Bebauungsplanverfahren 5-123, Auftraggeber: Siemensstadt Grundstücks- „Siemensstadt 2.0“ GmbH & Co.KG Marktplatz 3 82031 Grünwald

Verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

August 2020 Auftragnehmer: VCDB VerkehrsConsult Dresden- Berlin GmbH

Niederlassung Berlin Uhlandstraße 97 10715 Berlin

Tel.: 0351 / 4 82 31 00 Fax: 0351 / 4 82 31 09

E-Mail: [email protected] Web: http://www.vcdb.de

Ansprechpartner: Matthias Zöbisch E-Mail: [email protected]

Thomas Lehmann E-Mail: [email protected]

Bebauungsplanverfahren 5-123, "Siemensstadt 2.0" Berlin, verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Ausgangslage und Zielsetzung ...... 9

2 Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags ... 11 2.1 Abgrenzung des Untersuchungsraumes ...... 11 2.2 Zielsetzung und Rahmenbedingungen der verkehrlichen Bewertung ...... 11 2.3 Verwendete planerische Grundlagen ...... 12 2.4 Verwendung des Verkehrsmodells ...... 15 2.5 Bewertungen der Verkehrsqualität ...... 17 2.5.1 Leistungsfähigkeitsbetrachtungen ...... 17 2.5.2 Koordinierungsbetrachtungen ...... 19 2.5.3 Auslastungsbetrachtungen ...... 19 2.5.4 Netzbetrachtungen ...... 19 3 Verkehrliche Analyse ...... 20 3.1 Lage und Abgrenzung des Untersuchungsgebiets ...... 20 3.2 Angrenzende Nutzungen ...... 23 3.3 Verkehrliche Organisation ...... 24 3.4 Kfz-Belastungen ...... 25 3.5 Fußverkehr ...... 29 3.6 Radverkehr...... 31 3.7 Öffentlicher Verkehr ...... 33 3.8 Bewertung des Verkehrsablaufs ...... 38 3.8.1 Bewertung der Leistungsfähigkeiten für Kfz ...... 38 3.8.2 Grüne Welle Nonnendammallee ...... 40 3.8.3 Siemensdamm / A 100 ...... 42

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Inhaltsverzeichnis

3.8.4 Bewertung der Leistungsfähigkeit für Fußgänger und Radfahrer ...... 42 3.9 Unfallauswertung ...... 44 3.10 Auslastung ÖPNV...... 45 3.11 Verkehrliche Erschließung des Plangebietes ...... 46 3.12 Zusammenfassung der Analyseergebnisse ...... 49 4 Prognose-Nullfall...... 50 4.1 Zu berücksichtigende Infrastruktur- und ÖPNV- Angebotsvorhaben ...... 50 4.2 Entwicklung der Raumstruktur ...... 52 4.3 Entwicklungen auf dem Siemensareal (Ausnutzung vorhandener Baurechte) ...... 53 4.4 Resultierende Kfz-Verkehrsbelastungen ...... 56 4.5 Bewertung des Verkehrsablaufs ...... 58 4.5.1 Ergebnisse Kfz-Verkehr ...... 58 4.5.2 Rückkopplung innerhalb der Maßnahmenbewertung ...... 64 4.5.3 Rad- und Fußverkehr ...... 66 4.5.4 Auslastungen des ÖPNV ...... 67 4.5.5 Ergebnisbewertung im Netzkontext ...... 70 4.6 Zusammenfassung der Betrachtungen im Prognose-Nullfall ...... 71 5 Ausblick Prognose-Planfall ...... 72 5.1 Entwicklungen Siemensstadt 2.0 ...... 72 5.2 Ausblick auf die Verkehrspotentiale ...... 74 5.2.1 Allgemeines ...... 74 5.2.2 Tendenzielle Entwicklung der Verkehrspotentiale ...... 75 5.3 Ausblick auf verkehrliche Wirkungen ...... 76 6 Zusammenfassung ...... 78

