da habe ich keine Se- habe es ja gesagt - Herr Heiß und ich quasi mit kunde drüber nachgedacht. Und wenn Sie sich Herrn Schindler sitzen geblieben vermutlich - ich erinnern - ich glaube, Sie waren es sogar -, haben weiß nicht mehr, wo das war; war wahrschein- Sie mich gefragt in der Sitzung im Juli, als ich lich im Kanzleramt oder in dem Raum oder sind hier im Ausschuss war: „Ihre Nummer war wahr- in einen anderen Raum gegangen, weiß ich nicht scheinlich auch dabei?“, und da habe ich salopp mehr - - Aber dann sind wir unterrichtet worden. gesagt: „Ja, so wird es wahrscheinlich gewesen Aber noch mal: Über Selektoren ist da nicht gere- sein“, und dann ist ja Wochen später tatsächlich det worden. rausgekommen, dass das so ist. Nina Warken (CDU/CSU): Aber grundsätzlich zu Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Thema Erfassung, Steuerung bzw. - - NEN): Ah, ja, ja. Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein, nein, ich wie- Zeuge Ronald Pofalla: Selbst zu dem Zeitpunkt, derhole es noch mal - also wirklich, damit das gebe ich mal offen zu, wäre ich überhaupt nicht klar bleibt -: Herr Schindler hat darüber berichtet, auf die Idee gekommen, darüber nachzudenken, dass nach seinen Erkenntnissen der BND in Kri- dass das so gewesen sein könnte, geschweige senländern befreundete Botschaften aufgeklärt denn in meiner eigenen Amtszeit. habe.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nina Warken (CDU/CSU): Aufgeklärt. NEN): Deswegen lohnt es, meine Fragen gut zu beantworten. Und wir haben ja zum Glück noch Zeuge Ronald Pofalla: Und ich habe deutlich ge- mehr Runden. - Vielen Dank. macht: Nach meiner Erinnerung war er nicht mal dazu in der Lage, ob dies für Nicht-Krisenländer Zeuge Ronald Pofalla: Ja, gerne. Ich freue mich. gelte und um welche befreundete Botschaften es sich handelt. Das war das, was er mitgeteilt hat. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau, das machen wir dann. - Und wir kommen jetzt zur Nina Warken (CDU/CSU): Gut, das hat er Ihnen nächsten Fraktion in der ersten Runde. Das ist berichtet. Haben Sie das Gefühl gehabt, dass Herr

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Heiß und Herr Schindler sich zu dem Thema vor- scheinlich den Satz der Kanzlerin im Sinn ge- her schon mal ausgetauscht hatten? Hintergrund habt, haben dann das berichtet bekommen. Was meiner Frage: Herr Schindler hat uns berichtet, er haben Sie ihn da weiter gefragt? Haben Sie ihn habe sich - - oder er wurde informiert von seinen gefragt: „Ja, nur Botschaften, oder vielleicht auch Mitarbeitern über eben kritische Ziele, kritische Regierungsstellen, Ministerien, einzelne Perso- Selektoren mit EU- und NATO-Bezug und habe nen?“, oder haben Sie das Thema dann gar nicht dann proaktiv Sie und Herrn Heiß unterrichtet. weiter vertieft? Und Herr Heiß sagte uns vorhin, dass er, nach- dem er auch den Satz der Kanzlerin gehört hat, Zeuge Ronald Pofalla: Also, ich habe das nicht mal nachgefragt hat beim BND bzw. Herrn als Hinterfragen in Erinnerung, sondern mehr Schindler gefragt hat, wie das denn sei: „Machen konnte Herr Schindler nicht sagen, und es war wir so was auch?“, und das konnte Herr Schind- natürlich nicht ausreichend; ist ja gar keine ler ihm nicht beantworten, und er hat dann da- Frage. Und weil es nicht ausreichend war, habe rum gebeten, das zu überprüfen und danach wie- ich darum gebeten, mich schriftlich darüber auf- der eben zu berichten. Also, es sind ja schon, zuklären, wenn man weitere Erkenntnisse hat. jetzt sage ich mal, zwei unterschiedliche Ge- schichten. Also im Ergebnis wurde Ihnen das Nina Warken (CDU/CSU): Er hat ja dann eine mitgeteilt, was Sie dann gerade auch geschildert Weisung erlassen im Dienst, die ja recht weitge- haben. Aber das wäre für uns schon noch mal hend war. Also da sollte alles, was Bezug zu EU- wichtig, jetzt zu erfahren, ob Sie den Eindruck und NATO-Staaten hatte, ja rausgenommen wer- hatten, das war eine proaktive Sache von Herrn den. Hatten Sie Kenntnis von dem, was er dann Schindler, oder ob es dazu vorher einen Auftrag tatsächlich angewiesen hatte, oder wie war denn an ihn gab, das herauszufinden. der Auftrag, den Sie ihm mitgegeben haben? „Das stellen wir jetzt sofort ab, was ich da gehört Zeuge Ronald Pofalla: Da könnte ich jetzt nur habe“, oder war das auch weitgehender? drüber spekulieren. Ehrlicherweise sage ich mal: Ich hatte bei Herrn Schindler nie den Eindruck, Zeuge Ronald Pofalla: Nein, das war schon so, als ob er jetzt von irgendjemandem geschickt wie ich es dargestellt habe. Aber ich kontrolliere wird oder was macht. Wenn Herr Schindler Er- ja jetzt nicht, welche Weisung in der Umsetzung kenntnisse hatte, hat er die mir vorgetragen. Also, einer Weisung, die ich erteilt habe, der Präsident war ein sehr autonomer Mann, der, glaube ich, des Bundesnachrichtendienstes vornimmt, zumal versucht hat, den BND vernünftig weiterzuentwi- ich gar keinen Zweifel daran hatte - - Das, was er ckeln und der von mancher Entwicklung auch uns geschildert hat, und die Deutlichkeit, dass überrascht war. das zu unterbleiben hat, zwischen uns Dreien, wie wir da saßen, also Herrn Schindler, Herrn Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt haben Sie gesagt, Heiß und mir, war völlig unstreitig. Also, ich er konnte keine - „nicht mal“, so haben Sie es ge- musste ja jetzt nicht Herrn Schindler anweisen, sagt, - gegen seinen Willen etwas abzustellen, was er für richtig gehalten hat, sondern - Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Nina Warken (CDU/CSU): Das ist klar. Nina Warken (CDU/CSU): - Äußerungen dazu tä- tigen, ob auch in Nicht-Krisenländern - - Zeuge Ronald Pofalla: - er hat mir mitgeteilt, was passiert ist, und wir waren der Auffassung: „Das Zeuge Ronald Pofalla: Ja. muss abgestellt werden“, und deshalb habe ich gesagt: Ist bitte abzustellen. Punkt. Nina Warken (CDU/CSU): Also haben Sie das Ganze schon hinterfragt. Also, Sie haben wahr- Nina Warken (CDU/CSU): Aber das, was er abge- stellt hat, war ja wesentlich mehr. Also, was er da

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Nur zur dienstlichen Verwendung ja als Beispiel oder Definition genannt hat, war ja war, da noch mal das Gespräch gesucht, hinter- enger begrenzt: Krisenländer, Botschaften. fragt: „Mensch, haben wir das gewusst, oder wa- rum haben wir das etwa nicht gewusst?“? Haben Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Sie da noch mal drüber gesprochen?

Nina Warken (CDU/CSU): Und er hat ja dann im Zeuge Ronald Pofalla: Kann ich mich nicht dran Prinzip alles abstellen lassen. Das hat man dann erinnern. Also, noch mal: Die Abläufe sind an- schrittweise ja auch wieder revidiert, weil man ders. Also, ich meine es jetzt nicht böse; aber wir gemerkt hat, es sind doch auch wichtige Dinge haben da nicht viel Zeit, über Erfahrungen zu re- dabei, die man vielleicht weiterhin tun sollte; so den, nach Gesprächen, die wir gemacht haben. wurde es uns berichtet. Aber er hat es ja viel Da war alles immer so durchgetaktet, da kam ein großflächiger abstellen lassen, als es eigentlich Termin nach dem anderen. Und ich weiß gar vielleicht dann notwendig gewesen wäre, oder es nicht, ob ich mit Herrn Heiß jemals noch mal hat auf jeden Fall mehr betroffen als nur diese darüber gesprochen habe, zumal - das muss man Beispiele, diese Definitionen, die er Ihnen ge- mal sagen - das Berichtswesen im Kanzleramt ist nannt hat. Und da ist so ein bisschen - - stellt so konsequent, wenn Sie da einen Bericht anfor- sich eben die Frage: Wieso hat er das gemacht? dern, der kommt. Ich habe am Anfang in den ers- Wieso hat er Ihnen da nicht von mehr berichtet? ten Wochen, weil ich das als Anwalt so gewöhnt Vielleicht hat er auch erst danach mehr erfahren. war, weil man so seine eigenen Büroerfahrungen Ich weiß es nicht. Aber so etwas einen Wider- macht, mir manchmal so wichtige Vorlagen sel- spruch gibt es da ja schon zwischen dem, was er ber immer in mein handschriftliches Terminbuch bei Ihnen vorgetragen hat, und dem, was er dann geschrieben, weil ich gedacht habe: Mal gucken, ja tatsächlich gemacht hat, nämlich diese ganz ob die kommen. - Also, das Kanzleramt ist da pauschale Weisung. Da ist die Frage: Was war da gnadenlos. Wenn Sie einen Bericht anfordern, der Anlass? Hatten Sie ihm was mitgegeben, oder kommt der. Da brauchen Sie keine Frist notieren. hatte er eben dann noch weitere Erkenntnisse, Die wird eingehalten, wenn Sie eine setzen; da die ihn dazu veranlasst haben, oder was ganz an- brauchen Sie gar nichts machen. Und deshalb deres? war die Sache für mich auch klar. Also, das Kanzleramt ist so super organisiert - - Zeuge Ronald Pofalla: Nach meiner Erinnerung bin ich ja von ihm - und nur deshalb könnte ich (Dr. Konstantin von Notz ja auf die Spekulation, die Sie haben, dann ant- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- worten - - Er hat ja mich darauf nie wieder ange- NEN): So zufriedenes La- sprochen in meinen dann verbleibenden wenigen chen war selten auf der Re- gierungsbank in den letzten Wochen im Kanzleramt. Also, was ihn jetzt dann drei Jahren, ja!) bewegt hat, das offensichtlich anders zu ma- chen - - Erstens weiß ich nicht, ob er es anders - Ja, aber muss man jetzt mal sagen. Das Kanzler- gemacht macht. Aber jetzt unterstelle ich mal die amt halte ich wirklich - - Also, ich habe ja nun Richtigkeit: Wenn er es sozusagen grundlegender viele Erfahrungen gehabt. Ich halte das für die oder erweiterter gemacht hat, dann müssen Sie bestorganisierte Behörde, die ich in meinem Le- ihn fragen; das weiß ich nicht. Wir haben nur ben kennengelernt habe, wirklich toll! über diesen Punkt gesprochen, den ich benannt habe, und da habe ich gesagt: Einstellen! (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Außer Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie dann im Abteilung 6!) Nachgang mit Herrn Heiß darüber gesprochen, ob das bekannt war in Ihrem Haus? Wurde das in - Doch, doch, doch! dem Gespräch klar? Oder haben Sie dann viel- leicht im Nachgang, als Herr Schindler dann weg

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1. Untersuchungsausschuss

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich bin sehr nicht darüber unterrichtet, was für mich jetzt geneigt, die Sitzung jetzt zu schließen; aber ich schon ein bisschen eigenartig ist. Wenn aber glaube, das geht noch nicht. dann doch so ein Bericht angefordert wird von Ihnen, wenigstens dann müsste doch Herr Heiß Zeuge Ronald Pofalla: So, und jetzt muss ich mal seinem Referatsleiter, dem zuständigen, sagen: sagen: Ich war ja manchmal sogar - - Wenn Sie so Pass mal auf, das und das wurde besprochen, das dann wieder bei anderen Themen sind, dann wurde berichtet, das wurde veranlasst, und es kommt nach zwei Wochen plötzlich oder nach soll einen Bericht geben. - Wäre doch der nor- drei Wochen ein Bericht, den haben Sie tatsäch- male Gang gewesen aus meiner Sicht. Oder sehe lich angefordert. Und dann, muss ich sagen, ich das jetzt völlig falsch? wenn ich dann abends meinen Koffer wieder mit- nahm, musste ich manchmal wirklich selber Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, jetzt haben Sie ja in schmunzeln, weil ich hatte das Ding schon wie- Ihrer Frage zwei Elemente. Das eine Element ist der völlig vergessen. Dann kam aber der von mir die Frage des Nachhaltens des Berichtes. Da, angeforderte Bericht, sodass ich überhaupt kei- würde ich sagen, gab es ja keine Veranlassung, nen Zweifel hatte: Wenn ich jetzt den Bericht weil auch beim BND habe ich ja die Erfahrung vom BND haben will, dann werde ich den krie- gemacht: Wenn ich etwas angefordert habe, habe gen. ich das auch bekommen. Also, da war für mich selber nie ein Zweifel, dass das dann nicht Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt habe ich es nicht kommt [sic!]. Es hat manchmal länger gedauert, mehr ganz in Erinnerung, was Sie eingangs gesagt weil bestimmte Fragen geklärt werden mussten, haben zu dem angeforderten Bericht. Hatten Sie und manchmal hatte ich auch spezielle Fragen, da eine Frist gesetzt? die waren wahrscheinlich aufwendig zu klären. Aber wenn ich einen Bericht angefordert habe, ist Zeuge Ronald Pofalla: Entschuldigung, ich habe der gekommen. Und anders ausgedrückt: Der es akustisch nicht verstanden. geht ja dann seinen Dienstweg. Also, der kommt ja nicht sozusagen - - Herr Schindler bringt ja Nina Warken (CDU/CSU): Ich habe es nicht mehr nicht den Vermerk und schmeißt mir den auf den in Erinnerung, ob Sie vorhin gesagt haben, dass Tisch. Sie für den Bericht auch eine Frist gesetzt haben. Nina Warken (CDU/CSU): Wie wäre denn der Zeuge Ronald Pofalla: Nein, habe ich nicht, weil Dienstweg? klar war, dass das möglichst schnell geklärt wer- den muss. Und ich habe ja das Beispiel gerade Zeuge Ronald Pofalla: Ja, der Dienstweg wäre mit dem Kanzleramt gesagt: Da müssen Sie keine über die Abteilung 6 gewesen, und damit wäre er Fristen setzen. Also, da wird präzise gearbeitet, ja bei der Abteilung 6 dann ja auch angekommen, und wenn der Kanzleramtschef was haben will, weil das ja der normale Dienstweg ist, dann über dann kriegt er es. die Abteilungen zu kommen.

Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt kam es in Ihrer Nina Warken (CDU/CSU): An Herrn Heiß dann Amtszeit nicht mehr, haben Sie gesagt. Und wir direkt von der - - haben ja mit dem Herrn Heiß vorhin auch aus- führlich über das Gespräch und das, was im Zeuge Ronald Pofalla: Ich weiß jetzt nicht, ob Nachgang dann dazu passiert ist, gesprochen. Er das über den Referatsleiter oder den Unterabtei- hat uns gesagt - und da ist jetzt auch so eine lungsleiter geht. Also, früher habe ich das ge- kleine Divergenz -, da gab es aus seiner Sicht im wusst; aber ich gebe jetzt mal offen zu, das ist Nachgang gar nichts mehr zu tun, das sei ja abge- schon wieder so lange her. Der Weg, der üblich stellt gewesen, das Problem war erledigt, und er ist, wäre da eingehalten worden, und dann wäre habe auch seine Abteilung, also seine Referate,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 107 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung der über die Abteilung 6 wahrscheinlich dann Also, Herr Heiß hat uns jetzt auch überhaupt von unten nach oben zu mir hochgegangen. nicht gesagt, dass da ein Bericht in Aussicht ge- stellt oder angefordert wurde. Aber warum gab es Nina Warken (CDU/CSU): Okay. Also wäre der denn da keine Veranlassung, da mal nachzuha- Bericht oder das Nachfassen bezüglich des Be- ken? Das ist so eine der großen Fragen, die wir richts jetzt kein Grund gewesen, die Abteilung zu hier nämlich noch haben: Was ist zwischen Okto- unterrichten für den Herrn Heiß. Aber wäre es ber 2013 und März 2015 passiert? Sie waren da nicht, grundsätzlich gefragt, schon normal, dass nicht mehr damit befasst; das ist uns auch klar. er über so was bei seinen Leuten berichtet, viel- Herr Heiß war derjenige im Kanzleramt, der Be- leicht auch fragt, ob Erkenntnisse vorliegen zu scheid wusste, aber auch nichts veranlasst hat, dem Problem, das geschildert wurde, oder dass sondern erst mit dem Altmaier-Besuch in Pullach man da den Auftrag gibt: „Da müssen wir mal ge- kam das Thema wieder hoch. Aber dann wäre es nauer draufschauen“? Oder meinen Sie, dass das doch zumindest, wenn Herr Heiß mitbekommen in Ordnung war, wenn Herr Heiß da jetzt davon hat, da soll ein Bericht kommen, irgendwann mal ausgehen konnte, er hat da überhaupt nichts wei- angezeigt gewesen, man fragt da mal nach: Ist der ter veranlasst? Bericht da? Ist der an mir vorbeigegangen? - Oder wie können Sie sich das jetzt in der Rückschau Zeuge Ronald Pofalla: Also, ich habe Herrn Heiß erklären, auch wenn Sie dann ja auch nicht mehr in den - wenn ich das richtig in Erinnerung im Haus waren? habe - ja drei Jahren, nicht ganz drei Jahren unse- rer Zusammenarbeit - vorher war ja noch Herr Zeuge Ronald Pofalla: Auch die Frage ist ja zwei- Fritsche eine gewisse Zeit da - als absolut korrekt geteilt. Fangen wir mal mit dem zweiten Teil an, erlebt, und ich habe gar keinen Zweifel, dass er weil das Ihr letzter war. Also, da könnte ich jetzt gute Gründe gehabt hat, warum er so gehandelt nur spekulieren. Fragen Sie Herrn Heiß! Ich weiß hat. Aber offen gestanden habe ich mir nie dar- nicht, ob der nachgefragt hat oder nicht; dazu über Gedanken gemacht, wie Abteilungsleiter des kann ich Ihnen keine Antwort geben. Ehrlicher- Kanzleramtes, wenn sie klug handeln - - Was sie weise verstehe ich jetzt gar nicht, was in Pullach machen sollten, das wussten die schon selber. war und was der Zusammenhang zu der Mittei- Und an der Integrität von Herrn Heiß habe ich lung sein soll, die Herr Schindler mir da Ende nie Zweifel gehabt. Oktober gegeben hat; den Zusammenhang er- kenne ich nicht mal. Nina Warken (CDU/CSU): Jetzt hat Herr Heiß uns berichtet, er hat den Vorgang dann bei sich abge- Nina Warken (CDU/CSU): Ende Oktober war die hakt gehabt mehr oder weniger und hat erstmals Information: Wir haben möglicherweise da ein wieder davon gehört, als Peter Altmaier im März Problem mit der Steuerung - 2015 Pullach besucht hat und dort - neben ande- ren Themen - eben auch über den Vorgang BND- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. eigene Selektoren und problematische Selektoren des BND mit EU-/NATO-Bezug unterrichtet Nina Warken (CDU/CSU): - von befreundeten wurde und man dann eben im Nachgang des Be- Botschaften in Krisenländern. Dann gab es diese suches da aufgearbeitet hat usw. Dann ist ihm globale Weisung von Herrn Schindler. Daraufhin auch eingefallen, dass es eben dieses Gespräch wurden ganz viele Selektoren ja aus der Erfas- mit Ihnen gegeben hat. Jetzt ist ja da eine recht sung rausgenommen oder aus der Steuerung, und lange Zeit: Oktober 2013 bis März 2015. Einen es wurde eine Liste erstellt, in die die alle, jetzt Bericht scheint es da nicht gegeben zu haben; zu- mal vereinfacht gesagt, reingekommen sind, und mindest scheint der nicht bei Herrn Heiß über diese Liste wurde dann Herrn Altmaier im März den Tisch gegangen zu sein, was - haben Sie ja 2015 vorgelegt, unter anderem. Die haben auch auch ausgeführt - der normale Weg wohl gewesen noch andere Themen besprochen; aber das war wäre. Wie ist das zu erklären? Und warum - - eben ein Thema. Also aufgrund dieser Weisung

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 108 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung von Herrn Schindler im Nachgang zum Gespräch Zeuge Ronald Pofalla: - weil ich da bereits weg mit Ihnen wurden die ganzen kritischen Se- war oder große Teile davon weg war. lektoren in eine Liste gemacht, und die Liste wurde Peter Altmaier 2015 gezeigt. Zwischen- Nina Warken (CDU/CSU): Und wenn jetzt so ein drin, also zwischen Oktober 13 und März 15, ist Bericht - Sie haben gesagt, Kanzleramt arbeitet eben nichts passiert. Herr Heiß sagte uns, als er ganz korrekt, - dann erfahren hatte, dass es so eine Liste gibt, die eben auf diese Weisung im Nachgang zum Ge- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. spräch bei Ihnen zurückzuführen ist, hat er sich auch wieder erinnert: Ah ja, da gab es ja das Ge- Nina Warken (CDU/CSU): - und der BND hat ei- spräch. - In den ganzen Monaten dazwischen hat gentlich auch immer geliefert - tatsächlich ange- er sich auch mit dem Thema nicht mehr befasst. fordert war, wie Sie uns sagen, wäre es auch das So hat er es uns dargestellt, und auch sonst Normale gewesen, dass so ein Bericht kommt. konnte uns kein anderer sagen, was denn in die- Und wenn jetzt keiner den Bericht kennt, dann ser ganzen Zeit passiert ist. Also, es wurde der ist es entweder - keine Ahnung - versäumt wor- Bericht ja nicht abgeliefert, noch hat sonst je- den, oder es schlummert doch noch irgendwo ein mand irgendwie nachgefragt. Es wurde halt im Bericht rum, den keiner kennt. BND entsprechend die Steuerung verändert - das ist schon passiert -, aber man hat das Thema Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, man hat natürlich nicht mehr weiter nach oben gegeben, und man also jetzt nicht in dem Zusammenhang - - Noch hat auch von oben nicht mehr weiter nachgefragt: mal: Danach habe ich davon nie wieder was ge- „Was ist passiert?“, oder den Bericht eingefor- hört, Ende Oktober. Aber nehmen Sie mal den dert. So stellt sich jetzt uns die Geschichte dar. Sommer 2013 insgesamt, der war so intensiv. Hin Das ist schon, sage ich mal, für uns etwas merk- und wieder ist Herr Schindler dann auch gekom- würdig oder bemerkenswert, dass man da eben men und hat gesagt, also seine Leute würden jetzt nicht nachgefasst hat, vor allem wenn, wie Sie bei bestimmten Sachen daran oder daran arbei- uns jetzt sagen - das hat uns bisher auch noch ten, und das würde jetzt noch drei Wochen dau- keiner gesagt -, eben dieser Bericht angefordert ern, aber man sei da dran. Oder er hat mir münd- war. Wo könnte es da gehakt haben? lich auch mal einen Zwischenstand gegeben, be- vor ein Bericht kam. Also, das hat es ja alles gege- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, das weiß ich nicht, da ben. Also, es ist jetzt nicht nur Bericht, und dann müsste ich spekulieren. Aber ehrlicherweise, so passiert lange nichts, und dann kommt nichts. In wie Sie es schildern, hätte ich den Zusammen- der Zeit haben wir ja so eng miteinander zu tun hang auch nicht hergestellt. gehabt, dass ich häufig auch Zwischenstände mündlich erfahren habe, die dann später, wenn Nina Warken (CDU/CSU): Herr Heiß hat ihn ge- der Bericht erstellt worden war, dann ja auch in sehen, hat aber - - einen solchen Bericht eingeflossen sind.

Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich nicht. Also, ich Und jetzt muss ich sogar auch noch ehrlicher- hätte ihn nicht gesehen, ehrlicherweise. Aber gut, weise sagen: Manchmal haben sich ja sogar die das liegt jetzt auch daran: Mit dem Ausscheiden Erkenntnisse des BND hinsichtlich bestimmter am 17. Dezember habe ich keinerlei Informatio- Überprüfungen innerhalb weniger Tage und nen mehr gehabt über Erkenntnisse, die dann zu- manchmal Wochen völlig verändert, weil auch geflossen sind. Ich kann nur immer über den die plötzlich neue Erkenntnisse hatten. Also, das Stand berichten, den ich bis dahin hatte. Und war ja insgesamt, ich würde mal sagen, ein at- Ihre Frage, was in der Zwischenzeit passiert ist, mender und aktiver Prozess. kann ich natürlich auch nicht beantworten, - Nina Warken (CDU/CSU): Und gab es jetzt ir- Nina Warken (CDU/CSU): Klar. gendwelche mündlichen Rückäußerungen?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 109 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Zeuge Ronald Pofalla: Nein. geführt habe, weil ich manchmal als Anwalt meinem Büro, sagen wir mal, nicht ganz vertraut Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Ich würde Sie habe, ob da Fristen - - wenn sie kaputtgehen, jetzt gern noch zu einem Vorgang befragen im natürlich auch erhebliche Folge haben - - habe Frühjahr 2013. ich mir wichtige Sachen selber aufgeschrieben. Auf die Idee wäre ich weder beim Kanzleramt Zeuge Ronald Pofalla: Ja. noch beim BND gekommen, weil immer die Sachen, die ich wollte, am Ende auch gekommen Nina Warken (CDU/CSU): Dort hat man inner- sind. Und jetzt, verstehe ich, haben Sie eine Le- halb des BND schon eine interne Weisung erar- benserfahrung nicht: Sie haben noch nicht an beitet, eine Weisung zur Steuerung von Botschaf- Koalitionsverhandlungen teilgenommen. ten und Regierungseinrichtungen. War Ihnen das bekannt? Und war Ihnen bekannt, dass bei der Dr. André Hahn (DIE LINKE): Kann ja noch kom- Erstellung der Weisungen auch schon Selektoren men. deaktiviert wurden, mehrere Hundert? Zeuge Ronald Pofalla: Nein. - Ich will aber auf Zeuge Ronald Pofalla: Nein, keine Kenntnis. die Terminlagen auch mal hinweisen. Also, ich habe die Leitungsgruppe der Koalitionsverhand- Nina Warken (CDU/CSU): Okay. - Gut, dann lungen geleitet, und ich war zugeschüttet mit Be- würde ich für die Runde mal abgeben. Danke. richten aus den Arbeitsgruppen, und ich musste häufig auch in die Arbeitsgruppen gehen. Also, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Damit die Sache war angewiesen: Einstellen! Es war die kommen wir zur zweiten Fragerunde, in der auch Bitte: Bericht. Damit war die Sache für mich ab- wieder die Fraktion Die Linke beginnt. Herr Kol- gehakt, weil dafür hatte ich ein ganz anderes Ta- lege Hahn. gespensum in den dann heißen Wochen der Koalitionsverhandlungen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Ich will mal mit dem Letzten Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wann haben Sie anfangen, dass Sie so ein atmendes Verhältnis denn den Herrn Heiß das letzte Mal gesehen? hatten und sich ja öfter gesehen haben mit dem BND-Präsidenten. Da kommt der zu Ihnen, sagt: Zeuge Ronald Pofalla: Ich? „Wir haben hier ein Problem“ - da komme ich gleich noch drauf zurück -, und Sie sagen, das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. soll abgestellt werden. Und dann sehen Sie sich den übernächsten Tag oder nach einer Woche Zeuge Ronald Pofalla: Jetzt. Oder wann meinen oder nach 14 Tagen wieder, und da ist Ihnen nie Sie jetzt? irgendwie mal - - oder sind Sie nie auf die Idee gekommen, mal zu sagen: „Also, Herr Präsident Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich meine, so in oder Herr Schindler, ist denn das nun geklärt? letzter Zeit, ja. Gibt es da noch Probleme, oder hat es Schwierig- keiten gegeben?“? Wäre das nicht ein normaler Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe Herrn Heiß, seit Umgang miteinander, um zu hören und zu sehen, ich im Kanzleramt Akteneinsicht genommen dass die Weisung, die ausgesprochen ist, einfach habe im Sommer des 2015, also vor meiner Ver- dort auch klar umgesetzt worden ist? nehmung, nicht mehr gesehen, und ich habe ihn einmal zufällig am Berliner Hauptbahnhof getrof- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, mindestens nicht fen, weil wir uns am Bahnsteig getroffen haben. für mich, weil das Nachfragen - - Noch mal: Ich Da haben wir uns freundlich gegrüßt. Ich habe habe das ja vorhin mit dem Kanzleramt erzählt, gefragt, wie es seiner Familie geht; er hat gefragt, sodass ich als Anwalt immer so ein eigenes Buch

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung wie es meiner geht. Das haben wir ausgetauscht, dass doch eine beachtliche Anzahl und dann sind wir in unsere Züge gestiegen. von EU- und NATO-Zielen gesteu- ert wird im Bundesnachrichten- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie können sich si- dienst und das unter dem Ge- sichtspunkt der politischen Äuße- cher vorstellen, dass das nicht der Hintergrund rung der Kanzlerin möglicher- meiner Frage war. Vielleicht haben Sie sich nicht weise … ein Problem werden gesehen, sondern haben miteinander gesprochen. könnte.“ Man kann ja auch miteinander telefonieren, also zum Beispiel um bestimmte Sachen abzustim- Ende Zitat Schindler. men oder sich noch mal zu vergewissern oder be- stimmte Aussagen abzusprechen. So kenne ich das auch. Und jetzt wird so getan, als wenn das Kanzleramt von diesen ganzen Vor- Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe mit Herrn Heiß gängen, EU-, NATO-Ziele, Botschaften - Botschaf- keine Gespräche geführt im Blick auf die heutige ten schon, das ist das Einzige, was eingeräumt Vernehmung hier im Untersuchungsausschuss, wird -, Politiker, EU-Institutionen, Parlamente, um mich mit ihm abzustimmen. von alldem nichts gewusst hat. Ich verstehe das nicht so richtig. Und ich verstehe, dass Sie das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Keine Gespräche nicht zugeben wollen, weil das ein Problem sein mit ihm geführt oder keine Gespräche auf die könnte. heutige Vernehmung bezogen? Zeuge Ronald Pofalla: Ja, jetzt mache ich dazu Zeuge Ronald Pofalla: Beides. drei Feststellungen.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wissen Sie, der Dr. André Hahn (DIE LINKE): Denn man tau. Hintergrund meiner Frage ist ein bisschen - - An viele Sachen kann man sich nicht mehr erinnern, Zeuge Ronald Pofalla: Die erste ist: Ich habe warum was genau gesagt worden ist, was für eine überhaupt keinen Zweifel an der Integrität von Weisung, wie das gelaufen ist, ob es einen Be- Herrn Schindler. richt gab, wie Sie gesagt haben, oder geben sollte. Das wusste Herr Heiß nicht, der bei dem Ge- Dr. André Hahn (DIE LINKE): In dem Fall wir spräch dabei war. Alles ist weg, oder vieles ist auch nicht, ja. weg. Aber eine Formulierung ist fast wortgleich: Botschaft vom Partnerland in Krisenregionen. - Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ja, aber damit nur Das klappt alles, wird von beiden gesagt. Meine das klar ist. Dann haben wir ja wenigstens in un- Schwierigkeit ist ein bisschen: Ich habe den serer Einschätzung eine Gemeinsamkeit; ist ja Herrn Schindler auch schon Monate vorher in ei- schon mal positiv, fängt ja schon gut an. nem anderen Gremium gehört, über das wir hier ja nicht im Detail sprechen dürfen. Da hat der Die zweite: Ich habe mit Herrn Heiß nicht ge- das, was er hier ausgesagt hat, auch so gesagt. Da sprochen. Noch mal: Das letzte Mal, ich glaube, saß aber die Fach- und Rechtsaufsicht daneben, vor vielen, vielen Monaten, haben wir uns am und niemand hat der Version von Herrn Schind- Bahnhof getroffen, und davor habe ich mich mit ler widersprochen. Heute ist das so. Heute haben ihm - - einmal habe ich ihn gesehen, als ich mich Sie eine andere Version und Herr Heiß eine an- im Kanzleramt in den Raum gesetzt habe; aber dere Version, oder Sie haben eine gemeinsame das ist ja vor meiner letzten Vernehmung gewe- im Gegensatz zu Herrn Schindler, der hier ausge- sen, also vor dem Sommer 2015, als ich in den sagt hat - ich sage es noch mal - in der letzten Raum gegangen bin, wo ich Akteneinsicht ge- Vernehmung in der vergangenen Woche, dass er nommen habe. Also nicht der Fall. Ihnen mitgeteilt hätte,

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Und die dritte Anmerkung: Ich kann ja verstehen, jetzt mal, im Positiven unterstellt - um die Kanz- wenn Sie übereinstimmende Zeugenaussagen, sa- lerin zu schützen. Und diese Kette ist von Herrn gen wir mal, interpretieren wollen, weil Ihnen Schindler hier dargestellt worden. Da habe ich das Ergebnis nicht passt. Mich beruhigt es. So, gar keinen Grund, an seiner Integrität zu zwei- und noch mal: - feln.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, wenn alle Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich auch nicht. Aber drei übereinstimmen würden, Herr Pofalla. Wenn die Kette ist bei mir nicht angekommen, um es alle drei übereinstimmen würden, wäre es besser. mal so rum zu sagen. Ich muss mal sagen: Da kommt der Präsident des Bundesnachrichten- Zeuge Ronald Pofalla: - Ich sehe mich beruhigt, dienstes, erzählt Ihnen das mit den befreundeten weil ja ganz offensichtlich der Herr Heiß und ich Botschaften in Krisenländern, da ist man erstaunt eine ähnliche Erinnerung haben. Noch mal: und sagt: „Abstellen!“, und sagt: „Mehr können Sollte darin ein Widerspruch zu Herrn Schindler Sie jetzt nicht sagen?“, „Nein“, „Hätte ich gerne stehen: Ich habe überhaupt keinen Zweifel an der einen Bericht“; da habe ich doch keine Silbe in Integrität von Herrn Schindler. Wir reden hier dem Zusammenhang an die Aussage der Kanzle- über Erinnerungen von Sachverhalten, die inner- rin gedacht. Das ist doch absurd. halb von wenigen Minuten ausgetauscht sind. Da sitzen Sie ja nicht eine Stunde zusammen und re- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, absurd ist es den darüber, sondern das wird mitgeteilt; dann nicht, weil das die Aussage ist, die wir von Herrn haben wir wahrscheinlich ganz kurz darüber ge- Schindler hier haben. Und das ist ja genau der sprochen; dann habe ich gesagt: „Das wird einge- Punkt: Wenn er Ihnen das gesagt hat, was er hier stellt.“ Das war es. Bumm, kommt das nächste ausgesagt hat, dass - Ding. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Und den Zusammenhang, darf ich Ihnen mal ehr- lich sagen - ich finde ja diese Konstruktion mitt- Dr. André Hahn (DIE LINKE): - eine Variante lerweile witzig -, zu der Aussage der Bundes- kann ja nur stimmen - EU- und NATO-Ziele in kanzlerin und der Unterrichtung Ende Oktober, großem oder beachtlichem Umfang, war die For- den haben Sie hergestellt. Ich kann mich nicht mulierung, gesteuert werden und dass das ein mal erinnern, dass wir darüber geredet hätten, Problem möglicherweise für die politische Äuße- weil den Zusammenhang haben wir auch gar rung der Kanzlerin sein könnte - seine Aussage nicht gesehen. Es ging ganz konkret darum, was von letzter Woche -, dann ist natürlich die Frage, passiert ist, und das, was passiert ist, sollte einge- ob Sie dann nicht eigentlich verpflichtet gewesen stellt werden, und sonst gar nichts. wären, die Bundeskanzlerin auch in Kenntnis zu setzten. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Pofalla, das ist auch nicht durch uns konstruiert. Herr Also, mein Problem ist ein bisschen: Da läuft die Schindler hat uns gesagt, es gab im BND durch- Bundeskanzlerin durchs Land, bei Interviews, aus Erstaunen über die Äußerung der Bundes- auf CDU-Parteitagen, und überall erklärt sie mit kanzlerin, bei mehreren im BND. Und einer von etwas abgewandelten Worten, dass das alles gar den Leuten, die damit befasst waren, mit der nicht gehe und Ausspähen unter Freunden und technischen Aufklärung, hat ihm dann gesagt: Spionieren unter Freunden, und dann kommt der „Herr Präsident, das könnte sein, das ist ein Pro- Chef des eigenen Auslandsgeheimdienstes, geht blem, wenn die Bundeskanzlerin das immer wie- ins Kanzleramt, sagt nach seiner Darstellung: Wir der sagt und wir machen das auch“, und darauf- machen das auch. Bisschen aufgepasst, nicht hin hat er gesagt: „Ich muss schnell einen Termin überziehen. - Und nun weiß ich nicht, wie Ihr beim Chef Bundeskanzleramt machen“, also bei Verhältnis war, ob Sie dann normalerweise ge- Ihnen, um Ihnen das mitzuteilen und - ich sage sagt haben: „Frau Bundeskanzlerin“ oder

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„Angela, wir haben da ein kleines Problem, lass aber. - Darüber habe ich mit der Bundeskanzlerin uns, lassen Sie uns mal reden. Wenn Sie das jetzt nie geredet. Wir haben dann aber drei Wochen immer wieder betonen: Es kann sein, das fällt später herausgefunden - übrigens durch kompli- uns auf die Füße, weil unser Nachrichtendienst zierte Überprüfungen des BND technischer Art macht das auch. Sollten wir nicht mal eine selber -, dass es sich zwar um zwei Codes des Sprachregelung finden, wie wir damit umge- BND handelte, aber aus der Auslandsaufklärung hen?“ Wäre für mich eine logische Abfolge gewe- und die sich auch nur auf bestimmte Regionen sen in Ihrem Aufgabenbereich als Chef des Bun- bezogen und damit gar nicht um Deutsche ging, deskanzleramtes, auch die eigene Regierungsche- weil die wurden ja sogar, wenn sie sich in fin möglicherweise vor Ungemach zu schützen. Afghanistan aufgehalten hätten, rausgefiltert.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, die Funktions- jetzt die letzte Anmerkung. träger- -

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und ich frage Zeuge Ronald Pofalla: Nein, über solche Zwi- mich, warum das nicht passiert ist. schenstände habe ich die Kanzlerin nie infor- miert. Und hier hatte ich noch nicht mal einen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, das fra- Zwischenstand, sondern ich hatte einen Aus- gen Sie sich; aber Sie könnten den Zeugen fragen. gangssachstand, der eben geklärt werden musste, weil ich in dem Sommer so viele Sachen erlebt Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, habe ich doch habe, um das mal offen zu sagen, das hat man gemacht. sich ja alles gar nicht vorstellen können, übrigens in die eine wie in die andere Richtung. Und im- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ach so, nein, mer erst wenn ich relativ gesichert wusste, wo- Sie haben gesagt, das fragen Sie sich. rüber wir reden, habe ich mit der Bundeskanzle- rin darüber geredet. Zeuge Ronald Pofalla: Ich antworte ja auch gerne. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- chen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. ten Fraktion. Das ist die Fraktion der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber ich habe den Zu- sammenhang nicht hergestellt. Deshalb gab es für Nina Warken (CDU/CSU): Ich habe auch nur mich auch gar keine Veranlassung, vor dieser noch eine kurze Frage. - Wir wissen ja jetzt, dass ungeklärten Sachverhaltsfrage mit ihr darüber zu Herr Schindler da eine sehr umfassende Weisung sprechen. Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel - das erteilt hat, wonach eben alles mit NATO- und wird Sie jetzt sogar verwundern -: Bei der Aufklä- EU-Bezug rausgenommen worden ist. Es wurden rung einer bestimmten Sache - da geht es noch dann bestimmte Listen erstellt, und es gab eine mal um die beiden berühmten Codes im Zusam- Taskforce innerhalb des PKGr, die den Vorgang menhang mit Bad Aibling, von denen ja behaup- untersucht hat, und da gibt es auch einen öffent- tet wurde: 500 Millionen Daten durch die NSA lichen Bericht. Und wir wissen auch, dass eben - von Deutschen - ist irgendwann die Vermutung das fragte ich Sie vorhin bereits - schon 2013, im aufgekommen, dass diese beiden Codes - was August 2013 bei, sage ich mal, mehr oder weni- hinterher auch richtig war; nur, jetzt sage ich ger eigenständig, eigenmächtig vorgenommenen Ihnen mal, wohin die Vermutung ging - tatsäch- Untersuchungen von Mitarbeitern innerhalb der lich vom BND sind. Und dann, muss ich mal Abteilung TA im BND auch mehrere Hundert ganz ehrlich sagen, war ich aber in heller Aufre- Selektoren deaktiviert wurden. Das heißt, man gung, weil ich mir gedacht habe: Wenn das, was war sich da innerhalb des BND durchaus be- da veröffentlicht wird, so stimmt, dann ist es das wusst, dass es da einen kritischen Sachverhalt

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung gibt, dass es da Selektoren gibt, die vielleicht Nina Warken (CDU/CSU): Aber würden Sie es politisch brisant sind, die man dann ja auch raus- dann grundsätzlich eher als eine Bringschuld des gekommen hat. Aber es hat sich da nie jemand BND sehen oder auch als ein Stück weit eine veranlasst gesehen, das innerhalb des BND hoch- Holschuld der Abteilung 6, auch mal konkreter zumelden, und dem Kanzleramt ist es eben auch nachzuhaken? nicht zur Kenntnis gelangt. Da ist doch irgend- was schiefgelaufen innerhalb des BND, innerhalb Zeuge Ronald Pofalla: Na, ich würde sagen, das der Abteilung TA, doch aber auch innerhalb - - ist beides. Aber ehrlicherweise würde ich den oder bei der Dienst- und Fachaufsicht im Kanz- Bringschuldcharakter schon auch als größer anse- leramt, wo man von solchen Vorgängen gar hen. Durch die Art und Weise der Aufsicht war nichts gewusst hat, wo man auch nie Nachfragen dem BND, übrigens ja eingeübt durch jahrzehnte- gestellt hat, wo einem der Begriff „Selektoren“ lange Praxis - ist ja nicht neu - - Aber unabhängig lange Zeit überhaupt nicht bekannt war. Also wa- wer da im Kanzleramt Kanzlerin oder Kanzler ist, ren doch dort, sage ich mal, technische Abläufe, wer da Kanzleramtschef oder Minister ist - ist technische Vorgänge, überhaupt wie wahrschein- völlig wurscht -: Das ist doch eingespielt. Und lich die ganze Herangehensweise innerhalb der natürlich wusste der BND immer, dass er über Abteilung TA, wenig oder gar nicht bekannt, also bestimmte Sachen eigenständig zu berichten hat. im Kanzleramt, in der Abteilung 6. Ist das ein Weg, wie man effizient Dienst- und Fachaufsicht Wenn ich jetzt an den Sommer 2013 denke, da ausüben kann? wusste der Präsident - aber das war auch zwi- schen ihm und mir unstreitig; da haben wir auch Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe an der Qualifi- gar nicht mit erhöhter Tonlage geredet - , dass ich ziertheit der Fach-, Sach- und Rechtsaufsicht des über Sachen, die nicht in Ordnung sein könnten, Kanzleramtes überhaupt gar keinen Zweifel. sofort unterrichtet werden will. Punkt. So, und Nein, jetzt muss man ja mal sagen: Die Abteilung dann arbeitet man trotzdem in der Zwischenzeit 6 ist ja kein Untersuchungsausschuss. Also, die ja vernünftig zusammen, sodass ich glaube, dass Aufsicht, die das Kanzleramt über die Abteilung die Zusammenarbeit an sich gut funktioniert. 6 hat, ist die Bewertung von Vorgängen, die aus Und wenn man dann erste Erkenntnisse hat, ja, dem BND der Abteilung 6 des Kanzleramtes gege- dann muss das Kanzleramt nachfragen. Insofern ben werden, und selbstverständlich kann die Ab- ist das sozusagen nicht nur eine Bringschuld, teilung 6 des Kanzleramtes auch eigene Berichte sondern auch eine Holschuld. Aber wenn Sie anfordern und auch eigene Fragen stellen. Habe keine Kenntnis haben, wo wollen Sie dann was ich ja hundertfach an verschiedenen Stellen er- abholen? lebt, wo es um konkrete Sachverhalte - und noch nicht mal aus dem Sommer 2013 - ging. Deshalb Nina Warken (CDU/CSU): Gut, dann bin ich in habe ich überhaupt gar keinen Zweifel an der ab- der öffentlichen Sitzung durch. - Vielen Dank. soluten Qualifiziertheit der Aufsicht durch das Kanzleramt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ich habe noch eine Nachfrage, weil ich habe mir tatsäch- Aber ich kann Ihnen nicht sagen, da ich die lich jetzt gerade das Protokoll von der Verneh- Aktenkenntnis nicht habe, wer wann welche Er- mung Schindler mal geholt. Auf der zitierten kenntnisse beim BND hatte und warum die beim Seite - - Und ich bin jetzt noch unsicher, ob Kanzleramt nicht vorlagen. Die Frage kann ich dieses Zitat eben vom Kollegen Hahn sich auf die nicht beantworten, weil da habe ich keinen Zu- Unterrichtung von Schindler in der Abteilung gang zu den Informationen, und deshalb entziehe bezieht oder ob es sich auf den Termin vom 28. ich mich da auch einer Bewertung, weil ich ge- bezieht. Jetzt muss ich mal gucken, ob wir das lernt habe: Sachverhalte, die man nicht kennt, Protokoll noch mal in vielfacher Ausführung da sollte man auch nicht bewerten. haben. Ich würde es gerne mal dem Zeugen vorlegen. Vielleicht kann man das dann erklären,

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 114 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung weil mir scheint, vom Tagesablauf, von den (Der Zeuge liest weiter in Zeitabläufen ist es die Unterrichtung des den ihm vorgelegten Unter- Präsidenten Schindler in der Abteilung, und der lagen) 28. im Kanzleramt kommt ja erst danach, auch in der Darstellung vom Präsidenten Schindler. Das Ich erinnere mich auch noch gut, dass in der Ver- würde vielleicht das eine oder andere erklären. nehmung BND-eigene Selektoren und NSA-Se- Deswegen hätte ich das Protokoll vielleicht noch lektoren auch mehrmals durcheinandergingen. mal in einer Ausfertigung, dass man es - - Zeuge Ronald Pofalla: Die Passage ist ein biss- (Dr. André Hahn (DIE chen länger, deshalb - - Entschuldigung. LINKE): Die Fragen sind ja unterschiedlich gestellt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ja, ich worden, von unterschiedli- habe mir auch die Zeit angehalten. chen Kollegen!) Zeuge Ronald Pofalla: Ja, muss ich jetzt auch sa- - Ja, ja, ich stelle ja dem Zeugen die Frage jetzt gen, also bestätigt mich - übrigens von der Ein- gleich. Ich bräuchte nur noch mal ein zweites schätzung, ich habe das ja auch gesagt, von der Protokoll, wenn sich das organisieren lässt. Sonst Integrität von Herrn Schindler -: Diese Passage müssen wir es vielleicht zurückstellen. liest sich so, dass sie sich nicht bezieht auf die Unterrichtung, die Herr Schindler mir gegenüber (Dr. André Hahn (DIE gemacht hat, sondern die Herr Schindler seiner- LINKE): Drei Zeilen drüber seits durch den BND erhalten hat. steht: 24. bis 28. ist das passiert, da war das, und dann kommt genau die - -) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, von D. B. und W. K. - Ja, ja. Wie gesagt, aber nicht Sie sind ja der Zeuge. Ich gebe einfach mal meins ab. Seite 24, (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, und das hat er 25 fängt es an. Wenn wir das mal dem Zeugen Ihnen ja weitergegeben! vorhalten. Das können wir quasi als öffentlichen Das steht auf Seite 28 Vorhalt machen. rechts!)

