Fahrgast-Magazin

Altona--Neumünster (AKN) Vom Dampfzug zur Schnellbahn Ein Eisenbahnunternehmen mit vielen Facetten von Joachim Kemnitz Fotos: AKN (5)

➢ Die AKN Eisenbahn AG mit Sitz in (Barmstedt – Bad Oldesloe) eröffnete Linie A1, 1965 nach (-) Kaltenkirchen ist heute das drittgrößte Eisenbahn Elmshorn – Barmstedt – Oldes- zurückverlegt. Für die Fahrgäste war das ein Eisenbahnunternehmen in Schleswig- loe (EBOE; später EBO) hinzu. Beide Vorteil: Statt zur isoliert gelegenen AKN- Holstein. Sie betreibt fünf Strecken Strecken kreuzten sich in Ulzburg (heute: Station laufen zu müssen, erreichten sie mit einer Länge von 265 km – davon Henstedt-Ulzburg). Ab 1957 war die AKN nun die AKN durch bahnsteiggleiches Um- zwei durch Tochterunternehmen – auch Betriebsführerin der EBO. steigen von der S-Bahn. Durch Gründung und bedient 67 Bahnhöfe und Hal- des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) tepunkte. Mit 356 Mitarbeitern und Nach dem Zweiten Weltkrieg 1965 konnte man zudem mit einem Fahr- 39 Doppeltriebwagen erbringt sie schein beide Verkehrsmittel benutzen. jährlich 3,7 Mio. Zugkilometer, beför- Eine der ersten „Neubaustrecken“ in Ähnliches geschah mit der Alsternordbahn, dert knapp 14 Mio. Fahrgäste, leistet Deutschland nach dem Krieg war die 1953 heute Linie A2. Auch hier wurde die U- etwa 124 Mio. Personenkilometer und eröffnete, zwölf Kilometer lange Alster- Bahn in zwei Schritten zunächst nach Gar- unterhält 117 km eigene Infrastruktur. nordbahn (ANB) von (Hamburg-)Ochsen- stedt (1969) und nach Mitte zoll, dem damaligen Endpunkt der U- (1996) verlängert und die ANB entspre- Älter als das Auto Bahn, nach Ulzburg Süd, wo sie an die chend zurückgebaut. Auch das war ein Vor- AKN-Stammstrecke anschloss. Auch sie teil für die Fahrgäste, denn statt beim Um- wei Jahre, bevor das erste mit Verbren- wurde von der AKN betrieben. steigen die Treppe nehmen zu müssen, nungsmotor angetriebene Automobil 1973 wurde der Abschnitt der EBO zwi- steigt man nun bahnsteiggleich um, noch Z in Fahrt kam, im Jahr 1883 also, wurde schen Ulzburg und Bad Oldesloe stillgelegt, dazu mit einer konsequent betriebenen die Altona-Kaltenkirchener-Eisenbahn-Ge- während die Strecke zwischen Ulzburg und Anschlusssicherung. Die heutige Linie A3 sellschaft (AKE) gegründet und nahm ein Elmshorn erhalten blieb. In den Folgejahren ist das Reststück der ehemaligen EBO. Bis Jahr später mit Dampfkraft den Betrieb auf war der Fortbestand der Streckenabschnitte 1992 fand ein regelmäßiger Zugverkehr der 35 km langen Strecke von Altona nach Elmshorn – Ulzburg, Kaltenkirchen – Neu- nur zwischen Elmshorn und Barmstedt Kaltenkirchen auf. Die Fahrzeit betrug an- münster und selbst Norderstedt Mitte – statt. Ab 1992 verkehrten zwischen Barm- fangs gut zwei Stunden (heute 41 Minuten Ulzburg Süd durchaus infrage gestellt. stedt und Ulzburg drei tägliche Zugpaare. ab Eidelstedt). 1898 wurde die Strecke bis Die AKN-Linien A1, A2 und A3 werden Bad Bramstedt und 1916 bis Neumünster S- und U-Bahn drängen vom HVV als Schnellbahnen vermarktet Süd verlängert (ab 1953 direkt zum DB- die AKN zurück und auch so auf dem Liniennetzplan ausge- Bahnhof). Ab 1916 nannte man sich Eisen- wiesen. Schnellbahncharakter haben aber bahn-Gesellschaft Altona-Kaltenkirchen- In drei Schritten wurde die Hamburger S- nur die Linie A2 und der Abschnitt der A1 Neumünster und die noch heute verwendete Bahn zunächst bis Langenfelde (1962) und zwischen Eidelstedt und Kaltenkirchen. Abkürzung AKN war geboren. 1965 bis Elbgaustraße (endgültig 1967 bis Die Linie A3 und die Linie A1 im Ab- Als zweites Standbein kam die zwischen Pinneberg) verlängert. Dadurch wurde der schnitt Kaltenkirchen – Neumünster erin- 1896 (Elmshorn – Barmstedt) und 1907 Endpunkt der AKN-Stammstrecke, heute nern eher an Regionalbahnen.

