Jubiläumsausgabe · 15 Jahre Politik & Kultur , € März/ April 2 

Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Adriana Altaras Wladimir Kaminer Populismus Urheberrecht Anthropozän Computerspiele Ska Keller Das schleichende Gift: Die Kein Schutz mehr für Verleger: Humboldt = Anti-Trump? Potenzial für die Zukunft: Thomas de Maizière AfD verengt, verdreht und Zur Lage der Verlegerbeteili- Die Anthropozän-Idee kann als Ein neues Modell zur steuerli- instrumentalisiert die Kultur für gung nach dem Rechtstreit Vo- Gegenwehr zum Suprematismus chen Kulturförderung der deut- Andrea Nahles ihre Wahlkämpfe  gel gegen VG Wortstellt sich vor Donald Trumps funktionieren schen Games-Branche und viele andere Seite  Seite  Seite  Seite  Zuversicht Wer kann Donald Trump in eine demokratische Spur zwingen? Die Republikaner wohl kaum, sie haben zugelassen, dass er für das Amt des amerikanischen Präsidenten kandi- dieren konnte, obwohl sie wussten, dass er ungeeignet ist. Die Demokra- ten? Wohl erst, wenn der Wähler die Opposition bei den nächsten Wahlen deutlich stärkt. Die Medien? Wohl kaum, sie erleben nicht nur in den USA und nicht nur wegen der neuen Medien einen Ansehensverlust, der die vierte Gewalt förmlich zerrin- nen lässt. Die Judikative? Ja hoff ent- lich, sie scheint die letzte Bastion des demokratischen Staatsgebildes USA zu sein. Die Zivilgesellschaft? Ja unbedingt, denn sie ist die wirk- liche Zuversicht, die bleibt. Wenn die Zivilgesellschaft in den USA, und nicht nur hier, massenhaft auf die Straßen geht, kann der amerikani- sche Präsident demokratisiert oder Kulturelle Integration in die Wüste geschickt werden. Wir haben in Deutschland in den Ankommen, bleiben, mitmischen in der Gesellschaft von morgen letzten Jahren ein Aufbäumen der Zivilgesellschaft gegen die Gefahren Seiten  bis  des sogenannten Freien Handels er-

lebt. TTIP, CETA und TiSA waren und STOLL TAMARA FOTO: sind hier die Stichworte. Die Antwor- ten, die die Politik jahrzehntelang auf die Globalisierung gegeben hat, haben die Ungleichheit in der Welt dramatisch vergrößert. Ohne diese falsche Weltwirtschaftspolitik, die nicht nur zu Verarmung in Afrika Die neuen Deutschen und Südeuropa, sondern auch im Die gesellschaftliche Integration von Migranten Mutterland des Kapitalismus, den USA, geführt hat, wäre Donald MARINA UND HERFRIED MÜNKLER immer – nicht abgeschoben werden, haben aber kein nicht ernähren konnte. Etwa eine Million Deutsche Trump wohl nie amerikanischer Prä- Deutsch gelernt, sich nicht um die Anerkennung ihrer wanderten damals in die »neue Welt« aus. Das änderte sident geworden und wir müssten iele von denen, die im Herbst  nach Bildungsabschlüsse bemüht, auch keine berufsquali- sich mit dem Beginn der Industrialisierung, als der uns auch nicht vor den Stimmen der Deutschland gekommen sind, werden blei- fi zierende Aus- oder Weiterbildung erhalten, sondern Arbeitskräftebedarf sprunghaft nach oben schnellte Abgehängten in Deutschland, Frank- ben, für lange Zeit, wenn nicht auf Dauer. sind durch monate- und oft jahrelange Unterbringung und Deutschland zu einem Importland von Menschen reich und den Niederlanden bei den V Andere hingegen werden in ihre Heimat in Massenunterkünften in die Passivität gedrängt aus Mittel- und Osteuropa wurde. Statt Menschen kommenden Wahlen fürchten. Und zurückkehren, weil die Lage dort das erlaubt; man- worden – und leben nun mehr schlecht als recht von exportierte es nunmehr Waren; der gesellschaftliche auch die Wirtschaftsfl üchtlinge, be- che müssen zurückkehren, weil sie die rechtlichen den Leistungen des Sozialstaats. Entgegen einem Reichtum wuchs. Trotz zweier furchtbarer Kriege, in sonders aus Afrika, könnten ihre Voraussetzungen für den Verbleib in Deutschland verbreiteten Vorurteil ist das nicht das Ergebnis ihrer deren Verlauf die Deutschen im Übrigen zum Zwangs- Zukunft in ihrer Heimat planen und nicht erfüllen, wieder andere werden weiterziehen, Faulheit, sondern das unserer eigenen Sortiermaschi- müssten nicht die lebensgefährliche und Deutschland wird für sie nur die Zwischenetappe ne. Die muss entweder intelligenter werden oder die Reise über das Mittelmeer wagen. einer längeren Migrationsgeschichte sein. Wir wissen Integrationsmaßnahmen müssen vom Rechtsstatus Es muss sichtbar sein, dass Viele Politiker haben das Prob- nicht, wer auf Dauer bleiben wird und die Flüchtlin- der Flüchtlinge entkoppelt werden, sodass jeder so Flüchtlinge von einer lem der Globalisierung schlichtweg ge wissen das in der Regel auch nicht. Es gehört zu behandelt wird, als würde er auf Dauer in Deutsch- falsch eingeschätzt. Ohne die De- den Wesensmerkmalen der Flucht, dass man nicht land bleiben. zeitweiligen Belastung zu einer monstrationen der Zivilgesellschaft mit Sicherheit sagen kann, wie die eigene Zukunft Das sei ein Pullfaktor, der nur zur Vergrößerung dauerhaften Bereicherung gegen TTIP und CETA hätte noch aussehen wird. des Flüchtlingsstromes nach Deutschland führe, lau- werden können nicht einmal eine gesellschaftliche Dieser Ungewissheit aufseiten der Migranten steht tet ein Einwand. Als ob die Flüchtlinge sich auf den Debatte dazu stattgefunden. Trotz die juristische Sortiermaschine des Aufnahmelandes gefährlichen Weg machen würden, weil sie unbedingt aller Alarmzeichen glauben immer gegenüber, von der die ins Land Gekommenen katego- Deutsch lernen wollten. Integrationsmaßnahmen sind import von Arbeitskräften übergingen, ist das bis noch viele Politiker, die Antwort auf risiert werden: in solche mit und solche ohne Asylan- zu behandeln wie Impfungen: Weil man im Vorhinein heute so geblieben; als Mitte des . Jahrhunderts den Rechtsruck in den europäi- spruch, in solche, die subsidiären Schutz erhalten, nicht weiß, wer sich infi ziert, wendet sich das Angebot der »eiserne Vorhang« die Arbeitskräftewanderung schen Gesellschaften, auf Donald und s olche, die eigentlich ausreisen müssen, vorerst an alle. Und in einigen Fällen ist es nicht bloß ein aus dem Osten unterbrach, warb man in Südeuro- Trump und auf die großen Flucht- aber geduldet werden. Mit dieser Sortierung sind un- Angebot, sondern sogar eine Pfl icht. In unserem Fall pa und andernorts Arbeitskräfte an. Deutschland ist bewegungen in der Welt wäre mehr heißt das: verpfl ichtende Deutschkurse für alle, die in den zurückliegenden eineinhalb Jahrhunderten freier Handel, ohne Regeln, ohne einen Asylantrag stellen, ohne dass klar ist, wie der durchgängig ein Einwanderungsland gewesen; nur Gerechtigkeit. Die Aufnahmebereitschaft beschieden wird. Auf Dauer ist das für die aufneh- die DDR war das in den vier Jahrzehnten ihres Be- Die Zivilgesellschaften werden unserer Gesellschaft mit den mende Gesellschaft günstiger, als wenn die Menschen stehens nicht – und dementsprechend war es auch um die Demokratie in vielen Ländern dauerhaft passiviert werden. Und bei den Flüchtlingen um deren ökonomische Prosperität bestellt. Die von kämpfen müssen. Die Anti-TTIP-De- Integrationsanstrengungen sind es oft die besten Jahre, in denen sie zur Untätig- konservativen Politikern verbreitete Formel, Deutsch- monstrationen haben glücklicher- der Hierhergekommenen keit verurteilt sind. Wie viel vernünftiger wäre es, die land sei kein Einwanderungsland, ist seit Beginn der weise neue Bündnisse geschaff en, verkoppeln Aufnahmebereitschaft unserer Gesellschaft mit den Industrialisierung schlichtweg falsch. die jetzt bei den gemeinsamen Ak- Integrationsanstrengungen der Hierhergekommenen Die Ursachen der Einwanderung legten auch die tionen sehr förderlich sein werden. zu verkoppeln. Vermutlich würde dann auch die Ak- Art der Integration fest. Sie erfolgte in Deutschland Lassen wir uns also nicht bange terschiedliche Ansprüche auf Integrationsmaßnah- zeptanz der Migranten bei denen wachsen, die ihnen über Arbeit, von den Polen an der Ruhr bis zu den machen: nicht von Donald Trump, men verbunden, von Sprachkursen bis zum Recht, in gegenwärtig skeptisch gegenüberstehen. Dazu muss Italienern, Jugoslawen und Türken in der alten Bun- nicht von Marine Le Pen, nicht von Deutschland arbeiten zu dürfen. Die Ordnung, die sichtbar sein, dass Flüchtlinge aus einer zeitweiligen desrepublik. Zumeist war das eine kulturell wenig an- Geert Wilders, noch solcherart geschaff en wird, ist jedoch allenfalls pro- Belastung unserer Gesellschaft zu einer dauerhaften spruchsvolle Integration, die weder auf gesellschaft- von Frauke Petry und visorisch und oft entspricht sie nicht dem, was dann Bereicherung werden können. Ein Blick zurück zeigt liche Partizipation, noch auf sozialen Aufstieg ausge- ihren Freunden. gesellschaftliche Realität wird. Die Sortiermaschine im Übrigen, dass das in Deutschland seit etwa einein- Fortsetzung auf Seite  verspricht Kostenbegrenzung, was sie aber tatsächlich halb Jahrhunderten immer wieder der Fall gewesen ist. Olaf Zimmermann produziert, sind große Fehlallokationen. Flüchtlin- Im . Jahrhundert war Deutschland über die Nr. / ist Herausgeber ge, denen kein dauerhaftes Bleiberecht zugestanden längste Zeit ein Auswanderungsland. Es exportierte ISSN - 4:V;n von Politik & Kultur wurde, können häufi g – aus welchen Gründen auch Menschen, für die es keine Arbeit hatte und die es B   02 SEITE  www.politikundkultur.net

EDITORIAL EUROPA

Zuversicht Kulturhauptstadt 2017: Ein Gott und die Welt: Lesen. Gelesen. Arbeit und Kultur – untrennbar »Nicht Sprache ist Heimat, Olaf Zimmermann 01 lehrreicher Blick gen Norden geh lesen! verwoben sondern das, was gesprochen Kristina Jacobsen 07 Christian Stäblein 15 Andrea Nahles im Gespräch 22 wird« Regine Möbius 32 LEITARTIKEL Das inklusive Europa Akademie Remscheid: Singen und schwitzen für die Rupert Graf Strachwitz 08 Ästhetisches Befremden Integration Demokratie leben! Die neuen Deutschen auslösen Wladimir Kaminer 23 Manuela Schwesig 33 Marina und Herfried Münkler 01 Bünyamin Werker im Gespräch 15 INTERNATIONALES Kultur öff net Welten Die Ankommenden Luther 2017: Ein neues Licht Monika Grütters 24 Matthias Theodor Vogt 33 SEITE 2 Tunis: Die Förderung der Künstler Johann Hinrich Claussen 16 als kollektive Arbeit Neue Deutsche Organisationen – (Massen-)Medien heute Kulturmensch Petra Roth 02 Wolfgang Schneider 09 Luther 2017: Luther und der wo Vielfalt zu Hause ist Frank Überall 34 interreligiöse Dialog Julia Mi-ri Lehmann und Ferda Ataman 25 Zwei Gründe zur Freude 02 Türkei: Ein Geschenk Gottes? Andreas Goetze 16 Reisen im Kopf Reinhard Baumgarten 10 Germanij a Tanja Dückers 34 Dmitrij Belkin 26 AKTUELLES Ratings Agentour 10 REAKTIONEN Neue Perspektiven Migrare eröff nen AfD: Das schleichende Gift des Anthropozän: Humboldt, der Anti- Peter Tauber, Nicola Beer, Adriana Altaras 26 Ekrem Senol im Gespräch 35 Populismus Trump Theresa Brüheim 17 Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 Christian Schwägerl 11 Die Sprache der Herzen Imre Török 27 DAS LETZTE DIE ROTE LISTE KOMMUNALE NETZKULTUR Von der Sprache ausgehen Kurz-Schluss KULTURPOLITIK Gefährdete Senthuran Varatharajah 27 Theo Geißler 36 Computerspiele: Konkret und Kulturinstitutionen 18 Potsdam: Ganz nah dran modern Kultur ist mehr als die Herkunft Möhrensalat: Sven Scherz-Schade 04 Felix Falk 12 Ska Keller im Gespräch 28 Die P&K-Nachrichten 36 KULTURELLE München: Weltstadt mit Terz Internet: (Er)wachende Dinge INTEGRATION Mehr als nur Vokabeln Karikatur 36 Peter Grabowski 05 Anna-Lena Wiechern 13 Klaus-Dieter Lehmann 29 Position beziehen Impressum 36 INLAND Olaf Zimmermann 19 Verbindendes suchen, KULTURELLES LEBEN Verschiedenes zulassen VG Wort: Wir brauchen Rahmen- »Und weil wir dies Land Eva Lohse 30 bedingungen, in denen wir Vorübergehener Verlust der verbessern, Lieben und DER AUSBLICK 3  arbeiten können Kalenderhoheit beschirmen wir’s« Ein lebendiger Teil der Alexander Skipis im Gespräch 06 Klaus Lederer im Porträt – Andreas Kolb 14 Thomas de Maizière im Gespräch 20 Gesellschaft Die nächste Politik & Kultur Reinhard Sager 31 erscheint am . Mai . Analog ist das neue Bio. Oder Junge Kunstvereine: Die neue Zum Begriff kulturelle Im Fokus der nächsten Ausgabe mehr? Generation der Kunstförderer Integration Keine Einbahnstraße steht erneut das Thema »Kulturelle Andre Wilkens 07 Malith C. Krishnaratne im Gespräch  Max Fuchs 21 Roland Schäfer 31 Integration«.

Fortsetzung von Seite  legt war. Nichtsdestotrotz haben eine ganze Reihe von Zuwanderern es doch Kulturmensch Petra Roth geschaff t, sich zu integrieren, wobei das manchen Herkunftsgruppen leichter gefallen ist als anderen. Immer wieder »Das kreative Potenzial unserer hat sich während ihrer Amtszeit für ist es dabei zur gesellschaftlichen »Un- Städte ist eine der großen Zukunfts- ein kulturell vielfältiges Frankfurt terschichtung« gekommen, also einem perspektiven unserer Gesellschaft«, starkgemacht und sich als Politike- Festsitzen der Zugewanderten auf den schrieb Petra Roth bereits in der rin nicht nur in Deutschland, son- untersten Ebenen der Gesellschaft, aber Ausgabe / von Politik & Kultur. dern auch auf internationaler Ebene mit den Jahrzehnten haben sich diese Als Oberbürgermeisterin von Frank- positioniert. In diesem Zuge erhielt Unterschichtungsstrukturen aufgelöst furt am Main ( bis ) hat sie bereits den Konrad-Adenauer- und die zweite und dritte Generation Roth in ihrer Amtszeit durchaus die Preis der Stadt Köln und das Bun- der Zugewanderten ist in die Prozesse Richtung gewiesen, wenn es um die desverdienstkreuz . Klasse. Außer- der gesellschaftlichen Zirkulation ein- Rolle der Kultur in der Kommunal- dem ist sie Ehrenbürgerin der Stadt gestiegen. Man kann das, was zunächst politik ging. Für die CDU-Politikerin Tel Aviv sowie zur Offi zierin der Eh- eine Beschreibung der sozio-ökonomi- ist die lebenswerte Stadt eine Stadt, renlegion ernannt. Im März dieses

schen Realität ist, auch als eine Norm- BOHM TOBIAS RECHTS: GARBE; AMAC LINKS: FOTOS: in der die Kultur im Vordergrund Jahres erhält die Kulturpolitikerin struktur beschreiben, die beiden Seiten Marina Münkler Herfried Münkler steht und es zugleich Platz für kul- zudem den »Kulturgroschen«. Der gerecht werden soll, der aufnehmenden turelle Vielfalt gibt: Kultur sei das »Kulturgroschen« des Deutschen Gesellschaft wie den in sie Eingewan- lamisch geprägten Kultur stammen, unter den Neuen keine Islamisten gäbe, Herz der Kommunalpolitik. Kulturrates wird jedes Jahr an eine derten: Danach ist die Erwartung, dass ein Hinderungsgrund für erfolgreiche die aus der Religion eine politische Die gebürtige Bremerin zog  Persönlichkeit des öff entlichen die Zugewanderten, sofern sie bleiben, Integration? Das ist zumindest der Ideologie machen und diese aggressiv nach Frankfurt am Main und be- Lebens verliehen, die sich durch ihr nach einiger Zeit sich und ihre Familie Haupteinwand gegen die Zuversicht, zur Geltung bringen wollen. Gegen sie gann schon Anfang der er Engagement für Kulturpolitisches durch eigene Arbeit versorgen und dass dass die deutsche Gesellschaft die muss der Rechtsstaat entschlossen Jahre mit ihrer politischen Arbeit. und Kulturelles auszeichnet. Wir sie, wenn sie das tun, alle Möglichkeiten Herausforderung, mit der sie nun kon- vorgehen, was er bislang nicht immer Zwischen  und  wurde sagen: Vielen Dank für das Engage- des Aufstiegs haben, ohne dabei durch frontiert ist, bewältigen wird. Freilich oder nur unzulänglich getan hat. Es ist sie mehrmals zur Präsidentin des ment und herzlichen Glückwunsch, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder können die Skeptiker keine Alternative jedoch ein verhängnisvoller Fehler, alle, Deutschen Städtetags gewählt. Die- Petra Roth! den Namen benachteiligt zu werden. im Umgang mit den Flüchtlingen an- die aus islamischen Ländern kommen, se Zeit war besonders durch ihren Diese beiderseitige Erwartung bringt bieten und verharren in missmutigem unter Generalverdacht zu stellen. Derlei Einsatz für die Erhaltung und den eine Norm zum Ausdruck, an der sich Zweifel. Sie trauen unserer Gesellschaft blockiert die Integration bzw. macht Ausbau von kulturellen Einrichtun- Gesellschaft und Neuankömmlinge nicht viel zu und weil sie das nicht ein- sie langwieriger und damit teurer, als gen und Angeboten geprägt. Roth immer wieder messen lassen müssen gestehen wollen, suchen sie bei den sie sonst wäre. Zuversicht in die Leis- und bei der nachgesteuert werden muss, Neuankömmlingen nach Gründen, tungsfähigkeit einer Gesellschaft ist wenn sie diesen Anforderungen nicht warum das Integrationsprojekt dieses eine wesentliche Voraussetzung ihrer genügen. Wo diese Norm zur gesell- Mal nicht klappen werde. Dazu dient Selbstbehauptungsfähigkeit. Wer sie ZWEI GRÜNDE schaftlichen Normalität wird, entsteht der ständige Verweis auf den Islam. fortgesetzt anzweifelt und infrage stellt, eine Win-win-Situation, bei der sowohl Abgesehen davon, dass es »den« Islam trägt tatsächlich zu ihrer Erosion bei. ZUR FREUDE die Neuankömmlinge als auch die auf- nicht gibt, werden viele von denen, die Insofern steht in der gegenwärtigen nehmende Gesellschaft die Profi teure so angesprochen werden, dadurch in Debatte mehr infrage als bloß die In- Gleich zwei Jubiläen stehen zum . sind. Dementsprechend sind die ein- eine Identität bzw. Identifi kation hi- tegration der Neuankömmlinge. Es geht März  für den Deutschen Kul- zuleitenden Integrationsprozesse so neingedrängt, die für sie zunächst gar auch um unser Zutrauen zu uns selbst. turrat an: Olaf Zimmermann feiert zu organisieren, dass diese Win-win- nicht gegeben ist. Bleiben wir also bei sein . Jahr als Geschäftsführer des Situation entstehen kann. Wo das der der sonst üblichen Bezeichnung nach Herfried Münkler ist Politikwissen- Spitzenverbandes der Bundeskultur- Fall ist, schwinden die Ressentiments, nationaler Herkunft, wie wir selbst das schaftler und lehrt an der Humboldt verbände und Politik & Kultur, die und die Fremdenfeindlichkeit in der erwarten, wenn wir uns in anderen Universität zu Berlin. Marina Münkler Zeitung des Deutschen Kulturrates, aufnehmenden Gesellschaft geht zurück. Ländern befi nden, und behandeln wir ist Literatur- und Kulturwissenschaft- wird  Jahre! Die Redaktion von Po- Wohlgemeint, sie verschwindet nicht, die Religionszugehörigkeit der Neuan- lerin und lehrt an der Technischen litik & Kultur gratuliert ihrem Chef- aber sie verliert an politischer Brisanz. kömmlinge zunächst einmal so, wie sie Universität Dresden. Sie sind Autoren redakteur Olaf Zimmermann herz-

Ist der Umstand, dass die meisten der bei uns behandelt wird: als eine private von »Die neuen Deutschen« (Rowohlt lich und sagt »Vielen Dank« für  GERSTER GABY FOTO: zuletzt Gekommenen aus einer is- Angelegenheit. Das heißt nicht, dass es Verlag, ) ideenreiche Jahre! Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  AKTUELLES 03

Das schleichende Gift des Populismus Die AfD instrumentalisiert Kultur für ihren Wahlkampf

OLAF ZIMMERMANN UND teimitglieder, die sich rechts von der lismus ist zugunsten einer erweiterten politische Sprecher der AfD in Sachsen- zielt provoziert und dann ein wenig GABRIELE SCHULZ CDU verorten, ihre Heimat. Themen wie Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, zurückgewichen. Es werden absicht- das Eintreten gegen Gefl üchtete, gegen die auch die positiven, identitätsstif- dass Intendanten, die ein »zu buntes lich Begriff e verwandt, die aus gutem n neun von  Landtagen ist die den Islam in Deutschland, gegen den tenden Aspekte deutscher Geschichte Agitprop-Repertoire mit Regenbogen- Grund nicht gebraucht und dann ein Alternative für Deutschland (AfD) öff entlich-rechtlichen Rundfunk und mit umfasst.« Nun könnte einerseits Willkommens-Trallala auf die Bühne bisschen relativiert werden. Es wird die vertreten. In neun Landtagswah- für eine rückwärtsgewandte Kultur- und diese Auslassung beiseite gewischt wer- bringen«, die öff entlichen Subventio- Erinnerungskultur grundlegend infrage I len hat sie unter anderem mit Kul- Bildungspolitik gewannen an Bedeu- den, da die deutsche Erinnerungskultur nen komplett gestrichen werden müs- gestellt und dann behauptet, sich von tur erfolgreich Wahlkampf gemacht. Bei tung in den Verlautbarungen und dem sehr viele Aspekte umfasst, gerade in sen. Und Tillschneider weiter: »Wenn Stimmungen hinreißen zu lassen. Die den anstehenden Landtagswahlen, im öff entlichen Auftreten der AfD. diesem Jahr wird beispielsweise beson- ein Theater nur solche Stücke spielt, Demokratie wird grundlegend infrage Saarland und in Schleswig-Holstein, Bei den Landtagswahlen  er- ders der Reformation gedacht, doch ansonsten nichts Sinnvolles mehr gestellt. Manche Äußerung mag heute nutzt die AfD Kultur für ihren Wahl- reichte sie folgende Positionen: Ba- steckt mehr dahinter. Was hier leicht- macht, dann sehen wir keinen Sinn krude und abwegig erscheinen. Ent- kampf. Über die Landtagswahl in Nord- den-Württemberg drittstärkste Frak- füßig daher kommt, ist nichts anderes mehr darin, das zu fördern. Dann wür- scheidend ist, dass das schleichende rhein-Westfalen kann noch keine klare tion in einem fünf Fraktionen-Land- als ein Weg zurück. Gift des Populismus sich nicht weiter Aussage getroff en werden, da das AfD- tag, Berlin zweitkleinste Fraktion in Auch wenn die Äußerungen Hö- einfrisst. Wichtig ist, dass immer wieder Wahlprogramm noch nicht vorliegt. Im einem sechs Fraktionen-Abgeordne- ckes derzeit die Spitze des Eisbergs an Man muss einer herausgestellt wird, dass Demokratie aber bereits nachlesbaren Bundestags- tenhaus, Mecklenburg-Vorpommern Zumutungen darstellen, dürfen andere zwar anstrengend und langsam ist, dass wahlprogramm der AfD wird Kultur ein zweitstärkste Fraktion in einem vier nicht außer Acht gelassen werden. Auch Verengung des Kultur- sie Kompromisse verlangt. Populismus wichtiger Stellenwert beigemessen. Fraktionen-Parlament, Rheinland-Pfalz wenn die AfD sich im Krebsgang bewegt, begriff s entschieden aber ist ein leeres Versprechen, dass nur Wird der AfD zu viel Ehre zuteil, drittstärkste Fraktion in einem fünf drei Schritte vorwärts und zwei Schrit- entgegentreten auf Kosten anderer verwirklicht wer- wenn sich mit ihren kulturpolitischen Fraktionen-Parlament und Sachsen- te zurück, darf nicht vergessen werden, den kann. Deutschland ist in der Nach- Positionen auseinandergesetzt wird? Anhalt zweitstärkste Fraktion in einem dass es ein Weg vorwärts ist. Die Partei- kriegszeit ein guter Nachbar geworden, Wird sie aufgewertet, wenn ihre teils fünf Fraktionen-Landtag. vorsitzende Frauke Petry regte im letz- den wir natürlich sagen, das Ding muss ein Land, dass sich seiner Vielfalt, gera- kruden, teils off en nationalistischen Die AfD kann also wachsende Stim- ten Jahr an, den Begriff »völkisch« neu zugemacht werden. Ganz einfach.« Im de auch der kulturellen Vielfalt, rühmt, Positionen refl ektiert werden? Ja, die mengewinne bei Landtagswahlen ver- zu bewerten. Als ihr der Protest entge- alternativen Haushaltsentwurf für ein Land mit einem beeindruckenden AfD verdankt ihren Aufschwung auch zeichnen. Das gilt insbesondere für die gen schlug, winkte sie unschuldig ab. Sachsen-Anhalt fordert die AfD unter bürgerschaftlichen Engagement in vie- ihrer Dauerpräsenz in den Medien. Flächenländer und hier besonders den Die AfD-Fraktion im baden-würt- anderem die Streichung von Leistungen len gesellschaftlichen Bereichen. Für Fortlaufend wird eine These aufgestellt, ländlichen Raum. In Berlin konnte sie tembergischen Landtag bot im letzten für »Gender-Ideologie« sowie »ideo- die Demokratie dieses Landes streiten, die für entsprechende öff entliche und zwar auch in den Landtag einziehen, Jahr ein scheinbar kaum endendes logischer Projekte in den Bereichen lohnt sich allemal. mediale Aufmerksamkeit sorgt. Vertre- aber mit einem deutlich kleineren Stim- Schauspiel um einen off en antisemiti- Kampf gegen Rechts / Willkommens- Den Rattenfängern vom rechten ter werden eingeladen in Talkshows menanteil. schen Abgeordneten, der erst nach lan- kultur / linkes Vereinswesen«. Rand, die mit kulturpolitischen Zielen und zu Diskussionssendungen. Sie kön- Zuletzt trat die AfD-Sprecherin gem Hin und Her die Fraktion verließ. Die AfD-Fraktion im Sächsischen wie der Verankerung der deutschen nen dort ihre Positionen vertreten, sie Frauke Petry bei einer gemeinsamen Mitte Februar  entsendete die Frak- Landtag widmet sich insbesondere Sprache als Staatsziel im Grundge- können austesten, wie weit sie gehen Veranstaltung Anfang  mit der Vor- tion einen Abgeordneten, der sich nicht dem öff entlich-rechtlichen Rundfunk. setz oder der Erklärung von Kultur als können und gegebenenfalls zurückru- sitzenden der französischen rechtspo- off en gegen Antisemitismus abgrenzt, Erklärte Ziele sind »Abschaff ung der Pfl ichtaufgabe auf allen staatlichen dern, falls der Widerstand zu groß ist. pulistischen Partei Front National in eine Jury zur Auszeichnung gegen pauschalen Rundfunk-Zwangsbeiträge« Ebenen werben, darf nicht auf den Leim Insofern beruht die Medienwirkung der Marine Le Pen und dem Vorsitzenden Minderheitenfeindlichkeit. Bekannt sowie »der verfassungsgemäße Auftrag gegangen werden. Sonst wird sich am AfD eben nicht nur, wie oft behauptet der rechtsgerichteten niederländi- wurde ferner, dass nach Auff assung der des öff entlich-rechtlichen Rundfunks Ende so manch einer wundern, wie eng wird, auf digitalen Plattformen wie schen Partij voor de Vrij heid Geert Wil- AfD Schülerfahrten zu NS-Gedenkstät- ist grundlegend neu zu defi nieren und Kultur auf einmal verstanden wird. Twitter oder Facebook, sondern auf den ders in Koblenz auf. Mit diesem gemein- ten nicht mehr gefördert werden sollen. seine partei- und gesellschaftspolitische traditionellen Verbreitungswegen ins- samen Auftritt hat sich die AfD in der Die AfD-Fraktion im Landtag von Neutralität ist grundlegend zu wahren«. Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer besondere dem öff entlich-rechtlichen rechtspopulistischen bis rechtsextre- Sachsen-Anhalt hat sich die Thea- Diese und viele andere Beispiele des Deutschen Kulturrates. Gabriele Rundfunk, dem sie besonders stark »ans men Parteienfamilie in Europa verortet. ter des Landes vorgenommen. Laut zeigen, die AfD ist nicht auf die leich- Schulz ist Stellvertretende Geschäfts- Leder will«. Es hilft daher unserer Mei- Die Aufzählung und der Rückblick Deutschlandradio fordert der kultur- te Schulter zu nehmen. Es wird ge- führerin des Deutschen Kulturrates nung nach nicht mehr, sich angewidert zeigen, dass die AfD sukzessive nach beiseite zu wenden und die AfD zu ig- rechts gerückt ist. Von einer kleinen, norieren. Im Gegenteil, es wird wichtig sich vor allem europa- und wirtschafts- sein, sich gerade auch kulturpolitisch politischen Themen widmenden Partei mit ihr auseinanderzusetzen. Denn ist sie zum Stimmenfänger am rechten die AfD säht ein schleichendes Gift in Rand geworden. die gesellschaftlichen und kulturpoli- Seither überschreitet die AfD be- tischen Debatten. wusst und schleichend den gesell- Vergewissern wir uns zuerst, wo die schaftlichen und politischen Konsens AfD noch nicht im Landtag vertreten in Deutschland. Fast schon vergessen, ist. Das sind zuerst die Länder, in denen weil auf den ersten Blick kurios, ist der  zuletzt, also noch vor der Grün- Auftritt des Thüringischen Landesvor- dung der AfD, gewählt wurde. Dies ist sitzenden und Vorsitzenden der AfD- der Fall in Nordrhein-Westfalen, Saar- Fraktion im Landtag von Thüringen land und Schleswig-Holstein. In die- Björn Höcke in der Sendung von Gün- WITTENER TAGE sen drei Ländern stehen in diesem Jahr ther Jauch als er eine kleine Deutsch- Landtagswahlen an. landfahne über seine Stuhllehne legte Weiter gehört die AfD den Landtagen und liebevoll darüber strich. Die Geste FÜR NEUE nicht an, die  gewählt haben, das irritierte und belustigte. Weniger lustig sind Bayern, Hessen und Niedersachsen. war sein Auftritt in Dresden in diesem In jenen Ländern steht  die nächs- KAMMER MUSIK te Wahl an. In Bremen wurde  das letzte Mal gewählt, die AfD gehört der Ein Rückblick zeigt, Bremischen Bürgerschaft nicht an. Die AfD wurde  mit dem wirtschaftspo- dass die AfD suk- litischen Programm »Austritt aus dem zessive immer weiter KONZERTE Euro« gegründet. nach rechts gerückt ist KLANGKUNST Bei den Landtagswahlen im Jah- PERFORMANCES ren  wurde sie in Brandenburg viertstärkste Fraktion in einem sechs Jahr, bei dem er eine -Grad-Wen- GESPRÄCHE Fraktionen Parlament, in Sachsen dung in der Erinnerungspolitik ein- 5. – 7. MAI 2017 zweitkleinste Fraktion in einem fünf forderte und das Holocaust-Mahnmal Fraktionen Landtag und in Thüringen in Berlin als »Mahnmal der Schande« Neue Werke u. a. von zweitkleinste Fraktion in einem fünf bezeichnete. Diese Äußerung führte Ondřej Adámek / Thomas Taxus Beck / Oscar Bianchi / Fraktionen Parlament. D. h. in jenen mit mehrwöchiger Verspätung zu einem Harrison Birtwistle / Eun-Hwa Cho / Milica Djordjević / Landtagen, aus denen besonders viel vom Bundesvorstand angestrengten Roswitha von den Driesch / Jens-Uwe Dyff ort / Cathy van von der AfD zu hören ist, Sachsen und Parteiausschlussverfahren, das zwei- Eck / Brian Ferneyhough / Martin Grütter / Nicolaus A. Thüringen, gehört sie zu den kleinen te übrigens, dem sich Höcke stellen Huber / Philippe Hurel / Clara Iannotta / Gordon Kampe / und nicht zu großen Fraktionen. muss. Höcke ruderte Mitte Februar Malika Kishino / Philippe Manoury / Barblina Meierhans / In Hamburg, hier wurde  ge- dieses Jahres etwas zurück, was er- Timothy McCormack / Rand Steiger / Christopher Trapani wählt, ist die AfD die kleinste Frakti- neut belegt, dass hier off enbar Grenzen on in einer sechs Fraktionen-Bürger- ausgetestet werden. Darüber wird es Ausführende: u. a. schaft. Im Jahr  spaltete sich der auch mit Blick auf das Bundestagswahl- Arditti String Quartet / JACK Quartet / IEMA Ensemble / Ensemble Modern, Brad Lubman Leitung / wirtschaftsliberale und eurokritische programm der AfD, in dem eine neue Ensemble Orchestral Contemporain, Daniel Kawka Leitung / Flügel um Parteigründer Bernd Lucke Erinnerungskultur angemahnt wird, WDR Sinfonieorchester Köln, Pablo Rus Broseta Leitung von der AfD ab und gründete eine ei- schwierig, Björn Höcke aus der Partei gene Partei (Alfa), die AfD-Abgeordne- auszuschließen, da er genau das fordert, INFOS ten des Europäischen Parlaments, die was Parteilinie der AfD ist. So steht im wittenertage.de sich als wirtschaftsliberal verstehen, Wahlprogramm der AfD: »Die aktuelle wdr3.de gehören nunmehr Alfa an. Im in der Verengung der deutschen Erinnerungs- AfD verbleibenden Flügel fanden Par- kultur auf die Zeit des Nationalsozia- 04 KOMMUNALE KULTURPOLITIK www.politikundkultur.net

Ganz nah dran POTSDAM: ZAHLEN UND FAKTEN Einwohner: 171.500 Kommunale Kulturpolitik in Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam Fläche: 188,25 km² SVEN SCHERZSCHADE Potsdam Sanssouci, der Nikolaisaal, das Bundesmitteln unterstützt – geboten Potsdam Museum und das Naturkunde- wird. Ganz nah dran an Berlin, lockt Bevölkerungsdichte: 891 Einwohner pro km² inen Katzensprung von den museum. Gefördert werden zusammen Potsdam viele Tagesbesucher von dort. Berliner Kulturtempeln ent- mit dem Brandenburger Kulturminis- Und Potenzial ergibt sich für Kul- Nächste Oberbürgermeisterwahl: Herbst 2018 fernt, selbst gesegnet mit terium einige weitere Einrichtungen, turtouristen schlichtweg aus Pots- E Preußens Schlössern und und jährlich ca. zwei Millionen Euro dams Vergangenheit. Ein besonderes Nächste Kommunalwahl: Mai/Juni 2019 Gärten, die seit  auf der UNESCO- gehen an freie Träger, darunter fallen Augenmerk richtet die Kommune des- Welterbe-Liste stehen, zudem Standort unter anderem die Kulturadressen in halb auch auf Erinnerungskultur. Was Oberbürgermeister: Jann Jakobs (SPD) von Filmstudio Babelsberg und erst im der Schiff bauergasse – das »Erlebnis- ansonsten eher ein Feld der Landes- Januar hat man ein neues Kunstmuse- quartier« am Ufer des Tiefen Sees, ein kultur ist, wird in Potsdam kommu- Beigeordnete für Bildung, Kultur und Sport: Iris Magdowski (CDU) um bekommen, das Museum Barberini. großes Areal denkmalgeschützter In- nal mitgetragen. Weil die ehemalige Kurzum: An Kulturversorgung mangelt dustriegebäude, pittoresk und typisch Garnisonstadt viel militärhistorisches Fachbereichsleiterin Kultur und Museum: Birgit-Katharine Seemann es Potsdam keineswegs. In der üppigen, für Potsdam am Wasser – z. B. mit dem Erbe mit sich trägt, das in der Vergan- durch Bundes-, Landes- wie auch durch dortigen Waschhaus, ein gemeinnüt- genheit nicht zuletzt von radikalen Kulturausgaben: 24 Millionen Euro pro Jahr Privatmittel geförderten Kulturland- ziger, genreübergreifender Kunst- und Stimmungsmachern immer wieder in schaft muss sich kommunale Kulturpo- Kulturraum, oder die Theaterspielstätte unschöne, einseitige und ungerechte Kulturausgaben pro Einwohner: 142 Euro pro Jahr litik besonders gut verorten, mitunter T-Werk. Im Verhältnis zur überschauba- Auslegungen gelenkt wurde – etwa an muss sie sich ins Zeug legen, um mit- ren Größe Potsdams ist diese freie Sze- den Jahrestagen zum . April , als zuhalten. Um beim letztgenannten Bei- ne enorm, was sich etwa in der Langen Potsdam bombardiert wurde – hat die All die letzten Jahre begleitet die Stadt sche Kultur. Dass sich der Geschäfts- spiel zu bleiben: Das Museum Barberini Nacht der Freien Theater zeigt, die  Stadt vor zwei Jahren eine unbefristete die sehr kontrovers geführte Debat- bereich  hier begrenzt, ist durchaus ist ein von Ex-SAP-Unternehmer und zum . Mal stattfi nden wird. Die Kom- Vollzeitstelle für einen Wissenschaftli- te um den Wiederaufbau der Garni- als Ergebnis jener Kulturstrategie zu Mäzen Hasso Plattner initiiertes Privat- mune weiß, dass Potsdam für Kunst und chen Mitarbeiter zur Erinnerungskultur sonkirche, nachdem zuvor über das interpretieren. Und beim Gedanken an museum, das wechselnde Kunstausstel- Publikum – ganz nah dran, aber auch eingerichtet. Ein Mitarbeiter kümmert Stadtschloss diskutiert wurde, das »das, was man eben auch sein lässt«, lungen präsentiert, die thematisch mit abseits der Berliner Szene – Treff punkt sich um die Gedenktage zum Potsdamer schließlich rekonstruiert und  kommt Iris Magdowski nochmals auf Werken aus Plattners Sammlung zu tun und Rückzugsort zugleich ist. Hier sol- Abkommen, zum »Tag von Potsdam« eingeweiht worden ist. Solcher Streit das neue Museum Barberini zu spre- haben werden. Sie umfasst Impressio- len die kommunalen Kulturfördermittel und zum . April, er koordiniert die prägt Potsdam: In der älteren Generati- chen. »In Potsdam hat damit ein Pa- nismus, Amerikanische Moderne, Kunst die Grundlagen stärken, weshalb übers Anliegen von Initiativen und Gruppen. on fi nden sich diejenigen, die nach der radigmenwechsel stattgefunden«, sagt aus der DDR und Malerei nach . Stadtgebiet verteilt Gelder z. B. an den »Der Mitarbeiter versucht, mit der Wiedervereinigung endlich die Chan- sie. Tatsächlich begrüßte natürlich die »Das neue Museum setzt Maßstäbe«, Off enen Kunstverein gehen oder an Bevölkerung in Kontakt zu sein und ce genutzt wissen wollten, den Glanz Kulturpolitik aller Parteicouleurs, dass sagt Iris Magdowski, Leiterin des für soziokulturelle Zentren wie das  wichtig sind hier die Schülerinnen von Barock, Tradition und Preußen- Hasso Plattner mit privatem Geld erst Kultur zuständigen Geschäftsbereichs gegründete jugendkulturelle Zentrum und Schüler«, sagt Birgit-Katharine romantik wieder sichtbar zu machen; die historische Immobilie des Palais  der Stadt Potsdam: »Wir werden neu freiLand. Seemann, die den Fachbereich Kultur und es fi nden sich diejenigen, denen wieder neu gebaut hat und dass er überlegen müssen, wie Kultureinrich- All diese Posten der kommunalen und Museum leitet. Die Gedenkstätte all das ein Greul ist und die im Gegen- dort ein Museum einrichtet und seine tungen in unserer Stadt ausgestattet Kulturförderliste dienen dem sozialen Lindenstraße für die Opfer politischer teil Sorge tragen, dass unnötig viel aus Sammlung präsentiert. Aber dass dies sein sollten.« Das neu sanierte Museum Gefüge der Stadt, nicht zuletzt, damit Gewalt im . Jahrhundert ist als eine DDR-Zeiten ausgelöscht wird. In der alles voll und ganz privat geschieht, Barberini hat auf höchstem Niveau ge- Potsdam als Wohnort attraktiv ist. Auch kommunale Stiftung realisiert worden, jüngeren Generation vermengen sich ist neu und für viele erstmal gewöh- startet und es ist ein Publikumsmagnet. wirtschaftliche Aspekte, mit Schwer- seit letztem Jahr ausgestattet mit ei- die extremen Lager, nicht zuletzt, weil nungsbedürftig. Der Staat kann nicht Es fällt dieser Tage schwer, den städti- punkt auf Tourismus, sind eine Motiva- ner Gedenkstättenleitung und weiteren die Kommune politisch ausgewogen mehr mitbestimmen, ob und wie hoch schen Museen Potsdams in Ausstattung, tion für diese kommunale Kulturpolitik, Personalstellen, deren Finanzierung gehandelt hat. Ein Beispiel wäre hier- Eintrittsgelder erhoben werden. Der Technik und Service vergleichsweise jene touristische Orientierung gehört hälftig von Stadt und Bundesland ge- für etwa die  neu eröff nete Stadt- Staat hat nicht mehr die Hand auf Di- wenigstens mittleres Niveau zu be- insbesondere zur Kulturstrategie, die tragen wird. »Das bekräftigt das kultur- und Landesbibliothek, die in einem rektoren, die Kuratoren einbestellen, scheinigen. Iris Magdowski weiß um seit  unter professioneller Mit- politische Anliegen der Stadt, sich mit sanierten und umgebauten Gebäude die darüber entscheiden, ob und wie diese Herausforderung: »Wir müssen wirkung von Berater Patrick S. Föhl dem gebrochenen Erbe auseinander- aus DDR-Zeiten untergebracht ist – ein beispielsweise DDR-Kunst gezeigt wird. uns als öff entliche Hand anstrengen, entwickelt wird. »Kulturtourismus, zusetzen«, sagt Seemann und betont, Bekenntnis, dass die alte Immobilie Hasso Plattners Sammlung hat hierzu da nicht abzufallen.« das hört sich für Kunstfreunde oft zu dass es dazu im Vorlauf einen langen erhalten blieb! Die Bücherei hat sich einige Werke. Die Insider-Szene schaut Wobei: Der kommunale Kulturetat praxisorientiert an«, sagt Iris Magdow- partizipativen Prozess gab, bei dem zusammen mit der Volkshochschu- nun gespannt, welche Werke wann öf- kann sich sehen lassen, er ist etwa  ski: »Damit hat unsere Behörde aber Bürger, Initiativen und Interessengrup- le dort zu einem Bildungsforum mit fentlich gezeigt werden. Millionen Euro stark, wobei davon fünf eine gute Entwicklung angefangen.« pen eingebunden waren. Potsdam hat Wissenschaftsetage zusammengetan, Ganz anders ist da die Situation Millionen Euro auf Volkshochschule, An wichtigster Stelle wären hier die auch ein Erinnerungskonzept, das die laut Statistik ist dies jetzt die meist am städtischen Potsdam Museum. Es Musikschule und Stadtbibliothek fal- Musikfestspiele Potsdam Sanssouci Schwerpunkte benennt. Seemann: »Das genutzte Kultureinrichtung der Stadt. verfügt über ein riesiges Konvolut an len, die dem Geschäftsbereich  direkt für Alte Musik zu nennen. Nahezu  wurde gemeinsam erarbeitet. Es soll- Potsdam hat nur wenig Industrie, ist DDR-Kunst. Es hat sich kunsthisto- zugeordnet sind. Die anderen  Millio- Prozent Auslastung der Konzerte. Die te keine Verordnung von oben sein.« aber ein Wissenschaftsstandort, dort risch systematisch durchgearbeitet, nen Euro des kommunalen Kulturetats Kommune nutzt vorhandenes Poten- Durch die Potsdamer Stadtverordneten- liegen auch die Entwicklungspoten- insbesondere ist man darum bemüht, gehen in den Fachbereich Kultur und zial. Warum sollte sie nicht, wenn z. B. versammlung ist auch beschlossen, dass ziale. Ebenso bietet der Filmbereich Klischees abzulegen: DDR-Kunst war Museum, aus dem unter anderem das via Stiftung Preußische Schlösser und der Max-Dortu-Preis für Zivilcourage kulturwirtschaftliche Zuwachsraten. durchaus vielseitig und sie drückte sich städtische Hans Otto Theater geför- Gärten Berlin-Brandenburg eine her- und Demokratie im November  zum Beides – Wissenschaft und Film – fällt keineswegs nur als real existierender dert wird, ebenso die Musikfestspiele vorragende Kulturinfrastruktur – mit ersten Mal vergeben wird. jedoch nicht in die kommunalpoliti- Sozialismus aus! Diese Erkenntnis zeigt sich immer wieder, zuletzt in der dieses Jahr gezeigten Ausstellung im Potsdam Museum über »Die Wilden er«, hoch- interessante deutsch-deutsche Verglei- che in der Kunst werden hier möglich. Wird eine solche Erkenntnis unter rein privatwirtschaftlichen Bedingungen beim Museum Barberini berücksichtigt? Werden Ausstellungskonzepte danach ausgerichtet? Das städtische Kulturper- sonal hoff t hier auf eine gute Zusam- menarbeit in der Zukunft. »Es wäre gut, wenn man Wissen austauschen könnte«,

WIKIMEDIA COMMONS COMMONS WIKIMEDIA sagt Iris Magdowski. Beide Seiten – öf- fentliche und private Hand – werden

/.)], VIA/.)], zukünftig einander näher rücken. Dann sind sie ganz nah dran.

Sven Scherz-Schade ist freier Journalist und arbeitet u. a. zu den Themen Kultur und Kulturpolitik für den Hörfunk SWR

KOMMUNALE KULTURPOLITIK HTTP://CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BYSA Im Anschluss an die Serie zur Landes- kulturpolitik beleuchtet diese Reihe die aktuelle Kulturpolitik aller Hauptstädte der deutschen Bundesländer – mit Aus-  [CC BYSA . ( nahme der drei Stadtstaaten. In sieben Ausgaben nehmen wir jeweils zwei Lan- deshauptstädte unter die Kulturlupe.

VON CALFLIER VON Bisher wurde über Stuttgart, Düsseldorf, Hauptbahnhof Potsdam: Er trägt seit  diesen Namen, im gleichen Jahr wurden die neu gestalteten Gebäude eröff net Saarbrücken und Wiesbaden berichtet. Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KOMMUNALE KULTURPOLITIK 05

Weltstadt mit Terz Kultur und Kulturpolitik in Stadt beschlossen (es gibt ja auch zwei, Das kommt vor allem »von unten«, aus MÜNCHEN: ZAHLEN UND FAKTEN Bayerns Landeshauptstadt eigentlich sogar drei renommierte Or- privater Initiative – ganz anders als ein chester), und der soll auch mindestens paar Kilometer nordwestlich, im Stadt- München  Millionen kosten. Wann er gebaut teil Neuhausen. Dort tut sich die Stadt- Einwohner: 1,54 Millionen wird, ist zurzeit aber wieder offen: verwaltung enorm schwer mit dem von PETER GRABOWSKI Der Wettbewerb zu seiner Gestaltung, ihr selbst ausgerufenen Kreativquartier Fläche: ca. 310 km² dessen Ergebnis am . Mai verkündet Dachauer Straße. Seit mehr als einem etztes Jahr um diese Zeit war der werden sollte, muss noch einmal er- Jahrzehnt kommt das  Hektar große Bevölkerungsdichte: ca. 4.900 Einwohner pro km² Papst in München. Das hat aber öff net werden. Stararchitekt Stephan Areal zwischen denkmalgeschützten L kaum jemand bemerkt – viel- Braunfels hatte Anfang Februar einen Industriebauten und den Resten einer Nächste Oberbürgermeisterwahl: 2020 leicht, weil Yasuhisa Toyota nicht ge- entsprechenden Beschluss erwirkt, weil ehemaligen Kaserne nicht recht voran. rade dem üblichen Bild eines Papstes er von der Teilnahme ausgeschlossen Und noch eine kulturpolitische Nächste Kommunalwahl: 2020 entspricht: Der Mann wandelt weder in worden war. Großbaustelle der Hauptstadt ist eine den Schuhen eines Fischers, noch trägt Dazu muss man wissen: Braunfels Immobilie: Das Haus der Kunst am Eng- Oberbürgermeister: Dieter Reiter (SPD) und die Staatsregierung streiten vor Ge- lischen Garten. Von Hitlers Lieblingsar- richt um angeblich ausstehende Hono- chitekt Troost entworfen und  vom Kulturreferent: Hans-Georg Küppers (SPD) Im Spannungsfeld rare für die von ihm erbaute Pinakothek Führer selbst als »Haus der Deutschen zwischen sozialdemo- der Moderne. Ausgerechnet die war von Kunst« eröff net, steht für den neoklas- Kulturausgaben: ca. 212 Millionen Euro pro Jahr der Staatlichen Bauverwaltung bei der sizistischen Monumentalbau jetzt eine kratisch dominierter Beurteilung der Befähigung des Archi- wirklich umfangreiche Sanierung an. Kulturausgaben pro Einwohner: ca. 138 Euro pro Jahr Stadt und christsozia- tekten zur Teilnahme am Konzertsaal- Den Wettbewerb dazu gewann David ler Landesregierung Wettbewerb aber nicht berücksichtigt Chipperfi eld, allerdings ist seine Idee worden. Die Behörde habe nicht bele- umstritten: Der Engländer will die ur- vor dem jeweils letzten Wohnort der Natürlich gibt es in einer Stadt von der gen können, dass diese Entscheidung sprüngliche Erscheinung wiederher- Betroff enen in den Boden eingelassen Größe Münchens viele heikle kulturpo- er auff ällige weiße Gewänder. Segnen »sachgerecht und frei von Willkür« ge- stellen und dafür auch eine stadtbild- werden. Die preisgekrönte Idee des Köl- litische Fragen. Wenigstens erwähnt allerdings kann er ganz off enkundig wie wesen sei, schreibt die Vergabekammer prägende Baumreihe entfernen, um den ner Künstlers Gunter Demnig wurde in seien: Die umstrittene inhaltliche sonst nur noch Franziskus: Wer einen Oberbayern in ihrem Beschluss. Bei der freien Blick auf die Front des historisch den vergangenen  Jahren mehr als Ausrichtung der Kammerspiele unter Konzertsaal in die Hände des weltweit darauff olgenden Sitzung der Landes- belasteten Gebäudes zu ermöglichen. . mal in halb Europa realisiert; Intendant Matthias Lilienthal. Die neue begehrtesten Akustikers legt, der wird gebenedeit – mit einem ganz besonde- ren, nahezu göttlichen Klang. Gerade erst durfte Hamburg diese Erfahrung machen, mit seiner Elbphilharmonie. Dem will man an der Isar natürlich nicht nachstehen. So gut wie Hamburg ist man hier allemal – mindestens! Der Papst des guten Tons war also einer Einladung seines Freundes Va- lery Gergiev gefolgt. Der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker fordert – wie sein Kollege Mariss Jansons vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – vehement einen neuen Konzertsaal für die bayerische Landes- hauptstadt. Der gemeinsame Spielort der beiden Weltklasse-Kapellen im städti- schen Multifunktionszentrum Gasteig (Spottname: Kulturvollzugsanstalt) wird seit der Eröff nung im Jahr  von Mu- sikern, Feuilleton und Publikum massiv bemängelt. Dafür gibt es gleich mehrere gute Gründe – der Hauptkritikpunkt lau- tet aber seit jeher: miese Akustik. Im April  wurde der . Men- schen fassende Raum deshalb aufwen- digst vermessen. Im Herbst präsentier- ten der Dirigent und sein Ingenieur den einigermaßen verdutzten Stadträten die Ergebnisse: Anders als seit Jahr- zehnten behauptet, sei der »Philhar- monie« genannte Saal nicht unrettbar verbaut, befand Toyota. Mehr noch: Mit fünf größeren Maßnahmen könne er sogar zur internationalen Spitze des guten Tons aufschließen. Vor allem ein  Tonnen schweres Betonsegel unter der Decke soll dafür sorgen, dass sich

die Musiker auch endlich selbst beim FOTOLIA.COM / ILMBERGER ANDY FOTO: Spielen hören können – nicht ganz un- Blick von der Hacker-Brücke auf die Gleisanlage am Münchner Hauptbahnhof wichtig für ein Orchester, gerade dieser Klasse. regierung von Horst Seehofer (CSU) Seit Bekanntwerden dieses Plans geht vor allem natürlich in Deutschland. Nur Förderphilosophie für die Freie Szene, »Ich halte das für sehr überzeugend«, sei es »sehr ruhig« gewesen, berichten es auf Leserbriefseiten, in Online-Foren nicht in München, denn die entschie- bei der – für Außenstehende wenig sagte Kulturreferent Hans-Georg Küp- Teilnehmer – wie immer, wenn es ernst und Diskussionsveranstaltungen hoch denste wie entscheidende Gegnerin durchschaubar – ältere und jüngere pers (SPD) anschließend, »wenn ein wird und der Chef verstimmt ist. her. »Geschichtsvergessenheit« monie- ist die Vorsitzende der Israelitischen Künstler gegeneinander in Stellung solcher Mann das vorträgt, dann habe Das ist der Ministerpräsident ver- ren die einen, »Geschichtsbesessenheit« Kultusgemeinde in der Stadt, Charlot- gebracht werden. Auch scheint in vie- ich dem nichts entgegenzuhalten.« Al- mutlich umso mehr, weil im vergange- die anderen. te Knobloch. Sie fi ndet »unerträglich«, len Gesprächen die Sorge durch, der lerdings wird dieser Umbau nicht bil- nen Herbst erst sein Machtwort nach Die Münchner tun sich schwer mit dass durch die Gedenktäfelchen im Bo- frühere Büroleiter des erfolgreichen lig: Geschätzte  bis  Millionen jahrelangem Tauziehen dafür gesorgt ihrer Vergangenheit als »Hauptstadt der den im wahren Sinne des Wortes noch wie geschätzten Kulturreferenten Euro umfasst das Gesamtpaket, denn hat, dass der Renommierbau im so- Bewegung«. Das hatte sich bereits beim einmal auf den Opfern herumgetreten Hans-Georg Küppers (SPD), der frü- wenn man schon mal das Herzstück des genannten Werksviertel hinterm Ost- NS-Dokumentationszentrum gezeigt. Es werde. her unter anderem in Oberhausen und Baus anfasst, dann sollten auch gleich bahnhof errichtet wird. Dabei handelt wurde erst nach einer jahrzehntelangen Das ist eine legitime Position, doch Bochum tätig war, könnte sein Nach- all die anderen Mängel beseitigt wer- es sich um das frühere Betriebsgelände Diskussion um Notwendigkeit, Standort unter Juden, auch in München selbst, folger werden. den. Nach mehr als  Jahren ist die der Firma »Pfanni«. Der Erbe des riesi- und Inhalte vor zwei Jahren eröff net – bei Weitem nicht die einzige oder gar Nicht zuletzt sorgt immer wieder Gebäudetechnik veraltet; dieser Schuh gen Areals, Werner Eckart, lässt dort exakt auf dem Grundstück, auf dem bis überwiegende. Trotzdem scheiterten für Reibungspunkte, dass mehr oder drückt umso mehr, weil der Gasteig mit aller Gelassenheit des kunst- und  die NSDPA-Parteizentrale »Brau- mehrere Anläufe im Stadtrat – alle mit minder die eine Hälfte der Kulturins- auch ein Hauptstandort der Münchner urbanitätssinnigen Mäzens ein neues nes Haus« war. Vor allem konservative Unterstützung namhafter Opferfamili- titutionen und -förderungen in Mün- Volkshochschule (VHS) ist – mit rund Kreativzentrum entstehen: In beinahe Kreise der Bürgerschaft betätigten sich en –, die Verlegung der Steine geneh- chen in Händen der sozialdemokratisch . Besuchern im Jahr immerhin anarchisch wirkenden Raumkonzep- lange Zeit als Bremser dieses Projektes. migen zu lassen. Und immer war es die dominierten Stadt liegt, die andere die größte VHS in Deutschland. ten sind Start-Ups der Kulturwirtschaft, Bei anderen kommt der Widerstand aber frühere Präsidentin des Zentralrats der aber beim Freistaat, also quasi in Erb- Die mittlere dreistellige Millionen- eine sich organisch entwickelnde Gast- auch schon mal aus gänzlich unerwarte- Juden in Deutschland, die persönlich pacht der CSU. Diesen Konfl ikt könn- summe für das Projekt am rechten Isar- ronomie und immer neue Sozialräume ter Richtung, wie im Fall der berühmten bei der größten Fraktion im Rathaus te vermutlich aber noch nicht mal der Hochufer ist allerdings nur die halbe vom Off enen Atelier bis zu Kindertages- »Stolpersteine«. intervenierte und so mithilfe der CSU Papst lösen – weder der eine, noch der Wahrheit, jedenfalls für die Steuerzah- stätten untergebracht. Der neue Musik- Dabei handelt es sich um in Bronze entsprechende Beschlüsse – mitunter andere. ler. Die Bayerische Staatsregierung hat saal kommt also an einen bereits leben- gegossene Pfl astersteine mit Namens- sogar entgegen anderslautender Ab- im vergangenen Herbst nämlich eben- digen Ort – und in ein off ensichtlich zug und Lebensdaten von Opfern des sprachen der Parteien vorher – im letz- Peter Grabowski ist kulturpolitischer falls einen neuen Konzertsaal für die gelingendes Stadtentwicklungsprojekt. nationalsozialistischen Terrors, die ten Moment zu Fall brachte. Rep orter 06 INLAND www.politikundkultur.net

Wir brauchen Rahmenbedingungen, in denen wir arbeiten können Die Verlegerbeteiligung nach dem Vogel-Urteil – Barbara Haack im Gespräch mit Alexander Skipis