(Dem Zeugen werden Un- Zeuge Ronald Pofalla: Das können Sie dieser terlagen vorgelegt - Er liest Passage nicht entnehmen, Herr Hahn. Nein, nein, in diesen Unterlagen) nein, das können Sie der Passage nicht entneh- men. Da liegt eben der Unterschied. Ich kannte Wenn Sie einmal in die Seite 25 gehen. Das fängt natürlich dieses Protokoll nicht und die Aussage; bei den Fragen des Kollegen von Notz bezüglich aber die Sache ist relativ klar: Das bezieht sich der Tagesschau an, wie denn Herr Schindler von eindeutig auf die Frage, wie er durch seine Leute, dem Vorfall Kenntnis erlangt hat, und dann geht wer immer da diese Namen sind - die sind ja hier es weiter auf der nächsten Seite bis hin zur EU- verklausuliert - - Aber offensichtlich ist er in dem und NATO-Selektoren. Seite 25, Spalte rechts, Sinne durch seine Leute informiert worden. und 26, Spalte links, - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, dann Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, ich lese mir das erst wäre ich mit meiner Frage durch. - Wir kommen mal durch. Einmal eben lesen. zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- lege Ströbele, vermute ich. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - sage ich jetzt mal so aus der Erinnerung.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, erst mal ganz schnell zu diesem Pro- NEN): Die Frage: „Was ist eigentlich mit den be- blem: Sie haben ja schon mehrfach erwähnt, dass freundeten Staaten, dürfen die abgehört werden, Sie vor Ihrer letzten Vernehmung die Akten gele- ja oder nein?“, die spielte ja nicht erst im Oktober sen haben. Ist Ihnen da nicht untergekommen eine Rolle oder auch beim BND schon vorher, oder haben Sie das nicht gesehen, dass sehr wohl sondern in der Öffentlichkeit schon praktisch seit vor dem 24. oder dann 28. Oktober beim BND so Anfang Juli. Seit dem 1. Juli oder vorher gab es eine Liste vorlag und dass deshalb die Erklärung, offenbar eine Veröffentlichung. Das entnehme ich die Sie von Herrn Schindler mitgeteilt - - Er einem oder mehreren Zitaten von Herrn Seibert, konnte nicht mal sagen, aus welchen Ländern wo der dazu auch mehrfach Stellung genommen oder welche Länder da betroffen sind - - die kann hat, zum Beispiel am 1. Juli: ja nicht stimmen eigentlich, weil ihm lagen ja Listen vor vom BND, und zwar mit genauen Na- Wenn sich bestätigt, dass tat- men der Länder, sogar mit genauen Zahlen, wie sächlich diplomatische Vertretun- viel aus welchen Ländern und so. Also, ich habe gen der Europäischen Union und hier eine Liste vom 28. - ich darf die jetzt nicht einzelner europäischer Länder ausgespäht worden sind, dann vorlesen, weil das Geheim ist -, 28.10. Also an müssen wir ganz klar sagen: Ab- dem Tag hätte er ja sehr wohl Ihnen was sagen hören von Freunden ist inakzepta- können. Hat er denn wirklich selber gesagt: „Ich bel. kann Ihnen leider keine Länder sagen, weil ich keine weiß oder noch keine weiß“, oder Ähnli- usw. - Und das geht dann auf der anderen Seite ches? so weiter:

Zeuge Ronald Pofalla: Die Frage ist ja auch zwei- Wenn eine solche Ausspähung geteilt. Der erste Teil geht an mich; der zweite be- diplomatischer Vertretungen zu- zieht sich auf Herrn Schindler. träfe, dann wäre das etwas, was für uns absolut inakzeptabel wäre. Der erste Teil: Ich kann nur sagen, ich habe - und das habe ich ja auch in der Ausschusssitzung ge- Oder dann weiter: sagt, auch als Sie mich befragt haben, in der Sit- zung im Sommer 2015 - nach der Akteneinsicht Es gehört nicht zur Politik der im Kanzleramt totale Klarheit darüber - und da Bundesregierung, befreundete Staaten in ihren Botschaften aus- kann ich das auch nur wiedergeben -: In meine zuforschen. Ich glaube, das ver- Richtung hat es keinerlei Informationen gegeben steht sich von selbst. im Blick auf Selektoren. Von daher sind die für mich völlig neu gewesen, und - dann kommt die Das zieht sich dann mehrere Monate hin. Auch Frage, die geht an mich - deshalb habe ich auch die Kanzlerin sagt da zweimal was dazu in dem- den Zusammenhang nicht hergestellt, selbst zu selben Sinne. - War das nicht für Sie jetzt als dem Zeitpunkt nicht. Tut mir wirklich leid, auf Aufsichtsführende, bevor so was gesagt wird in die Idee wäre ich nicht gekommen. der Öffentlichkeit - der sagt das ja noch alles un- ter „wenn“ - - einfach mal beim BND nachzufra- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen: „Also, ihr macht doch so was hoffentlich NEN): Ich habe vorhin auch schon den Herrn nicht?!“, oder so in dem Sinne. „Könnt ihr bestä- Heiß danach gefragt, das will ich Ihnen jetzt auch tigen, dass wir hier jetzt die Öffentlichkeit richtig noch mal vorhalten. informieren, oder lasst ihr uns da in eine Falle laufen?“ Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Jetzt müsste ich Ihnen er- klären -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 116 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- was sagt unter „wenn“ und die Kanzlerin auch NEN): Also Juli. unter „wenn“ -, dass Sie aber - das war doch ein Thema, was in der Öffentlichkeit offenbar disku- Zeuge Ronald Pofalla: - nein -, wie der Zusam- tiert wurde, weil das an die Bundesregierung, menhang zwischen dem Bundespresseamt und in den Regierungssprecher und die Kanzlerin im dem Fall - Sie reden ja über mich - Sommerinterview herangetragen worden ist - dann als einer, der sich leicht das Wissen be- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schaffen könnte, nicht mal beim BND nachfragen: NEN): Ja. „Sagt mal, machen wir da auch wirklich nichts?“ Also, mir läge das nahe - immer mit dem Gefühl, Zeuge Ronald Pofalla: - dem Chef damals des wenn das behauptet wird, in der Presse steht, Kanzleramtes war: Ich habe häufig abends in den könnte ja was dran sein. Nachrichten gesehen, was in der Bundespresse- konferenz vorgetragen wird. Also zu glauben, (Der Zeuge blättert in dass ich die Texte des Regierungssprechers vor- seinen Unterlagen) her bekäme und dann mir Gedanken machen würde, daraus Überprüfungen abzuleiten, ist eine Zeuge Ronald Pofalla: Ich will mal gerade eben mit der Wirklichkeit nicht im Zusammenhang was nachgucken. - Ja, die Kanzlerin wird es mir stehende Einschätzung; das ist rein theoretisch. verzeihen. Ich hatte wenige Tage Urlaub, und un- Also, ich habe bei wenigen Sachen, wo ich selber ter anderem an dem 19.07., als die Bundeskanzle- derjenige war, der, sagen wir mal, die Federfüh- rin ihre Pressekonferenz gegeben hat und damals, rung hatte, in ganz seltenen Fällen mal mit dem glaube ich, ihren Acht-Punkte-Plan vorgestellt Regierungssprecher selber gesprochen. Ansons- hat. Ich habe mir erlaubt, im Urlaub diese Presse- ten wird der eigentlich mehr durch die Fachmi- konferenz nicht zu verfolgen, weil das einer der nisterien in den Stand gebracht, um berichten zu wenigen Tage war, wo ich mit meiner Familie können. Abwegig, abwegig die Vorstellung! mal abschalten wollte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Pofalla, kann ja sein; aber was die NEN): Ja, das müssen Sie nicht erklären, das neh- Kanzlerin sagt, das nehmen Sie doch zur Kennt- men wir hin. Also, das ist natürlich schon - - Es nis und sagen: Also, wenn da ein Problem ist, geht ja nicht nur um diese eine Äußerung an dem werde ich mich mal drum kümmern. - Auch die Tag, wo Sie danach gefragt worden ist - - sagt am 19.07. in der Sommerpressekonferenz - ich vermute, vielleicht waren Sie dabei - unter Zeuge Ronald Pofalla: Ja, doch, darauf haben Sie anderem - da geht es um das Gefühl, von den doch Bezug genommen. USA abgehört zu werden -: Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nein. Um jetzt noch einmal klar NEN): Ja, ja, ja, natürlich, weil da das nach außen etwas dazu zu sagen, was wir über gedrungen ist. Haben Sie denn mit der Kanzlerin angebliche Überwachungen auch mal darüber geredet, wenn die Kanzlerin sich von EU-Einrichtungen usw. gehört schon so engagiert und so was in die Öffentlich- haben: Das fällt in die Kategorie keit setzt, dass sie vielleicht - - Vielleicht hat sie dessen, dass man das unter Freun- ja auch zu Ihnen gesagt: Du kennst dich doch da den nicht macht. Das geht nicht. aus oder hast doch die Connections, klär mal, dass das auch wirklich nicht passiert. - Wir ha- Und die nächste Äußerung ist dann vom August ben ein halbes Dutzend solcher Äußerungen aus dazu. der Bundesregierung in dieser Zeit, also vom 1. Juli an oder von Ende Juni bis dann in den Au- Also, ich stelle mir vor, wenn so was gesagt gust. Und war das dann nie Thema bei Ihnen in wird - kann ja sein, dass Herr Seibert erst mal so

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 117 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung der Abteilung 6 oder in Gesprächen mit Herrn BND-44/2, 149. Das ist das Schreiben vom 28.03. Schindler? Kennen Sie das?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste (Dem Zeugen werden dann die letzte Frage sein. Unterlagen vorgelegt)

Zeuge Ronald Pofalla: Ja. - Also, daraus würde Zeuge Ronald Pofalla: Mal eben gucken. ich einen anderen Schluss ziehen als Sie. Nicht alle, die das gesagt haben - die Kanzlerin, der Re- Susanne Mittag (SPD): Ja. gierungssprecher und wer auch immer -, haben das doch gutgläubig gesagt. Da hat doch gar kei- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, das Schreiben kenne ner dran gezweifelt, dass das so ist. ich nicht.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Susanne Mittag (SPD): Das dürfte ja der Anlass NEN): Ja, aber es war falsch. des Gespräches mit Herrn Schindler sein, also Herr Schindler mit Ihnen, wo Herr Schindler Sie Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber einschließlich - - in Kenntnis gesetzt hat. Hat er aus dem Schreiben Ich auch nicht. Ich hätte doch nie zu dem Zeit- vorgelesen? punkt darüber in Zweifel kommen können, weil ich gar keine Informationen hatte, - Zeuge Ronald Pofalla: Er hatte keine, also, nach meiner Erinnerung, keine Akte dabei, aus der er Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorgetragen hat, sondern er hat es mündlich NEN): Der Dienst wusste, dass das falsch war. vorgetragen. Aber das ist jetzt meine Erinnerung. Möglicherweise, sage ich Ihnen mal, je nachdem, Zeuge Ronald Pofalla: - die auch im Ansatz nur wann das stattgefunden hat, hat er dieses in die Richtung gegangen wären. Herr Ströbele, Schreiben ja vielleicht auch erst später be- und wir beide hatten doch das Vergnügen, uns da kommen an dem Tag. fast wöchentlich in der PKGr-Sitzung zu sehen. Susanne Mittag (SPD): Na ja, also, das wäre dann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja ein Anlass gewesen, Sie sofort noch mal in NEN): Ja. Kenntnis zu setzen, weil das ist ja schon relativ detailliert - - zu der Angabe, die wir vorhin hat- Zeuge Ronald Pofalla: Und ich hatte noch das ten; das war sehr, sehr allgemein. Zusatzvergnügen, das immer vorzubereiten. Ich gebe jetzt offen zu: Mich auf diesen Punkt zu Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja. konzentrieren in der Phase, hätte ich für völlig abwegig gehalten. Susanne Mittag (SPD): Und das ist ja nun eine ganze Anzahl von Zahlen, - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Aber auch, nicht nur zu konzentrie- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. ren. Susanne Mittag (SPD): - also es ist ja schon recht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Aber detailliert. Wenn er das dann nachmittags ge- auch die SPD möchte noch Fragen stellen. Und kriegt hätte, dann hätte er ja gleich wieder einen Frau Kollegin Mittag ist jetzt dran. Termin machen können: Ich habe schon einige Details. - Das, denke ich, dürfte Grundlage gewe- Susanne Mittag (SPD): Ja. - Ich möchte Ihnen ei- sen sein, und so ist nach Angaben von Herrn nen stillen Vorhalt vorlegen. Das ist MAT A Schindler auch die Angabe gewesen.

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Da sind ja nun allerhand Zahlen aufgeführt wor- Aber noch mal: Schon Ihre These teile ich nicht, den, und hat dann doch schon ein etwas größeres weil - - Ausmaß als, sagen wir mal, von wegen, das ist sehr allgemein und kaum Details. Das müsste Susanne Mittag (SPD): Das ist eine Frage gewe- Ihnen dann ja inhaltlich zur Kenntnis gekommen sen. sein. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Ich halte die in Ihrer Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ist es aber nicht. Frage intendierte These, dass Herr Schindler vor Also, ich kenne das Schreiben nicht, ich kenne dem Gespräch diesen Vermerk hatte, aus dieser den Inhalt nicht. Das ist für mich neu. Akte nicht wirklich für gesichert.

Susanne Mittag (SPD): Also er hat keine Akten Susanne Mittag (SPD): Ja. dabeigehabt, nichts, hat das nur so erzählt. Zeuge Ronald Pofalla: Darauf ist keine Uhrzeit Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe das so in Erinne- vermerkt auf Zugang. Sie können also gar nicht rung, dass das nicht verbunden war mit irgend- sagen, wann er ihm zugegangen ist. etwas, was er aus einer Akte vorgetragen hätte. Aber noch mal: Das ist jetzt meine Erinnerung. Susanne Mittag (SPD): Nein. Sie können aber auch nicht sagen, dass er ihn dann nicht hatte, Susanne Mittag (SPD): Der Termin, das war ja ein nicht? Also beide Seiten sind möglich. angemeldeter Termin, das war ja nicht so ein Tür-und-Angel-Termin: Ich sage mal eben was. Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ich schließe ja nicht aus. Aber Sie haben durch die Frage intendiert, Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, Vorsicht! dass es sicher sei - -

Susanne Mittag (SPD): Da gibt es ja auch immer Susanne Mittag (SPD): Es ging mir in erster Linie eine gewisse Vorbereitung. Dann bringt man in darum, ob Sie den Text kennen, - einer Behörde ja immer irgendeine Akte mit, also irgendwelche Unterlagen, um eben auch die De- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, kenne ich nicht - tails, die man noch sagen will, nicht zu verges- habe ich ja gesagt. sen. Susanne Mittag (SPD): - ob er eine Akte dabei- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, noch mal - - hatte -

Susanne Mittag (SPD): Das war ja ein abgemach- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, kenne ich nicht. ter Termin - Susanne Mittag (SPD): - oder irgendwie was vor- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. gelesen hat, -

Susanne Mittag (SPD): - und nicht ein zufällig Zeuge Ronald Pofalla: Nein. sich ergebender. Susanne Mittag (SPD): - ob es inhaltlich war. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich gucke es gerade Und Sie gucken hier jetzt mal Details nach: - nach. Zeuge Ronald Pofalla: Ich gucke noch mal nach. (Der Zeuge liest in seinen Unterlagen) Susanne Mittag (SPD): - ob es ein angemeldeter Termin war oder ob der sich zufällig mal eben er- geben hatte.

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Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ja, ich gucke gerade die ans PKGr gehen, über die Abteilung 6, und nach. ich hatte überhaupt gar keinen Zweifel bei der Präzision der Arbeit des Kanzleramtes, dass sie (Der Zeuge liest in seinen das dann auch getan hätten, wenn wir weitere Er- Unterlagen) kenntnisse bekommen hätten - klar!

Also, kann man daraus jetzt auch nicht entneh- Susanne Mittag (SPD): Aber seit Sommer 13 war men; aber ehrlicherweise würde ich sagen: ja einiges anders. Also insofern konnte man mit spricht eher dafür, dass wir die Termine vorher den Zeiten ja nicht mehr so unbedingt rechnen, vereinbart hatten, so wie es hier vermerkt ist. die die drei Jahre vorher waren. Aber auch das kann man jetzt nicht sicher sagen. Aber da würde ich schon sagen, das sieht nicht Die Anweisung zur Deaktivierung von den EU- nach einem Zuruftermin aus. Da haben wir wahr- und NATO-Eingaben, diese Anweisung, die Sie scheinlich - habe ich ja vorhin auch gesagt - mit- gegeben hatten - hatten Sie denn vor, die dem einander ohnehin etwas vereinbart gehabt, und PKGr zu melden? Das ist doch schon mal was Be- dann hat er wahrscheinlich darum gebeten, mich sonderes. zu unterrichten. So habe ich es aber auch in Erin- nerung, dass nicht deshalb ein gesonderter Ter- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, weil der Sachverhalt min vereinbart wurde, sondern anlässlich eines ja nicht geklärt war. Es war ja noch nicht mal klar anderen Termines hat er mich nach meiner Erin- wird, um es mal so grob auszudrücken- - nerung gebeten, ob er mich noch über etwas un- terrichten könnte. Susanne Mittag (SPD): Na, über Ihre Anweisung. Also, die Anweisung ist ja schon keine Kleinig- Und um Ihre Frage präzise zu beantworten: Das keit. in diesem Vermerk, den Sie mir hier im stillen Vorhalt gezeigt haben, ist für mich komplett neu. Zeuge Ronald Pofalla: Eine mündliche Anwei- sung - - Also, da Herr Schindler noch nicht mal Susanne Mittag (SPD): Das Ergebnis von dem Ge- klären konnte - ich kann es ja wiederholen -, um spräch war - - Haben Sie das vielleicht mit Herrn welche Botschaften es ging - Nichtkrisenländer, Heiß besprochen, bzw. war dann die Ansage, andere Krisenländer -, hätte ich den Bericht abge- wenn Sie dann den Bericht bekommen, den de- wartet, und dann hätte man darüber berichtet - taillierteren - der war ja irgendwie, was sie mitge- klar! teilt bekommen haben, angeblich nicht detail- liert -, war dann die Überlegung, das dem PKGr Susanne Mittag (SPD): Na, über Ihre Anweisung. eventuell dann mitzuteilen? Zeuge Ronald Pofalla: Nein, über die Anweisung Zeuge Ronald Pofalla: Weiß ich nicht. Ich habe ja als solche deshalb nicht, weil die bloße Anwei- immer dem PKGr das mitgeteilt, wenn ich klare sung - - Auf der Basis dieser, sagen wir mal, Un- Sachverhalte kannte. Und im Übrigen noch mal: terrichtung, die ich bekommen hatte, hätte ich Ich habe über vier Jahre das PKGr gar nicht gese- das PKGr vermutlich - ich habe aber auch nicht hen. Das heißt, ich kann es ja - - darüber nachgedacht - nicht unterrichtet, weil der Sachverhalt nicht klar war. Susanne Mittag (SPD): Ja, aber danach war es ja ziemlich oft. Das hatten Sie ja gesagt. Susanne Mittag (SPD): Haben Sie in Ihren Unter- lagen auch noch drin, wann Sie sich getroffen Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Aber ich will darauf hatten: morgens, mittags, abends? hinweisen: In diesen vier Jahren davor, was ja 90 Prozent meiner Amtszeit betrifft, hat das Kanzler- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Es geht ja aus dem amt selbstverständlich die Sachen vorbereitet, Kalender hervor. Den Auszug haben Sie ja.

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Susanne Mittag (SPD): Sie hatten doch eben noch Susanne Mittag (SPD): Deswegen ist ja die Wahr- mal nachgeguckt. scheinlichkeit - -

Zeuge Ronald Pofalla: Ja, müsste ich noch mal (Der Zeuge liest in ihm nachgucken. zuvor vorgelegten Unterlagen) Susanne Mittag (SPD): Das wäre doch nett. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, habe ich, ist sie. Und Zeuge Ronald Pofalla: Aber Sie können doch jetzt wiederholen Sie noch einmal eben, bitte. auch reingucken. Dann wissen Sie es doch. Susanne Mittag (SPD): Ja. Da steht 9 - - Da steht Susanne Mittag (SPD): Ich frage Sie jetzt aber eine frühe Tageszeit. mal. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Er liegt doch bei Ihnen vor. - Aber ich mache es gerne für Sie. Susanne Mittag (SPD): Und Ihr Termin war ja er- heblich später, - Susanne Mittag (SPD): Das ist nett. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich bin ein netter Mensch. - Sie beziehen sich jetzt auf den 28. oder Susanne Mittag (SPD): - sodass die Wahrschein- auf den 24.? lichkeit ja wohl hoch ist, dass die Unterlagen schon vorgelegen haben. Susanne Mittag (SPD): 28. Zeuge Ronald Pofalla: Das bedeutet es nicht. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, der Termin war - Au- genblick - Susanne Mittag (SPD): Die Wahrscheinlichkeit ist hoch. (Der Zeuge liest in seinen Unterlagen) Zeuge Ronald Pofalla: Nein. am frühen Nachmittag. Susanne Mittag (SPD): Es ist nicht zwingend, ja.