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Prominenz auf dem Bahnsteig bei der Übernahme des Verkehrs nach Büsum.

Streckenstilllegungen Neuer Schwung und A2 verdoppelt. War früher eine Zug- vermieden durch die Regionalisierung folge von 40 Minuten der Grundtakt – mit des Nahverkehrs Verdichtungen auf 20 Minuten in der ie Abschnitte mit Regionalbahncha- Hauptverkehrszeit (HVZ) – so ist heute die rakter waren in ihrer Existenz immer Die AKN befindet sich im Wesentlichen 20-Minuten-Zugfolge der Grundtakt. Seit D wieder bedroht. Man darf bezweifeln, im Eigentum der Länder Hamburg und Dezember 2005 gibt es Taktverdichtungen ob sie das Streckensterben überstanden Schleswig-Holstein. Bis 1996 wurde die auf zehn Minuten in der HVZ. Lediglich in hätten, wenn sie sich im Besitz der Staats- AKN durch einen nebenamtlichen Vor- den Abendstunden und am Wochenende bahn befunden hätten und wenn es nicht stand, dessen Mitglieder hauptamtlich besteht noch der 40-Minuten-Takt. Im rechtzeitig im Jahr 1996 im Rahmen der bei der und der Jahr 1999 wurde auf der A3 zwischen Elms- Bahnreform zur Regionalisierung des Nah- DB-Tochter Autokraft tätig waren, mehr horn und Ulzburg wieder ein stündliches verkehrs gekommen wäre. Hilfreich war verwaltet als unternehmerisch geführt. Mit Zugangebot eingeführt. sicher auch, dass die AKN bereits ab 1930 der Regionalisierung des Nahverkehrs war Zur Abmilderung des 40-Minuten-Tak- von dampflokbespannten Zügen auf Die- diese Konstruktion wegen möglicher Inte- tes fahren seit Dezember 2004 bis zu seltriebwagen umstellte und dieser Prozess ressenkonflikte nicht mehr haltbar und 12 A1-Züge pro Tag über die S-Bahn- in den fünfziger Jahren abgeschlossen war. die AKN bekam einen hauptamtlichen Gleise bis zum Hamburger Hauptbahn- Jedenfalls kam es im AKN-Bereich nach Vorstand. Damit kam unternehmerischer hof durch. Dort können die Fahrgäste 1973 zu keinen weiteren Stilllegungen. Schwung in die AKN. Man erkannte, dass Wartezeiten während des 40-Minuten- Noch vor der Regionalisierung fielen wich- die AKN ein Schnellbahnergänzungsnetz Taktes am Abend komfortabler verbringen tige Weichenstellungen, indem die A2 im für die Metropolregion Hamburg darstellt. als am einsam gelegenen Bahnhof Eidel- Rahmen der U-Bahn-Verlängerung nach Nachdem im Rahmen der U-Bahn-Verlän- stedt. Technisch wurde das dadurch mög- Norderstedt Mitte zwischen 1991 und 1996 gerung nach Norderstedt Mitte die A2 lich, dass einige dieselelektrische Trieb- zweigleisig ausgebaut und die A3 1994/95 zweigleisig ausgebaut worden war, wird seit wagen auf Zwei-System-Antrieb umgebaut zwischen Elmshorn und Ulzburg grundsa- 1997 auch die Stammstrecke A1 in drei wurden, sodass die Speisung der Fahr- niert wurde. Die für den Fahrgast spürbaren Stufen auf dieses Niveau gebracht. motoren bedarfsgerecht sowohl durch die Verbesserungen des Angebots stellten sich Konsequent wurden daher im Laufe der Stromschiene der S-Bahn als auch durch erst im Rahmen der Regionalisierung ein. Jahre die Zugfrequenzen auf den Linien A1 Dieselgenerator möglich ist.