Im April  ging es durch die Nach- Erklären Sie noch einmal konkret, eingerichtet, um die allergröbsten nationale Übergangsregelung auf den Die Presseverleger haben sich ein richten: Im Rechtsstreit Vogel gegen die welche Schritte gerade anstehen? Konsequenzen für unverschuldete Weg zu bringen, dies löst das Problem solches Leistungsschutzrecht er- VG Wort hatte der Bundesgerichtshof Die Verlage können derzeit Ver- Einzelfälle gerade bei kleinen und aber nur teilweise. Denn nach dieser kämpft, sind aber auch nicht wirk- (BGH) entschieden, dass eine pauschale zichtserklärungen von ihren Autoren kleinsten Verlagen lösen zu können. Übergangsregelung erhalten Verlage lich zufrieden damit. Gucken Sie, Verlegerbeteiligung bei den Ausschüt- einholen. Dafür haben sich Urheber Wir sind zudem im Gespräch mit nur Ausschüttungen, wenn die Au- wie es dort läuft – und lernen Sie tungen der Verwertungsgesellschaft und Verlage in der VG Wort auf ein Monika Grütters über die Einrichtung toren das ausdrücklich für jedes neu aus deren Fehlern? (VG) Wort nicht rechtens sei. Es geht anonymes Verfahren verständigt. Die eines größeren Fonds. Auch die VG erschienene Werk nach dessen An- Die Presseverlage sind in einer ande- in dem Urteil um die Vergütung von Verlage erfahren also nicht, welcher Wort ist natürlich daran interessiert, meldung bei der VG Wort zulassen. ren Situation als die Buchverlage. Das Zweitverwertungen, vor allem um die ihrer Autoren verzichtet oder nicht dass keine Insolvenzen entstehen Verlage haben dadurch keine Pla- kann man nicht eins zu eins übertra- Ausschüttung der sogenannten Gerä- verzichtet. Diese Information geht di- und wird ihrerseits Teilzahlungsmög- nungssicherheit und können ihre gen. teabgabe. Diese wird von Herstellern rekt bei der VG Wort ein. Die VG Wort lichkeiten einrichten. D. h., jeder, der Produkte nicht ausreichend kalku- solcher Geräte verlangt, die in irgend- berechnet dann verlagsbezogen die etwas zurückzahlen muss, hat die lieren. Für Millionen von lieferbaren Glauben Sie, dass die VG Wort einer Form für die Vervielfältigung von Rückzahlungshöhe unter Beachtung Chance, dies über Teilzahlungen zu Backlisttiteln gibt es – anders als seit eine Zukunft hat? urheberrechtlich geschützten Werken der jeweiligen Verzichtserklärungen strecken. Was allerdings nicht ge-  üblich – überhaupt keine Aus- Ich gehe fest davon aus, weil dieses sorgen. Bisher wurden diese Aus- von Autoren neu und teilt diese den schehen wird, ist, dass Verlage, die schüttungen mehr. Um die frühere Konstrukt, das sich schon über Jahr- schüttungen zwischen Urhebern und Verlagen mit. seit Jahren defi zitär arbeiten, dadurch Lage wiederherzustellen, brauchen zehnte bewährt hat, genau das be- ihren Verlagen aufgeteilt. Nach dem noch einmal ein Jahr weiter durchfi - wir eine Regelung auf europäischer zweckt, worum es in diesem Geschäft sogenannten Vogel-Urteil sollen nun Das dürfte ein großer Verwaltungs- nanziert werden. Ebene, die es dem nationalen Ge- geht: Diejenigen, die an der Erstel- die Verlage nichts mehr, die Autoren aufwand für die VG Wort sein. setzgeber ermöglicht, wieder einen lung eines Werkes beteiligt sind, sol- dafür alles erhalten. Das Urteil wider- Das ist in der Tat ein immenser Auf- Werden diese Fonds, von denen Sie Anspruch der Verlage zu formulieren. len auch an den Erlösen aus gesetz- spricht damit dem expliziten Willen des wand für alle Beteiligten. Die VG Wort sprechen, dazu dienen, die Zahlun- Bedauerlicherweise ist aber das Ge- lichen Vergütungsansprüchen, wie Gesetzgebers, die Verlegerbeteiligung setzt aber alles daran, diesen so gut gen zu strecken oder geht es auch setzgebungsverfahren auf europäi- z. B. der Privatkopieabgabe, beteiligt zu schützen. Zu diesem Zweck war wie möglich zu bewältigen. darum, Rückzahlungen teilweise werden. Es ist zudem kulturpolitisch ein eigener Artikel ins Urhebergesetz zu erlassen? wichtig, die VG Wort zu erhalten: Ver- aufgenommen worden, Paragraph a. Seit  wussten die Verlage, was Unseren Härtefallfonds haben wir lage und Autoren vertreten darin so- Barbara Haack sprach mit dem Haupt- im schlechtesten Fall auf sie zu- eingerichtet, weil Fallkonstellationen Die VG Wort ist lidarisch und gemeinsam ihre Rechte. geschäftsführer des Börsenvereins des kommen würde. Die VG Wort hat vorstellbar sind, in denen ein Verlag natürlich daran Und der politische Wille, dass auch Deutschen Buchhandels, Alexander zudem die Verjährung verhindert, aus unverschuldeten Gründen in eine die Verlage an diesen Ausschüttungen Skipis, über das Urteil und seine Aus- indem sie sich von den Verlagen Schiefl age geraten ist und diese Raten interessiert, dass keine beteiligt werden, ist da. wirkungen. Verjährungsverzichtserklärungen nicht zahlen kann. Dies als ultima Insolvenzen entstehen unterschreiben ließ. Trotzdem ratio – er muss vorher alle anderen Der Wirtschaftsminister rettete Barbara Haack: Welche Folgen hat wurden die Verlage immer ein Möglichkeiten nachweislich ausge- Banken und Supermärkte, aber dieses BGH-Urteil aus Ihrer Sicht wenig in Sicherheit gewiegt. Man schöpft haben. Ob es dabei um einen off enbar keine Verlage. Ist dieses für die Verlage? konnte durchaus den Eindruck be- Kredit geht, kann ich noch nicht ge- scher Ebene ein sehr langwieriges. Thema gesellschaftlich nicht so Alexander Skipis: Das Urteil hat zwei kommen, dass das Urteil eigentlich nau sagen. Da sind wir im Einzelnen Zwar gibt es mit Artikel  des EU- wichtig? Weniger systemrelevant erhebliche Folgen. Zunächst müssen nicht so ausfallen könnte, wie es noch in der Abstimmung. Richtlinienentwurfs über das Urhe- als Banken? die Verlage die von  bis  von nun ausgefallen ist. berrecht im digitalen Binnenmarkt Zunächst einmal: Unsere Branche der VG Wort gezahlten Ausschüttun- Ich weiß nicht, wer da wen in Sicher- Und wie ist das mit dem möglichen schon einen konkreten Vorschlag, es hat ein sehr gutes Standing in der gen zurückzahlen. Da kommen für heit gewiegt hat. Wir haben jedenfalls Fonds der BKM? ist aber zu erwarten, dass die Diskus- Politik, und wir fühlen uns sehr gut einen Verlag zwischen  und  gerade in Berlin intensiv gewarnt. Es gibt Überlegungen zu einem Darle- sion um das Gesamtpaket, bei dem es unterstützt. Es wird anerkannt, was Prozent eines durchschnittlichen Jah- Allerdings sind selbst die politischen hen über die KfW Bankengruppe. auch um viele andere Reformpunkte Verlage leisten und dass sie mit den resgewinns zusammen. Zudem gibt es Stellen nicht davon ausgegangen, geht, einige Zeit in Anspruch nehmen Werken, die auf den Markt kommen, auch Rückforderungsansprüche ande- dass dieses Verfahren so ausgeht, wie Gibt es einen Termin, bis wann wird. Im Moment ist es unser Ziel, wesentlich zum Gelingen einer freien rer Verwertungsgesellschaften wie der es ausgegangen ist. Als die Klage  eine Entscheidung über diesen diese gesetzliche Regelung auf EU- Gesellschaft beitragen. VG Bild-Kunst oder der GEMA. Gerade eingereicht wurde, haben wir früh- Fonds getroff en wird? Das alles ist Ebene zu beschleunigen und sie dann Zu den Banken: Unsere Branche un- die kleinen und mittleren Verlage be- zeitig Gespräche in den Ministerien ja ziemlich aktuell. schon in diesem Jahr zu realisieren. terscheidet sich vom Bankensektor kommen damit große Schwierigkeiten. und mit Politikern geführt, um eine Nein, einen Termin gibt es nicht. Wir sind in einem sehr engen Kontakt ganz erheblich. Der Bankensektor ist Die zweite Konsequenz ist, dass die eindeutigere Formulierung des Para- Greifen würde diese Hilfe frühestens mit der Bundesregierung, damit von durch eigenes Verschulden und eige- Verlage seit  erst einmal keinen graphen a zu erwirken. Da hieß es in einigen Monaten, nämlich dann, dort aus in die europäische Ebene nes Fehlverhalten in diese Schiefl age Anspruch mehr auf Ausschüttungen immer: »Nein, das ist ausgeschlossen, wenn die VG Wort die neu berech- hinein der deutliche Wunsch platziert gekommen und es ist sehr zweifelhaft, haben. Inzwischen gibt es zwar eine der Paragraph a hat geregelt, dass neten Rückforderungsbescheide wird, dieses Verfahren voranzutreiben. solche Unternehmen dann auch noch vom im Rahmen des Ur- die Verleger einen Anspruch haben. verschickt hat und die Frage der mög- Monika Grütters und Heiko Maaß mit Steuergeldern zu subventionieren hebervertragsrechts verabschiedete Deshalb wurde der Paragraph a lichen Ratenzahlung bei der VG Wort unterstützen dieses Anliegen aktiv oder zu retten und dabei nicht einmal Übergangsregelung. Diese erlaubt nur gemacht.« Aber nach dem BGH ist es geklärt ist. gegenüber der Europäischen Kom- die Verantwortlichen zur Verantwor- mit Zustimmung der Autorin oder jetzt eben nicht so. mission. tung zu ziehen. des Autors eine Beteiligung für neu Ist das BKM wirklich der richtige Wir wollen im Verlagswesen keine erschienene Werke. Eine vollständige Wie Sie schon sagen, hat der Ge- Ansprechpartner für diese Frage? Der Börsenverein hat sich sehr staatlichen Unterstützungen; wir Rückkehr zur Beteiligung der Verlage setzgeber mit dem Paragraphen Müssen Sie nicht eher mit dem strikt gegen ein Leistungsschutz- wollen nur Rahmenbedingungen an den Ausschüttungen ist nur über a genau das gewollt: die Betei- Wirtschaftsministerium sprechen? recht für Verlage ausgesprochen haben, in denen wir arbeiten können. eine entsprechende Richtlinienkorrek- ligung der Verleger an den Aus- Ich hatte die Idee eines Fonds mit – auch, nachdem das BGH-Urteil Wenn diese Rahmenbedingungen tur auf europäischer Ebene möglich. schüt-tungen zu schützen. Haben Staatsministerin Grütters besprochen. schon gesprochen war. Was ist der Schritt für Schritt verschlechtert wer- die Politiker da geschlafen oder Sie hat das aufgegriff en. Hintergrund? Warum sind Sie so den, wie z. B. durch das stetige Aus- An den Rückzahlungen führt aber einfach einen schlechten Gesetzes- vehement gegen dieses Leistungs- weiten von Urheberrechtsschranken, kein Weg mehr vorbei? text formuliert? Die VG Wort ist mit ihren Raten- schutzrecht? dann kommen Verlage in wirtschaft- Nein. Allerdings läuft gerade ein Das würde ich jetzt nicht wagen zu zahlungsbescheiden an recht enge In früherer Zeit haben der Börsenver- liche Schwierigkeiten. Das ist aller- Verfahren der VG Wort, mit dem die behaupten. Im Nachhinein ist man Fristen gebunden, während ein ein und seine Mitgliedsverlage das dings nicht nur ein wirtschaftliches, Verlage ihre Autoren darum bitten immer klüger. Damals sind alle davon Fonds sich auch über mehrere Jah- Leistungsschutzrecht abgelehnt, weil sondern auch ein kulturpolitisches können, auf ihren Nachforderungs- ausgegangen, dass der Text ausreicht. re erstrecken könnte. die Anknüpfung an das Urheberrecht Problem. anspruch zu verzichten. Wenn die Das ist richtig. Die VG Wort hat ja erst den Leistungen, die Verlage erbringen, Wenn z. B., wie es die Bundesre- Autoren damit einverstanden sind, Hören Sie von Ihren Mitgliedern einmal Ende  als Frist gesetzt. Es besser gerecht wird als ein Leistungs- gierung plant, das Urheberrecht im verringert sich die Rückzahlung des Kritik am Börsenverein darüber, wird aber schon überlegt, ob danach schutzrecht. Mit den Entscheidungen Bereich Bildung und Wissenschaft Verlags entsprechend. dass Sie die Entwicklung vielleicht nicht weiterhin Teilzahlungen mög- von BGH und EuGH muss die Sache massiv eingeschränkt werden soll, doch ein bisschen verschlafen ha- lich sind, dann allerdings gegen Zin- neu betrachtet werden, weil diese weil man meint, man könnte das, was Haben Sie einen Überblick, wie die ben? sen. Bis Ende  gestalten sich die Urteile in ihren Begründungen auf Verlage produzieren, kostenlos zur einzelnen Verlage konkret reagie- Das ist mir nicht bekannt. Es ist auch Ratenzahlungen ohne Zinsen. die fehlende eigene Rechtsposition Nutzung anbieten, dann heißt das, ren? Wie viele haben die Rück- müßig darüber nachzudenken, was der Verlage abstellen. Wir sind gerade dass eine fl orierende und bestens zahlung schon getätigt? Wie viele man hätte machen können. Die Lage Das alles passiert derzeit aktuell mit einer Arbeitsgruppe dabei, dieses funktionierende wissenschaftliche beteiligen sich an dem von Ihnen war so nicht vorhersehbar. und beschäftigt die Verlage na- gesamte Feld noch einmal intensiv Publikationskultur in Deutschland genannten Verfahren? Wie viele türlich intensiv. Der Börsenverein zu beleuchten. Dabei geht es um die zerstört wird. Bildung ist die Initial- Verlage haben Stundungsanträge Glauben Sie, dass sich die Verlags- ist aber auch aktiv in Gesprächen Frage, ob der derzeit vorgesehene zündung für Wachstum und Wohl- bei der VG Wort gestellt? landschaft erheblich verändern über eine zukünftige gesetzliche gesetzlich abgesicherte Beteiligungs- stand in Deutschland und unsere Dazu liegen uns keine genauen wird? Regelung. anspruch oder die Schaff ung eines wichtigste Ressource. Wenn man Zahlen vor. Es ist bekannt, dass Natürlich haben wir diese Befürch- Richtig, da geht es darum, die Beteili- originären Verlegerrechts zu sachge- solche Gesetzespläne sieht, gewinnt rund  Prozent der ausstehenden tung und wir treff en alle Vorkehrun- gung der Verlage an Ausschüttungen rechteren Ergebnissen führen. Wenn man den Eindruck, die Bundesregie- Gesamtsumme – das sind knapp  gen, die wir nur treff en können, um der Verwertungsgesellschaften wieder wir uns für ein Leistungsschutzrecht rung habe das vergessen. Millionen Euro – bereits von Verlagen die Konsequenzen der Rückforde- vollumfänglich herzustellen. Dazu aussprächen, wäre das ein Paradig- gezahlt wurden. Ob diese Rückzah- rungen für die Härtefälle so weich ist eine Korrektur durch den europä- menwechsel im Verlagswesen. Da Alexander Skipis ist Hauptgeschäfts- lungen von großen, kleinen oder wie möglich abfedern zu können. Wir ischen Richtlinienengeber erforder- muss man sehr sorgfältig sämtliche führer des Börsenvereins des mittleren Verlagen kommen, darüber haben im Börsenverein einen Härte- lich. Es ist zwar gelungen, in allerletz- mögliche Konsequenzen eines sol- Deutschen Buchhandels. Barbara gibt es derzeit noch keinen Überblick. fallfonds in Höhe von . Euro ter Sekunde im Dezember  eine chen Rechtes ausloten. Haack ist Journalistin Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  INLAND / EUROPA 07

Analog ist das neue Bio. Oder mehr? Ein Aufruf, das menschliche Leben nicht wegzudigitalisieren

ANDRE WILKENS Am Beispiel von Bio kann man sehen, wie wichtig Nischen für Transformati- eit Snowden ist der Wurm in Digi- onsprozesse sind und wie sie es schaf- tal. Snowden hat uns gezeigt, dass fen können, auf einen dominierenden S unsere schöne neue digitale Welt gesellschaftlichen und technologischen nicht nur gut sein muss, dass, wer in ihr Trend einzuwirken. So, wie Bio eine lebt, mit unerwünschten Risiken und Antwort auf die industrielle Massen- Nebenwirkungen zu rechnen hat. Und produktion von Lebensmitteln ist und nicht nur mich hat er dazu gebracht, diese nun beeinfl usst, ist Analog eine Fragen zu stellen, Antworten zu suchen Antwort auf die algorithmische Mas- und Alternativen zu fi nden. senproduktion und Verarbeitung von Daten und wird auch diese Entwicklung

beeinfl ussen. Analog steht dabei als LIBRARIES PUBLIC AARHUS FOTO: Gegenpol für die Vernetzung von gro- Dokk  im Hafen von Aarhus – Kulturhauptstadtzentrale, Veranstaltungszentrum und Skandinaviens größte Bibliothek Bio war eine Antwort ßen Datenmengen. Man könnte auch unter einem Dach auf die Gefahren Small Data dazu sagen. und Risiken der Bio war eine Antwort auf die Gefah- industriellen ren und Risiken der industriellen Land- wirtschaft, lange bevor die Politik über- Ein lehrreicher Blick gen Landwirtschaft haupt ein Problem erkannt hat. Aber als das Problem auch in der Politik erkannt war, und viel dazu hat der Druck von Norden Dabei fühl ich mich eigentlich gut, ich Bio-Aktivisten beigetragen, kam der steh auf Digital. Mir gefällt die Ge- Durchbruch, da damit Rahmenbedin- schichte der Tech-Hippies, die eine gungen und Standards gesetzt wurden. Die Europäische Kultur- noch nie zusammengearbeitet haben. ne Erfahrungen vergangener Städte digitale Revolution mit Zahlen, Spaß Dazu zählten die Implementierung ei- hauptstadt Aarhus  In ihnen präsentieren Künstler aus der Initiative aufbauen zu können. Bei und Anarchie gestartet haben. Ich nes Mindestqualitätsstandards als Vo- setzt Impulse für deutsche der ganzen Welt drei Monate lang aller Grundverschiedenheit der teil- kann mir eine Zukunft vorstellen, in raussetzung des Marktzugangs und das ihre Werke, die »Die sieben Todsün- nehmenden Städte hinsichtlich ihrer der Technologie und Weltverbesserung Einpreisen von Externalitäten, wodurch Bewerberstädte den« interpretieren – ein Beispiel von Größe, fi nanziellen Möglichkeiten oder Hand in Hand gehen und ich einen di- die wahren Kosten sichtbar wurden. Kunst als Medium für eine Wertedis- kulturpolitischen Etabliertheit: Für das gitalen Assistenten mit der Stimme So wie Bio ist auch Analog nicht nur KRISTINA JACOBSEN kussion im interkulturellen Kontext. mittlerweile erreichte Niveau und den von Scarlett Johansson habe, der mich eine ökonomisch begründete Entwick- Daneben gibt es im Begleitprogramm Umfang der Ausgestaltung moderner sanft und smart durchs Leben manöv- lung. Analog ist nicht nur keine digitale et’s rethink« – so kurz und die »Sündhaften Sonntage«, Diskus- Kulturhauptstädte bedarf es längst ei- riert. Aber ich sehe auch die Ausbeu- Überwachung, kein digitaler Konsum- knackig ist das Motto der sionsveranstaltungen unter anderem ner übergeordneten Dokumentations- tung der digitalen Ideen für staatliche terror, keine digitalen Filterblasen, kein diesjährigen Europäischen mit Bezügen zum Luther-Jubiläum und und Informationsstelle. Die EU-Kom- Kontroll- und private Profi tinteressen, automatisierter Staat mit automatisier- L Kulturhauptstadt Aarhus. Die kulinarisch-kulturelle Veranstaltun- mission sieht, dass das Programm auch die scheinbar freundliche Übernahme ten Bürgern, sondern Analog steht auch zweitgrößte dänische Stadt, die sich gen. Das Kooperationsnetzwerk be- ohne ihr Zutun erfolgreich läuft und meines Lebens durch Maschinen, die für eine selbstbestimmte Lebensquali-  den Titel mit dem zypriotischen steht schon seit  und soll auch hält sich diesbezüglich zurück. So ist mich smart durch die Gegend schub- tät und Lebenskultur. Vielleicht auch Pafos teilt, nimmt das Kulturhaupt- über das Kulturhauptstadtjahr hinaus es wohl an den teilnehmenden Städten sen. Ich sehe, wie nicht nur Diktaturen für Glück. stadtjahr zum Anlass, verschiedene weiter bestehen bleiben. Ein anderes selbst, eine solche Instanz dauerhaft ihre Bürger digital überwachen lassen, So, was tun? Die industrielle Land- Aspekte ihrer Kommunalpolitik zu Beispiel für nachhaltige Eff ekte einer einzurichten. wie unsere Daten von Firmen als das wirtschaft wurde durch Standards und überdenken. Im kulturpolitischen Kulturhauptstadt ist das Personal der neue Öl abgebaut werden. Ich sehe, Gesetze gezähmt und sicherer gemacht. Bereich betriff t das die Beziehungen Kulturhauptstadt Aarhus, das zu  wie der öff entliche Raum von privaten Und Bio hat eine Nische geschaff en, die des städtischen Kulturlebens zu an- Prozent von den beteiligten Kommu- Internetplattformen gekapert wird, die den Landwirtschafts-Mainstream dau- deren Politikbereichen wie Wirtschaft, nen bzw. Kulturinstitutionen entsandt »Let’s rethink« – so unter dem Banner der heiligen Dis- ernd herausfordert, dabei alte Lebens- Tourismus, Bildung, Marketing und die wurde. Gerade in einer aus deutscher kurz und knackig ist ruption dem Qualitätsjournalismus qualität erhält und neue schaff t. So ist Gestaltung des öff entlichen Raums. Im Sicht mittelgroßen Stadt – Aarhus das Motto der Kultur- das Wasser abgraben und damit Raum das permanente Piksen aus der ana- Rahmen dieses »Überdenkens« oder zählt . Einwohner – wird da- bieten für schamlose Propagandisten logen Nische für die Entwicklung des »Neu-Denkens« sollen so auch kom- durch zur Verstetigung von Netzwer- hauptstadt Aarhus von alternativen Fakten, bevorzugt in digitalen Mainstreams genauso wichtig munale Aufgaben angegangen werden, ken beigetragen.  Zeichen. Ich sehe, wie digitale Kol- wie die Erkenntnis, dass es auch Dinge die auf den ersten Blick gar nichts mit Für die theoretische Dimension legen, oder auch einfach Algorithmen, gibt, die analog glücklich machen, ohne Kultur zu tun haben, etwa das Problem sorgt vor Ort die Universität Aar- Auch die deutschen Städte, die der- immer mehr menschliche Kollegen er- Netzanschluss und Wifi . der Prekarisierung von Bezirken im hus durch Evaluationen und For- zeit eine Bewerbung als Europäische setzen. Wir verbringen mehr und mehr Ist Analog der Aufruf zur Konter- Westteil der Stadt oder das Verhält- schungsberichte. Auch hieran kann Kulturhauptstadt  vorbereiten, Zeit mit Maschinen und weniger und revolution? Nein. Oder vielleicht ein nis der Kommune zur umliegenden man exemplarisch ablesen, wie sich können vieles von Aarhus lernen, weniger mit Menschen. Haben wir das bisschen. Es ist der Aufruf, das mensch- Region. das Programm »Europäische Kultur- etwa beim Thema Partizipation. In den so gewollt? liche Leben nicht wegzudigitalisieren. Letzteres wurde bereits in der hauptstadt« in seiner über -jähri- mehrjährigen Vorbereitungsprozess Es lohnt sich, einen Blick zurück zur knapp zehnjährigen Vorbereitungs- gen Laufzeit professionalisiert hat. für Aarhus  wurden laut Angaben Entstehung der Bio-Bewegung zu wer- phase vorbildlich organisiert. So Die Kooperation mit der Universität der Veranstalter ca. . Einwohner fen. Die agroindustrielle Revolution im wurden inhaltlich und finanziell führte die letzte Kulturhauptstadt in aus Stadt und Region einbezogen und letzten Jahrhundert hat Hunger unnö- Es lohnt sich, einen formalisierte Kooperationen mit Deutschland, RUHR., erstmalig schon Jahre vor der Titelvergabe gab es tig gemacht und unser ganzes Leben den  Kommunen der , Millionen ein, auch einige der nachfolgenden intensive Auseinandersetzungen zwi- durchgreifend beeinfl usst. Aber sie hat Blick zurück zur Einwohner zählenden Region Midt- Kulturhaupt(-bewerber-)städte such- schen Kulturinstitutionen, Unterneh- auch Nebenwirkungen, hat zu Macht- Entstehung der Bio- jylland vereinbart. Dies war möglich, ten eine Anbindung an Universitäten. men, Künstlern, Stadtverwaltung und konzentration, Manipulation, Epide- Bewegung zu werfen weil alle Bürgermeister der Kommu- Darüber hinaus streckte Aarhus  zivilgesellschaftlichen Organisationen. mien, Krankheiten und Umweltzerstö- nen von der Kulturhauptstadt über- im Vorfeld erfolgreich seine Fühler aus, Es wurden Soll-Ist-Kartierungen der rung geführt. Eine Antwort darauf war zeugt waren, schon seit Beginn der um von vergangenen Kulturhaupt- kulturellen Infrastruktur vorgenom- die Bio-Bewegung, die auf naturnahe, Bewerbungsphase ab Ende  und städten zu lernen. So gab es neben men, bei denen die zentralen Fragen nachhaltige Landwirtschaft setzt, als Menschen müssen weiter selbst denken erst recht nach der Titelvergabe . RUHR. Austausch mit den skan- lauteten: Wofür möchten wir den Titel Alternative zur technologischen Auf- und entscheiden können. Wir wollen Die tragfähigen Kooperationen gaben dinavischen Kulturhauptstädten Sta- als Kulturhauptstadt benutzen? Was rüstung der Natur, Massentierhaltung doch eine digitale Gesellschaft, die uns auch den Ausschlag bei der Auswahl vanger () und Umeå () oder sind unsere genuinen Herausforderun- und De-Regionalisierung. Obwohl sich Menschen mehr nutzt als schadet, in als Kulturhauptstadt. Sønderborg, der auch Kulturhauptstädten wie Mons gen und Potenziale dabei? Und welche der Anteil von Bio-Produkten in den der die Nebenwirkungen kontrollierbar einzige Mitbewerber, verlor gegen Aar- () und Liverpool (), die sich Strukturen müssen dafür eingerichtet letzten  Jahren verdreifacht hat, ist bleiben, in der wir Menschen die Ho- hus, trotz seiner für europäische Vor- besonders mit dem Thema Nachhal- oder verbessert werden? Das breite Bio immer noch eine Nische und macht heit über Digital behalten und sich diese zeigeprojekte besonders geeigneten tigkeit beschäftigt hatten. Ausgestaltungen ermöglichende Motto nur knapp vier Prozent des Lebensmit- Beziehung nicht schleichend umdreht. Grenznähe zum Nachbarland. Insgesamt hängt ein ergiebiges Von- »Let’s rethink« ist also als kulturpoliti- telumsatzes in Deutschland aus. Trotz- Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Von den neuen regionalen Netz- einander-Lernen(-Können) zwischen scher Anstoß durchaus übertragbar auf dem fordert die Bio-Nische die moderne Spezies Mensch. werken erhoff t man sich nachhaltige den Kulturhauptstädten jedoch sehr die Kulturhauptstadt-Bewerberstädte Landwirtschaft permanent heraus und Synergieeff ekte. Aus Konkurrenten von den Kapazitäten und Kontakten der hierzulande. hilft damit, bessere Lebensmittel-, An- Andre Wilkens ist Autor des Buches sollen Kooperationspartner werden, jeweiligen Standorte ab. Das ist bedau- bau- und Tierhaltungsstandards durch- »Analog ist das neue Bio«. Im März so das Credo, um sich insgesamt als erlich, denn natürlich bleibt manches Kristina Jacobsen ist Geschäftsführe- zusetzen, die für uns alle gut sind, ob erscheint sein neues Buch »Der Kulturlandschaft besser aufzustellen. Potential ungenutzt, wenn jede Stadt rin des Postgraduierten-Programms man selbst bewusst Bio kauft oder nicht. diskrete Charme der Bürokratie. Gute Ein Beispiel dafür ist das Projekt »Die bei ihrer Kulturhauptstadtplanung Europawissenschaften der Freien Bio stürzt nicht das System an sich, aber Nachrichten aus Europa« im S. Fischer sieben Todsünden«, das sieben Mu- immer wieder komplett von vorne Universität und der Technischen ändert es von innen. Verlag seen der Region umfasst, die zuvor anfangen muss, ohne auf vorhande- Universität Berlin 08 EUROPA www.politikundkultur.net

Das inklusive Europa Aus der europäischen Kulturgeschichte ein identitäts- und loyalitätsstiftendes Narrativ entwickeln

RUPERT GRAF STRACHWITZ päischen Mächten unterzeichnet wurde lis und Golgotha. Er erinnert uns, wie anderen zivilgesellschaftlichen Grup- meistern, die dringend gemeistert wer- und wegen geographischer, ethnischer, unterschiedlich und doch wie stark auf- pierung, der man angehört. Die Idee den müssen. Letztlich wird der Erfolg m Oktober  verfasste eine kultureller und religiöser Inkompatibi- einander bezogen unsere kulturellen des Citoyen, der, wie es die Erste Fran- des europäischen Projekts davon ab- Gruppe von Deutschen um Georg lität ein Auslaufmodell. Er widersteht und geistigen Traditionslinien sind. zösische Republik verlangte, nur seiner hängen, dass die Bürger eine Unum- I Friedrich Nicolai und Albert Ein- dank der Solidarität der Herrschenden Verschiedenheit und eine gemeinsame Nation angehören darf und verpfl ichtet kehrbarkeit hergestellt haben. Dass stein einen »Aufruf an die Europäer«. noch dem Druck, übersieht aber die Geistes- und Kulturgeschichte prägen ist, ist überwunden. sie hierzu in der Lage sind, haben sie Sie sollte eine Antwort auf das soge- Stärke der transnationalen Zivilge- gemeinsam Europa. Nationalistischer Es bedarf neuer Formen, Verfahren vielfach bewiesen, nicht zuletzt . nannte Manifest der  Wissenschaftler sellschaft. Ungeist des . und . Jahrhunderts und Zusammenschlüsse, um unser eu- Sie haben immer wieder den staatlichen »An die Kulturwelt« sein, in dem dessen Am . Februar  (!) notierte Har- hat versucht, von der französischen ropäisches Erbe zu wahren, um Demo- Apparat vor sich hergetrieben und sich Autoren die These von der deutschen ry Graf Kessler, Kunstförderer, großer Malschule, der »école française«, über kratie, die Herrschaft des Rechts, die durchgesetzt. Dies muss auch hier und Kriegsschuld zurückgewiesen und die Europäer und genauer Beobachter des die »deutsche Dichtkunst« bis zum Menschen- und Bürgerrechte und nicht jetzt geschehen. Denn eines ist klar: Kriegsverbrechen der Armee in den Weltgeschehens, in seinem Tagebuch, als Kainszeichen erdachten und zum zuletzt unsere kulturellen Traditionen Gelingt es uns nicht, das Projekt Eu- ersten Kriegswochen in Belgien vertei- der Völkerbund könne doch auch als ein Gütesiegel gewordenen »Made in Ger- so zu bewahren und zugleich so weiter ropa auf eine »Win-win«-Situation, in digt hatten. Der Aufruf begann mit den Bund von Verbänden konzipiert werden, zu entwickeln, dass sie die tragfähigen die Zone der generellen Akzeptanz zu- Sätzen: »Während Technik und Verkehr um den ständigen Widerstreit unter- Pfeiler unserer Gesellschaft bleiben. rückzuführen, bleiben alle unsere Be- uns off ensichtlich zur faktischen Aner- schiedlicher nationaler Interessen zu Allein darauf beruht unsere Identität. mühungen vergeblich. Das dürfen wir kennung internationaler Beziehungen überwinden. So neu wäre daher heute Ruhe ist heute nicht den Politikern allein überlassen. und damit zu einer allgemeinen Welt- die Idee nicht, das große europäische Wir, die Bürger Europas, müssen und nicht mehr die erste Werte kultur drängen, hat noch nie ein Krieg Projekt von den Nationalstaaten abzu- Bürgerpfl icht wollen das schaff en. James Simon, einer die kulturelle Gemeinschaftlichkeit des koppeln. »Es wäre wohl die Pfl icht der Ruhe ist heute nicht mehr »die erste der großen deutschen Philan thropen Zusammenarbeitens so intensiv un- gebildeten und wohlwollenden Europä- Bürgerpfl icht«. Identität und Loyalität und Kunstförderer des frühen . Jahr- terbrochen wie der gegenwärtige. Viel- er, wenigstens den Versuch zu machen beruhen auf dem aktiven Eintreten für hunderts brachte es auf den Punkt: »Wir leicht kommt es uns allerdings auch zu verhindern, dass Europa infolge sei- many« alles wider besseres Wissen mit unsere Werte. Dazu gehört auch, dass müssen einstehen, wenn der Staat über- nur deshalb so auff ällig zum Bewusst- ner mangelhaften Gesamtorganisation einem nationalen Etikett zu versehen. engagierte Bürger heute die Lösungen fordert ist.« sein, weil eben so zahlreiche gemein- dasselbe tragische Geschick erleidet Es waren die späten Zuckungen eines vorbereiten, die deren gewählte Vertre- Damit das geschieht, müssen um- schaftliche Bande vorhanden waren, wie einst Griechenland. … Wir wollen Widerstands gegen eine Entwicklung, ter dann umzusetzen haben. Gender- fassende Subsidiarität, Inklusion und deren Unterbrechung wir schmerzlich grundsätzlich betonen, daß wir fest zu der das Suchen nach größeren Räu- Politik, Umweltpolitik und Mauerfall partizipative Demokratie wieder pri- verspüren.« Und weiter: »Die Welt ist davon überzeugt sind, dass die Zeit da men in einer globalisierten Welt schon sind nur drei von vielen Beispielen märe Werte werden. Inklusion betriff t durch die Technik kleiner geworden, die ist, in der Europa als Einheit auftreten seit mehr als  Jahren zentral gehört. dafür, dass »der Staat« in den letzten uns alle, die hier Geborenen und die, Staaten der großen Halbinsel Europa muss, um seinen Boden, seine Bewoh- Allerdings: Der Mittelmeerraum gehört Jahrzehnten das Gestaltungsmono- die in den letzten Jahren zu uns gekom- erscheinen heute einander so nahe ge- ner und seine Kultur zu schützen«, so dazu – seit Jahrtausenden. Die Wiege pol aus guten Gründen wieder verlo- men sind und in den nächsten kommen rückt wie in alter Zeit die Städte jeder Georg Friedrich Nicolai und seine Mit- Europas liegt an der Südostecke des ren hat, das er sich angeeignet hatte. werden. Das entspricht guter alter eu- einzelnen kleineren Mittelmeerhalb- streiter . Mittelmeeres. Die Menschen dort gehö- Heute gehören Partizipation, Inklu- ropäischer Tradition. Es kann nicht insel, und Europa – ja man könnte fast Die Schlussakte des Wiener Kon- ren zu uns. Wenn zu unserer Identität sion und Integration zu den Themen, darum gehen, dass alle so werden wie sagen, die ganze Welt – stellt bereits gresses muss also nicht die Folie sein, gehört, dass wir Altes bewahren wollen, bei denen die Bürger den Staat hinter die Mehrheit. Respektvolle Verschie- durch die mannigfachsten Beziehun- auf der sich Europa dem Wettstreit mit um das Neue zu bewältigen, kommen sich herziehen müssen. Die Freiheiten, denheit ist der Grundsatz, der Europa gen eine in den Bedürfnissen und Er- anderen globalen Großregionen stellt. wir um die Erkenntnis nicht herum. die wir uns in Europa erkämpft haben, lebnissen jedes einzelnen begründete Ob der Vertrag von Lissabon die rich- Und wenn wir, auch als Christen, eine die Freiheit der Religionsausübung Einheit dar.« tige Folie ist, kann bezweifelt werden. säkulare politische Ordnung für ange- (»Golgotha«), die Versammlungs- und  Jahre später wollen immer noch Als ideelles Fundament, als Idee auf messen halten, können wir nicht ande- Vereinigungsfreiheit, die Freiheit, die Es bedarf neuer manche Menschen diese Erkenntnis der Höhe der Ideengeschichte, ist er rerseits Muslime davon ausschließen. Stimme zu erheben und die Freiheit, Formen, Verfahren nicht wahrhaben. Auch in Deutschland wohl doch zu mager, zu technisch, zu Identität und Loyalität bleiben ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und Zusammen- glauben Bürger, eine Rückkehr zum Na- detailverliebt. Ein vereinigtes Europa ebenso wichtige wie fragile Elemente müssen wir als Europäer verteidigen – tionalstaat würde alle Probleme lösen muss nicht die immer engere Union einer tragfähigen Ordnung. Beide sind gegen andere Bestrebungen in Europa schlüsse und die Integration oder Inklusion sein. Vielleicht sind wir da auf dem aber heute schwer erschüttert, beide und gegen Ordnungen außerhalb Euro- der zu uns gekommenen gefl üchteten Holzweg und müssen noch einmal müssen neu aufgerichtet werden. Ein pas, die diese Freiheiten nicht kennen. Menschen würde sich erübrigen, weil von vorn beginnen und vieles anders bayerischer König formulierte im . Nach altehrwürdigem europäischem seit Jahrtausenden geprägt hat. Jeder, man sie, unterstützt von Mauern und machen. Aber Europa bleibt für uns Jahrhundert: »Wir wollen gute Deut- Verständnis (»Akropolis«) tun nicht so hat einmal ein preußischer König bewaff neten Wächtern gar nicht mehr das große Projekt dieses Jahrhunderts. sche werden und Bayern bleiben.« Im wir das, was die Regierung uns zu tun gesagt, möge nach seiner Façon selig hereinlassen würde. Sie reden sich . Jahrhundert müssen Identität und erlaubt, sondern die Regierung tut das, werden. Das gilt für uns und für Bürger und anderen ein, das sei europäische, Loyalität erst recht nicht mehr auf eine was wir ihr zu tun erlauben (»Kapitol«). Europas, die aus welchen Gründen auch Identität »abendländische« Tradition. Kollektivität fi xiert sein. Jeder kann Zu glauben, dies alles könne man immer den Weg zu uns gesucht und oft Der Nationalstaat europäischer Prä- Es gilt, aus der europäischen Kultur- sich seinen eigenen Loyalitätsmix beim Nachdenken über eine gute politi- mit großen Anstrengungen gefunden gung ist jedoch ein Ergebnis der politi- geschichte ein identitäts- und loyali- selber zusammenstellen. Zu fordern sche Ordnung vernachlässigen, ist nicht haben. schen Philosophie des . bis . Jahr- tätsstiftendes Narrativ für Europa zu ist der Respekt vor dem Loyalitätsmix nur naiv, sondern ebenso gefährlich wie hunderts, endgültig politisch umgesetzt entwickeln. Es war wohl Theodor Heuss, der anderen. Loyalität kann auch vor dem Traum anzuhängen, der National- Rupert Graf Strachwitz ist Vorstand der in der Schlussakte des Wiener Kongres- der gesagt hat, Europa sei auf drei Hü- allem zur eigenen Familie bestehen, staat alter Prägung könne auch nur die Maecenata Stiftung München/Berlin ses, die am . Juni  von den euro- geln gebaut: dem Kapitol, der Akropo- zur Religionsgemeinschaft oder einer kleinste der großen Herausforderungen und engagierter Europäer

– Andrea Wenger im Gespräch mit René /Allonge: S. 83 Vorwort und Einleitung Was tun gegen Kunsträuber und -fälscher? / S. 19 – Olaf Zimmermann: Altes Zeug Kulturgutschutz: analog und digital – Gabriele Schulz: Kulturgutschutz: eine – Michael Knoche: Grab der deutschen Klassik. Neues Zeug ? vielfältige Aufgabe / S. 20 War der Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Verantwortung für Kulturgut weltweit vermeidbar? / S. 87 Die Zerstörung, der Raub und Gefahr im Wandel – strukturelle Be- Der Schutz von Kulturgut ist eine vielfältige und facettenreiche Auf- – Olaf Zimmermann: – Joachim Menge: klu  der illegale Handel mit Kulturgut. Besitz von dingungen der Katastrophe. Im Lebenszyklusgefähr eineslicch / S. 90SS. 90 gabe, das wird bei der Lektüre der in diesem Band zusammengestellten Raubkunst muss gesellschaftlich und rechtlich Gebäudes sind Umbauphasen besonders gefährlich Altes Zeug: Köln – Beiträge deutlich. / S. 27 Die Katastrophe von Köln – geächtet werden – Ulrich S. Soénius: osyyny Kulturelles Erbe weltweit Kultureinrichtung stark betroffen. Mnemosyne – oder: – Hermann Parzinger: eess Jetzt bestellen Es geht um die Aus- und die Einfuhr von Kulturgut, also den Handel. in Gefahr. Eine Novellierung des Kulturgüter schutz- welche Lehren folgen aus dem Einsturz des Kölner / S. 30 / S. 92 www.kulturrat- Es geht um den Schutz des archäologischen Kulturerbes, insbesondere gesetzesBeiträge in Deutschland ist nötig zurStadtarchivs taass Kulturgut verpflichtet! Die größere Kulturkatastrophe. shop.de – Monika Grütters: – Michael Knoche: m zzuu im Nahen Osten. Es geht um die Gebäude, in denen Kulturgut aufbe- Die Gesetzesnovelle zum Kulturgutschutz läutet einen Gefragt ist jetzt ein nationales Programm zum / S. 34 / S. 96 wahrt wird sowie generell um den physischen Schutz von Kulturgut so- längst fälligen Paradigmenwechsel ein Originalerhalt Die nächste Digital statt Originalginal istst wie die Chancen, die die Digitalisierung von Kulturgut bietet. Es geht – OlafDiskussion Zimmermann und Gabriele Schulz: zum– Katharina Corsepius: i h Runde wurde eingeläutet. Das »Gesetz zur Neu- nicht die Lösung. Zum Einsturz des Historischen um Begehr lichkeiten von Finanzverantwortlichen, Kulturgut aus öffent- regelung des Kulturgutschutzes« in der Diskussion Archivs der Stadt Köln / S. 99 Unverzichtbar für das lichem Besitz bei knappen Kassen zu verkaufen. Es geht um den verant- der Bundesländer / S. 37 – Robert Kretzschmar: – Robert A. Kugler: Immaterielle Eigenschaften Gedächtnis der Gesellschaft. Das Internet erweitert wortlichen Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, nachhaltigen / S. 102 bewahren. Anforderungen an ein modernes Kultur- den Kreis der Archivnutzer ständig um Pro venienzforschung sowie die Restitution von Kulturgut. Es geht güterschutzgesetz / S. 41 – René Böll: Nur einer von . Verschwundene Nach- / S. 105 um die Forschung zum Kulturgut in den Kleinen Fächern an den Univer- rkuskus H g Wir sind nicht hilflos. Ein -Punkte- lässe in Köln: ein kultukukulturellerltutureller Super-GAU – Markus Hilgert: / S. 44 und sein Filmerbe. Junkersdorf:kersdo DeutschlandDeutschland und sein Filmerbe. sitäten. Und last but not least geht es um den Schutz des Immateriellen ProgProgrammgramm für einen nachhaltigen Kulturgutschutz – Eberhard Eberhard Junkersdorf: S. 108 Kulturgutschutz KultuKulturerbererbe bewbewahrbewahrbewahrenen und er Murnau-Stiftung / – Isa Isabelbel PfeiffPfeiff Pfeiffer-Poensgen:er-Poensgen: Zu GeschichteGeschichte undund Aufgabe dder Murnau-Stiftung Kulturerbes, der seit einigen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. rstiftung der Länder / S. 48 überliefern.überliefern. ZuZurr Arbeit der KultuKulturstiftung der Länder – Ernst Ernst Szebedits: Szebedits: Das »verruchte« Filmerbe. – Günther Günther Wessel: Wessel: Nachschub für einen Zum Umgang mit Filmen und Filmdokumenten gigantischen Markt. Raubgrabungen zerstören aus demdem DrittenDritten Reich / S. 112 t / S. 51 Zeitzeugenn. Zum le Erbe der Menschhei Peter Frentz: BiBilderlderar aalsls Zeitzeugen. Zum ISBN: ----,  Seiten, € , das kulturellekulturel Erbe der Menschheit gen, – Han Hanns-Peterns-ns Frentz: Plünderungen, Ver wüstun analoger Fotografie / S. 114 – Wal Walterter So Sommerfeld:mmerfeld: Plünderungen, Verwüstungen, fachgerechtenfachgerechten Erhalt analoger Fotografie ielschichtige Aussagekraft RaubgrabungenRaubgrabungen Raub-ArchäologieRaub-Archäologie im im Irak Irak bewirkt bewirkt Claudia Schubert:Schuber t: DiDieev vielschichtige Aussagekraft Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  INTERNATIONALES 09

Die Förderung der Künstler als kollektive Arbeit Trinationales Forschungsatelier zu Transformationsprozessen in Tunis

WOLFGANG SCHNEIDER

m Festsaal des Instituts »Supérieur de Musique de Tunis« bröckelt der I Putz. Stuck und Stil sind von ges- tern. In Vitrinen verstauben traditionel- le Instrumente der alten Musikkultur in Tunesien. Mitten drin triff t sich eine junge Generation, die in den Wissen- schaften und Künsten zu Hause ist und darauf drängt, dass sich mehr verändert – in Gesellschaft, in Politik, vor allem in der Kulturpolitik. Im Rahmen eines Forschungsateliers trafen Studierende aus Casablanca, Hildesheim und Tunis eine Woche im November letzten Jahres zusammen, um sich über die Rolle von Kultur und Künstlern in Prozessen der Transformationen auszutauschen. Die arabischen Intellektuellen sind unruhig, sie sind enttäuscht, sie fragen sich, wie es weitergeht mit der Revolu- tion. Denn von Tunesien aus begann der Umbruch, erst verbrannte sich ein Ge- müsehändler, dann gingen die Massen auf die Straße und schließlich vertrie- ben sie den Diktator Ben Ali. Die Folge war ein demokratischer Aufbruch, die Hoff nung auf Freiheit, endlich eine Zu- kunft ohne Folter und Zensur. Doch die hohe Jugendarbeitslosigkeit und eine zunehmende Radikalisierung destabi-  lisieren das Land. Sechs Jahre später ist die sechste Regierung an der Macht und immer noch demonstrieren Schüler für Reformen im Bildungsministerium. Sprechchöre und Pfi ff e rund um den Tagungsort bringen die kulturpoliti- schen Diskussionen auf den Boden der Tatsachen.

Mohamed Ismail von der Stiftung HILDESHEIM UNESCOCHIAR FOTO: Al Mawred Al Thaqafy fordert die Ko- Die Teilnehmer des trinationalen Forschungsateliers in Tunis operation von Kulturministerium und Kulturakteuren und präsentiert die Im trinationalen Kontext werden auch »Die kulturelle Freiheit zu gestalten, ist konsequent die gesteckten Ziele zu ver- heit stärken und deshalb die Förderung Initiativen der Zivilgesellschaft bei der konkrete Beispiele erörtert, es werden aber Aufgabe aller«. Das scheint nicht folgen. Vor allem die Zivilgesellschaft der Künstler eine kollektive Aufgabe Gestaltung der Kulturlandschaft. Mehdi Begriffl ichkeiten diskutiert und Krite- einfach zu sein; denn auch die Kultur überholt dabei die gewählten Vertre- sei, insbesondere gelte es, verfolgte Azlem von der Nichtregierungsorga- rien erarbeitet. Legendär sei ein Modell, der Bürokratie hat ihre Tradition. Und ter der politischen Gremien. Kaum Künstler »in ungeschützten und pre- nisation für Kultur und Entwicklung das ganz bewusst nicht im üblichen ur- kaum wurde aus dem Professor ein Po- eine Woche, in der nicht irgendwo im kären Situationen, in risikoreichen »Racine« konstatiert: »Manche sagen, banen Umfeld entstanden ist, sondern litiker, versammelten sich zahlreiche Land ein Workshop Kulturpolitik und Regionen, inklusive Konfliktzonen, wir machen die Arbeit der Kulturpo- draußen auf dem Land. »De Colline en Kulturaktivisten hinter einer »Petition Kulturmanagement thematisiert und mit einem speziellen internationalen litik!« Und in der Tat versteht sich das Colline« wurde mit Mitteln des GI als gegen den Verlust der Kultur: Für eine praktiziert, kaum eine unabhängige Status, der ihnen eine freie Praxis und Netzwerk als kulturpolitisches Kom- zeitgenössisches, interdisziplinäres Kulturpolitik, die mit der Propagan- Kunsteinrichtung, die nicht Labore und eine freie Berufsausübung ermög- petenzzentrum. Kulturelle Bildung sei Kunstevent konzipiert und fand in den da abschließt«. Sie beklagen die Kluft Freiräume gewährt, um lokale Kultur- licht« zu unterstützen. Somit endete Teil der Demokratieförderung und ge- drei Hügeldörfern Sidi Bou Said, Tak- zwischen Anspruch und Wirklichkeit, entwicklungsplanungen zu betreiben. das Forschungsatelier dann doch noch höre festverankert in das Curriculum rouna und Chenini statt. Die Ateliers erwarten Aussichten für die Kultur und Und kaum war der Kulturminister auf versöhnlich, zumindest hoff nungsvoll, der Grundschule. Olfa Arfaoni berichtet von zwei Dutzend Künstlern wurden in schauen ratlos auf eine längerfristi- seinem Platz beim Festivalabschluss weil Kulturakteure und Kulturwissen- von der Forschungsarbeit des »Obser- den öff entlichen Raum verlegt, die An- ge Zukunft des Landes. Sie fragen, »ob vom »Journées Théatrales«, wurde er schaftler sich auf Perspektiven ihres vatoire Culturel Tunisie«, um kulturel- regungen kamen aus dem traditionellen die Kultur noch immer darauf be- vom umtriebigen Theaterdirektor Las- kulturpolitischen Engagements ver- le Infrastrukturen zu entwickeln und alltäglichen Leben, die Dorfbewohner schränkt ist, der offi ziellen Propaganda saad Jammoussi daran erinnert, dass die ständigten. Künstler in die Lage zu versetzen, ihre waren Partner in Prozess, Produktion zu dienen, während unsere neue Ver-  beschlossene »Carthago Dekla- Sache selbst in die Hand zu nehmen. und Rezeption. Und auch ein anderes fassung das Recht auf Kultur für alle ration zum Schutz der Künstler« noch Wolfgang Schneider ist Direktor des Solcherart Unterstützung gab es in Projekt wird gerne als erfolgreicher Im- gewährt«. immer nur Papier ist und der kulturpo- Instituts für Kulturpolitik der den letzten Jahren auch aus dem Aus- puls gehandelt: Das vom ifa geförderte Wie gesagt, viele sind desillusioniert, litischen Umsetzung harrt. Universität Hildesheim, das Partner land. Die Mittlerorganisationen der »Journal de la Medina« ist eine moder- die tunesische Revolution scheint in Dort heißt es unter anderem, dass die des trinationalen Forschungsateliers Auswärtigen Kulturpolitik der Bun- ne Form von Community Building, für ihren demokratischen Strukturen nicht Künste das Bewusstsein der Mensch- in Tunis war desrepublik Deutschland gaben sich in und mit Menschen, die in der Altstadt Tunesien die Klinke in die Hand. Das von Tunis arbeiten und leben, auch für Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) die, die in den engen Gassen die Ba- war da, der Deutsche Akademische sare besuchen und dort ihre Freizeit Austauschdienst (DAAD) engagiert sich verbringen. Einerseits geht es gegen unter anderem durch die Förderung das Postkartenimage, andererseits um des Forschungsateliers, die Deutsche eine Aufarbeitung des Quartiers, was Das Wichtigste UNESCO-Kommission (DUK) initiierte insbesondere die Sicherheit betriff t. das Förderprogramm »Connexion«, al- Das Journal lässt teilhaben an den Jetzt len voran das Goethe-Institut (GI) mit Geschichten, Erfahrungen und Ideen zur Kulturpolitik einer Kulturmanagement-Akademie. der Menschen in der Medina und kann abonnieren! Die Transformationspartnerschaft des zu einer kulturellen Identitätsbildung Abonnieren Sie jetzt für  Euro im Jahr Auswärtigen Amtes macht es fi nanziell beitragen. Fotografen dokumentieren inkl. Versandkosten! möglich: viel Aus- und Weiterbildung, Atmosphäre und Bewegungen, Kul- Per Telefon:  .   , Fax:  . .    viele Projekte und viel Beratung. Die turjournalisten führen Tagebuch und oder E-Mail: [email protected]. jungen Wissenschaftler sind dankbar geben den Personen vielfältige Profi le, dafür und doch haben sie Zweifel. Was eine politische Stimme und gesell- #'#!#!&   " #"# folgt danach? Wie wird es nachhaltig? schaftliches Gewicht. , € März/ Wo ist die konzertierte Aktion? Anis Ben Was fehlt, sagen die Nachwuchs- April 2  Amar, Doktor der Philosophie, geht noch wissenschaftler, sei der große kultur- www.politikundkultur.net Zeitung des Deutschen Kulturrates  #" !  ! #! "  %' einen Schritt weiter: Ist das der Beginn politische Wurf. Sie hören die Worte .3$-9( +%C1#($ 4*4-%3   " !   " 4,!.+#3 -3(14,/  #!#! (--$4$2.#$++94123$4$1+(     $(-"'439,$'1%C1$1+$&$1 ($ -3'1./.9A-#$$* -- +2 "'$-4+341%B1#$14-&#$1#$43 22"'+$("'$-#$(%3 ($ einer weiteren Fremdherrschaft, gar eine wohl – auch die ihres neuen Kulturmi-   41 &$#$1$1+$&$1!$3$(+(  $&$-6$'194,4/1$, 3(2,42 2"'$- ,$2 1 -"'$ % 5$1$-&35$1#1$'34-# &4-&- "'#$,$"'3231$(3. .- +#14,/2%4-*3(.-($1$- 23$++32("'5.1 Seite  ! %(  (-2314,$-3 +(2($13#($4+341%C1 &$+&$&$-.13 Seite    ! ('1$ '+*A,/%$KJID Seite  kulturelle Neokolonialisierung? Geht es nisters. Der war noch bis vor Kurzem ihr Seite  #$  um die Implementierung des französi- Hochschullehrer und redet zu Beginn Zuversicht $1* -- .- +#14,/(-$(-$ schen Modells der Médiation Culturelle, des Forschungsateliers von der Trias #$,.*1 3(2"'$/4196(-&$- ($ $/4!+(* -$16.'+* 4,2($' !$- %C1# 2 ,3#$2 94&$+ 22$-# 22$1  um die Zugänge einer Creative Economy der Demokratie, nämlich Freiheit, Kre- ,$1(* -(2"'$-1A2(#$-3$-* -#( #($1$-*.--3$.!6.'+2($64223$-*1  # 22$14-&$$(&-$3(23 ($ $,. 3$-.'+$1236$--#$1A'+$1#($ im britischen Kulturverständnis oder ativität und Bildung. »Der Staat muss //.2(3(.-!$(#$--A"'23$- '+$- #$43+("'23A1*3 ($$#($-.'+ * 4,2($$1+$!$--("'3-41(-#$- um die Institutionalisierung von Kunst- mittels Kulturpolitik Kunst ermögli-  4-#-("'3-416$&$-#$1-$4$- $#($-$(-$- -2$'$-25$1+423#$1 #($5($13$$6 +3%B1,+("'9$11(-  -$-+A223 ($4#(* 3(5$ '.G$-3 betrieben à la Allemagne? chen«, sagt Mohamed Zine el Abidine. +("'2($2"'$(-3#($+$393$ 23(.- # * 3(2"'$- 3 32&$!(+#$2 10 INTERNATIONALES www.politikundkultur.net