Susanne Mittag (SPD): Am frühen Nachmittag. - Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe häufig Akten, Wobei dann die Wahrscheinlichkeit - - In der Un- und ich bin sehr, sagen wir mal - terlage, in diesem stillen Vorhalt auf der linken Seite sieht man den 28.10.2013. Eine Uhrzeit darf Susanne Mittag (SPD): Na? man sagen, nicht? - Eine frühe Uhrzeit des Tages. Zeuge Ronald Pofalla: - einsatzfreudig gewesen Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe es leider zuge- bei den Aktien, die ich im Zulauf hatte. Ich hatte blättert. Wenn mir noch mal einer hier aus der immer den Anspruch, dass die Akten, die ich an Akte das Ding suchen könnte? - Entschuldigung. dem Tag bekomme, in der Regel auch an dem Tag bearbeitet werden. Aber, offen gestanden, habe Susanne Mittag (SPD): Das war 149. ich eben auch häufig ab 22 Uhr bis 2 Uhr mor- gens gesessen, um die Akten durchzuarbeiten. Zeuge Ronald Pofalla: Entschuldigung. Ich gucke Und ich kenne den Arbeitsstil von Herrn Schind- es nach. - Das brauchen Sie nicht, wenn das 149 ler nicht. Wenn Sie den Zulauf von Dutzenden ist. von Akten am Tag haben, ist häufig erst in der

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Nacht die Möglichkeit, die zur Kenntnis zu neh- Zeuge Ronald Pofalla: Wenn der Sachverhalt ge- men. klärt worden wäre - ich habe das vorhin darge- stellt -, hätte ich mit ihr darüber geredet. Susanne Mittag (SPD): Nun gut, aber Herr Schindler ist auch sehr arbeitsfreudig. Den Ein- Susanne Mittag (SPD): Ja, wenn der Sachver- druck hat er zumindest hier gemacht. halt - -- Aber das Teil kam dann ja wahrscheinlich Wochen später. - Von Ihrer Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Weisung, haben Sie die Idee gehabt, das bei einem Gespräch, was sich ja gewiss demnächst Susanne Mittag (SPD): Also die Wahrscheinlich- dann irgendwann ergeben hätte - - davon noch keit ist schon hoch, dass es vorlag. mal in Kenntnis zu setzen?

Zeuge Ronald Pofalla: Das ist jetzt Ihre Einschät- Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe das vorhin darge- zung, meine nicht. stellt, und ich verzichte jetzt mal auf die Wieder- holung. Susanne Mittag (SPD): Ja, so wie Ihre Einschät- zung ja auch ab und zu mit dabei ist. Genau. Susanne Mittag (SPD): Also nein?

Zeuge Ronald Pofalla: Ist ja nicht schlimm. Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe vorhin darge- stellt. Ich kann Ihnen das gerne wieder vorlesen. Susanne Mittag (SPD): Haben wir dann wohl of- Sie haben doch jetzt drei- oder fünfmal schon ge- fensichtlich zwei unterschiedliche. hört, wie ich damit umgegangen bin.

Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Susanne Mittag (SPD): Das haben Sie dann also nicht für so wichtig erachtet, ihr das dann zu sa- Susanne Mittag (SPD): Also, Sie hatten aber auch gen? nicht daran gedacht, das dann dem PKGr zu mel- den, also Ihre Anweisung, EU und NATO raus- Zeuge Ronald Pofalla: Es geht nicht um die Frage zunehmen. der Wichtigkeit. Ich habe der Bundeskanzlerin - ich wiederhole es noch einmal - immer erst Sach- Zeuge Ronald Pofalla: Also, mir ist das nicht er- verhalte vorgetragen, wenn ich der Auffassung innerlich. Noch mal: Ich habe schon große war, dass sie annähernd geklärt waren. Dieser Schwierigkeiten gehabt, in Vorbereitung dieser Sachverhalt war nicht geklärt. Sitzung anhand der Terminkalender mir über- haupt im Klaren zu werden, wann das war und Susanne Mittag (SPD): Wieso war der denn nicht wie das war. Aber worüber ich mir noch hätte geklärt, wenn Sie schon eine Anweisung gegeben Gedanken machen müssen oder können im Zu- haben? Da ist ja dann Vollzug dahinter. Das ist ja sammenhang mit der Kanzlerinnenäußerung oder ein Verwaltungsakt, den Sie haben durchziehen dem PKGr, daran kann ich mich nicht mehr erin- lassen; das ist ja keine Kleinigkeit. nern. Zeuge Ronald Pofalla: Na ja, sollten wir nicht ju- Susanne Mittag (SPD): Na ja, so häufig wurde ja ristisch werden. das PKGr eigentlich sonst gar nicht informiert. Deswegen, denke ich, hätte das ja in Erinnerung Susanne Mittag (SPD): Da muss man ja keinen bleiben können. - Hatten Sie denn vor, die Sachverhalt mehr klären, sondern das Vorgehen Bundeskanzlerin davon in Kenntnis zu setzen? ist ja abgeschlossen. Sie haben die Anweisung ge- geben, die müssen raus.

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Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Also, es wird Ihnen lassen? Das müssen Sie ja gar nicht selber ma- etwas vorgetragen, so wie ich es Ihnen geschil- chen. dert habe. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, weil das von mir durch Susanne Mittag (SPD): Ja. die Anforderung ja gerade beabsichtigt war. Die Absicht war ja, ein Schriftstück zu bekommen, Zeuge Ronald Pofalla: Daraufhin sage ich - - Das aus dem sich ergibt, worüber wir reden. Also, in- war aber - noch mal - zwischen Herrn Schindler sofern habe ich ja genau das, was Sie von mir er- und Herrn Heiß völlig unstreitig. Der Begriff der warten, auch veranlasst. Also, so gesehen, war Anweisung impliziert ja ein bisschen, als ob das ich dann in Ihrem Sinne derjenige, der das Rich- gegen Herrn Schindler erfolgt sei. Das war nicht tige gemacht hat. so. Susanne Mittag (SPD): Das ist eben bedingt - Susanne Mittag (SPD): Nein. sonst würde ich nicht noch mal nachfragen -, weil ja auch Zwischenstände notiert werden. Es Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein, das war nicht wird ja nicht nur der endgültige Sachverhalt no- so. Deshalb sage ich es ja auch. tiert, sondern auch auf dem Weg dorthin, wenn Sie gewisse Informationen bekommen. Dass Sie Susanne Mittag (SPD): Ist auch nicht. da jetzt keine Aktenvermerke haben fertigen las- sen - nicht selber -, damit man bei der Vielzahl Zeuge Ronald Pofalla: Wir drei waren der Auf- der Themen, die Sie zeitgleich am Laufen hat- fassung, wenn das so ist, muss das unterlassen ten - es waren ja wirklich aufregende Zeiten -, werden. Punkt. Das habe ich dann auch deutlich auch immer sich eine Akte ziehen und sagen gemacht. Und trotzdem musste der Sachverhalt könnte: „Was habe ich denn dann und wann geklärt werden. Punkt. Ist relativ einfach. auch angeordnet?“ Dann behält man doch noch sehr viel besser den Überblick. Und warum ist Susanne Mittag (SPD): Und warum gibt es dann das denn nicht passiert oder nur bedingt? in den Akten so wenig, sagen wir mal, Hinweise darauf? Zeuge Ronald Pofalla: Wenn Sie am Tag als Kanzleramtsminister, ich würde mal sagen, im Zeuge Ronald Pofalla: Da ich nicht für Aktenfüh- Minimum 50 bis 70 Vermerke bekommen, ich rung zuständig bin, müssten Sie die fragen, die würde mal sagen, in der Zeit, wegen verschiede- die Akten führen. ner anderer Sachen - nicht nur wegen NSA, son- dern wir befinden uns ja wiederum im Zeitraum Susanne Mittag (SPD): Na ja, das ist nur bedingt. der Koalitionsverhandlungen - eher die doppelte Also, Sie haben ja allerhand Informationen be- Zahl, habe ich mir über die Frage, ob Zwi- kommen, und da war ja auch sehr viel los in der schenstände in Akten notiert werden, wahr- Zeit, und das ist ja auch immer sehr hilfreich, ge- scheinlich keine Gedanken gemacht. rade wenn man viele Themen zeitgleich am Lau- fen hat, sozusagen gewisse Akten zu führen. Und Susanne Mittag (SPD): Ja. Ist aber tatsächlich nor- diejenigen, die Ihnen die Hinweise geben, die malerweise ja ein übliches Verhalten. Aber das könnten ja die Hinweise sozusagen vermerken als können wir dann ja auch zur Kenntnis nehmen. - Aktenvermerke. Das müssen Sie ja nicht selber Dann habe ich erst mal keine Fragen. machen. Das können Sie ja sagen: Wenn Sie Hin- weise bekommen, bitte Aktenvermerk fertigen. - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Das ist ja üblich in Behörden. Und hier in den Dank. - Wir kommen zur nächsten Fragerunde, in Akten sind so gut wie gar keine Unterlagen da- der wieder die Fraktion Die Linke beginnt. Frau rüber. Warum haben Sie denn das nicht machen Kollegin Renner.

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Martina Renner (DIE LINKE): Ich bleibe noch Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Und dann mal dabei, was Herr Schindler hier gesagt hat, ging es um die - - Kann ja auch sein. Das sagte er und würde gerne noch mal, erneut aus dem Pro- dann, glaube ich, auch: Wir hatten oft größere tokoll seiner letzten Aussage zitieren, aber an an- Runden, und dann sind wir noch mal in kleine- derer Stelle - wir sind auf Seite 28, rechte rer Besetzung sitzen geblieben. Spalte -: Zeuge Ronald Pofalla: Mhm. Zeuge Gerhard Schindler: … Fest steht eins: Als ich Herrn Martina Renner (DIE LINKE): Und dann ging es Pofalla über die eigene Erfassung da in dieser kleinen Besetzung, in der kleinen des Bundesnachrichtendienstes Runde, um „die eigene Erfassung des Bundes- unterrichtet habe, war es ein klei- nachrichtendienstes“. Was meint denn der Be- ner Kreis. Auf jeden Fall war da griff „Erfassung“ in dem Zusammenhang? Was nicht Herr Maaßen dabei, nicht könnte Herr Schindler hier meinen? Herr Heusgen und wer auch im- mer, sondern es war der Abtei- Zeuge Ronald Pofalla: Müssen Sie Herrn Schind- lungsleiter 6 dabei und vielleicht ler fragen. noch ein Mitarbeiter oder kein Mitarbeiter; aber das war es auch. Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, möglicher- So. Eine Runde, Sie zu dritt - mit Herrn Schind- weise das, was Herr Schindler vorher, auf Seite ler und Herrn Heiß -, und es ging um „die eigene 26 - durch den Kollegen Dr. Hahn schon mal vor- Erfassung des Bundesnachrichtendienstes“. Kön- gelesen - ausführt, nämlich die „beachtliche An- nen Sie diesen Termin erinnern? zahl von EU- und NATO-Zielen“, die gesteuert wurden. Zeuge Ronald Pofalla: Ich weiß nicht, worauf er Bezug nimmt. Wenn sich das auf den Sachver- Zeuge Ronald Pofalla: Aber, Frau Abgeordnete, halt, den wir jetzt die ganze Zeit diskutieren - - jetzt ist mir auf stillen Vorhalt dieses Aktenstück müsste das dann der 28. Oktober sein oder der gezeigt worden. 24.; ich bin mir ja nach wie vor nicht ganz sicher. Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, am 24. haben wir ja keinen Termin dabei, wo Sie nur zu dritt Zeuge Ronald Pofalla: Der Herr Vorsitzende hat sitzen. Da sitzt ja immer Herr Maaßen dabei. mir vorhin dankenswerterweise einen anderen Auszug gegeben aus einer Vernehmung. Jetzt Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Aber ich habe den Ter- werden doch drei ganz unterschiedliche Sachen min auch nicht so in Erinnerung, dass diejenigen, miteinander verbunden, die dabei waren, sitzen geblieben sind. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, der kommt Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, ich danach!) glaube jetzt mal einfach Herrn Schindler. weil Sie eine bestimmte Sicht der Dinge haben. Zeuge Ronald Pofalla: Darf ich aber jetzt Die können Sie ja auch haben. Da würde ich ja einmal - - Sie fragen mich ja. Ich habe den gar nicht dagegen sein - das ist mir, offen gestan- Termin ja nicht so in Erinnerung, sondern wir den, egal, wie Sie das interpretieren -; aber das ist sind in einem Termin zusammengekommen, und doch nicht okay. Aus dem Protokollauszug, den am Schluss sind die drei übriggeblieben. So habe der Vorsitzende mir gegeben hat, ging hervor, ich das in Erinnerung. dass das Aktenstück im Zulauf - - oder die Aus- sage von Herrn Schindler im Zulauf auf den BND

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Nur zur dienstlichen Verwendung war und nicht als Aussage, was er mir gesagt hat. Martina Renner (DIE LINKE): Gegebenenfalls Das Aktenstück selber, das die Frau Abgeordnete müssen wir Herrn Schindler noch mal fragen. Ge- mir gerade gegeben hat, das ich lesen konnte, da gebenenfalls müssen wir vielleicht noch mal ist nicht gesichert, ob Herrn Schindler an dem Herrn Heiß fragen. Tag, als er mich darüber unterrichtet hat, dieses Aktenstück bereits vorgelegen hat. Man kann die Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Vermutung in die eine wie in die andere Rich- tung machen. Martina Renner (DIE LINKE): Da wir haben wir ja dann vielfältige Möglichkeiten. Martina Renner (DIE LINKE): Also doch. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kann ich Zeuge Ronald Pofalla: Und jetzt fragen Sie mich noch mal die Stelle erfragen? Ich versuche das ja danach, wie ich die Aussage von Herrn Schindler immer nachzuvollziehen in dem Protokoll. auf eigene Erfassung beurteile. Ich bleibe bei mei- ner Aussage. Ich bleibe dabei, dass Herr Schind- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das aber dann ler mich so unterrichtet hat, wie ich das jetzt, ich bitte mit Zeitanhalten. glaube, mittlerweile zehnmal erklärt habe. Aber ich wiederhole es gerne noch mal: Herr Schindler Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, ja. hat mir erklärt, dass der BND in Krisenländern befreundete Botschaften aufgeklärt habe. Martina Renner (DIE LINKE): Seite 28, rechte Spalte: Martina Renner (DIE LINKE): Von „Erfassung“ war da nicht die Rede. Als ich Herrn Pofalla über die ei- gene Erfassung des Bundesnach- Zeuge Ronald Pofalla: Und nach meiner Erinne- richtendienstes … rung wusste er noch nicht, ob dies auch für Nichtkrisenländer gelte und für welche befreun- Das meint ja nicht so ganz allgemein Aufklärung, deten Botschaften dieses genau gelte. weil Aufklärung kann immer HUMINT und SI- GINT sein. Bei „eigene Erfassung“ sind wir im Martina Renner (DIE LINKE): Also von „Erfas- Bereich Überwachung von Kommunikation. sung“ war da nicht die Rede, von „EU- und NATO-Zielen“ war da nicht die Rede? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mhm. Da geht es ja um den Termin vom 28. - da bezieht er Zeuge Ronald Pofalla: Habe ich alles schon - - sich ja drauf -, wo er anscheinend die falsche Er- innerung an die Personen hat. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Dann muss ja irgendeiner von beiden das Treffen falsch in Martina Renner (DIE LINKE): Mir geht es über- Erinnerung haben. haupt - - ob das am 28. im Nachgang war, dass man zu dritt sitzen geblieben ist. Mir geht es um Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Ich würde da - - das Wort „Erfassung“ in dem Zusammenhang von Herrn Schindler und in einer, ich muss ja sa- Martina Renner (DIE LINKE): Das ist ja dann un- gen, sehr korrekten Beschreibung oder sehr ein- sere vornehme Pflicht, das zu klären. drücklichen Beschreibung, wo er sagt, er kann sich sogar erinnern, wer dabei war und wer nicht Zeuge Ronald Pofalla: Ja, bitte. dabei war. Sie waren dabei, und es ging um Er- fassung. Und möglicherweise hat uns Herr Schindler angeschwindelt. Das wäre zu klären.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 125 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Was ich eben auch nicht verstehe, wenn Sie sa- (Dr. André Hahn (DIE gen, das war so ein bisschen nebulös, was Herr LINKE): Er hat ja was ande- Schindler vortrug - ging es zu Krisenländern oder res abgestellt!) nicht zu Krisenländern usw. -: Und dann haben Sie aber erzählt, danach, nach diesem Vortrag, Martina Renner (DIE LINKE): Er hat dann aber der nach dem Vorhalt von Frau Mittag jetzt zur im Nachgang etwas ganz anderes abgestellt, als konkreten Weisung eben nicht diese Detailfülle was Sie angewiesen haben. Sie haben ja auf hatte, wie es hier schon in diesem Entwurf für Grundlage seiner Aussage, dass noch nicht ge- die Abteilung TA niedergeschrieben war, son- klärt sei, ob es auch in Nichtkrisenländern statt- dern mehr so - - Ich finde das richtige Adjektiv findet, einen Vortrag bekommen - nach Ihrer Dar- nicht. Aber Sie sagen ja, Herr Schindler war stellung -, der sich darauf bezogen hat - „EU- und selbst unklar in seinen Aussagen. Ja? NATO-Staaten“ wäre auch nicht gefallen -, dass wir Freunde in Krisenländern aufklären. Und Zeuge Ronald Pofalla: Nein, habe ich nicht ge- dann kann ja Ihre Weisung nur geheißen haben: sagt. Bitte nicht mehr Freunde in Krisenländern auf- klären. - Richtig? Was anderes kann ja Ihre Wei- Martina Renner (DIE LINKE): Na, Sie wüssten sung nicht beinhalten: Abstellen! nicht mehr, ob - - Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe das klargemacht: (Dr. André Hahn (DIE Dieser Form der Interpretation stimme ich nicht LINKE): Nicht detailliert!) zu. Ich habe deutlich gemacht, vor welchem Hin- tergrund der Unterrichtung von Herrn Schindler - Nicht detailliert. ich etwas angewiesen habe. Und ob Herr Schind- ler dann anschließend mehr angewiesen hat, als Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein, nein. Sie kön- es aus dieser Unterrichtung sich ergibt, da müs- nen das ja alles im Protokoll - - Ich kann es zum sen Sie Herrn Schindler fragen, aber nicht mich. elften Mal vorlesen; ich habe es ja hier stehen. Und zugunsten von Herrn Schindler würde ich Also ich lese es Ihnen noch mal vor: jetzt einmal sagen, -

Nach meiner Erinnerung wusste er Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da meldet noch nicht mal, ob dies auch für sich gerade - - Nichtkrisenländer gelte und für welche befreundeten Botschaften Zeuge Ronald Pofalla: - weil ich Herrn Schindler dieses genau gelte. wirklich für seriös halte: Möglicherweise hat er im Nachgang mehr erfahren und hat dann die Sa- Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Und danach che nachgesteuert. Darüber bin ich aber nicht in- haben Sie gesagt: Abstellen! formiert worden.

Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Martina Renner (DIE LINKE): Dann sagen Sie doch: Was war der Wortlaut - - Martina Renner (DIE LINKE): Und das Abstellen hat sich dann eben - - kann sich ja dann nur auf Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber Herr das Aufklären in Krisenländern bezogen haben. Wolff weiß vielleicht dazu was.

Zeuge Ronald Pofalla: Genau vor dem Hinter- Martina Renner (DIE LINKE): Was war der Wort- grund dessen, was ich Ihnen gerade verlesen laut, - habe. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz kurz, Frau Kollegin.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 126 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Martina Renner (DIE LINKE): - den Sie an Herrn Zeuge Ronald Pofalla: Genau vor dem Hinter- Schindler gerichtet haben, was abgestellt werden grund dessen, was ich Ihnen wiedergegeben muss? habe - ich mache es gerne ein zwölftes Mal -, was er mir gesagt hat, habe ich gesagt: Das ist abzu- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Kolle- stellen. gin, ganz kurz Herr Wolff von der Bundesregie- rung. Die Zeit ist auch angehalten. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber was mein- ten Sie damit? Was sollte genau abgestellt wer- MR Philipp Wolff (BK): Ich finde es einfach sehr den? problematisch, weil in den Vorhalten immer Dinge insinuiert werden, die einfach so nicht Zeuge Ronald Pofalla: Ich lese es Ihnen gerne richtig sind. Er habe etwas ganz anderes veran- zum zwölften Mal vor. lasst, haben Sie gerade gesagt, Frau Renner. Wenn Sie - Sie haben hoffentlich die Akten auch Martina Renner (DIE LINKE): Ja. vorliegen - sich anschauen, was für eine Mail herausgegangen ist, dann ist eben nicht etwas Zeuge Ronald Pofalla: Also, Herr Schindler hat ganz anderes veranlasst worden. Da sind aus- mir erklärt, drücklich - die ist VS-NfD; die kann ich hier auch zitieren - die Botschaften als solche bezeichnet … dass der BND in Krisenländern und mitnichten irgendetwas anderes. Ich weiß befreundete Botschaften aufgeklärt nicht, von was anderem Sie reden. Aber das ist habe. Nach meiner Erinnerung etwas absolut Identisches. wusste er noch nicht mal, ob dies auch für Nichtkrisenländer gelte und für welche befreundeten Bot- Martina Renner (DIE LINKE): Nein. schaften dieses genau gelte.

MR Philipp Wolff (BK): Insofern werden hier im- Und da habe ich gesagt: Abstellen! mer Herrn Pofalla Vorhalte gemacht, die einfach nicht korrekt sind. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Also abstel- len: Aufklären von befreundeten Botschaften in Martina Renner (DIE LINKE): Ich kann verste- Krisenländern. Ja? Da sind wir uns jetzt einig. hen, weil Sie aus einem Haus kommen, dass das jetzt hier so läuft. Aber Herr Pofalla hat gesagt, es Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Oder da er noch nicht ist weder von EU- noch NATO-Staaten die Rede mal wusste, welche Krisenländer und ob es sich gewesen, und in dem konkreten Schriftstück ist nicht auch - dann von EU- und NATO-Staaten geredet wor- den. Außerdem gibt es hier nicht diese Ein- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, es ist gut. schränkung, dass es sich nur auf Krisenländer be- zieht. Zeuge Ronald Pofalla: -um Nichtkrisenländer ge- handelt hat, - MR Philipp Wolff (BK): Und das sind keine be- freundeten Staaten, EU- und NATO-Staaten, oder Martina Renner (DIE LINKE): Genau das ist der was? Punkt. Sie wollten, -

Martina Renner (DIE LINKE): Ich möchte jetzt Zeuge Ronald Pofalla: - hat er vielleicht im einfach wissen: Wenn Sie damals gegenüber Nachgang festgestellt, dass das so ist, und hat es Herrn Präsidenten Schindler gesagt haben: „Ab- so gemacht. stellen!“, was sollte er abstellen? Was haben Sie ihm genau gesagt? Was waren Ihre Worte?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 127 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

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Martina Renner (DIE LINKE): - dass befreundete derspruch, und das versuchen wir hier aufzuklä- Botschaften in Krisenländern nicht mehr aufge- ren, und dazu werden wir vielleicht noch zum klärt werden. Das war Ergebnis des Gesprächs. 15. Mal dieses Treffen durchsprechen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Gut. - letzte Frage dann. Dann kommen wir zur nächsten Fraktion. Das ist die Fraktion der CDU/CSU. Gibt es noch Fragen Martina Renner (DIE LINKE): Wie bitte? in öffentlicher Sitzung? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. - Dann kommen wir zu Bündnis 90/Die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Grünen. Herr Kollege von Notz. dann die letzte Frage, weil die Zeit um ist. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Martina Renner (DIE LINKE): Ich wollte jetzt ein- NEN): So. Ich mache an demselben Punkt weiter. fach - - So, und das steht ja - - Und vielleicht klappt es beim 13., 14. oder 15. Mal, Herr Pofalla. Wir haben Zeit und Geduld. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Nächste Runde. Zeuge Ronald Pofalla: Ich auch.