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Die AKN-Gruppe wächst Zukunftswünsche der Fahrgäste anschließenden Umland – als Wirtschafts- raum, so hat er eine Einwohnerzahl von ie richtig die Entscheidung war, der Trotz aller bisherigen Ausbaumaßnahmen mehreren hunderttausend Menschen, das AKN nach der Regionalisierung sind die Fahrzeiten zwischen Kaltenkirchen entspricht der einer Großstadt mit ICE- W einen hauptamtlichen Vorstand zu (oder gar Bad Bramstedt) und Hamburg Halt. Für die Bewohner stellt eine Bahn- geben, zeigte sich in den Folgejahren. Drei- weniger eindrucksvoll als beispielsweise auf fahrt nach Schleswig-Holstein über Ham- mal beteiligte sich die AKN erfolgreich an den Hauptstrecken zwischen Bad Oldesloe burg Hbf bzw. Hamburg Dammtor und Ausschreibungen, bei denen die DB jeweils oder Elmshorn und Hamburg. Die kurzen Elmshorn einen großen Umweg dar. Nicht Mitbewerber war. Ein DB-Manager, der die Fahrzeiten zwischen Bad Oldesloe sowie verwunderlich, dass immer wieder Pläne AKN nebenamtlich mitverwaltet hätte, Elmshorn und Hamburg ergeben sich, weil aufkommen, die „Mittelachse“ direkt nach wäre dabei in Interessenkonflikte geraten. es hier neben Zügen, die auf allen Stationen Schleswig-Holstein zu stärken. Insofern Im Frühjahr 2000 gewann die AKN die halten, auch ohne Halt verkehrende RE- könnte es von großem verkehrlichen Nut- Ausschreibung für die Strecke Heide – Züge gibt. Nach Abschluss des zweigleisi- zen sein, die AKN-Strecke Kaltenkirchen – Büsum und nahm im November desselben gen Ausbaus zwischen Kaltenkirchen und Neumünster für höhere Geschwindig- Jahres dort den Verkehr auf. Eidelstedt stellt sich daher die Frage, ob keiten auszubauen. Da Norderstedt inzwi- Ebenfalls im Jahre 2000 gewann eine Bie- man die Fahrzeiten durch Einsatz derarti- schen die fünftgrößte Stadt Schleswig-Hol- tergemeinschaft von AKN und Hamburger ger RE-Züge, verringern kann. Auch ohne steins ist, würden einige durchgehende Hochbahn AG (HHA) die Ausschreibung die Heraufsetzung der Streckenhöchstge- RE-Züge von Norderstedt in die Landes- für die 45 km lange Strecke Neumünster – schwindigkeit dürften erhebliche Fahrzeit- hauptstadt Kiel durchaus ihre Fahrgäste Bad Segeberg – Bad Oldesloe und nahm im effekte möglich sein. finden, z. B. die Fluggäste und die Beschäf- Dezember 2002 mit der zwischenzeitlich Zwischen der Hamburger Innenstadt und tigten des Flughafens Fuhlsbüttel oder die gegründeten „nordbahn“, an der AKN und Kiel stellt die Hauptstrecke über Elmshorn Beschäftigten der Bürostadt City Nord. HHA je zur Hälfte beteiligt sind, den die schnellste Verbindung dar. Nimmt Der Verkehr auf der parallelen Autobahn stündlichen Verkehr auf. man den Hamburger Norden – samt dem A7 zeigt tagtäglich das Potenzial auf. Im Jahr 2002 gewann die AKN die Aus- schreibung für die 87 km lange Gesamt- strecke Neumünster – Heide – Büsum und nahm im Dezember 2003 über ihre neu gegründete Tochtergesellschaft Schleswig- Foto: Engel Holstein-Bahn GmbH den Verkehr auf.

Infrastruktur und Verkehr Bei der AKN gibt es alle Varianten der Zu- sammenarbeit von Verkehrs- und Infra- strukturunternehmen. Das ist eine bemer- kenswerte Vielfalt für ein mittelständisches Unternehmen. Auf den Linien A1 und A3 ist die AKN sowohl Verkehrs- als auch Infrastrukturunternehmen. Auf der A2 ist die Verkehrsgesellschaft Norder- Am Rande der Agglomeration: AKN-Triebwagen auf dem Weg von Garstedt nach stedt GmbH sowohl Verkehrsunterneh- Norderstedt, 1974. men wie Infrastrukturunternehmen und hat die AKN mit der Wartung und dem Betrieb der Infrastruktur, also auch der Signal- und Sicherungstechnik, und mit den Verkehrsleistungen im Personen- verkehr beauftragt. Die Trennung von Infrastruktur und Verkehr, über die beim Börsengang der Bahn gestritten wird, ist an anderen Stellen bereits Praxis: Auf den Strecken Neumünster – Büsum und Neumünster – Bad Oldesloe fahren AKN- Töchter auf DB-Gleisen. Bei den reinen Güterzugstrecken (Hamburg-)Tiefstack – Glinde und Bergedorf – Geesthacht ist die AKN das Infrastrukturunternehmen, die Züge werden von DB Railion geführt, die aber als Dienstleister hiermit wiederum die AKN beauftragt. AKN heute: eine moderne Schnellbahn.

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