Ein Geschenk Gottes? Der Gründungsmythos von »Yeni Türkiye«

REINHARD BAUMGARTEN Am . August  wurde Recep Tayy- ip Erdoğan zum Präsidenten gewählt. eit Jahrzehnten schmückt das Erstmals in der Geschichte der Republik Konterfei Mustafa Kemals eine Türkei wurde der Präsident aufgrund S Seite der türkischen Lira-Münzen. einer von Erdoğans AKP  initi- Der  im heute griechischen Thessa- ierten Verfassungsänderung mit , loniki geborene Mustafa Kemal ist der Prozent der abgegebenen Stimmen Gründer der  ins Leben gerufenen direkt vom Volk gewählt. Erdoğan Republik Türkei. Per Gesetz Nr.  erhielt .. Stimmen. Mit der vom . November  hat ihm die Wahl Erdoğans tauchte in den Erdoğan Große Nationalversamm- freundlichen Medien, in lung in Ankara den Ehren- des Präsidenten Reden, namen Atatürk verliehen auf Plakaten und in An- – Vater der Türken. Atatürk zeigen das Schlagwort muss den Platz auf der »Yeni Türkiye« auf – die Lira-Münze seit Kurzem Neue Türkei. Es sollte mit einem neuen Symbol eine neue Ära in der Ge- teilen: vier Hände, die schichte der Republik eine Fahnenstange mit Türkei bezeichnen. Der der türkischen Flagge Begriff vermochte aber umfassen, und drei Hände, die danach beim »Volk« nicht wirklich zu verfangen. greifen. Die Prägung am Rand erinnert Er wurde in die Welt gesetzt, hatte aber an die »Märtyrer und Veteranen des . keine fundierte Begründung. Juli «. In der Nacht vom . auf den Die Putschnacht vom . Juli liefert . Juli vergangenen Jahres sah sich den Machthabern die erwünschte Be- die Türkei mit einem Umsturzversuch gründung. Das Volk habe sich hinter konfrontiert. Der Putsch scheiterte aus den vom Volk gewählten Präsidenten unterschiedlichen Gründen: zeitlich gestellt. Der Präsident bezeichnete den zu frühes Losschlagen aufgrund inter- Umsturzversuch noch in der Putsch- ner Lecks; nur kleine Teile der Armee nacht als ein »Geschenk Gottes«. In waren beteiligt; Widerstand der tür- der gleichen Nacht kündigte er auch kischen Bevölkerung. Besonders der an, wie er mit diesem »Geschenk Widerstand mutiger Bürger, die in An- Gottes« umzugehen gedenke, indem kara und Istanbul zu Tausenden auf die er von »Säuberung« sprach. Seitdem Straße gingen, wird von der türkischen sind fast . Menschen aus dem Führung als Grund für das Scheitern Staatsdienst entlassen oder suspen-

des Umsturzversuchs genannt. Präsi- diert worden; mehr als . Men- ABACA / ALLIANCE PICTURE FOTO: dent Erdoğan hatte via FaceTime dazu schen wurden festgenommen; knapp Flaggenmeer während der Rede des türkischen Präsidenten Erdoğan beim Aufmarsch in Istanbul gegen den gescheiterten aufgerufen, sich den Putschisten in den die Hälfte aller Generäle und Admiräle Putschversuch wurden entlassen oder festgenommen; Tausende Richter, Staatsanwälte und werden, wie intensiv die AKP-Regie- läuft Gefahr, belangt zu werden. Eine Schrein des Gründungsmythos »Yeni Zu einem Gründungs- Polizisten mussten gehen; mehr als  rung vor ihrer Wahlniederlage vom . parteiübergreifende parlamentarische Türkiye« und zur Pilgerstätte geworden. Journalisten wurden inhaftiert; zahl- Juni  mit der verfemten PKK über Kommission, die Licht ins Dunkel der Präsident Erdoğan spielt die Rolle des mythos gehört meist reiche Politiker der oppositionellen Frieden gesprochen hat. Der Journa- Putschnacht bringen sollte, wurde per starken Recken, der das Volk vor Un- der Kampf gegen über- pro-kurdischen Partei HDP sitzen im list Ahmet Şık hat ein dickes Buch über Dekret Präsident Erdoğans kurz vor bilden und Gefahren rettet. Die türki- mächtige Kräfte, die Gefängnis. Das alles geschieht unter die mutmaßliche Unterwanderung des Weihnachten aufgelöst. Mythen und sche Opposition bewertet sein Handeln der Angabe, gegen Terroristen vorge- türkischen Staates durch Anhänger des Legenden wachsen im Schatten, im als Putsch nach dem Putschversuch. niedergerungen hen zu müssen. Predigers Fethullah Gülen geschrieben. Halbdunkel, in der Annahme, im Un- Bundestagspräsident werden müssen Zu einem Gründungsmythos gehört Es erschien vor dem Zerwürfnis zwi- gewissen, im Vagen. Sie werden genährt sprach am . Februar in München von meist der Kampf gegen übermächti- schen Gülen und der AKP. Ahmet Şık durch Angst vor dem Unbekannten einem Putsch gegen die Verfassung. ge Kräfte, die durch entschlossenes wurde ins Gefängnis gesteckt. Dann und der Sehnsucht nach Klarheit. Der Am . April wird das Volk darüber ab- Weg zu stellen. Das Volk, so heißt es Handeln niedergerungen werden. Der kam er frei. Die Gülen-Bewegung wur- Umsturzversuch und die Bedrohung stimmen, ob es an der bisherigen par- seitdem, habe die Demokratie geret- Putschversuch und mehr noch der de inzwischen für den Putschversuch des Staates sollen vom kommenden lamentarischen Demokratie festhalten, tet. Das Volk und der Wille des Volkes vorgegebene Kampf gegen den Terro- verantwortlich gemacht und gilt seit- Schuljahr an in den Lehrplan an türki- oder ob es eine Recep Tayyip Erdoğan spielen seit jener Putschnacht in der rismus liefern die notwendige Bedro- dem als Staatsfeind. Ahmet Şık sitzt schen Schulen aufgenommen werden. auf den Leib geschneiderte Präsidial- politischen Debatte der Türkei eine hung. Es bleibt dabei unerwähnt, wie mittlerweile wieder im Gefängnis. Die Schäden am in der Putschnacht herrschaft haben will. herausragende Rolle. Der Mut jener eng Erdoğans AKP über viele Jahre mit Denn in seinem Buch geht es auch um durch Bomben getroff enen Parlament Bürger, die den Panzern den Weg ver- der heute als Erzfeind gebrandmarkten die engen Verbindungen zwischen wurden nicht beseitigt, sondern kon- Reinhard Baumgarten ist sperrten, wird zum Gründungsmythos Gülen-Bewegung verbandelt war. Es AKP und Gülen. Wer am Gründungs- serviert. Die von Putschisten geschän- ARD-Korrespondent für die Türkei, verklärt. wird auch nicht darauf hingewiesen mythos von »Yeni Türkiye« kratzt, der dete Volksvertretung in Ankara ist zum Griechenland und den Iran

der Ankündigung von Trump erken- Man befürchtete den Ausfall von  amt hat jüngst kundgetan, dass auch Norwegen. Ein Stromauto wird uns nen, die staatlichen Gelder für die Millionen Euro. In vorauseilendem im Jahr  unsere Luft stark mit heuer zwar noch teuer verkauft. Aber Kulturförderung zu streichen. Der Gehorsam hat die Stadt dann gleich Stickoxiden belastet war. Die Städte es hat deutlich weniger Komponenten. Erfolgsautor Paul Auster meinte, dies eine Haushaltssperre verkündet.  im Süden ächzen unter Feinstaub. In Man braucht keinen Auspuff und kein sei kein Wunder bei einem Mann, der Prozent weniger für alles. Überall. In Nürnberg, München und Würzburg Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe. einst gesagt habe, dass er den Geruch der Kultur hat das dazu geführt, dass wurden die Grenzwerte allein im Der Auspuff hersteller und die Zahn- von Büchern hasse. Herr Schäuble gerade die Gelder für die freie Kultur- Januar an zehn Tagen überschritten. radfabrik können die Mitarbeiter nach sollte es allein schon deshalb unter- arbeit gestrichen wurden. Und es gab Erlaubt ist die Überschreitung an  Hause schicken, wenn ihnen kein neu- Die Lufthoheit über lassen, den langjährigen Buchhändler eine zweimalige Erhöhung der Kita- Tagen im Jahr. In Stuttgart gab es in es Geschäftsmodell einfällt. Wovon die Kultur Martin Schulz mit dem ausgewiese- Gebühren um insgesamt  Prozent der Zeit ganze  Tage Feinstaubalarm. aber sollen die Entlassenen die Kita- nen Bücherfeind Trump zu verglei- sowie einen Aufschlag von  Prozent Dort herrscht ein grüner Bürgermeis- Gebühren zahlen? Wir sind mit unse- Vielen bleibt die Luft und die Spucke chen. Dem EU-Apparatschik Schulz für das Essen dort. Später stellte sich ter. Im Land ein grüner Ministerpräsi- rem Staat und seinem Steuermodell weg: In den USA hat Donald Trump kann man vieles vorwerfen. Aber so heraus, dass trotz Dieselskandal bei dent. Der Bundesverkehrsminister ist gnadenlos von der Autoindustrie ab- nicht nur Wahlkampfrhetorik betrie- kulturlos ist dieser Politiker nicht. Audi doch noch sehr fl ott produziert von der Union, die Umweltministerin hängig. Und zwar wesentlich mehr als ben. Sondern er agiert tatsächlich Da schauen wir also aus Europa von und verkauft wurde. Aber die Spar- von der SPD. Was passiert? Kein Fahr- die Kultur in den USA von der staat- genauso unmöglich auch als Präsi- unserer gut gepfl egten Kulturland- maßnahmen blieben. verbot, keine Angebote, den öff ent- lichen Förderung. Um was geht es bei dent. Unglaublich, dass dieser Mann schaft mitleidig lächelnd auf die Ver- Was ist das für eine politische Kultur? lichen Nahverkehr in den Städten zu der Streichung der Kulturförderung überhaupt Präsident geworden ist. einigten Staaten von Amerika. Aber Die Aufklärung des Dieselskandals verbessern oder zu verbilligen. Kein in den USA? Die beiden wichtigsten Bei der Amtseinführung gab es  Sa- haben wir Grund dazu? Wie frei ist hat sich lange genug hingezogen. Da Druck auf die Verursacher. Stattdessen Kulturförderprogramme, »National lutschüsse – und keiner hat getroff en! unsere Kultur? Wie unabhängig von sind Autos, die unter Vorspiegelung in Ingolstadt die Kita-Gebühren rauf. Endowment for the Humanities« und Einige seiner Mitstreiter sind bereits Wirtschaft und pekuniären Interessen falscher Fakten verkauft wurden. Sie Politiker aller Parteien hängen am »National Endowment for the Arts« angeeckt oder zurückgetreten. Aber geht es bei uns zu? erfüllen die Abgasnormen nicht. Dem Tropf der Industrie. Sie brauchen die erhalten je eine Summe von etwa  Trump ist geblieben. Es mag ein un- Nehmen wir das Beispiel Ingolstadt. Staat entstehen Steuerausfälle. Aber Gewerbesteuer, die Lohnsteuer, die Millionen Dollar im Jahr. Lächerlich. angenehmes Gefühl sein, wenn dieser Hier gilt die Weisheit: Wenn Audi der Staat agiert nicht. Die Fahrzeuge Mineralölsteuer. Ist die Gesundheit Dafür bekommen Sie in Deutschland mehrfach gescheiterte Immobilien- hustet, bekommt Ingolstadt einen haben nur durch Betrug eine Zulas- der Menschen weniger wichtig? Laut nicht mal eine Elbphilharmonie. Vom entwickler jetzt über Abrissbirnen in Schnupfen. Und so ist es auch. Im sung erhalten. Sie müssten stillgelegt Umweltbundesamt haben wir jährlich staatlichen Haushalt in den USA sind Form von . Atomsprengköpfen Zuge des weithin noch unaufgeklär- werden. Aber es geschieht nichts . vorzeitige Todesfälle durch es etwa , Prozent. Regen wir uns verfügt. Aber das ist nicht postfak- ten Dieselskandals hatte Audi der dergleichen. Es wird stattdessen ewig Feinstaub. Das ist auch eine Entlas- also kräftig auf über Trump – solange tisch, das ist Fakt. Stadt Ingolstadt für das letzte Jahr ermittelt. tung der Rentenkassen. wir noch die Luft dazu haben. Welche geistige Haltung dahinter- mitgeteilt, dass die Gewerbesteuer- Doch der Dreck dieser Autos ist ja Elektromobilität wird bei uns viel steht, mag man vielleicht schon an einnahmen drastisch sinken würden. nicht harmlos. Das Umweltbundes- zögerlicher eingeführt als z. B. in Arnulf Rating ist Kabarettist Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  INTERNATIONALES 11

Humboldt, der Anti-Trump Die Anthropozän-Idee und autoritäre Herrschaft zu begründen. umfasst, ist es plötzlich zum Akt des Zeit, in der die USA den Suprematismus Natur- und Geisteswissenschaft, von als Hilfe in hysterischen Die Leugnung des Klimawandels und Aufbegehrens gegen die Trumpsche nicht nur wie bisher einfach praktizie- Umweltwissenschaft und Kulturinsti- die geplanten Einschnitte bei der För- Gegenaufklärung geworden, laut und ren, sondern zur Staatsdoktrin erklären, tutionen sich aufeinander einlassen Zeiten derung der Geisteswissenschaften in deutlich vom Klimawandel und von den ist der globalistische Geist der Anthro- und gemeinsam das Neuland der an- den USA sind nur Schlaglichter einer vielen anderen vom Menschen verant- pozän-Idee ein Mittel der Gegenwehr. thropozänen Welt erkunden. Wenn es CHRISTIAN SCHWÄGERL tiefsitzenden Feindseligkeit gegenüber worteten Veränderungen zu sprechen Ein dritter Grund, warum die Anth- den Kulturinstitutionen Europas und rationalen Ordnungsversuchungen, wie – ein erster wichtiger Grund, das Thema ropozän-Idee so aktuell ist wie nie zu- Amerikas nicht gelingt, eine desinteres- ber die Welt des Jahres  die geologische Zeitrechnung sie dar- noch zu intensivieren. vor, liegt in der schieren Wucht der ak- sierte, empathiefreie Gegenaufklärung oder  nachzudenken, stellt. Wenn Trump von seinem Wahl- Ein zweiter Grund ist die räumliche tuellen Ereignisse. Dass Wissenschaft- zu verhindern, die jedes Vertrauen in wie es in den vergangenen volk erwartet, dass es beim Blick auf die Dimension des Anthropozäns. Nicht ler überhaupt durchrechnen, welche die Wissenschaft wegätzt, aber sich Ü Jahren in der Anthropozän- Inaugurationsmenge seinen eigenen etwa die wirtschaftliche Globalisie- Hinterlassenschaften im Jahr  oder bei Überwachung und Repression der Debatte geschah – ist das jetzt, nach Augen nicht traut, dann ist ein Gene- rung hat Trump zum zentralen Feind  von uns übrig sein werden, ist neuesten technologischen Finessen dem Amtsantritt von Donald Trump ralangriff auf das wissenschaftliche erkoren, sondern den »Globalismus«. eben nicht abstrakt. In Wahrheit ist die bedient, dann brechen fi nstere Zeiten als Präsident der Vereinigten Staaten, Prinzip der logische nächste Schritt: Damit meinte er jedwedes Denken, das Modellierung eine Gegenwartsdiagnose, an. Wenn es dagegen gelingt, zu einer überhaupt noch relevant? Haben wir Trump und andere Rechtspopulisten die Erde als Ganzes betrachtet, das die in die Machtzentren ebenso führt Kultur beizutragen, die sich schrittwei- nicht gerade ganz andere Probleme zielen darauf ab, das Vertrauen nicht die universelle Verbundenheit allen wie in unsere Wohnungen: Die Lang- se erneuert und lernt, trotz widriger als die Frage, ob man in ferner Zukunft nur in die Medien, sondern auch in die menschlichen, tierischen und pfl anz- Umstände globalistisch und ökologisch noch geologische Spuren unseres heu- Wissenschaft zu untergraben. Nach der lichen Lebens thematisiert und jedem zu denken und handeln, bestehen noch tigen Lebens fi nden wird, ob Plastik- »Lügenpresse« wird von der »Lügenwis- Menschen gleiche Rechte zuspricht, Die Gegenwart lässt Chancen auf ein »besseres Anthropo- müll oder Elektroschrott bis dahin zu senschaft« die Rede sein. unabhängig von seiner Nationalität. kaum Raum, über zän« (David Biello). Darauf zu fokussie- neuen Sedimenten und Fossilien ge- Die Wissenschaftler des Geologi- »Es gibt keine Welthymne. Keine Welt- ren kann dabei helfen, in diesen wirren, worden sind? Die großen, geologischen schen Dienstes der USA, der Nationalen währung. Kein Zertifi kat für Weltbür- die tiefe Zukunft hektischen, ja hysterischen Zeiten den Zeitskalen, mit denen Wissenschaftler, Ozean- und Atmosphärenbehörde, der gerschaft. Wir schwören auf nur eine nachzudenken Überblick zu bewahren, einen Kompass Künstler und Kulturinstitutionen in Umweltbehörde EPA und der Raum- Flagge und das ist die amerikanische zu haben. Denn »Anthropozän« zu den- den vergangenen Jahren bei zahlrei- fahrtbehörde NASA bereiten sich be- Flagge«, hatte Trump schon vor seiner ken heißt auch, einen langen Atem zu chen Aktivitäten rund um das Anthro- reits auf das Schlimmste vor. Es sind Amtseinführung gesagt. Bei seiner An- fristigkeit unserer Taten spiegelt ihre entwickeln. pozän hantiert haben, können einem just jene Organisationen, von deren trittsrede brachte er es auf eine kurze, gigantische Größe und Geschwindigkeit Dieser Fokus kann nützlich sein, die jetzt vollends abstrakt und lebensfern Messsystemen und Forschungspro- historisch übel vorbelastete Formel: wider. Indem Trump wieder voll auf fos- deutsche Kulturlandschaft in unserer erscheinen. grammen ein erheblicher Teil der Daten »America First«. Sekundiert wurde er sile Brennstoff e setzt, neue Ölpipelines in nur wenigen Monaten radikal ver- Es sind seit dem . Januar  nicht kommen, mit deren Hilfe das Anthropo- von der britischen Premierministerin ermöglicht und die Erdölexploration änderten Welt zu positionieren: Na- langfristige, sondern sehr kurzfristige zän überhaupt erst diagnostiziert wer- Theresa May, die ebenfalls gegen den in der Arktis vorantreibt, lässt er die tur- und Umweltmuseen werden mit Fragen und Probleme, von denen nicht den konnte. Inzwischen gilt es schon Globalismus giftete, als sie sagte: »Wer Wucht menschlicher Wirkungen auf ihrer globalen, sensiblen und welt- nur unser Leben, sondern auch unser als Sensation, wenn ein entlegener glaubt, ein Bürger der Welt zu sein, ist die Erde noch wachsen. Gelingt es dem zugewandten Ausrichtung plötzlich Überleben abhängt – etwa, ob die USA Nationalpark sich dem Schweigegebot ein Bürger von Nirgendwo.« US-Präsidenten, die internationale Kli- zu Gegenentwürfen des Trumpismus. die Ankündigung ihres neuen Außen- Trumps widersetzt und Kohlendioxid- Der attackierte Globalismus ist das mapolitik zu sabotieren, könnte dies Deutschland bekommt wider Willen ministers wahrmachen und sich der Werte tweetet, die prompt kurz darauf Denken, das der Anthropozän-Idee in- nicht nur weltpolitische, sondern erd- die Chance, in Wissenschaft und Kul- chinesischen Marine in den Weg stel- wieder verschwinden. newohnt, das Denken von Aufklärern geschichtliche Weiterungen haben. Das tur jene brillanten Geister aus den USA len werden. Etwa, ob sich mit Putin und In diesem Kontext erscheint die und Menschenrechtlern seit dem . Anthropozän-Konzept öff net unsere und Großbritannien anzuziehen, de- Trump zwei Egomanen gegen die euro- Anthropozän-Idee plötzlich wie eine Jahrhundert. Aus gutem Grund hat An- Augen dafür, dass diese Wirkungen sich nen die geistige Enge dort nicht mehr päische Demokratie verbünden. Es geht Ozonschicht der Rationalität, die un- drea Wulf, Autorin des aktuellen Best- nicht nur über die demokratische Zeit- erträglich erscheint. Schließlich steht um die akute Sorge, dass mit Trumps sere Zivilisation vor der gefährlichen sellers über Alexander von Humboldt, skala von vier oder acht Jahren erstre- auch Deutschlands größtes Museums- Politik der »alternativen Fakten« jede Strahlung der Demagogie abschirmt. im Interview mit Riff Reporter Humboldt cken, sondern bereits jetzt schon auf projekt in neuem Licht da: Es sollte in Rationalität aus dem politischen Dis- Auf einer ganz grundsätzlichen Ebe- als Vordenker der Anthropozän-Idee der geologischen Zeitskala stattfi nden. dunklen Zeiten viel heller strahlen als kurs vertrieben wird. ne gehört es zur Stärke des Konzepts, und zugleich als den »Anti-Trump« cha- Das widerlegt die Annahme, man könn- es die bisherige Konzeption vorsieht. Die Themen, die in Deutschland dass sie unser kollektives Dasein und rakterisiert. Man könnte auch sagen: te die Zeit bis  einfach aussitzen. Noch besteht die Chance, das Schloss- Gegenstand etwa des Anthropozän- die tiefe Zukunft in einen empirischen, Der Globalist Humboldt, der im Kosmos »Die Probleme und die Herausforderun- projekt als Forschungs- und Entwick- Projekts vom Haus der Kulturen der evidenzbasierten Kontext rückt. Sie ist vom »Weltorganismus« schrieb, ist das gen stehen förmlich vor unserer Haus- lungszentrum für das Anthropozän zu Welt, der Max-Planck-Gesellschaft, dem das Gegenteil der Zeitrechnung, mit der Gegengift zu Trump. Plötzlich bekommt türe«, sagt William Reilly, der frühere entwickeln, an dem unter einem Dach Deutschen Museum und dem Institu- Donald Trump die Welt sieht: Während das Wort »anthropos« im Wort Anthro- Chef der US-Umweltbehörde. Museum, Forschungsinstitute, Werk- te for Advanced Sustainability Studies der mächtigste Politiker der Welt als pozän eine neue Bedeutung: Es geht Die Anthropozän-Debatte der ver- stätten und Diskursforen dem dump- (IASS) Potsdam gewesen sind, wirken off enkundiger Narzisst psychologisch nicht darum, die Schuld für Umwelt- gangenen Jahre hat sehr deutlich ge- fen Hegemonieanspruch der aktuellen trotz ihres Katastrophencharakters im Jahr  seiner Amtszeit lebt, gibt uns probleme »dem« Menschen als solchem macht, dass die Fusion von Natur und Gegenaufklärung etwas Positives und inzwischen wie aus einer idyllischen die Anthropozän-Idee einen viel grö- aufzuladen statt spezifi schen Tätern. menschlicher Kultur zu den größten Konstruktives entgegensetzen. Zeit: Damals gab es noch Raum, über ßeren zeitlichen Zusammenhang, in Es drückt vielmehr aus, dass alle Men- Umbrüchen unserer Zeit zählt. Die al- die tiefe Zukunft nachzudenken. Jetzt den das kollektive Wirken der gesam- schen gleich und gleichrangig über die ten Dichotomien und Dualismen sind Christian Schwägerl ist Journalist unter gibt es nur noch Gegenwart. Wir warten ten Menschheit eingeht: die Skala der Erde der Zukunft mitbestimmen sollten porös oder sogar brüchig geworden. Es anderem für FAZ und GEO, Buchautor angstvoll auf den nächsten Tweet des Erdgeschichte. Weil die Anthropozän- – und nicht ein Land den anderen qua zeigt sich, dass es beim Verständnis der und Mitgründer von »Riff Reporter«, Mannes mit dem zweitgrößten Atom- Idee die ganze Erde in ihrer Zeitlichkeit Lebensstil die Zukunft diktiert. In einer neuen Welt hilft, wenn die Sphären von einer Kooperative freier Journalisten waff enarsenal der Welt. Sollte man den Anthropozän-Dis- kurs also vielleicht besser bis zum Jahr  hinten anstellen, bis klar ist, dass Trump nicht mit einem nächtlichen Tweet den Dritten Weltkrieg ausge- löst hat, bis ein Nachfolger gewählt ist, vor dessen Stimmungswandeln die Welt nicht täglich Angst haben muss? Sollten die Wissenschaftler der »An- thropocene Working Group« ihre For- schungsarbeit zum geologischen Erbe der Menschheit auf Eis legen, Kultur- institutionen sich vom Thema Anthro- pozän verabschieden und sich auf die kurzfristigen Fragen konzentrieren? Das wäre ein großer Fehler. Gerade wegen Trump und seiner Ideologie ist das Anthropozän in wissenschaftlicher und vor allem kultureller Hinsicht noch relevanter als zuvor. Dabei geht es nun nicht mehr um Finessen der Geologie oder des Natur-Kultur-Verhältnisses, sondern um Grundsätzliches – viel- leicht sogar um das Ganze. War es bis vor Kurzem selbstverständlich, darüber zu diskutieren, dass und wie Geowis- senschaftler die Erdgeschichte in Ka- pitel und Unterkapitel einteilen, so ist es das heute nicht mehr. Wissenschaft- lichkeit an sich steht zur Disposition. Die gesamte rechtspopulistische Bewe- gung tritt als gegenaufklärerische Kraft auf, die das Vertrauen in die Ordnungs- prinzipien und Denkkategorien empi-

rischer Forschung zersetzen will – um FOTOLIA.COM / STEFANBI FOTO: letztlich jeder gemeinsamen Basis frei- Sollten die Wissenschaftler der »Anthropocene Working Group« ihre Forschungsarbeit zum geologischen Erbe der Menschheit auf Eis legen, Kulturinstitutionen en Diskurses den Boden zu entziehen sich vom Thema Anthropozän verabschieden und sich auf die kurzfristigen Fragen konzentrieren? 12 NETZKULTUR www.politikundkultur.net

Konkret und modern Ein Modell zur steuerlichen Kulturförderung

FELIX FALK rious Games vermitteln Unternehmen sowie Vertretern der deutschen Games- ihren Mitarbeitern motivierend und Branche ein solch detailliertes Modell ls BIU – Bundesverband unterhaltsam Informationen, um an zur steuerlichen Förderung der Games- Interaktive Unterhaltungs- die Lösung realer Probleme heranzu- Produktion in Deutschland erarbeitet. software, der Verband der gehen. Und mit Blick auf die steigende Dieser Vorschlag wurde sowohl von A deutschen Games-Branche, Relevanz von Industrie . kann das der Branche als auch der Politik sehr haben wir Ende November vergangenen Potenzial von Games-Technologien wie positiv aufgenommen. Er ist einfach, Jahres ein steuerliches Fördermodell Virtual Reality und Augmented Reality transparent und planbar und ließe für Games- und andere Medien-Pro- nicht hoch genug eingeschätzt werden. sich auch auf andere audiovisuelle duktionen aus Deutschland vorgelegt. All diese kulturellen und wirtschaft- Medien anwenden. Eine solche steu- Wir sind der festen Überzeugung, dass lichen Verankerungen von Games und erliche Förderung sehen wir als eine die Umsetzung eines solchen Förder- ihren Technologien verdeutlichen den tragende Säule für die Unterstützung konzepts ein entscheidender Faktor Status und das Potenzial von digitalen der Games-Branche, ergänzt durch wei- ist, wenn wir in Deutschland als Ent- Spielen in unserer Gesellschaft. Es geht tere Fördermodule wie Start-up- und wicklungsstandort für digitale Spiele um die weltweit am dynamischsten Networking-Initiativen, den Deutschen und damit als Innovationsland mit wachsende Medienbranche. Deutsch- Computerspielpreis und die bestehen- anderen Ländern auf der Welt Schritt land zählt dabei zu den weltweit größ- den Förderinstrumente der Länder. halten wollen. ten Absatzmärkten digitaler Spiele. Teil des Modells ist ein nach dem EU- Computer- und Videospiele haben Dennoch werden von  Euro nur , Recht erforderlicher Kulturtest nach sich heute fest als Leitmedium der digi- Euro für Spiele ausgegeben, die auch in dem Vorbild Großbritanniens bei der talen Gesellschaft etabliert. Gemeinsam Deutschland entwickelt wurden. Und dortigen Games-Förderung. Die Briten mit Film, Buch oder Musik sind sie als die Zahl nimmt weiter ab. Unter den haben gezeigt, wie mittels eines Punk- Kulturgut integraler Bestandteil des erfolgreichsten  Spielen für PC und tekatalogs planbar und transparent die aktuellen Medienkanons und eine der Konsole fi ndet sich in den Jahres-Charts Förderwürdigkeit festgestellt werden spannendsten kulturellen Ausdrucks-  kein einziges aus Deutschland. Auf kann und dabei zugleich die Besonder-

formen des digitalen Zeitalters. Hier- dem Smartphone war es mit »Empire: FOTOLIA.COM / MICROONE FOTO: heiten des Mediums Games Berücksich- zulande spielt jeder Zweite Computer- Four Kingdoms« von Goodgame Studios Ein Blick zurück: Ein -Bit-Pixel Videospiel tigung fi nden. So werden hochwertige und Videospiele. Ihre Erzählungen und ein einziges. Dies veranschaulicht, in Spiele-Entwicklungen gefördert, ohne Charaktere prägen ganze Generationen welch schwieriger Lage sich die hiesige des Konsums im Vordergrund, nicht je- Standort Deutschland dadurch ent- das Medium in ein politisch motiviertes und beeinfl ussen unsere Ästhetik sowie Games-Branche befi ndet. Deutschland doch die Förderung kreativer Vielfalt scheidend an Einfl uss und Bedeutung. Korsett zu zwängen. gesellschaftlichen Diskurse. Museen droht im internationalen Vergleich den und neuer, hochwertiger Spiele. Der große Absatzmarkt für Spiele steht Im Falle eines positiven Kulturtests auf der ganzen Welt setzen sich zuneh- Anschluss zu verlieren. Damit ginge Dies hat dazu geführt, dass es bisher einem immer kleiner werdenden Pro- erhält der Entwickler ein Zertifi kat, das mend mit digitalen Erzählformen und nicht nur der Verlust an kultureller keine strategisch angelegte Förderung duktionsstandort gegenüber. Zahlrei- zur Inanspruchnahme eines sogenann- Entwicklungen auseinander. So kura- Vielfalt, identitätsstiftenden Inhalten von Games-Entwicklungen auf Bun- che Titel prägen weltweit die Spiele- ten Kulturförderungsbonus berechtigt. tieren sowohl das Museum of Modern und Innovationskraft einher, sondern desebene gibt, welche die Entwicklung kultur, doch nur sehr selten kommen Durch diesen werden  Prozent der an- Art (MoMA) in New York als auch das auch der Verlust tausender Jobs von von digitalen Spielen in Deutschland sie aus Deutschland. Auch die Zahl rechenbaren Kosten von der jährlichen Deutsche Filmmuseum in Frankfurt am Kreativen. unterstützt und eine langfristige Vi- der Arbeitsplätze, bei denen es sich Steuerschuld abgezogen. Anrechenba- Main Games-Ausstellungen. Mit seinem Eine Hauptursache für den schlei- sion für das Medium und den Standort im Vergleich der Kultur- und Kreativ- re Kosten sollen dabei all jene Kosten Beschluss zur Einrichtung der größten chenden Bedeutungsverlust Deutsch- verfolgt. So verfügen deutsche Entwick- wirtschaft überdurchschnittlich häufi g sein, die typischerweise bei der Spiele- internationalen Computerspielesamm- lands als Entwicklungsstandort für lerstudios nicht über die hinreichenden um voll sozialversicherungspfl ichtige Entwicklung anfallen, etwa Personal, lung Ende  hat der Deutsche Bun- Games ist die schlechte finanzielle fi nanziellen Ressourcen, um mit den Beschäftigungsverhältnisse handelt, bewegliche Anlagen, Drittkosten, Li- destag zudem ein wichtiges Signal für Ausstattung der Studios, besonders im internationalen Entwicklungen Schritt wuchs zuletzt nur gering, während der zenz- und Softwarekosten, Testing und die Bewahrung von digitalen Spielen Vergleich zu ihren umfangreich geför- halten zu können. Der – im internati- Markt für Computer- und Videospiele Gemeinkosten. Falls aufgrund fehlender gegeben. Computer- und Videospiele derten internationalen Wettbewerbern. onalen Vergleich relativ kleine – deut- zweistellig wächst. Deutschland ist da- Gewinne keine Steuerschuld vorliegt sind damit ein fester Bestandteil un- Während in zahlreichen Staaten wie sche Heimatmarkt reicht angesichts mit eines der wenigen Länder, in dem oder der Kulturförderungsbonus die serer Medienrealität sowie kulturellen Großbritannien, Frankreich, Finnland stetig steigender Produktionsbudgets die Entwicklungskurve entgegen des Steuerschuld übersteigt, wird die Dif- Identität. oder auch Kanada die Produktion von zunehmend nicht mehr für die Refi nan- allgemeinen positiven Wachstums- ferenz durch das Finanzamt ausgezahlt. Darüber hinaus eröff nen sie und ihre digitalen Spielen systematisch und zierung aus. trends verläuft. Wir sind davon überzeugt, dass ein Technologien ein großes Potenzial für nachhaltig gefördert wird, etwa über Spieleunternehmen aus Deutsch- Es ist höchste Zeit zum Handeln. steuerliches Fördermodell ein zent- zahlreiche wirtschaftliche Bereiche, was steuerliche Anreize oder Lohnzuschüs- land können sich viel langsamer ent- Eines der zentralen Elemente eines raler Bestandteil einer eff ektiven und nicht zuletzt ihr Einsatz in der Bildung, se, wurden in Deutschland der kulturel- wickeln und kaum internationale Ent- funktionierenden Entwicklungs- erfolgreichen Medienförderung sein Medizin, Logistik oder im Journalismus le Wert und die zahlreichen Potenziale wicklungsaufträge gewinnen. Nicht standortes muss daher ein in anderen muss. Dieses Modell eröff net die Mög- zeigt. So verwenden etwa Chirurgen D- der Branche lange verkannt. Im poli- wenige Studios verlagern sich in die Ländern bereits bewährtes Tax-Credit- lichkeit für mehr hochwertige Spiele Simulationen zur besseren Planung und tischen Diskurs über Games standen Länder, die funktionierende Förder- Modell sein. Der BIU hat gemeinsam aus Deutschland, die auch international Übung komplizierter Eingriff e. Mit Se- bisher die Regulierung und Prävention systeme bieten. Insgesamt verliert der mit Steuerrechts- und Förderexperten bestehen können. Eine solche steuerli- che Förderung ist fl exibel und passt sich den Bedürfnissen kleiner, mittelstän- discher und großer Entwicklerstudios gleichermaßen an. Sie bringt Investitio- nen nach Deutschland, ist zielgerichtet Lesen bildet. Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler. und hat ihre positive Wirkung bereits im Ausland eindrücklich unter Beweis gestellt.

Vorwort und Einleitung – Sabine Kunst: Mut und GewVorworissenstbi unnddung. Ein Wleasit ung Muslimisches Leben Vorwort – Einfluss / S. 77 Vorwort und Einleitung – Christine M. Merkel: WerVkorworzeugkast tunen d» KEiunltureleitllunge – A ndrea WWengerengerr im Gespresprächäch mimitt Die damit eintretende Verbesserung – Olaf Zimmermann: Vorwort / S. 13 Luthers Fähigkeit, sich trotz– allerOlaf GefahrZimmermann: für seine Überzeu-Die beste Pizza von Jerusalem / S. 19 – Gabriele Steffen:Stadtteilentwicklung – Christian Höppner: als gesell- – Medienmacht / S. 79 – Olaf Zimmermann: Die Marktfähigmachung Vielfalt gestalten«. Wichtige– Olaf Initiativen Zimmermann: des Kulturaus- Altes Zeug / S. 19 WWasas tun gegen KuKunsträuberunsträuber unundd -fäls-fäls – Gabriele Schulz: Zu diesem Buch / S. 15 gungen einzusetzen, uns heute– Gabriele noch sagen Schulz: kann Einleitung / S. 76 / S. 20 schaftliches Projekt / S. 105 Kaleidoskop der Kulturpolitik / S. 11 – Transparenz / S. 80 der Welt / S. 15 schusses des Europaparlaments– Gabriele / S. 100 Schulz: Kulturgutschutz: eine Kulturgutschutz:Kulturgutschutzz: analanalogog und didiggii Der lange Weg zum Reformationsjubiläum – Hartmut Lehmann: LutherWie in deralles Welt anfing heute … und dann fortgesetzt wurde – Reinhold Zemke: Die MoscheeDie Editorials als Aufgabe der – Gottesbezug / S. 81 – Gabriele Schulz: Globalisierung und Schutz – Christine M. Merkel: Entwicklungenvielfältige inAufgabe Seoul / S. 20 – MiMichael chael KnocheKnoche:e: GrabGrab derder deutschdeuutsche der Finanzierungssituation würde neue – Stefan Rhein: Vom Thesenanschlag zur sehen. Das Reformationsjubiläum– Olaf Zimmermann:  als einzig- Zweifellos / S. 29 Stadtplanung. Zwischen Hinterhof– Mangas und / S. 13 Boulevard, – Sommertheater / S. 82 der kulturellen Vielfalt – ein Dauerthema / S. 17 beobachten. Kulturelle VielfaltVerantwortung im Spannungsfeld für Kulturgut weltweit War der Brand dederer HerHerzoginzogin AAnnannna AmAm Lutherdekade. Das Reformationsjubiläum  artige Chance / S. 78 – Olaf Hahn: Einladung zur konstruktiven Ausein- Zentrum und Stadtrand / S. 108– Reichtum / S. 14 – Verrat / S. 83 Der Welthandel und der GATS-Schock zwischen Handelsabkommen – Olaf und Zimmermann:Völkerrecht. Die Zerstörung, der Raub undnd vermeidbar?vev rmeidbar? / S. 87S. 887  als Einladung zum Diskurs / S. 21 – Volker Leppin: Luther  andersetzung.– eine ökumenische Was ein Dossier »Islam · Kultur · Politik« – Stefanie Ernst im Gespräch– Exoten mit Erol / S. 15 Pürlü: – Mythos / S. 84  – Martin Hufner: Identität, Nation und Globalisierung. Das Beispiel Korea / S. 105 der illegale Handel mit Kulturgut. Besitz von – JJoachim oachim MengeMenge:: Gefahr im WandelWaandel künstlerische Spielräume ermöglichen, – Stephan Disputationen: Dorgerloh: Von freien Christen und Chance / S. 81 leistenIslam · Kultur · Politik kann / S. 31 Normalität im Zusammenleben– Sonnenschutz istKulturpolitik das Ziel / S. 16S. 111 – Think big! / S. 85 NotwendigeTTIP, CETA & Co. Verwicklungen zwischen Geschichte – Christine M. Merkel: BoomendesRaubkunst Altes Brasilien. muss gesellschaftlich undZeug: rechtlich ddingungeningungen dderer KaKatastrophe.atastrophe. IImm LebeLebe mündigen Bürgern. Luthers Reformation / S. 24 – Athina Lexutt: Das Lob der– OlafAnfechtung Zimmermann / S. 83 und Olaf Hahn: – Abdulla Elyas: waymo – Plattform– Obsession für /junge S. 17 – Exoten / S. 86 und Gesellschaft / S. 23 Champion der »Diversidade Cultural«geächtet werden/ S. 108 / S. 27 Gebäudes GebäudeG s sind UmbauphasenUmmbauphasen besonbeesondd die Qualität und Innovationskraft hier- – Gabriele Schulz im Gespräch mit Udo Dahmen: – Hiltrud Lotze: Politisches HandelnZwei Jahre spannende Debatten. Die Dossiers Muslime / S. 115 – Wettbewerb / S. 18 – Feiertag / S. 87 – Bernhard Freiherr von Loeffelholz: Zur Bedeutung – Christine M. Merkel: Auf– der Hermann Suche nach Parzinger: einer neuen Kulturelles Erbe weltweit – UUlrich lrich S. SoSoénius:éniuus: Die KatastropheKatastroophe Reformation und Musik als Chance / S. 27 braucht Gewissen / S. 86 »Islam · Kultur · Politik« / S. 33 – Götz Nordbruch: Muslim,– deutsch Sinnkrise und / S. 19 aktiv. – Gedanken / S. 88 der Kultur für die globale Ordnung. Gedanken zu der Vision von Vietnam. Kulturellein Gefahr. Vielfalt Eine konkret Novellierung / S. 112 des Kulturgüter schutz-tz- KKultureinrichtungultureinrichtunng stastarkrk betrbetroffen.offeen. M – Dieter Reflexionen Georg Herbst: Am Anfang war das Wort – – Christoph Markschies: WomöglichIslam in Deutschland mit Muslimische Jugendkulturen– Feuerwehr in Deutschlandauf / S. 20 / S. 117 den Punkt– Wunden / S. 89 UNESCO-KonventionDie zumAuswirkungen Schutz kultureller Vielfalt / S. 26 Nebenschauplatz EU-Dienstleistungsrichtliniegesetzes Beiträge in Deutschland ist nötig / S. 30 zurwwelche elc he LeLehrenhren fofolgenolgen aus ddemem EinstuEEinstu zulande entwickelter Spiele würde er- und was kommt danach? / S. 29 wuchtigen Hammerschlägen– Katajun / S. 88 Amirpur: Gleichberechtigung für Muslime – Sawsan Chebli: Jung, muslimisch,– Mängelexemplare aktiv. / S. 21 – Nützlich / S. 90 – Max Fuchs: Culture unlimited. Anmerkungen zur – Olaf Zimmermann: Der Staat,– Monika der Markt, Grütters: die Bürger. Kulturgut verpflichtet! StadtarchivsStadtarS chivs / S. 92S. 992 – Arne Lietz: Pluralismus als gemeinsame Signatur. – Reinhard Kardinal Marx: Einssein schaffen. mit Über Christus. unsägliche Debatten und positive Ent- Das JUMA-Projekt in Berlin– / Wunderglaube S. 120 / S. 22 – Wächter / S. 91 Kulturpolitik in Zeiten der Globalisierung / S. 30 Wer leistet kulturelle Grundversorgung?Die Gesetzesnovelle / S. 117 zum Kulturgutschutz läutet eeineninen – Michael KnocheKnoche:e: DieDie grgrößereößere KKultultu Europäische Perspektiven in der Luther dekade Inwieweit sind die Konfessionenwicklungen bereits »eins«?in Deutschland / S. 90 / S. 37 – Nadjib Sadikou: Erziehung– Fragenzwischen / S. 23 den Kulturen. – Obrigkeit / S. 92 – Thomas Krüger: Kulturelle Verschmelzungs- – Max Fuchs: Die Dienstleistungsrichtlinielängst fälligen und Paradigmenwechsel ein / S. 34 GGefragtefragt ist jetztjetzt eine nationalesnationales ProgPrP ogr höht und somit ihre Attraktivität und und zum . Reformationsjubi Reformations-läum im Jahr  – Christoph Matschie: Die –Reformation Patrick Bahners: war eine Der Aufklärung verpflichtet. Wertewelten muslimischer– Jugendlicher Effizienz gebracht: / S. 25 im – Likrat / S. 93 und Synchronisationsprozesse.der Freihandels- Das Wort der Kultur die Kultur. Tiefgreifende Sorgen– Olaf Diskussionüber Zimmermann Kompetenz- und Gabriele Schulz: Die nächsteächste zumOriginalerhaltOriginalerhalt / S. 96S. 966 stärken / S. 31 Bildungs-Bewegung. PhilippDie Melanchthon Kritik der Islamkritik – / S. 39 Klassenzimmer / S. 123 – Wegducken / S. 26 Anhang erheben: lautstark, kräftig und strategisch / S. 35 verteilung und ZuständigkeitRunde / S. 121 wurde eingeläutet. Das »Gesetz zur Neu- – KathariKatharina na CorsCorsepius:eepius: DigitalDigital statts Reformationsjubiläum – Weggefährte Luthers und »praeceptor– Kristin Bäßler Germaniae« im Gespräch / S. 92 mit Hilal Sezgin: – Haci Halih Uslucan: Muslime– Schuld als gewalttätige / S. 28 – Kulturpolitisches Glossar / –S. 94 Heinrich Bleicher-Nagelsmann: Aus dem Blickwinkel – Fritz Pleitgen: Kulturelle Vielfaltregelung darf des nicht Kulturgutschutzes« dem in der Diskussionn nicnichtht ddieie LösuLösung.ng.. Zum EinstuEinsturzrz des H Verbreitung gesteigert. Eine Kostensen- auch gegen den Strich gebürstet – Regine Möbius: Mein LutherDeutschland – ihr Luther? muss / S. 94 sich neu erfinden / S. 42 Machos? Zum Zusammenhang– Ein-Euro-Digitalisierer von Geschlecht, Gewalt / S. 29 – Begriffsregister / S. 134 weltweiter Liberalisierung. Schranken der Handelsliberali- Binnenmarkt geopfert werden.der Die Bundesländer EU-Dienstleistungs- / S. 37 ArchivsArchivsv dederr StStadtadtt KölKölnn / SS. 99. 99 – Petra jubiläum Bahr: Lob des Geheimnisses – Luther lesen! – Johann Michael Möller: Die– Ronald Präsenz Grätz: der Wer lernt von wem? und Religion / S. 126 – Schamhaftes Kommentare Schweigen / S. 30 – Namensregister und / S. 138 sierung abkommen und Sicherung der Informations freiheit / S. 39 aufrichtlinie und die Kultur / S. 124– Robert nachhaltigen A. Kugler: Immaterielle Eigenschaften – RRobert oberrt KrKretzschmar: etzschhmar: UnverzichtbUnverzicchtbaa kung im Vergleich zu den konkurrieren- Vom »falsch Zeugnisreden«: Medienrevolutionen Reformation / S. 97 Islam in Deutschland / S. 46 – Stephanie Doetzer: »Mein– GesichtKakaopulver ist privat« / S. 31 – Pascal Lamy: Kultur ist kein gewöhnliches Gut. CETA, TTIP, TiSA und wie esbewahren. weitergeht Anforderungen an ein modernes Kultur-ur- GedächtGedächGedächtnisnis der GGesellGesellschaft.schaft. DaDass InIntt und ihre Folgen / S. 35 – Michael Müller: Martin Luther– Michael und Berlin Blume: / S. 99 Wie können Muslime unsere Gesellschaft Warum manche Frauen Gesichtsschleier– Expansion / S. 32tragen und Zur Liberalisierung des internationalen Handels / S. 43 – Volker Perthes: Die strategischengüterschutzgesetz Prioritäten der/ S. 41 den KreKreisis der ArcArchivnutzerchivnnutzer sständigtänndig / – Heinrich Bedford-Strohm: Der Herzschlag – Bernd Neumann: Das Reformationsjubiläummitgestalten? Antworten  als aus der Lebensrealität / S. 51 Deutschland sich eine Burka-Debatte– Offenheit sparen / S. 33 sollte / S. 129 – Olaf Zimmermann: Sonnenschutz / S. 46 Anderen. Zur Interessenlage– Markus der einzelnen Hilgert: Partner Wir sind beim nicht hilflos. Ein -Punkte-unkte- – RenRené é BöBöll:ll: Nur eieeinerner von . VVerscersch den und bereits geförderten Standorten von Gemeinschaft / S. 37 Chance begreifen. Das kirchliche– Gabriele Kulturengagement Hermani: Die Deutsche Islam Konferenz  – Reinhard Baumgarten: Verhängte– Wissenslücken Begriffe Ansichten. / S. 34 von – Hans-Jürgen und Blinn: Besonderer Medien Ausschuss Transatlantischen HandelsabkommenProgrammKulturgutschutz TTIP für einen / S. 129 nachhaltigen Kulturgutschutztz / SS. 44. 44 lässelässe inin Köln:Köln: einn kukulturellerltureller SupSuper-per-G – Wolfgang Böhmer: Luthers Wirkungsspur ist breit. rückt stärker ins öffentliche bisBewusstsein . Zusammensetzung / S. 102 und Ergebnisse / S. 53 Was steckt oder besser wer– steckt Jahresrückblick eigentlich hinter/ S. 35 nach Artikel  EG-Vertrag / S. 48 – Olaf Zimmermann, Gabriele– Isabel Schulz: Pfeiffer-Poensgen: »Gerechter« Kulturerbe bewahren und – EberharEberhard d Junke Junkersdorf:ersdorf:rsdo DeutschlaDeutscchlann Von der Reformation zum Kulturprotestantismus / S. 39 – Cornelia Pieper: Von Wittenberg– Sonja inHaug: die Welt. Herkunft, Glaubensrichtung, Bildung, einem Niqab oder einer Burka?– Leitkulturstandards / S. 132 / S. 36 – Max Fuchs: Vom Wert kultureller Vielfalt. Kultur, Welthandel und Freihandelsabkommen.überliefern. ÜberZur Arbeit WTO, der Kulturstiftung der Länderder / SS. 48. 48 Zu GescGeschichtehichte unundnd AufAufgabegabe dederr MurnMurn in- und außerhalb von Europa ist zent- – André Brie: Für einen Häretiker / S. 41 Die Lutherdekade in der AuswärtigenPartizipation. Kultur- Vom und Eins-Werden und vom Einssein / S. 58 – Stefanie Ernst im Gespräch– Spannungsverlust mit Melih Kesmen: / S. 38 globale Märkte und GATS / S. 51 GATS, TTIP, CETA und TiSA– /Günther S. 133 Wessel: Nachschub für einen – ErnErnst st SSzebedits:zebedits: DasDas »verruchte«»verruchtte« Fi – Tom Buhrow: In weiter Ferne und doch nah? Bildungspolitik / S. 105 – Wolfgang Benz: Wie die Angst vor dem Islam die I love my prophet / S. 134 – Unfair Olaf / S. 39 Zimmermann– Wolfgang Clement: Cancún und die Folgen. – Gabriele Schulz: Der alte Kontinentgigantischen und Markt.die kulturelle Raubgrabungen zerstören Zum UmgUmgangang mitt Filmen und FiFilmdilmdo rale Voraussetzung, um mehr Spiele in Reformationsjubiläum – das ist doch erst , für – Peter Reifenberg: … ein glühenderDemokratie Backofen gefährdet. Fehlende Kenntnisse über den – Ingrid Pfluger-Schindlbeck:– Kurzgeschichte Zur Symbolik / S. 41 Zur Liberalisierung des internationalen Dienst- Vielfalt. Zum Freihandelsabkommendas kulturelle zwischen Erbe den der Menschheit / S. 51 aus dem DrittenDritten ReichR / S. 112S. 112 einen aktiven Medienmenschen des . Jahr- voller Liebe / S. 107 Islam produzieren Vorurteile und Ablehung / S. 61 des Kopfhaares / S. 137 – Ort / S. 42 leistungshandels / S. 56 USA und Europa / S. 136 – Walter Sommerfeld: Plünderungen, Verwüstungen,gen, – HHanns-Peter anns-Peter FrFrentz:eentz: Bilder alss ZeiZeit hunderts eigentlich ein Datum in weiter Ferne. / S. 43 – Georg Ruppelt: Thron und– AltarHeinz / S. 110Fromm: Der Islam aus Sicht des Verfassungs- – Reinhard Baumgarten Die– KulturellerLast der langen Takt Nase./ S. 43 – Max Fuchs: Cancún und die Folgen für die Kultur. – Norbert Lammert: GestaltenRaubgrabungen. statt verhindern. Raub-Archäologie im Irak bewirktkt fachgerechtenfachgerechten ErhaltErrhalt analogeranaloger FotoFFotogg Deutschland entwickeln zu können. Das – Stephan Dorgerloh: Zum Melanchthonjahr. – Stephan Schaede: Luther gehörtschutzes. uns Einnicht friedliches / S. 112 Zusammenleben braucht sachli- Neuer Trend zur Schönheitschirurgie– Wiedergutmachung im Iran / S. 140 / S. 44 Neun Anmerkungen zu den WTO-Verhandlungen Warum agiert die Kultur bei TTIPZer störung so mutlos? historischer Stätten / S. 54 – CClaudia laudia ScSchubert:hubert: Die vivielschichtielschichtig Die Lutherdekade eröffnet ihr nächstes Themenjahr – Olaf Zimmermann: Luther chegehört Auseinandersetzung euch wirklich / S. 64 Muslimische Zivilgesellschaft– Kunstgeschmack / S. 45 in Mexiko / S. 58 Ein Gegenplädoyer / S. 139 – Dieter Vieweger: »Was ich liebe, wird nicht der Fotografie.Fotografie. EiEinin zezeitgenössischesitgenössiscches »Reformation und Bildung« / S. 45 nicht! Die Evangelische Kirche– Detlef sollte Pollack: ihre Tore Akzeptanz weit, und Wahrnehmung des – Olaf Zimmermann: Nutzen– Aufgeräumt für alle. Starke / S. 47 islamische – Fritz Pleitgen: Erfolg und Ambivalenz. Resümee – Olaf Zimmermann und Claudiusuntergehen Seidl …« im Über Gespräch die Ursachen und die Folgen großergroßer historihistorischerschher BBedeutungedeutung / SS. 11. 11 ermöglicht den Erhalt der kulturellen – Markus Dröge: Empirische Erkenntnisse sehr weit öffnen / S. 115 Islams. Zu den Ergebnissen einer Studie der Zivilgesellschaft / S. 143 – Kunstdinge / S. 48 der WTO-Ministerkonferenz in Cancún aus der audio- mit Ulrich Kühn: Europas Kulturder Zerstörung am Abgrund? von Kulturgut / S. 57 – Michael HollmaHollmann:ann: Die SchätzeSchätzze de theologisch reflektieren / S. 49 – Heinz Schilling: Luther historischWestfälischen einordnen Wilhelms-Universität / S. 117 Münster / S. 67 – Rupert Graf Strachwitz: –Muslimische Turbokinder Strukturen / S. 49 visuellen Warte / S. 61 Der Streit um das Freihandelsabkommen– Joachim Marzahn: TTIP / S. 143 Vom »Schatz suchen« zum DDerer ErhErhaltalt von ArArchivgutrchivgut in seinseinerner or Vielfalt bei Computer- und Videospie- – Torsten Ehrke: Schluss mit der Luther-Apologie / S. 51 – Carsten »Storch« Schmelzer:– Aiman Luther A. undMazyek: die Islam-Bashing / S. 69 im Stiftungswesen. Eine jahrtausendealte– Nörgeln / S. 50 Tradition im – Sebastian Fohrbeck: Globaler Bildungshandel. – Hans-Joachim Otto: Umfassendwissenschaftlichen und ehrgeizig. Arbeiten. Chancen Zur Entstehung der ist ddieie wicwichtigstehtigste AuAufgabefgabe / S. 1188 – Volker Faigle: Die Reformatoren waren nie in Afrika. Hölle. Oder: Über die Abschaffung– Sabine des Schiffer: FegefeuersIslamfeindlichkeit / S. 121 in Deutschland. Wandel der Zeit / S. 145 – Frischzellenkur / S. 51 Deutsche Hochschulen und das General Agreement und Risiken des neuen Handelsabkommensarchäologischen / S. 146Forschung / S. 59 – OOlaf laf ZiZimmermann:mmermaann: Zuerst ErhaltErhhalt d Streiflicht zur Entwicklung der lutherischen Kirchen – André Schmitz: ReformationsjubiläumAusgrenzende als Strukturen Fest ernst nehmen / S. 71 – Olaf Zimmermann: Muslimische– Agendasetzung Zivilgesellschaft / S. 52 – on Trade in Services (GATS) / S. 64 – Jürgen Burggraf: Spinnen– die Margarete Gallier? van Ess: Die Zerstörung von Kulturgüternütern uundnd dandannn seine DigitaDDigitalisierung.lisierung. Schr len in Deutschland und weltweit. in Afrika und zu gegenwärtigen Herausforderungen / S. 55 der Standhaften / S. 123 Der Bruch des . September  gibt es sie eigentlich? / S. 148– Uneinigkeit / S. 53 – Gabriele Schulz: Kultur und Medien bislang noch außen Nein, vive la France! Transatlantischeim Nahen Handelspartner-Osten. Folgen für die Forschung / S. 61 ist memehrhr aalsls nnurur TTrägTrägerer von InforInformarmat – Kerstin Griese: Reformation und Bildung? – Friedrich Schorlemmer: –»Die Olaf ganze Zimmermann Welt ist in derund Gabriele Schulz: – Matthias Kortmann: Mühsames– Disputationen Ringen um / S. 55 vor. GATS-Verhandlungen gewinnen an Dynamik / S. 67 schaft ohne Kultur und Audiovisuelles– Markus Hilgert: / S. 148 Forschung für den Kulturgut- – Ulrich JJohannesohannes SchneSchneider:ider: DieD EEhh Reformation durch Bildung! / S. 58 Habsucht ersoffen wie in einerKein Sintflut«. Märchen Über aus tausendundeiner Nacht. Der Bruch Anerkennung. Muslimische– DachverbändeMärchenstunde als / S. 56 zivil- – Hans-Jürgen Blinn: Kultur, die besondere Dienst- – Birgit Reuß: Bauernopfer Buchhandel?schutz. Interdisziplinäres Das geplante Verbundprojekt zum illegalenegalen uundnd DiDigitalisat.gitalisat. ZuZ ddenen kkulturellenulturelllen E Der Bund ist jetzt in der Pfl icht, un- – Hermann Gröhe: Die Gegenwartsbedeutung gemeinen Nutz und Wucher desbei Martin. September Luther / S. 125 enthält die Chance eines gesellschaftliche Akteure in– DeutschlandVisionen / S. 57 / S. 151 leistung. Freihandelsabkommen mit Zusatzprotokoll Freihandelsabkommen wird Handelzum Kulturkiller mit Kulturgütern / S. 151 in Deutschland / S. 63 digitalendigitalen TranTransformationsfoormation / S. 1233 der Losungen. Zum . Todestag Nikolaus Ludwig – Irmgard Schwaetzer: Frauenkulturellen ins Pfarramt Aufbruchs / S. 128 / S. 75 – Mohammed Abdulazim: –Organisation Nerverei / S. 58 zur kulturellen Zusammenarbeit zwischen der EU – Rolf Bolwin: Ist Kultursubvention– Adelheid eine Otto: Wettbe- Nicht länger tatenlos zusehen. – Thomas Bürger: Original oderr digidigit von Zinzendorfs / S. 60 – Thomas Sternberg: Luther– Petraund die Bahr: Folgen Gegenbilder für entgegensetzen / S. 79 muslimischer Jugendlicher– in Spielsucht Verbänden. / S. 59 Das Beispiel und Südkorea unterzeichnet / S. 69 werbsverzerrung? TTIP oder Zurwas Bedeutung die Kultur vonder archäologischender Kulturschätze und nutzen wir unser kulturelleses Erb ter Beweis zu stellen, dass er erkannt – Thies Gundlach: Erinnerungskultur und Jubiläums- die Kunst. Martin Luther nahm– Aiman die Bilderfrage A. Mazyek: nicht Um Jahre zurückgeworfen. / und der Muslimischen Jugend in– Zukunftswillen Deutschland / S. 154 / S. 60 Was bringt die Konvention Kulturelle Vielfalt? Wirtschaft rechtlich unterscheidetim Vorderen / S. 154 Orient / S. 65 – Johannes Kistenich: Nach derr KatKataa gestaltung. Wie entsteht Geschichtsbewusstsein und was so ernst und hat dadurch diedie freie Folgen Entwicklung für Völkerverständigung der und Integration / S. 82 – Thomas Klie und Julia Schad:– Ungehorsam Brachliegendes / S. 62 – Wilhelm Neufeldt: Konvention zum Schutz der – Brigitte Zypries: Die Kultur– Walther steht nicht Sallaberger: zur Disposition. Tontafeln, von denen Kulturelles Erbe retten. Von derer fafacch hat, welchen Stellenwert Games in un- bedeutet es für das Reformationsjubiläum  / S. 63 Kunst befördert / S. 130 – Herfried Münkler: Sicherheitssorge statt Engagementpotenzial. Zugangshemmnisse– Entfremdung / S. 63und -chancen kulturellen Vielfalt. Bewertung des UNESCO-Abkommens Trotz schwierigem Start sindwir die viel TTIP-Verhandlungen lernen können. Zur Bedeutung der antiken versorgung bis zur Konservierungunng / S – Wolfgang Huber: Die Ambivalenz des Reformators / S. 65 – Rupert Graf Strachwitz: LutherBedrohungsangst. und der Staat. Der . September und seine Folgen für junge Muslime zu Freiwilligendiensten– Kooperationsverbot / S. 156 / S. 64 aus Sicht der Kultusministerkonferenz / S. 75 auf einem guten Weg / S. 158 Keilschrift / S. 67 – Ursula Hartwieg: Warum Originalgiinale – Margot Käßmann: Im Kontext unserer Zeit. Kann sich die Kirche der Reformationaus politikwissenschaftlicher zur Zivilgesell- Sicht / S. 85 – Jens Kreuter: Bundesfreiwilligendienst– Elite / S. 66 und Muslime. – Adolf Dietz: Kulturelle Vielfalt und internationales Urhe- – Rupert Schlegelmilch: Die– Mariakulturelle Böhmer: Vielfalt Welterbe wird in Gefahr. Die Rettung der in bundesweiter Koordinierung?g?? ZumZum serer heutigen Gesellschaft einnehmen Das Reformationsjubiläum  und die politische schaft bekennen? / S. 132 – Wolfgang Schmidbauer: Die Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und Entwicklungen– Prügeln / S. 159 / S. 67 berrecht. Zur Definition von kulturellen Gütern weiterhin geschützt. Kultur imantiken Rahmen malischen der Trans- Handschriften in Timbuktu / S. 69 lichen Kulturguts in Archiven undunnd Bi Dimension des Freiheitsbegriffes / S. 67 – Johannes Süßmann: HeuteIdealen. würde Luther Von der twittern. Psychologie des Terrors / S. 88 – Christoph Müller-Hofstede:– Beton Zivilgesellschaft / S. 68 von und Dienstleistungen / S. 79 atlantischen Handels- und– Investitionspartnerschaft Günther Schauerte: Die Museen und das archäolo- – Ellen Euler: Der Vergangenheititt eieinne – Stephan J. Kramer: Und willst Du nicht mein Reformation und Neue Medien– Almut / S. 135 S. Bruckstein Çoruh: Augen ohne Gedächtnis morgen. Vorstellung eines –Modellprojekts Vordemokratisch / S. 162 / S. 69 – Verena Metze-Mangold: Vor der Entscheidung.  (TTIP) / S. 161 gische Kulturgut. Zum ErwerbungsverhaltenJetzt im Zeichen bestellen Die Vision der Deutschen Digitalentaalen B und dass eine politische Verantwortung Bruder sein … Gedanken zum Reformationsjahr aus – Peter Tauber: Von der Wartburg sehen in nichts. die Moderne. Persönliche Zur Reflexionen zu / / S. 91 – Aiman A. Mazyek im Gespräch– Schweigenbrechen mit Ali Dere: / S. 70 UNESCO-Staaten stimmen über Kulturkonvention ab / S. 84 – Bernd Lange: Kultur und Transparenz.welt weiter Krisen Das Trans- / S. 71 Zukunft der Sammlungen / S. 133333 jüdischer Sicht / S. 70 weltgeschichtlichen Bedeutung– Friedrich der Reformation Wilhelm /Graf: S. 137 Nine eleven und Wir brauchen heute mehr Dialog– Opposition als je zuvor / S. 71 / S. 165 – Peter S. Grant: Der kulturelle Werkzeugkasten. atlantische Freihandelsabkommen– Günther und Wessel: audiovisuelle Die Macht der Konsumenten. Was – Marjorie Berthomier: Erhalt digitddigitaa besteht, auch über den klassischen Me- – Michael Kretschmer: Ein Ereignis von internationaler – Wolfgang Thierse: Wir Kinderdie Christender Reformation. / S. 94 – Nurhan Soykan: Tag der offenen– Eigenständigkeit Moschee. /Gespräche S. 72 mit Warum unterscheiden sich audiovisuelle Güter von Medien im Blickpunkt / S. 164kann dem illegalen Kunsthandelwww.kulturrat- Einhalt gebieten? / S. 74 Probleme und Herausforderungengen / S Relevanz. Das Reformationsjubiläum  / S. 72 Über den Folgenreichtum der– Petra Reformation Klug: Die / S. 139 Kulturalisierung der deutschen Integra- Muslimen sind effektiver –als Naturbildung Gespräche über / S. 73 sie / S. 168 anderen? / S. 88 – Olaf Zimmermann, Gabriele– Karl-Heinz Schulz: Alles Preuß: in Butter Geliehene Schätze. Was können Verkauf von Kulturgut Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von – Cornelia Kulawik: Eingeübte Regelmäßigkeit – Ellen Ueberschär: Gesellschaftlichertionspolitik. Resonanzraum. Grundannahmen der politischen Ausein- – Gabriele Schulz im Gespräch– Demografie mit Aiman gerechtigkeit A. / S. 74 – Verena Wiedemann: Die UNESCO-Konvention und die oder Sand in den Augen. TTIP:Sammler Neustart für der den Verhand- Kulturgutschutz tun? / S. 76 – Olaf Zimmermann: Was Du erererbterbt v dienkanon bestehend aus Film, Buch und feste Rituale. Was bedeutete das Gebet für Martin Deutscher Evangelischer Kirchentagandersetzung  in im Berlin Bundestag nach dem . September / S. 97 Mazyek: Die Gründung eines– Jubiläumsgeschenk muslimischen Wohl- / S. 75 Medien. Kulturelle Vielfalt in neuen Märkten gesichert — lungen unter einem geänderten– Gabriele Verhandlungsmandat Schulz im Gespräch mit Christophshop.de Leon: Vätern. Zum »Handschriftendeal«eaal« ddee Luther in seinem Glaubensleben? / S. 74 und Wittenberg? / S. 141 – Lars Klingbeil: / und die Welt danach / S. 100 fahrtsverbandes ist überfällig– Klein/ S. 171-Klein / S. 76 Mindestens  Staaten müssen ratifizieren / S. 96 ist der beste Weg / S. 167 Ein überhitzter Kunstmarkt / S. 79 württembergischen Regierung / S. 139 oder Musik hinaus. Es wird höchste Zeit. Die Kultur- und Medienpolitik darf Disputationen: Islam · Kultur · Politik Kulturpolitik auf den TTIP, CETA & Co.: Die Aus- Altes Zeug: nicht gemeinsam mit dem Kulturgut Refl exionen zum Über ein kulturpolitisches Punkt gebracht: wirkungen der Freihandelsab- Beiträge zur Diskussion Reformationsjubiläum  Spannungsfeld Kommentare und Begriff e kommen auf Kultur und Medien zum nachhaltigen Kulturgut- Spiel den Anschluss an die mediale Entwicklung verlieren. . erweiterte Aufl age! von Olaf Zimmermann . erweiterte Aufl age! schutz ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ----  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € , Felix Falk ist Geschäftsführer des BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  NETZKULTUR 13