Martina Renner (DIE LINKE): Da irrt Herr Wolff. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das ist etwas anderes als das, was dann tatsäch- NEN): Ich weiß. - Ich zitiere aus dem Protokoll lich passiert ist. - Nein, Herr Wolff, das müssen der Vernehmung von Herrn Schindler. Ich frage wir hier nicht ausdiskutieren. ihn - Seite 25 -:

(MR Philipp Wolff (BK): Ich habe vorhin nicht ganz ver- Doch! Weil es eben nichts standen, wie es gelaufen ist. Sie anderes ist!) haben Tagesschau geguckt und haben gedacht: „Mensch, das ist ja Ich bin gleich so weit, dass ich hier diesen Wei- jetzt eine ganz andere Sachlage“, sungsentwurf vorlese, - oder hat Sie jemand aus dem Dienst kontaktiert und gesagt: „Da gibt es ein Problem“? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Immer Mut! Schindler: (MR Philipp Wolff (BK): Tun Sie das, bitte!) Die zweite Variante war der Fall. Martina Renner (DIE LINKE): - weil dann würde klar werden, was die Differenz ist. Ich frage:

Es hat Sie Herr D. B. kontaktiert Der BND bereitet seit September über Wochen und gesagt: Es gab ein Problem. eine Weisungslage für Regierungsinstitutionen zu EU- und NATO-Ländern vor - über Wochen, seit Schindler: Anfang September. Und dann soll das plötzlich verengt sein auf befreundete Botschaften in Kri- Das hatte ich ja eben versucht dar- senregionen. Das glaubt kein Mensch, wirklich zustellen, dass ich nicht mehr ge- nicht. Es glaubt kein Mensch, dass das der Vor- nau die Situation in Erinnerung trag von Herrn Schindler gewesen ist. Das ist un- habe, ob es nur eine Person war, ser Problem. Das glauben übrigens noch nicht die mich unterrichtet hat, oder mal irgendwie die Abgeordneten der Regierungs- zwei oder mehrere und ob Herr D. bank hier. Das steht in einem so eklatanten Wi- B. dabei war.

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Ich frage: Sehr geehrte Herren, nach Abstimmung mit UAL T2 Mir würde nur ein Name reichen. habe ich Ihnen die seitens Präsi- Es geht mir nicht darum, wie viele dent beauftragte Liste der gesteu- es waren, sondern erst mal, wer erten diplomatischen Vertretun- dabei war. gen in die VS-Dropboxen einge- stellt. (?) Schindler: Dieses Ding kommt am 28.10.2013 um 9.29 Uhr Also, nach meiner Erinnerung, an, und zwar von T1-UAL, T2-UAL und T3-UAL, schätze ich, waren es Herr W. K. also unter anderem D. B. und W. K. Und diese und Herr D. B., einer oder beide. Liste liegt am Morgen des 28.10. vor, und ich würde sagen, es ist maximal lebensfremd, zu Ich sage: denken, dass Schindler zu Ihnen ins Bundes- kanzleramt ohne diese Liste kommt. So. Ja.

Er sagt: Jetzt frage ich weiter. Er hat gesagt: „zwei, drei Tage später“, und „eine solche Liste existierte“, Weiß ich nicht. und dann sagt Schindler:

Dann kommt eine neue Frage: … die ich mir dann auch angese- hen hatte. Die kam auch nicht in dem Sinne - um das noch mal … Und das war am 24. oder am 25. klarzustellen -: „Wir haben ein oder am 26.? Problem, weil wir etwas Ungesetz- liches machen, weil wir etwas Schindler: Fehlerhaftes machen“, sondern sie haben nur auf die Problematik Also bestimmt nicht am Tag da- hingewiesen, nach, sondern wahrscheinlich zwei, drei Tage später. - Achtung! -

Ich frage: dass doch eine beachtliche Anzahl von EU- und NATO-Zielen gesteu- Und die sagten: „Wir haben ein ert wird im Bundesnachricht- Problem“, oder hatten die schon dienst und das unter dem Ge- eine Liste in der Hand? sichtspunkt der politischen Äuße- rung der Kanzlerin möglicher- Schindler sagt: weise

Das weiß ich nicht mehr. Ich weiß - da kommt noch mal eine Frage zwischendrin - auf jeden Fall, dass in einer Be- sprechung eine solche Liste exis- ein Problem werden könnte. tierte … (Dem Zeugen werden Bis zu dem Punkt. Ich mache da gleich weiter. Unterlagen vorgelegt)

Jetzt kommt diese Seite 148 in Tagebuchnummer Also Schindler spricht davon, dass eine beachtli- 223/16. Das ist diese Mail, in der steht - ich zi- che Anzahl von EU- und NATO-Zielen gesteuert tiere; sie ist VS-NfD -: wurde.

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1. Untersuchungsausschuss

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Und wenn man sich das anguckt - - Die Liste ist Zeuge Ronald Pofalla: Ihre Unterstellungen sind ja bei uns nicht drin in diesem Ding, sondern nur falsch. die Aufzählung, eine Grobzusammenfassung, die ich hier nicht vortragen kann, weil sie als Ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- heim eingestuft ist vom Bundeskanzleramt, ganz NEN): Das sind keine Unterstellungen. Geheim, obwohl Herr Wolff großen Wert darauf legen würde, dass das jetzt mal öffentlich wird, Zeuge Ronald Pofalla: Doch. Ich lese Ihnen das was hier steht. Also, an uns scheitert es nicht, jetzt auch mal vor. Herr Wolff. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die Problematik lag auf dem Tisch, und Herr NEN): Ich habe Ihnen vorgelesen, was Herr Schindler kam gut vorbereitet zu Ihnen. Der Schindler gesagt hat. wusste, was das Problem war. Er hat nämlich am 28.10. um 9.29 Uhr morgens diese Liste bekom- Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe ja die ganze Zeit men, und er wusste, dass NATO- und EU-Ziele jetzt zugehört. Ganz ruhig! Ich lese Ihnen das nur gesteuert wurden im Bundesnachrichtendienst, vor und komme zu einem anderen Ergebnis. und zwar zu einer Zeit, in der Herr Pofalla in Also, bleiben wir mal einen Moment - - Verantwortung war. Und Sie behaupten, dass Herr Schindler Ihnen gegenüber diese ihm be- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kannte Wahrheit verschwiegen hat, er uns hier in NEN): Ich wäre Ihnen schon dankbar, wenn Sie seiner Aussage letzte Woche belogen hat und er meine Frage beantworten würden. nur ganz nebulös von irgendwelchen Botschaften gesprochen hat, und ob da befreundete Länder Zeuge Ronald Pofalla: Ja, die beantworte ich dabei gewesen sind, das soll er noch nicht ge- Ihnen: Ich teile ihre Prämissen nicht, überhaupt wusst haben. nicht, in keiner Weise, weil -

Zeuge Ronald Pofalla: Wo ist jetzt die Frage? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Pofalla. Zeuge Ronald Pofalla: - Ihre Form der Zusam- menstellung ist eine Interpretation, die weder die Zeuge Ronald Pofalla: Ja, fragen Sie. Aussage von Herrn Schindler richtig wiedergibt noch gesichert erscheinen lässt, dass Herr Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schindler zu dem Zeitpunkt - - NEN): Ich habe gefragt: Sie glauben, Herr Schind- ler hat - - Sie erinnern das so: Herr Schindler hat Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihnen das alles vorenthalten, was er uns hier NEN): Wir machen noch einen Sondersitzungs- letzte Woche erzählt hat, dass das sein Kenntnis- termin und laden Sie beide zur selben Zeit, Herr stand - - mit dem er ins Bundeskanzleramt gefah- Pofalla. ren ist. Zeuge Ronald Pofalla: Sollte ich jetzt antworten, Herr Schindler sagt, er hat Sie umfassend infor- oder wollen Sie immer dazwischen- - Ich versu- miert, und Sie sagen, Herr Schindler hat Sie che, Ihnen zu antworten, und jetzt sind Sie doch nicht umfassend informiert, er war noch nicht in gespannt, wie ich Ihnen antworte. der Lage, Ihre Fragen zu beantworten. Trotzdem haben Sie irgendeine Weisung rausgegeben. Ist Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das eine schlüssige Geschichte, Herr Pofalla? NEN): Dann mal los.

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Zeuge Ronald Pofalla: Ja. - Also, schon die Inter- miert hat - ganz eindeutig -; das können Sie die- pretation aus dem Protokoll der 126. Sitzung auf ser Aussage hier unten auf der Seite 26 von 82 der Seite 26 unten, der Aussage von Herrn nicht entnehmen. Schindler - dass er damit sagt, dass er mich damit unterrichtet hätte -, gibt die Passage unten links Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht her; die haben Sie verlesen. Die Passage NEN): Passen Sie auf, Herr Pofalla. Dann lesen gibt nur her, dass Herr Schindler gesagt hat, dass wir weiter: er im Zulauf darüber entsprechend, wie er es hier macht, unterrichtet worden ist. Damit sagt er aber Zeuge Ronald Pofalla: Ja, lesen Sie mal weiter. überhaupt nicht, ob er mich damit unterrichtet Wird nicht besser. hat. Also schon ist die Interpretation, die Bewer- tung - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Herrn Pofalla, jetzt hören Sie auf, … ein Problem sein könnte. Zeit zu schinden! Und ich frage: Zeuge Ronald Pofalla: Nein, gar nicht. Und - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein, Herr Pofalla, beantworten Sie die Und er sagt: Frage! Sie glauben, Herr Schindler stellt das hier vom Zeitablauf eindeutig dar, dass er diese Unter diesem Gesichtspunkt. Informationen bekommen hat, bevor er ins Bundeskanzleramt gefahren ist, und Sie be- Und ich sage: haupten, er habe Ihnen diese Information, dass es um „eine beachtliche Anzahl von EU- und - haben Sie diesen - - NATO-Zielen“, die gesteuert wurden, gegangen ist, in dem Gespräch am 28.10. vorenthalten. Das Daraufhin sagt er: behaupten Sie. Nicht unter dem Gesichtspunkt: Wir tun hier etwas … (akustisch Zeuge Ronald Pofalla: Nein, das behaupte ich unverständlich) nicht, um das mal klar zu sagen, weil diese Inter- pretation von Ihnen - deshalb würde ich die Be- Ich frage: hauptung gar nicht aufstellen - stimmt eben nicht. Herr Schindler sagt in der Aussage hier vor Das habe ich verstanden. Aber ha- Ihrem Untersuchungsausschuss auf Ihre Frage ben Sie dieses politische Problem nicht das, was sie da interpretieren. gesehen?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und daraufhin sagt der Zeuge Gerhard Schindler: NEN): Was sagt er denn? Sonst hätte ich es nicht Herrn Zeuge Ronald Pofalla: Herr Schindler sagt nur in Pofalla berichtet. der Aussage, dass er, wenn es dieser Vermerk sein sollte - aber kann man jetzt mal vielleicht so- (Christian Flisek (SPD): gar unterstellen - - Er sagt nur, dass er in seinem Und weiter! Jetzt kommt es!) Zulauf die Informationen gehabt hat. Er sagt in dieser Aussage nicht, dass er mich darüber infor- So. Und wie haben Sie … genau Herrn Pofalla berichtet?

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… Ja, ich bin hingefahren und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe es ihm gesagt. NEN): Ich lese es Ihnen noch mal vor, Herr Pofalla. Das sagt Herr Schindler hier schwarz auf weiß. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. Der Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ist doch schön, dass er Zeuge darf jetzt noch mal antworten, weil wir nicht gegangen ist. Also, damit bin ich ja sehr zu- schon bei zehn - - frieden. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich mache das hier bis Mitternacht. NEN): Herr Pofalla, das ist genau sozusagen, ich sage mal, das Unwahrheitsdelta, in dem Sie sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege befinden, - von Notz - -

Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich lese Ihnen das noch mal vor. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - dass der Präsident des BND sagt, er hat Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege Sie unterrichtet am 28.10., - von Notz, aber nur in der nächsten Runde. Der Zeuge darf jetzt noch mal antworten, dann sind Zeuge Ronald Pofalla: Ja, das hat er ja auch. wir bei der nächsten Fraktion, weil wir bei zehn Minuten sind. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - und Sie sagen, er hat irgendwelche vagen (Dr. Konstantin von Notz Geschichten erzählt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe gar keine Wir können seine Position nachvollziehen, weil Frage gestellt! Was soll er es Akten aus dem BND gibt zu diesem Fall. Im antworten?) Bundeskanzleramt gibt es zu relevanten Vorgän- gen keine Akten. Und das ist ein echter Schwach- Zeuge Ronald Pofalla: Herr Schindler sagt hier: punkt für Ihre Geschichte, weil Sie sie durch Ak- ten nicht belegen können. Sie haben noch nicht … die ich mir dann auch angese- hen hatte. mal aufgeschrieben, was für eine Weisung Sie er- teilt haben. Die Hütte brannte lichterloh. Sie ha- Also - - Jetzt lassen Sie mich auch einmal ausre- ben noch nicht mal aufgeschrieben, was Sie ange- den! Sie können ja anschließend gleich wieder wiesen haben. Und deswegen, muss ich sagen, ist widersprechen. Ich kann ja mit dem Disput sehr die Aussage von Herrn Schindler bis zu dem gut umgehen, aber ich würde es gerne einmal im Zeitpunkt, es sei denn, Ihnen fällt jetzt noch was Zusammenhang darstellen. Gutes ein, einfach glaubwürdiger. Dann sagt er: Zeuge Ronald Pofalla: Ja, noch mal: Das, was Sie an Schindlers Aussage unterstellen, ist diesem … die ich mir dann auch angese- Protokoll nicht - - hen hatte. Die kam auch nicht in dem Sinne - um das noch mal Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- deutlich klarzustellen -: NEN): Ich lese es Ihnen noch mal vor. - also sie kam eben nicht in dem Sinne - Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich lese es Ihnen auch vor.

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„Wir haben ein Problem, weil wir Ihre Einlassungen, die ich jetzt mitbekommen etwas Ungesetzliches machen, habe gerade zum Schluss zu dieser Passage - - weil wir etwas Fehlerhaftes ma- chen“, sondern sie haben nur auf Zeuge Ronald Pofalla: … (akustisch die Problematik hingewiesen, dass unverständlich) doch eine beachtliche Anzahl von EU- und NATO-Zielen gesteuert wird im Bundesnachrichtdienst Christian Flisek (SPD): Hören Sie mir mal gut zu, und das unter dem Gesichtspunkt bevor Sie ins Mikrofon reden! der politischen Äußerung der Kanzlerin möglicherweise … Zeuge Ronald Pofalla: Ja, Sie waren die ganze Zeit nicht da. Deshalb konnten Sie das doch gar Daraus ergibt sich nicht, dass er mir das vorgetra- nicht verfolgen. gen hat. Können Sie dieser Aussage von Herrn Schindler - - Christian Flisek (SPD): Ich habe ja gesagt: das, was ich von Ihnen mitbekommen habe. Manch- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mal reicht ganz wenig von Ihnen, um den richti- NEN): Doch. Denn Sie lesen - - gen Eindruck zu bekommen.

Zeuge Ronald Pofalla: Ich sage es so - - Zeuge Ronald Pofalla: Den Eindruck habe ich bei Ihnen auch, ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müssen wir jetzt in der nächsten Runde - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt würde ich sagen, dass wir wieder dem Ausschussstil ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mäß miteinander umgehen. NEN): Herr Pofalla, wir lesen es in verteilten Rol- len. Christian Flisek (SPD): Na ja.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sonst ist die von Notz, das müssten wir jetzt in der nächsten Sitzung nämlich ganz schnell zu Ende heute. Runde vertiefen. Der Zeuge hatte noch mal Gele- genheit, etwas zu sagen. Zeuge Ronald Pofalla: Zeugenbeschimpfung ge- hört zu seinem Privileg. Jetzt kommen wir zur nächsten Fraktion. Das ist die Fraktion der SPD. Ich glaube, Kollege Flisek Christian Flisek (SPD): Herr Vorsitzender, dann möchte beginnen. weisen Sie mal den Zeugen darauf hin, und dann ist das gut. (Dem Zeugen werden Un- terlagen vorgelegt - Dr. Zeuge Ronald Pofalla: Zeugenprivileg: Be- Konstantin von Notz schimpfung durch den Befragenden. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN), an den Abg. Chris- tian Flisek (SPD) gewandt: Christian Flisek (SPD): Also, wollen Sie mir jetzt Lies es ihm noch einmal Fragen stellen? vor! Es ist unfassbar!) Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Aber ich mache Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- deutlich, was ich von Ihrer Art halte. der. - Hallo, Herr Pofalla! Also, ich teile zumin- dest mal die Interpretation, dass sich die Aussa- Christian Flisek (SPD): Dann seien Sie mal ruhig gen von Herrn Heiß und jetzt auch zum Schluss und hören mir mal einfach zu!

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Ronald Pofalla: Ich sage Ihnen aber, was haben sie noch sehr präsent. Das ist der Nachteil ich von Ihrer Art halte. jetzt, wenn Sie es im Endeffekt hier nur schrift- lich lesen. Aber die Tatsache, dass der Präsident Christian Flisek (SPD): Fragen Sie - - Machen Sie eine sehr - - eine relativ ausführliche, sage ich mal genau da weiter, wo Sie letztes Mal - - Ich mal, Vorbereitung abso- - So extensiv ist sie ja höre zu. - Also, stoppen wir die Zeit. Herr Pofalla nicht. Sie ist eine Seite, aber sie enthält mehr hat die Gelegenheit, jetzt was zu sagen. Substanz als das Bundeskanzleramt meint an In- formationen bekommen zu haben - - und er deut- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Sie müssen ja erst lich sagt in seiner Aussage, er hat auf die gesamte mal eine Frage stellen. Problematik hingewiesen. Und die ganze Frage, um die es sich ja hier dreht, ist die: Handelt es Christian Flisek (SPD): Sie wollten sich äußern, sich um eine Fehleinschätzung im Kanzleramt? Herr Pofalla? Hat man die Informationen bekommen, wie Herr Schindler es hier gesagt hat, dass er sie an Sie Zeuge Ronald Pofalla: Nein. weitergegeben hat, und man hat die Situation völlig falsch eingeschätzt, oder hat er diese Infor- Christian Flisek (SPD): Dann ist gut. Kann ich mationen nicht an Sie weitergegeben, hat er sel- dann mit meiner Zeugenbefragung weiterma- ber die Situation kleingeredet? chen? Ich hatte vorhin den letzten Zeugen, den Abtei- Zeuge Ronald Pofalla: Sie hatten ja jetzt die Gele- lungsleiter 6, Herrn Heiß, gefragt, ob er den Ein- genheit. Ich weiß nicht, warum Sie nicht weiter- druck hatte, dass Herr Schindler in diesem Ge- machen. spräch die Situation kleingeredet hätte, und er hat gesagt, Herr Schindler hat in dem Gespräch Christian Flisek (SPD): Gut. - Also, ich teile die lediglich ein Beispiel genannt - ein Beispiel! Und Ansicht des Kollegen von Notz, dass sich Ihre wir wissen ja aus der BND-Akte: Herr Schindler Einlassungen insbesondere jetzt zum Ende und hat durchaus Zahlen von Fällen parat gehabt, unter Vorhalt insbesondere des Protokolls auf und er behauptete hier in diesem Ausschuss, er Seite 26 mit denen von Herrn Schindler nicht de- hat das vorgetragen. cken, und ich glaube, dass es hier tatsächlichen Bedarf gibt, entweder heute noch eine Klärung So. Und jetzt wissen wir aufgrund unserer Be- herbeizuführen, weil wir ansonsten tatsächlich schäftigung mit dieser Thematik, dass es sich uns in diesem Ausschuss überlegen müssen, wie nicht um ein banales Thema handelt. Also die wir diesen Punkt klären, weil er muss geklärt Frage, welche Botschaften von EU-Staaten, werden. Ich vertrete die Auffassung, dass wir un- NATO-Staaten in welchen Ländern mit unter- sere Ausschussarbeit nicht beenden werden, schiedlichen Bezügen zum Auftragsprofil gesteu- ohne diesen Punkt geklärt zu haben, zumindest ert werden, ist kein banales Thema; es ist ein im Rahmen der Möglichkeiten, die wir als Aus- komplexes Thema. Das sieht man auch an den schuss haben. Es kann sein, dass wir es auch un- Ausarbeitungen, am Versuch der Verschriftli- ter Ausnutzung aller Möglichkeiten nicht klären chung der Weisung infolge Ihrer Weisung oder können - das ist manchmal so -; aber Fakt ist, infolge der Weisung des BND-Präsidenten dann dass wir hier, wie der Kollege von Notz richtig in den Apparat hinein im Frühjahr 2014. Das ist gesagt hat, ein enormes Delta haben. nicht ganz so banal. Deswegen würde ich Ihnen die Frage jetzt gerne mal am Anfang stellen: War Ich denke, dass das, was der ehemalige Präsident für Sie als Chef der Aufsichtsbehörde, der eine des BND hier in diesem Ausschuss gesagt hat, solche Weisung im Rahmen seiner Aufsichtstätig- sehr deutlich ist. Das ergibt sich auch aus dem keit erteilt, der Fall an dieser Stelle wirklich erle- Protokoll. Wir waren auch alle miteinander bei digt, so wie der Herr Heiß es heute gesagt hat? dieser Zeugenvernehmung natürlich zugegen und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 134 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich beantworte gerne Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- die Frage. Nur damit Sie dann - - Sonst glauben chene Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses Sie, ich wollte Ihnen gegenüber unhöflich sein. wird fortgesetzt. Ich hoffe, die Pause war ausrei- Ich müsste anschließend mal - - chend. - Kollege Flisek hat weiter das Wort.