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Abbildungsverzeichnis, Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Übersicht ...... 11 Abbildung 2.2: Beispiel Modifikationen des Teilnetzes (oben vorher, unten nachher) ...... 16 Abbildung 2.3: Wartezeiten der Verkehrssysteme ...... 18 Abbildung 3.1: Untersuchungsgebiet ...... 21 Abbildung 3.2: Übersicht der Teilareale des Bebauungsplangebiet (Quelle Planausschnitt: [phase 1]) ...... 22 Abbildung 3.3: Angrenzende Nutzungen ...... 23 Abbildung 3.4: Einteilung des Straßennetzes nach StEP 2025 ...... 24 Abbildung 3.5: Ausschnitt Verkehrsmengenkarte (Angaben in Tausend Fahrzeugen/24h) ...... 26 Abbildung 3.6: Spitzenstundenbelastungen der Knotenpunkte...... 27 Abbildung 3.7: Spitzenstundenfaktoren der Knotenpunkte ...... 28 Abbildung 3.8: Infrastruktur des Fußverkehres ...... 30 Abbildung 3.9: Infrastruktur des Radverkehres ...... 31 Abbildung 3.10: Führungsformen Radverkehr ...... 32 Abbildung 3.11: Ausschnitt Liniennetzplan BVG ...... 34 Abbildung 3.12: Verbindungsqualität in morgendlicher Hauptverkehrszeit an Schultagen ...... 36 Abbildung 3.13: Haltestelleneinzugsbereiche ...... 38 Abbildung 3.14: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsberechnungen Kfz Analyse ...... 39 Abbildung 3.15: Schema Grüne Welle Nonnendammallee ...... 41 Abbildung 3.16: Unfälle mit Personenschaden 2018 ...... 44 Abbildung 3.17: Zufahrten nördliches Wettbewerbsgebiet ...... 47 Abbildung 3.18: Zufahrten südliches Wettbewerbsgebiet ...... 48 Abbildung 4.1: Entwicklungen der Raumstruktur ...... 53 Abbildung 4.2: Verkehrsbelastungen [DTVw] Prognose-Nullfall ...... 56 Abbildung 4.3: Differenzplot Prognose-Nullfall - Analyse ...... 57 Abbildung 4.4: Verkehrsbelastungen [DTVw] Prognose-Nullfall: Ausschnitt Janischweg ...... 58 Abbildung 4.5: Ausbau Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm (Systemskizze) ...... 59

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Abbildungsverzeichnis, Tabellenverzeichnis

Abbildung 4.6: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsreserven im Prognose- Nullfall (ohne Maßnahmen) ...... 60 Abbildung 4.7: Prinzipskizze zur Führung der Linksabbieger am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paulsternstraße ...... 62 Abbildung 4.8: Koordinierungsband Nonnendammallee PNF, TU=90 s ...... 63 Abbildung 4.9: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsreserven im Prognose- Nullfall (mit Maßnahmen) ...... 64 Abbildung 4.10: Differenzbild PNF ohne und mit Maßnahmen (Ausschnitt Nonnendammallee) ...... 65 Abbildung 4.11: Differenzbild PNF ohne und mit Maßnahmen (Ausschnitt Bereich ) ...... 66 Abbildung 4.12: verkehrssystemfeine ÖV-Belastung [Personen/Werktag] Prognose-Nullfall ...... 68

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1: Definition der Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs gemäß HBS ...... 17 Tabelle 3.1: Spitzenstundenfaktoren ...... 29 Tabelle 3.2: ÖPNV-Angebot ...... 35 Tabelle 3.3: Bedienstandards - Bedienzeiträume ...... 35 Tabelle 3.4: ÖPNV-Nachfrage Analysemodell ...... 45 Tabelle 3.5: ÖPNV-Auslastungen Analysemodell ...... 46 Tabelle 4.1: weitere ÖPNV-Angebotsvorhaben ...... 51 Tabelle 4.2: Entwicklung der Strukturdaten im PNF ...... 54 Tabelle 4.3: Einwohner und Arbeitsplätze auf dem Siemensareal im PNF ...... 54 Tabelle 4.4: Analyse & Prognose-Nullfall: Wege pro Tag mit Bezug zum Siemensareal ...... 55 Tabelle 4.5: ÖPNV-Nachfrage PNF ...... 69 Tabelle 4.6: ÖPNV-Auslastungen PNF ...... 69 Tabelle 5.1: Entwicklungsflächen Prognose-Planfall ...... 73

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Abbildungsverzeichnis, Tabellenverzeichnis

Tabelle 5.2: Annahmen der Verkehrserzeugung für den Prognose- Planfall – Strukturgrößen ...... 75 Tabelle 5.3: PNF & Prognose-Planfall: Wege pro Tag mit Bezug zum Siemensareal ...... 76