(Er)wachende Dinge Medienbildung in Zeiten den Missbrauch von Foren und sozia- gen. Durch integrierte Sensoren, wie sie vationen naturgemäß Erfahrungswerte, oder außerhalb des Hauses im Schup- »fühlender« Umwelten len Netzwerken, z. B. die sogenannte in Smart Watches oder selbstfahren- zum anderen liegt oft in der jeweiligen pen verstaut. Stattdessen müsste sich »Hate Speech«, auf der Strecke? Wäre den Autos zu fi nden sind, kann unsere Technologie selbst – einem Algorith- unser Zusammenleben mit Techno- es nicht nötig, die ohnehin schon zum Umwelt zunehmend aufmerksam und mus, einer Software – der Marktwert der logie eher wie das Ökosystem Biotop ANNALENA WIECHERN Bersten vollen Stundenpläne – in denen selbst-aktiv werden. Wie Anfang der Erfi ndung und damit die Existenz eines vorgestellt werden; als eine anhaltend vielerorts nicht einmal mehr Raum für er Jahre am XEROX Palo Alto Re- ganzen Unternehmens begründet. Eine symbiotische Gemeinschaft lebendi- atched! Surveillance, Art kreative und musische Fächer zu fi nden search Center (PARC) von einer Gruppe Off enlegung, zwecks Verbraucher- und ger Teile. Digitale Medien sind mehr & Photography« lautet der ist – um ein separates Fach »Medien- Wissenschaftler, die sich um Marc Wei- damit auch Jugendschutz, kann nur in als Objekte im Sinne von Sprachrohren W Titel, unter dem seit dem . kompetenz« zu ergänzen? ser herum formierte, erträumt, werden den wenigsten Fällen rechtlich erzwun- oder Speicherorten, die uns helfen über Februar  rund zwanzig Künstler Für Björn Schreiber von der Freiwil- Computer nach und nach unmerklich gen werden. unsere natürlichen Grenzen hinauszu- ihre Arbeiten zum Thema Sichtbarkeit ligen Selbstkontrolle für Multimedia- und beinahe unsichtbar in unsere phy- wachsen. Durch Sensoren, RFID und in digitalisierten Umwelten ausstellen. Dienstleister beginnt das Problem sische Umwelt integriert. Videokameras Big Data zehren sie wörtlich aus jedem Verhandelt werden soll bei dieser Aus- schon beim Begriff selbst. Wie er im lassen sich in dieser Hinsicht genauso Die vernetzte Gegen- Einsatz, sodass man ihnen einstweilen stellung im Amerika Haus, dem Sitz Rahmen des »Digitalen Salon« zum als Sensoren verstehen wie ein Puls- wart als Ökosystem fast parasitäre Eigenschaften zuspre- der Stiftung C/O Berlin, jedoch weit- Thema »Schutz der Pubertiere« erklärt, messer. Visuelle Überwachung bildet chen könnte. aus mehr als die Überwachungskamera suggeriert »Medienkompetenz«, dass also tatsächlich nur einen Teilbereich zu denken, hilft uns Für die Frage nach der »richtigen« im Kaufhaus oder auf dem Bahnsteig. es lediglich um ein Wissen über Medi- dieses Prozesses ab. dabei, ansonsten Medienbildung ist dieses Konzept Es geht um »Aufzeichnung« in einem en ginge. Dies reicht bei Weitem nicht Laut einer Prognose von Statista unsichtbare Prozesse wahrscheinlich gleichermaßen stimu- viel größeren Rahmen – um die Frage, mehr aus, betonen sowohl Schreiber werden im Jahr  weltweit mehr als zu visualisieren lierend wie ernüchternd. In Anbetracht in welchem Verhältnis Kontrolle und als auch seine Mitdiskutanten Medi- , Milliarden »intelligente« Geräte in der Tatsache, dass sich die Technolo- Sicherheit sowie Eigen- und Fremdbe- enpädagogin Joris Dörner und Matthias den Händen von Endverbrauchern lie- gie immer weniger sperrig in unserem stimmung unter vernetzten Bedingun- Rohrer vom Institut für Jugendkultur- gen. Handys, Tablets und selbstfahren- Wie gehen wir also mit diesen wachsa- Sichtfeld aufhält und der Großteil der gen stehen. forschung. Bei der vom Alexander von de Autos sind hier nur die prominen- men und übertragenden Umgebungen Rechenprozesse sich allein aufgrund Dass ein genaues Verständnis da- Humboldt Institut für Internet und Ge- teren Beispiele. In Form von »smarten« um, und viel schwieriger, wie vermittelt ihrer Geschwindigkeit unserem Vor- von, wie unauflösbar digitale Infra- sellschaft (HIIG) organisierten Reihe Thermostaten fi nden sich die klugen man gerade Jugendlichen ein adäquates stellungsvermögen entzieht, erscheint strukturen und Praktiken inzwischen treff en einmal im Monat Vertreter ver- Dinge jedoch auch immer häufi ger in Verständnis dieser Situation, ohne dass es umso notwendiger, sich das Unsicht- in unseren Alltag eingewoben sind, be- schiedener Interessen und Standpunkte unseren Wohnzimmern, wo sie uns und es nach staubigem Technikpessimismus bare über Metaphern oder Analogien sonders für junge Menschen relevant aufeinander, um sich den »Fragen zur unsere Umgebung befühlen, um die Da- klingt? In Reaktion auf derartige Fragen ins Bewusstsein zu rufen. Ansonsten ist, bedarf kaum der Erklärung. Im Kin- vernetzten Gegenwart« zu stellen. In ten an Clouds und Server weiterzuge- erwächst innerhalb der Medientheorie entsteht ein Ungleichgewicht zwischen desalter ist es vor allem der Schutz vor besagter Veranstaltung im vergangenen ben. Auch der neue Personalausweis ist und -philosophie seit einigen Jahren unserer Sichtbarkeit und der der Com- unangemessenen Inhalten, der im Vor- Oktober lag der Fokus also auf denjeni- einer dieser vernetzten Gegenstände: eine Denkrichtung, die sich davon weg- puter. Unsere vernetzte Gegenwart als dergrund steht. Mit dem Heranwachsen gen, die unter diesen Bedingungen ihr Je nach Größe des Funkfeldes, kön- bewegt, Mensch, Maschine und Umwelt Ökosystem zu denken, hilft, das zu verschiebt sich der Fokus dann immer Erwachsenwerden bestreiten. In Zeiten nen Lesegeräte die in den integrierten als Gespann dreier Einheiten zu verste- visualisieren, was sich sonst unseren mehr auf die Preisgabe personenbezo- der Vernetzung können Medien nicht RFID (Radio Frequency Identifi cation) hen. Um unser Verhältnis zu den stetig Sinnen und unserer Aufmerksamkeit gener Informationen, wie sie Instagram, mehr nur als einzelne und abgeschlos- Chips gespeicherten persönlichen In- schrumpfenden intelligenten und au- entzieht. Dann erst lässt sich Kompe- Facebook oder Snapchat in Form von sene Dritte, als Zeitungen, Fernsehsen- formationen und biometrischen Daten tomatisierten Technologien besser zu tenz beweisen – also bilden, gestalten, Bildern, Vorlieben bzw. »Likes« oder der, Webseiten, verstanden werden. Um des Eigentümers sogar über ein paar beschreiben, wird stattdessen von einer analysieren, kritisieren. Im besten Fall die Immanenz des Digitalen hervorzu- Meter Entfernung auslesen. Wie leicht grundsätzlich »ökologischen« Situation zielt diese Kritik jedoch nicht blind heben, bevorzuge Björn Schreiber statt- unerwünschte Dritte tatsächlich an die gesprochen. Technik steht hier nicht auf die Technik, sondern nimmt die dessen den Begriff der »Medienbildung«. Daten in unseren Ausweisen gelangen, als Mittel zum Zweck zwischen Mensch menschlichen bzw. marktwirtschaft-  werden weltweit Denn digitale Strukturen seien längst ist umstritten. Ebenfalls sollen die Si- und Umwelt, sondern ist mit beiden zu lichen Intentionen dahinter ins Visier. mehr als , Milliarden bestimmend für die Formierung von cherheits- oder Rechtsprobleme, mit jedem Zeitpunkt untrennbar verbun- »intelligente« Geräte sozialem Zusammenleben und sind denen das autonome Fahren zu kämp- den. Metaphorisch gesprochen: Unsere Anna-Lena Wiechern ist Referentin für vom Endverbraucher damit nicht bloß bewusst verwende- fen hat, an dieser Stelle nicht bewertet Werkzeuge des Alltags sind nicht mehr Kultur und Bildung beim Deutschen tes Werkzeug in der eigenen Aus- und werden. Zum einen fehlen bei Inno- in den Schubladen des Hobbykellers Kulturrat genutzt werden Weiterbildung. Digitale Informations- und Kommunikationsnetzwerke beein- fl ussen implizit und oft unbemerkt die geographischer Informationen erfas- Entwicklung unserer Persönlichkeit. Sie sen und speichern. Die Fähigkeit, sich »bilden« also in einem doppelten Sinn. diese und andere digitale Kommuni- So zieht auch in unsere körperlichen kationskanäle zunutze zu machen »Einstellungen« ein gewisser digitaler 85 kleine und sich beispielsweise Schreib- oder Habitus ein. Ebenso wie sich für die Designprogramme aus persönlichem Betätigung einer Fernbedienung eine Bildungsinteresse und irgendwann bestimmte Positionierung und Armaus- für den Arbeitsmarkt anzueignen, richtung einschlich, welche trotz ver- Streit- wird von der UNESCO als essentieller besserter Übertragungseigenschaften »modern life skill« verstanden. Damit sicherlich auch heute noch von vielen kommt die sogenannte »digital« oder ganz automatisch eingenommen wird, »information literacy«, welche sich lassen sich das »Swipen« mit den Fin- Schriften mit »digitale Kompetenz« oder »Me- gern zum Bedienen eines Tablets oder dienkompetenz« übersetzen lässt, in eine Spracheingabe über Stimmer- ihrer Bedeutung heute dem Schreiben kennungssoftware, die in den schein- und Rechnen gleich. Im deutschen bar leeren Raum gesprochen wird, im Sprach- und Wissenschaftsraum war Sinne des französischen Soziologen es seit den er Jahren insbesondere und Ethnologen Marcel Mauss als der Erziehungswissenschaftler Dieter »Körpertechniken« der Digitalisierung Baacke, der dazu beitrug, diesen Begriff begreifen. Selbst wenn wir uns unse- zu defi nieren, und darüber hinaus die re Gerätschaften nach unseren Zwe- „Theo Geißler legt den Ausformulierung pädagogischer Ver- cken bauen, so ergeben sich doch aus Finger in Wunden, deckt mittlungsstrategien vorantrieb. Geprägt der physischen Beschaff enheit dieser durch Baacke wird »Medienkompetenz« »Werkzeuge« Anforderungen, auf die auf. So mancher Bei- inzwischen weitgehend als Verbund wir uns mit Körper und Geist einlassen. vierer Teilkompetenzen verstanden: Es darf also geschlossen werden, trag erweist sich in der Medienkritik, Medienkunde, Medien- dass Medienbildung sich längst nicht nutzung und Mediengestaltung. auf das bewusste Konsumieren und Pro- Rückschau als mächtig Dieser Ansatz klingt klar und die duzieren von Inhalten reduzieren lässt. weitsichtig.“ Untergliederung leuchtet ein. Wenn Wie von Björn Schreiber angedeutet, ist Theo Geißler im Zuge der bildungspolitischen Um- das Medium mehr als ein Mittel. Es ist Olaf Zimmermann setzung konkret das »wie« und das »wo« eine Bedingung und damit etwas, das Theos Kurzschluss diskutiert werden sollen, entzünden Kultur immer schon innewohnt. Dies 85 kleine Streitschriften sich jedoch immer wieder Konfl ikte. Mit wird umso greifbarer, wenn man an- zu Politik und Kultur dem DigitalPakt#D beispielsweise will fängt, sich mit dem sogenannten »In- Hg. von Olaf Zimmermann der Bund den Ländern ab , über ternet der Dinge« auseinanderzusetzen. einen Zeitraum von fünf Jahren, rund Auch als »ubiquitous« (allgegenwär- und Martin Hufner Besuchen Sie uns auf der fünf Milliarden Euro für die technische tig) oder »pervasive« (durchdringend) 272 Seiten, Paperback Leipziger Buchmesse! Ausstattung von etwa . Schulen computing bezeichnet, umreißt dieser 23. bis 26. März zur Verfügung stellen. Im Gegenzug Begriff das Ausziehen der Rechenleis- Fotos von Martin Hufner sollen dann auf landespolitischer tung aus dem Gehäuse des Computers, Halle 4 / A 212 Ebene die benötigten Lehrkonzepte zugunsten einer Umwelt voller »füh- ISBN 978-3-940768-66-7 · CB 1266 erarbeitet werden. Hier beginnen Tüf- lender« und »denkender« Dinge. Denn € 12,80 telei und Reiberei: Wird es ausreichen, nicht nur im Internet wachen »Cookies«, die neu erworbenen Computer stärker in Webseiten integrierte Textdateien, in Subskriptionspreis bis in den normalen Fachunterricht zu denen das Surf-Verhalten eines jeden 15. März 2017: E 10,- www.conbrio.de integrieren? Bleiben dann vielleicht Nutzers aufgezeichnet wird, als Proto- Aufklärung über Datensicherheit oder kollanten unserer virtuellen Bewegun- 14 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Vorübergehender Verlust der Kalenderhoheit Ein Porträt des Berliner Kultursenators Klaus Lederer ANDREAS KOLB als nur die Förderung der großen Ins- Kunst und Kultur« einen viel größeren titutionen und der Freien Szene aus- Stellenwert hat, als in anderen deut- er Jurist und Berufspolitiker zeichnen. Alle sollen von Kindesbeinen schen Metropolen. Lederers künstle- Klaus Lederer hat schon im- an niederschwellig Zugang zu Kunst rische Sozialisation war in erster Linie mer viel und gern gearbei- und Kultur haben. Lederers Vision ist eine musikalische. Eine Musikschule D tet: etwa in den Jahren als die einer partizipativen Breitenkultur, hat er zwar nie besucht: Als Schü- Landesvorsitzender der Linkspartei/ die Kunstproduktion auch jenseits von ler der Heinrich-Hertz-Oberschule PDS ( bis ), als erster Landes- Marktbedingungen ermöglichen will. in Berlin-Friedrichshain, die  in vorsitzender des neugegründeten Ber- Und er scheut sich dabei auch nicht vor ein Gymnasium mit mathematisch-

liner Landesverbands Die Linke ( heißen Themen wie etwa mehr Fest- naturwissenschaftlicher Ausrichtung SENKULTEUROPA FOTO: bis ) oder als Mitglied im Berliner anstellungen für Berlins Musikschul- umgewandelt wurde, musste er sich Klaus Lederer Abgeordnetenhaus seit . Seit dem lehrer. Die  Millionen Euro, die der seine musikalischen Kenntnisse von . Dezember  ist Klaus Lederer Haushaltsausschuss des Bundestages Freunden an der nebenan gelegenen aufgebrochen hatten und man mit  vergeben wurden, entwickelte Lederer Bürgermeister und Kultursenator von im November  für Till Brönners musikalischen Profi lschule, der Georg- bis  singen konnte, was man wollte. eine klare Haltung: »Man kann als Lin- Berlin. Jetzt hat er, wie er selbst sagt, House of Jazz bereitgestellt hatte, sind Friedrich-Händel-Schule, holen. Man »Die Zeit war ambivalenter, als es sich ker Ost – und auch West – die Epoche »einen der schönsten Berufe, die man für Lederer jedoch ein »vergiftetes Ge- hatte gemeinsam Stunden, lernte sich in der Rückschau darstellt. Als Teen- des parteibürokratischen Stalinismus hier in der Stadt kriegen kann.« Das mit schenk«. Denn in den Ateliers der Alten kennen. Und vor allem hatte man gute ager konnte man die DDR verbessern nicht einfach aus seiner Biografi e ope- dem »viel arbeiten« hat sich dadurch Münze arbeiten ja bereits Künstler. Es Kunst- und Musiklehrer. wollen, trotzdem die Ärzte oder Skep- rieren. Das gehört einfach dazu. Inso- nicht geändert, im Gegenteil. Vollkom- mache mehr Sinn, in Sanierung von So wurde Klaus Lederer, direkt nach tiker toll fi nden oder Feeling B hören. fern bleibt diese Auseinandersetzung men neu ist für ihn jedoch der Verlust Kulturstrukturen zu investieren, als in Stimmbruch und Wendezeit, Mitglied Das widersprach sich nicht. Bereits eine dauerhafte.« Lederers Fazit: »So- seiner Kalenderhoheit: »Früher habe eines Gesangsquintetts, das als Frei-  wurde an unserer Schule eine zialismus ohne Freiheit funktioniert ich selbstbestimmter arbeiten können, zeitbeschäftigung Stücke von Georg Diskussion über das Sputnik-Verbot nicht. Sozialismus ohne Demokratie jetzt bin ich notgedrungen fremdbe- Nicht nur die Haupt- Kreisler und den Comedian Harmonists durchgeführt.« auch nicht.« stimmt in meiner Tagesplanung. Doch stadt-Leuchttürme mehrstimmig intonierte.  wurden Kleiner Einschub für Wessis: »Die Als Kultursenator ist Klaus Lederer ich sehe meinen Job als ein Privileg und daraus die Rostkehlchen und der Te- Monatszeitschrift Sputnik, Digest der auch für Gedenkkultur zuständig. Was muss mich eben auf eine neue Art des im Blick haben, nor Lederer war Gründungsmitglied. sowjetischen Presse, wurde seit  den Umgang mit dem Erbe der DDR Arbeitens einstellen.« Lederer hoff t sondern auch »Einmal wöchentlich wurde in Privat- von der sowjetischen Nachrichtenagen- für die Hinterlassenschaften der Stasi auf eine etwas freiere Zeitgestaltung kulturelle Teilhabe gelassen geprobt, danach gab Mensch tur Nowosti in mehreren Sprachen he- betriff t genauso wie für das Archiv der im Frühsommer: Dann ist der Doppel- sich dem gemeinsamen Biergenusse rausgegeben. Das Zielpublikum waren Opposition in der DDR. Bereits unter haushaltsentwurf / im Senat be- hin.« So steht es auf der Homepage der vor allem Leser im sozialistischen und Klaus Wowereits rot-roter Regierung schlossen und seine Antrittsbesuche neue Leuchttürme. Kulturpolitik ist für Rostkehlchen. »Gesungen wurde, was westlichen Ausland. Seit den späten hatte man das Mauer-Gedenkkonzept bei den Berliner Kulturschaff enden den linken Politiker vor allem Stadtent- greifbar war und den qualitativen An- er Jahren schrieb der Sputnik, auf den Weg gebracht. »Da müssen wir sind durch. wicklung bei zunehmender Gentrifi - sprüchen genügte. Die da waren: halb- russisch für Begleiter, auch über Gor- weitermachen!«, betont Berlins neuer Nach fünf Jahren Opposition ist Die zierung. Es geht ihm um die Sicherung wegs ansprechender Klang und Texte, batschows Reformpolitik und frühere Kultursenator. Gegenseitige Verstän- Linke wieder in der Berliner Regierung. von Arbeits- und Produktionsräumen die dem Einschlafen des gebeutelten Tabuthemen aus der Stalinzeit. Das hat- digung über das zweigeteilte Berliner Das hat Folgen für die Kulturpolitik der für die Freie Szene. Publikums entgegenzuwirken geeig- te ihm auch in der DDR eine wachsende Erbe stehen für ihn im Zentrum einer Stadt: Lederers Kulturresort erhält neue Was prädestiniert einen Berufspo- net sind.« Bald eroberte man sich neue Zahl von Lesern eingebracht. Darunter Gedenkkultur. Und bleibt die Basis für Zuständigkeiten, hinzu kommen der litiker dazu, Kultursenator zu werden? Literatur und ging mit der Punkband waren auch viele SED-Mitglieder, die an eine Berlin-adäquate Kulturpolitik, die Schutz des baukulturellen Erbes, das Diese Frage musste sich Lederer zu Be- Feeling B als Background-Chor ins Stu- Glasnost und Perestroika interessiert nicht nur die Hauptstadt-Leuchttürme Musicboard Berlin und der Europa-Be- ginn seiner Amtszeit des Öfteren stel- dio oder arbeitete mit der Bolschewis- waren«, so heißt es auf der Homepage im Blick hat, sondern in der Teilhabe reich. Lederer will raus aus einem eng len lassen. »Kunst und Kultur haben tischen Kulturkapelle zusammen an des Bundesbeauftragten für Stasi-Un- großgeschrieben wird. gefassten Kunst- und Kulturverständ- in meinem Leben immer eine wichtige Aufnahmen. Lederer erinnert sich, dass terlagen, Roland Jahn. nis: Sein neues Ministerium soll sich Rolle gespielt«, sagt der Kultursena- Perestroika und Glasnost in der DDR Aufgewachsen in einem System, in Andreas Kolb ist Redakteur von durch eine breitere Herangehensweise tor einer Stadt, in der der »Rohstoff Ende der er Jahre schon einiges dem politische Freiheiten von oben Politik & Kultur

Die neue Generation der Kunstförderer

Junge Vereine und ihre Rol- war eine schöne Ergänzung zu mei- ckend und setzt die Hemmschwelle statt an der Programmgestaltung oder Bei den Jungen Kaisern sind Sie le in der Kulturförderung nem Studium, um die Kunstgeschich- sehr hoch. Die Jungen Kaiser, aber bei Finanzierungsprojekten beteiligt für die Vernetzung und Kontakt- te und auch die Berliner Museen, ins- auch andere befreundete junge Ver- zu sein. Aber der Drang, zu helfen und pfl ege zu anderen Freundeskreisen besondere die Staatlichen Museen zu eine, wie z. B. Jung & Artig, der junge intensiv dabei zu sein, wird bei den und Institutionen zuständig. Ent- Theresa Brüheim: Herr Krishnarat- Berlin (SMB), kennenzulernen. Förderverein der Berlinischen Galerie, meisten schnell geweckt. sprechend vernetzen Sie ge zielt ne, Sie sind Mitglied der jungen oder auch die Jungen Meister, ver- die jungen Sektionen anderer Sektion, genannt Junge Kaiser, des Vielen Kunstfördervereinen haf- suchen dagegen anzukämpfen und Seit  leiten Sie auch die Jun- Berliner Fördervereine nicht nur Kaiser Friedrich Museumsvereins, tet bis heute aufgrund oftmals eine neue Frische in die Kulturwelt gen Kaiser. Was bieten diese ihren im Bereich Kunst, sondern auch dessen vereinseigene Sammlung hoher Mitgliedsbeiträge ein eli- zu bringen. Wir wollen den jungen Mitgliedern? Was steht auf dem Musik, Kultur etc. Wieso ist das mit über  Gemälden und mehr täres, manchmal auch ein »leicht Berlinern durch neue und zeitgemäße Programm für ? wichtig? Welchen Mehrwert wol- als  Skulpturen der Gemälde- verstaubtes« Image an. Wie be- Wege einen leichten und zwanglosen Für mich ist das wertvollste der len Sie daraus ziehen? galerie am Kulturforum und der geistern die Jungen Kaiser, andere Zugang zu Kunst und Kultur ermögli- Freundeskreis, in den man aufge- Ich habe das Amt für Kommunikation Skulpturensammlung im Bode- junge Menschen zwischen  und chen. Da unsere Zielgruppe weit gefä- nommen wird. Sicherlich ist dies und Vernetzung übernommen, weil Museum in Berlin als Dauerleihga-  Jahren dazu, Mitglied zu wer- chert ist, bieten wir daher regelmäßig etwas, das man nicht planen oder for- ich das Potenzial und den Antrieb in be zur Verfügung steht. Wie sind den? Wie viele Mitglieder zählt der Basic-Führungen an und erklären im cieren kann. Die Jungen Kaiser hat- unserem kleinen Kreis der Jungen Sie Mitglied geworden? Was hat Verein in dieser Altersgruppe? Wie Rahmen von Veranstaltungsreihen die ten womöglich Glück, dass sich eine Kaiser sah, der Wille, unsere beiden Sie als junger Mensch mit damals hoch sind die Mitgliedsbeiträge in verschiedenen Gattungen oder Epo- so äußerst leidenschaftliche und Museen – Gemäldegalerie und Bode- Mitte  bewegt, einem Kunstför- dieser Altersgruppe? chen der Kunstgeschichte. Man fi ndet harmonische Gruppe zusammenge- Museum – zu unterstützen. Unsere derverein beizutreten?  haben wir  Mitglieder erreicht. also auch ohne Vorkenntnisse sehr funden hat, die jedes neue Mitglied Altersgruppe kann es sich häufi g nicht Malith C. Krishnaratne: Ein Schul- Im Alter von  bis  Jahren beträgt schnell und einfach einen Zugang. herzlich empfängt und integriert. leisten, viel Geld für neue Ankäufe freund hatte mir  vom Kaiser der Mitgliedsbeitrag pro Jahr  Euro Um dies noch zu stärken, haben wir oder Sonderausstellungen zu spen- Friedrich Museumsverein (KFMV) und zwischen  und  Jahren  Weshalb sollten gerade junge  einen monatlichen Stamm- den, daher müssen wir mit viel Krea- erzählt und lud mich einige Male ein, Euro, wobei in diesen Preisen sogar Menschen Mitglied in Kunstför- tisch eingeführt. So konnten sich tivität und Manpower andere Wege ihn zu Veranstaltungen der Jungen die Jahreskarte Classic Plus der SMB dervereinen werden? die Mitglieder auch außerhalb des fi nden. Je mehr Mitglieder wir wurden, Kaiser zu begleiten. Damals war die enthalten ist. Als Mitglied hat man Kunst verbindet und hat eine ganz kunsthistorischen Rahmens treff en umso mehr Talente und Ideen ver- junge Sektion des KFMV kein Jahr alt somit uneingeschränkten Zugang zu universelle Sprache, die Grenzen ab- und sich bei einem gemütlichen Glas sammelten sich um uns herum. In- und es gab lediglich ca. zehn bis  allen  Museen der SMB. Ich halte baut und das Zwischenmenschliche Wein kennenlernen und austauschen. dem ich mich mit allen jungen Verei- Mitglieder. Ich begann zu dieser Zeit unsere Mitgliedsbeiträge für ange- fördert und bestärkt. Ich bin glücklich, Besonders für neue Mitglieder war nen der Kunst- und Kulturlandschaft mein Studium der Kunstgeschichte messen, insbesondere wegen des viel- dass ich auf diese Vereinswelt auf- dies eine Möglichkeit, schnell Zu- Berlins in Verbindung gesetzt habe, und hatte Schwierigkeiten einen Zu- fältigen und regelmäßigen Veranstal- merksam geworden bin. Viele enge gang zu fi nden. Regulär bieten wir um ein Netzwerk zu kreieren, welches gang zu den Alten Meistern zu fi nden. tungsprogramms. Für Personen, die Freundschaften sind daraus entstan- jedes Halbjahr ca. sechs bis acht Ver- eine ganze Bandbreite an verschiede- Vor allem die Führungen mit dem sich den Mitgliedsbeitrag nicht leisten den und auch mein berufl icher Werde- anstaltungen an. Dazu gehören bei- nen Disziplinen, Talenten und Ideen Kunsthistoriker Thomas Hoff mann können, gibt es die Möglichkeit, eine gang wurde stark durch den Verein ge- spielsweise Themenführungen durch bietet, möchte ich dies noch weiter durch die Gemäldegalerie begeister- Patenmitgliedschaft zu erhalten. In prägt. Es gibt keinen Zwang, als Mit- Gemäldegalerie und Bode-Museum, fördern und erweitern. Das Konzept ten mich auf Anhieb und erweckten dem Fall übernimmt ein Mitglied des glied besonders aktiv zu sein. Viele der aber auch Architekturführungen in der »jungen Sektionen« von Vereinen meine Liebe für Caravaggio, Botticelli, Muttervereins die Kosten. Mitglieder genießen einfach das Pro- ganz Berlin zusammen mit unserem ist noch sehr jung und bevor jeder Rembrandt und Co. Festes Mitglied Das oft ignorierte »Imageproblem« gramm und wollen gelegentlich dem Vorstandsmitglied Thomas Albrecht alleine für sich kämpft und um Mit- wurde ich dann .  übernahm vieler Kunst- und Kulturfördervereine normalen Alltag entfl iehen, indem sie oder Exkursionen, wie z. B.  nach glieder buhlen muss, wieso nicht ge- ich ehrenamtlich das Sprecheramt für ist meines Erachtens gravierend. Für sich für ein bis zwei Stunden in einem Wittenberg oder  nach Prag mit meinsam als die neue Generation der Kommunikation und Vernetzung. Es viele junge Berliner wirkt es abschre- Gemälde oder einer Skulptur verlieren, Kunsthistoriker Thomas Hoff mann. Fortsetzung auf Seite  Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLES LEBEN 15

Lesen. Gelesen. Ästhetisches Geh lesen! Befremden auslösen Gott und die Welt... Fünf Fragen an daher einerseits auf die jugendlichen sowohl in der Bearbeitung von inter- CHRISTIAN STÄBLEIN kann der kriminelle Alltag unserer Exis- Bünyamin Werker Lebenswelten ausgerichtet sein. An- disziplinären Vermittlungsformen tenz sein. Robben hat die Leichtigkeit dererseits ist es aber auch wichtig, als auch in der Vermittlung einer ange war ich um das Buch her- von McEwan übertragen. In dem Wissen ästhetisches Befremden auszulösen, pädagogischen Haltung, die Akteure umgeschlichen, immer wieder – ja, vielleicht kann man sogar sagen: in Bünyamin Werker hat zum . Januar damit die Möglichkeit besteht, Bil- in der Jugendkulturarbeit befähigt, L hatte ich es in der Hand gehal- die Wahrheit hinein übersetzt, dass es  die Studienleitung an der Aka- dungsprozesse in Gang zu setzen. die Mediatisierung des Alltags als ten und dann doch zurückgelegt. Die das neue Leben ist, dass die Welt nur demie der Kulturellen Bildung des Dabei darf aber der Spaß am künstle- zusätzlichen ästhetisch gerahmten Werbung, dass, wer in diesem Jahr nur retten kann. Bundes und des Landes NRW in Rem- rischen Tun nicht zu kurz kommen. Handlungsspielraum zu begreifen. ein Buch lesen werde, dieses lesen müs- Wir werden gelesen, wir werden über- scheid übernommen. Er verantwor- Dabei geht es nicht nur darum, bei se, war mir zu reißerisch. Oder war es setzt. Wenige Wochen vor der Leipziger tet das inhaltliche Gesamtprogramm Wie verändern sich angesichts der Jugendlichen einen technologiekriti- die Sorge, dass es stimmen könnte, die Buchmesse  kann ich als Theologe und leitet den Fachbereich Allgemei- immer stärkeren Medialisierung schen Umgang mit der digitalen Welt mich zurückhielt? Als dann schon der diese Einsicht kaum formulieren, ohne ne Kulturpädagogik. Werker war zuvor des Alltags – Smartphone, Tab- zu fördern, sondern ihnen auch die nächste – ebenso wie die anderen wie- mir einen Blick auf Martin Luther und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am let, Social Media – die Angebote Möglichkeit zu geben, als soziales derentdeckte – Roman des Amerikaners die neue Bibelübersetzung zu gönnen. Deutschen Jugendinstitut sowie am der kulturellen Bildung? Und wie und kulturelles Wesen den digitalen John Williams die Regale füllte, habe Eines der zentralen Ereignisse  Jahre Lehrstuhl Allgemeine Erziehungswis- sehen vor diesem Hintergrund bzw. virtuellen Raum zu nutzen, um ich doch noch zugeschlagen: »Butcher’s nach dem reformatorischen Aufbruch senschaft und Historische Bildungsfor- attraktive Konzepte der Jugend- sich ihre Welt anzueignen. Crossing«. Die Geschichte von einem ist das neue Hineinlesen in den Über- schung der TU Dortmund tätig. Dort kulturarbeit aus? jungen Mann namens Will Andrews, der setzer der Bibel, der Luther war. Seine lehrte und forschte er zu Angeboten, Neue Medien sind die zentralen Wie machen Sie die Ergebnisse auf Büff eljagd geht, um sich selbst zu Bibelübersetzung von  ist in den Formaten und Förderung der Kultu- Speicher, Instrumente und Ver- Ihrer bisherigen Forschungstä- fi nden, liest man nicht – man wird ge- letzten Jahren neu bearbeitet und neu rellen Jugendbildung in NRW sowie zu mittler kulturellen Wissens unserer tigkeit für die Multiplikatoren- lesen. Pageturner, heißt es im Krimiseg- aufgearbeitet, eben: revidiert worden. Ästhetischer und Kultureller Bildung, gegenwärtigen Gesellschaft. Kinder Fortbildungen an der Akademie ment in solchen Fällen. Für mich wird Man sollte nicht meinen, dass es hierbei Jugendkultur und Erinnerungskultur. und Jugendliche eignen sich wie Remscheid fruchtbar? in derartigem Lektürefall – man könnte um etwas ginge, was am Ende nur Inst- Als Lehrbeauftragter am Institut für selbstverständlich über internetba- Aus meiner intensiven und langjäh- auch sagen: Bungee-Jumping im Kopf – rument, nur Mittel zum Zweck, womög- Erziehungswissenschaften der Ruhr- sierte Plattformen wie YouTube im rigen Forschungstätigkeit zu Formen einmal mehr deutlich, dass alles Lesen lich nur Nebenprodukt reformatorischer Universität Bochum beschäftigte er Rahmen von Tutorials unterschied- der Gedenkstättenpädagogik im Übersetzen ist. Ich setze über in eine Einsicht sei. Übersetzung macht ihren sich mit Themen der interkulturellen liche Formen künstlerischer Praxis globalen Kontext lassen sich Bedarfe andere Welt, ich werde hinübergesetzt. Kern aus – auf dass aus Lesern der Bi- Bildungsarbeit und Bildung für nach- an. Dies kann ein krasser Gitarrenriff für Fortbildungen extrahieren. Viele Wie ich zurückkomme, kann ich nicht bel Menschen werden, die erleben, wie haltige Entwicklung. aus einem Rocksong oder eine coole der hier lebenden Menschen brin- vorher wissen. Genau das erzählt in an- ihr Leben von Gott gedeutet, gesehen, rührender und zugleich brutaler Weise »gelesen« ist, wie dieser in ihr Leben Ulrike Plüschke: Herr Werker, die Geschichte von »Butcher’s Crossing«. übersetzt, was er verspricht. Dieser Gott welche Ziele haben Sie sich für Selbstsuche, die womöglich fi nden muss, steht für Cross-over, für neues Leben, das von Ihnen verantwortete in- was Selbstsuche fi nden muss. Ohne zu für Rettung, wie klein die Nussschale haltliche Gesamtprogramm und viel Handlung oder das Ende zu ver- auch sein mag, in der Menschen das Le- den Fachbereich Allgemeine Kul- raten: John Williams bringt uns eine ben zu schaukeln versuchen. Vor allem turpädagogik gesteckt? Variante von Nihilismus in der ganzen aber steht er für ein eigenes übersetzen Bünyamin Werker: Das Fortbildungs- Weite und Härte nahe, dass mir Schauer – mitten hinein, statt apathisch und fern. programm der Akademie der Kultu- und Angst über den Rücken laufen. Man Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten rellen Bildung hält ein vielfältiges fängt an, zu verstehen. Und zu frösteln. ins Kröpfchen. Schon die Märchen der Angebot für Multiplikatoren der Kul- Dank dieser Übersetzung. Und dank dem Kindheit prägen ein, dass Lesen im Ur- turellen Bildung mit Kindern und Ju- Übersetzer aus dem Amerikanischen. sprung einen Unterscheidungsvorgang gendlichen bereit. Dies gilt es zu er- Die Kunst der Übersetzer wird beim meint. Lesen, picken, das Richtige in halten bzw. noch weiter auszubauen. Lesen viel zu oft übersehen. Sie sind Reihe bringen. Gutes Erzählen pickt sich Neben den Qualifi zierungsangeboten die, die für uns vorab auf die Reise im uns und bringt uns wieder auf die Reihe. der einzelnen Fachbereiche möchte Kopf gehen. In diesem Fall – »Butcher’s So werden wir gelesen. Und deshalb ist ich die interdisziplinär angelegten Crossing« – ist es Bernhard Robben. Wie – vor dieser wie vor jeder Buchmesse – Fortbildungen stärker ausarbeiten. oft war ich schon mit Bernhard Robben mein Wunsch, meine Sehnsucht, meine Dabei sind es vor allem die gesell- auf Lektüre-Übersetzungsfahrt. Weil Lust auch: Geh Lesen! Und: Vergiss die schaftspolitischen Querschnittsthe- ich das manchmal nebenbei gar nicht Übersetzer nicht – zumal im Jahr des men wie Diversität, Inklusion oder realisiere, habe ich nun extra nachge- Reformationsjubiläums . »Sie wer- Bildung für nachhaltige Entwicklung, guckt. Nicht nur bei John Williams ist den lachen, die Bibel«, soll Bert Brecht die sich in allen Angebotssegmenten er dabei. Philip Roth, Yoram Kaniuk, ja bekanntlich auf die Frage geantwortet der Akademie, auch im Bereich Fach- Jason Starr, Salman Rushdie, um nur haben, welches Buch er gerade lese und diskurs und Forschung widerspiegeln ein paar zu nennen. Und immer wie- überhaupt und so weiter. »Sie werden sollen. Um zeitgemäße Fortbildun- der: Ian McEwan. Wenn dessen Bücher lachen, die Bibel.« Aber das ahnten Sie gen zu entwickeln, bedarf es darüber auf dem Nachttisch liegen, hat Robben nun schon, dass ich da nicht drum her- hinaus eines gewissen Raumes zum nicht selten vorgelesen, also übersetzt. umschleiche. Was bin ich froh, dass auf Experimentieren. Des Weiteren wer- So also auch in den ersten Tagen dieses meinem Nachttisch mehr als ein Buch de ich natürlich meine eigene Exper-

Jahres, in denen mich McEwans neues Platz hat. tise in die Akademie einbringen. Der BILDUNG KULTURELLEN DER AKADEMIE FOTO: Buch »Nussschale« verschlungen hat. Bereich der Erinnerungskultur sowie Bünyamin Werker Eine abgründige Relecture von Hamlet, Christian Stäblein ist Propst der die Einbindung von Einfl üssen der aus der Perspektive des ungeborenen Evangelischen Kirche Berlin-Branden- Jugendkultur und Popkultur stellen Hip-Hop-Tanzchoreografi e sein. gen beispielsweise unterschiedliche Lebens erzählt. Ach, wie unterhaltsam burg-schlesische Oberlausitz gesellschaftlich relevante Themen Angebote kultureller Bildung stehen Erfahrungen und Erinnerungen an dar, die im Rahmen von Fortbildun- daher vor der Herausforderung, zeit- Krieg, Flucht und Vertreibung in die gen in der Kulturellen Bildung auch gemäße interdisziplinäre Formate deutsche Gesellschaft ein. Folge- Fortsetzung von Seite  weiterhin Berücksichtigung fi nden zu entwickeln, die grundlegende richtig sind Gedenkstätten mit der sollen. Kulturtechniken aus den Bereichen pädagogischen Herausforderung Kunst- und Kulturförderer auftreten der Liebermann-Villa, um Gespräche Tanz, Musik, Theater, Bildende konfrontiert, als institutionelle und ein eigenes Image bilden?! über eine gemeinsame Zukunft zu Sie haben durch Ihr eigenes Kunst, Spiel oder auch Literatur Träger »nationaler Sinnstiftung« zu führen und um zu planen, wie wir die künstlerisches Schaff en z. B. als vermitteln und zugleich Smartpho- überprüfen, ob sie mit ihren pädago- Wie stellen Sie sich die Zukunft Bekanntheit unserer Vereine rapide Musiker der Hip-Hop-Gruppe nes, Tablet und Social Media als Teil gischen Angeboten die gegenwärtige von Kunstfördervereinen vor? Wie steigern können. Auch ein frisches »Sons of Gastarbeita« oder als dieser Vermittlung begreifen. Dies und zukünftige erinnerungskultu- könnte man deren Image aufbes- und attraktives Image muss geformt Organisator des Festivals »Rap für muss nicht immer heißen, Körperli- relle Vielfalt der nachfolgenden Ge- sern, sie noch zugänglicher für und nach außen präsentiert werden. Courage« lange Zeit direkt an der ches zu digitalisieren, sondern kann nerationen berücksichtigen. Für die junge Menschen machen und so Für Mitte  organisieren wir daher Basis der Jugendkultur gearbeitet. auch bedeuten, digitale Spiele in die vielen Mitarbeiter der Gedenkstätten ggf. auch modernisieren? eine Veranstaltung »Der Tag der Jun- Wie beeinfl usst diese Erfahrung analoge Welt zurück zu transferieren. gibt es diesbezüglich kaum qualifi - Noch sehe ich die Zukunft von unse- gen Freunde«, um als vernetzte junge Ihre Tätigkeit? In diesem Kontext lässt sich auch das zierende Weiterbildungsangebote, ren Kunst- und Kulturfördervereinen Kulturvereinswelt die Stadt Berlin Die praktische Arbeit mit Jugendli- Forschungsprojekt zu Postdigitalen die helfen, diversitätsbewusste Zu- gefährdet, da die Vereine es oft nicht einzuladen, uns kennenzulernen und chen in meiner Zeit als Musiker war kulturellen Jugendwelten verorten, gänge für die Vermittlung und auch schaff en, genug junge Berliner zu be- mit uns zusammen die Kunst- und eine wertvolle Erfahrung für mich. das die Akademie in Kooperation mit für die Gestaltung von Erinnerungs- geistern, sich ehrenamtlich im Kultur- Kulturlandschaft Berlins zu entdecken, Sie hat mir gezeigt, dass man als dem Institut für Bildung und Kultur kultur zu entwickeln. Hier könnte die bereich einzubringen und somit auch zu fördern und auch mitzugestalten. Künstler eine Haltung entwickeln und der Universität -Nürn- Akademie der Kulturellen Bildung die Existenz der Fördervereine zu Ich sehe in dieser Vernetzung und en- muss, die dazu führt, Bedürfnisse berg durchführt. ein zentraler Impulsgeber sein. sichern. Lange hat man versäumt, sich gen Zusammenarbeit miteinander die der Jugendlichen in die eigene Vor- um diese Problematik zu kümmern. Zukunft der Vereine. stellung der künstlerischen Praxis Sehen Sie in diesem Zusammen- Bünyamin Werker ist Studienleiter Es scheitert bereits an der geringen mit einzubeziehen. Sonst besteht hang Handlungsbedarf bei der und Leiter des Fachbereichs Allgemei- Bekanntheit unserer Vereine. Im De- Malith C. Krishnaratne war bis Januar die Gefahr, dass der Künstler das Ziel Qualifi zierung von Akteuren der ne Kulturpädagogik an der Akademie zember  habe ich daher  junge  Sprecher für Kommunikation und verfehlt, Jugendlichen den Raum kulturellen Bildung? der Kulturellen Bildung des Bundes Kulturvereine an einem Tisch versam- Vernetzung der Jungen Kaiser im Kaiser zu bieten, sich in ihrer Lebenswelt Auch wenn es schon eine Vielzahl und des Landes NRW in Remscheid. melt, darunter die Vereine der Friedrich Museumsverein. Theresa auszuprobieren und mit Kunst zu an außerschulischen Angeboten in Ulrike Plüschke ist Referentin für Staatsoper Berlin, des Deutschen The- Brüheim ist Chefi n vom Dienst von experimentieren. Der Ausgangs- der kulturellen Medienbildung gibt, Kultur und Bildung beim Deutschen aters, der Berliner Philharmonie und Politik & Kultur punkt künstlerischer Arbeit muss sehe ich einen besonderen Bedarf Kulturrat 16 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Ein neues Licht Ferdinand Benekes Tagebücher als Inspiration für das Reformationsjubiläum  =

JOHANN HINRICH CLAUSSEN selbst als in ihren religiösen und poli- tischen Folgen (unter welchen wir die

enn man sich nur in- unseligste, blutigste Periode unsers INDEX.PHP?CURID tensiv genug mit einer deutschen Vaterlandes mitzuzählen G/W/ Sache beschäftigt, fällt nicht vergeßen dürfen). Und weil die- W einem bald nichts mehr ses Fest als öff entliche Jubelfeyer immer dazu ein. Es sei denn, jemand käme und einen polemischen, sich gegen katho- steckte einem ein neues Licht auf. So lische Mitchristen triumphirend rüh- ging es mir mit der Reformation. Lang menden Charakter hat, der weder mit war die Zeit der Vorbereitung auf das dem liebreich innigen und demüthigen große Jubiläum, arbeitsreich die eigene Charakter des Christenthums noch mit Auseinandersetzung mit dieser epo- der Unsicherheit übereinstimmen kann, chalen Bewegung. Viel hatte ich gele- welche über alle unsre verschiedenen sen, viel hatte ich geschrieben, bis mir Ansichten des Lebens und der Kirchen kein interessanter Gedanke schwebt. Die Evangelische mehr dazu kommen wollte. Kirche und die Katholische So musste ich befürchten, – beyde sind die Träger und ausgelaugt und uninspi- Säulen Eines Tempels. Dar- riert ins Jubiläumsjahr  um freue sich jede ihrer Ei- einzutreten. genthümlichkeit. Sie erken- Zum Glück aber gab ne auch an der Schwester- mir ein freundlicher Mit- kirche das Gute in dem, was mensch, nämlich der Ham- in ihr anders ist. Aber nicht burger Historiker Frank lautjubelnd rühmen müße Hatje, gerade noch recht- Mit dieser Kolumne sich die Eine ihrer Vorzüge

zeitig einen entscheiden- begleiten wir das vor der anderen mit Fest- HTTPS://COMMONS.WIKIMEDIA.OR FAL, WERK, EIGENES  (TALK) ROLETSCHEK RALF FOTO: den Hinweis, sodass ich Reformationsjubiläum. geläute, Kanonendonner Im Plenarsaal der Hamburger Bürgerschaft: Ferdinand Beneke war dort als Oberaltensekretär und Konsulent tätig nun mit frischer Freude auf und Triumph. Ach, beyden die Reformationsfeiern zugehen kann. Christenparteyen hat der gnädige Gott phalistischen Jubelereignis, sondern in Dies müsste nun keine trübe Bußübung, wird man in den Tagebüchern von Fer- Hatje arbeitet mit seinem Team in mei- viel zu vergeben!« Dies wäre noch heute einer vertieften Selbstbesinnung; dabei sondern könnte durchaus ein fröhliches dinand Beneke vergeblich suchen. Man ner Heimatstadt Hamburg an einem der nicht die schlechteste Art, der Refor- den anderen Konfessionen nicht nur mit Fest werden. In ihm aber stellt sich die wird sie selbst fi nden müssen. schönsten und interessantesten Editi- mation zu gedenken und das anste- Respekt und Toleranz zu begegnen, son- ernste Frage, was denn nun das Eigen- onsvorhaben, das Deutschland zurzeit hende Jubiläum zu feiern: im Gebet für dern sie anzuerkennen, d. h. sich an der tümliche des Protestantismus ist, an Johann Hinrich Claussen ist zu bieten hat. Gemeinsam geben sie die die christliche Freiheit des Geistes zu Andersartigkeit der anderen zu erfreuen, dem sich auch aufgeklärte Katholiken Kulturbeauftragter der Evangelischen Tagebücher von Ferdinand Beneke he- danken, dies aber nicht in einem trium- um sich dann wechselseitig zu vergeben. erfreuen könnten. Die Antwort darauf Kirche in Deutschland raus. Dieser war ein bedeutender Ham- burger Politiker und Jurist, vor allem aber ein großartiger Tagebuchschreiber – mindestens im Rang eines Samuel Pe- pys. Benekes Aufzeichnungen von  Luther und der interreligiöse Dialog bis  schildern das gesamte dama- lige Leben in einer höchst bewegten Anknüpfungen und Bruch- die es sich nehmen. Menschliches Le- läuft auf ein Götzenbild und falsche ist es gottlos, sich selbst im »Besitz« Zeit: Stadt- und Weltpolitik, Musik und stellen reformatorischer ben ist stets mehr als das, was in den Vorstellung von Gott hinaus«, so heißt der Wahrheit zu dünken. Literatur, Alltag und Religion. Beneke Genen beschlossen liegt. Der Mensch es in WA /,: Auslegung zum Ga- Weil Luther seine Grundeinsichten besaß dafür die nötigen politischen und Theologie ist mehr als das Resultat seines Schick- laterbrief, Vorlesung . der »Toleranz Gottes« nicht stringent gesellschaftlichen Kenntnisse, denn er sals. Der Wert des Menschen bemisst Martin Luther wollte, wie viele vor weiterführte, hielt er sich selbst nicht arbeitete als Oberaltensekretär an einer ANDREAS GOETZE sich nicht nach seiner Arbeitsleistung. und nach ihm, die Christenheit stär- an seine eigene theologische Prämisse, Schaltstelle von Stadt und Kirche. Seit Des Menschen Würde und Wertschät- ken und war der Überzeugung, dass dass jegliche Ketzerei nicht mit Gewalt einigen Jahren nun werden Benekes ie multireligiöse und multikul- zung hängt nicht am seidenen Faden dies nur durch Abwertung der Ande- auszutreiben sei, sondern es Gottes Tagebücher, die nicht nur eine kostba- turelle Gesellschaft ist schon in eines mehr oder weniger geglückten ren, die anders glauben, möglich sei. Wort allein tue (Von weltlicher Obrig- re historische Quelle, sondern darüber D den ersten Jahrhunderten der Lebens – was soll das auch sein? Es Seine Theologie und Praxis blieb so keit, ). Hätte er sich selbst – und hinaus ein literarischer Schatz eige- prägende Kontext des jungen Chris- hängt an der verlässlichen Zuwendung hinter seinen eigenen theologischen mit ihm die Kirche – an die von ihm ner Güte sind, wissenschaftlich ediert tentums gewesen. Die Pluralität des und Treue Gottes zum Menschen. Erkenntnissen über die unverfügbare ausdrücklich benannte »tolerantia – dank der großzügigen Unterstützung Denkens und Glaubens, der Lebensfüh- Diejenige Bibelstelle, die für Martin Kraft des Heiligen Geistes zurück, die Dei« gehalten, hätte er nicht zu Ge- der »Hamburger Stiftung zur Förderung rung und der Gesellschaftsordnungen Luther nach seinen eigenen späteren er z. B. in der Erklärung zum dritten walt und Verfolgung Andersgläubiger von Wissenschaft und Kultur«. Im Jahr ist damit keine moderne Erscheinung. Worten »die Tür zum Paradies« ge- Artikel des Glaubensbekenntnisses aufgerufen. Das Verhältnis der Refor-  soll die Edition abgeschlossen sein Allerdings haben die Menschen im so- worden ist, steht im Römerbrief des formulierte. Luther hatte den Gedan- mationszeit und der Reformatoren im und  Bände umfassen. Noch ist vielen genannten »christlichen Abendland« Apostels Paulus, der dort im . Kapitel ken der Toleranz in ausgesprochener Besonderen zum Toleranzgedanken Deutschen gar nicht bewusst, was für über . Jahre in einer Art religi- schreibt: »Ich schäme mich des Evan- Klarheit in seiner dritten Thesenreihe lässt sich bestimmen zwischen dem ein Juwel hier der Öff entlichkeit zu- ösen Monokultur gelebt. Nur einige geliums nicht, denn es ist eine Kraft zum Römerbrief von  formuliert. Potential zur Toleranz und der fakti- gänglich gemacht wird. Juden waren als »die andere Religion« Gottes, die selig macht alle, die daran Er erkennt in »der unvergleichlichen schen Intoleranz. In diesen Tagebüchern fi ndet sich als Minderheit erkennbar – mit ent- glauben, die Juden zuerst und ebenso Geduld und Weisheit Gottes« (»ad So will ich in gewissem Sinn »Lu- nun die schönste und klügste, kritischs- sprechenden Verwerfungen durch die die Griechen. Denn darin wird off en- incomprehensibilem tolerantiam et ther gegen Luther« lesen und seine te und frömmste Erklärung, wie man christliche Mehrheitsgesellschaft. bart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, sapientiam Dei«) die Grundlage für die Erkenntnisse wieder herausstellen: als aufgeklärter Bürger und Protestant Die Situation hat sich grundlegend die aus dem Glauben kommt – wie ge- Pluralität der Lebensäußerungen der Die Heilige Schrift als Botschaft der der Reformation gedenken soll. Beneke geändert. Im Europa des . Jahrhun- schrieben stehet: Der Gerechte wird Menschen. Gottes Toleranz ist in die- Liebe Gottes zu allen Menschen wahr- schrieb sie am . Oktober  nieder derts stellt sich nicht mehr die Frage, aus Glauben leben«. sem Sinn Voraussetzung für die Tole- nehmen. Religion nicht mit Moral und (sie ist noch nicht editiert, deshalb bin ob Menschen unterschiedlicher kul- ranz der Menschen untereinander. Für Besserwisserei verwechseln. Religiöse ich Frank Hatje für den Hinweis darauf tureller und religiöser Prägungen zu- ihn ist es die erhaltende und erlösende Bildung gewinnen, denn nur wer reli- Toleranzpotenzial gegen so dankbar). Es muss ein eigentümlich sammenleben wollen. Vielmehr leben Liebe Gottes, die bereit ist, alles zu er- giös gebildet ist, kann nicht verführt faktische Intoleranz aufgewühlter Tag gewesen sein. Die sie neben- und miteinander, sodass tragen, zu erdulden, zu erleiden um des werden. Die Freiheit des Gewissens Zeit Napoleons war endgültig vorbei, sich aus konkreten Lebenserfahrun- Damit eröff nete die Reformation die geliebten Menschen willen. gegen alle religiöse Bevormundung eine neue Ordnung musste für Europa gen deutlich und dringend die Fragen Gewissens- und Glaubensfreiheit in Diese off ene Haltung, begründet betonen. Glaube und Selbstkritik als gefunden werden, zugleich brach sich nach der Gestaltung eines »gelebten besonderem Maße – und blieb doch in Gottes Toleranz der radikalen Gna- Geschwister anerkennen, um funda- ein nationaler Enthusiasmus Bahn. Bur- Dialogs« stellen. Das bedeutet aber hinter den eigenen wunderbaren Er- de und in der Gewissensfreiheit des mentalistischen Tendenzen zu begeg- schenschaftler zogen auf die Wartburg, zugleich auch die Erkenntnis, dass kenntnissen zurück. Als sei man selbst Menschen, ist eine Herausforderung nen. Glauben zu leben und zu feiern, um den . Jahrestag von Luthers The- der christliche Glaube nicht allein ein erstaunt über solch einen großherzi- bis heute. In einer Zeit, in der ausgren- weil ich mich bedingungslos angenom- senanschlag feierlich und begeistert zu Antwortgeber ist. Er muss mit dem Ein- gen Gott, der in der Bibel zu entdecken zende dualistische Weltbilder im Sinne men weiß. Vieldeutigkeit zulassen. Hu- begehen. Beneke war zu alt und abge- spruch der anderen Religionen rech- war. Und das hatte fatale Folgen für »wir – und da die anderen« Karriere morvoll bleiben, Mitgefühl entwickeln. klärt, um sich diesem Zug anzuschlie- nen. Die plurale multireligiöse Welt die, die anders glaubten. Die Juden als machen, gilt für alle Religionen und Und Luthers aus Römer , gewon- ßen. Stattdessen tat er, was er immer macht deutlich: Das Christentum ist unsere »Brüder« – aber nur wenn sie Weltanschauungen, ihr geistig-spiri- nenes trostreiches Fundament stark tat: Er schrieb in sein Tagebuch: nicht aus sich heraus denknotwendig. sich bekehren. Ansonsten sind sie das tuelles Friedenspotenzial abzurufen. machen: Nicht irgendein »absolutes »Als ein öff entliches Jubelfest will verworfene Volk. Juden und in deren Bis heute tun sich nicht nur Christen, Wissen«, sondern die Gewissheit ist mir das Reformationsfest nicht ge- Gefolge auch »Türken, Papisten und sondern Gläubige aller Religionsge- Kennzeichen eines beziehungsori- Eine Erinnerung an Martin Luther lingen. Schon beym ersten Erwachen Schwärmer« wurden zur Negativfolie meinschaften bis hin zu Atheisten und entierten Glaubens. Das macht den leuchteten der theure Gottesmann Für mehr Gelassenheit hilft die Erinne- der zentralen reformatorischen Er- Humanisten schwer, dem Anderen re- Glauben durchaus schwieriger, aber Luther und die Freyheit des Geistes, rung an die Erkenntnis der Reformati- kenntnis der Rechtfertigung des Sün- spektvoll zu begegnen. Alle scheinen es macht ihn auch kostbarer. welche er allen Christen erstritten, on: Glaube ist unverfügbar, das ganze ders »allein aus Gnade« (»sola gratia«). die Tendenz zu haben, die eigenen durch mein Gebet. Als ein öff entliches Leben ein Geschenk. Eine trostreiche »Wer von der Gnade ins Gesetz zurück- Anhänger zu bevorzugen und wenig Andreas Goetze ist Landespfarrer Kirchenfest kann mir diese Feyer aber Erinnerung in Zeiten, in der viele fällt, der fällt in Götzendienst, weil es Platz für die Andersgläubigen zu las- für den interreligiösen Dialog nicht zusagen, weil die Reformazion Menschen rechtlos sind, an den Rand außerhalb Christi nur Götzendienst sen. In religiöser Perspektive gilt aber: der Evangelischen Kirche Berlin- wie alles Menschenwerk nicht rein gedrängt und auf der Flucht sind und gibt, ob es nun Papst, Gesetze des Wenn Gott immer noch größer ist, als Brandenburg-schlesische Oberlausitz genug ist, sowol in ihrer Katastrophe scheinbar nur diejenigen Recht haben, Moses oder Türken genannt wird – es ich zu denken und zu glauben vermag, (EKBO) Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  REAKTIONEN 17