Christian Flisek (SPD): Ach! Christian Flisek (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsit- zender. - Ich würde jetzt noch mal da einsteigen Zeuge Ronald Pofalla: Weil ich das nicht will - wollen, wo wir gerade vor der Unterbrechung deshalb kündige ich es vorher an: Ich würde aufgehört haben. Sie haben gesagt, für Sie war gerne danach einmal ein kleines Örtchen aufsu- das nicht erledigt mit der Weisung. Richtig, ja? chen. Gebe ich Sie richtig wieder? - Das finde ich auch grundsätzlich richtig. Also Sie hätten erwartet, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das kriegen dass infolge dieser mündlichen Weisung aus dem wir hin. BND heraus, dann wahrscheinlich als Ihr An- sprechpartner vom BND-Präsidenten, Ihnen oder, Zeuge Ronald Pofalla: Ich beantworte aber Ihre je nachdem, wer dann irgendwann vielleicht die Frage vorher, damit Sie das nicht falsch verste- Verantwortung im Kanzleramt hat, jedenfalls hen. dem Kanzleramt einen Bericht übergeben wird?

Der Fall war für mich nicht geklärt. Ich habe das Zeuge Ronald Pofalla: So habe ich es dargestellt, ja vorhin deutlich gemacht, da waren Sie aber ja. noch nicht da - - Christian Flisek (SPD): So. Und diese Erwartung, Christian Flisek (SPD): Genau. die haben Sie ihm auch klar zu verstehen gege- ben, dem Herrn Schindler? Zeuge Ronald Pofalla: Das ist jetzt keine Spitze, wirklich keine Spitze - damit es nicht wieder los- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Also, auch das war vor- geht zwischen uns beiden. - Ich habe vorhin er- hin breit hier diskutiert worden, und ich habe gar klärt, dass ich einen Bericht erbeten habe und keinen Zweifel, dass Herr Schindler wusste, wie dass ich gesagt habe, weil der Sachverhalt nicht das zu verstehen ist, auch hinsichtlich des Wil- geklärt ist, will ich diesen Bericht haben. Und je lens und des Sachverhalts. nachdem - wenn ich den Bericht bekommen hätte und was darin gestanden hätte, hätte ich Christian Flisek (SPD): Okay. Ich kann das nach- darauf reagiert. Deshalb war der Vorgang oder der vollziehen, weil wir haben heute sehr ausführ- Fall, wie Sie es sagen, für mich nicht geklärt. lich den Regelungsmechanismus von Aufsicht und Aufsichtsausübung sozusagen und auch der Und ich würde einmal bitten, wenn ich um die Instrumente von Aufsicht erörtert, und da sind Ecke - - Ich bin gleich wieder da. die Weisung und dann auch die Berichtsanforde- rung natürlich zentrale Elemente, und insofern - Christian Flisek (SPD): Sehr gut. Können wir un- also, ich kann das nachvollziehen; ich hätte es terbrechen. Sehr gern. genauso gemacht. Wenn ich eine Weisung erteilt hätte, hätte ich gesagt: Jetzt möchte ich dann ir- Zeuge Ronald Pofalla: Danke. gendwann einen Bericht haben: Wie habt ihr das umgesetzt? Gibt es Probleme in der Umsetzung? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann ist die Sind neue Probleme aufgetaucht? Sitzung für fünf, sechs Minuten unterbrochen. Wir haben das halt mit dem Herrn Heiß sehr aus- (Unterbrechung von führlich auch gerade erörtert, genau zu diesem 20.32 bis 20.37 Uhr) Thema, und da haben wir viel Zeit investiert. Da

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 135 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung hat uns Herr Heiß genau das Gegenteil gesagt. worden; sonst wüsste ich das ja nicht - die Aus- Herr Heiß hat gesagt, aus Sicht der Abteilung 6 sage von Herrn Heiß hinsichtlich des materiellen gab es überhaupt gar keinen Anlass - so hat er es Inhalts der Unterrichtung, zwischen dem, was er gesagt -, gegenüber Herrn Schindler, gegenüber sagt und ich sage, identisch - weil ja vorhin die dem BND, einen solchen Bericht anzufordern. Er Frage kam, ob wir uns vorher abgestimmt hätten, hat gesagt, die Sache war erledigt. Es saßen sozu- was wir nicht haben -, was mich ja zufrieden- sagen die höchsten Spitzen in Sachen Geheim- stellt. Jetzt würde ich mal sagen: Wenn er meint, dienstaufsicht zusammen, haben die Weisung er- die Sache sei erledigt, vermute ich mal, war das teilt. Die Weisung war klar, und es gab keinerlei sozusagen die Anweisung der Einstellung. Ja, Anlass, hier einen Bericht anzufordern. klar, die war erledigt, weil die war zwischen uns dreien klar, und damit war klar, dass, wenn so et- Und das ist jetzt sozusagen auch keine Divergenz was stattfindet, es unterbunden werden muss. zwischen BND und Kanzleramt, sondern da ha- Also sehe ich jetzt auch keinen Gegensatz zwi- ben wir jetzt zwei offensichtlich unterschiedliche schen mir und Herrn Heiß. So. Aussagen innerhalb des Kanzleramtes, nämlich dem Abteilungsleiter 6, der gesagt hat - für mich Und ich habe berichtet - dem hat Herr Heiß ja of- überhaupt nicht nachvollziehbar, sage ich -, Wei- fensichtlich auch nicht widersprochen -, dass ich sung reicht, noch dazu eine mündliche, keinerlei bei Herrn Schindler darum gebeten habe, mich Nachfassen, Kontrolle, Bericht, und - völlig zu über die Sachverhaltsaufklärung weiter zu unter- Recht -, wie Sie es sagen: Zu einer Ausübung der richten, ob mündlich, aber eben auch in schriftli- Aufsicht in dieser Frage, die nicht banal ist, die cher Form. Also, ich sehe da gar keinen Unter- sensibel ist, die komplex ist, gehört es, eine Wei- schied. Der eine formuliert es nur so rum und der sung zu erteilen und dann gegebenenfalls auch andere so rum. einen Bericht anzufordern. Aber was ist nun pas- siert? Christian Flisek (SPD): Dann darf ich das noch mal gerade etwas konkreter machen. Zeuge Ronald Pofalla: Das kann ich Ihnen ja nicht sagen für den Zeitpunkt nach dem 17. De- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, bitte. zember. Aber ich glaube, Sie müssen ein biss- chen auch unterschiedliche Naturelle in Rech- Christian Flisek (SPD): Noch mal, Herr Pofalla: nung stellen. Also, ich würde mal sagen, Herr Wir haben da sehr viel Zeit mit Herrn Heiß auf Heiß - noch mal - hat meine totale Wertschät- diese Frage verwendet. zung, aber ist jemand, der neigt von seiner Per- sönlichkeit nicht dazu, Sachen in die eine oder Zeuge Ronald Pofalla: Ja. andere Richtung zu dramatisieren, was ich sehr an ihm schätze. Christian Flisek (SPD): Und wir haben Herrn Heiß gefragt, ob vom Kanzleramt irgendeine Maß- Christian Flisek (SPD): Das kann ich nachvollzie- nahme, zum Beispiel eine Berichtsanforderung, hen, ja. erfolgt ist hinsichtlich der Frage: Was ist aus die- ser Weisung gefolgt, was ist mit dieser Weisung Zeuge Ronald Pofalla: Das schätze ich. passiert? Und auf diese Frage hat Herr Heiß, Ab- teilungsleiter 6 des Kanzleramtes, uns vorhin ge- Christian Flisek (SPD): Nein, nein. Den Charak- antwortet, er sah keinen Anlass, jenseits der rei- terzug, den Sie gerade beschrieben haben, den nen Weisung irgendetwas zu unternehmen, anzu- kann ich nachvollziehen aufgrund der Befragung. fordern, auch keinen Bericht. Also, wir werden das - - Das Protokoll ist jetzt sicherlich ja noch Zeuge Ronald Pofalla: Ja, würde ich auch so sa- nicht fertig, weil das eine ganz frische Verneh- gen. Und - wie soll ich das ausdrücken? - offen- mung heute war; aber da wird das so expressis sichtlich ist - so ist es mir vorhin vorgehalten verbis sinngemäß drinstehen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 136 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Also wir haben ihn damit konfrontiert, ob das erledigt. Ja, da würde ich auch sagen: Da stimme Kanzleramt - - weil wir wollen uns einen Über- ich Herrn Heiß zu; ich wäre auch nicht auf die blick darüber verschaffen, wie Aufsicht über den Idee gekommen, nachzufragen, ob die Weisung BND in einem so wesentlichen Bereich unseres umgesetzt ist, weil ich habe bei Herrn Schindler Untersuchungsgegenstandes ausgeübt wird. Und nie Zweifel gehabt, dass das, was angewiesen ich stimme Ihnen voll und ganz zu, wenn man worden ist, umgesetzt wird. Oder anders ausge- sagt, eine Weisung reicht nicht aus; selbstver- drückt: Hätte ich jemals den Eindruck gehabt, ständlich gehört dazu ein Bericht am Ende. Wir hätte ich ihn entlassen müssen. So. Es gibt kei- teilen ja offensichtlich die Einschätzung, dass es nen Vorgang, an den ich mich erinnern kann, wo sich hier nicht um eine ganz banale Angelegen- ich erfahren hätte, dass ich etwas angewiesen heit handelt. So. Und Herr Heiß sagt: nichts der- habe, was Herr Schindler anschließend nicht um- gleichen; kein Anlass für irgend weitergehenden gesetzt hat. Und man muss doch jetzt mal sehen: Anforderungen gegenüber dem BND-Präsidenten. Das ist doch auch eine Zusammenarbeit, die nicht nur auf Misstrauen basiert. Ich habe Herrn Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ähm - - Schindler jedenfalls nicht misstraut.

Christian Flisek (SPD): Und insofern: Verstehen Christian Flisek (SPD): Nein. Sie jetzt? Sie haben ja gerade gesagt, Sie sehen keinen Widerspruch; Sie haben gerade versucht, Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe übrigens auch ein Stück weit vielleicht diesen Widerspruch auf- seinem Vorgänger - damit Sie nicht meinen, ich zulösen, der zwischen dem, was Sie jetzt gesagt meine es nur bei ihm -, Uhrlau, nicht misstraut. haben, und dem, was Herr Heiß gesagt hat - - Ich Insofern sage ich mal: Den Teil kann ich doch to- sehe diesen Widerspruch nach wie vor, auch un- tal gut verstehen. ter Hinweis auf die Charakterzüge von Herrn Heiß. Ich sehe nach wie vor in der sehr klaren Christian Flisek (SPD): Ja. Aussage hier einen sehr deutlichen Widerspruch. Zeuge Ronald Pofalla: So. Wenn mit „erledigt“ Und die Frage, die sich mir stellt: Hat jetzt das gemeint war, dass sozusagen durch die bloße An- Kanzleramt einen Bericht angefordert vom BND- weisung, die erfolgt ist, nichts Weiteres mehr Präsidenten, oder hat es keinen Bericht angefor- passieren muss, dann weise ich darauf hin - und dert? Hat Herr Heiß gerade die Unwahrheit ge- so habe ich das Gespräch in Erinnerung -, dass sagt? Weil er hat sehr viele Fälle genannt, wo er ich eben Herrn Schindler gebeten habe, den gesagt hat: Ich kann mich nicht mehr erinnern. - Sachverhalt zu klären und mir schriftlich zu be- Damit wir das hier auch mal hier einordnen: Herr richten. - So ist der Sachverhalt. Heiß ist ein Zeuge gewesen, der sich sehr oft nicht konkret erinnern konnte, und wenn er sich Christian Flisek (SPD): Also, noch mal: Es geht nicht erinnern konnte, hat er auch nichts gesagt. um die Frage, ob ein solcher Bericht angefordert Ergo sage ich: Wenn er sich erinnert, dann sagt er wurde; denn in der Folge ist ein solcher Bericht was. Und zu dieser Frage hat er sehr klar Stellung ja offensichtlich nicht erstellt worden. Er ist we- genommen. Er hat gesagt, das Kanzleramt hat kei- der vom BND erstellt worden, wenn zutrifft, dass nen Bericht angefordert. Und Sie sagen, ja. Sie das angefordert haben. Und ich gehe davon aus, dass, selbst wenn der Chef des Bundeskanz- Zeuge Ronald Pofalla: Jetzt haben Sie nur leramtes wechselt, damit sozusagen eine Be- selber - - Ich habe ja mitgeschrieben, was Sie jetzt richtsanforderung nicht hinfällig ist, sondern sie gerade gesagt haben. Jetzt, muss ich mal sagen, ist ist ja dann dem Bundeskanzleramt, und zwar die Verwirrung perfekt, weil: Worauf bezieht sich dem nächsten Chef, zu übermitteln. die Frage? Weil Sie haben gesagt: „Was ist aus dieser Weisung geworden?“, hätten Sie Herrn Es ist nie ein Bericht erstellt worden; wir haben Heiß gefragt. Und darauf hat er gesagt, das sei nie in unseren Unterlagen einen solchen Bericht

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung gesehen. Und wir sind dabei - ich formuliere das Zeuge Ronald Pofalla: Ja, jetzt muss ich aber - - jetzt mal so hier -, ein schwarzes Loch aufzuklä- Tut mir wirklich leid, Sie werden das wieder als ren, das klafft zwischen der Weisung, die Sie ja Provokation empfinden, aber - - noch verantworten, im Oktober 2013 und den Vorfällen anlässlich des Besuches Ihres Nachfol- Christian Flisek (SPD): Ich bin da ganz hart im gers in Pullach im März 2015. Wir versuchen, zu Nehmen mittlerweile. klären: Was ist eigentlich im Kanzleramt und im BND in dieser Zeit in diesen Fragen passiert? - Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ich will Sie echt So. Und ich bin gerne dabei, wenn hier sozusa- nicht provozieren, weil - - Aber das habe ich alles gen Sie mir darlegen können, dass - Sie sind am beantwortet. 17.12. aus dem Amt geschieden - - Sie sagen: Ich habe in dieser Frage alles richtig gemacht. Christian Flisek (SPD): Dann müssen Sie es jetzt noch mal beantworten. Tut mir auch leid, - Und wenn Sie sagen: „Ich habe eine Weisung er- teilt, und ich habe einen Bericht angefordert“, Zeuge Ronald Pofalla: Ja. dann spricht zunächst einmal alles dafür, dass hier ordentlich die Aufsicht ausgeübt wurde; Christian Flisek (SPD): - weil der Kontext, den spricht alles dafür. Das einzige Problem, das ich ich jetzt beziehe auf den Bericht, ist vielleicht habe, ist: Abteilungsleiter 6, Heiß, hat auf aus- noch mal etwas zugespitzter, auch wenn Sie zu drückliche Frage hin: „Ist ein solcher Bericht diesen Fragen schon insgesamt Stellung genom- vom Kanzleramt angefordert worden?“, Nein ge- men haben. Ich möchte wissen: Haben Sie Herrn sagt, mehrfach: Haben wir nicht. Es ist nie ein Altmaier bei der Amtsübergabe gesagt: „Ich habe solcher Bericht erstellt worden. Auch Herrn einen Bericht vom BND zu dieser Frage angefor- Schindler ist ein solcher Bericht nicht bekannt. dert, und der wird - - Der ist bisher nicht gekom- Und jetzt stellt sich mir die Frage: Wo beginnt men. Ich bin jetzt weg, aber er wird mit Sicher- das schwarze Loch? Und das ist das, wo wir hier heit in deiner Zeit kommen. Und wenn er nicht gerade arbeiten. bald kommt, dann fordere ihn bitte an“?

Und jetzt würde ich eigentlich eine konkrete Zeuge Ronald Pofalla: Jetzt wird Folgendes pas- Frage an Sie stellen: Haben Sie denn bei Ihrer sieren: Wenn ich jetzt kurz antworte, was ich Amtsübergabe an Ihren Nachfolger, an Peter Alt- kann - weil ich habe ihn nicht unterrichtet -, wer- maier, ihm gesagt - ich weiß ja nicht, vielleicht den Sie wieder Fragen stellen, die andere vorhin haben Sie ja auch über diese Problematik gespro- auch gestellt haben, die wir in der ganzen chen, wahrscheinlich - - Runde -

Zeuge Ronald Pofalla: Habe ich. Christian Flisek (SPD): Ist doch egal.

Christian Flisek (SPD): Ja? Haben Sie ihm gesagt: Zeuge Ronald Pofalla: - darf ich das mal sagen - „Da kommt ein Bericht, den habe ich angefordert. schon durchgegangen sind. Ich habe eine Weisung erteilt, mündlich, die wurde weitergegeben vom BND-Präsidenten. Du Christian Flisek (SPD): Ja. musst diesen Bericht anfordern, und dann musst du an der Sache dranbleiben, weil sie ist poli- Zeuge Ronald Pofalla: Wir können es ja gerne tisch heikel. Da kommt ein Untersuchungsaus- wiederholen, also: Zeit habe ich genug. schuss auf uns zu - mit hoher Wahrscheinlich- keit“? Das war ja am 17.12. absehbar. Was haben Christian Flisek (SPD): Ja, wir auch. Sie ihm gesagt zu diesen Fragen, zu der Frage Be- richt? Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber es ist doch nicht der Sinn einer Vernehmung, - -

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: In dieser Zeuge Ronald Pofalla: Doch, das ist irre vom Pro- Runde - - zedere, dass Sie drei Stunden lang nicht dabei sind und nach drei Stunden dieselben Fragen Christian Flisek (SPD): Antworten Sie doch. stellen, die längst geklärt sind, - Wenn Sie kurz antworten können, antworten Sie doch kurz. Christian Flisek (SPD): Dann machen wir das die nächste Fragerunde wieder. Ich gebe jetzt das Zeuge Ronald Pofalla: - dass Sie drei Stunden Wort ab. lang nicht da sind und Fragen, die bereits - Zeuge Ronald Pofalla: - die wirklich längst ge- Christian Flisek (SPD): Antworten Sie einfach klärt sind. Das ist doch irre. kurz. Christian Flisek (SPD): Also, nächste Fragerunde Zeuge Ronald Pofalla: - wirklich geklärt sind, treffen wir uns wieder. wiederholen. Ich kann nichts dafür, dass Sie von Anfang an nicht dabei waren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Es kommt jetzt die Fraktion Die Linke wieder dran, Christian Flisek (SPD): Ja. Haben Sie Herrn Alt- wo sowohl Kollegin Renner als auch Kollege maier - ich wiederhole jetzt gerne noch mal die Hahn die meiste Zeit, wenn ich es richtig gese- Frage - - Und das wird ja, sage ich mal, dann hen habe, da waren und deswegen neue Fragen auch nicht kürzer, wenn Sie sagen, Sie können stellen. - Aber keiner will? - Dann - - eigentlich darauf kurz antworten. Martina Renner (DIE LINKE): Im Moment höre Zeuge Ronald Pofalla: Habe ich doch schon. ich lieber noch mal den anderen Kollegen zu.

Christian Flisek (SPD): Also, Sie haben ihn Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Dann nicht - - kommt die Fraktion - -

Zeuge Ronald Pofalla: Habe ich doch gerade be- Martina Renner (DIE LINKE): Ach nein, Herr antwortet, in aller Kürze, mit vier Buchstaben. Hahn hat - -

Christian Flisek (SPD): Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay.

Zeuge Ronald Pofalla: Richtig. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich will jetzt nicht das fragen, was der Kollege Flisek gesagt hat, aber Christian Flisek (SPD): Gut. doch noch mal zur Übergabe, Amtsübergabe ins- gesamt, denn wir werden ja den Herrn Altmaier, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten jetzt Chef BK, auch noch hören. Und Sie haben langsam - - gesagt oder vorhin schon erklärt und jetzt auf die Frage noch mal gesagt, dass Sie darüber Herrn Christian Flisek (SPD): Was war denn der Grund, Altmaier nicht unterrichtet haben. dass Sie ihm das nicht gesagt haben? Was haben Sie denn mit Herrn Altmaier bei der Zeuge Ronald Pofalla: Ja, das ist die nächste Übergabe, bezogen hier auf den Untersuchungs- Frage, die habe ich Ihnen vorhergesagt, die haben gegenstand, überhaupt besprochen? Also, haben wir vorhin auch schon erörtert. Darf ich Ihnen sa- Sie ihn, der ja in dem Bereich neu war, zum Bei- gen: Ich mache das gerne, aber das ist doch irre. spiel unterrichtet über die ganze Frage der NSA- Selektoren und was da bisher der Kenntnisstand Christian Flisek (SPD): Nein, das ist nicht irre. im Kanzleramt ist? Sie haben ja auch das PKGr