Keine Hofnarren Künstler sind Staatsbürger

PETER TAUBER kann neutraler formulieren: Dass die nie gehalten – sondern für Künstler, die Künstlerinnen und Künstler ihre For- Farbe bekannt haben. uf die Frage: »Wie politisch sind derungen an die Politik klar benennen, Wahlkampfzeiten sind Hochfeste Das Musik-Kultur-Politik-TV-Programm der nmz die Künste?« antwortete der viel ist ein legitimes Mittel zum Schutz der Demokratie: Politiker werben für A zu früh verstorbene Theater- ihrer wirtschaftlichen und sozialen politische Programme, die sie im Er- und Opernintendant Gerard Mortier: Interessen. Aber erschöpft sich darin folgsfall in demokratisch legitimierte »Alle Kunst ist politisch!« Natürlich hat tatsächlich der politische Mitgestal- Regierungsverantwortung führen. War Kunst einen ästhetischen Eigenwert, tungsanspruch der Kulturschaff enden? in früheren Jahren die Klage zu hören, aber Kunst entsteht nicht im luftleeren Künstlerinnen und Künstler sind als die Parteien seien kaum noch unter- Raum. Vielmehr fl ießen gesellschaftli- Staatsbürger Teil unserer Gesellschaft. scheidbar, kann dies heute als Ausrede che Zustände in die künstlerische Ar- Sie sollten sich mit Politikerinnen und für mangelndes politisches Engagement beit mit ein, auch wenn dies unbewusst Politikern im besten Sinne um Ziele und nicht mehr herhalten. Die Werte und oder indirekt geschehen mag. Mittel der Politik streiten, auch jenseits Grundüberzeugungen unserer freien Nur wenige große Kulturnationen von Künstlersozialversicherung oder Gesellschaft werden in einem Maße von geben absolut und relativ so viele Mittel Urheberrecht. Damit sich Kunst und innen und außen infrage gestellt, wie es für die Kulturförderung aus wie Bund, Politik wechselseitig bereichernd aus- selten in der Geschichte der Bundesre- Länder und Kommunen in Deutschland. tauschen können, müssen sie in einen publik der Fall war. Alle demokratischen Dabei ist allen Beteiligten klar, dass der Dialog treten. Wie dies geht, zeigen Bei- Kräfte sollten den Hasspredigern, Fak- Staat nicht für Kunst und Kultur zu- spiele aus den er Jahren: Joseph tenverdrehern und Ichlingen unserer ständig ist, aber sehr wohl für die Be- Beuys setzte sich für mehr direkte De- Zeit argumentativ entgegentreten. Ich Totenwacht – Bernhard Gander im Porträt dingungen, unter denen sie stattfi nden mokratie ein, während Heinrich Böll die möchte die Künstlerinnen und Künstler zur Uraufführung seines Werks beim Eclat-Festival und sich entfalten können. Als Künstler Ostpolitik Willy Brandts unterstützte. ermutigen, sich daran zu beteiligen. hat sich Heinrich Schafmeister dafür Auch wenn ich nicht alle Überzeugun- Irokesen-Schnitt, Metal-T-Shirt und Tattoos am ganzen Kör- entschieden, »Lobbypolitik« für die gen teile, für »Hofnarren« oder »Partei- Peter Tauber, MdB ist CDU-General- per – der Österreicher Bernhard Gander ist nicht das, was in Kulturschaff enden zu betreiben. Man Maskottchen« habe ich Beuys und Böll sekretär die Klischeevorstellung eines zeitgenössischen Komponisten passt. Sein neuestes Werk „Totenwacht“ erlebte mit dem SWR Vokalensemble Anfang Februar beim Eclat-Festival in Stuttgart seine Uraufführung. Einmal mehr beweist er, dass das Äußere Kunst und Politik bei ihm Programm ist und sich in seinem Werk spiegelt – dabei aber stets musikalisch intelligent und nie plakativ. Gemeinsam für eine freie seres Rechtsstaates, der Zukunftsfä- die vermeintlich intellektuelle Grund- Gesellschaft higkeit unseres Landes trennen lassen? lage lieferten oder auch nur dekorative Kann Kunst völlig unpolitisch sein oder Ablenkung vom tatsächlichen Zustand. ist sie dann nur gutgemachter Zierrat? Die Verteidigung unserer freiheitlich- NICOLA BEER Jedenfalls ist es nicht im Interesse un- demokratischen Grundordnung ist eine seres Landes, dass sich ein ganzer Be- zentrale Aufgabe aller Bürger. Gerade ie Kunst ist eine Tochter der rufsstand als politikunfähig bezeichnet. jetzt, angesichts steigender Unsicher- Freiheit«, vermerkte Friedrich Eine derartige Flucht ins Private wie zu heiten, Systemen im Umbruch, wach- D Schiller. Ohne Freiheit keine Biedermeierzeiten ziemt sich nicht für sendem Populismus, immer off ener Kunst. Sie ermöglicht das Ausleben Persönlichkeiten, deren Schaff en so un- zutage tretendem Rassismus und Men- der eigenen Kreativität, künstlerisches trennbar mit der Garantie von Freiheit schenverachtung. Aus diesem Grund Schaff en, ja überhaupt den Beruf des durch Staat und Demokratie verbunden erscheint die durchaus provozierende Künstlers. Dabei begleiten, refl ektie- ist, wie die des Künstlers. Doch die Frei- These von Olaf Zimmermann als zu abs- ren, kommentieren und kritisieren die heit geht schleichend verloren, wenn trakt und darf nicht dazu führen, dass Kunst- und Kulturschaff enden die Ent- wir sie nicht täglich aufs Neue vertei- das politische Engagement, gerade von wicklung unserer Gesellschaft und des digen. Und aktuell werden die Angriff e Künstlern, reduziert wird. Sie sollten Individuums in ihr mit ihren Werken. auf die Freiheit – des Wortes, des Berufs, ihre Meinungen und Forderungen ein- Verleihung des Kaske-Preis 2016 Nicht nur als stiller Beobachter oder des Glaubens, der Lebensgestaltung – bringen. Dies kann die Diskussion nur an den griechischen Komponisten Georges Aperghis Privatperson. Indem sie ihre Werke aus- sogar immer unverhohlener geführt. bereichern. Wir brauchen dringend stellen bzw. veröff entlichen, nehmen Deshalb stellt sich in meinen Augen mehr intensiven Diskurs, mehr kon- Im November vergangenen Jahres verlieh die Christoph und sie bewusst Stellung, konfrontieren uns nicht die Frage, ob Künstler sich betei- troverses Ringen um die beste Lösung, Stephan Kaske Stiftung ihren alljährlich ausgelobten Preis an alle mit ihrer Aussage, halten uns den ligen oder politisch engagieren dürfen. weniger klebrige Konsenssauce. Sie den Komponisten Georges Aperghis. Anlässlich der Preisverlei- Spiegel vor. Sie tragen zur Sinnfi ndung Und zwar unabhängig davon, ob es sich müssen aber auch ertragen, dass ihre hung hatten die Computermusik-Spezialisten Curtis Roads und bei, für den Einzelnen, aber auch die um bekannte Gesichter handelt oder Positionen kritisiert oder gar abgelehnt Clarence Barlow in diesem Jahr Kompositionsaufträge erhalten. Gesellschaft als Ganzes. Wieso dann in nicht. Doch sie tragen Verantwortung werden. Doch das ist nicht nur der Mei- Beide hatten dafür unvollendetes Material des früh verstorbe- Sachen der »res publica« zum Eunuchen dafür, wie sie es tun. Ein Blick allein in nungsfreiheit immanent, es dürfte auch nen Komponisten Stephan Kaske als Vorlage verwendet, das werden? Und: Wie sollten sich unsere unsere jüngste Geschichte zeigt, wie eine Erfahrung sein, die jeder Künst- während seiner Zeit am MIT in Boston entstanden war. Gesellschaft und ihre grundlegenden sich etwa im Dritten Reich oder der ler mit der Präsentation seiner Werke Werte, so wie wir sie in unserem Grund- DDR Künstler zur Rechtfertigung von schon gemacht hat. Daher: Nur Mut! gesetz als Basis unseres Zusammenle- Unrechtssystemen missbrauchen lie- bens niedergelegt haben, von Fragen ßen, gleichsam als Hofschranzen eines Nicola Beer, MdL ist Generalsekretärin des Zustands unserer Demokratie, un- Regimes im vorauseilenden Gehorsam der Freien Demokraten (FDP) Künstler im Wahlkampf Abschluss der Debatte sollten sie bei Treff en mit Politikern Es bleibt die alleinige Entscheidung ei- klare Forderungen vertreten, worüber nes jeden Kulturschaff enden, inwieweit THERESA BRÜHEIM in der folgenden Ausgabe / ein eine Partei der Wahl auch während des Streitgespräch mit dem Schauspieler Wahlkampfes unterstützt wird. Doch as Superwahljahr  rast nicht Heinrich Schafmeister geführt wurde. tut es dem parteipolitischen Engage- nur auf die Landtagswahlen im Seitdem bezogen Klaus Staeck, Tan- ment auch keinen Abbruch, sich hin D Saarland, in Schleswig-Holstein ja Dückers, Katarina Barley, Matthias und wieder Zimmermanns Worte ins „Freax“ am Theater Regensburg und in Nordrhein-Westfalen, sondern Höhn, Michael Kellner, Peter Tauber Gedächtnis zu rufen: Künstler » sollten Szenische Uraufführung der Oper von Moritz Eggert auch auf die Bundestagswahl zu. Ein und Nicola Beer Stellung. (...) zu diesen Treff en klare Forderun- Blick zu unseren Nachbarn bestätigt Klar ist für alle Autoren: Politisches gen mitnehmen und nach den Treff en Nachdem Christoph Schlingensief Moritz Eggerts „Freax“ 2007 ähnliches: In Albanien, in Bulgarien, Engagement von Kulturschaff enden ist darauf achten, ob ihre Anregungen auf in Bonn für unaufführbar erklärte, von seinem Engagement als in Frankreich und in den Niederlanden eine Notwendigkeit. Doch besteht sehr fruchtbaren Boden gefallen sind«. Regisseur zurücktrat und das Werk damals nur in konzertan- stehen ebenfalls Parlamentswahlen an. wohl ein Unterschied zwischen klarer Zum Schluss sticht ein Aspekt heraus, ter Form uraufgeführt wurde, erlebte die Oper jetzt in Regens- Aus dem Blickwinkel der Kulturpolitik politischer Einmischung mittels eige- der alle einen sollte. Matthias Höhn fasst burg ihre szenische Uraufführung. Die Begeisterung der erscheinen folgende Fragen daher in ner Standpunkte und reger Beteiligung es gut zusammen: Man sollte das Wort Kritiker spricht für sich: nmzMedia zeigt diesem Jahr besonders drängend: »Dür- am Wahlkampf einer Partei. Deutlich ergreifen »gegen Rassismus, für ein so- fen Künstler sich für den Wahlkampf macht diese Diff erenz neben Olaf Zim- lidarisches Miteinander, gegen soziale Ihnen in einem Trailer hergeben?« und »Sollten sie sich vor den mermann nur die Schriftstellerin Tanja Spaltung, für unsere Demokratie (…) Es Einblicke in das fulmi- ›Karren‹ einer Partei spannen lassen?«. Dückers, wenn sie schreibt: »Im Wahl- ist auch die Aufgabe von Kunst und Kul- nante Werk. Doch Politik & Kultur führt den Dis- kampf z. B. fungiert der Künstler als tur, dieser Verschiebung der Diskurse hin kurs nicht erst seit diesem Jahr– wie Werbemittel und sollte sich über diese zur Salonfähigkeit rechter Positionen aufmerksame Leser wissen. Denn: Ist Vereinnahmung zumindest bewusst sein. entgegenzutreten. Ob Wahlkampf oder nicht zu jeder Zeit Wahlkampf? Vor (…) Sie sind in der Öff entlichkeit gela- nicht: Dafür sollten sich alle und mit al- einem knappen Jahr in der Ausgabe belt, und dieses Partei-Label werden sie ler Kraft – auch und gerade Künstlerin- kostenlos unter: / rief Olaf Zimmermann im Edito- so schnell nicht mehr los. (…) Die Frage nen und Künstler – her- und hingeben«. Exklusiv und kostenlos unter rial »Hofnarr« Künstler auf, sicherzu- nach dem parteipolitischen Engagement www.nmz.de stellen, von der Politik nicht als Alibi ist klar abzugrenzen von der Frage nach Theresa Brüheim ist Chefi n vom www.nmzmedia.de missbraucht zu werden. Stattdessen dem politischen Engagement.« Dienst von Politik & Kultur 18 ROTE LISTE www.politikundkultur.net

Mit der Roten Liste bedrohter Kultureinrichtungen, einer Analogie zu den GEFÄHRDUNGSKATEGORIEN bekannten »Roten Listen« bedrohter Tier- und Pfl anzenfamilien, werden in jeder Ausgabe gefährdete Kulturinstitutionen, -vereine und -programme Kategorie  Gefährdung aufgehoben/ungefährdet Die vorgestellt. Ziel ist es, auf den Wert einzelner Theater, Museen oder Orches- ter, seien sie Teil einer Kommune oder einer Großstadt, hinzuweisen. Oft Kategorie  Vorwarnliste wird die Bedeutung einer kulturellen Einrichtung den Nutzern erst durch deren Bedrohung deutlich. Erst wenn Empörung und schließlich Protest Kategorie  gefährdet über mögliche Einschnitte oder gar eine Insolvenz entstehen, wird den Verantwortlichen bewusst, wie stark das Museum, Theater oder Orchester Kategorie  von Schließung bedroht Rote mit der Struktur und der Identität des Ortes verbunden ist. Diesen Bewusstseinsprozess gilt es anzuregen. Politik & Kultur stellt dazu Kategorie  geschlossen die Arbeit einzelner Einrichtungen vor und teilt sie ein in Gefährdungs- kategorien von  bis . Ob und welche Veränderungen für die vorgestell- Benachrichtigen Sie uns über die Lage Ihnen bekannter Kultureinrich- ten Einrichtungen eintreten, darüber werden wir Sie fortlaufend infor- tungen! Senden Sie uns dazu Ihre Vorschläge an info@politikundkultur. Liste mieren. net.

FILMDIENST, MAGAZIN FÜR KINO UND KUNSTHISTORISCHES INSTITUT, BISHER FILMKULTUR, BONN, NRW UNIVERSITÄT OSNABRÜCK, NIEDERSACHSEN VORGESTELLTE GEFÄHRDETE • Gründung:  • Gründung:  INSTITUTIONEN • Tätigkeitsfeld: Fachzeitschrift • Tätigkeitsfeld: Institut für Kunstgeschichte Institution, Aktuelle • Finanzierung: Katholische Kirche • Finanzierung: Universität Bundesland Gefährdung • Homepage: www.fi lmdienst.de • Homepage: www.kunstgeschichte.uni-osnabueck.de ( ) = bei Erst- aufnahme ------Thomas Mann Villa, Los Angeles,  () USA

Schloss Freienwalde, Bad Freienwalde,  () Brandenburg Gerstäcker- Museum, Braunschweig,  () Niedersachsen

Eldorado-Kino, München, Bayern  () FOTO: KATHOLISCHES MEDIENHAUS KATHOLISCHES FOTO: FOTO: KLAUS NIEHR KLAUS FOTO: Haus Peters   Tetenbüll,  () Als älteste deutsche Zeitschrift für möglich sei, die Printausgabe weiter Schon ab dem Wintersemester / einen ist das Institut das landesweit Schlw.-Holst. Filmkritik besteht Filmdienst schon fast fortzuführen. Während Filmdienst sich sollen keine Studenten mehr für das einzige, das sich schwerpunktmäßig Hamburger  Jahre. Die Zeitschrift erscheint -tä- anfangs an den katholischen Glaubens- Fach Kunstgeschichte an der Univer- den mittelalterlichen und frühneuzeit- Stadtteilkultur,  () gig und rezensiert seit  alle Filme, prinzipien orientierte, wurde ab den sität Osnabrück aufgenommen werden. lichen Kunstwerken und Bauten Nie- Hamburg die im deutschen Kino zu sehen sind. er Jahren weitestgehend unabhän- Das Institut für Kunstgeschichte soll dersachsens widmet. Zum anderen ist Der Filmdienst führt nebst Filmkritiken giger publiziert. Nichtsdestotrotz gilt nach  Jahren aufgegeben werden – es sehr eng mit dem Institut für Kultur- Mutter-Museum, Amorbach,  () auch umfassende thematische Ausei- der Filmdienst als wichtigste Filmzeit- für mehr Geld zugunsten der Natur- und geschichte der Frühen Neuzeit (IKFN) Bayern nandersetzungen mit dem aktuellen schrift an der Schnittstelle von Religi- Rechtswissenschaften der Universität. in Osnabrück verzahnt. Die Schließung Kino, Regie- und Starporträts werden on und (fi lm-)kulturellem Diskurs in Auch dass das Fach keine Studenten würde die Forschungslandschaft am Forum Konkrete genauso veröff entlicht wie Berichte zu Deutschland, weshalb die Fortsetzung für das Lehramt ausbilde, sei ein Grund. IKFN beschädigen und einen schweren Kunst Erfurt,  () Thüringen Festivals. Nun schwebt die Publikation des Engagements für die Filmkultur Klaus Niehr, seit  Professor in Os- Verlust von Fachkompetenz im Land in Gefahr: Die Katholische Kirche teil- erhoff t wird. nabrück, sieht mit der Schließung des bedeuten. Ende  und Anfang  Acht Brücken – te mit, dass es angesichts fi nanzieller Instituts ein Alleinstellungsmerkmal sollen die freien Professorenstellen Musik für Köln,  () NRW Vorgaben und sinkender Aufl agen nicht der Universität verloren gehen: Zum nicht neu besetzt werden.

Kunstfest Weimar, Thüringen  () SEUMEHAUS (MUSEUM GÖSCHENHAUS), THEATERMUSEUM DÜSSELDORF, Musikhochschule GRIMMA, SACHSEN NRW Trossingen, Baden-  () Württemberg • Gründung:  • Gründung:  /  Mainzer Kammer- • Tätigkeitsfeld: Ausstellung • Tätigkeitsfeld: Museum orchester, ,  () • Finanzierung: Stadt, ARETHUSA e. V. • Finanzierung: Stadt Düsseldorf Rheinland-Pfalz • Homepage: www.goeschenhaus.de/seumehaus_seumehaus • Homepage: www.duesseldorf.de/theatermuseum ------Museum Morsbroich,  () Leverkusen, NRW

Deutsche Zentral- bibliothek für Medizin, Köln/  () Bonn, NRW

Institut für Thea- terwissenschaft, Universität Leipzig,  () Sachsen

Ateliers hinterm Hauptbahnhof, Karlsruhe, Baden-  () Württemberg

The English FOTO: THEATERMUSEUM FOTO: FOTO: MUSEUM GÖSCHENHAUS MUSEUM FOTO: Theatre, Frankfurt  ()   am Main, Hessen Seit  dient die einstige Drucke- es in die Muldestadt verschlagen hatte. Das seit  in dem Hofgärtnerhaus stellungen des . und . Jahrhunderts rei des Verlagsbuchhändlers Georg Doch seit Anfang des Jahres ist das his- ansässige Theatermuseum Düsseldorf ausgestellt. Im Museum befi nden sich Projekte und Strukturen der Joachim Göschen (-) als das torisch-kulturelle Angebot geschlossen. wurde  als privates Theaterarchiv zudem zwei Auftrittsmöglichkeiten. Die kulturellen  () Seume-Haus. Das prächtige Gebäude Die Stadt hat im Rahmen der Haushalts- »Schauspielhaus Düsseldorf (Dumont- für  geplante Umsiedlung des Mu- Bildung an hes- am Markt  in Grimma, das  er- konsolidierung die Förderung des Ver- Lindemann)« gegründet.  vermach- seums in die alte Hauptpost am Haupt- ischen Schulen baut wurde, ist das einzige erhaltene einssektors gekürzt und so wurde dem te Gustav Lindemann die umfangreiche bahnhof begründet Kulturdezernent »Mechaje« - Haus, in dem Johann Gottfried Seume Seume-Haus der Mietzuschuss in Höhe Sammlung der Stadt und begründete Hans-Georg Lohe mit der Einsparung Jüdisches Theater Rostock,  () (-) gelebt und gearbeitet hat. von . Euro gestrichen. Arethusa damit das erste Düsseldorfer Kulturin- einiger hunderttausend Euro. Dort ist Meckl.-Vorpomm. , zum . Jahrestag von Seumes fehlt damit die fi nanzielle und logis- stitut nach dem Krieg. Seither werden die Wahrnehmbarkeit des Museums Syrakus-Reise, wurde der Internatio- tische Kraft, es weiterhin zu betreiben. neben Dokumenten des Höfi schen The- als traditionsreiche Institution mit ei- Die Wiesenburg, nale-Johann-Gottfried-Seume-Verein Nichtsdestotrotz können Originalstücke aters und der Kurfürstlichen Oper des genem Profi l kaum noch gegeben. Das Berlin  () »Arethusa« gegründet. Der Verein zeigt aus Seumes Besitz sowie Landkarten . und . Jahrhunderts auch das Bergi- sanierungsbedürftige spätbarocke Hof- im Erdgeschoss des Hauses das Erbe des zu seinen Reisen im Göschenhaus in sche Deutsche Theater des . Jahrhun- gärtnerhaus von  soll anschließend Die vollständige Liste fi nden Sie unter Dichters, Korrektors und Lektors, den Grimma-Hohnstädt besichtigt werden. derts und theaterbezogene Themen- verkauft werden. www.kulturrat.de/themen/rote-liste-kultur/ Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 19

Eine große Aufgabe Wie kann erfolgreiche kulturelle Integration aussehen? Seiten  bis  FOTO: TAMARA STOLL TAMARA FOTO: Position beziehen Die Initiative kulturelle Integration

OLAF ZIMMERMANN partner, Medien und die verschiedenen nicht zuletzt die staatlichen Akteure kulturelle Integration. Zu Wort kom- Texte auf der Seite www.kulturelle- staatlichen Ebenen, Kommunen, Länder einzubeziehen. Hier gibt es kein »wir« men Politiker, Wissenschaftler, Autoren integration.de nachzulesen sein. osition beziehen, unter die- und Bund, zusammen an einem Tisch und »ihr«, wie es teilweise in Diskursen sowie Verbandsvertreter. Ihre Beiträge ser Überschrift kann die Ar- sitzen und gemeinsam Thesen entwi- um Integration anzutreff en ist. Wir sind spitzen zu, vermessen das Feld und zei- Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer beit der Initiative kulturelle ckeln. Dabei ist der Diskussionsprozess alle Teile dieser Gesellschaft, manche gen damit die Bandbreite der Debatte. des Deutschen Kulturrates, Herausge- P Integration zusammengefasst bereits ein Wert an sich. Denn die ver- schon lange, manche erst kürzer. Ergänzend zur Veröff entlichung in der ber von Politik & Kultur und Moderator werden. Es geht um eine gemeinsame schiedenen Akteure werden sich, damit Eine der größten Herausforderungen Zeitung Politik & Kultur werden die der Initiative kulturelle Integration Position darüber, was gesellschaftlichen sie den Thesen am Ende zustimmen besteht darin, eine Sprache zu fi nden, Zusammenhalt ausmacht und welchen können, in ihren Verbänden und Or- die nicht »verdruckst« ist, die ausrei- Beitrag kulturelle Integration zum ge- ganisationen abstimmen, sie werden chend Raum für Diff erenzierung lässt INITIATIVE KULTURELLE INTEGRATION sellschaftlichen Zusammenhalt leisten die Zwischenergebnisse zurückspiegeln und zugleich die nötige Klarheit nicht kann. Dabei ist die aktuelle Debatte um und mit neuen Ideen in die nächsten vermissen lässt. Eines wurde bei den Die Initiatoren sind: das Bundesmi- Beamtenbund und Tarifunion, der die Integration Gefl üchteter ein Aspekt, Arbeitstreff en kommen. Damit unter- ersten beiden Treff en schon klar, gerade nisterium des Innern, das Bundesmi- Deutsche Gewerkschaftsbund, der aber weder der einzige noch der bestim- scheidet sich die Initiative kulturelle von Migrantenverbänden wird eine kla- nisterium für Arbeit und Soziales, Die Deutsche Journalisten-Verband, der mende. Die gemeinsame Position soll in Integration von anderen Expertengre- re Sprache eingefordert. Sie sehen sich Beauftragte der Bundesregierung für Deutsche Landkreistag, der Deut- zehn bis  Thesen zusammengefasst mien, in denen vor allem Wissenschaft- selbst gefordert, Neuankömmlingen in Kultur und Medien, Die Beauftragte sche Naturschutzring, der Deutsche werden, die zum . Mai, dem interna- ler zusammenarbeiten. Diese sind ihrer Deutschland die Hand zu reichen, da- der Bundesregierung für Migration, Olympische Sportbund, der Deut- tionalen Tag der kulturellen Vielfalt, der eigenen Arbeit verpfl ichtet. Sie stehen mit sie sich zurechtfi nden und von ge- Flüchtlinge und Integration sowie sche Städte- und Gemeindebund, der Öff entlichkeit vorgestellt werden. in einem wissenschaftlichen Diskurs glückten Migrations- und Integrations- der Deutsche Kulturrat. Mitglieder Deutsche Städtetag, die Evangelische Die Ziele sind hochgesteckt: Die und müssen mit ihrer Arbeit in der je- erfahrungen profi tieren können. Sie sind neben den Initiatoren: die ARD, Kirche in Deutschland, das Forum der Thesen sollen keine Allgemeinplätze weiligen Fachwelt bestehen. Die Ver- sind Deutsche, verstehen sich als Teil die Bundesarbeitsgemeinschaft der Migrantinnen und Migranten im Pa- sein, sie sollen, wie von Einzelnen im- treter der Verbände tragen die gebün- der Gesellschaft, leisten ihren Beitrag Freien Wohlfahrtspflege, die Bun- ritätischen, der Koordinationsrat der mer wieder betont wird, »weh tun«, sie delten Meinungen aus ihren Verbänden zum gesellschaftlichen Diskurs und desarbeitsgemeinschaft der Immig- Muslime, die Kultusministerkonferenz, sollen zugleich im Konsens verabschie- vor. Sie stehen in der Verantwortung fordern ihren Platz in der deutschen rantenverbände, der Bundesverband die Neuen Deutschen Organisationen, det werden. Bei den ersten beiden Tref- jeweils zu prüfen, ob eine These vom Gesellschaft ein. Sie ärgert, wenn sie Deutscher Zeitungsverleger, die der Verband Deutscher Zeitschriften- fen der Initiative kulturelle Integration, sie entsendenden Verband mitgetragen immer noch als Migranten gesehen Bundesvereinigung der Deutschen verleger, der Verband Privater Rund- dem Spitzentreff en am . Dezember werden kann. Damit verankern sie den werden, auch wenn ihre Eltern- oder Arbeitgeberverbände, die Deutsche funk und Telemedien, das ZDF und der  und dem ersten Arbeitstreff en am Diskussionsprozess zugleich wieder im Großelterngeneration die Migrations- Bischofskonferenz, der Deutsche Zentralrat der Juden in Deutschland. . Januar , wurde Verbindendes, jeweiligen verbandspolitischen Diskurs. erfahrung machte. aber auch Trennendes deutlich. Es war Die Initiatoren der Initiative kulturel- Die gemeinsam erarbeiteten The- und ist allen klar, dass »das Rad nicht le Integration erwarten sich hieraus sen werden bei allem Bemühen um ZU DEN FOTOS neu erfunden« werden soll, es gibt einen eine Breitenwirkung, die über den Prägnanz und Klarheit, wahrschein- Fundus an bestehenden Erklärungen, Mai  hinausstrahlt. Sie erhoff en lich dennoch an der einen und ande- Tamara Stoll, geboren  in Stutt- auf und befasst sich mit dem Verhält- Stellungnahmen und Leitbildern, auf sich, dass die Thesen in die Verbände ren Stelle rundgeschliff en sein, damit gart, lebt und arbeitet in Leipzig und nis zwischen Bild, Narrativ und Text. den zurückgegriff en werden kann und und Organisationen getragen werden alle Mitglieder der Initiative kulturelle London, Großbritannien als freie Fo- Die Bilderserie »Sonnenallee« () der neu gelesen werden muss. Zugleich und dort breite Unterstützung fi nden Integration sich dahinter versammeln tografi n und als Workshopleiterin an orientiert sich am geografi schen Raum besteht der Anspruch, einen eigenen werden. Letztlich geht es um nicht können. Der Deutsche Kulturrat öff - Community-Projekten. Stolls künst- der gleichnamigen Straße in Berlin. In Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte weniger als die Art und Weise, wie wir net daher in dieser und in der nächs- lerische Arbeit besteht aus Fotografi e, ihr off enbaren sich Schnittpunkte des um gesellschaftlichen Zusammenhalt zusammenleben wollen. Dabei ist es ten Ausgabe von Politik & Kultur den Text und Ton und hat sowohl doku- Privaten und Öff entlichen, des Frem- zu leisten und mehr vorzulegen als eine wichtig, möglichst viele gesellschaftli- Raum der Diskussion. Thema dieser und mentarischen als auch konzeptionel- den und Vertrauten, der Stadt und der Synopse bestehender Erklärungen. che Gruppen wie die Kultur, den Sport, der nächsten Ausgabe ist »Kulturelle len Charakter. Wichtige Elemente ih- Natur. Die Fotografi en versuchen, den Die Besonderheit der Initiative kul- die Wohlfahrtspfl ege, die Umwelt- und Integration«. In Interviews, Artikeln res Arbeitsprozesses sind die Recher- multikulturellen Charakter der Straße turelle Integration besteht darin, dass Naturschutzverbände, die Migranten- und literarischen Texten befassen sich che, das Interview, das Gehen und die zu untersuchen und sind durch kurze zivilgesellschaftliche Akteure, Kirchen organisationen, die Kirchen und Reli- verschiedene Autoren mit dem Thema Begegnung. Stolls Arbeit weist anthro- Aussagen von Bewohnern der Sonnen- und Religionsgemeinschaften, Sozial- gionsgemeinschaften, die Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt und pologische und soziologische Ansätze allee unterbrochen. 20 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

»Und weil wir dies Land verbessern, Lieben und beschirmen wir’s« Hans Jessen im Gespräch mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière

Thomas de Maizière gehört zu den In- mit Zusammenhalt und mit wichti- ge Deutschlands in Europa politische tät und Ansehen des Lehrers zu tun. men wir‘s, Und das liebste mag‘s uns itiatoren der Initiative kulturelle In- gen Ritualen. Jede Gesellschaft hat Konsequenzen entstehen. Z. B., dass Das ist innere Sicherheit. Das ist ein scheinen, So wie andern Völkern ihrs.« tegration. Er steht dem langjährigen bestimmte Rituale, die für sie wichtig wir eine Verantwortung gegenüber gesellschaftliches, von mir aus auch Das heißt, aus Vaterlandsliebe, die ARD-Hauptstadtkorrespondenten Hans sind. Es gehen ganz viele Menschen unserer nationalsozialistischen Ver- ein kulturelles Thema. Öff entliche auch etwas zu tun hat mit kultureller Jessen Rede und Antwort rund um die Weihnachten in die Kirche, auch gangenheit haben, also dass Ausch- Sicherheit ist dagegen die Frage, wie Identität, entsteht nicht Abgrenzung, Themen kulturelle Integration, Leitkul- wenn sie den Text von »Alle Jahre witz und ein besonderes Verhältnis man Straftaten verfolgt, ob man Vi- sondern Stärke und Verständnis für tur und Toleranz. wieder« nicht kennen. zu Israel uns immer mitprägen. Das deokameras aufstellt und vieles mehr. die ähnliche Stärke anderer Kulturen muss man muslimischen und arabi- Das führt vielleicht auch zu einem und Kulturnationen. Hans Jessen: Herr de Maizière, bei Würde kulturelle Integration dann schen Menschen klarmachen. Und Gefühl von innerer Sicherheit, aber es der Tagung des Deutschen Beam- bedeuten, dass man von Menschen wir verlangen rechtlich, politisch und ist eine öff entliche Aufgabe, deswe- Sie bekennen sich zum Begriff tenbundes haben Sie ein Gemälde mit einem Migrationshintergrund, gesellschaftlich, dass Antisemitismus gen spreche ich eher von öff entlicher der Leitkultur, sagen aber, das Gerhard Richters hochgehalten in welcher Generation und Form in Deutschland keinen Platz hat. Das Sicherheit. Und kulturelle Integration habe nichts mit Kulturkampf zu mit den Worten: »Wir müssen auch immer, erwartet, dass sie an ist auch eine kulturelle Forderung. hat wesentlich zum Ziel, die innere tun. mal wieder drauf achten, wer wir diesen Ritualen teilhaben, teil- Gleichzeitig brauchen wir eine ge- Sicherheit aller Beteiligten in diesem Ja, Herr Gabriel hat den Begriff des eigentlich sind.« Warum ist das im nehmen? Oder sollen sie nur ihre wisse Off enheit derer, die hier schon Sinne zu entwickeln. Kulturkampfes erwähnt. Ich habe Zusammenhang mit kultureller In- Bedeutung kennen? immer leben – also von uns allen. dem in der Tat widersprochen. Mögli- tegration für Sie wichtig? Zunächst ist es wichtig, dass sie die Dazu gehört eben, zu wissen, wo Nun haben wir eine wachsende cherweise gibt es einen Kulturkampf Thomas de Maizière: Wenn wir wissen, Bedeutung kennen. Also etwa unser jemand herkommt und Verständnis Mobilität in der Globalisierung. des sogenannten Islamischen Staats wer wir sind, dann verstehen wir uns Staats-Kirchen-Verhältnis mit der in und vielleicht auch Interesse dafür zu Mehr Eindrücke, Erfahrungen gegen den Westen. Die wollen viel- besser und verstehen auch besser, wa- Europa nahezu einmaligen Beziehung entwickeln. Es ist nicht zu viel ver- auch in kultureller Vielfalt und leicht auch den Untergang des Wes- rum andere anders sind. Eine zwischen Staat und Kirche, die weder langt, dass man dann den Unterschied Unterschiedlichkeit. Mindestens in tens. Aber die Antwort darauf kann Sicherheit in der eigenen Identität Staatskirche ist, noch streng laizis- zwischen Sunniten und Schiiten lernt, Teilen der Gesellschaft aber wird nicht Kulturkampf unsererseits sein, führt zu Toleranz und Gelassenheit. tisch. Sondern weltanschaulich neu- dass man weiß, was der Ramadan ist. umso stärker abgegrenzt, wird sondern die Überzeugung, dass ein Eine Unsicherheit dagegen führt eher tral, aber den Kirchen freundlich zu- Ein weiteres Beispiel: Ich fi nde, die ausgegrenzt. Das fi ndet auch sei- Bekenntnis zur Freiheit, das die Kul- zu Ängsten und Aggressivität. Die Fra- gewandt. Sonst hätten wir z. B. keine Mehrheitsgesellschaft muss akzep- nen politischen Ausdruck. Ist diese tur einschließt, solchen verengenden ge »Was ist eine deutsche Identität?« gesetzlichen Feiertage, die sehr stark tieren, dass Mädchen muslimischen neue kulturelle Vielfalt vielleicht Ideologien auf lange Sicht immer ist vielleicht eine typisch deutsche kirchlich geprägt sind. Oder, dass Glaubens in der Pubertät in einer eine Überforderung? überlegen ist. Leitkultur, ich fi nde Diskussion. Ich glaube nicht, dass man Karfreitag auf bestimmte Arten anderen Badebekleidung am Ja. Richtig ist sicher, dass die Unüber- diesen Begriff gut. Er bedeutet aber man diese in Frankreich, in den USA von Veranstaltungen verzichtet und Schwimmunterricht teilnehmen. Das sichtlichkeit der Globalisierung als nicht, dass es einen Kanon gibt, und oder in China so führt. Aber für uns bestimmte Formen von öff entlichen ist sozusagen die Öff nung der Mehr- Reaktion eine Sehnsucht nach Gebor- wer sich daran nicht hält, ist nicht in- war die Frage, gerade als wir geteilt Darbietungen nicht durchführt. heitsgesellschaft. Aber diejenigen, die genheit und Sicherheit auslöst. Das tegriert. Das ist mir zu eng. Leitkultur waren, zwei Staaten, eine Nation: Was Das, fi nde ich, muss erst mal verstan- zu uns kommen, die Eltern, müssen ist auch, ehrlich gesagt, niemandem ist eine gesellschaftliche Verständi- macht denn die Nation aus? Da war den werden und als für die Mehr- akzeptieren, dass bei uns die Teil- zu verdenken. Der Kulturbegriff dage- gung über das, was uns gemeinsam man schnell wieder bei der Kulturna- heitsgesellschaft prägend akzeptiert nahme am Schwimmunterricht ver- gen ist eigentlich wohlverstanden im- leitet. Sie wandelt sich auch. Gerade tion. Ich glaube, dass jetzt die Flücht- werden. Aber man kann natürlich pfl ichtend ist. So kann ich mir das für mer ein überregionaler gewesen. Na- im Verständnis darüber was uns prägt lingskrise, die Zunahme von Gewalt nicht verlangen, dass nun alle am andere Bereiche auch vorstellen. türlich gibt es Heimatkunde und Hei- und ausmacht. Und die haben wir. und die Verrohung im Internet bis hin Gottesdienst teilnehmen. Umgekehrt matmuseen. Das ist wunderbar. Aber Dann kann man auch versuchen, sie zum internationalen Terrorismus, ein gehört zu einer gelungenen kulturel- Als Sie Ihr Amt antraten, sagten auch in den Zeiten großer national- zu verschriftlichen und sie mal anzu- wichtiger Anlass sind, zu dem wir uns len Integration auch, dass Christen Sie, dass Sie eigentlich weniger der staatlicher Konfl ikte war doch irgend- passen. Ich will auch da ein Beispiel unserer selbst vergewissern sollten. wissen, wie wichtig der Ramadan für Minister für innere Sicherheit als wie klar, dass die italienische Oper in nehmen: Irgendwer muss ja, für das, Und dazu gehört die Kultur. Muslime ist. Ich will es mal ganz kon- der für innere Freiheit sein woll- Europa führend ist und dass man sie was an Allgemeinbildung in unserem Bei Gerhard Richters Bild seiner kret machen am Beispiel des Verzehrs ten... auch in Deutschland auf Italienisch Schulsystem gelehrt wird, festlegen, Tochter Betty, die in Bewegung ist, von Schweinefl eisch in öff entlichen und für gesellschaftlichen Zusam- hört. Und Goethe wurde in alle euro- was zur Allgemeinbildung gehört. Da spürt man: Jetzt dreht sie sich zu uns. Gebäuden, Schulen und Kindergärten. menhalt habe ich da auch gesagt... päischen Sprachen übersetzt und galt gibt es Experten, die erstellen für den Dieses nach hinten und nach vorne Da könnte man sagen, wir verzichten als deutscher Künstler, der aber eine Bereich der Literatur einen Kanon schauen, dieses Spannungsverhältnis auf Schweinefl eisch, weil das für mus- Nun hat sich vor allem durch die über Deutschland hinausgehende von Büchern, die man lesen sollte. drückt er so großartig aus. Deswegen limische Kinder im Kindergarten eine Entwicklung terroristischer Akti- kulturelle Bedeutung hat. Ähnliches Dazu gehört für mich ein guter Mix habe ich es als Beispiel für diese De- religiöse Zumutung ist. Ich bin dafür, vitäten die öff entliche Diskussion aus klassischer und moderner Litera- batte gezeigt. dass der Speiseplan nicht geändert und die Anforderung an Ihr Amt tur. Werke von Goethe, Lessing und wird. Aber dass ein einzelnes Kind stärker in Richtung Sicherheits- Schiller ebenso wie aktuelle gesell- Sie gehören zu den Initiatoren der dennoch nicht dazu gezwungen wird, maßnahmen entwickelt. Bedeutet Sicherheit der eigenen schaftskritische Jugendliteratur – hier Initiative kulturelle Integration. etwas Bestimmtes zu essen. Man kulturelle Integration möglicher- Identität führt zu gibt es so wunderbare Titel, die für Darin stecken zwei Begriff e mit sollte solche Dinge also respektieren, weise eine andere Form von inne- Toleranz und eine kulturelle Interessiertheit bele- enormer Interpretationsbandbrei- indem man hier keinen Zwang ausübt rer Sicherheit, dass nämlich dann, bend sein können. Ich fi nde es richtig, te. Zum einen Integration: Das und zugleich die prägende Bedeutung wenn Menschen wissen, wer sie Gelassenheit dass jeder, der in Deutschland Abitur kann heißen, hier gibt es einen akzeptiert und das funktioniert in sind, wozu sie gehören, sich im In- macht, auch wenn er Muslim ist und sozialen Körper, der aufnimmt. In- vielen Bereichen auch heute schon. neren sicherer fühlen können, oder von fern herkommt, im Pfl ichtkanon tegration kann aber auch heißen, halten Sie das für ein semantisches kann man sicher auch für bestimmte im Deutschunterricht solche Werke hier fügen sich unterschiedliche Integration bedeutet sicherlich Hirngespinst? Formen der Pop-Entwicklung sagen. lesen muss. Das ist ein Teil unserer Teile auf Augenhöhe zu einem eine Anforderung und Auff orde- Nein, nein, ich begrüße das sehr, was Die Rolling Stones oder die Beatles Leitkultur. Heißt ja nicht, dass ich das neuen Ganzen zusammen. Zwei- rung an die, die neu in diese Ge- Sie fragen. Zwei Antworten dazu: waren in einer bestimmten Entste- irgendwie gut fi nden muss. Aber dass tens: Was ist Kultur? Hochkultur sellschaft kommen. Gibt es auch Das erste ist, warum macht auch hungsgeschichte einerseits britisch, man sich damit beschäftigt, ist Teil oder Kultur als Lebensweise? eine Integrationsleistung, die die ein demokratischer, und gerade ein aber sie prägten ein Kulturverständ- von Allgemeinbildung, die für alle Wie defi nieren Sie diese beiden schon länger hier Ansässigen, die wehrhafter Staat eine gegebenenfalls nis einer bestimmten Generation gemeinsam ist. Das, fi nde ich, ist Aus- Begriff e? Mitglieder der Mehrheitsgesell- auch harte Sicherheitspolitik? Weil bis hin zu Bob Dylan. Und bis heute druck von Leitkultur. Oder dass man Zunächst dient diese Initiative dazu, schaft erbringen müssen, damit Sicherheitspolitik Freiheit schützt. empfi nden wir das als Teil unserer respektvoll miteinander umgeht. Das dass wir das gemeinsam defi nieren Integration gelingt? Sicherheit dient dem Schutz von Le- Kultur, die immer auch internationale ist etwas anderes, als dass man sich und diskutieren, schon in der Diskus- Ja. Aber die größere Leistung muss, ben und Freiheit der Bürger und ist Bezüge hat. Andererseits, mein Vetter bloß nicht beleidigt. Beleidigung ist sion selbst liegt ein wichtiger Mehr- was kulturelle Integration angeht, kein Selbstzweck. Der zweite Punkt, Lothar, der mehr von Musik versteht ein Straftatbestand. Aber respektvoll wert. Integration kommt aus dem von denen verlangt werden, die hier- und da bin ich jetzt ganz bei Ihnen, als ich, sagt immer: Ein russisches Or- miteinander umzugehen, hält eine Lateinischen und heißt »Erneuerung«. herkommen. Sie sind auch deswegen ich habe oder verwende den Begriff chester spielt Schostakowitsch anders Gesellschaft zusammen und ist eine Assimilation ist nicht das Ziel von gekommen, weil Deutschland eine »innere Sicherheit« gar nicht so gern. als ein deutsches. Und bei einer Über- höhere Anforderung, als nur andere Integration. Aber genauso wenig ist bestimmte Anziehungskraft hat. Und Er hat sich so eingebürgert. Sondern setzung eines großen Romans geht Menschen nicht zu beleidigen. Ich es ein loses, unabhängiges Neben- das kann nicht nur die Höhe der Asyl- ich verwende eher den Begriff »öf- auch immer etwas verloren. Sodass fi nde, Respekt zu haben voreinander, einander, was man früher als Mul- bewerberleistungen sein. Sondern, fentliche Sicherheit«. Warum? Weil Goethe in Deutsch letztlich anders muss Teil einer solchen Leitkultur tikulti verstanden hat. Positiv ge- dass wir ein freies Land sind, dass bei der Begriff »innere Sicherheit« aus wirkt als in Koreanisch, denke ich. sein. Ich würde mich freuen, wenn sprochen: Diejenigen sind gut in die uns Freiheit geschützt wird und dass der Abgrenzung zur äußeren Sicher- Deswegen glaube ich schon, dass es diese Initiative dazu führt, dass wir Gesellschaft integriert, die sich zu- bei uns bestimmte Regeln gelten. Ge- heit stammt. Aber er ist im Grunde für etwas Deutsches an Kultur gibt, je- versuchen, uns zu verständigen: gehörig fühlen zu dieser Gesellschaft. rade wenn man aus diesen Gründen Bürgerinnen und Bürger kein allge- denfalls in der Adaption, das nicht im Wenn Betty nach vorne guckt, was Das muss keine Frage der Staatsbür- kommt, dann muss man diese Regeln meiner Sprachgebrauch. Stattdessen Gegensatz zur Globalisierung steht, wäre ihr dann bei dem Blick in die Zu- gerschaft sein. Und »zugehörig« hat auch akzeptieren. Und um nochmal sprechen Bürgerinnen und Bürger sondern etwas, das wir als Beitrag für kunft besonders wichtig? Das nenne auch ein emotionales Element. Eine auf die Kultur zurückzukommen: dann, wenn jemand eine innere Si- eine europäische und eine Weltkultur ich dann Leitkultur. innere Bindung zu dem Land, in dem Dazu gehört eben auch, dass man cherheit ausstrahlt, davon, dass er einbringen. Und das geht eben nur man lebt. Ich würde für das Zusam- verlangen kann – und das ist Teil der oder sie selbstsicher ist. Um auch da dann, wenn wir auf diesen Teil beson- Ich danke. menführen, kulturelle Integration, Integrationskurse – dass man be- ein Beispiel zu nennen: Es gibt Lehrer, ders stolz sind. Und andere auf ihren einen weiten Begriff von Kultur zu- stimmte Kenntnisse darüber hat, was die kommen in die Klasse, da ist es Teil. Am besten hat das Bertolt Brecht Thomas de Maizière, MdB ist grunde legen. Also die Art und Weise uns kulturell ausmacht. Dazu gehört immer laut. Und es gibt Lehrer, bei in der »Kinderhymne« zum Ausdruck Bundesminister des Innern. Hans unseres Zusammenlebens, die nicht Geschichte. Dazu gehört sicher Ver- denen wird es ruhig, wenn sie in die gebracht, die ich sehr liebe, wo er über Jessen ist freier Journalist und Publizist. materiell geprägt ist. Sie hat natürlich mittlung von Kenntnis und das Ver- Klasse kommen. Das hat etwas mit der Deutschland sagt: »Und weil wir dies Er war langjähriger ARD-Hauptstadt- auch etwas zu tun mit Geschichte, langen, dass für uns aus der Mittella- Ausstrahlung von Sicherheit, Autori- Land verbessern, Lieben und beschir- korrespondent Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 21

-orientierungen gibt: Dies ist sogar ein wesentliches Kennzeichen. Man erinne- Zum Begriff kulturelle re sich, dass ein zivilisierter Umgang mit Fremden die Basis für den Erfolg der Städte als internationale Handelszentren und da- mit für ihre ökonomische, politische und Integration kulturelle Entwicklung war: Weltoff enheit, Toleranz, Neugierde, ökonomische Pros- Ambivalenzen eines Konzeptes perität gingen in der Geschichte immer schon Hand in Hand. Ein Blick auf die MAX FUCHS mit diesem Begriff das Gemeinsame, die kaum eine auch nur minimale Teilnahme Wenn über großen Städte könnte auch die Ängste vor Einbeziehung aller Menschen in ein Gan- am kulturellen Leben gestatten. Auch der Parallelgesellschaften nehmen. Denn alle egriffe helfen, die Welt wahr- zes. Der Begriff ist aufs Engste verwandt Aspekt der Bildungsgerechtigkeit – gera- Integration Großstädte hatten immer schon Viertel, in zunehmen, zu ordnen und zu mit dem Begriff der Teilhabe und neuer- de gegenüber Kindern und Jugendlichen gesprochen wird, denen sich bestimmte ethnische Gruppen verstehen. In diesem Zusam- dings mit dem Begriff der Inklusion. Beide aus Zuwanderungsfamilien – spielt eine ist oft eigent- konzentrierten. Straßennamen erinnern B menhang haben Begriff e auch Begriff e werden als politische Zielvorstel- entscheidende Rolle, wobei das deutsche lich Assimila- noch an das frühere Griechen-, Juden-, eine emotionale Qualität: Man fi ndet sie lungen durch die Allgemeine Erklärung Bildungssystem, wie die PISA-Studien italienische etc. Viertel, was einer »Inte- sympathisch oder abschreckend, man ver- der Menschenrechte, durch zahlreiche regelmäßig zeigen, einen hohen Grad tion gemeint. gration« gerade keinen Abbruch getan hat. wendet sie gerne oder man vermeidet sie. Konventionen sowie durch nationalstaat- an Selektivität zeigt. Dies bedeutet, dass Die Hürden für Man sollte zudem die segmentierende Was bedeutet dies für die beiden Wort- liche Gesetze garantiert. Diese positive auch kulturelle Integration nicht allein die Aufnahme Wirkung von Kunst und Kultur nicht aus bestandteile des Begriff s der kulturellen Sichtweise wird verstärkt, wenn man sich von der Kulturpolitik bewältigt werden sind dabei hoch den Augen verlieren. Man sollte überlegen, Integration? Gerade im deutschsprachigen die Gegenbegriff e anschaut: Exklusion, kann, sondern dass weitere Politikfelder dass kulturelle Integration nicht funkti- Bereich ist der Begriff der Kultur ausge- Ausgrenzung, Ausschluss, Abschottung, wie Wirtschafts-, Sozial-, Innen- und gelegt onieren kann, wenn man ökonomische, sprochen positiv besetzt. Man hat in der Diskriminierung. Bildungspolitik – und dies auf allen drei soziale und politische Integration nicht Regel ein – in der Wissenschaft verpön- Vor diesem Hintergrund wundert man Ebenen des Staates – einbezogen werden mit bedenkt, damit die eigenen kulturellen tes – normatives Verständnis von Kultur, sich nicht über die vielfältige Nutzung im müssen. Tut man dies nicht, dann könn- Anstrengungen nicht zu einer bloßen Sym- das mit dem Guten, Wahren und Schönen politischen Bereich, man kann sich aller- te der Verdacht entstehen, dass die Rede bolpolitik verkommen. Man sollte sich zu- zu tun hat. Ein solches humanistisches dings darüber wundern, dass man oft in über kulturelle Integration und Teilhabe dem bewusst sein, dass der Reichtum der Verständnis fi ndet natürlich viele Bezugs- dem Bereich, in dem man es mit Migrati- die anderen genannten Teilhabeformen Kulturen, die kulturell integriert werden punkte in der Geschichte. So sprach der on und Zuwanderung zu tun hat, auf eine an den Rand drängen will: Kulturpolitik sollen, zwangsläufi g dazu führt, dass sich Berliner Philosoph Moses Mendelsohn in deutliche Ablehnung dieses Begriffes wäre dann eine Art Ersatz für eine Politik, das, was man unter der eigenen Kultur ver- der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts stößt. Woran liegt das? die es ernst meint. steht, verändern wird: Das Wir nach einer von Bildung, Kultur und Aufklärung als Ein erster Antwortversuch besteht da- Nun spricht die Kulturpolitik zwar über erfolgten Integration ist ein anderes als »Neuankömmlingen in der deutschen rin, dass man zwar über Integration spricht, Kultur, hat es aber im Wesentlichen mit das vorherige Wir. Dies bedeutet insbeson- Sprache«, wobei diese Neuankömmlinge aber letztlich Assimilation meint: Dieje- der Produktion und Rezeption von Küns- dere, dass Integration keine Einbahnstraße die Hoff nungen auf eine Verbesserung der nigen, die bislang außen vor sind, sollen ten zu tun. Auch in diesem Feld ist Skepsis ist: Es müssen sich nicht bloß die Aufnah- mekandidaten an ein anderes Regelsystem gewöhnen, auch die bisherigen Mitglie- der der Gemeinschaft werden hinnehmen müssen, dass die Neuankömmlinge eigene Vorstellungen einbringen wollen. Nicht zuletzt muss man vor dem Hintergrund der oben angesprochenen, zum Teil wi- dersprüchlichen Füllung des Begriff s der kulturellen Integration für eine eigene klare Begriff s- und Zielbestimmung sor- gen. Dies bedeutet aber auch, dass jeder der beteiligten Akteure bei sich selbst mit einer kritischen »Evaluation« beginnen muss, inwieweit im eigenen Bereich dieses Ziel realisiert wird. Übrigens: Integration ist dabei nicht nur eine Aufgabe, die man im Kontext von Zuwanderung diskutieren sollte. Es gibt zum einen viele »Biodeutsche«, de- ren Beteiligung an den unterschiedlichen Gesellschaftsfeldern durchaus verbesse- rungsbedürftig ist. Auch sollte man beden- ken, dass Reiche, die in Deutschland die immer noch guten Infrastrukturen nut- zen und auch hier ihr Geld verdienen, sich gerne in durch private Sicherheitskräfte abgeschirmte Viertel zurückziehen und häufi g ihre Vermögen und Einkommen in Steueroasen deponieren. Sollte dies nicht unter dem Aspekt der »Integration« mit bedacht werden? Kulturelle Integration kann unter die- ser Perspektive bedeuten: Anerkennung und Respekt vor kulturellen Ausdrucks- formen, die einem selbst zunächst fremd

FOTO: TAMARA STOLL TAMARA FOTO: sind. Dies setzt Neugierde und Off enheit Junge Frau im Spätkauf: Junge Menschen, die hier geboren wurden und in diesem Stadtteil aufgewachsen sind, haben zwei Mutter- voraus, was nicht bedeutet, dass einem sprachen und zwei verschiedene Einfl üsse, mit denen sie sich zwischen den Welten bewegen können. Diese Generation hat gelernt, alles gefallen muss. Kulturelle Integration dass Fragen um Identität und Heimat weder fest umrissen noch einseitig aufzufassen sind. Sie spüren ihre Andersartigkeit und trotz- bedeutet, dass man bewusst Möglichkei- dem setzen sie ihren eigenen Weg fort, um hier anzukommen ten der Teilnahme und Teilhabe schaff en muss. Bei der Teilnahme geht es um die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zwar aufgenommen werden in die Gemein- angebracht, da man spätestens seit den Öff nung der Angebote, wobei fi nanzielle zum Ausdruck brachten. Je positiver aller- schaft, allerdings sind die Hürden für diese Studien von Bourdieu weiß, dass Kunst Aspekte und Fragen der Erreichbarkeit dings ein Begriff besetzt ist, umso größer Aufnahme ausgesprochen hochgelegt. Es und Kultur sehr starke Mittel der gesell- eine Rolle spielen. Teilhabe geht allerdings ist – gerade in der öff entlichen und po- geht dabei nicht bloß um die Aneignung schaftlichen Ausdiff erenzierung und auch über die bloße Teilnahme an fertigen und litischen Kommunikation – die Neigung, der deutschen Sprache und die Akzeptanz Abgrenzung unterschiedlicher Gruppen bewährten Produkten hinaus: Es müssen ihn für eigene Ziele und Zwecke zu nutzen der Rechtsordnung, sondern es geht um sind. Sie wirken zwar integrierend, aber Gelegenheiten geschaff en werden, eige- und entsprechend umzudeuten. Dies führt ein starkes Bekenntnis zu einer deutschen dies lediglich in abgegrenzten Lebens- ne Produktionen – und dies im normalen zwangsläufi g dazu, dass eine einvernehm- Leitkultur, was immer man darunter ver- stilgruppen. Programm und nicht in Sonderprojekten liche Defi nition kaum noch möglich ist steht. Ein weiterer Grund für eine skepti- All diese Hinweise sollen nun nicht – zu entwickeln. Kulturelle Integration ist und sehr verschiedene, auch einander wi- sche Haltung gegenüber diesem Begriff dazu führen, das Ziel einer kulturellen jedoch nicht nur eine Aufgabe für die ein- dersprechende Deutungen nebeneinander kann darin gesehen werden, dass die Not- Integration abzulehnen. Es weist nur auf zelne Kultureinrichtung: Auf politischer existieren. wendigkeit übersehen wird, unterschied- einige Stolpersteine hin: Man sollte sich Ebene geht es darum, die Notwendigkeit Neben dieser humanistischen Deutung liche Formen von Integration und Teilhabe kritisch fragen, wie viel an Gemeinschaft- einer Einbeziehung der oben genannten gibt es auch eine Begriff sverwendung, die gleichermaßen zu berücksichtigen. Neben lichkeit überhaupt notwendig ist, damit anderen Integrationsformen (in Politik unter »Kultur« nicht bloß die positiv zu der kulturellen Teilhabe gibt es nämlich eine moderne Gesellschaft funktioniert. und Ökonomie) aufzuzeigen. Letztlich ist bewertenden humanen Aktivitäten des eine soziale, politische und ökonomische Anders als in traditionellen Gesellschaf- kulturelle Integration nur ein Aspekt von Menschen erfassen, sondern auch sein Teilhabe, was ganz konkret bedeutet, dass ten geschieht Integration nicht über eine Integration insgesamt und Kulturpolitik Zerstörungspotenzial. Allerdings ist die- man den Aufnahmekandidaten eine Chan- starke und emotional verankerte und ver- ein Feld, das nur im Kontext anderer Po- se Sichtweise in der Kulturpolitik kaum ce am Arbeitsmarkt und eine Chance zur bindliche universelle Werteordnung (wie litikfelder wirksam werden kann. verbreitet. politischen Mitwirkung geben muss. Zu- etwa ein geteilter Glaube), sondern über Auch der Begriff der Integration erfreut dem sollte man die Beträge im Kontext Prozesse der Partizipation. Moderne Ge- Max Fuchs ist Erziehungswissenschaftler. sich – zumindest im politischen Diskurs von Hartz IV und der Grundsicherung sellschaften halten es nicht nur aus, dass Er war von  bis  Präsident des – einer großen Beliebtheit. Man assoziiert für kulturelle Aktivitäten betrachten, die es eine Pluralität von Lebensformen und Deutschen Kulturrates 22 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

Arbeit und Kultur – untrennbar verwoben Hans Jessen im Gespräch mit der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles

Andrea Nahles ist ebenfalls eine der tatsächlich als Bäcker arbeiten kann. scheiden können. Wir haben diese Al- Kulturelle Integration bedeutet für unter gelebtem Miteinander. Es gibt Initiatorinnen der Initiative kulturelle Anschließend kann er sofort eine tersgrenze deshalb abgeschaff t. Diese mich die Bereitschaft, einen Weg für viele Wege für ein gutes Miteinander, Integration. Der Journalist Hans Jessen Arbeit aufnehmen, und zwar eine und andere Erleichterungen zur In- ein gutes Miteinander der Kulturen bei jedem sieht er vielleicht ein biss- spricht mit ihr über Integration durch gute. Er selbst war aber davon über- tegration in den Arbeitsmarkt waren zu fi nden, ohne seine eigenen Wur- chen anders aus. Es kann über den Arbeit, die Angst vor Überfremdung und zeugt, dass er mit seinem -Euro- mit mühevoller Überzeugungsarbeit zeln und Überzeugungen aufgeben Sport laufen, die Musik, die Arbeit. Es vieles mehr. Aushilfsjob bereits bestens versorgt verbunden. Insbesondere konservati- zu müssen. Sich in der Kultur eines geht darum, die Off enheit auf beiden sei. Wir hingegen setzen auf die Per- ve Innenpolitiker sahen in vielem nur Landes zurechtzufi nden und einzu- Seiten aufzubringen, den Weg ge- Hans Jessen: Frau Nahles, bei spektive, langfristig einen guten Job sogenannte Pull-Faktoren, also zu- gliedern bedeutet also nicht, dass meinsam zu fi nden. der Vorstellung der Initiative zu fi nden. sätzliche Anreize, nach Deutschland man seine Herkunft leugnet oder sagten Sie: »Arbeit ist der Schlüs- zu kommen. Aber die Menschen sind verwischt. Es geht vielmehr um ein Aber wird nicht gerade das von sel zum Gelingen der Integration.« Fühlt die Arbeitsministerin sich ja nun hier, also müssen wir auch so Zusammenführen von Kulturen. In Teilen der Gesellschaft, die sich Was meinen Sie damit? Warum ist vielleicht auch deswegen für damit umgehen, dass es hier gelingt. meinem Wahlkreis in Andernach politisch nach rechts orientieren, Arbeit der Schlüssel? Andere hal- Integration zuständig, weil Die eigentliche Integrationsarbeit beispielsweise gab es früher eine abgelehnt? ten ja eher Kenntnisse der Integration selbst Arbeit ist? beginnt erst jetzt. Es geht darum, all leerstehende französische Kaserne. Leider ja. Aber eine Gesellschaft ist deutschen Sprache für den Wohl wahr, das gilt aber nicht nur diejenigen, die bislang in Integrati- Dort wurden . Russlanddeutsche dann besonders stark, auch ökono- Schlüssel. für mich (lacht). Ich habe das im onskursen saßen, auch in Arbeit zu einquartiert. Es waren Mennoniten, misch, wenn sie zusammenhält, Andrea Nahles: Beides ist wichtig. wenn sich ihre Mitglieder auf Augen- Sprache ist die Grundvoraussetzung, höhe begegnen, wenn sie Perspekti- um sich miteinander zu verständigen. ven schaff t und jedem Einzelnen die Und der Moment, in dem man zum Chance gibt, dass er etwas erreichen Kollegen oder zur Kollegin wird, trägt kann, wenn er sich anstrengt. Egal, ob eine große Chance in sich. Durch er hier geboren und aufgewachsen ist das Miteinander im Alltag fi ndet ein oder ob er unlängst zu uns gekommen Austausch statt, der alles einfacher ist. Genau das zeichnet unsere Ge- macht, das Sprachelernen und auch sellschaft aus und darauf bin ich stolz. das Zusammenleben. Wo sonst kann Klar ist auch, dass unsere Gesellschaft man die Eigenheiten eines Landes, über verbindliche Regeln verfügt. das einem zunächst fremd ist, so Sie sind in unserer Verfassung nie- schnell und so gut kennenlernen? dergelegt und alle, die bei uns Schutz Arbeit ist ein großer Teil unserer Kul- suchen oder aus anderen Gründen zu tur – in Deutschland noch mehr als uns kommen, haben sich an diese in anderen Ländern. Wer arbeitet, ist Regeln zu halten. Eine Gesellschaft nicht passiv, sondern aktiv. Man kann darf also durchaus etwas erwarten selbst einen Beitrag leisten in einem von denjenigen, die zu uns kommen. neuen Land, in dem man versucht, Ich war und bin deshalb auch davon Fuß zu fassen. Bei uns in der Eifel sagt überzeugt, dass das Prinzip des man beispielsweise den schönen Satz: Förderns und Forderns für alle gelten »Den kann ma jebrauche«. Das heißt muss. Aber: Wer kulturelle soviel wie: Der packt an, der macht Integration als Einbahnstraße ver- mit, der will Teil der Gemeinschaft steht und von den Menschen fordert, sein. Als eine gefl üchtete Familie mit ihre Herkunft, ihre Geschichte und vier Kindern zu uns ins Dorf kam und damit einen großen Teil ihres Selbst- über den Vater gesagt wurde »Den verständnisses aufzugeben, der spal- kann ma jebrauche«, war das für mich tet und sorgt für Konfrontation statt das beste Zeichen dafür, dass die Fa- Integration. Das halte ich für sehr milie in der Dorfgemeinschaft ange- gefährlich. kommen war. In dieser Diskussion war immer Für Sie ist also eine bestimmte wieder die These zu hören, man Haltung zur Arbeit schon Bestand- befürchte eine Überfremdung un- teil von Kultur, wenn man Kultur serer Kultur durch massenhaften als Lebensweise ansieht? Zustrom. Es gibt off enbar wach- Ja. Arbeit ist ein ganz wesentlicher sende Teile der deutschen Bevölke- Teil unserer Kultur in Deutschland. rung, die Integration grundsätzlich Arbeit und Kultur sind untrennbar ablehnen – es sei denn, sie fi ndet miteinander verwoben. Ich will Ihnen in Form von Assimilation statt. noch ein Beispiel nennen: Eine der Woran liegt das? Und wie geht man großen Schwierigkeiten in den In- damit um? Beziehungsweise: Wie tegrationskursen besteht darin, den gehen Sie damit um? Menschen die Bedeutung unserer Die Stärke unseres Landes und dualen Ausbildung zu vermitteln. Ein unserer Wirtschaft begründet sich Viertel der Menschen, die aus den auch historisch gesehen in hohem acht wesentlichen Herkunftsländern Maße auf Integration und Zuwan- zu uns gekommen sind, haben einen derung. Und für die Zukunft unseres Hochschulabschluss. Ein weiteres Landes wird dies umso mehr gelten. Viertel hat hingegen überhaupt Auch vor diesem Hintergrund halte keinen Abschluss, ist aber zum al- ich eine Totalverweigerung für ge- lergrößten Teil noch sehr jung. In fährlich und kurzsichtig. Aber sie ihren Heimatländern, in Afghanistan, ist trotzdem ernst zu nehmen. Wir Syrien, im Irak oder in Eritrea, gibt es müssen für unsere Position werben, das System der dualen Ausbildung ins Gespräch kommen, Begegnung or- schlichtweg nicht. Sie verstehen da- ganisieren, Vorurteile abbauen, auch her auch nicht, welcher Stellenwert und vor allem über Arbeit. Ich stelle dem deutschen Facharbeitertum hier häufi g fest, dass Vorbehalte in Res- zukommt. Das zu erklären, ist kul- pekt oder gar Sympathie umschlagen, turelle Übersetzungs- und schwere wenn es einen persönlichen Kontakt Überzeugungsarbeit. Erklären Sie gibt. Denn bei allen Vorbehalten im jemandem, dessen Verständnis von Allgemeinen gibt es doch die konkrete

Verantwortung darin besteht, schnell STOLL TAMARA FOTO: Off enheit für den Einen. Geld für sich und seine Familie zu Eine Geschäftsinhaberin, die afrikanische und asiatische Lebensmittel verkauft. Auff allend: der Optimismus und die Diese Off enheit zu fördern und sie verdienen, dass es sich lohnt, in eine Off enheit der Menschen, die hier Geschäfte gründen und Läden eröff nen im Alltag spürbar zu machen, ist un- Ausbildung zu gehen, obwohl er dann ser gemeinsames Ziel. Eben deshalb zunächst einmal weniger Gehalt be- letzten Jahr erlebt, als es darum ging, bringen. Das ist eine große Aufgabe, denen aus religiösen Gründen nicht freue ich mich über die Initiative kul- kommt. Ich erinnere mich auch sehr zahlreiche Gesetze anzupassen, die ein Marathon und kein Sprint. erlaubt ist, an Musikveranstaltungen turelle Integration, die hierzu gewiss gut an einen syrischen Mann, der vor unsinnige und praxisferne Vorschrif- oder Festen teilzunehmen. Trotzdem einen großen Beitrag leisten kann mir regelrecht auf die Knie gegangen ten enthielten. Z. B., dass man als Ich möchte nochmal nachfragen, haben sie sich gut in die bestehende und wird. ist, um nicht an einem fünfwöchi- geduldeter Flüchtling keine Ausbil- was für Sie kulturelle Integration Gemeinschaft integriert. Und zwar gen Erprobungskurs bei der Hand- dung mehr beginnen durfte, wenn eigentlich bedeutet, darunter lie- über den Sport. Andernach hat seit- Dankeschön. werkskammer Koblenz teilnehmen man älter als  Jahre alt war. Das ist ße sich ja sowohl die Integration dem beispielsweise eine Top-Turner- zu müssen. Dabei ging es lediglich Quatsch. Warum sollte ein -Jähriger in eine bestimmte Lebensweise Abteilung. Gleichzeitig wurde ihnen Andrea Nahles, MdB ist Bundes- darum, sich von seinen Fertigkeiten nicht mehr Kfz-Mechatroniker wer- verstehen als auch die Einbezie- die Möglichkeit gegeben, ihre Religi- ministerin für Arbeit und Soziales. zu überzeugen, nachdem er angege- den können, wenn es einen Betrieb hung in bestimmte Kulturebenen on auch bei uns zu leben. Sie durften Hans Jessen ist freier Journalist und ben hatte, er sei Bäcker. Das prüft die gibt, der ihn gern ausbilden möchte? wie Musik, Literatur und Kunst. auf einem Grundstück der Stadt ihre Publizist. Er war langjähriger ARD- Handwerkskammer, damit er auch Das sollen die Betriebe selbst ent- Was ist es für Sie? eigene Kirche bauen. Das verstehe ich Hauptstadtkorrespondent Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 23

Singen und schwitzen für die Integration Eine Kurzgeschichte In Berlin war es eines der ersten Worte, über Chorsänger und die ich kennenlernte. Mit diesem Wort wurden die Schwierigkeiten beschrie- Saunagänger in der Fremde ben, die ein Zugezogener hat, an einem neuen Ort mit den Einheimischen klar- WLADIMIR KAMINER zukommen. Der Gerechtigkeit halber muss ich hinzufügen, nicht alle Neu- ines der wichtigen Argumen- ankömmlinge hatten solche Schwierig- te der Atheisten und Zweifl er, keiten. Es gab, wenn auch nur wenige, mit dem die Unfähigkeit bzw. doch einige unter uns, die es schnell E Abwesenheit Gottes begrün- und fast problemlos geschaff t haben, det wird, ist die Kritik am Schöpfer für sich in dem neuen Leben zurechtzufi n- die von Menschen begangenen Sünden. den. Am besten ist es denen gelungen, Wie kann er zulassen, dass wir so böse die zu einer Interessengruppe gehörten. handeln? Wie kann er zusehen, wenn Den Chorsängern und den Saunagän- wir einander foltern und umbringen? gern beispielsweise. Jeder vernünftige Gott wäre schon Ich habe solche im Ausländerwohn- längst durchgedreht und hätte mit der heim in Marzahn kennengelernt, sie ganzen Schöpfung Schluss gemacht, waren meine Nachbarn. Mein Freund regen sich die Wutatheisten auf. Sie Alexander Iwanowitsch, ein Mittfünf- behaupten, ein solcher blutrünstiger ziger, hat sich über seine Integration Gott, der so viel Leid und Schmerz zu- überhaupt keine Gedanken gemacht. lässt, ist entweder ein Schurke, oder es Er ist gleich in der ersten Woche nach gibt ihn nicht. seiner Ankunft zu einem Chor gegan- Dabei übersehen sie die göttliche gen. »Ich habe schon immer im Chor Tragödie der Nichteinmischung voll- gesungen«, erzählte er mir. In sei- ends. Gott hat den Menschen nach nem früheren Leben hatte Alexander eigenem Vorbild erschaff en – und hat Iwanowitsch in einem Chor namens ihn mit freiem Willen ausgestattet. Mit »Gagarins Kinder« in der Stadt Gschatsk

dem Willen, eigene Entscheidungen zu gesungen, im »Klub für Kultur und Er- STOLL TAMARA FOTO: treff en, damit er selbst zwischen Sinn holung«. Er sang bereits in diesem Club, Blicke durch Fenster und Türen, die kleine Enklaven fremder Welten und Orte der Ruhe in der Stadt zeigen und Schwachsinn, zwischen Gut und als Gagarin, der erste Mensch, der in Böse wählen kann. Denn nur die freie den Weltraum fl og, noch lebte. Nach ten die Frauen in langen Kleidern. Die gegeben. Die Männer begannen gegen genden Machodasein zu erholen. In Entscheidung zählt. Sich selbst hat Er Gagarins Tod wurde die Stadt Gschatsk zukünftige Ehefrau sang direkt vor . Uhr zu heizen und schaff ten es, der Sauna, unter sich, können sie sich jegliche Einmischung in menschliche sogar in Gagarin umbenannt, weil der Alexander Iwanowitschs Nase, sodass bis Mitternacht in der Sauna zu sitzen. schwach und zärtlich geben. Aber nicht Angelegenheiten verboten. Was wäre erste Kosmonaut in einem Dorf in der er ihr unfreiwillig ins Dekolleté schau- Eine russische Sauna ist in der Regel in der deutschen Variante. Überhaupt das für ein Mensch, der wie eine Mo- Nähe auf die Welt gekommen war. Das te – mehrere Abende hintereinander. Es dunkel und eng. Man heizt schnell auf ist eine Sauna in Deutschland stren- delleisenbahn von unsichtbarer Hand Dorf selbst umzubenennen, war der dauerte nicht lange und sie heirateten. unerträgliche Temperaturen hoch, und ger reglementiert als ein Besuch in der gelenkt und in die richtige Spur ge- Führung peinlich gewesen: zu klein, zu Im Chor lernte Alexander auch einige manche laufen stets schreiend rein und Philharmonie. Man darf nicht mit nack- bracht werden muss. Er wäre die lächer- unbedeutend. Also haben sie einfach wichtige Leute kennen, die ihm halfen, raus, während andere wie Denkmäler tem Hintern auf dem Holz sitzen, man liche Karikatur eines freien Menschen. die nächstgrößere Stadt in der Nähe nach Deutschland auszuwandern. In auf den Bänken sitzen. Aber mit der Zeit darf nicht aufgießen, wann man will, Durch die Nichteinmischung hat sich umbenannt. Berlin angekommen, gingen er und verschwitzt sich die menschliche Masse und man darf sich im Ruheraum nicht Gott eine faszinierende Bühne erschaf- Alexander Iwanowitsch sang mit seine Frau sofort auf die Suche nach in der »Banja« zu einem einzigen Orga- einmal laut die Nase putzen. fen: Seit Anbeginn der Zeiten geben großer Hingabe sozialistische Lieder einem Gesangverein. Dort vermuteten nismus. Man kann sogar den Herzschlag Am Anfang litt Valentin sehr unter sich die Menschen Mühe, ihr Schicksal über die baldige Verbreitung der kom- sie Unterstützung, Verständnis und Hil- der Gruppe hören. den neuen Saunabedingungen. Aus selbst zu bestimmen. Sie wollen eine munistischen Ideen im Weltall: fe. Sie mussten nicht lange suchen und Kommunikationsmangel schnappte neue, wunderbare Welt, in der sich »Wir sind die Kinder der Galaxie, wir wurden mit Wohlwollen aufgenommen. er sich das Holzeimerchen mit Wasser alle gut vertragen. Manche scheitern sind Gagarins Kinder, aber das Aller- Der Chor übte in einer protestantischen und machte einen russischen Aufguss. gleich, manche werden ganz groß und wichtigste ist, wir sind Deine Kinder, Kirche und hatte ein ganz anderes Re- »Viel wichtiger als das Prompt wurde er von den einheimi- scheitern trotzdem. Der Schöpfer hat unsere liebe sozialistische Heimat …« pertoire. Als Gagarin-Kind hatte Alex- schen Saunagängern sachte abgebremst. sich anscheinend eine übergroße Tüte … sang der Chor. Alexander Iwano- ander Iwanowitsch Lobeshymnen auf Thema ist, dass alle »Entspann dich, die Steine müssen Mitleid geholt, eine Flasche Trost, eine witsch stand in der dritten Reihe, vier- das Wunder des Sozialismus und sein zusammen den sich auch erholen«, sagten sie und nah- riesige Portion Chips mit Käsesauce ter von rechts, und sang fl eißig mit. baldiges Ankommen in einer kommu- richtigen Ton treff en« men ihm den Eimer aus der Hand. und Peperoni drauf, dazu ein kaltes Bier Die Sowjetunion war eine nach au- nistischen Zukunft gesungen. In Riga »Die Steine müssen sich erholen?«, und schaut uns nun zu. ßen geschlossene Gesellschaft. Große hatte er lettische Volkslieder gelernt. wiederholte Valentin immer und im- Meine Erfahrung ist, eine wunder- Weltreisen standen den Bürgern nicht Im Kirchenchor besang er das Wunder mer wieder. Der Spruch setzte sich in bare neue Welt beginnt immer dann, zu, doch innerhalb des Landes fand eine der Schöpfung und die Wiederkehr Jesu. Kaum in Deutschland angekommen, seinem Hirn fest. wenn die alte auseinanderfällt. Wenn permanente Völkerwanderung statt, Seine Frau und er mussten also viele ging Valentin auf Saunasuche. Er fand Die Angst vor dem Fremden baut auf die Staatsgewalt nachlässt, die Grenzen von einer Baustelle des Sozialismus zur neue Texte lernen und sich mit unbe- sie, ohne fragen zu müssen. Sie befand Unwissenheit auf. Man weiß nicht, was verschwinden und Menschenmassen nächsten. Es gab auch in Gschatsk viele kannten Themen vertraut machen. sich, welch Wunder, wie in seiner Hei- der Fremde denkt, was er im Schilde sich auf den Weg machen, um die Erd- Zugezogene, Arbeiter und Ingenieure. »Aber das Thema ist unwichtig, matstadt hinter einem Schwimmbad. führt. Doch in der Sauna, wo alle nackt kugel aufs Neue zu entdecken. Men- Die Menschen kamen aus allen Ecken wenn es ums Chorsingen geht«, versi- Dort erhoff te Valentin, neuen geistigen auf dem gleichen Holz sitzen, verfl iegt schen sind gerne auf Reisen. Wenn sie der Sowjetunion, um eine moderne Fa- cherte Alexander mir mehrmals opti- Halt zu fi nden. Doch eine deutsche Sau- die Fremdheit schnell. Schon bald brik in Gschatsk zu errichten. Sie sahen mistisch. »Viel wichtiger als das Thema na unterscheidet sich wesentlich von nahmen die Männer der Saunagesell- einander nicht ähnlich, sie sprachen ist, dass alle zusammen den richtigen ihrer russischen Schwester. Die Deut- schaft Valentin in ihren Kreis auf. Viele zum Teil sogar verschiedene Sprachen, Ton treff en.« schen schauen einander in der Sauna wichtige Bekanntschaften hat er inzwi- Wenn man selbst doch im Chor, beim Singen, trafen sie Bald darauf fand er durch die neuen nie an. Sie schweigen, manche schlie- schen im Dunkel der Sauna geknüpft immer den gleichen Ton. Freunde auch einen Job. Seine Frau und ßen sogar die Augen. Russen hingegen und viele nützliche neue Wörter ken- unterwegs ist, erfährt »In jedem Mensch steckt ein Musik- er siedelten nach um, wo quatschen in der Sauna, sie ist eigent- nengelernt. Es hat nicht lange gedau- man am besten, was instrument, er muss es nur fi nden, seine sie sich als Erstes beim schwäbischen lich ein Ort zum Beichten und Angeben. ert, bis er sich in der deutschen Sauna Integration bedeutet Stimme beherrschen lernen«, erzählte Chorverband anmeldeten. Nur deswegen gehen sie ja hin – um total europäisiert fühlte. Er versuchte mir Alexander Iwanowitsch im Auslän- Mein anderer Nachbar, der ehemali- jemandem ihre Seele mitzuteilen. Die sogar mehrmals, seine Frau zu über- derwohnheim in Marzahn. »Du kannst ge Busfahrer Valentin, kam aus Südsi- Deutschen machen auch nur einmal in reden, mitzukommen, doch sie boy- dir nicht vorstellen, wie musikalisch die birien. Er konnte nicht singen. Doch er der Stunde einen Aufguss. Russen gie- kottierte das gemeinsame Schwitzen zu lange an einem Ort bleiben, werden Menschen in Wahrheit sind!«, meinte er. hatte eine andere Leidenschaft, die ihn ßen aber ständig auf. Es gibt, soweit ich hartnäckig. Irgendwann gab Valentin sie verbittert und stur. Unterwegs ler- Ich hatte das Gefühl, alle wichtigen ein Leben lang begleitete: Valentin war weiß, nicht einmal ein Substantiv im auf. Es hat keinen Sinn, mit sibirischen nen sie andere Völker und fremde Sitten Ereignisse in seinem Leben hätten leidenschaftlicher Saunagänger. In sei- Russischen für »Aufguss«. Es existiert Frauen zu streiten. Er ging wie in alten kennen, sie erweitern ihren geistigen durch die Teilnahme im Chor statt- ner früheren Heimat war er mindestens nur als Verb, als Auff orderung in die Zeiten allein in die Sauna. Bald durfte Horizont, passen sich der sich ständig gefunden. Aus Gschatsk ging er nach zweimal in der Woche, donnerstags und Runde: »Los, mach es heiß! Gieß schon er sogar den Aufguss machen. Einmal verändernden Umgebung an und erfah- Lettland, nach Riga, um zu arbeiten. sonntags, mit Freunden in die Sauna auf! Dawai, dawai!«, sagen die Russen. in der Stunde. Damit die Steine sich ren sozusagen hautnah, was Integration Dort lernte er seine zukünftige Ehefrau gegangen, erzählte er mir. Das waren Und ein weiterer wichtiger Un- zwischendurch erholen konnten. bedeutet. kennen, natürlich in einem Chor. die wichtigsten Abende der Woche. terschied muss hier ebenfalls noch Für mich begann die große Reise Die Zeiten wurden turbulent, die Eine Männerrunde versammelte sich erwähnt werden: In einer deutschen Wladimir Kaminer ist Schriftstelller , als ich aus meiner alten Heimat, Sowjetunion drohte auseinanderzu- zu abgesprochener Stunde in der Sauna Sauna sind die Geschlechter in der Re- der Sowjetunion, in das sich gera- fl iegen, es herrschte Chaos. Im Chor auf dem Hinterhof einer Schwimmhal- gel nicht getrennt. Das macht Russen Der Text ist ein Auszug aus: Wladimir Ka- de wiedervereinigende Deutschland blieb jedoch alles sauber und geregelt: le. Ihre Frauen durften nicht mitkom- nervös, denn sie gehen in die Sauna, miner, Goodbye Moskau. Betrachtungen übersiedelte. Davor hatte ich das Wort Oben standen die Männer in schwar- men, sie haben nur gekocht und ihren gerade um über Frauen zu lästern oder über Russland (Goldmann Taschenbuch »Wiedervereinigung« noch nie gehört. zen Hosen und weißen Hemden, un- Männern das Essen mit auf den Weg vielmehr, um sich von ihrem anstren- Originalausgabe, ), S.  –  24 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

Kultur öffnet Welten Der Beitrag der Kultureinrichtungen zum Gelingen kultureller Vielfalt muss stärker sichtbar werden

MONIKA GRÜTTERS reichern kann. Vielfalt ist und bleibt die Welt aus anderen Augen zu sehen. zu machen, vor allem aber, um Aner- Kultureinrichtungen sind nicht zuletzt eine Herausforderung, für manche so- Die Kultur in ihrer Rolle als Spiegel kennung und Wertschätzung für bür- auch Orte öff entlicher Debatten, die die enn wir uns versuchsweise gar eine Bedrohung. und als Brückenbauerin zu stärken, ist gerschaftliche Unterstützung bei einer Gesellschaft nie nur abbilden, sondern vorstellen, wir sollten le- Als national bedeutsame Institutio- das Ziel zahlreicher Maßnahmen und großen gesellschaftlichen Zukunftsauf- immer auch mitformen. Wie sehr wir »W diglich mit dem leben, was nen, die in einzigartiger Weise Auskunft Projekte meines Hauses. Dazu gehört gabe zum Ausdruck zu bringen, habe ich diese Orte der Verständigung brauchen, wir als ›Nationale‹ sind, wenn wir etwa geben über unser kulturelles Gedächtnis insbesondere die Förderung von Kultur-  außerdem einen BKM-Sonderpreis erleben wir gerade jetzt und gerade dort, den durchschnittlichen Deutschen al- und über unser Bild von uns selbst und einrichtungen, die sich zum einen dem »Kultur öff net Welten« vergeben. In den wo eine lautstark pöbelnde Minderheit ler Sitten, Gedanken, Gefühle zu ent- der Welt, stehen die vom Bund geför- Austausch zwischen den Kulturen wid-  Projekten, die dafür vorgeschlagen den Ruf der Montagsdemonstrationen kleiden probieren, die er von anderen derten Kultureinrichtungen für die Viel- men und sich zum anderen als Orte der wurden, begegnen sich Einheimische »Wir sind das Volk« missbraucht, um Ländern des Erdteils übernommen hat, falt und die Bandbreite dessen, was uns kulturellen Bildung und Vermittlung und Neuankömmlinge von Angesicht Ressentiments gegen anders Denkende, werden wir bestürzt sein, wie unmög- ausmacht. Ihre Arbeit ist unverzichtbar darum bemühen, auch bildungsferne zu Angesicht und knüpfen persönliche anders Glaubende, anders Aussehende, FOTOS: TAMARA STOLL TAMARA FOTOS: Links: Ein Falafelverkäufer, der unsere Fotografi n fast täglich beim Vorbeilaufen und Fotografi eren sah und grüßte; Rechts: Alltägliches Treiben und Arbeiten auf der Sonnenallee

lich eine solche Existenz schon ist.« für ein demokratisches und weltoff e- und wenig kulturaffi ne Menschen in ih- Verbindungen über Kunst und Kultur. anders Lebende zu schüren, um Stim- Trotz der Unvorstellbarkeit einer rein nes Deutschland. Allein die Menschen rer jeweiligen Lebenswelt zu erreichen Wie viel unsere Kultureinrichtungen mung zu machen gegen Demokratie »nationalen« Existenz, die der spa- zu integrieren, die in den vergangenen und ihnen unsere vielfältige Kultur und landauf landab zum Gelingen kultu- und Rechtsstaatlichkeit, Vielfalt und nische Philosoph Ortega y Gasset in Jahren Zufl ucht in Deutschland gesucht unsere wechselvolle Geschichte nahe- reller Vielfalt beitragen, ist uns leider Freiheit – und damit letztlich gegen seinem berühmten Hauptwerk »Der haben und die für eine Zeit lang oder zubringen. Es ist ein zukunftsweisendes nicht immer bewusst. Umso wichtiger alles, was uns defi niert und ausmacht: Aufstand der Massen«, einer Zeitdiag- vielleicht sogar für immer bleiben wer- kulturpolitisches Signal, dass wir den ist es, den Beitrag der Kulturinstitutio- gegen unsere Kultur. Diese Kultur zu nose der er Jahre, beschwor, nährt den, ist eine Aufgabe für Jahre, wenn prominentesten Platz in der histori- nen stärker sichtbar zu machen: Als verteidigen, heißt, aufzustehen gegen die Konfrontation mit dem Fremden nicht Jahrzehnte. Deutschland kann schen Mitte Berlins der Begegnung Einladung zu interkulturellen Begeg- Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung bis heute die Furcht vor Verwässerung sich glücklich schätzen, dabei auch auf deutscher und europäischer Kultur nungen vor Ort, aber auch als Ausdruck und Nationalismus und nicht zuzulas- oder Verlust der nationalen Identität. seine Kulturinstitutionen zählen zu mit den Kulturen der Welt widmen. Das des Selbstverständnisses einer welt- sen, dass ein gesellschaftliches Klima Lange hat allein schon die Frage, ob können – zum einen, weil die diff use Humboldt Forum wird Menschen nicht off enen Gesellschaft. Deshalb bin ich entsteht, in dem die Ressentiments Deutschland ein Einwanderungsland Angst vor der vermeintlich drohenden nur als Staatsbürger, sondern auch als einer Minderheit sich wie ein Virus ist oder nicht, für kontroverse Debatten Dominanz kultureller Minderheiten das Weltbürger ansprechen und vermitteln, verbreiten können. Unsere Kulturein- gesorgt. Der Begriff der »Leitkultur« be- große Bedürfnis nach Vergewisserung dass uns, bei allen kulturellen Unter- richtungen – unsere Theater, Museen, tonte die notwendige Verständigung auf unserer eigenen kulturellen Identität schieden, als Menschen weltweit viel Kultureinrichtungen Gedenkstätten usw. – können Köpfe und gemeinsame Werte, brachte aber auch off enbart; zum anderen, weil kulturelle mehr verbindet als uns trennt. Ange- als Orte der Herzen gegen dieses Virus immunisie- das Bedürfnis nach Selbstvergewisse- Teilhabe eine grundlegende Vorausset- sichts der gegenwärtigen politischen Verständigung sind ren. Sie können Einfl uss darauf nehmen, rung durch Abgrenzung zum Ausdruck. zung dafür ist, dass Zuwanderer in der Lage ist dieses ehrgeizige, der Ausein- wie kulturelle Identität und kulturelle Umgekehrt vernebelte die Vision eines Fremde heimisch werden. andersetzung mit – im wahrsten Sinne wichtiger denn je Vielfalt in Deutschland wahrgenommen heiter-bunten »Multikulti« oft den Blick Diese beiden maßgeblichen Heraus- des Wortes – weltbewegenden Themen werden. Sie können auf Ressentiments auf Konfl ikte, die im »Schmelztiegel der forderungen kultureller Vielfalt – das der Gegenwart gewidmete Vorhaben gebaute Weltbilder ins Wanken brin- Kulturen« gären. Mittlerweile begreifen Bedürfnis nach kultureller Identität aktueller denn je. Das Thema Religion sehr froh darüber, dass meine Kollegen gen. Sie können Verbindendes sichtbar wir uns, auch dank intensiver Ausein- und Selbstvergewisserung einerseits, beispielsweise soll – gerade mit Blick aus den Ländern und Kommunen so- machen, wo das Trennende die Wahr- andersetzungen, als Einwanderungs- das Bedürfnis nach kultureller Teilha- auf die Krisen und Konfl ikte im Nahen wie zivilgesellschaftliche Organisatio- nehmung beherrscht. Sie können Pers- land. Die Zuwanderung der letzten be andererseits – stecken den Bereich und Mittleren Osten, mit Blick auf die nen meiner Anregung gefolgt sind, im pektiven verschieben und Vorstellungs- Jahrzehnte hat insofern nicht nur die der Mitverantwortung der Kulturpo- damit verbundenen Flüchtlingsbe- Rahmen der gemeinsamen Initiative räume erweitern – und damit auch die Zuwanderer verändert, die teils in der litik und der Kultureinrichtungen für wegungen und auch mit Blick auf die »Kultur öffnet Welten« sichtbar zu Grenzen der Empathie. Kurz und gut: zweiten und dritten Generation hier Integration und Zusammenhalt ab. Angst, die Terroristen im Namen des machen, was es bereits an einzelnen Sie können unserer Kultur, sie können leben. Die Zuwanderung – genauer: Kultur ist Brückenbauerin und Türöff - religiösen Fundamentalismus verbrei- Aktionen, Programmen und Ideen dem, was uns defi niert, jenseits argu- der öff entliche Diskurs über Zuwan- nerin, aber auch Ausdruck und Spiegel ten – einen eigenständigen Schwer- gibt. Darüber hinaus arbeiten in der mentativer Auseinandersetzung Gehör derung – hat auch unsere Gesellschaft unserer Identität. Ob Poesie, Malerei, punkt bilden. »Initiative kulturelle Integration« des verschaff en. Aus diesen Gründen bin ich und unser Selbstverständnis verändert. Musik, Theater oder Tanz: Kunst kann Der Förderung kultureller Integra- Deutschen Kulturrates unter meiner gerade mit Blick auf die gegenwärtigen Deutschland sieht sich heute viel mehr gemeinsame Sprache sein, wo unter- tion dient auch der BKM-Preis »Kultu- Verantwortung und mit Unterstützung Herausforderungen und Spannungen als früher als weltoff enes Land. Den- schiedliche Begriff e Schweigen oder relle Bildung«, mit dem ich als Kultur- des Innenministeriums, des Ministeri- in unserer Gesellschaft sehr froh, dass noch scheint die ungeheure Vielfalt Missverstehen provozieren. Kunst kann staatsministerin einmal im Jahr origi- ums für Arbeit und Soziales sowie der wir in Deutschland ein dicht geknüpftes unterschiedlicher Traditionen und gemeinsame Erfahrungen bescheren, nelle Ansätze der kulturellen Bildungs- Integrationsbeauftragten der Bundes- Netz kultureller Angebote und Einrich- Zukunftsträume, Kulturen und Reli- wo unterschiedliche Herkunft ab- und vermittlung auszeichnen darf. Dabei regierung hochrangige Vertreter aus tungen haben – und eine Kulturförde- gionen, Lebensentwürfe und Weltan- ausgrenzt. Kunst kann uns helfen, zu beeindruckt mich immer wieder, wie Staat, Kirchen und Zivilgesellschaft zu- rung, die weltweit ihresgleichen sucht. schauungen, wie wir sie insbesondere verstehen, was uns ausmacht, wer wir viel sich – nicht zuletzt dank bürger- sammen, um eine gemeinsame Position in Metropolen und Großstädten erleben, sind – als Individuen, als Deutsche, als schaftlichen Engagements – vor Ort im zum gesellschaftlichen Zusammenhalt Monika Grütters MdB ist Staats- manchmal ebenso beängstigend und Europäer. Kunst kann uns aber auch nö- Kleinen bewegen lässt. Um die Kraft der in einer pluralistischen, weltoff enen ministerin für Kultur und Medien bei verstörend wie sie inspirieren und be- tigen, die Perspektive zu wechseln und Kultur als Integrationsmotor sichtbar Gesellschaft zu entwickeln. Unsere der Bundeskanzlerin Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 25

Neue Deutsche Organisationen – wo Vielfalt zu Hause ist Wer wir sind und wollen zeigen, dass Deutschland längst onshintergrund. Mit anderen Worten: migrantische Communities wie die auch die deutsche Identität – hybrid was wir wollen vielfältiger ist, als uns manche Skepti- Jedes dritte Kind in Deutschland zählt »Neuen Deutschen Organisationen« zu- sind, sich also aus mehreren Facetten ker glauben machen wollen. Und wir zu den »neuen Deutschen«. Das Prob- sammenschließen, können sie sich über zusammensetzen. Eine Aufteilung der wollen zeigen, warum das gut und not- lem ist, dass Medien und Politik diesen gemeinsame Erfahrungen austauschen, Gesellschaft in ein »wir« und die »an- JULIA MIRI LEHMANN UND wendig ist. Menschen mit Migrations- Umstand kaum berücksichtigen. sich unterstützen und gemeinsame For- deren« lehnen wir daher ab. Vor diesem FERDA ATAMAN geschichte sind aus rechtlichen, demo- Wieso brauchen wir Organisationen derungen erarbeiten. Damit werden sie Hintergrund geht es uns auch nicht um kratietheoretischen und – ja – auch mo- von Minderheiten? Migranten sowie zu typischen Interessenvertretungen, eine einseitige Integrationspolitik. Was eutschlandweit haben sich in ralischen Gründen ein gleichberech- ihre Nachkommen müssen sich selbst die in einer gelebten Demokratie un- wir brauchen, ist eine Gesellschaftspo- den vergangenen Jahren Ini- tigter Teil der deutschen Gesellschaft organisieren und sich eine Stimme litik für alle. Wir glauben daran, dass in tiativen von Menschen ge- und wo dies noch nicht der Fall ist, soll- verschaff en, solange Vielfalt nicht als allen gesellschaftspolitischen Bereichen gründet, die sich nicht mehr ten sie es sein. Viele der Neuen Deut- Normalität anerkannt wird. Das ist z. gleichberechtigte Teilhabemöglichkei- D Identitäten sind als Migranten bezeichnen lassen wollen. schen Organisationen – aber nicht alle B. der Fall, wenn Zuschreibungen zu ten geschaff en werden müssen. Für alle. Ihre Vereine heißen »Neue deutsche – tragen daher auch bewusst das Wort Benachteiligung, Ausgrenzung und im hybrid, setzen sich also Um dies zu erreichen, müssen Barrieren Medienmacher«, »Deutscher.Soldat«, »deutsch« im Namen. schlimmsten Fall sogar zu Übergriff en aus mehreren Facetten identifi ziert und gegebenenfalls besei- »Jung, muslimisch, aktiv«, »Deutsch- Warum? Wir sind integriert, in führen. So setzen sich die »Neuen Deut- tigt werden. Das gilt für Menschen mit plus«, »Schülerpaten« und so weiter. Deutschland zu Hause, aber nicht als schen Organisationen« unter anderem zusammen und ohne Migrationserfahrung glei- Die Botschaft: Wir gehören dazu und Deutsche anerkannt. Damit wollen wir dafür ein, dass der Diskriminierungs- chermaßen. Mit diesem inklusiven Ge- wollen mitreden. Denn Deutschsein uns nicht abfi nden. Mit »wir« ist übri- schutz ausgebaut wird, Rassismus danken tragen die »Neuen Deutschen bedeutet heute nicht mehr, deutsche gens keine kleine Minderheit gemeint, ausnahmslos sanktioniert und Sorgen abdingbar sind und in anderen Einwan- Organisationen« zu einer Gesellschaft Urahnen zu besitzen. Seit es die Bun- sondern ein großer Teil der Gesellschaft, der eingewanderten Communities vor derungsländern wie den USA, England bei, in der Barrieren – wie Rassismus desrepublik Deutschland gibt, gibt es der immer noch viel zu oft übergangen Übergriff en ernst genommen werden. In und Frankreich die Debatten deutlich und Diskriminierung – nicht verschwie- Ein- und Auswanderung. Die Gesell- wird. Seit über zehn Jahren erfasst das diesem Zusammenhang ist es auch im- mitprägen. Angesichts der hitzigen gen werden und Integrationspolitik als schaft hat sich sehr verändert. Und das Statistische Bundesamt, wer einen Mig- mer wieder wichtig, die Lebenswirklich- Auseinandersetzungen um Migration Integration von allen verstanden wird. ist gut so. rationshintergrund hat. Ohne Aussied- keiten von marginalisierten Gruppen und Integration, die nicht zuletzt an- Sollte dies gelingen, kann Deutschland Dieser gesellschaftlichen Entwick- ler haben rund  Millionen Menschen öff entlich zu machen. Dazu gehören gesichts der US-Wahl an Aggressivität endlich ein Land werden, in dem Viel- lung hat sich auch das deutsche Staats- einen Migrationshintergrund – das ent- auch die Expertisen, die Menschen mit zugenommen haben, hat der Einsatz der falt wertgeschätzt und Teilhabe für alle angehörigkeitsrecht angepasst, das im spricht  Prozent der Bevölkerung, also Migrationsgeschichte haben und all- Neuen Deutschen und von klassischen gleichermaßen möglich ist. Jahr  reformiert wurde. Seither jeder Fünfte. Was viele nicht wissen: täglich in die Gesellschaft einbringen. Migrantenorganisationen an Bedeu- ist nicht mehr nur Deutscher, wer von Die Mehrheit von ihnen sind Deutsche. Dadurch wird deutlich gemacht, was in tung gewonnen. Julia Mi-ri Lehmann ist Projekt- Deutschen abstammt, sondern auch, Denn , Millionen von ihnen haben der breiten Öff entlichkeit wenig behan- Welche Rolle spielen die Neuen leiterin der Regionalkongresse der wer in Deutschland geboren ist. Und einen deutschen Pass. Blickt man auf delt wird: Menschen mit Migrationsge- Deutschen Organisationen für den ge- Neuen Deutschen Organisationen. wer länger hier lebt, darf sich einbür- die jüngere Generation, sind es noch schichte haben Werte und Fähigkeiten, sellschaftlichen Zusammenhalt? Als Ferda Ataman ist Sprecherin und gern lassen. Diese Entwicklung spüren mehr: In der Bevölkerung unter zehn mit denen sie tagtäglich zum Gelingen »Neue Deutsche Organisationen« sind Initiatorin der Neuen Deutschen nicht nur Menschen, die ihrem Unmut Jahren haben  Prozent einen Migrati- der Gesellschaft beitragen. Indem sich wir der Auff assung, dass Identitäten – Organisationen in antimuslimischen Protestbewe- gungen Luft machen. Auch die Nach- kommen von Einwanderern spüren den Aufbruch in der Gesellschaft und haben sich formiert. »Neue Deutsche Organisationen« – der Name unserer Initiative – ist ein Sammelbegriff für Zusammenschlüsse und Vereine, die sich für eine plurale Einwanderungs- gesellschaft einsetzen. Anfang , in der Hochphase der »Pegida«-Debatte, kamen unter diesem Dach  Organi- sationen aus ganz Deutschland zusam- men, um sich kennenzulernen und erste Ideen auszutauschen. Viele der Menschen, die sich dort engagieren, haben selbst Migrations- erfahrung oder stammen aus Familien, in denen zumindest ein Eltern- oder Großelternteil nach Deutschland ein- gewandert ist. Manche von ihnen sind mehrsprachig aufgewachsen, manche sprechen ausschließlich deutsch, einige reisen regelmäßig in das Land ihrer El- tern, andere waren noch nie dort, man- che haben Verwandte im Ausland, man- che wurden adoptiert, manchen sieht man die Einwanderungsgeschichte an, bei anderen hört man es am Namen. Die Neuen Deutschen Organisationen sind insgesamt also – wie der Rest der deut- schen Gesellschaft – sehr heterogen. In ihnen fi nden sich Menschen mit den unterschiedlichsten kulturellen Be- zügen, Einwanderungsbiografi en und Lebensweisen. Was sie dennoch zusam- menbringt sind ähnliche Erfahrungen, wenn es um Rassismus und Diskrimi- nierung geht. So kennen die meisten von ihnen das Gefühl, immer wieder als »anders« markiert zu werden. Dazu ge- hören z. B. Fragen wie »Fühlst du dich eher deutsch oder…?«, »Wo kommst du wirklich her?« oder »Was esst ihr zu Hause?«, aber auch faktische Diskrimi- nierung am Arbeits- und Wohnmarkt sowie in der Bildung gehört zu ihrer ge- meinsamen Lebenswelt. Immer wieder zeigen Studien, dass besonders in die- sen drei Bereichen konkrete Nachteile für Menschen mit Migrationsgeschichte entstehen. Hinzu kommen öff entlich geführte Debatten, die die Zugehörig- keit von Migranten infrage stellen. Etwa wenn darüber diskutiert wird, ob der Islam zu Deutschland gehört oder ob

eine Überfremdung Deutschlands droht. STOLL TAMARA FOTO: Die »Neuen Deutschen Organisationen« Entlang der Sonnenallee scheint man sich zu kennen und zu treff en. Die Straße ist Ort für Gemeinschaft und Austausch 26 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

Migrare Von Flüchtlingswellen und Erfolgsgeschichten

ADRIANA ALTARAS Scham. Aus dem Wunsch heraus, etwas wiedergutzumachen. Viele taten es aber o immer ich hinkomme, nach freiwillig aus Freude und Begeisterung. wenigen Minuten beginnt Meine Eltern bekamen das Bundesver- W eine heftige Debatte über dienstkreuz und Gießen eine wunder- die Flüchtlingspolitik der BRD, häufi g schöne Synagoge. negativ, meistens erhitzt, auch in mei- Ich bin in Deutschland zur Schule nen ansonsten »aufgeklärten« Kreisen. gegangen, habe hier studiert, geheiratet, Ich werde dann zunächst still, man fühle mich wohl und sicher in Berlin. scheint vergessen zu haben, dass ich »Vorsicht!« höre ich meinen Freund selbst eine Migrantin bin! Raffi sagen. »Wenn es die Schoah Migrantin mit Erfolgsgeschichte! nicht gegeben hätte, hättest du noch In den USA, dem früheren Einwan- deine alte Heimat, und vergiss nicht: derungsmekka, ist es gang und gäbe: Deutschland musste gut zu euch sein!« »Jeder kann es schaff en!« ist dort die Vielleicht, wahrscheinlich, wer weiß. Devise, hier in Deutschland ist man vor- Dass Deutschland eine so große An- sichtiger, es wird nivelliert, gern nach zahl an Flüchtlingen aufgenommen hat, unten hin. hat sicher mit seiner Geschichte zu tun. Das ist schade, denn die BRD hat ei- Ich fi nde das gut, auch wenn es keine nige Erfolgsgeschichten zu verbuchen. leichte Aufgabe ist und es noch sehr viel Als meine Eltern in den frühen zu verbessern gibt. Ganz zu schweigen er Jahren mit mir nach Deutsch- von den religiösen, kulturellen und land kamen, gab es hier ca. . Juden sprachlichen Unterschieden und Bar- und . Ausländer oder Menschen rieren – das braucht Zeit. mit Migrationshintergrund, wie man Außerdem haben wir alle sowieso das heute so hübsch nennt. Heute ha- keine Wahl. Es herrscht Krieg auf der ben wir mittlerweile ca. sieben Millio- einen Hälfte der Welt, da ist die andere nen Ausländer und ungefähr . Hälfte gefragt zu helfen. registrierte Juden in der Bundesrepu- Es gab schon immer große Völker-

FOTO: TAMARA STOLL TAMARA FOTO: blik. wanderungen aus den verschiedensten Ein Hinterhof auf der Sonnenallee, ein Ort zwischen Stadt und Natur, Privatem und Öff entlichem Wir fassten damals Fuß in Gießen, Gründen, meistens aus Not heraus, be- was wahrlich nicht der Nabel der Welt dingt durch Hunger oder Krieg. Jetzt ist. Meine Eltern nahmen Abschied ist es mal wieder soweit und es ist eine von ihrem bis dato geführten Leben Mitzwa, also eine Verpfl ichtung, zu und gaben sich Mühe, in Deutschland helfen. Germanija anzukommen. Wir »Migranten«, aus dem Latein Wir fuhren regelmäßig nach Frank- »migrare«, sprich wandern, also wir Jüdisch und erwachsen Kulturgemeinschaft. Sie kam ihm aber nem machen. Der Mann und seine Fa- furt, dort gab es immerhin in der »Wandernden«, die schon länger von in Deutschland bald nationalistisch und ebenso verlo- milie suchten und fanden ihr Juden- Markthalle Espresso und Mozzarella. der Demokratie der BRD profi tieren ren vor wie er selber. Zu dieser Zeit war tum und ihr Deutschland. Parallel dazu Mozzarella? Man hielt es damals für ei- durften, stehen mit unseren »Erfolgs- Deutschland nach vier bis fünf Jahren suchte der Mann die Öff entlichkeit, nen sizilianischen Tanz, heute tun die geschichten« als gelungenes Beispiel DMITRIJ BELKIN das Land der Erweiterung seiner Le- um die Geschichten der neuen deut- Berliner so, als sei es wie die Currywurst da. bensperspektive, der niedlichen Berge schen Juden zu erzählen. Er kuratierte ihre Erfi ndung, vom Espresso ganz zu Ich glaube fest an solche positiven er -jährige Sohn eines jüdi- und des fehlenden Winters. Aber nicht im Jüdischen Museum Frankfurt eine schweigen. Leitbilder. Wenn die vielen Kinder schen Vaters und einer nicht das Land seiner Seele. Ausstellung »Ausgerechnet Deutsch- Meine Eltern hatten lange für ihre und Jugendlichen, die neu in die BRD D jüdischen Mutter, ein Peres- Irgendwann, realisierte der Mann land! Jüdisch-russische Einwanderung deutsche Staatsbürgerschaft gekämpft. gekommen sind, sehen, dass sie eine troika-Kind der späten Sowjetunion, gegen Jahrtausendwende, steht man in die Bundesrepublik«. Die neue jü- Meine Mutter hatte über acht Jahre Chance in Deutschland haben, dass sie wachte  im neuen Staat Ukraine etwas seltsam da. Man kann nicht dische Gemeinschaft, zu  Prozent Anträge aller Art gestellt, und als wir hier etwas lernen und werden können, auf und reiste im Dezember  nach mehr zurück, die Sowjetunion exis- aus »Russen« bestehend, nannte er: schließlich  die deutsche Staats- ist das sicher besser, als ihnen die Angst Deutschland aus. Er hatte drei Taschen tiert nicht mehr, mit der Ukraine hat »Deutsches Judentum .«. Es gab bürgerschaft erhielten, gingen wir zum zu vermitteln: »Wir schaff en das nicht!« dabei, einige Bücher, darunter Schel- man nicht viel zu tun, in Deutschland Kritik an diesem Namen: »Nie wieder »Jugoslawen« und feierten ausgiebig. Und es würde dabei auch helfen, ling und Heidegger auf Russisch – der fühlt man sich schlecht – als Migrant kann sich ein Jude mit Deutschland Jugoslawien gibt es nun längst wenn langsam die bequemen Klischees junge Mann wollte in Deutschland und als Fremder. Und erst dann, ver- identifi zieren«. Und was, wenn doch? nicht mehr, aber die Kroaten und Ser- verschwinden würden, vor allem die Philosophie studieren. Der frisch ge- stand der Mann, fragst du, was du Anschließend kam der Mann nach ben, Bosnier und Mazedonier, die in im Deutschen Fernsehen. Mein Rol- backene jüdische Kontingentfl üchtling denn bist, wenn du ganz nackt und Berlin, um für ELES, ein jüdisches Stu- Deutschland leben, schon. lenprofi l sah über Jahrzehnte nämlich hatte auch ein Diplom als Historiker ganz allein dastehst? Dann kam bei dienwerk, zu arbeiten und den Stipen- Meine Eltern wollten nach Deutsch- so aus: Erst war ich die Tochter, dann in der Tasche. Er hat die Universität ihm die eindeutige Antwort: ein Jude. diaten seine Erfahrungen weiterzuge- land, weil es die kulturelle Heimat mei- die Schwester, schließlich die Mutter absolviert und die liberalen Glasnost- Diese Antwort führte dazu, dass der ben und von ihren zu lernen. ner Mutter war. Beide wollten in Euro- der Diebe, Einbrecher, Mörder. Was Ideale aufgesaugt. Mann sich entschloss, mit seiner Fa- pa bleiben, weil sie sich trotz allem als Ausländer in deutschen Filmen halt so Der Kontingentfl üchtling verbrach- milie diesen Weg zum Judentum zu Europäer fühlten. sind. Meinen Durchbruch hatte ich als te acht Monate in einem furchtbaren machen. Denn er war nicht mehr für Wo man sich den An- Heute bin ich froh darüber. Kein Putzfrau. Wohnheim in Reutlingen. Den rechten sich allein verantwortlich – der kleine deren öff net, sind die Land in Europa hat sich mit seiner Ge- Nun weiß ja jeder, dass nicht alle Flügel bewohnten die Vietnamesen, Sohn war da und mit ihm die Frage: schichte so heftig auseinandergesetzt Menschen mit Migrationshintergrund den linken die Juden. Interkulturel- Wie soll er denn aufwachsen? Die im Konturen von einem und auseinandersetzen müssen. Öster- zugleich Verbrecher sind. Tja, nicht alle, le Konfl ikte gab es keine, manchmal Kern areligiöse deutsche Gesellschaft schönen, schwierigen reich, Frankreich, Spanien und auch die aber leider, leider doch eine Menge, also verschwand die billige Wurst (Schwei- gab die Antwort: »Lieber gar keine Re- Etwas zu vernehmen angeblich so neutrale Schweiz haben da eine sehr große Menge, das kann man nefl eisch, koscher kam viel später) aus ligion, plural erziehen, den Rest werdet noch einiges vor sich, was die Aufarbei- doch jeden Tag im Fernsehen sehen. den Etagenkühlschränken, doch diese ihr sehen«. Das war nicht die Antwort tung der eigenen Vergangenheit angeht. Sie sind allesamt Analphabeten, ha- Probleme waren eher intern verursacht seiner Familie, die sich für einen jü- Über Deutschland habe ich ein Buch Damals in den er Jahren jeden- ben einen Döner- oder Gemüseladen, und nicht interkulturell. Auf dem Amt dischen Weg entschied. Hilfreich war geschrieben: »Germanij a. Wie ich in falls waren wir fremd, sehr fremd hier. sowohl im Vorabendprogramm als auch hing ein Plakat »Alle Menschen sind dabei die weltoff ene, kapitalistisch- Deutschland jüdisch und erwachsen Mein Vater, Oberarzt an der Gieße- zur prime time, und wenn es Juden sind, Ausländer!«. Der Einwanderer reali- literarische Stadt Frankfurt, ihre jüdi- wurde«. Wobei mir das Erwachsen- ner Uniklinik, tat sich schwer im über- dann sind sie reich und handeln mit Im- sierte: Einige sind es doch noch mehr. sche Gemeinde und die neuen Freunde. sein im Titel und im Leben zentral schaubaren Gießen. Jede halbe Stunde mobilien... Der junge Mann strebte ein wider- Wichtig waren die Reisen nach Ame- zu sein scheint. Der Gedanke über hörte er Nachrichten auf seinem klei- »Gebraucht werden« könnte ein sprüchliches Zweierlei an, nämlich: rika und Israel, die eine bisher unbe- die Notwendigkeit eines verantwor- nen Weltempfänger, wie ein Reserveof- Schlüsselwort sein, und sicher ist es an zurück, um das untergegangene Land kannte jüdische Vielfalt öff neten und tungsvollen, »erwachsenen« Agierens fi zier der Geschichte, den man plötzlich der Zeit, Leitungspositionen oder Stel- zu retten. Und nach vorne, um in Tü- den Mann zwangen, sich mit Deutsch- in der Gesellschaft ist zugleich mein wieder einberufen könnte. len in Kreativbereichen mit Menschen bingen weiterzustudieren. Seine Frau, land als seinem Land auseinanderzu- Beitrag zum Thema kulturelle Inte- Inzwischen fuhr meine Mutter mit mit einer »Migranten-Vita« zu besetzen. die acht Monate später kam – die Wie- setzen. Denn die Frage »Wie hart hast gration. Denn irgendwo dort, wo man ihrem Renault Clio durch Hessen, auf In Kreuzberg gibt es eine starke Szene dervereinigung der Familien ist eine du es als Jude in Deutschland?« bekam sich den Anderen öff net und auch ihre den Spuren des Landjudentums, das es an Autoren, Schauspielern, Regisseuren, recht wichtige Institution für die neu- er im Ausland oft gestellt und musste Zuneigung spürt, sind die Konturen einmal in großer Anzahl hier gegeben die akzentfrei Deutsch und Türkisch en Deutschen, auch für die heutigen sein neues Land, dessen Pass er in- von einem schwierigen, schönen Etwas hatte. Irgendwann griff aber auch bei können, die haben Geschichten auf La- Flüchtlinge – plädierte klugerweise für zwischen besaß, rechtfertigen. Seine deutlich zu vernehmen, das man die meinen Eltern die alte Emigranten- ger, von denen wir nichts ahnen... man die zweite Variante: die des Bleibens. Eltern waren inzwischen auch da. Sie »Heimat« nennt, ohne ein mulmiges weisheit: »Richte dich ein, als wär’s auf könnte sie fragen. In Tübingen studierte der Mann osteu- putzten Toiletten auf Tankstellen. Zu- Gefühl beim Artikulieren dieses Wor- ewig.« Das taten sie und gründeten eine Ansonsten bin ich fest davon über- ropäische Geschichte und Philosophie. gegeben: nicht optimal für Ingenieure, tes zu bekommen. Jüdische Gemeinde. Und dabei blieb es zeugt, dass wir es schaff en werden, viel- Er promovierte. Das Bild Russlands doch deutlich besser als allein in einer nicht, sie sorgten dafür, dass Gießen ein leicht nicht so schnell, wie man sich hier enttäuschte ihn. Der Kalte Krieg leeren Wohnung zu sitzen. Dmitrij Belkin ist promovierter neues Gemeindehaus bekam, die klei- erhoff t hat, aber in  Jahren wird kein wurde akademisch weitergeführt, doch Es war auch eine Rechtfertigung Historiker und Referent beim ne, original erhaltene Landsynagoge Mensch mehr von dieser Flüchtlings- der Mann wollte seine liberale Sow- Deutschlands nach innen angesagt: jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich aus dem Dorf Wohra wurde umgesetzt, welle sprechen – weil es bis dahin neue jetunion zurück – nicht die Kritik des Die Generation der er hat dem Studienwerk (ELES) in Berlin. Er ist ein Wohnheim für Stipendiaten wurde geben wird. Stalinismus. Der Mann wurde einsam. Mann den Diskurs über das »Scheiß- Autor von »Germanij a. Wie ich in angeschlossen. Er ließ sich taufen und integrierte sich land« beibringen wollen – er wollte Deutschland jüdisch und erwachsen Viele, sehr viele halfen ihnen. Sicher, Adriana Altaras ist Autorin, zunächst in die russische orthodoxe und will diesen Diskurs nicht zu sei- wurde« (Campus Verlag, ) einige taten es aus Schuldgefühlen, aus Schauspielerin und Theaterregisseurin Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 27

ständigung mit Gott –, sondern auch der körperlos anwesend war, in jedem als ein Zeichen der Standfestigkeit im Raum, ohne Angesicht. Das erste Wort, Von der Sprache ausgehen Glauben betrachtet. Lange dachte ich, das ich schreiben konnte, war der Name ich hätte einen Text, unabhängig von Gottes, mit einem blauen Stift auf einem Zur Sprache kommen. ne Freunde und ich saßen im Parterre; zur deutschen Sprache zu kommen, in seinem Inhalt, nur begriff en, wenn ich gelben Notizzettel; das J fi ng am oberen Zur Sprache bringen unser Englischlehrer konnte sehen, wie der er auch  Jahre später nicht ankam. aus ihm zitieren konnte. Rand an und endete am unteren. Und wir mit unseren Fingern auf sie zeigten. Deutsch begann ich im Kindergar- Ich bin dreisprachig aufgewachsen: noch heute sehe ich in diesem Buchsta- Mein Vater war bereits hier, als meine ten zu sprechen, zur deutschen Sprache Tamil und Englisch – Sri Lanka war fast ben Jehovas Arm, der vom Himmel aus SENTHURAN VARATHARAJAH Mutter, mein älterer Bruder und ich in aber brachte mich die Bibel. Während  Jahre lang britische Kronkolonie – auf die Erde greift und nimmt, was ihm dieses Land kamen; die sri-lankische wir in einem Asylbewerberheim lebten, sprach ich mit meinen Eltern, Deutsch gehört. Das habe ich geglaubt. Von die- ch spreche aus einer Erinnerung Armee hatte begonnen, junge tamili- konvertierte mein Vater zu den Zeugen später mit meinen Brüdern und Freun- ser Sprache bin ich ausgegangen. Und und sie wird wie jede Erinnerung sche Männer festzunehmen und ver- Jehovas. Bis ich  war, war auch ich den. Diese Sprache habe ich anders er- in dieser Sprache schreibe ich. von einem anderen Ereignis er- schwinden zu lassen. Er musste vor uns Jehovas Zeuge. Kurz vor meiner Tau- fahren: Tamil und Englisch lernte ich  Jahre nach meinem Austritt liegt I zählen als dem, das erinnert wer- gehen. Wir folgten ihm, , ein halbes fe trat ich aus unserer Gemeinde aus. als horizontale Sprachen – Sprachen die Bibel weiterhin auf meinem Schreib- den soll; aber so erinnere ich mich: Ja- Jahr später, als ich vier Monate alt war. Den Einfl uss der Bibel, die ich in der der Kommunikation, die an jemanden tisch, in einer anderen Übersetzung und nuar, . Ich war , als wir im Eng- Das kleine Langenscheidt Wörterbuch Neuen Welt Übersetzung der Heiligen adressiert waren, der körperlich an- zu einem anderen Zweck. Als ich meinen lischunterricht über den Untergang der Englisch – Deutsch, das er nach seiner Schrift, der Übersetzung der Zeugen wesend war, im selben Raum wie ich. ersten Roman geschrieben hatte, geriet Titanic sprachen. James Camerons Film Ankunft benutzte, besitze ich immer Jehovas, las, beginne ich erst langsam Diese horizontale Linie, die von Mund ich manchmal ins Stocken bis zum Still- kam in diesem Monat in die deutschen noch. Es ist so groß wie eine Handfl äche, zu verstehen. Mit ihr lernte ich beides: zu Ohr und Ohr zu Mund, von Ange- stand: Wenn meine Sprache sich nicht Kinos. Es gibt eine Szene, nachdem das der Einband: abgegriff en und grau von Lesen und Schreiben; ein Bruder aus sicht zu Angesicht verläuft, besaß und mehr bewegte, ich also nicht mehr in Schiff bereits mit dem Eisberg kollidiert seinen Berührungen. Es fehlen Seiten; unserer Versammlung brachte es mir besitzt auch die deutsche Sprache für ihr vorankam, blätterte ich in der Bi- war, in der Rose und Jack durch die Gän- einige hingen lose an der Bindung. Als bei, im Sommer vor meiner Einschu- mich, allerdings wurde sie von Anfang bel wie in einem Wörterbuch und ich ge der dritten Klasse rennen, an einer ich an diesem Abend spät nachts nach lung. Mit zögernder Stimme und dem an durchkreuzt, von einer vertikalen: las das, was ich zufällig aufgeschlagen Familie, wahrscheinlich Einwanderer, Hause kam, habe ich dieses Liliput Zeigefinger unter dem Satz las ich von mir zu Jehova und – wie ich in dieser hatte, einen Psalm, den Römerbrief, die vorbei. Der Vater hielt ein Wörterbuch Wörterbuch – die Reihe ist nach ihrem meinen ersten Vers, . Korinther , : Zeit glaubte – auch von Jehova zu mir. In Apostelgeschichte, den Blick abwech- in der Hand, in dem er blätterte, seinen Format benannt worden – gesucht und »Denn jetzt sehen wir mit Hilfe eines ihr sprach ich anders und wurde anders selnd auf einen Vers und auf den Moni- Blick abwechselnd darauf und auf das in einem Schuhkarton, in dem ich alte metallenen Spiegels in verschwomme- angesprochen: Ich glaubte, genau zu er- tor gerichtet, bis sich die Sprache von Schild, das an der Wand hing, gerichtet. Familienfotos aufbewahre, gefunden. nen Umrissen, dann aber wird es von kennen, so wie ich auch glaubte, genau sich aus bewegte und ich von ihr und Die Szene dauerte wenige Sekunden. Es sah anders aus als in meiner Erinne- Angesicht zu Angesicht sein. Jetzt er- erkannt worden zu sein. Deutsch war die durch sie weiter gehen konnte: vertikal, Ich hatte sie vergessen. Vor einigen rung: Die Seiten hatten sich mittlerwei- kenne ich teilweise, dann aber werde Sprache Gottes, weil ich in ihr Gottes horizontal, diagonal – in jede Richtung. Wochen, als ich mit einem Freund in le vom Einband gelöst; das türkisblaue ich genau erkennen, so wie ich genau Wort erfahren, früher hätte ich gesagt: einer Bar in Neukölln saß und wir über L und der gelbe Hintergrund waren ver- erkannt worden bin.« Einen Vers zitie- empfangen, hatte. Deutsch war die Senthuran Varatharajah ist Schrift- unsere Väter sprachen, habe ich mich blasst. Mit ihm – und, weil es damals ren zu können – auswendig, und zur Sprache, die in unserer Gemeinde ge- steller. Sein Debütroman »Vor der an diese Familie erinnert, und auch an kein Wörterbuch Tamil – Deutsch gab, rechten Zeit – wurde nicht nur als ein sprochen wurde und in der ich glaubte, Zunahme der Zeichen« erschien  unser Lachen erinnerte ich mich; mei- über das Englische – begann mein Vater Zeichen des Verstehens – also der Ver- gemeint worden zu sein, von jemandem, im S. Fischer Verlag Die Sprache der Herzen Integration als Teilhabe an der Demokratie