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung unterrichtet. Aber Sie haben natürlich auch bei Verlegenheit zu bringen oder den Vorsitzenden der Übergabe bestimmte Dinge angesprochen. Hat jetzt wieder dazu zu bringen, zu unterbrechen. das Kanzlerhandy eine Rolle gespielt? Ich weiß Wenn Sie also den Geheimcode des Panzer- jetzt nicht ganz genau, wann das Telefonat zwi- schrankes bei der Amtsübergabe Herrn Altmaier schen Präsident Obama und der Bundeskanzlerin gegeben haben und noch - - Ich wollte damit sa- war, in dessen Ergebnis ja wohl gesagt worden gen: Diese Dinge interessieren mich nicht. Die in- ist, man würde jetzt die Kanzlerin nicht mehr teressieren mich schon, aber jetzt nicht in diesem abhören, was wir als Eingeständnis weitgehend Ausschuss, sondern ich wollte damit sagen, dass gewertet haben. Ich weiß nicht, inwieweit solche ich die naive Vorstellung, vielleicht naive Vor- Telefonate oder die Vermerke dazu über Ihren stellung habe, dass, wenn ein Minister dem ande- Tisch gingen. Also: Haben Sie darüber mit Herrn ren etwas übergibt, zu drei, fünf, acht, zehn wich- Altmaier gesprochen? tigen Punkten man miteinander sich austauscht: Das steht an, das könnte im nächsten Monat noch Haben Sie die Frage No-Spy-Abkommen, was Sie kommen. Da läuft etwas, das kann gefährlich ja zur Beendigung dieser ganzen öffentlichen werden, da gibt es Schwierigkeiten. Aufregung kurz vor den Wahlen gesagt haben - - Jetzt geht’s los, und wir werden das alles kräftig Und da habe ich drei Themen genannt, von de- schaffen. Haben Sie ihn über den jetzigen Stand nen ich ausgegangen bin dass sie eigentlich bei oder den Stand damals unterrichtet? Also, was einer Amtsübergabe eine Rolle spielen sollten, waren Dinge, die bei der Amtsübergabe eine damit der Neue nicht ins Messer läuft, und habe Rolle gespielt haben, die hier diesen Untersu- Ihnen deshalb gesagt: Das möchte ich wissen, chungsausschuss auch beschäftigen oder schon was diesen Untersuchungsausschuss jetzt hier in beschäftigt haben? den letzten Jahren beschäftigt hat, und nicht, dass Sie damals zu einem schon existierenden Zeuge Ronald Pofalla: Also, diesen Untersu- oder Einsetzungsauftrag was sagen, sondern ich chungsausschuss gab es zu dem Zeitpunkt nicht. wollte das eingrenzen, weil ich annahm, Sie ha- Insofern gab es auch gar keine Veranlassung über ben mehr zu besprechen als diese Punkte bei der einen späteren - - Amtsübergabe.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe ja drei Zeuge Ronald Pofalla: Die drei Punkte, die Sie Themen jetzt genannt, unabhängig ob Sie ihn genannt haben, waren Selektoren. Da mir zu dem schon - - Zeitpunkt nicht bekannt war, dass es Selektoren gibt, dass es gar den Begriff gibt, hätte ich mit Zeuge Ronald Pofalla: Ja, Sie haben ja nach dem ihm gar nicht darüber reden können, weil ich sel- Untersuchungsausschuss gefragt. Also, ich hatte ber die Kenntnis nicht hatte. Über das Telefonat keine Veranlassung, mit ihm über einen mögli- Obama brauchte ich nicht berichten, weil das in cherweise später erfolgten Bundestagsbeschluss den Tagen alles in der Zeitung stand. Und zum mit der Einsetzung eines No-Spy-Abkommen wusste ich, dass er über die Untersuchungsausschusses zu reden, weil zu Aktenführung ohnehin den Zulauf zu dem gan- dem Zeitpunkt - Mitte Dezember, übrigens auch zen Vorgang hat. tatsächlich so gewesen - - erst Monate später der NSA-Untersuchungsausschuss eingerichtet Also, ich bin ja selber ins Kanzleramt gekommen, worden ist. Deshalb gab es auch gar keine 2009, und weiß ja, wie das Kanzleramt einem Veranlassung für mich, zu dem Zeitpunkt dann auf laufende Sachen vorbereitet. Sie bekom- darüber mit ihm zu reden. men am Anfang sehr umfängliche Akten, wenn Sie ein Aktenstück bekommen. Wenn Sie irgend- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Herr Pofalla, ich wann in den Sachverhalten drin sind, werden habe den Verweis auf den Untersuchungsaus- Ihnen ja die Akten gar nicht mehr vorgelegt, son- schuss nur deshalb gemacht, um Sie nicht in die dern Sie kriegen dann nur noch den Schriftsatz,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung der eingeht, die Erwiderung, die eingeht, weil Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- unterstellt wird, dass Sie sozusagen die Historie NEN): Ja, ist Ihnen völlig - - kennen. Und wenn Sie sie nicht kennen, können Sie auch jederzeit nachfragen. Also, da ist das Zeuge Ronald Pofalla: Nein, keine Kenntnis. Kanzleramt wirklich sehr, sehr gut organisiert. Deshalb gab es für mich überhaupt gar keine Ver- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- anlassung, mit Ihnen darüber zu reden. NEN): Haben Sie von damals keinerlei Erkennt- nisse erworben? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay? - Gut. Dann kommen wir jetzt zur Fraktion der Zeuge Ronald Pofalla: Ja. CDU/CSU. - Es gibt im öffentlichen Teil keine weiteren Fragen mehr. Dann sind wir bei Bünd- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nis 90/Die Grünen. Herr Kollege Ströbele. NEN): Sie haben ja wahrscheinlich inzwischen da einiges auch in den Medien gelesen. Also, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- „Eikonal“ hatten wir in der Tat schon seinerzeit NEN): Herr Pofalla, auch noch mal zu zwei ande- und konnte ich damals schon fragen. Aber dieses ren Fragen. Aus den Snowden-Dokumenten andere Projekt, was wir hier nicht nennen sollen, wurde ja damals - ich sage das mal ganz vorsich- das soll da erst in Arbeit gewesen sein, - tig - auch entnommen, dass unter anderem die Glasfasern angezapft werden - das sage ich jetzt Zeuge Ronald Pofalla: Ja. mit meinen Worten - oder abgeleitet oder wie auch immer werden, die in Europa an den ver- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schiedenen Stellen zu sehen sind, und dass das NEN): - sage ich mal so, im Entstehen. Davon ha- der BND machen soll bzw. gemeinsam mit der ben Sie wahrscheinlich auch in der Zeitung gele- NSA macht - angeblich. Haben Sie seinerzeit ge- sen. wusst, dass da was dran ist? Also, die Welt sonst und die Fachleute wussten es, glaube ich, nicht, Zeuge Ronald Pofalla: Ja. außer denen, die da irgendwie involviert waren. Wussten Sie damals von dem Projekt „Eikonal“, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- um das mal ganz klar zu sagen, also Ableitung NEN): Haben Sie sich da gewundert? Haben Sie der Glasfaserkabel in Frankfurt? Und wussten Sie gedacht: „Ach, da war ja noch was, was ich nicht noch von einem weiteren ähnlichen Projekt, was wusste“? in Vorbereitung war? - Also, ich will jetzt gar nicht in die Einzelheiten, sondern - - Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich vermute. Das hat ja auch einen Eigennamen, wenn man den Namen Zeuge Ronald Pofalla: Ist ja klar. Die erste Frage nicht sagen soll. hatten Sie mir bereits gestellt vor anderthalb Jah- ren zu „Eikonal“. Die habe ich beantwortet: Nein, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wusste ich nicht. - Und die zweite Frage kann ich NEN): Ja. auch mit Nein beantworten; wusste ich nicht. Zeuge Ronald Pofalla: Und es gab ja eine Aus- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schussveröffentlichung, also Ihres Ausschusses NEN): Also, Herr Schindler hat Sie über sein nach außen; sonst hätte ich ja auch nicht ge- Wissen diesbezüglich und seine Aktivitäten dies- wusst - mindestens mal in Grenzen -, was Sie von bezüglich nie, zu keinem Zeitpunkt informiert? mir wissen wollen: Da wird dieses Projekt ange- sprochen. Offen gestanden: Nein, ist mir nicht Zeuge Ronald Pofalla: Nein, die beiden Sachver- bekannt. halte, die Sie ansprechen - -

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Haben Sie denn nachher, als Sie das erfah- NEN): Nämlich: Also, am Anfang haben Sie das ren haben, sowohl in dem einen Fall schon län- prüfen lassen - das haben wir auch von anderen ger und im anderen Fall etwas kürzer, mal ge- Zeugen gehört -, und dann kam man zu dem Er- dacht: „Haben die mich doch nicht so auf dem gebnis: Kann sein, kann nicht sein. Und dann ha- Laufenden gehalten“? - Es waren ja immerhin ben Sie vorhin gesagt - ich habe es jetzt nicht Projekte, die über Jahre gelaufen sind, Zusam- mehr wörtlich im Kopf -, aber für Sie sprach menarbeitsprojekte, also geplant bzw. schon dann doch mehr dafür, dass es richtig - - also, durchgeführt. dass es wohl stimmt. Können Sie dazu was sa- gen? Ist das mit Ihrer Abteilung 6 so diskutiert Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe in der Zeit, als worden? Haben Sie das überhaupt diskutiert, ab- ich im Kanzleramt war, mich immer hinreichend gewogen: „Der eine hat das gesagt und der andere informiert gefühlt, sowohl durch das Kanzleramt das“? wie durch den BND, insbesondere dann, wenn man auch selber nachgefragt hat. Das ist immer Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich weiß es nicht, ob alles geklärt worden. Mal hat es schnell geklappt, ich das mit Mitarbeitern aus der Abteilung disku- mal hat es etwas länger gedauert; aber am Ende tiert habe. Das weiß ich nicht. sind die Fragen immer beantwortet worden. Ich bin mir eben nicht sicher - - Aber noch mal: Ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe keinen Aktenzugang mehr zu den - - NEN): Oder mit den Chefs der Dienste?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nein. Ich habe - da- NEN): Nein, - ran kann ich mich erinnern - mit den Diensten, die wir danach gefragt haben, also unter anderem Zeuge Ronald Pofalla: Ich kann das nicht beur- den BND, aber auch Bundesamt für Verfassungs- teilen. schutz - BSI ist mir auch noch in Erinnerung - - Die habe ich ja alle gebeten, mal eine Einschät- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zung dazu abzugeben, wie diese Maske zu bewer- NEN): - ich mache Ihnen gar keinen Vorwurf. ten ist. Und insofern sage ich aber jetzt nichts Mich interessiert: Damals ist das - - Neues zu der Vernehmung damals vom 2. Juli. Es gab eben Elemente, die aufgrund der Maske dafür Zeuge Ronald Pofalla: Ich weiß einfach nicht, sprachen, dass das eine Maske war, die auf Auf- wer wann was auch beim BND, auch in der Lei- klärung abzielte. Aber es gab Elemente - - weil tung erfahren hat oder nicht. Das kann ich alles Sie können ja nicht ausschließen, dass das auch nicht beurteilen. ein Fake war, die herzustellen. Ich habe ja da- mals berichtet - das will ich alles nicht wiederho- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- len -: Sie können über chinesische Portale, wenn NEN): Nein, habe ich auch nicht gefragt. - Das ist Sie da draufgehen, sich genau ansehen - - der erste Komplex. - Der zweite ist noch mal Kanzleramt und Kanzlerhandy: Haben Sie sich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorhin auch zu geäußert. NEN): Ja, das will ich ja gar nicht alles wissen. - Mich interessiert die Diskussion bei Ihnen. Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Ja, es gab Elemente, die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dafür und dagegen sprachen. Und wir haben - NEN): Haben Sie sich schon mal auch länger zu das ist aber auch keine andere Einschätzung als geäußert. Da habe ich noch zwei Nachfragen: damals - - Wir sind dann eben zu dem Ergebnis gekommen, dass etwas mehr dafür spricht, dass Zeuge Ronald Pofalla: Ja.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung es sich um eine Maske handelt, die tatsächlich Sie unter anderem mit der Abteilung 6 geführt darauf abzielte, aufzuklären. haben?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe jetzt - noch mal - NEN): Ja. Spielte bei den Diskussionen, die Sie in Erinnerung, dass ich mit Herrn Heiß darüber dazu hatten, oder Gesprächen das Telefonat der gesprochen habe. Ich habe in Erinnerung, dass Kanzlerin mit dem US-Präsidenten eine Rolle? ich mit Herrn Schindler darüber gesprochen habe. Ich habe in Erinnerung, dass ich mit Herrn Zeuge Ronald Pofalla: Nein, in der Phase, über Maaßen darüber gesprochen habe. Wie hieß der die - - Präsident des BSI? - Genau, danke. Mit dem habe ich auch darüber gesprochen. Also, es gab ver- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schiedene Personen, mit denen ich darüber ge- NEN): Wurde gar nicht erwähnt? sprochen habe, weil ich mir ja selber eine Mei- nung bilden wollte. So. Aus der Kombination all Zeuge Ronald Pofalla: Nein, pass auf: Über die dieser Gespräche plus die Einlassung der Ameri- Phase, über die ich jetzt rede - - Das war ja im kaner war dann das Ergebnis so, wie ich es be- Vorfeld - - Weil jetzt muss ich einmal noch zur schrieben habe. Historie sagen - man behält das ja alles nicht mehr, verstehe ich auch -: Der Spiegel hatte ja Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssen dem, nach meiner Erinnerung, - wir wieder - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Angriff. NEN): Letzte Frage.

Zeuge Ronald Pofalla: - Regierungssprecher diese Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Letzte Frage. Maske gegeben mit Bitte um Prüfung, weil ja selbst Der Spiegel Zweifel hatte, wie diese Maske Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu beurteilen ist. Und das war ja vor den Tagen, NEN): Wurde in diesen Gesprächen auch eine an- als darüber berichtet wurde, dass es diese Maske dere Meinung vertreten? Also, gab es jemanden, überhaupt gibt. Und in der Phase haben wir diese der gesagt hat: „Überzeugt mich überhaupt nicht. Institution, die ich gerade benannt habe, gebeten, Und was da mit Obama gesprochen wurde, wis- das zu beurteilen. Und in der Phase haben wir sen wir ja nicht genau“, dass gesagt wurde: mit denen darüber diskutiert. „Nein, ist doch eher unwahrscheinlich“?

Als dann das Telefonat mit dem amerikanischen Zeuge Ronald Pofalla: Nein, aber diese Maske Präsidenten kam oder auch die Amerikaner ja hat zwei Elemente gehabt, die total ungewöhn- nach außen veröffentlicht haben, wurde die Sa- lich waren, um diese Maske sozusagen zweifels- che ja in gewisser Weise noch klarer, weil durch frei als eine Maske einschätzen zu können, die diese Ausschlussregelung für die Vergangenheit nur die Sicherheit gibt, dass es sich um eine war ja zu vermuten: Wer sagt, dass es jetzt und in Maske im Zusammenhang mit einer Aufklärung der Zukunft nicht mehr stattfindet - - dass es in handelt. Und ich nenne noch mal die beiden Ar- der Vergangenheit stattgefunden hat. Und aus der gumente: Es stand der Name daneben - so habe Kombination von beiden haben wir dann unter- ich es in Erinnerung -, und es stand die tatsächli- stellt, dass es vermutlich stattgefunden hat. che Nummer daneben; auch ungewöhnlich. Die beiden Elemente sind üblicherweise auf diesen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Masken so für Dritte nicht enthalten. NEN): Ja. Sie haben jetzt auch wieder gesagt: „ha- ben wir“. War das der Inhalt von Gesprächen, die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gut.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 143 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay? - Zeuge Ronald Pofalla: Weiß ich nicht, eher in die Danke. Dann kommen wir jetzt zur nächsten letzte Richtung. Aber darüber habe ich mir jetzt Fraktion, der Fraktion der SPD. Herr Kollege Fli- wirklich keine Gedanken gemacht. Ich habe aber sek macht weiter. viel vorher darüber nachgedacht, ob wir jemals darüber gesprochen haben. Und jetzt meine ich Christian Flisek (SPD): Ja, danke, Herr Vorsitzen- noch mal den Gegenstand des gesamten Untersu- der. - Herr Pofalla, haben Sie nach dem 17. De- chungsausschusses. Und nach meiner Erinnerung zember mit Herrn Altmaier regelmäßig Kontakt komme ich zum Ergebnis, dass wir das nicht ha- gehabt? ben.

Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe noch ein Jahr Christian Flisek (SPD): Mhm. Auch dann - - lang danach dem Deutschen Bundestag angehört. Also, Sie fassen das ja zeitlich uneingeschränkt, Und da Herr Altmaier und ich durchaus, würde also auch über diesen Zeitraum März 2015, - ich mal sagen, ein Verhältnis haben und hatten, das über normale politische Kontakte hinausgeht, Zeuge Ronald Pofalla: Ja. habe ich immer wieder mit ihm zu tun gehabt, klar. Christian Flisek (SPD): - wo Herr Altmaier - das wissen Sie ja - den Besuch beim BND in Pullach Christian Flisek (SPD): Ist denn im Nachgang, hatte, Listen aufgetaucht sind, die dann noch mal also auch vielleicht jenseits Ihrer Zeit als Mit- dazu geführt haben, dass das Thema auch pro- glied des Deutschen Bundestages - - Hat Herr Alt- aktiv in dem Fall ins Parlament hinein kommuni- maier Sie mal auf diesen Sachverhalt angespro- ziert worden ist. Auch in diesem Kontext war nie chen, den wir hier gerade erörtert haben, also: dann mal irgendwann später mal eine Frage auf- „Was ist da genau eigentlich im Oktober 2013 in getaucht: Wie seid ihr eigentlich damals da um- die Wege geleitet worden? Was habt ihr da ange- gegangen mit der Thematik? wiesen, angefordert? Was ist passiert?“? Kann ja sein, dass sozusagen im Zuge der Regierungsbil- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Also, ich kann mich dung, der neuen, ein wenig - - Herr Altmaier hat nicht daran erinnern. Und ich würde mich doch ja viele Themen, für die er zuständig ist, für die daran erinnern, weil Sie auch den Zeitraum an- ein Kanzleramtschef zuständig ist, dass die The- sprechen, der ist dann sozusagen, gemessen an matik, wenn sie nicht gerade auf den Tisch lan- dem heutigen Tag, ja gar nicht weit her. det, auch ein Stück weit untergeht. Hat er Sie da mal im Nachgang angesprochen auf das Problem? Christian Flisek (SPD): Ja, gut.

Zeuge Ronald Pofalla: Nein, nach meiner Erinne- Zeuge Ronald Pofalla: Also, ich kann mich nicht rung nicht. Ich habe viel darüber nachgedacht; daran erinnern, dass wir jemals darüber gespro- war ja völlig klar, dass diese Frage eine Rolle chen haben. Aber ehrlicherweise muss ich Ihnen spielt hier im Ausschuss. Da ich mit Herrn Alt- auch sagen: Ich habe ja nun auch einen Vorgän- maier immer wieder zu tun hatte, kann ich mich ger gehabt. Mit dem saß ich ja sogar noch zusam- überhaupt nicht daran erinnern, dass wir über- men in der Regierung, weil das Kanzleramt ei- haupt über Sachverhalte geredet haben, die Ge- gentlich so geführt wird durch die Beamten und genstand dieses Untersuchungsausschusses sind. Beamtinnen, wie ich das erlebt habe: Sie werden durch das Kanzleramt exzellent auf die Sachver- Christian Flisek (SPD): Jetzt frage ich mal gleich: halte vorbereitet. Ich habe nach meiner Erinne- Hat das vielleicht was mit der Thematik zu tun? rung beispielsweise im Blick auf meinen damali- Oder würden Sie sagen, wenn es einen Anlass ge- gen Vorgänger, Thomas de Maizière, auch nicht geben hätte, hätte man selbstverständlich auch in Erinnerung, dass ich den jemals irgendetwas über solche Themen geredet? gefragt hätte.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 144 von 152 Stenografisches Protokoll 128 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Gut. Also, es hätte ja in- Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ich weiß es eben sofern sein können, als dass ja bestimmte Dinge nicht mehr. nach wie vor eben politisch die Menschen be- schäftigen und auch den Nachfolger beschäftigen Christian Flisek (SPD): Okay. und Herr Altmaier ja gerade mit dieser Thematik auch jetzt nicht unerheblich viel Aufwand und Zeuge Ronald Pofalla: Daraus würde sich ja Arbeit hatte. schließen, ob man darüber gesprochen hat oder nicht, weil ich weiß es einfach nicht mehr, ob da Zeuge Ronald Pofalla: Ja. zu dem Zeitpunkt der Öffentlichkeit und damit auch mir - - Ich habe ja keine Zugänge mehr da- Christian Flisek (SPD): Hatten Sie dann mit rüber, wer wo sitzt oder auch nicht sitzt. Nach Herrn Fritsche mal irgendwann gesprochen? meiner Erinnerung haben wir darüber nicht ge- sprochen. Zeuge Ronald Pofalla: Nein, Herrn Fritsche habe ich auch, glaube ich, nur einmal nach meinem Christian Flisek (SPD): Unterstellt mal, Sie wä- Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag gese- ren jetzt am 17.12. nicht ausgeschieden, es hätte hen. Und noch mal: Das war auch im Zusammen- sozusagen eine personelle Kontinuität in diesem hang der zwei oder drei Akteneinsichtnahmen, Amt gegeben: Hätten Sie dann erwartet nach der die ich in einem bestimmten Raum des Kanzler- Weisung - und Sie haben ja auch gesagt, Sie ha- amtes vorgenommen habe, vor meiner letzten ben einen Bericht angefordert -, dass man Ihnen Vernehmung am 2. Juli 2015. Und da haben wir vielleicht schon die Entwürfe, aber spätestens uns die Hand geschüttelt, Guten Tag gesagt, und sozusagen die konkrete schriftliche Umsetzung ich bin in den Raum gegangen, und ansonsten der Weisung einmal zumindest im Kanzleramt habe ich mit Herrn Fritsche keine Kontakte. vorlegt, der Fachabteilung vorlegt, damit geprüft wird, ob das Ganze auch so vonstattengeht, wie Christian Flisek (SPD): Ich vermute mal, nach Ih- es eigentlich sich gehört und wie es angewiesen rem Ausscheiden dann auch nicht mit dem ehe- wurde? maligen BND-Präsidenten Schindler? Zeuge Ronald Pofalla: Das ist ja eine hypotheti- Zeuge Ronald Pofalla: Doch, mit Herrn Schindler sche Frage. Also, ich bin sicher - machen wir es habe ich mich - ich würde mal sagen - einmal im einmal so rum - - Oder: Ich kann mich an keinen vergangenen Jahr und irgendwann auch ein ande- Fall erinnern, wo ich um einen Bericht gebeten res Mal davor getroffen, ja. habe, dass ich ihn nicht später auch bekommen habe. Machen wir es mal so rum. Christian Flisek (SPD): Haben Sie über diese Thematik geredet? Christian Flisek (SPD): Also, insofern, wenn wir jetzt feststellen, dass Sie diesen Bericht ja ange- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. fordert haben, trotz der personellen Zäsur: Wür- den Sie mir zustimmen, dass es dann doch recht Christian Flisek (SPD): Über die Umstände sei- ungewöhnlich ist, dass es einen solchen Bericht nes Ausscheidens? in unseren Akten nicht gibt?

Zeuge Ronald Pofalla: Ehrlicherweise bin ich mir Zeuge Ronald Pofalla: Was ja nicht besagt, dass jetzt nicht mehr sicher. Ich müsste es nachgu- es ihn nicht gibt, weil ich habe ja selber über vier cken, wann wir uns getroffen haben, ob zu die- Jahre - - sem Zeitpunkt - - (Zuruf: Das stimmt, ja!) Christian Flisek (SPD): Ich sage jetzt mal - -

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- Ja. - Weil manche Sachen gehören eben zum Christian Flisek (SPD): Gut. Herr Pofalla, dann Kernbereich der Regierung. Ich kann das jetzt können wir jetzt, sage ich mal, diese Überlegung, hier alles nicht beurteilen. Aber mir sind ja in dass es irgendwelche Gründe gibt, den uns nicht den Jahren, als ich Chef des Kanzleramtes war, vorzulegen, vielleicht tatsächlich mal beiseitele- durchaus Aktenstücke vorgelegt worden, wo es gen. Und dann würde ich einfach die Frage noch auch um andere Untersuchungsausschüsse ging mal stellen. Also, wenn Sie - - Sie haben ja ge- und wo die Frage natürlich schon mal erwogen rade selber gesagt, Sie sind in Ihrer Amtszeit ge- wurde, wie man damit umgeht. Also, insofern wohnt gewesen, wenn Sie Berichte angefordert würde ich jetzt mal sagen: Den Rückschluss, dass haben, dass die dann auch kommen - davon gehe es den nicht gibt, würde ich daraus alleine nicht ich auch aus, da habe ich überhaupt gar keinen ziehen. Zweifel -, dass die Tatsache, Sie fordern so einen Bericht an, es gibt eine personelle Zäsur, aber es Christian Flisek (SPD): Gut. - Jetzt hebe ich mal gibt am Ende trotzdem keinen Bericht, doch un- die Hand, um Blickkontakt mit Herrn Wolff auf- gewöhnlich ist. zunehmen, wenn das erlaubt ist. Vielleicht kön- nen wir mal kurz auch die Zeit nutzen und unter- Zeuge Ronald Pofalla: Ich bleibe dabei: Sie wol- brechen. Herr Wolff, wenn es einen solchen Be- len immer Bewertungen. Ich kann mich an kei- richt gegeben hätte - Herr Pofalla hat ja gerade an- nen Fall erinnern, wo ich etwas erbeten habe, mir gedeutet, vielleicht gibt es Gründe, das nicht vor- zu berichten, dass ich es nicht anschließend be- zulegen, Kernbereich, irgendwas, ja - - Also, ich kommen habe. würde davon ausgehen - korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege -, wenn es einen solchen Christian Flisek (SPD): Gut. Dann haben wir ei- Bericht geben würde beim BND, entweder in den gentlich nur zwei Möglichkeiten aus meiner Entwürfen und er vielleicht dann gar nicht abge- Sicht. Na ja, es gibt drei Möglichkeiten: Entweder geben worden ist oder aber, wenn er abgegeben ist nie eine Weisung dahin gehend erteilt worden ist und tatsächlich dem Kanzleramt zuge- worden, oder es ist nie ein Bericht angefordert gangen wäre, dann hätten wir ihn in den Unterla- worden, oder es gab ein Missverständnis gen, oder? zwischen den Akteuren, oder die Anforderung des Berichts wurde ignoriert, und man hat darauf MR Philipp Wolff (BK): Davon gehe ich tatsäch- vertraut, dass der neue Chef das schon nicht lich aus. Mir ist ein solcher Bericht nicht be- irgendwie aufgreifen werde, weil - ich vermute kannt. mal - die Anforderung des Berichts, auf die Sie sich ja beziehen, war auch mündlich, ähnlich Christian Flisek (SPD): Es würde aus Ihrer Sicht, wie die Weisung. Richtig? nach dem, was uns üblicherweise vorgelegt wurde, keinen Grund geben, wenn es einen sol- Zeuge Ronald Pofalla: Habe ich vorhin schon er- chen Bericht gäbe, uns ihn vorzuenthalten. klärt, ja.