IMRE TÖRÖK habe ich gelernt, dass es nicht ausge- Doch man kann lehren, wie die Würde hat. Integration ist keine Einbahn- dass ich lernbereit bleibe, dass jede reicht hat, Sprachlehrer, Sozialpäda- eines Menschen am vorläufi gen Ende straße, sondern beidseitige Hingabe Fluchterfahrung ein individuelles er Nachtzug rollte durch goge, Psychologe zu sein. Es kommt seiner Flucht – sie wird innerlich viel- und Bereitschaft, einander entgegen- Leid ist. Deutschland, ich klebte als Ju- auf das Zuhören an. Integration ohne leicht nie mehr ganz aufhören – zu ach- zukommen. So will es die Menschen- Die Lehrbücher, die Maßnahmen D gendlicher am Fenster, starrte Empathie bleibt eine Hülle, in die der ten sei. Ausreichende Sozialleistungen würde. Wir, die hier in Freiheit leben, waren gleich. Die Begegnungen und in dunkle Wälder im Frühnebel. Was Ankommende gesteckt wird. Flücht- sind nicht alles. Mit dem gleichen Recht, müssen dazulernen. Es bedarf der der Umgang verlangten in mir ein Ein- würde mich in einem Land erwarten, gehen darauf, ob jemand aus Osteuropa, dessen Sprache ich nicht konnte, des- aus Chile, aus Eritrea oder aus Vietnam sen Lebensart ich nicht kannte? Asyl in Deutschland gesucht hat. Auch Im Lager Friedland erfuhr ich, auch das ist ein Gebot der Menschenwürde. wenn es das Wort in den er Jahren Integration in einer Demokratie muss des vorigen Jahrhunderts noch nicht auch die Sprache der Herzen sprechen. gab, deutsche Willkommenskultur. Da- Wir sollten die Worte des deutsch- nach allerdings musste ich mich in der sprachigen Dichters Adelbert von Schule und im Leben ohne professio- Chamisso, eines hervorragend einge- nelle Integrationshilfe durchkämpfen. bürgerten französischen Flüchtlings Unterstützungsmaßnahmen im heuti- in deutschen Landen des . Jahrhun- gen Sinne, also z. B. Sprachunterricht, derts, nicht vergessen: »Überall bin ich existierten nicht. Ich wurde eingeschult der Fremde. Ich wünsche mir so sehr, und musste schauen, wie ich damit zu- alles zu umarmen. Aber alles entglei- rechtkam. Verglichen mit heute eine tet mir.« harte Zeit. Allerdings gab es auch keine Integration ist ein langwieriger Pro- spürbare Fremdenfeindlichkeit, und sie zess. Wir brauchen die historische und blieb ein unbekanntes Wort für mich in die gegenwärtige Erfahrung von Men- den Folgejahren. schen, die als Flüchtlinge, als Migran- Doch  bereits schrieb ich in ten zu uns gekommen waren, die hier einer Anthologie des Rowohlt Verla- heimisch geworden sind, um mit ihnen ges über Hass gegen Ausländer, über angemessene, nachhaltig hilfreiche Brandanschläge in Ausländerwohn- Konzepte einer Integrationspolitik für heimen, über Ängste der »Fremden« Gegenwart und Zukunft zu entwickeln. in deutschen Städten. Ich entschloss Integration begriff en als gegenseitige mich, hauptberufl ich in der Flüchtlings- Partizipation, als gemeinsame Teilhabe hilfe tätig zu sein und arbeitete dort an der Demokratie. sieben Jahre lang. Dieses Engagement Die großen Herausforderungen ließ mich bis heute nie ganz los, insbe- durch Abermillionen Menschen welt- sondere literarisch. Zuletzt besuchte weit auf der Flucht werden auch in ich Flüchtlingscamps an der syrischen absehbarer Zeit dringend nach inter- Grenze, schrieb über die dortige Situa- nationalen Lösungen verlangen. In tion der Menschen auf der Flucht. diesem Rahmen wird in Deutschland Wesentliche Fragen des Menschen eine innovative Politik der Partizipa- auf der Flucht gestalten sich überall tion weiter zu entwickeln sein. gleich, nämlich wie viel an Würde ih- Rechtspopulismus, rechtsextremer nen das Exilland gewährt. Fremdenhass, Demokratiefeindlichkeit Exilerfahrung prägt für ein ganzes sowie Abschottung und Ausgrenzung Leben. Negativ oder positiv – das hängt wären dabei abscheuliche Ratgeber.

maßgeblich von den Erfahrungen in STOLL TAMARA FOTO: Unsere humanistische, demokrati- den Anfangszeiten ab. Welche Bereit- Ein sympathischer Schuster, Davydov Lieblingsschuh, in der Sonnenallee Nr.  sche Werteordnung gilt es mit einer schaft das neue Land bietet, mit den würdevollen Aufnahmebereitschaft selten off enbarten Schmerzen fertig zu linge lernen zwar, im neuen Land zu- mit dem wir von Flüchtlingen Integra- Schulung von Fachkräften, damit sie untrennbar zu verschmelzen. werden, die jeder Exilsuchende im Her- rechtzukommen, doch die Hülle des tionsbereitschaft erwarten, müssen wir Integration als eine großartige huma- zen trägt. Eine schmerzdurchdrungene Fremdseins werden sie nicht los. auch ihren erlittenen, tiefen Verwun- nistische Aufgabe begreifen, bei der das Hoff nung auf ein neues Leben, ohne das Ich weiß, man kann nicht von allen dungen ausreichend Aufmerksamkeit Lehren und das voneinander Lernen Imre Török ist Schriftsteller Zurückliegende vergessen zu können aufrichtigen Helfern erwarten, dass sie schenken. Es mag oft viele Jahre dauern, ineinander übergehen. Obschon ich und Mitglied des PEN. Er war  und zu wollen. das Schicksal eines Kindes, einer Frau, bis ein Exilsuchender die Tiefen seiner selber als Flüchtling nach Deutschland bis  Bundesvorsitzender des Während meiner berufl ichen Arbeit eines Mannes auf der Flucht in dessen Verlustschmerzen und mitgebrachten gekommen war, habe ich während mei- Verbands deutscher Schriftstellerinnen mit Flüchtlingen in den er Jahren ganzer Tragweite empfi nden können. Ängste überwunden und verarbeitet ner Flüchtlingsarbeit darauf geachtet, und Schriftsteller (VS) 28 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

Kultur ist mehr als die Herkunft Hans Jessen im Gespräch Bereicherndes, sie macht uns alle genommen, sie müssen immer den grationskurse gibt. Man muss den zung dafür, dass kulturelle Integra- mit Ska Keller, der insgesamt stärker. Kultur ist viel mehr Behörden hinterherrennen, die inte- Leuten erklären, was das hier mit dem tion überhaupt gelingen kann? als die Herkunft. Natürlich spielt das ressieren sich nicht für ihr Schicksal, ganzen Papierkram auf sich hat, wie Zuwanderung kann man begrenzen, Vorsitzenden der Grünen/ eine ganz große Rolle, aber Kultur ist sondern gucken nur auf irgendwelche man Telefonverträge abschließt und aber nicht Flucht. Wenn wir eine or- EFA-Fraktion im Euro- alles, was ich denke, was ich tue, was Papiere, dann erschwert das die Inte- so weiter. Und dass man genau hingu- dentliche Einwanderungspolitik hät- päischen Parlament ich als normal empfi nde, das ist letzt- gration. Wenn Menschen ihre Familie cken muss, was man da unterschreibt, ten, dann könnte man sagen, es gibt endlich Kultur. Da geht es nicht nur nicht nachholen können, wenn die auch wenn man denkt, in Deutsch- legale Einwanderung von Menschen, um Herkunft. noch in Syrien sitzen und bombar- land ist alles super geregelt, hier muss die hier arbeiten wollen, da kann man Hans Jessen: Frau Keller, das EU- diert werden – da kann man sich nicht doch alles funktionieren. Das sind dann mit Zahlen jonglieren, bitte Parlament, Vertreter von  Nati- Aber es ist doch off enbar so, dass ordentlich integrieren. Wie soll man einfache, aber wichtige Beispiele. schön. Aber bei Fluchtfragen kann onen, bedeutet selbst schon kultu- in vielen europäischen Ländern da den Kopf frei haben für Sprache man das nicht machen. Wenn ein relle Vielfalt. Wie arbeitet dieses Menschen sich von dieser Viel- lernen? Man hat eine Motivation zur Wenn Sie sich mit Ihren europäi- Mensch fl iehen muss, dann muss der Parlament zusammen? Ist das eine falt, die noch breiter wird durch Integration, wenn man das Gefühl hat, schen und über Europa hinausrei- fl iehen. Man kann nicht sagen: »Sorry, durchgängige politisch-kulturelle Migranten und Flüchtlingszuwan- hier bleibe ich. Hier bleibe ich gerne chenden Erfahrungen von kultu- aber die Grenze ist leider erreicht, du Integration? Oder gibt es auch derung, überfordert fühlen und und hier sind Leute, die sind cool, reller Vielfalt Deutschland angu- musst in Aleppo bleiben«. Das geht Schwierigkeiten? sagen: So viel wollen wir nicht. Sie also will ich mit denen reden, also cken: Welche drei, vier, fünf Be- nicht. Der Mensch muss fl iehen, sonst Ska Keller: Im Parlament teilen sich wollen sich abschotten. muss ich die Sprache lernen. Die Art griff e, Zielsetzungen sind wichtig, ist sein Leben in Gefahr. die Abgeordneten nicht nach Ländern, Ja, weil den Leuten immer wieder er- und Weise, wie wir das Ankommen damit innerhalb von Deutschland sondern nach Fraktionen, nach poli- zählt wird, dass es nur eine Identität von Menschen gestalten, ist ganz kulturelle Integration möglich Dieses zu akzeptieren ist eine tischen Meinungen. Man sortiert sich geben kann, dass man nur Schwedin wichtig. ist? Forderung, auch eine kulturelle nicht nach der Frage: Wo komme ich oder Deutsche sein kann, aber nicht Für Integration ist erstens immer Anforderung an die, die hier schon her? Sondern: Was denke ich, was will gleichzeitig Europäerin. Aber das ist Jetzt sieht sich Europa konfrontiert extrem wichtig: Sprache, Sprache, länger relativ sicher leben? ich? Z. B. haben wir bei den Grünen  absurd. Ich bin Brandenburgerin und mit einem Zustrom von Menschen Sprache. Aber auch eine Willkom- Ja, es kann keine Obergrenze für Mitglieder aus ganz Europa. Wir sind gleichzeitig habe ich einen deutschen außereuropäischer, kulturell weit menskultur in dem Sinne, dass Flüchtlinge geben. Das wäre komplett alle grün. Das bringt uns zusammen. Pass. Da steht auch noch »Europä- entfernter Herkunft. Syrienfl ücht- man den Leuten sagt: »Ihr seid hier gegen die Menschenrechte, gegen Wir unterhalten uns nicht über: »Oha, ische Union« drauf. Eine Identität linge oder Flüchtlinge aus dem willkommen, wir wollen euch hier internationales Recht. Man stelle wie läuft das so bei euch in den Nie- schließt die andere nicht aus. Man afrikanischen, nordafrikanischen haben«. Und dass die Leute den Kopf sich vor, wir müssten mal fl iehen. Vor derlanden?«, sondern wir unterhalten kann vieles gleichzeitig sein. Deswe- Raum. Ist das vielleicht eine Über- frei haben können, z. B. durch Famili- nicht allzu langer Zeit ist das auch uns gemeinsam darüber, wie wir eu- gen glaube ich, dass kulturelle Vielfalt forderung dessen, was die tradi- ennachzug. Ganz, ganz wichtig. Dass passiert. Und dann würden andere ropäische Politik gestalten wollen. Ich keine Bedrohung ist, sondern eine tionelle deutsche Bevölkerung an man den Leuten nicht solche Hürden sagen: »Sorry, das ist gerade zu viel. glaube, dass das ein gutes Beispiel für Bereicherung und dass sie nicht dazu Integration zu leisten hat oder in den Weg legt, die sie zweifeln las-  Millionen Deutsche, wo wollt ihr Integration sein kann, man arbeitet führt, dass man die eigenen Identitä- leisten kann? sen, ob sie jemals hier ankommen überall hin?« Und wir sollten nie gemeinsam an etwas, auf ein gemein- ten aufgeben muss oder sollte – auch Das ist auf jeden Fall eine Heraus- werden. Das Ankommen ist wichtig. vergessen, wir sind in einer ziemlich sames Ziel hin. Dann ist es egal, wo- wenn es Parteien und Politiker gibt, forderung. Es ist auch tatsächlich Und natürlich eine möglichst schnelle komfortablen Situation. Mit all den her man kommt. die ein Interesse daran haben, da ei- nicht einfach. Die Leute sind nicht Integration in den Arbeitsmarkt. Aber Problemen, die wir innerhalb der Eu- nen Keil rein zu treiben. herkommen, weil sie sagen: »Hey, wir auch nachbarschaftliche Integration. ropäischen Union haben, auch Armut, Im Moment hat man den Eindruck, fi nden Deutschland großartig oder Einfach, dass sich die Nachbarschaft sind wir immer noch, verglichen mit dass Europa, das ein Europa der Haben Widerstände in einzelnen Schweden oder Belgien, deswegen kümmert, dass es Leute gibt in der dem Rest der Welt, einer der reichsten kulturellen Vielfalt sein soll, in Staaten gegen Integration etwas kommen wir mal.« Sondern die muss- Kita, die sich kümmern. Das, was wir Kontinente. Deswegen fi nde ich es den einzelnen Mitgliedsstaaten mit der Zahl und Verteilung von ten fl iehen. Die wollten gar nicht weg gerade sehen in ganz Europa, die gan- fatal, wenn jetzt die Mitgliedsstaaten eher wieder in kulturelle Eigenar- Zuwanderern zu tun? Die EU macht von zu Hause. Das fällt niemandem zen kleinen Initiativen, die sich über- beschließen wollen, einen Schutzwall ten zerfällt. Der politische Erfolg eine eigene Flüchtlingspolitik. Sie leicht. Es ist eine ganz große Heraus- all darum kümmern, dass Flüchtlinge, um die EU zu bauen und zu sagen: der Rechtspopulisten gibt dafür sind die migrationspolitische Spre- forderung, sowohl für die Flüchtlinge die in die Wohnung kommen, Möbel Hier, Libyen, du machst das, Ägypten, deutliche Signale. Woran liegt das? cherin Ihrer Fraktion. Wie sehen selbst als auch für die aufnehmende kriegen. Die dafür sorgen, dass das Türkei, ihr macht das alle schon, ihr Wir haben eine große kulturelle Viel- Sie den Zusammenhang zwischen Gesellschaft. In der Tat hatten wir bis Kind den Schulweg fi ndet und die bei kümmert euch alleine um die Flücht- falt in Europa. Wir haben schon eine Flüchtlingspolitik und gelungener jetzt nicht viel Migrationserfahrung den Hausaufgaben helfen. Das ist ein linge, wir kommen leider damit nicht große kulturelle Vielfalt in Deutsch- gesellschaftlicher kultureller Inte- aus Syrien. Das ist nicht einfach, aber weiteres Kernstück von Integration. klar. Das ist doch ziemlich absurd. land. Ich komme aus Brandenburg gration? es ist keine Überforderung. Wir haben – wenn ich nach Baden-Württemberg Die Frage, wie Flüchtlinge ankommen, in der gesamten Europäischen Union Wenn dann aber Politiker und Bür- Dankeschön. fahre, dann habe ich schon Schwie- ist total wichtig für die Integration. grob geschätzt , Millionen syrische ger sagen, wollen wir alles gerne rigkeiten, die Leute nur zu verstehen, Wenn sie z. B. jahrelang, monatelang Flüchtlinge aufgenommen, auf  machen, das geht aber nicht mit Ska Keller, MdEP ist Vorsitzende der rein sprachlich. Wir haben große auf den griechischen Inseln oder in Millionen Einwohner in der Europäi- einer unbegrenzten Zahl von Mig- Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen kulturelle Unterschiede, auch inner- Notunterkünften hocken müssen, schen Union. Das sollte doch machbar ranten, Zuwanderern, wenn gesagt Parlament. Hans Jessen ist freier Jour- halb von einzelnen Mitgliedsstaaten. und das Gefühl haben, sie seien nicht sein. Man muss natürlich auch dafür wird, eine gewisse Höchstgrenze nalist und Publizist, er war langjähriger Kulturelle Vielfalt ist aber etwas sehr willkommen, sie werden nicht ernst sorgen, dass es Sprach- und Inte- an Zuwanderung sei Vorausset- ARD-Hauptstadtkorrespondent FOTOS: TAMARA STOLL TAMARA FOTOS: Nach fast -jähriger Trennung verbindet diese Straße heute wieder Berlins Innenstadt mit den Eine kurze Begegnung am Anfang der Sonnenallee: In den er Jahren kamen Menschen aus der Tür- südöstlichen Vorstädten, Seen und Wäldern. Einst wurde die Sonnenallee durch den Bau der Mauer kei und später auch aus dem Nahen Osten. Die ersten sogenannten Gastarbeiter trafen vor  Jahren ein, geteilt und zu einer Einbahnstraße. Viele Wohnungen blieben leer, denn wer wollte schon am Stadt- eigentlich nur um eine Weile zu bleiben. Nach ein paar Jahrzehnten gingen einige in ihre Heimatländer rand, so nah an der Mauer leben? zurück, während viele andere blieben und sich hier einlebten Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 29

Mehr als nur Vokabeln Deutsche Sprache als Integrationsmotor

KLAUSDIETER LEHMANN für Arbeit (BA) und dem Bayerischen Rundfunk/ARD alpha die sehr erfolgrei- eutschland ist bereits seit che App »Ankommen« für Smartphones Längerem ein Zuwande- realisiert. Sie stellt in fünf Sprachen die rungsland. Fast  Millio- wichtigsten Informationen für einen er- D nen Menschen mit auslän- folgreichen Einstieg zur Integration zur dischen Wurzeln leben hier. Für alle Verfügung: Hinweise zu Leben und Ver- ist die deutsche Sprache der Schlüssel halten in Deutschland, Informationen zur Integration. Alle Studien belegen, je zum Asylverfahren, zu Ausbildung und besser das Sprachvermögen, umso bes- Berufsleben und einen vom Goethe- ser die Chancen für eine gesellschaft- Institut entwickelten multimedialen liche Teilhabe. Es geht dabei nicht nur Sprachkurs für Selbstlerner. Die App um die Eingliederung von Fachkräften wurde inzwischen mehr als . für die Wirtschaft. Längst gibt es Mu- Mal heruntergeladen. Die Inhalte wer- siker, Schriftsteller, Filmemacher oder den laufend weiterentwickelt. Bildende Künstler, die ihre Erfahrungen Um die Fähigkeit zu erwerben, in und ihre Perspektiven mit uns teilen, der Fremdsprache zu kommunizieren, die sich ganz selbstverständlich als Teil braucht es jedoch direkte Interaktion der deutschen Kultur verstehen. Aber mit Muttersprachlern, die über Apps für alle gilt gleichermaßen, ohne einen nicht zu erreichen ist. Individuelles motivierten Sprachwechsel ist ein wirk- Üben und Nachahmen sind darüber liches Ankommen nicht zu erreichen. hinaus nur einzelne Bausteine eines erfolgreichen Spracherwerbs und kei- nesfalls ausreichend. Dies triff t in be- Flüchtlinge wollen sonderem Maß auf Menschen zu, die nicht Opfer bleiben, erstmals eine Fremdsprache lernen. Sie benötigen eine professionelle Be- sondern eine gleitung, durch die Strukturen, Lern- verlässliche strategien und Fortschritt im Lernstoff Integration erleben garantiert werden. In Deutschland regelt das Aufent- haltsgesetz die Teilnahme an Integra- Der Erwerb einer Sprache beschränkt tionskursen, die bundesweit von durch sich dabei nicht auf das Erlernen von das BAMF akkreditierten Trägern ange- Vokabeln und Grammatik, sondern boten werden. Das Goethe-Institut hat schließt auch Werte, Verhaltensnormen das Rahmencurriculum für die Integra- und kulturelles Wissen ein. Integration tionskurse erarbeitet und  an die muss die Erfahrung von Fremdheit ver- neue Situation im Auftrag des BAMF arbeiten und in Verhalten übersetzen. angepasst. Alle Sprachkursanbieter Das gilt in Richtung der Deutschen und müssen die Qualitätsstandards erfüllen, in Richtung derer, die zu uns kommen. um eine erfolgreiche Sprachförderung Eine neue Dimension hat die Mi- zu gewährleisten. Auch wenn der Be- gration in Deutschland / er- griff »Flüchtling« zunächst eine homo- reicht. Innerhalb eines Jahres suchten gene Gruppe suggeriert, so hat doch fast eine Million Flüchtlinge Schutz und jeder Gefl üchtete seine eigene Biografi e, Aufnahme. Nicht nur Größenordnung seine eigenen Lern- und Berufserfah- und Geschwindigkeit sind außerge- rungen und Fähigkeiten, die seine Mög- wöhnlich, sondern auch die Umstände. lichkeiten und Erwartungen bestimmen. Ein Großteil stammt aus Kriegs- und Je nach Bildungsstand braucht es dif- Krisengebieten mit erschütternden ferenzierte und fl exible Kursangebote. Einzelschicksalen, die meisten sind Ergänzend zu den Integrationskursen

auf unvorstellbar auszehrenden Land- sind das Angebote für Analphabeten STOLL TAMARA FOTO: wegen oder über das Mittelmeer nach sowie Kurse für akademisch gebildete Eine Möbelhändlerin, die ägyptische/arabische Möbel in ihrem Laden verkauft Europa gelangt. Ein großer Anteil ist und studierwillige Flüchtlinge. Darüber traumatisiert, insbesondere Kinder und hinaus müssen Spracherwerb und Aus- Element und schaff t echte Teilhabe. Das zienten Sprachvermittlung entwickelt. die jungen Leser in ihrer Muttersprache Jugendliche. Deshalb ist es so wichtig, bildung enger aufeinander abgestimmt können sein: Ausfl üge, Theater- und Dieses Engagement stellt eine wichtige Geschichten deutscher Autoren ken- dass Sprache nicht nur als technisches werden. Dazu ist nicht nur die Förde- Museumsbesuche, Einladungen, Prak- Ergänzung zu den professionellen An- nenlernen und bekommen gleichzeitig Werkzeug vermittelt wird, sondern ein- rung von berufsbezogenen Sprachan- tika in regionalen Firmen, Kooperation geboten dar. Der Ausbau von bereits die Möglichkeit, sich mit der deutschen gebettet ist in einen Zusammenhang geboten unbedingt erforderlich. Die mit Hochschulen, organisiert von För- existierenden Schulungsangeboten in Sprache vertraut zu machen.  Bü- mit kultureller Integration. Angebote müssen auch auf die zeitliche der- und Freundeskreisen. Gerade weil der Reichweite und zur Stärkung der in- cherpakete wurden über Stadtbiblio- Eine beeindruckende Willkommens- und örtliche Verfügbarkeit Rücksicht wir kein Land der großen Metropolen terkulturellen Kompetenz ist dringend theken verteilt, über . Kinder kultur als humanitäre Soforthilfe hat nehmen. sind – die überwiegende Mehrheit der notwendig. Die bisherigen Erfahrungen wurden inzwischen erreicht. Und die das Bild Deutschlands bei der Aufnah- Aufgrund der außergewöhnlichen sind überzeugend, gerade auch wegen Eltern lesen mit! Zum anderen ist es me von Flüchtlingen geprägt. Diesem Situation und des rasant steigenden der menschlichen Nähe. der Filmkoff er Cinemanya mit  deut- Willkommen muss jedoch eine wirk- Bedarfs nach Deutschkursen hat das Eine stärkere Das Goethe-Institut kennt die Situ- schen Spielfi lmen mit arabischen und liche Kultur der Teilhabe folgen, die Goethe-Institut folgende Maßnahmen Zusammenarbeit ation bereits in den Herkunftsländern zum Teil persischen Untertiteln und die Menschen als Teil der Gesellschaft verstärkt angeboten: digitale Angebote der Migranten und insbesondere die einem Kurzfi lmprogramm. Die  Koff er aufnimmt. Flüchtlinge wollen nicht Op- zum Selbstlernen, Teilnahme von Hoch- zwischen Staat und Flüchtlingsproblematik in den Nach- werden durch geschulte Patinnen und fer bleiben, sondern eine verlässliche qualifi zierten an Sprachkursen an den Gesellschaft ist barländern Syriens und des Irak – in Paten für Begleitveranstaltungen in Integration erleben. zwölf Goethe-Instituten in Deutschland unbedingt notwendig der Türkei, in Jordanien und im Liba- ganz Deutschland mit großem Erfolg Sprache ist zweifellos der Schlüssel, oder an den Online-Kursen, um den non. Dort werden besonders Kinder eingesetzt. Obwohl untertitelt, werden um in Deutschland am gesellschaftli- schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt zu und Jugendliche betreut. Diese Gruppe die Filme komplett auf Deutsch gese- chen Leben teilzuhaben, einen Arbeits- erleichtern. Da die deutschen Goethe- Bevölkerung lebt in Orten unter . benötigt auch in Deutschland eine be- hen, meist auf ausdrücklichen Wunsch platz zu bekommen oder ein Studium Institute keine öff entlichen Mittel er- Einwohnern – eröff nen sich aufgrund sondere Zuwendung. Durch eine groß- der Kinder. Die Filmkoff erveranstaltun- zu beginnen. Je motivierter dies ermög- halten, konnten die Angebote nur auf- nachbarschaftlicher Strukturen Chan- zügige Spende von fast einer Million gen sind häufi g als Begegnungsveran- licht und genutzt wird, desto besser die grund von Spenden oder zweckgebun- cen zur Anwendung des Gelernten, für Euro seitens der Japan Art Association staltungen angelegt, d. h. das Publikum Lebens- und Berufsperspektiven. denen Drittmitteln – in der Regel für sprachlich wie interkulturell-landes- wurde es dem Goethe-Institut ermög- besteht aus Kindern und Jugendlichen WLAN und Smartphones ermögli- neue Projektinhalte – realisiert werden. kundliches Lernen. licht, Kinder und Jugendliche zwischen mit und ohne Fluchterfahrung. So wer- chen den schnellen Zugang zu zahl- Interessant für das Goethe-Institut und Beeindruckend ist der selbstlose  und  Jahren in kulturellen Inte- den sie Teil der lokalen Jugendkultur, es reichen Übungsangeboten und Apps im Sinn einer möglichst nachhaltigen Einsatz von Ehrenamtlichen. Ohne sie grationskursen zu betreuen. Außerdem werden Barrieren abgebaut und die Mo- im Internet. Diese Selbstlernangebote Sprachvermittlung wäre es, wenn die wäre vieles nicht möglich gewesen. Al- entstanden zwei wunderbare Projekte tivation erhöht, sich weiter mit Sprache erleichtern den Einstieg ins Deutsch- gesamte Kurs- und Prüfungspalette lerdings hat sich ihre Integrationshilfe zu einer anschaulichen Vermittlung der und Kultur zu befassen. lernen und können unabhängig vom auch für Flüchtlinge genutzt werden inzwischen zu einer Orientierungs- und deutschen Sprache in ihrem kulturellen Wir haben gute Chancen, aus der Standort genutzt werden. Durch sie könnte und die beauftragenden Stellen Auskunftshilfe entwickelt. Das bedeu- Kontext. sprachlichen und kulturellen Verarbei- können auch Wartezeiten bis zum dies einfach durch Stipendienvergabe tet, eine stärkere Zusammenarbeit zwi- Zum einen ist es eine Reihe von Kin- tung gemeinsame Erfahrungen nutzbar Deutschkurs produktiv genutzt werden. ermöglichen können. schen Gesellschaft und Staat ist unbe- der- und Hörbüchern in Deutsch, Ara- zu machen und zu wirklichen Begeg- Das Goethe-Institut als größter Kultur- Schließlich ist die Einbettung in dingt notwendig. Das Goethe-Institut bisch und Farsi unter dem Titel »Ein- nungsgeschichten werden zu lassen. mittler Deutschlands hat gemeinsam Projekte zur Aktivierung und Stär- hat auf diese Gruppe reagiert und für fach Lesen« und »Einfach Hören«, die mit dem Bundesamt für Migration und kung der gesellschaftlichen Teilhabe die Ehrenamtlichen ein sehr nachge- Einblicke in die Lebenswelt deutscher Klaus-Dieter Lehmann ist Präsident Flüchtlinge (BAMF), der Bundesagentur neu Zugewanderter ein motivierendes fragtes Qualifi zierungspaket zur effi - Kinder gibt. Mit den Büchern können des Goethe-Instituts 30 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

Verbindendes suchen, Verschiedenheiten zulassen Interkulturelle Arbeit in Städten

EVA LOHSE Spracherwerb, Bildung und Beschäftigung mit Kunst und Kultur Integration kann langfristig nur gelin- gen. Neben der gezielten Förderung von Arbeitsintegration sind kann in schwierigen Lebenssituatio- gen, wenn sich die bereits seit Langem qualitativ hochwertiger und anspruchs- ie Integration von Zugewan- entscheidend nen hilfreich und wertvoll sein, be- hier lebende Bevölkerung mit und voller Kunst mit niederschwelligem Zu- derten und Flüchtlingen ist ein sonders für unbegleitete minderjäh- ohne Migrationshintergrund genauso gang besteht ein besonders Merkmal D gesamtgesellschaftlicher Pro- Die Voraussetzungen dafür sind alles rige Flüchtlinge. In einer noch frem- angesprochen fühlt wie neu Zugezo- des Ansatzes darin, dass in Neuss alle zess, an dem alle staatlichen und gesell- andere als leicht. Eine Arbeitsstelle den Umgebung, in der sprachliche gene. Dabei sollten vorhandene Struk- Akteure systematisch koordiniert wer- schaftlichen Akteure beteiligt sind. Auf steht zwar ganz oben auf der Liste der Verständigung schwerfällt, können turen und Angebote genutzt werden. den, ohne sie zu determinieren. dem Weg zur gleichberechtigten Teilha- Wünsche der Zuwanderer, und die Mo- künstlerische Ausdrucksformen Wege be von Zugewanderten und Flüchtlin- tivation für eine Arbeitsaufnahme ist der Auseinandersetzung mit dem Un- Professionalisierung der Das Beispiel Ludwigshafen: gen am gesellschaftlichen, wirtschaft- enorm. Aber die schulische und beruf- bekannten sein, aber auch mit dem Kulturarbeit »Off ene Welt« im städtischen lichen und kulturellen Leben nehmen liche Qualifi kation ist oft gering, ganz Erlebten und den eigenen Gefühlen. Theater die Städte allerdings eine Schlüsselrolle abgesehen von der großen Heraus- Kommunale interkulturelle Kulturar- Derzeit sind Hilfen für geflüchtete im Prozess der Integration vor Ort ein. forderung des Erwerbs der deutschen beit stellt die Verbindung zwischen den Menschen in erheblichem Maße durch Das Festival »Off ene Welt« der Pfalz- Denn Integration fi ndet vor Ort statt: Sprache. Das Bundesamt für Migration unterschiedlichen ethnisch-nationalen ehrenamtliche Strukturen der Zivilge- bau Bühnen in Ludwigshafen am Rhein in den Kommunen. Hier leben die und Flüchtlinge stuft fast  Prozent Gruppen her in dem Sinne, dass Verbin- sellschaft bestimmt. Auf Dauer wird thematisiert das Zusammenleben von Menschen, hier spielt sich ihr Alltag der Befragten seiner Flüchtlingsstu- dendes gesucht wird und Verschieden- aber eine hauptamtliche Bearbeitung Menschen aus unterschiedlichen Kul- ab, hier fi nden die Begegnungen statt. die als überhaupt nicht qualifi ziert bzw. heiten zugelassen werden. Die Teilhabe im öff entlichen Sektor notwendig sein. turen. Aus dem letztjährigen Festival Hier entscheidet sich, ob die Integration als nicht berufl ich qualifi ziert ein. Die an Kultur als Teil der Integration ist Die sich verstärkt stellenden Aufgaben heraus hat sich eine Gruppe aus ju- der vielen Menschen unterschiedlicher Bildungssituation von Frauen ist da- mit der UN-Menschenrechtskonven- sollten auf Grundlage von bestehenden gendlichen Flüchtlingen und jungen Herkunft und Religion gelingt. bei noch deutlich schlechter als die der tion zum Menschenrecht erklärt wor- kulturellen Organisationsstrukturen Menschen aus Ludwigshafen gebildet, Männer, und sie partizipieren bisher den. Dieses gilt auch für gefl üchtete in enger Vernetzung mit zivilgesell- die für das diesjährige Festival ein sehr viel weniger als Männer am deut- Menschen in Deutschland. Mit Blick schaftlich ehrenamtlichen Strukturen eigenes Theaterstück auf die Bühne Integrierte kommunale Konzepte schen Arbeitsmarkt. Es ist entscheidend, auf die kulturelle Integration entwi- in Angriff genommen werden. Genau- gebracht haben. Der Titel »Friedens- sind erforderlich den Spracherwerb, eine berufl iche Qua- ckeln städtische Kultureinrichtungen so wichtig ist die Einbindung anderer straße« bezieht sich auf eine Straßen- Nachdem infolge der starken Zuwande- lifi kation bzw. die schulische Bildung in Verbindung und in Vernetzung mit Ressorts der Stadtverwaltungen wie bahnhaltestelle, von der aus man zu rung vor allem im zweiten Halbjahr  sehr frühzeitig einzuleiten, damit nicht zivilgesellschaftlichen Strukturen mit- insbesondere des Bildungsbereichs mit einer Flüchtlingsunterkunft gelangt. zunächst die vorrangigen Aufgaben der durch lange Zeiträume der Unsicherheit tel- und langfristig tragfähige Angebo- den Schulen oder des Sozial- und Ju- Die jungen Schauspieler nehmen die Aufnahme und Unterbringung bewäl- und der fehlenden Beschäftigung De- te und Konzepte. Eine Trennung nach gendbereichs mit ihren Einrichtungen. Zuschauer mit auf hohe See, in ent- tigt worden sind sowie – zumindest in motivation und Frustration entstehen. Nationalitäten, Ethnien und aufent- legene afghanische Provinzen und zu der Vielzahl der Fälle – der rechtliche Zumindest bei Personen mit einer ho- haltsrechtlichem Status sollte dabei Kriegsschauplätzen in Syrien. Aber sie Den Prozess aktiv gestalten Status der gefl üchteten Menschen fest- hen Bleibewahrscheinlichkeit sollten vermieden werden. Es gilt, kurzfristig lassen sie auch den Spaß der Jugendli- gestellt wurde, ändert sich der Fokus deswegen nach Möglichkeit noch wäh- möglichst frühzeitig niederschwelli- Der Deutsche Städtetag vertritt einen chen am Kennenlernen und die absurde der Städte nunmehr zu einem ganz- rend des Asylverfahrens Maßnahmen ge Kulturangebote vorzuhalten und zu kulturpolitischen Ansatz, der kommu- Komik gegenseitiger Übersetzungsver- heitlichen, integrierten Ansatz, in dem zum Spracherwerb und Beschäftigungs- fi nanzieren. Begegnungen zwischen nale Kulturpolitik als Gesellschaftspo- suche erleben. die verschiedenen kommunalen Hand- maßnahmen eingeleitet werden. Bevölkerung und Flüchtlingen sind litik versteht. In der Flüchtlingsfrage ist lungsfelder zusammengeführt werden. eine zentrale Kulturaufgabe. Finanz- die gesamte Gesellschaft gefordert. In Das Beispiel Wuppertal: Spracherwerb, Bildung und Integration schwache Kommunen müssen dafür die diesem Sinne ist auch die Kultur aufge- Kulturelle Teilhabe ist Haus der Integration in den Arbeitsmarkt stehen dabei im notwendige Unterstützung erhalten. rufen, sich am Prozess der Integration Menschenrecht Mittelpunkt, denn die Beteiligung an aktiv zu beteiligen. Die Mitgliedsstädte Aufgrund der Dynamik der Zuwan- Bildungsprozessen und am Arbeits- Kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, des Deutschen Städtetages verstehen derung nach Wuppertal und der ho- Identifi katorische Integration markt ist in jeder Hinsicht konstitutiv ist seit jeher eine wichtige Aufgabe kulturelle Integration vor Ort als wich- hen Zahl von gefl üchteten Menschen ist das Ziel für den Prozess der Integration – so- der Städte. Dies gilt auch in Bezug tige Aufgabe und sind entsprechend setzt die Stadt auf ein integriertes und wohl in sozialer, kultureller als auch auf die Menschen, die als Flüchtlin- Entsprechende Angebote erbringen aktiv. Dabei sind auf sehr unterschied- rechtskreisübergreifendes kommuna- ökonomischer Hinsicht. Hier möglichst ge zu uns gekommen sind und nun nicht nur im kulturell-künstlerischen liche Art und Weise Prozesse in Gang les Konzept: Das Haus der Integration, frühzeitig die Weichen richtig zu stel- aller Wahrscheinlichkeit nach län- Bereich und im Hinblick auf Resilienz gesetzt worden, die auf Grundlage von in dem die Integrationsangebote der len, darauf zielen die Anstrengungen gerfristig bei uns bleiben werden. So- Vorteile, sondern helfen auch beim örtlichen Rahmenbedingungen wie Stadt gebündelt werden. Das Haus der der Städte. wohl die rezeptive als auch die aktive Spracherwerb. Eine identifi katorische Anteil der migrantischen Bevölkerung, Integration soll zum Kompetenzzent- Finanzkraft oder Vorhandensein von rum für Zuwanderung werden und alle kultureller Infrastruktur kulturelle Teil- Dienstleistungen für Asylsuchende, an- habe und kulturelle Bildung realisieren. erkannte Gefl üchtete, Bleibeberechtigte Dabei müssen die Städte nicht alles und Zugewanderte unter einem Dach selber organisieren und durchführen. anbieten. Wichtiger Eckpfeiler ist ein Vielmehr zeigt sich bundesweit, dass Zentrum zur Arbeitsmarktintegration es dankenswerter Weise ein erhebliches Gefl üchteter, in dem das Jobcenter, die zivilgesellschaftliches Engagement der Ausländerbehörde und die Arbeitsagen- Bürgerschaft und Hilfen der örtlichen tur sich als erste Anlaufstelle darum Wirtschaft gibt, das den Städten hilft, kümmern, dass Asylsuchende und die in diesem Umfang vollkommen Zuwanderer so früh wie möglich mit neue Herausforderungen zu bewältigen. integrativen Maßnahmen – also z. B. Die Städte wissen, dass es hilfreich ist, Sprachunterricht oder Qualifi kation für organisatorische Rahmenbedingungen den Arbeitsmarkt – beginnen können. zu schaff en und eine professionelle Be- gleitung von interkultureller Arbeit zu Die Rahmenbedingungen müssen unterstützen. Drei Beispiele seien an stimmen dieser Stelle aus einer großen Vielzahl von Aktivitäten und Methoden in den Damit Integration gelingen kann, müs- Städten genannt: sen die Rahmenbedingungen stimmen. Dafür wurde bereits Einiges getan. Der Bund unterstützt die Kommunen durch Das Beispiel Neuss »Neue deutsche fi nanzielle Hilfen bei den Integrations- Stadtgesellschaft« – Neusser bemühungen, die Asylverfahren wer- Diversitätskonzept den beschleunigt, die Sprachförderung Das Kulturamt der Stadt Neuss hat wird ausgebaut, eine Wohnsitzaufl age gemeinsam mit vielen Akteuren der wurde eingeführt und die Jobcenter Interkultur einschließlich der Mig- mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. rantenorganisationen ein Konzept Dennoch besteht weiterhin erheblicher entwickelt, das vom Rat der Stadt ein- Handlungsbedarf, damit die Kommunen stimmig beschlossen sowie von allen die große Aufgabe schultern können, z. städtischen und freien Kultureinrich- B. im Hinblick auf die weitere fi nanzi- tungen selbstverpflichtend unter- elle Ausstattung, den weiteren Ausbau zeichnet wurde. Das Konzept fördert der Sprachförderung und den Ausbau das Zusammenkommen kommunaler, eines sozialen Arbeitsmarkts. Integra- religiöser und zivilgesellschaftlicher tion ist eine Herkulesaufgabe, die nicht Akteure und folgt damit der Maxime, leicht zu bewältigen ist und bei der alle dass besonders die Kultur dazu in der mit anpacken müssen. Lage ist, Welten zu öff nen. Es werden Räume der Kulturen geschaff en, die frei Eva Lohse ist Oberbürgermeisterin von von ethnischen und sozialen Barrieren Ludwigshafen am Rhein und

FOTO: TAMARA STOLL TAMARA FOTO: sind und unterschiedliche Mitglieder Präsidentin des Deutschen Junger Mann nach Besuch einer Moschee in einem Hinterhof der Sonnenallee der Stadtgesellschaft zusammenbrin- Städtetages Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 31

Ein lebendiger Teil der Gesellschaft

Integration in deutschen haben Projekte initiiert, um Kinder Landkreisen und Erwachsene mit Fluchterfahrung durch das gemeinsame Musizieren in REINHARD SAGER die Gemeinschaft zu integrieren. Denn ebenso wie Sport hat Musik den Vorteil, ntegration fi ndet vor Ort statt. dass eine Teilnahme auch mit gerin- So selbstverständlich sich die- gen Sprachkenntnissen möglich ist. So se Aussage anhört, so richtig ist bietet die Musikschule im Landkreis I sie: Die Flüchtlinge leben in den Passau in Bayern für Flüchtlingskin- Landkreisen, Städten und Gemeinden, der die kostenlose Teilnahme an einem hier sind die Sprachkurse sicherzustel- deutsch-syrischen Kinderchor an. Zu- len, ist für Wohnungen zu sorgen und dem kooperiert sie mit Kindergärten die Heranführung an den Arbeitsmarkt und Grundschulen im Landkreis, um zu befördern. Doch Integration umfasst allen Kindern eine musikalische Grund- mehr als das Erlernen der deutschen ausbildung zu ermöglichen. Sprache und die Ausübung einer regel- Die Landkreise haben sich den He- rausforderungen im Zusammenhang mit der Aufnahme, Versorgung und In- Es bedarf Zeit und tegration der Flüchtlinge in den vergan- genen Monaten mit außerordentlichem Geduld, Verständnis Einsatz gestellt und stellen sich ihnen und realistischer auch weiterhin. Neben diesen prakti- Erwartungen schen und organisatorischen Aufgaben darf aber auch die Frage nach dem ge- sellschaftlichen Zusammenhalt nicht in mäßigen Arbeit. Integration als kultu- den Hintergrund rücken. Denn ebenso

relle Inte gration bedeutet, dass sich die wie die häufi g engen gesellschaftlichen STOLL TAMARA FOTO: Menschen dem Land, in dem sie leben, Strukturen in ländlichen Räumen die Geschäftiges Treiben am Hermannplatz, der Beginn der Sonnenallee zugehörig fühlen. Sie müssen die Wer- Integration befördern können, können te, für die das Land steht, leben wollen, sie sie unter Umständen auch erschwe- sich für diese Gesellschaft selbst ver- ren. Zugezogene – egal welcher Nati- antwortlich fühlen, lebendiger Teil der onalität – fällt es häufi g nicht leicht, Gesellschaft sein wollen. Das setzt die sofort einen Zugang zu einer sozialen Kenntnis der für das Leben in Deutsch- Gruppe zu finden, deren Mitglieder Keine Einbahnstraße land maßgeblichen Werte voraus. Diese durch ein starkes Gefühl der Zusam- Werte haben im Grundgesetz ihren für mengehörigkeit eng miteinander ver- Integration in Städten und Gemeinden alle verbindlichen Ausdruck gefunden, bunden sind. Ein stetiger, direkter und ergeben sich aber auch aus anderen off ener Dialog zwischen Politik, Ver- ROLAND SCHÄFER schaftlicher Zusammenhalt in den nicht allein durch Kurse, sondern wir Quellen, insbesondere den besonderen waltung und Bevölkerung ist deswegen Städten und Gemeinden heißt, ein müssen sie vorleben. Mit Blick auf den historischen Erfahrungen Deutschlands unabdingbar. Zudem sollten positive nsere Gesellschaft ist seit je- friedliches Zusammenleben zu ge- kulturellen Kompetenzerwerb müssen und seiner christlich geprägten Tradi- Signale der Politik, Wirtschaft und Zi- her geprägt von einer großen stalten und Konfl ikten vorzubeugen. wir auch die Teilhabe an Kultur und tion. Ebenso wichtig ist der regelmä- vilgesellschaft zugunsten einer kultu- U Vielfalt der Kulturen, Milieus, Bildung ermöglichen. Den Kulturins- ßige Kontakt zu Einheimischen, aber rellen Integration gesendet werden, um Wertvorstellungen, Ressourcen, Her- titutionen kommt hierbei eine beson- Voraussetzungen erfolgreicher auch die Auseinandersetzung mit der einer fremdenfeindlichen und populis- kunftsnationen und Glaubensrichtun- dere Bedeutung und Verantwortung zu. Integration eigenen Weltanschauung, der eigenen tischen Stimmung entgegenzuwirken. gen. Kulturelle Vielfalt ist ein Merkmal Auf der anderen Seite muss allerdings Religion und den eigenen Werten. Der Landrat des Kreises Siegen-Witt- der modernen Stadtgesellschaft. Die deutsche Sprache zu beherrschen, Die Landkreise haben die Relevanz genstein in Nordrhein-Westfalen hat Neu ist allerdings, dass in den eine Wohnung und Arbeit zu fi nden, dieses Themas längst erkannt und wer- deswegen gemeinsam mit elf weiteren letzten beiden Jahren rund , Milli- sich rechtstreu zu verhalten sind wich- Integration bedeutet den hiermit täglich konfrontiert. Sie Persönlichkeiten aus den Bereichen Po- onen Gefl üchtete nach Deutschland tige Kriterien, doch sie allein machen nicht nur ein wissen, dass die kulturelle Integration litik, Wirtschaft, Kultur und Wohlfahrt gekommen sind. Die große Zahl der nicht eine gelingende Integration aus. nicht von den Verwaltungen allein zu die Initiative »Vielfalt und Zusammen- Schutzsuchenden stellte die Städte Vielmehr müssen sich die Menschen tolerierendes Neben- leisten sein wird. Sie wissen, dass es halt für Siegen-Wittgenstein« ins Le- und Gemeinden vor enorme Heraus- dem Land, in dem sie leben, zugehörig einander, sondern ein Zeit und Geduld, Verständnis und rea- ben gerufen, um den gesellschaftlichen forderungen. Es galt zunächst, die fühlen. Sie müssen unsere freiheitliche echtes Miteinander listischer Erwartungen bedarf. Vor Diskurs über kulturelle Vielfalt und ein Menschen unterzubringen und zu demokratische Grundordnung aner- diesem Hintergrund sind bereits viele soziales Miteinander anzustoßen und versorgen. Dies ist den Städten und kennen und die Werte, für die dieses unterschiedliche Maßnahmen ergriff en aufrecht zu halten. Ziel ist es, sich ge- Gemeinden nicht zuletzt aufgrund der Land steht, leben wollen. Sie sollen in der eigenen Bevölkerung auch die und Projekte angestoßen worden, um meinsam für Weltoff enheit, Solidarität, enormen Unterstützung der Bürger, sich für diese Gesellschaft selbst ver- Bereitschaft bestehen, die Zuwande- Integration auch im Zusammenleben Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu der Vereine, Kirchengemeinden und antwortlich fühlen und lebendiger rer als gleichberechtigte Mitglieder der Menschen voranzubringen. Dabei engagieren. verschiedenster bürgerschaftlicher Teil der Gesellschaft sein. Hierfür ist der Gesellschaft anzuerkennen und wird immer wieder deutlich, dass kultu- Es ist allerdings neben allen staatli- Initiativen gelungen. das Wissen über die Werte des Grund- mit Respekt zu begegnen. Denn nur relle Integration insbesondere in länd- chen bzw. kommunalen Projekten und Jetzt stehen wir vor der Herausfor- gesetzes wichtig, ebenso wichtig wie wer sich anerkannt fühlt, fühlt sich lichen Räumen gelingen kann. Denn Maßnahmen unabdingbar, dass sich derung, diese neu zu uns gekomme- der regelmäßige Kontakt zu Einhei- letztlich auch zugehörig. Integration hier sind seit Langem Strukturen ge- auch die Flüchtlinge selbst engagieren nen Menschen nicht nur notdürftig mischen und die Auseinandersetzung ist keine Einbahnstraße: Damit sie ge- wachsen, die ein enges Miteinander der und ihre Bereitschaft zum Mittun und zu versorgen, sondern diejenigen, die mit der eigenen Weltanschauung und lingt, müssen alle Seiten aktiv dazu Menschen fördern. So ist das Zusam- Ankommen zeigen. Diese Bereitschaft eine Bleibeperspektive in der Bundes- den eigenen Werten. beitragen. menleben in ländlichen Räumen häufi g republik haben, in unsere Gesellschaft Dabei steht auch immer die Frage geprägt durch ein enges soziales Netz. zu integrieren. im Raum, wie wir in der deutschen Ge- Fazit Dies zeigt sich nicht nur, aber doch in Ein stetiger off ener sellschaft zusammenleben wollen. Ge- einem besonderen Maße in der meist sellschaftlicher Zusammenhalt hat viel Die Städte und Gemeinden Deutsch- Dialog zwischen Integration als kommunales starken Vereinsstruktur. Flüchtlinge mit Zugehörigkeit zu tun. Auf der ei- lands haben in den letzten Jahren be- Dauerthema in diese zu integrieren und somit eine Politik, Verwaltung nen Seite verlangt unsere Zivilgesell- reits eine Fülle an Maßnahmen im Sin- kulturelle Integration zu fördern, die und Bevölkerung In den Städten und Gemeinden lebt schaft von den Zuwanderern zu Recht ne des interkulturellen Dialogs und der auf regelmäßigen Kontakten und ge- ist unabdingbar seit vielen Jahren ein breites Spektrum erhebliche Eigenanstrengungen, etwa Vermittlung kultureller Werte eingelei- meinsamen Freizeitaktivitäten gründet, unterschiedlicher Zuwanderer. Neben den Erwerb der deutschen Sprache und tet. Dies gibt Anlass, zuversichtlich zu ist ein Ziel, das in vielen Landkreisen, den Menschen, die in den letzten Jah- die Anerkennung der Rechts- und sein, was die Stärkung und Festigung wie beispielsweise im Landkreis Dah- erwarten wir, auch wenn sie teils mit ren vor Krieg und Verfolgung fl üchte- Werteordnung. Wir müssen deutlich des gesellschaftlichen Zusammenhal- me-Spreewald in Brandenburg, verfolgt großen Anstrengungen verbunden ist. ten, sind es EU-Bürger, nachziehende machen, welche sozialen Verhaltens- tes in unseren Kommunen angeht. wird. Hier übernimmt der Kreissport- Denn nur durch Anstrengungen und Of- Familienangehörige oder Spätaus- weisen erwartet werden und wir müs- Das Zusammenleben in Vielfalt ist bund eine Vermittlerrolle zwischen den fenheit aller Beteiligten kann kulturelle siedler. Sie alle kommen mit immer sen die zu uns Gekommenen konkret ein langwieriger und aufreibender Pro- Gefl üchteten und den Sportvereinen Integration gelingen und gesellschaft- mehr unterschiedlichen kulturellen mit der gelebten Gleichberechtigung zess. Dies erfahren wir immer wieder. und bietet gemeinsam mit den Vereinen licher Zusammenhalt entstehen. und religiösen Identitäten. Für das von Mann und Frau, der Achtung der Wie in jeder partnerschaftlichen Bezie- eine Vielzahl von Aktivitäten an, die Viele weitere gute Beispiele fi nden Zusammenleben in den Städten und Menschenwürde, der Meinungs- und hung müssen wir auch hier manchmal sich von der Integration von Flüchtlin- Sie in der aktuellen Publikation des Gemeinden ist die Integration damit Religionsfreiheit konfrontieren und Konfrontationen aushalten. Diskus- gen in die bestehenden Trainingsgrup- Deutschen Landkreistages »Integrati- die entscheidende Aufgabe. Sie ist die Beachtung dieser Grundwerte ein- sionen gehören dazu. Diese müssen pen über die Erstellung von gemischten on von Flüchtlingen in ländlichen Räu- nicht neu, die aktuelle Situation stellt fordern. aber in gegenseitigem Respekt und Mannschaften bis hin zu gemeinsamen men – Strategische Leitlinien und Best sie aber vor neue Herausforderungen. Wichtig ist dabei der kulturelle unter Anerkennung des Gegenübers Ausfl ügen erstreckt und so eine kultu- Practices«. Kostenlos herunterzuladen Integration im Sinne des gesell- Kompetenzerwerb, also die Teilhabe geführt werden. relle Integration maßgeblich fördert. unter: http://bit.ly/jGmBzy schaftlichen Zusammenhalts bedeutet am kulturellen Leben in der Gesell- Neben den Sportvereinen gestalten nämlich nicht nur, ein Gegeneinander schaft. Zusammenleben vor Ort gelingt, Roland Schäfer ist Bürgermeister auch die Musikschulen das kulturelle Reinhard Sager ist Landrat des Kreises der Kulturen zu verhindern oder ein wenn sich alle Bürger auf gemeinsame der Stadt Bergkamen und Präsident Leben in den Landkreisen in weiten Ostholstein und Präsident des Nebeneinander zu tolerieren, sondern kulturelle Werte und Maßstäbe ver- des Deutschen Städte- und Gemeinde- Teilen mit. Viele Kreismusikschulen Deutschen Landkreistages es geht um ein Miteinander. Gesell- ständigen. Wertevermittlung gelingt bundes 32 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

»Nicht Sprache ist Heimat, sondern das, was gesprochen wird« Über kulturelle Integration Leitfaden von Werten, Normen und als an den Universitäten »im Geist von Aufbäumen gegen das vermeintlich kulturelle Integration geltend machen in Ost und West. Wer will Verhaltensweisen. Dieses Programm Solidarität und Völkerverständigung« Fremde. Die Vergangenheit ist wohl wollen, sind immer wieder aktuell von ist in unterschiedlichen Gesellschaften organisiert, persönliche Kontakte wa- der Schatten ihrer Gegenwart. sozialen Strukturen und der damit wen integrieren und unterschiedlich tradiert und als »Kul- ren vielfach nicht erwünscht. Kollegi- Der Schriftsteller Nicol Ljubić, in aktuell möglichen Verbindlichkeit ab- wohin? tur« proklamiert, um maßgebliche Ziele ale Kontakte bezogen sich lediglich auf Zagreb geboren, wuchs in Schweden, hängig. Wir müssen uns bewusst sein, im Zusammenleben in der jeweiligen den Arbeitsalltag, es sei denn, private Griechenland, Russland und Deutsch- dass die jetzt von uns im Rahmen der REGINE MÖBIUS Gesellschaft zu sichern. Freundschaften oder Eheschließun- land auf. Noch immer wird er – der in kulturellen Vielfalt erarbeiteten Nor- Während die alte Bundesrepublik gen unterbrachen das Muster. In der deutscher Sprache Schreibende – als men off en, konstruktiv und dynamisch ie Maueröff nung  brach- seit den späten er Jahren mit Zu- Öff entlichkeit wurde von ihnen als den Deutscher mit Migrationshintergrund sein müssen, denn sie werden durch die te den großen Schnitt. Durch wanderern lebt, haben viele DDR-Bür- »Freunden aus Bruderländern« staats- bezeichnet. Und von denen gibt es eigene Gesellschaft und die Erweite- die Währungsunion und die ger bis zur Wende kaum Alltagskontakt konformes Verhalten erwartet. ziemlich viele in diesem Land: Schon rung dieser durch neue Kulturbezüge D Wiedervereinigung hatten zu Migranten gehabt. Die DDR war kein Die dann in der Zeit nach der Friedli- vor fünf Jahren waren es fast neun Mil- modifi ziert und weiterentwickelt. Nur sich die persönlichen und gesellschaft- Land, das für Zuwanderer besonders at- chen Revolution von  immer wieder lionen. Gewöhnt aber hat sich das Land wenn wir diesen beständigen Prozess lichen Lebensumstände für die ostdeut- traktiv war, von vereinzelten Entschei- anzutreff ende Verwechslung von Patri- off enbar noch nicht an sie. annehmen können, werden wir eine sche Bevölkerung rasch und umfassend dungen abgesehen. Die Anwesenheit otismus und Nationalismus tat ein Üb- Mit ihrer Rede »Heimat ist das was lebbare Balance fi nden. verändert. Viele Menschen kamen mit von Ausländern war vorrangig Ausdruck riges dazu, dass man den nun häufi ger gesprochen wird« weist Herta Müller Wir haben in den politischen bzw. dem nötigen Maß an Neuorientierung von politischen Entscheidungen der im Alltag anzutreff enden Ausländern  auf die Bedeutung von Sprache gesamtgesellschaftlichen Prozessen nicht zurecht oder fanden sich in so Staats- und Parteiführung und diente nicht freundlich begegnete. für die eigene Identität und das Hei- besonders in den letzten Jahren die ungünstigen Voraussetzungen wieder, daher hauptsächlich politischen Zwe- Es blieb der Wunsch, dass Ost- und mischwerden hin. Erfahrungen gemacht, dass dass sie nicht oder nur schwer in der cken. Das wurde weitgehend akzeptiert. Westdeutsche möglichst schnell gleich Auch jetzt wird in den offi ziellen Ver- • die Globalisierungs- und Lokalisie- Lage waren, diesen Prozess ohne Be- Die meisten Menschen waren pragma- werden, ein krampfhafter Versuch. Und lautbarungen das Erlernen der deut- rungstendenzen sich vermeintlich schädigungen am Selbstwertgefühl zu tisch. Sie wollten in einer überschau- viele Ostdeutsche spürten, dass dieser schen Sprache als unbedingte Voraus- ausbalancieren. überstehen. Jetzt erst war er in vollem baren, scheinbar sicheren Gewohn- Wunsch nach schneller Normalität setzung für gelingende Integration • je mehr weltweit Verhaltensweisen Ausmaß spürbar, der Graben der Ge- heit leben oder Karriere machen und nicht unbedingt ein brüderlicher war, angesehen. die Alltagskultur der Bürger durch- schichte, der zwischen Ost und West passten sich deshalb weitgehend den sondern eher dem Unbehagen ent- Wer will wen integrieren und wohin? dringen und Unterschiede vermeint- klaff te. Er trennte die Generationen in Verhältnissen an. Mehrheit läuft immer sprang, sich gemeinsam mit den Folgen Herta Müller refl ektiert in ihrer Rede lich verschwinden lassen, umso mehr die, die Deutschlands Teilung überlebt zu Mehrheit. Das wussten die Ideologen von  Jahren sozialistischer Diktatur die trügerische Sicherheit, die sich scheinen andere gesellschaftliche hatten und in die Nachgeborenen. nicht nur dieser Diktatur und waren als auseinandersetzen zu müssen. auch für Emigranten hinter dem Satz Orientierungsangebote zuzunehmen, Aber auch diese Trennung ist nicht Staatsmacht fokussiert darauf, das Volk Die Tatsache jedoch ist: Noch im- »Sprache ist Heimat« verbirgt und setzt deren Propagandisten einen Rück- der alleinige Schlüssel zum Verstehen zu durchdringen. Die Macht umzäunte mer tickt Ostdeutschland anders. Die der politischen Macht von Sprache mit halt in engen, nationalen Konzepten der unterschiedlichen Ost-West-Men- das Land. Wenn sich die DDR-Bürger Verwerfungen, die Komplexe, die Ohn- einem Zitat von Jorge Semprun aus dem versprechen. talitäten. Denn jede geschichtliche Er- dieser Macht entziehen wollten, gab es macht und der gleichzeitige Wille, sich  erschienen Werk »Frederico Sán- • das erste Ziel dieser Populisten das fahrung ist im tieferen Sinn auch eine nur eine Emigration nach innen. aufzubäumen, werden nicht weg sein, chez verabschiedet sich« das gespro- Versprechen der Einmaligkeit der persönliche, eine biographische. Und im Einen wirklich multikulturellen Aus- wenn auch die letzte Dorfstraße neu chene Wort entgegen: »Im Grunde ist eigenen Lebensweise und damit das Wettstreit der deutschen Teilgeschich- tausch gab es nicht. Lediglich prokla- asphaltiert ist, das letzte Haus seines meine Heimat nicht die Sprache […], Versprechen einer sicheren Unter- ten siegte die des Westens, dank ihrer mierte die DDR als »Friedensstaat« die Verfalls enthoben wurde. sondern das, was gesprochen wird.« scheidung von fremden Kulturen, effi zienten Wirtschaft, der sich  zu Diskursen und Glaubensformen ist. Bedingungen des Westens die bankrot- • wir uns aber bewusst machen sollten, te Ostgeschichte anschloss. Der Osten dass der Gegensatz zwischen natio- brauchte den Westen, nicht umgekehrt. nalen und globalen Übereinstimmun- Im Westen ist das kaum spürbar, im Os- gen und Ungleichzeitigkeiten überall ten gab es plötzlich Regionen mit über  in der Welt gefunden werden kann Prozent Arbeitslosigkeit. Tief grub sich und ein unausweichliches Moment dadurch das Gefühl einer Dauerkrise auf der Globalisierung (auch der Globa- dem ostdeutschen Arbeitsmarkt ein, die lisierung von Kultur, geschmeidiger in den Augen vieler Ostdeutscher die gesagt: kulturelle Vielfalt) ist. Zuwanderer als vermeintliche Konkur- • wie es scheint, in Europa gegenwär- renten um Arbeitsplätze erscheinen ließ. tig nicht das eine ohne das andere zu Hinzu kam, dass in dieser Zeit sich viele haben ist, was nicht bedeutet, dass Ostdeutsche entwertet gefühlt haben wir diese Entwicklung als gegeben – ein Empfi nden, das nicht der Vergan- hinnehmen dürfen. genheit angehört – weil es der alten • die Fragen im Raum stehen: Wie kann Bundesrepublik relativ leicht gelang, Identität gefördert werden als ein ihre Verhältnisse auf die neuen Bundes- praktikables Hilfsmittel für gemein- länder zu übertragen, ohne gleichzeitig sames Weltverstehen? Was bedeutet die vermeintlich gleiche Sicherheit und in diesem Zusammenhang kulturelle Teilhabe z. B. an Arbeitsplätzen mit sich Integration? zu bringen. • obwohl immer wieder thematisiert, Wohl erst jetzt, da wir in unserer den Medienangeboten eine Schlüs- deutsch-deutschen Auseinanderset- selrolle zukommt. Sie tragen – in gro- zung das Konstrukt »Europa« als eine ßen Teilen privatwirtschaftlich orga- verlässliche Konstante benötigen, in nisiert – mit ihrer Destrukturierung die und mit der integriert werden soll und Entpolitisierung des Weltwissens und es damit zum unmittelbaren Ad- wesentlich dazu bei, dass in schwerer ressaten von breiten und kontroversen zu überblickenden Situationen die Interessen, Erwartungen und Ansprü- Bürger nach relativ groben, d. h. ein- chen wird, ergibt sich unter dem Aspekt fachen Mustern der Erklärung greifen. einer erhoff ten europäischen Identität • hinzu kommt, dass auch die öff ent- eine kritische Situation. lichen medialen Kommunikations- Für das Europa nach Maastricht formen des Diskurses nach dem () ergibt sich eine doppelte Aufgabe: Muster der »Unterhaltung« kaum als . Neue europäische Solidaritätskrite- Hilfsmittel innerhalb des so nötigen rien zu entfalten, die in eine Werte- Identitätsdiskurses angesehen wer- ordnung eingebettet sind den können.