MR Philipp Wolff (BK): So ist es. Wobei es eine Christian Flisek (SPD): Also, dass man sagt: hypothetische Frage ist, weil ich kenne ihn auch Schall und Rauch. Herr Pofalla ist jetzt weg, und nicht. Insofern gehe ich davon aus - - solange der Neue nicht aktiv nachfasst, machen wir mal nix. - Also, diese drei Möglichkeiten lo- Christian Flisek (SPD): Na ja klar, weil es ihn gischerweise habe ich ja nur. Sehen Sie noch nicht gibt. eine vierte? - Nein.

MR Philipp Wolff (BK): Genau. Ich müsste ihn Zeuge Ronald Pofalla: Doch, jede Menge. Aber - - mir anschauen, wenn es ihn gäbe. Und dann müsste man darüber entscheiden. Aber ich kenne Christian Flisek (SPD): Ja, dann klären Sie uns einen solchen Bericht nicht. auf.

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Die CDU/CSU hat in öffentlicher Sitzung auch keine Christian Flisek (SPD): Doch. Fragen mehr. - Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- lege Ströbele. Zeuge Ronald Pofalla: Ich bin nicht derjenige, der es hier untersucht. Ich bin hier der Zeuge. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Also, Sie untersuchen - - NEN): Ja, noch eine. - In Ihrer Zeit, also als Sie Chef im Kanzleramt waren - das wissen wir in- Christian Flisek (SPD): Vielleicht sehen Sie ja die zwischen -, hat der Bundesnachrichtendienst, einzige Möglichkeit, die den Tatsachen ent- eine Abteilung oder eine Gruppe im Bundesnach- spricht. richtendienst, die Selektoren, die NSA-Se- lektoren, überprüft aus eigener Regie heraus - so- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. Aber noch mal: Sie weit wir das gehört haben - und hat dabei festge- stellen Ihre Hypothesen auf, und ich nehme die stellt, dass da mehrere Zehntausend nicht rein- zur Kenntnis. dürfen, nicht rein gehören, weil die aus unter- schiedlichen Gründen problematisch sind, unter Christian Flisek (SPD): Ja, leider müssen wir Hy- anderem auch deshalb, weil sie möglicherweise pothesen aufstellen, weil wir mit Tatsachen und mit deutschen Interessen nicht oder schwer zu widersprüchlichen - - weil wir mit sehr wider- vereinbaren sind. So fasse ich das mal allgemein sprüchlichen Aussagen arbeiten müssen. Das ist zusammen. nach wie vor ja unser Problem. Deswegen stellt man sich die Frage: Wie kommt es dazu, dass je- Sie kennen die Auseinandersetzungen, die wir mand wie Sie - - Noch mal: Ich glaube daran, gehabt haben oder immer noch haben, mit der dass, wenn Sie Weisungen erteilen, egal schrift- Bundesregierung über die Kenntnisnahme vom lich oder mündlich, Sie sie so erteilen, dass den Inhalt dieser Selektoren. Das war in Ihrer Zeit da- Empfängern klar ist, was sie zu tun haben; habe mals. Haben Sie von diesem doch gewaltigen ich überhaupt keinen Zweifel. So. Wie kann das Akt, muss man sagen, den man so oder so inter- sein - noch mal -, dass Sie eben eine mündliche pretieren kann - jedenfalls war das ja eine fast Weisung erteilen, einen Bericht anfordern, sensationelle Erkenntnis, die da gewonnen wor- ebenso mündlich, und - - Gibt es nicht. - Also, den ist und eigentlich hätte weitergegeben wer- Sie haben darauf auch keine Antwort. Aber unge- den müssen, sowohl an die Spitze als auch ins wöhnlich ist das in jedem Fall, auch wenn Sie Kanzleramt - - Haben Sie da irgendwann mal was mir da vielleicht nicht beipflichten mögen. von erfahren, also während Ihrer Zeit, bis zum 17. Dezember? Zeuge Ronald Pofalla: Nein, noch mal: Ich habe keine Aktenkenntnis; ich weiß nicht, was da wo Zeuge Ronald Pofalla: Nein. wie berichtet wurde. Ich habe ihn angefordert, und dabei bleibe ich. Und alles, was danach war, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- entzieht sich meiner Kenntnis. NEN): Zu keinem Zeitpunkt, irgendeiner mal eine Andeutung gemacht: „Da ist so was gelau- Christian Flisek (SPD): Gut. Ich habe in öffentli- fen, aufgelaufen“? cher Sitzung keine weiteren Fragen an Sie. Zeuge Ronald Pofalla: Das bezieht sich ja auf die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Begriffe der Selektoren. Ich glaube, das haben wir Dank. - Dann kommen wir in die vierte Runde jetzt wirklich durch. und beginnen mit der Fraktion Die Linke. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe im Mo- NEN): Selektoren - muss ja nicht sein. Es können ment auch keine Fragen. ja auch Kommunikationsmerkmale oder so sein;

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung das ist ja das Gleiche. Haben Sie nie irgendwas Zeuge Ronald Pofalla: - klar wie Kloßbrühe. gehört? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Ronald Pofalla: Nein. NEN): - Anfang August. In den ersten Augustta- gen waren die. Da wurden sie festgestellt. Die Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sind dann möglicherweise nicht bei Ihnen gelan- NEN): Sie haben ja inzwischen sicher über diese det, vielleicht auch nicht bei der Spitze des ganzen Selektoren, soweit man das in der Öffent- Dienstes. Ich meine, Sie müssen doch selber mit- lichkeit weiß, Spekulationen, was da drin sind, bekommen haben - - Und das war ja wahrschein- Fakten, was da drin ist, Sonderbevoll- - oder Be- lich auch die Absicht Ihrer Erklärung, Ihrer sehr auftragte der Bundesregierung und die Auseinan- intensiven Worte - so drücke ich das mal vorsich- dersetzung darüber gelesen. Wenn Sie das da- tig aus -, dieses Thema für den Wahlkampf zu be- mals erfahren hätten, jetzt in der Nachschau: erdigen. Wäre das dann anders gewesen, wenn Wäre das für Sie irgendein Hinweis „Da gibt es so das schon bekannt gewesen wäre? etwas“, ein Anlass gewesen, am 12. bzw. 19. Au- gust 2013 sich etwas anders zu äußern? Zeuge Ronald Pofalla: Aber wenn meine Oma ei- nen Bart gehabt hätte, wäre sie nicht meine Oma, Zeuge Ronald Pofalla: Ja, jetzt Herr Ströbele, ir- sondern mein Opa gewesen. Ich halte diese kon- gendwie ist das, weil wir uns jetzt lange junktivistischen Fragen - - kennen - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Zeugenaussage, Herr Zeuge. NEN): Das war ja vorher. Zeuge Ronald Pofalla: Nein, ich halte diese kon- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, aber Herr Ströbele, das junktivistischen Fragen für nicht zielführend: haben wir doch alles in der letzten Sitzung, wo Wenn dieses oder jenes gewesen wäre - ja, es war ich war, ausgiebigst erörtert. Diese Aussage von aber nicht so. Und der Sommer des Jahres 2013 mir bezog sich auf zwei ganz bestimmte Codes. war anders. Und deshalb beteilige ich mich an Und sie bezog sich darauf, dass dieser Sachver- dieser Hypothese und den damit verbundenen halt nun geklärt sei. Punkt. So. Also irgendwie Konsequenzen nicht. komme ich mir vor wie in so einer alten Bezie- hung, wo man sich permanent missversteht und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bei jedem Treffen sozusagen die Sache neu aufge- NEN): Also, es war auch nicht so, dass Sie, als rollt wird. Darüber haben wir beide doch beim Sie das zur Kenntnis genommen haben, dachten letzten Mal uns sehr lange unterhalten. oder vielleicht auch geäußert haben: Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre vieles anders gelau- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fen. NEN): Ja. Zeuge Ronald Pofalla: Sie unterschätzen, - Zeuge Ronald Pofalla: Da sehe ich jetzt auch nix Neues, auch nix durch die Veröffentlichungen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von heute. Weil, dass ich nicht Sachen beurteilen NEN): Kann ich mir vorstellen. konnte im August, die erst in 14 und 15 oder gar 16 sich herausgestellt haben, das ist ja irgend- Zeuge Ronald Pofalla: - wie wenig ich beachte, wie - was Sie hier machen. Das meine ich gar nicht böse. Ich führe ein anderes Leben, ich habe einen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- anderen Beruf, und ich denke nicht permanent NEN): Nein, nein, das stimmt ja nicht. Herausge- darüber nach, welche tiefschürfenden Erkennt- stellt haben sie sich - nisse hier rauskommen.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Okay. Sie wollen nicht. NEN): Das ist auch in den Akten des Bundes- nachrichtendienstes zu finden, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe noch einmal eine kurze Frage zu Zeuge Ronald Pofalla: Kann ich Ihnen nicht sa- dieser Erklärung von Montag, dem 12. August gen. Ich kenne die Akte - - 2013. Herr Pofalla, da sagen Sie unter 1: „Die NSA hat uns schriftlich versichert, dass sie Recht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und Gesetz in Deutschland einhält.“ - Das ist ja NEN): - die chemische Reinigung. Ich kann sie Präsens, ist mir aufgefallen. Also, sozusagen am nämlich - - Ich habe mir die Akten angeguckt. Ich 12. August 2013 sagt die NSA, dass sie deutsches kann das jetzt nicht erinnern, dass Ihre Erklärung Recht einhält. Hat sie das auch für die Vergan- dort abgestimmt worden wäre. genheit gesagt, oder war das sozusagen auf die Zukunft bezogen? Zeuge Ronald Pofalla: Wir haben in den Runden, an denen Herr Schindler, an denen Herr Zeuge Ronald Pofalla: Das weiß ich nicht mehr. Maaßen - ich weiß nicht, wer noch alles - teilge- Kann ich Ihnen nicht sagen. Das habe ich da ge- nommen haben - - Noch mal: Ihnen liegen die sagt. Wenn es da so steht, wird auch die entspre- Kalender ja vor. Da werden die Runden ja zum chende Erkenntnis vorgelegen haben. Aber auf Teil beschrieben. Wenn Sie da auf die Samstage - welche Zeiträume sich das bezieht, kann ich oder Sonntagstermine sind es ja, glaube ich, Ihnen nicht sagen. gewesen - gucken: Da ist über die Texte geredet worden. Und wir haben sehr ausführlich darüber Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geredet, wie wir das machen. Und wenn ich NEN): Dieses Statement, was Sie auch vorgelesen einen solchen Satz gesagt habe, dann wird es haben an dem Tag, ist ja insgesamt interessant, entsprechende Informationen gegeben haben, die wenn man das von heute aus betrachtet. Jetzt einer in der Runde vorgetragen hat. Das weiß ich kann man sagen: Später ist man immer klüger. - aber jetzt heute nicht mehr. Die Frage ist, ob man damals vielleicht auch schon klüger war als das, was da gesagt wurde Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- unter 13 Punkten. Mit wem wurde denn diese Er- NEN): Gibt es da Akten im Bundeskanzleramt klärung vorbereitet? Also, haben Sie die selbst ge- drüber, wie dieses Pressestatement vom 12. Au- macht, oder wurde die mit - - gust entstanden ist?

Zeuge Ronald Pofalla: Auch das habe ich in der Zeuge Ronald Pofalla: Kann ich Ihnen nicht sa- Vernehmung vor anderthalb Jahren ausführlich gen. Kenne ich nicht. dargestellt; können Sie den übersandten Termin- kalendern nachvollziehen, die Ihnen jetzt vorlie- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen von mir. Ich habe regelmäßig Runden der NEN): Wurde das Statement mit der Bundeskanz- Chefs der Dienste gehabt mit der Abteilung 6, mit lerin vorher besprochen? den dafür zuständigen beamteten Staatssekretä- ren. Jeder dieser Sätze, die ich öffentlich noch Zeuge Ronald Pofalla: Kann ich Ihnen auch nicht mal abgelesen habe, ist 25 mal chemisch gerei- sagen, weil - wie soll ich das ausdrücken? - das nigt worden durch die große Runde, die vorher war eine so schnelle Abfolge von Sitzungen, so- zusammengekommen ist, und das Ergebnis einer dass meine Vermutung mal wäre, eher nicht, weil umfassenden Vorprüfung gewesen, sonst hätte dazu gab es auch gar keine Veranlassung. ich diese Sätze nicht gesagt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na ja, ich glaube, Aufgabe dieser Presseer- klärung und des Statements insgesamt nach dem

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PKGr an dem Tag war, diese Geschichte für den Zeuge Ronald Pofalla: - bis zum 17. Dezember Bundestagswahlkampf 2013 zu beerdigen. 2013 -

Zeuge Ronald Pofalla: Ich verstehe, dass Sie un- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ter dem Trauma leben. NEN): Ja.

(Hans-Christian Ströbele Zeuge Ronald Pofalla: - habe ich den Begriff von (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Selektoren - - NEN): Postfaktisch!) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, Suchbegriffe. NEN): Nein, nein, ist kein Trauma. Zeuge Ronald Pofalla: Ich habe das jetzt als ein Zeuge Ronald Pofalla: Doch. Das ist ein Trauma. Synonym - - Sie haben ja x Beispiele genannt. Darüber haben wir beide ja auch schon beim letz- ten Mal - - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Pofalla, dass Sie so Dinge in unserer Zeuge Ronald Pofalla: Wenn ich es gewusst Beziehung so intensiv erinnern, zeigt ja, dass es hätte, hätte ich logischerweise anders argumen- auch Sie bewegt. tieren müssen. Ich habe es aber nicht gewusst, sondern ich hatte die Erkenntnisse, die mir vor- Zeuge Ronald Pofalla: Ja, dass sie intensiv ist. getragen worden sind. Und noch mal: Aus den Dass sie intensiv ist, ja, da stimme ich Ihnen zu. großen Runden der Vorbereitung sind diese Texte entstanden. Und noch mal - Herr Ströbele hat es Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja gerade auch noch mal versucht -: Die Beendi- NEN): So. Das können wir jetzt noch mal gemein- gung, die ja immer aus dieser Erklärung gezogen sam aufarbeiten. wird, bezog sich doch nur auf die beiden Codes im Zusammenhang mit Bad Aibling und nicht Zeuge Ronald Pofalla: Trinken wir gleich einen auf die anderen Vorwürfe. Habe ich alles beim Kaffee. letzten Mal wirklich ja minutiös, auch mit Zita- ten, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also, ja, das war die Beerdigung dieser Ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schichte. So. Von „Eikonal“, von „Glotaic“, von NEN): Ja, ja, ja. der gemeinsamen Erfassung in Bad Aibling von Millionen von Selektoren des Bundesnachrich- Zeuge Ronald Pofalla: - wann ich was gesagt tendienstes und der NSA, von rechtswidrigen Se- habe, wie darüber berichtet worden ist, darge- lektoren, von Selektoren, die heimlich gelöscht stellt. Sie können das doch alles nachlesen. Ist ja wurden: Von all diesen Dingen steht ja in dieser jetzt alles nicht neu. Erklärung nichts. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Ronald Pofalla: Ja. Aber jetzt bitte ich NEN): Ja. Aber die Zeugenaussage, Herr Pofalla, wirklich um Verständnis. Noch mal: Ich habe bis hat in einem Verfahren ihre Berechtigung. zum 17. Dezember 2017 - und ich mache es nur an einem Beispiel noch mal fest -, Zeuge Ronald Pofalla: Ja.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sagen Sie es noch mal: Bis zum? NEN): Neben Sachen, die man lesen kann, ist das

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung ja interessant. Und es ist schon interessant, sozu- hätten“ - - dass wir das gemacht haben. Das sagen im Nachhinein zu sehen, wenn man Ihre nehme ich für mich genauso in Anspruch. 13 Punkte anguckt, dass das damals funktioniert hat, dieses Thema zu beerdigen, aber eben an der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wahrheit komplett vorbeigegangen ist. Und jetzt NEN): Gut. Das nehme ich mit Respekt zur können Sie sagen, Sie wussten nicht mehr als Kenntnis, sage Ihnen aber trotzdem: Das war das, was Sie gesagt haben, wobei man, wenn man eben eine unzureichende Aufklärung. Und wie die Formulierung anguckt, schon den Eindruck das so ist: Wenn man aufklären will, wenn we- gewinnen könnte, dass man da sehr lange dran sentliche Tatsachen der Öffentlichkeit verschwie- rumgefeilt hat, dass man das genau so macht. gen werden, dann ist das eben praktisch wie eine Lüge. Aber dass es ebendiesen Untersuchungsaus- schuss am Ende des Tages gebraucht hat, um Zeuge Ronald Pofalla: Aber ich habe nicht - - eben die Steuerung ihrer Telefonnummer, die der Kanzlerin, der Millionen problematischen NSA- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Selektoren, die dann deaktiviert werden muss- NEN): Und das werfe ich Ihnen nicht - Herr ten - - Das ist eben nicht unter der Rechts- und Pofalla, das ist mir ganz wichtig - persönlich vor. Fachaufsicht des Bundeskanzleramtes erfolgt - da Aber ich sage: Das Bundeskanzleramt als Rechts- wurde halt dieses Pressestatement veröffent- und Fachaufsicht wäre in der Pflicht gewesen, zu licht -, sondern das hat ebendieser Unter- sagen: Liebe Leute, der Snowden hat da Sachen suchungsausschuss gemacht, und sonst würde veröffentlicht. Okay, das ist eine krasse Ge- das eben heute alles noch so weiterlaufen. Und schichte. Wir sind sehr tief involviert: XKey- das ist eben im Hinblick darauf, wie man mit die- score, den ganzen Kram kennen wir. Wir steuern sem Problem umgegangen ist, schon sehr denk- übrigens Millionen von Selektoren in Bad Aib- würdig. Aber das ist keine Frage. ling. Wir sind da involviert. Wenn ihr euch über die Amis aufregt, regt euch auch über uns auf. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eindeutig Und übrigens: Wir haben in dieser Kooperation, war das keine Frage. die wir seit 15 Jahren fahren, ganz massive Pro- bleme gehabt, immer wieder. - Das haben Sie halt Zeuge Ronald Pofalla: Darf ich vielleicht auch alles nicht der Öffentlichkeit zur Kenntnis gege- noch was sagen dazu. ben.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen NEN): Bitte. jetzt aus dem Format der Zeugenvernehmung heraus. Ich würde jetzt einmal noch, wenn es ge- Zeuge Ronald Pofalla: Ich bestreite das ja gar wünscht ist, dem Zeugen das Wort geben. Dann nicht. Aber so wie Sie für sich in Anspruch neh- müssen wir in der nächsten Runde weiterma- men - und das halte ich für völlig legitim, dass chen, wenn denn noch Runden gewünscht sind. Sie das tun -, dass Sie Sachen aufgeklärt haben, Herr Pofalla, gibt es da noch Antwort? nehme ich für mich in Anspruch, dass ich in den Monaten - beginnend wahrscheinlich mit Ende Zeuge Ronald Pofalla: Ja, ich will - - Da Sie es Juni, Anfang Juli, so nach meiner Erinnerung - mir ja nicht unterstellt haben: Gehen Sie wirklich bis Dezember, als ich im Amt ausschied, im Jahre davon aus: Das, was ich da immer der Öffentlich- 2013, alles, was ich tun konnte, an Aufklärung keit mitgeteilt habe, entsprach dem Erkenntnis- betrieben habe, und alles, was ich wusste, habe stand, natürlich zu dem Zeitpunkt, als es erklärt ich dem PKGr mitgeteilt und habe es auch der worden ist; da lege ich schon größten Wert da- Öffentlichkeit, mindestens mit den Einschrän- rauf. Dieses Puzzle so an Informationen zusam- kungen: „Manches konnten wir nicht mitteilen menzuführen, war eine extreme Herausforde- nach außen, weil wir sonst Personen gefährdet

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung rung. Und ich bin froh darüber, was wir in die- (Schluss des Sitzungsteils sem Sommer bis Dezember dann klären konnten Zeugenvernehmung, und nehme für mich, aber auch das Kanzleramt Öffentlich: 21.37 Uhr - in Anspruch, dass wir alles getan haben, was wir Folgt Beratungssitzung) tun konnten.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Jetzt schaue ich mal in die Runde. Gibt es noch Fragen in öffentlicher Sitzung an den Zeugen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann frage ich mal in die Runde: Wird der Zeuge Roland Pofalla noch in nichtöffentlicher bzw. in eingestufter Sitzung ge- braucht? - Ich sehe, hier meldet sich keine Frak- tion. Ich hatte gerade gefragt, ob der Zeuge noch in nichtöffentlicher oder - - Ja. Okay. Das ist doch die Frage gewesen. Dann müssen wir folgenden Beschluss fassen:

Für die weitere Vernehmung des Zeugen Pofalla am heutigen Tag wird die Öffentlichkeit gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 4 des Untersuchungsaus- schussgesetzes ausgeschlossen, weil besondere Gründe des Wohls des Bundes entgegenstehen.

Wer dafür ist, den bitte ich um das Hand- zeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist das zumindest, wenn ich das richtig ge- sehen habe, mit den Stimmen der Union ohne Teilnahme der anderen Fraktionen so beschlos- sen worden.

Damit sind wir am Ende der öffentlichen Sit- zung. - Der Öffentlichkeit und den Vertretern der Medien danke ich ganz herzlich für die Teil- nahme an der Sitzung, wünsche noch einen schö- nen Abend.

Die nächste Sitzung wird ausnahmsweise mal an einem Montag stattfinden, am 13. Februar, womit das alle wissen. Und wir ziehen jetzt um in den gewohnten Sitzungssaal für die nichtöffentliche bzw. eingestufte Sitzung. Wir werden vorher eine kurze Beratungssitzung im neuen Sitzungsraum machen. Da müssen wir auch mal die Zeugen- reihenfolge beraten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

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