. Die Loyalitäten zu den Nationalstaa- STOLL TAMARA FOTO: Kulturelle Integration bedeutet ten zu erhalten Manche der Bewohner, wie Aylin, off enbaren durch Einladungen zu Kaff ees, Süßigkeiten und Gesprächen die Gast- wohl vorrangig kulturelle Identität in Erfolgt das erste nicht, gewinnt die EU freundlichkeit der Sonnenallee Europa. Worauf sollten wir bauen, was keine hinreichende Legitimität über sollten wir nutzen? Der Mythos »Frei- Wertebeziehungen. Gelingt das zweite Aufnahme von politisch Verfolgten, z. B. Die Nobelpreisträgerin Herta Müller Sehen wir Kultur unter diesem Ge- heit, Gleichheit, Brüderlichkeit« hatte nicht, verliert die EU Kompromissfä- aus Chile oder auch die Auszubilden- schreibt in ihrem Text »Bei uns in sichtspunkt, ist die wichtigste Schluss- wohl bis in den Herbst  eine soziale higkeit für unterschiedliche Formen den und Studierenden aus den Ländern Deutschland«: »Von Rumänien bin ich folgerung daraus, dass wir dabei nicht Kraft und eine kulturelle Dimension. von Konfl ikten. Asiens, Afrikas und Lateinamerikas mit längst losgekommen. Aber nicht losge- nur auf Kommunikation (damit ist nicht Als Orientierung friedlichen Verständi- Da die Politikverfl echtung in der EU entsprechender politischer Orientie- kommen von der gesteuerten Verwahr- eine einseitige verbale Vermittlung ge- gungshandelns sollten wir diese Kraft in all den Jahren das vorrangige Thema rung. Ende der er Jahre kam es losung der Menschen in der Diktatur. meint) angewiesen sind, sondern dass (auch wenn sie zurzeit propagandis- war, muss jetzt darüber nachgedacht jenseits der Öff entlichkeit zum Einsatz (…) Auch, wenn die Ostdeutschen dazu in dem von uns angestrebten Prozess tisch missbraucht wird) als ein symbo- werden, wie die Identitätsbildungen von Vertragsarbeitnehmern. Sie bilde- nichts mehr sagen und die Westdeut- Kommunikation die Ausdrucksform von lisches Zentrum sehen. innerhalb der einzelnen Staaten durch ten die Zuwanderungsgeschichte der schen darüber nichts mehr hören wol- Kultur – von einem kulturellen Aus- die Bezugsgröße »Europa« erweitert DDR. Diese zugewanderten Menschen len, lässt mich dieses Thema nicht in tausch – ist. Das bedeutet, wir können Regine Möbius ist stellvertretende werden muss, um eine kulturelle Inte- lebten in zugewiesenen Unterkünften Ruhe.« jetzt, an einem Runden Tisch, mit dau- Bundesvorsitzende des Verbandes deut- gration zu ermöglichen. oder Studentenheimen, weitgehend Dort, ja vielleicht ausschließlich erhafter Geltung keine ausschließli- scher Schriftstellerinnen und Schrift- Wir, als Gesellschaft gehen davon getrennt von der einheimischen Be- dort in den Hinterlassenschaften von chen Bedingungen formulieren. Die steller (VS) und Vizepräsidentin aus: Kultur ist ein Programm oder völkerung. Kontakte wurden, anders Diktatur und Demütigung, liegt das Muster und Inhalte, die wir für eine des Deutschen Kulturrates Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 33

Demokratie leben! Stark gegen Fremden- und regional und überregional. Wir bringen Menschenfeindlichkeit Menschen und Vereine, Initiativen und Organisationen, staatliche Ebenen und Institutionen zusammen, um gemein- MANUELA SCHWESIG sam für eine off ene, tolerante und de- mokratische Gesellschaft einzutreten. ultur kann trennen. In Deutsch- In bundesweit über  lokalen Part- land leben Menschen unter- nerschaften für Demokratie unterstüt- K schiedlicher Kulturen zusam- zen wir das kommunale Engagement für men; manchmal versteht man einander Demokratie und Vielfalt. Viele Bürger nicht, unterschiedlichen Dingen wer- leisten hier ehrenamtlich einen wert- den unterschiedliche Bedeutungen vollen Beitrag, z. B. für eine off ene und zugemessen, es kommt zu Konfl ikten. vielfältige Willkommenskultur. Mit  Kultur kann aber auch verbinden. Bü- Demokratiezentren in allen Bundeslän- cher aus anderen Ländern bringen das dern unterstützen wir Opferberatung, Leben dort näher; über Musik, Tanz Ausstiegsberatung und die Mobile Be- oder Malerei entsteht Nähe zwischen ratung vor Ort. Zusätzlich fördern wir Menschen, die nicht die gleiche Sprache aktuell  bundesweit tätige zivilgesell- sprechen. Über all diesen verschiede- schaftliche Akteure dabei, ihre Arbeit in nen kulturellen Impulsen und Tra- den Bereichen Demokratieförderung, ditionen aber steht der Anspruch an Bekämpfung von Rechtsextremismus eine demokratische Kultur: Akzeptanz und Menschenfeindlichkeit zu versteti- und Toleranz, Meinungsfreiheit und gen. Die bundeszentralen Träger geben Gleichberechtigung, Grundrechte und ihr Wissen, z. B. über Demokratiestär- ein ziviler Umgang gestalten das Zu- kung im ländlichen Raum oder Aus- sammenleben in einer Demokratie. Die stiegsberatung, an andere Beteiligte im Basis dafür ist das Grundgesetz. Programm weiter. Schließlich fördern wir im Bundesprogramm  Modell- projekte zu ausgewählten Phänomenen gruppenbezogener Menschenfeindlich- Kultur kann trennen, keit, zur Demokratieentwicklung im ländlichen Raum sowie zu den Themen- sie kann aber auch bereichen Rassismus und rassistische Menschen verbinden Diskriminierung, Antidiskriminierung und Frühprävention im Vorschulalter und zur Radikalisierungsprävention in den Bereichen Rechtsextremismus, Aktuell stehen wir vor Herausforderun- islamistischer Extremismus und linke gen, die die Stabilität, Sicherheit und Militanz. Vielfalt in unserer Gesellschaft und Die erfolgreiche Arbeit wird weiter unsere Demokratie bedrohen. Das gilt ausgebaut. Die Mittel für das Bundes- nicht nur für den radikalen, gewaltori- programm wurden für dieses Jahr auf entierten Islamismus und den Rechts- , Millionen Euro mehr als verdop-

extremismus, sondern für alle Formen pelt. Dies ist auch eine klare Antwort STOLL TAMARA FOTO: der gruppenbezogenen Menschen- auf die wachsenden Gefahren für die Eine der vielen Shishabars; sonst voller Menschen, an einem Sonntagmorgen verlassen und leer feindlichkeit. Auch auf den erstarkten Demokratie und gleichzeitig ein Sig- Rechtspopulismus in unserem Land nal der Bedeutung, die die Bundes- kalisierungsprävention im Strafvollzug wenn die ganze Gesellschaft gegen Zivilgesellschaft, die für Toleranz und und ganz Europa schaue ich mit Sorge. regierung der Arbeit für Demokratie und in der Bewährungshilfe, Demokra- Diskriminierungen vorgeht und wenn für den friedlichen Meinungsaustausch Mit dem  gestarteten Präventions- und Vielfalt beimisst. Mit neuen An- tieförderung im Bildungsbereich sowie Konfl ikte friedlich beigelegt werden. eintritt, macht unsere Gesellschaft zu programm »Demokratie leben!« geben forderungen verändert sich auch das Engagement und Vielfalt in der Arbeits- »Demokratie leben!« ist ein Grundprin- einer besseren Gesellschaft. Zu einer wir Antworten auf diese Herausforde- Bundesprogramm. In einem partizipa- welt. Auch dem Zusammenleben in der zip des Zusammenlebens. Ich möchte Gesellschaft, die off en ist für Vielfalt rungen. Wir unterstützen zivilgesell- tiven Prozess wurden die Programm- Einwanderungsgesellschaft wird sich weiter dazu beitragen, dass Menschen und stark genug, um Fremden- und schaftliches Engagement und demokra- strukturen auf Basis der Erkenntnisse das Programm »Demokratie leben!« in Deutschland Demokratie leben, sich Menschenfeindlichkeit etwas entgegen- tisches Verhalten. Rechtsextremismus, der wissenschaftlichen Begleitung und stärker zuwenden. Das Zusammenle- für die Demokratie einsetzen und er- zusetzen. Eine Gesellschaft mit einer Rassismus und Antisemitismus, grup- aktueller Forschung weiterentwickelt ben von Menschen aus verschiedenen kennen, dass sie nicht alleine sind mit starken demokratischen Kultur. penbezogener Menschenfeindlichkeit, und bisherige Strukturbereiche gestärkt. Kulturen gelingt besser, wenn Vielfalt ihrem Engagement. Demokratie ist an- aber auch dem gewaltbereiten Sala- Zusätzlich wenden wir uns neuen The- als Chance wahrgenommen wird, wenn strengend, aber sie ist wertvoll. Und es Manuela Schwesig ist Bundes- fi smus und der linken Militanz treten menfeldern und Zielgruppen zu. Dazu Menschen, die von Diskriminierung be- lohnt sich, für Demokratie zu streiten ministerin für Familie, Senioren, wir entschieden entgegen – kommunal, zählt das Engagement im Netz, Radi- droht oder betroff en sind, sich wehren, und einzustehen. Denn eine engagierte Frauen und Jugend Die Ankommenden Gesellschaftlicher Zusammenhalt und (kulturelle) Integration

MATTHIAS THEODOR VOGT alisierten Wahlkämpfen, vom einfachen sammenlebens auf Basis der Artikel  Ausgangspunkt der Studie war die Geschichte eine von Ein-, Durch- und Wechsel gemäßigt-konservativ zu ge- bis  des Grundgesetzes, dem Person- Bitte der Sächsischen Staatskanzlei, Auswanderung ist, dass Migration der ie Bundesrepublik Deutsch- mäßigt-sozialistisch (wie nach  im Sein aller Menschen, mit oder ohne eine Woche nach Heidenau und eine Normalfall ist und dass Innovation und land wurde  bewusst Westen, zurück dann  und wieder deutschem Pass. Woche vor dem Budapester Westbahn- Integration zwei Seiten der gleichen als »Staatsfragment« ge- zurück ), von medialen Großerzäh- In Sachsen ist daher Forschung zu hof, den Hintergründen sächsischer Medaille sind. Eine solche Befestigung D gründet mit einem schwer lungen .  zeigt die »paneuropäische gesellschaftlichem Zusammenhalt und Fremdenfeindlichkeit nachzugehen. in den Vorstellungswelten der Deut- verständlichen »Off ensein, [das] nicht Union der Nationalisten« (wiederum (kultureller) Integration dem staatli- Im Verlauf der Recherchen zeigte sich, schen auf beiden Seiten der Elbe kann durch sich selber ausgeschlossen ist«, wie um ) in Polen, in Ungarn, in chen, kommunalen, korporativen, dass seitens der Politik und seitens der nur langfristig und durch eine neuarti- so Carlo Schmid. Sie wurde  le- der Türkei, diesmal auch der Brexiteers, kirchlichen und zivilgesellschaftlichen sozialwissenschaftlichen Theorie das ge, auf die kulturellen Voraussetzungen diglich räumlich erweitert unter Aus- welche Ausnahme eine gesamtgesell- Handlungsbedarf besonders nahe. Aus kulturelle Potenzial für gelingende von Integration setzende Kulturpolitik klammerung vieler Problemkreise schaftliche Auseinandersetzung ist, die diesem Grund hat sich ein überparteili- Integration stark unterschätzt wird. geschehen. Im Mittelpunkt künftiger und unter Aussetzung einer vertieften allen Bürgern ein gemeinsames Haus cher Forschungsverbund von Vertretern Sachsens Landespolitik hat sich seit Forschungen und kulturpolitischer Verfassungsdiskussion. Ein Vierteljahr- auf der Grundlage gemeinsam geteil- der Technischen Universität Chemnitz,  um eine Integration ihrer eigenen Handlungsempfehlungen kann daher hundert nach Wiedervereinigung und ter Werte und ohne den Popanz einer der Technischen Universität Dresden, Bürger in die Wertegemeinschaft der kein präideologisiertes Multikulti ste- Vertrag von Maastricht ist die Bundes- singulären, sakral überhöhten Natio- der Universität Leipzig, der Polizei- Artikel  bis  des Grundgesetzes nur hen, sondern ein Ringen um Interkul- republik derzeit zum Schauplatz einer nalkultur anzubieten vermag. hochschule Rothenburg, der Hochschu- unzureichend bemüht. Ohne diese aber turalität und vor allem um Intrakul- intensiven Auseinandersetzung um die An kaum einer Stelle der Bundes- le Zittau/Görlitz und des Instituts für gibt es kaum Ansatzpunkte für eine turalität. Die Studie »Ankommen in geistigen und normativen Grundlagen republik wird das Maß der Aufkündi- kulturelle Infrastruktur Sachsen gebil- Aufnahme von Fremden als Gleiche. der deutschen Lebenswelt« ist nur ein unseres Zusammenlebens geworden. gung gesellschaftlichen Zusammen- det. Er hat im Herbst  eine erste Beheimatung in einer auf »Off enheit« Anfang, aber ein mutmachender. Das Flüchtlingsgeschehen  war nur halts durch breite Bevölkerungsteile Bestandsaufnahme von Theorien und angelegten Verfassungsstruktur kann ihr Auslöser, nicht ihr Grund. so deutlich wie im Freistaat Sachsen. Prozessen verbunden mit konkreten einer technizistisch-administrativ an- Matthias Theodor Vogt ist Direktor des Grundsätzlich ist eine solche Ausei- Heidenau, Bautzen, Schneeberg sind Handlungsempfehlungen in Form der gelegten Politik nicht gelingen. Einer Instituts für kulturelle Infrastruktur nandersetzung auch notwendig. Eine zu Synonymen für eine Subkultur von Studie »Ankommen in der deutschen retrograd angelegten Kulturpolitik ge- Sachsen sowie Professor für Kultur- parlamentarische Demokratie gelangt rechts geworden, Leipzig-Connewitz Lebenswelt. Migranten-Enkulturation nauso wenig. politik und Interkulturelle Begegnun- jedoch dann an ihre Grenzen, wenn die für eine Subkultur von links, die nicht und regionale Resilienz in der Einen In seiner »Ankommens«-Studie plä- gen an der Hochschule Zittau/Görlitz Vielschichtigkeit der gesellschaftlichen nur »die staatliche Autorität infrage« Welt« von Matthias Theodor Vogt, Erik diert der Forschungsverbund für eine Transformationsprozesse nicht hinrei- stellen, so Markus Ulbig, sondern weit Fritzsche und Christoph Meißelbach bildungs- und kulturpolitische Befes- Einen Auszug der Studie fi nden Sie hier: chend abgebildet wird in zyklisch-ritu- mehr noch die Grundlagen eines Zu- vorgelegt. tigung der Einsicht, dass Deutschlands http://bit.ly/ktCGOp 34 KULTURELLE INTEGRATION www.politikundkultur.net

(Massen-) Medien heute Welchen Beitrag kann professioneller Journalismus zur kulturellen Integration leisten?

FRANK ÜBERALL gebote für den Diskurs herzustellen. Notwendige Voraussetzung für die assen-)Medien strukturieren Akzeptanz dieser Angebote ist eine gesellschaftliche Kommuni- durchgängige Faktizität, die den vor- M kation. Was sich historisch urteilsbehafteten Einträgen in sozia- einst auf den Marktplätzen der Dörfer len Netzwerken oft genug fehlt. Damit abgespielt hat, wird bereits seit Jahr- Medien von den Bürgern Glaubwürdig- zehnten in komplexen Gesellschaften keit zugeschrieben wird, müssen aber über Medien organisiert. Durch das noch weitere Elemente hinzukommen. Internet und die sogenannten sozia- Beispielsweise muss die ganze Vielfalt len Netzwerke haben aber längst die und Breite gesellschaftlichen Lebens Einzelpersonen wieder einen größeren abgebildet werden. Selbstkritisch wird Part in dieser Kommunikation erhal- in der »Branche« längst kritisiert, ob das ten, sie können selbst größere Kreise immer der Fall ist oder ob sich Eliten erreichen als in der Vergangenheit. Die im Journalismus herausgebildet haben, kommunikative Vermittlungsleistung die Teile der Realität kaum noch zur ist nicht länger ein Privileg professio- Kenntnis nehmen, vor allem wenn es neller Medien. Was Bertolt Brecht um um prekäre Lebensverhältnisse und  in seiner Radiotheorie forderte, ist Minderheiten geht. Der gesellschaft- plötzlich zur Realität geworden: Die liche Zusammenhalt würde dadurch Bürger sind nicht mehr nur Empfänger, naturgemäß nicht gefördert. sie können durch das Internet auch als Wenn es konkret um Integration (relevante) Sender auftreten. Das stellt geht, kann journalistisch erstellten das Mediensystem zwar nicht grund- Medien nicht die Rolle des »erhobe-

sätzlich auf den Kopf, es bietet aber nen Zeigefi ngers« zukommen. Es geht STOLL TAMARA FOTO: enorme Herausforderungen. vielmehr um Recherche, Information, Am S-Bahnhof Sonnenallee triff t unsere Fotografi n diesen Mann aus Polen, eine kurze Begegnung Dieser neuerliche Strukturwandel Einordnung und letztlich auch Kom- der Öff entlichkeit trägt dazu bei, dass mentierung – idealerweise auch von fachen Diebstahls geht – zunehmend auch auf eine andere Art der Inte- den gesellschaftlichen Zusammenhalt sich gewohnte Determinanten des Journalisten mit Migrationshintergrund. werden Nationalität und religiöser grationsverweigerer gerichtet werden: zu stärken. Zu einer gelungenen Inte- intellektuellen Zusammenlebens ver- Das leisten die etablierten und auch ei- Hintergrund zum Gegenstand der Be- Auf diejenigen, die unsere heterogene gration gehören immer auch Werte, und ändern. Die bisherigen Empfänger in nige neue Medien in Deutschland und richterstattung. Der Pressekodex erlaubt Gesellschaft ablehnen und mit nati- zu einer kulturellen Weiterentwicklung der öff entlichen Kommunikation er- zwar im internationalen Vergleich be- das nur in Fällen, in denen ein Zusam- onalistisch-völkischen Ideen gegen gehört die ständige Einigung auf deren reichen (noch) nicht eine derart breite sonders zuverlässig und professionell. menhang der soziologischen Disposi- Menschen hetzen, die sie als fremd aktuelle Gültigkeit. Werte sind überwie- Öff entlichkeit wie die professionellen Verbesserungen sind aber auch bei tion mit der Tat besteht. Die verstärkte wahrnehmen oder die nicht ihre po- gend ein positiv konnotiertes Setting, Medien. Das Problem liegt an einer guten und hervorragenden Produkten Berücksichtigung solcher persönlicher litische Meinung teilen. Legt man die- sie bestehen aber auch darin, deutlich anderen Stelle: Zwischen denen, die immer möglich. Hintergründe scheint jedoch dem Vor- sen Maßstab zugrunde, sind bei Pegida, zu machen, was gemeinsam abgelehnt sich nur noch in selbstreferenziellen Ein Beispiel ist das nachrichtliche urteil zu folgen, dass einzelne Fälle der AfD oder NPD in der Summe viel mehr wird. »Filterblasen« in sozialen Netzwerken Auswahlkriterium der Negativität. In Kriminalität symptomatisch stehen für Integrationsverweigerer zu fi nden als bewegen und denen, die am massen- Reaktion auf den diff usen Vorwurf, die diejenigen, die sich nicht in unsere Ge- in sämtlichen Flüchtlingsunterkünf- Frank Überall ist Bundesvorsitzender medial organisierten demokratischen Herkunft mutmaßlicher Straftäter aus sellschaft integrieren wollen. Natürlich ten der Republik. Nun gehört es zur des Deutschen Journalisten-Verbands Diskurs teilhaben, wächst ein immer ideologischen Gründen nicht zu nennen, gibt es diese Einzelfälle, und darüber menschlichen Psyche und auch zur (DJV). Er lehrt Medien- und Sozialwis- tieferer Graben. Das gefährdet den ge- gehen manche Medienmacher über zu muss auch berichtet werden. Es darf kollektiven gesellschaftlichen Identität, senschaften an der HMKW Hochschule sellschaftlichen Zusammenhalt und einer Hysterisierung der Berichterstat- aber kein Generalverdacht entstehen. dass gemeinsame Feindbilder mindes- für Medien, Kommunikation und verhindert Integration. tung in solchen Fällen: Ganz gleich, ob Wenn das Nachrichtenkriterium der tens genauso zusammenschweißen wie Wirtschaft (Köln/Berlin) und berichtet Aufgabe des professionellen Jour- es um Verdachtsmomente des Terroris- Negativität schon so relevant für die positive Ideale. An diesem Punkt sollte als freier Journalist für verschiedene nalismus ist es, anschlussfähige An- mus, der Vergewaltigung oder des ein- Berichterstattung ist, muss der Blick Journalismus verstärkt ansetzen, um Medien

Der zweite Weg besteht darin, nach viele auch schon, von ihrer Bekanntheit Es gibt eine Vielzahl von Künstlern Deutschland geflohenen Künstlern als öff entliche Person Gebrauch zu ma- und Intellektuellen, die sich enga- Reisen im Kopf und Intellektuellen ein Forum zu geben, chen und sich in Zeitungen, Magazinen, gieren. Wichtig ist, kulturelle Inte- ihnen zu Übersetzungen, Veröff entli- im Rundfunk, Fernsehen und in sozia- gration als einen beidseitigen Prozess Der Beitrag von Künstlern elle und Künstler zur kulturellen Inte- chungen, Ausstellungen und anderen len Medien für eine plurale Gesellschaft zu verstehen. Integration beschreibt und Intellektuellen zur gration beitragen? Und wie können sie Formen der gesellschaftlichen Teilhabe wort- und bildstark einzusetzen – nicht keine Einbahnstraße, sondern einen unter diesem Aspekt sinnvoll politisch zu verhelfen. So hat das Berliner Haus nur in Form von medienwirksamen Äu- osmotischen, sich gegenseitig durch- Integration agieren? für Poesie kürzlich vier aus Syrien und ßerungen, sondern auch in öff entlichen dringenden Prozess, der nicht nur eine Zunächst: Es wäre der gesellschaft- Jemen gefl ohene Schriftsteller vorge- Aktionen. In den letzten ein, zwei Jah- Seite verändert. Die unselige, von der TANJA DÜCKERS lich autonomen Rolle der Kunst nicht stellt. Nun sind ihre und andere Texte ren haben sich viele Gruppen von In- CDU immer wieder aufs Neue ange- angemessen, nun einen allgemeinen gefl ohener Dichter in der schön gestal- tellektuellen und Kulturschaff enden stoßene Leitkultur-Debatte hat leider ie Integration von Flücht- Aufruf zu tätigen, nach dem Künstler teten Anthologie »Weg sein – hier sein« gebildet, z. B. das aus Frauen aus Kunst, immer wieder der Annahme Vorschub lingen ist eine der großen und Intellektuelle heute politisch sein auf Deutsch und Arabisch erschienen. Kultur, Politik, Wissenschaft und Wirt- geleistet, dass kulturelle Integration Herausforderungen unserer müssen. Paul Klee und Erich Kästner Schulen und andere Bildungsträger schaft bestehende Netzwerk »wir ma- etwas sei, das nur von Neuankömm- D Zeit. Dass eine Eingliede- haben damals nicht im engeren Sin- könnten sich verstärkt bemühen, ge- chen das«, das schon in seinem Namen lingen zu leisten ist. Es geht nicht um rung nicht nur ökonomisch, sondern ne politisch agiert – wir möchten ihre fl ohene Künstler einzuladen. Natür- Angela Merkels Slogan eine tatkräftige eine Aufweichung des Grundgesetzes, auch kulturell gelingen muss, ist dabei Werke nicht missen. Es geht darum, die- lich ist die kulturelle Integration aller und optimistische Note verleiht. Das nicht, wie manche befürchten, um eine zweifellos unbestritten. Wie können da- jenigen, die Interesse bekunden, einzu- Neuankömmlinge wichtig – so hat das Netzwerk hat, um nur ein Beispiel zu Akzeptanz von menschenverachtenden her besonders jene, die sich professio- binden, aber nicht eine neue Doktrin zu Museum für Europäische Kulturen in nennen, die Veranstaltungsreihe »Be- Sitten, wie sie in jeder Kultur abzuleh- nell mit Kunst befassen, dazu beitragen? erheben und den Introvertierteren ein Dahlem mit »DaHeim. Einsichten in gegnungsort Buchhandlung« ins Le- nen sind, sondern um Neugierde, um Um diese Frage zu klären wurde Ende schlechtes Gewissen zu machen. das fl üchtige Leben« Asylsuchenden ben gerufen, bei der sich Gefl ohene das (Fern-)Reisen im Kopf und im eige- vergangenen Jahres die »Initiative kul- Künstlern und Intellektuellen, die die Möglichkeit gegeben, eine eigene und Alteingesessene im Rahmen von nen Land, um eine Erweiterung unseres turelle Integration« ins Leben gerufen. den Wunsch haben, sich an der kulturel- Ausstellung zu gestalten. Aber Künst- zweisprachigen Veranstaltungen im Kanons, unserer Kultur und Gewohn- Erklärtes Ziel der Initiative kulturel- len Integration der vielen Neuankömm- ler und Intellektuelle fungieren oft als Kiez begegnen. heiten: um gegenseitige Teilhabe auf le Integration ist es, bis zum Internati- linge zu beteiligen und sich selber auch Sprachrohr und schaffen ihrerseits Der vierte, weniger medienwirksame, Augenhöhe. onalen Tag der kulturellen Vielfalt, dem verändern, ihren Horizont erweitern Werke, die von einer kulturellen An- aber auch eff ektive Weg besteht darin, Ein im Mai vorliegendes Thesenpa- . Mai, ein Thesenpapier zu entwickeln, wollen, stehen nicht weniger als vier näherung zeugen und diese in den ge- sich als Künstler und Intellektueller pier zur kulturellen Integration sollte in dem dargelegt wird, wie gesellschaft- Wege off en: Sie können werkimmanent sellschaftlichen Raum zurückspiegeln auch einfach als Bürger zu begreifen diesen Aspekt der gegenseitigen Inte- licher Zusammenhalt in Deutschland auf diese Thematik hinweisen. So haben – mit selbstdynamisierender Wirkung. und auf der konkreten, praktischen gration berücksichtigen und vorsehen, gelingen und welchen Beitrag kulturelle viele Schriftsteller und Essayisten wie Das HAU, das Gorki-Theater in Berlin Ebene einen Beitrag zur gegenseitigen dass die vielen, schon aktiven Gruppen Integration hierfür leisten kann. Die Feridun Zaimoglu, Emine Sevgi Özdamar, oder das Ballhaus Naunynstraße, um Annäherung zu leisten: So haben nicht von Intellektuellen und Künstlern in ih- Dringlichkeit des Anliegens darf nicht Zehra Cirak, Hilal Sezgin, Deniz Yücel, nur drei Beispiele zu nennen, haben in wenige Schriftsteller in den letzten Jah- ren Zielen konkret unterstützt werden unterschätzt werden. Die Idee, Flücht- Ömer Erzeren, Seyran Ates, Aysun Ba- den vergangenen Jahren ein deutlich ren in Sprachkursen Deutschunterricht – Geld ist gerade für diejenigen wichtig, linge vom Karneval in Köln fernzuhal- demsoy, Zafer Senocak und Yade Kara vielseitigeres Programm vorgelegt, in gegeben und in Flüchtlingsheimen bei die als Kunst- und Kulturschaff ende oft ten, hat wieder einmal gezeigt, dass die – um nur einige zu nennen – in ihren dem auch die Erzählungen und Mythen Schulaufgaben geholfen. Selbstironisch genug in prekären Verhältnissen leben Entstehung von Parallelgesellschaften Romanen, Gedichten, Essays und Fil- von Menschen aus anderen Kontinen- und persönlich schreibt Christiane Rö- und von denen nun noch ein weiterer oft von staatlicher Seite geradezu be- men kulturelle Unterschiede und Aneig- ten mehr Berücksichtigung fi nden. singer in ihrem neuen Buch »Zukunft gesellschaftlicher Beitrag erwartet wird. fördert wird. nungsprozesse sichtbar gemacht. Einige Ein weiterer Weg, den Künstler und machen wir später« über ihre Erfah- Für mich als Schriftstellerin stellt ihrer Werke werden an Schulen gelesen Intellektuelle in Deutschland beschrei- rungen vom Deutschunterricht mit Tanja Dückers ist Schriftstellerin und sich die Frage: Was können Intellektu- und erreichen eine breite Leserschaft. ten könnten, besteht darin, und das tun Gefl üchteten. Journalistin Politik & Kultur | Nr. /  | März — April  KULTURELLE INTEGRATION 35

Neue Perspektiven eröffnen Theresa Brüheim im Gespräch mit Ekrem Şenol, dem Herausgeber von »MiGAZIN«

Theresa Brüheim: Was ist MiGA- mit Anfängern. Wir haben aber auch Prozent unserer Leser haben einen können sie uns zwar keine Zahlen onsbewegung aus den afrikanischen ZIN, Herr Şenol? oft die Situation, dass erfahrene, ge- Migrationshintergrund und  Pro- liefern, geloben aber Besserung, was Ländern ist. Das sind immer Schübe. Ekrem Şenol: Das MiGAZIN erklärt standene Journalisten aus den großen zent haben keinen. Auch die Redakti- dann häufi g auch eintritt. Die Rolle sich am besten anhand seiner Grün- Medien an uns herantreten und sagen: on ist gut durchmischt, wir haben sehr des MiGAZIN ist es damit auch, in Wo sehen Sie MiGAZIN in Zukunft? dungsgeschichte. Ausgangspunkt für »Ich habe einen super Text, kriege ihn viele und sehr erfolgreiche MiGMA- bestimmten Bereichen zu sensibili- Was wünschen Sie sich für MiGA- die Gründung des MiGAZIN war eine aber bei mir in der Zeitung nicht unter. CHER ohne Migrationshintergrund. sieren. Im sechsten Pfl egebericht der ZIN? innere Unzufriedenheit. Obwohl es Könnt ihr den veröff entlichen?« Das ist Bundesregierung im Dezember  Wir haben MiGAZIN komplett ehren- in den Mainstream-Debatten häufi g ein Glück für das MiGAZIN, zeigt aber Welche Themen behandelt beispielsweise werden die besondere amtlich mit einer Null-Finanzierung um »meinen Migrationshintergrund« auch ein großes Problem auf. Die Zahl MiGAZIN? Ausgangslage und Situation von gestartet. Wir haben in Eigenregie ging, war ich nur Zuhörer der Diskus- der Journalisten mit Migrationshin- »Schuster, bleib bei deinem Leisten.« Migranten nur an drei Stellen kurz einen Redaktionsplan aufgestellt, die sionen. Ich selbst war weder Akteur, tergrund ist in den klassischen Medien Das ist unser Motto. Wir kennen uns erwähnt, in der Pressemitteilung Internetseite gestaltet und program- noch hatte ich die Möglichkeit, meine zwar stetig gestiegen, aber unterm in Migrationsthemen gut aus, da überhaupt nicht. Da setzen wir an und miert etc. Damals war es tatsächlich Meinung einzubringen. Nach meiner Strich wird veröff entlicht, was der können wir mitreden und lassen uns fordern die Regierung auf, in diesem noch so, dass wir froh waren, wenn Meinung wurde ich allenfalls gefragt, Chefredakteur abnimmt. Und dieser in diesem Bereich auch nichts vorma- Bereich noch viel mehr zu tun. wir den Nachrichtenfl uss bewerkstel- wenn Journalisten und Redaktionen schaut in der Regel danach, ob der Text chen. Deshalb ist unser Fokus ganz ligen konnten. Heute geht unser täg- – also andere – meinten, das könnte sein Zielpublikum interessiert. Und klar darauf ausgerichtet. Dennoch Haben sich die Arbeit beziehungs- licher Newsletter prall gefüllt pünkt- interessant sein. Ich wollte aber nicht leider stellen wir fest, dass dieses Ziel- ist die Themenpalette ziemlich breit. weise auch die Inhalte von MiGA- lich vor dem Frühstück heraus. Inzwi- passiver Teil dieser Debatte sein, son- publikum in Deutschland immer noch Das liegt vor allem an dem schwam- ZIN seit der Flüchtlingskrise  schen sind wir dank Werbeeinnahmen dern sie aktiv mitgestalten und mich keinen Migrationshintergrund hat. D. migen Begriff »Integration«. Sie zieht verändert? und Leserspenden semiprofessionell zu Wort melden, wenn ich das für h., dass viele Texte abgelehnt werden, sich wie ein roter Faden durch alle Selbstverständlich. Vor Eintritt der aufgestellt. Den Nachrichtenfl uss richtig halte. Ansonsten würde weiter weil sie zu speziell sind, nicht zu der Lebensbereiche. Flüchtlingsbewegungen Richtung Eu- können wir mit Agenturtexten an- an meinen Interessen und Argumen- Linie passen oder vom »deutschen ropa haben wir Migranten und deren reichern sowie die laufenden techni- ten vorbeidiskutiert werden. Ein auf Leser« als provokativ empfunden wer- Wie eben gesagt: Integration ist Kinder im Fokus gehabt, die bereits schen Ausgaben decken. Der nächste Dauer unerträglicher Zustand. den könnten. Das ist keine Diskussion ein Thema, das sich durch alle Le- seit vielen Jahrzehnten in Deutsch- Sprung wäre natürlich in die Profes- So entstand die Idee, ein Magazin zu auf Augenhöhe, weil andersherum auf bensbereiche zieht. Was bedeutet land leben. Es ging beispielsweise sionalität. Wir haben immer sehr viel gründen, das weitere Perspektiven in Empfi ndungen von Minderheiten ja für Sie im Kontext von MiGAZIN darum, wie man deren Schulleis- Wert darauf gelegt, dass wir langsam, die hiesigen Migrations- und Integra- auch selten Rücksicht genommen wird. Integration? tungen anheben kann. Über globale aber gesund wachsen. Wir sind auf tionsdebatten hineinträgt. Also ist das Insofern ist das MiGAZIN als eine Er- Wenn beispielsweise über die Miet- Migrationsbewegungen haben wir einem guten Weg. Redaktionell kann MiGAZIN ein Podium für Menschen, gänzung der Mainstream-Medien zu preisbremse debattiert wird, schalten allenfalls eher »abstrakt« und »ent- ich mir durchaus vorstellen, das Mi- die eine Meinung haben und sie ein- verstehen. Hier entscheidet nicht der wir uns ein und fragen, ob und wie fernt« berichtet. Heute reden wir über GAZIN als monatliche Beilage in einer bringen möchten, die aber nicht unbe- Chefredakteur über den Text, sondern sich das Vorhaben des Gesetzge- Menschen, die neu eingewandert sind. großen Tageszeitung herauszugeben. dingt im Fokus der Mainstream-Medi- der MiGMACHER selbst. Die Kernre- bers möglicherweise auf Migranten Wir diskutieren nicht mehr über die Uns wird oft die Frage gestellt: »Se- en stehen. Zugleich ist das MiGAZIN daktion achtet lediglich darauf, dass auswirkt. Denn es ist gesicherte Er- Anhebung der Schulnoten, sondern hen Sie überhaupt eine Zukunft fürs ein Fachmagazin, das sich thematisch ein Text inhaltlich reif ist, der Neti- kenntnis, dass Migranten aufgrund über die Einschulung. MiGAZIN? Irgendwann hat sich das auf Migrationsthemen konzentriert quette entspricht, um bei MiGAZIN ungünstigerer Ausgangsbedingungen Thema doch erledigt.« Das sehen wir und in diesem Bereich mehr Hinter- veröff entlicht zu werden. Das ist auch und Diskriminierungen für gleichen Haben Sie das Gefühl, seitdem anders. Das Thema ist keine Mode- grundinformationen bietet als die das, was MiGAZIN für den Leser so in- Wohnraum häufi g höhere Mieten kommen mehr Leute auf Sie zu erscheinung, das irgendwann wieder klassischen Medien es können. teressant macht, die Authentizität. zahlen müssen als der Durchschnitt. und wollen für MiGAZIN gerade verschwindet. Dem MiGAZIN werden Oder: Als der Bundeswahlleiter kürz- über dieses Thema schreiben? die Themen also nicht ausgehen, so Sie sagen, Sie wollten Leute an- Schreiben denn dann hauptsäch- lich die Zahl der wahlberechtigten Das Thema hat sich schon etabliert, lange es Migrationsbewegungen gibt. sprechen, die sich in den klassi- lich Migranten zu migrantischen Bevölkerung bei den Bundestagswah- klar. Es kommen Leute auf uns zu, die Und die werden bekanntlich nicht we- schen Medien nicht wiederfi nden. Themen im MiGAZIN? len veröff entlichte, riefen wir dort speziell darüber schreiben möchten. niger, sondern mehr. Diese wiederum können MiGAZIN Nein. Absolut nicht. Das MiGAZIN ist an und wollten wissen, wie viele der Aber die Anfragen kommen in der mitgestalten. Was heißt das ge- nicht so konzipiert, dass Migranten Wahlberechtigten einen Migrations- Regel in Wellenbewegungen. Immer Das ist doch ein guter Schlusssatz. nau? Kann sich jeder Interessierte für Migranten schreiben, nein. Damit hintergrund haben. Wir fragen nach dann, wenn ein Thema besonders Ich danke Ihnen für das Interview, an Sie wenden, um einen Beitrag hätten wir unser Ziel verfehlt, ein solchen Veröff entlichungen häufi g breit und groß diskutiert wird in der Herr Şenol. zu schreiben? Wie sind die redakti- Teil der öff entlichen Debatte zu wer- nach Zahlen im Migrationskontext. Öff entlichkeit, ist auch das Interesse onellen Strukturen? den. Wir haben eine Leserbefragung Häufi g reagieren die Statistikämter der MiGMACHER groß, darüber zu Ekrem Şenol ist Gründer und Heraus- Schon wenige Monate nach Gründung durchgeführt und das Ergebnis kann oder auch Stiftungen und Institute schreiben. Ob das die doppelte Staats- geber von MiGAZIN. Theresa Brüheim des MiGAZIN Ende  haben wir sich für ein Fachmagazin zum Thema nach Studienveröff entlichungen bürgerschaft, das Erlernen der deut- ist Chefi n vom Dienst von Politik & festgestellt, wie groß das Potenzial Migration durchaus sehen lassen:  überrascht auf unsere Anfrage. Oft schen Sprache oder eben die Migrati- Kultur ist und wie viel Nachfrage tatsäch- lich besteht. Wir waren nicht die Einzigen, die das Gefühl hatten, in den Debatten übergangen zu werden. Aus diesem Bedarf heraus haben wir MiGAZIN geöff net. Wir haben das Projekt »MiGMACHEN« ins Leben ge- Initiative kulturelle rufen. Jeder Interessierte, der sich an den Debatten beteiligen möchte, kann sich an uns wenden. Wir setzen keine Integration journalistischen Kenntnisse, hand- werkliche Fertigkeiten in diesem Be- reich voraus. Uns sind die Gedanken- Die Initiative kulturelle Integration will zeigen, gänge, persönlichen Erfahrungen und welchen Beitrag Kultur zur Integration leisten Empfi ndungen sowie Argumente viel kann – zur Integration der Menschen, die nach wichtiger. Wir arbeiten gemeinsam Deutschland kommen, aber auch der jenigen, daran, die Gedanken aufs Papier zu die bereits in Deutschland leben. bringen und diese zu veröff entlichen. Initiatoren: Das heißt, MiGAZIN hat eine feste Bundesministerium des Innern, Bundesministerium Redaktion mit Redakteuren, die für Arbeit und Soziales, Die Beauftragte der Bundesregie- dann mit freien Autoren bzw. Lai- rung für Kultur und Medien, Die Beauftragte der Bundes- en zusammenarbeiten, mit diesen regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, die Texte erstellen und redigieren? Deutscher Kulturrat MiGAZIN ist kein klassisches Medium Mitwirkende Institutionen: mit festen Redaktionsräumen und ARD, Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrts- -strukturen. Aufgrund der Entste- pflege, Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigranten- hungsgeschichte sind wir verstreut verbände, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, über das gesamte Bundesgebiet. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Durch das »MiGMACHEN« sind immer Deutsche Bischofskonferenz, Deutscher Beamtenbund Neue hinzugekommen – natürlich be- und Tarifunion, Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Journalisten-Verband, Deutscher Landkreistag, Deutscher gleitet von einer hohen Fluktuation. Naturschutzring, Deutscher Olympischer Sportbund, Viele gehen, viele kommen. Im Laufe Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Städte- der Zeit hat sich aber ein Kernteam tag, Evangelische Kirche in Deutschland, Forum der Migran- gebildet. Wir sorgen dafür, dass der tinnen und Migranten im Paritätischen, Koordinations- Betrieb am Laufen bleibt. Wenn neue rat der Muslime, Kultusministerkonferenz, Neue Deutsche MiGMACHER hinzukommen, die Organisationen, Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, nicht so viel Erfahrung haben, besteht Verband Privater Rundfunk und Telemedien, ZDF, Zentral- unsere Aufgabe darin, entweder die rat der Juden in Deutschland selbst zu betreuen oder an erfahrene andere Autoren weiter zu delegieren. www.kulturelle-integration.de Wir sprechen auch von einer Mento- renschaft. Wir verknüpfen Erfahrene 36 DAS LETZTE www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss Wie ich einmal versuchte, unser verunsichertes, trauriges Land aufzuheitern

Ausgerechnet in der »fünften« Jahres- Spitzenkräfte in der DDR-Volkskammer eine mickrige Nachbildung der New- Antidepressiver Szenen- und The- vorbildlichen Akt zu einem zentralen zeit, dem Karneval, süddeutsch auch erzielt wurden. Dank an die Komiker Yorker Freiheitsstatue über den dann menwechsel: Die tierschutzbefl isse- Wahlkampfthema seiner Partei machen. Fasching genannt, legt sich ein mehl- und Promis, die für soviel ungeahn- vermutlich schweißtriefenden Leib. Da nen Bürgerinnen und Bürger unseres Wem all dies Positive – bedrückt taupappiger Grauschleier, eine eigent- te deutsche Einheit in der Bundes- konnten einem wirklich die Lachfalten Landes (ca.  Prozent) können einen beispielsweise durch den Ausgang der lich unerklärliche Depression über versammlung sorgten: genannt und in die Galle rutschen. wegweisenden Sieg feiern. Vegetarier Wahlen in den USA – noch nicht aus unser schönes, heiteres deutsches hervorgehoben seien Hape Kerkeling, Wirklich Lustiges, Aufmunterndes aller Bundesländer vereinigt Euch! DPA seinem emotionalen Tal hilft, dem sei Land. Ja über dreiviertel Europa. Wo die ungewöhnlich zusammenhän- ergab sich da schon an vermeintlichen meldet nämlich: Nach der Beschwerde passende Rettung geboten. Nachdem eigentlich endlich mal das Volk die gend kommentierende Veronica Fer- Nebenschauplätzen zeitgemäßer Fröh- einer Veganerin verbannt die hessische die meist sexistischen doofen Blondi- Sau rauslassen darf, gedacht als Ventil res, Schroff rocker Peter Maff ay und – lichkeit. Da verhinderte ein kleines Feu- Stadt Limburg das Kinderlied »Fuchs, nenwitze endlich im Orkus des Wort- für angesammelten Frust – beherrscht dank ihres Feuerkopfes unübersehbar erchen bei einem preislich unschlagba- Du hast die Gans gestohlen« fürs Erste mülls verschwunden sind, öff net sich Zukunftsangst und Pessimismus selbst die Travestiekünstlerin – Olivia Jones. ren tschechischen VW-Zulieferer die aus dem Glockenspiel ihres Rathauses. jetzt eine angemessene maskuline die Motivwägen unserer ansonsten Neben ihr wirkte Angela Merkel leider Auslieferung von . vermutlich Die Frau stoße sich bei dem Klassiker Plattform: Warum freut sich Donald so hemmungslos komischen Jecken. wie eine in grüne Erbswurstsuppe ge- immer noch dieselmüff elnden Luftver- aus dem . Jahrhundert an der Lied- Trump so, wenn er ein zehnteiliges Saure Drops, bitterschwarzer Lakritz tauchte Nichtschwimmerin. Was für schmutzern namens »Das Auto«. Die zeile »Sonst wird dich der Jäger holen, Puzzle nach sechs Monaten fertig hat? werden anstelle von Sweet-Karamellen eine tolle Show, welch Musterbeispiel Klappen für das Handschuhfach stan- mit dem Schießgewehr«, sagte Stadt- Weil auf der Packung steht: von  bis  und schmusigen Marshmallows in die basisdemokratischer Fundamental- den nicht mehr zur Verfügung. (Tipp sprecher Johannes Laubach. Die vegan Jahren … Für die Übersendung weiterer überraschend erstarrten Massen am Entscheidungskraft. für den Fall, dass Sie ein solches mal lebende Frau arbeite in Hörweite des Blondmann-Scherze dankt: Straßenrand geworfen. Und die Krawat- Dem konnten leider die von den zufällig öff nen wollen: Gasfeuerzeug Glockenspiels in einem Büro. Weil ihr ten-Produzenten und Scherenschleifer Öff entlich-Rechtlichen tagelang als ersetzt Schlüssel). Jetzt stehen die der Text missfi el, bat sie den Bürger- vermelden drastische Umsatzeinbrüche vermutlich kostengünstige Sendezeit- Karren Marke Passat im salzigen See- meister um Abhilfe. Rathaus-Chef Ma- vor allem im Heiterkeits-Stammland Füller ins Programm gepusteten regio- wind Ostfrieslands erstmal stille und rius Hahn (SPD) wollte kein Unmensch Nordrhein-Westfalen. Höchste Zeit, ge- nalen »Spaß-Sitzungen« nichts entge- können ein, zwei Monate ihre Korro- sein und verbannte das Lied fürs Erste genzusteuern, gerade in dieser oft so genhalten. Wer lacht schon über einen sionstauglichkeit unter Beweis stellen. aus der Liste. »Wir geben der Gans eine trüben publizistischen Rubrik. als Homer Simpson verkleideten Mar- Viel Grund zum Lachen nicht nur für Schonzeit und tauschen immer mal Es gibt doch so viele aktuelle Grün- kus Söder (hat er überhaupt ein Kostüm die Konkurrenz, sondern auch für po- wieder die Musikstücke. Wir haben de zu Freude, zu heiterem Ausgelas- angehabt?). Und noch kümmerlicher tenzielle Käufer, die nun kostengüns-  Lieder im Repertoire, überwiegend sensein: Beginnen wir mit der Wahl die Fantasie zweier SPD-Spitzen-Ko- tiger an solche leicht rostpickeligen deutsche Volkslieder«, sagte Laubach zum Bundespräsidenten. Wann hat miker. Ausgerechnet Bayerns Zwergpar- Familienkutschen rankommen. (Es sei bei einem Saumagen-Essen im Rats- zuletzt ein Kandidat im ersten Wahl- tei-Vorsitzender Markus Rinderspacher denn, der knausrige Aufsichtsrat legt keller. Auf den Index kommen auch gang so viele Stimmen bekommen wie stülpte sich – gefolgt von Hannelore die zwölf Millionen Abfi ndung für seine tierquälerische Werke wie »Peter und Frank-Walter Steinmeier? Das grenzt Kraft, die das Ganze auch noch als An- geschasste Einjahres-Compliance-Lady der Wolf« oder »Moby Dick«. SPD-Kanz- Theo Geißler ist Herausgeber von an Sympathiewerte, die einst nur für ti-Trump-Demo verkauft haben wollte, auf diesen Parkplatz um). lerkandidat Martin Schulz will diesen Politik & Kultur

MÖHRENSALAT  DIE P&KNACHRICHTEN

Berlin: Der deutsch-russische Schrift- Symphony Orchestra am Abend des steller Wladimir Kaminer () be- . Mai das Konzerthaus am Gendar- zeichnet sich als großen Fan von Bun- menmarkt mit Ravel, Penderecki und deskanzlerin Angela Merkel (CDU). Brahms. Die Musiker des namhaften »Sie sieht aus wie eine gemütliche Curtis Institute of Music in Philadel- Tante aus der Küche, die von nichts phia arbeiteten bereits mit Weltklas- Ahnung hat außer Mathematik, aber sedirigenten wie Sir Simon Rattle und in Wahrheit ist sie einer der weitsich- Yannick Nézet-Séguin zusammen. tigsten Politiker überhaupt«, sagte der Nach dem Konzert besetzen die jun- »Russendisko«-Autor nach einem Ein- gen Musiker, die alle um politisches kauf bei »Fielmann« und einem ersten Asyl gebeten haben, die bekanntlich Blick in die »Bild«-Zeitung. gefährdeten Kuhdamm-Bühnen.

München: Der Musiker und Produ- Washington: Facebook sucht weltweit zent Leslie Mandoki (, »Dschinghis nach Redaktionen, die es im Kampf Khan«) will der CDU im Bundestags- gegen Fake News unterstützen. In wahlkampf möglicherweise wieder mit Deutschland gestaltet sich die Suche einem Song helfen. »Ich werde Angela schwierig – so haben ARD und ZDF Merkel wieder unterstützen. Als Text dem sozialen Netzwerk bereits eine schwebt mir vor: ›Alles hat ein Ende, Absage erteilt. Nun scheint der Social nur die Wurst hat zwei, und eins davon Media-Gigant einen Unterstützer ge- ist für Dich dabei – drum beiß noch funden zu haben. Burdas »Focus On- einmal kräftig zu, dann siegt gewiss line« soll für Facebook Fakten checken die CDU‹«. und systematisch verbreitete Lügen aufdecken. Dafür sei – so Mark Zu- Berlin: Eines der besten Jugendorches- ckerberg – das Portal und seine Re- ter der USA besucht im Frühling zum daktion bestens geeignet, da man dort ersten Mal Berlin. In Kooperation mit viel Erfahrung mit der Produktion frag -

KARIKATUR: KLAUS STUTTMANN KLAUS KARIKATUR: Young Euro Classic bespielt das Curtis würdiger Nachrichten habe.

IMPRESSUM

Politik & Kultur – ANZEIGENREDAKTION LAYOUT UND SATZ VERKAUFSSTELLEN HINWEISE Zeitung des Deutschen Kulturrates Martina Wagner Petra Pfaff enheuser Politik & Kultur ist im Abonnement, in Der Deutsche Kulturrat setzt sich für c/o Deutscher Kulturrat e.V. ConBrio Verlagsgesellschaft mbH ConBrio Verlagsgesellschaft mbH Bahnhofsbuchhandlungen, großen Kiosken Kunst-, Publikations- und Informations- Mohrenstraße ,  Berlin Telefon:  .  - Regensburg sowie an Flughäfen erhältlich. Alle Ausgaben freiheit ein. Offi zielle Stellungnahmen Telefon:  .    Fax: .-- www.conbrio.de können unter www.politikundkultur.net des Deutschen Kulturrates sind als solche Fax:  .    [email protected] auch als PDF geladen werden. Ebenso kann gekennzeichnet. Alle anderen Texte geben www.politikundkultur.net Politik & Kultur erscheint der Newsletter des Deutschen Kulturrates nicht unbedingt die Meinung des Deutschen [email protected] VERLAG sechsmal im Jahr. (zwei- bis dreimal mal pro Woche) unter Kulturrates e.V. wieder. Aus Gründen der ConBrio Verlagsgesellschaft mbH www.kulturrat.de abonniert werden. besseren Lesbarkeit wird manchmal auf HERAUSGEBER Brunnstraße  ABONNEMENT die zusätzliche Benennung der weiblichen Olaf Zimmermann und Theo Geißler  Regensburg  Euro pro Jahr (inkl. Zustellung HAFTUNG Form verzichtet. Wir möchten deshalb Telefon:  .  - im Inland) Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte darauf hinweisen, dass die ausschließliche REDAKTION www.conbrio.de und Fotos übernehmen wir keine Haftung. Verwendung der männlichen Form expli- Olaf Zimmermann (Chefredakteur v.i.S.d.P), BESTELLMÖGLICHKEIT Alle veröff entlichten Beiträge sind urheber- zit als geschlechtsunabhängig verstanden Gabriele Schulz (Stv. Chefredakteurin), DRUCK Politik & Kultur rechtlich geschützt. Politik & Kultur bemüht werden soll. Theresa Brüheim (Chefi n vom Dienst), Freiburger Druck GmbH & Co. KG Mohrenstraße  sich intensiv um die Nennung der Bildautoren. Andreas Kolb, Seda Gül Inan www.freiburger-druck.de  Berlin Nicht immer gelingt es uns, diese ausfi ndig zu FÖRDERUNG Tel.:  .   , machen. Wir freuen uns über jeden Hinweis Gefördert aus Mitteln Der Beauftragten REDAKTIONSASSISTENZ GESTALTUNGSKONZEPT Fax:  .    und werden nicht aufgeführte Bildautoren in der Bundesregierung für Kultur und Medien Jana Prigge Ilja Wanka und S Design [email protected] der jeweils nächsten Ausgabe nennen. auf Beschluss des Deutschen Bundestages.