Abkürzungsverzeichnis

AV Ausführungsverordnung BAuOBln Bauordnung für Berlin BGF Brutto-Geschossfläche B&R Bike & Ride BVG Berliner Verkehrsbetriebe AG DTVw Durchschnittlich täglicher Verkehr (werktags) EAÖ Empfehlungen für Anlagen des Öffentlichen Verkehrs EAR Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EFA Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen ERA Empfehlungen für Radverkehrsanlagen EW Einwohner FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs- wesen HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen HS Haltestelle HVZ Hauptverkehrszeit IV Individualverkehr KFZ Kraftfahrzeug KP Knotenpunkt LKW Lastkraftwagen LSA Lichtsignalanlage MIV Motorisierter Individualverkehr NMIV Nicht-motorisierte Individualverkehr NVP Nahverkehrsplan ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

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Abkürzungsverzeichnis

ÖV Öffentlicher Verkehr PF Planfall PNF Prognose-Nullfall QSV Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs QV Quellverkehr RASt Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen SenUVK Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima- schutz Sph Spitzenstunde (Stunde mit der höchsten Verkehrs- belastung im betrachteten Zeitabschnitt) SrV System repräsentativer Verkehrsbefragungen StEP Stadtentwicklungsplan StVO Straßenverkehrsordnung TXL Flughafen Berlin- VKF Verkaufsfläche VLB Verkehrslenkung Berlin VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH WE Wohneinheit ZV Zielverkehr

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Ausgangslage und Zielsetzung

1 Ausgangslage und Zielsetzung

Das Land Berlin und beabsichtigen, auf dem Areal des bisherigen Produktions- und Industriestandortes Siemensstadt das Projekt „Siemens- stadt 2.0“ zu entwickeln. Ziel ist es, das bisher für die Öffentlichkeit unzugängliche Industrieareal zu einem zukunftsweisenden Stadtteil mit Pro- duktions-, Büro- und Forschungsflächen bei gleichzeitiger Integration von ortsnahen Wohnflächen zu entwickeln.

Durch die Revitalisierung soll ein Stadtteil mit internationaler Strahlkraft ent- stehen, der die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Berlin in Bezug auf Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung auf dem internationalen Markt sichert. Als Standort einer sich transformierenden industriellen Pro- duktion sollen in der Siemensstadt Industriearbeitsplätze um neue Arbeitsformen und Berufsbilder ergänzt und weiterentwickelt werden.

Dafür soll das Areal mit einer Fläche von ca. 70 Hektar unter Berücksichti- gung und Veränderung des teilweise mehr als 100 Jahre alten Immobilienbestandes, welcher erweitert und zum Teil ersetzt wird, ganzheit- lich entwickelt und für die beabsichtigten Nutzungen modifiziert werden. Es ist geplant, die Voraussetzungen für eine attraktive Campus-Struktur zu schaffen, welche flexible Nutzungen für Produktion, Büro, CoWorking, Start- ups, Forschung, Entwicklung und Ausbildung, Wohnen, studentisches Wohnen, Hotel und Boarding Houses, Handel und Gastronomie sowie so- ziale Infrastruktur in einer insgesamt zukunftsweisenden Stadtumgebung ermöglicht.

Der hier vorliegende verkehrliche Beitrag im Rahmen der frühzeitigen Betei- ligung ist ein Bestandteil der verkehrlichen Bewertung des Vorhabens Siemensstadt 2.0, in welchem die verkehrlichen Wirkungen der im Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs angestrebten Entwicklungen aus der ver- kehrsplanerischen Perspektive betrachtet werden.

Der verkehrliche Beitrag wiederum fokussiert auf die Entwicklung des Prog- nose-Nullfalls. Ausgehend von dem jetzigen Zustand werden die bis zum Prognosehorizont erwartbaren Entwicklungen mit ihren verkehrlichen Wir- kungen betrachtet. Dabei sind alle Vorhaben neben der Siemensstadt 2.0

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Ausgangslage und Zielsetzung sowie die Umsetzung von gegenwärtig vorhandenem Baurecht Inhalt des Prognose-Nullfalls.

Das eigentliche Vorhaben Siemensstadt 2.0 ist nicht Bestandteil des Prog- nose-Nullfalls und damit auch nicht Gegenstand der verkehrlichen Bewertung im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung sondern wird im später zu betrachtenden Planfall einer verkehrlichen Bewertung unterzogen. Durch den Vergleich von Prognose-Nullfall und Planfall ist eine objektive Bestim- mung der verkehrlichen Wirkungen des Vorhabens Siemensstadt 2.0 und das Ableiten von ggf. erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung verkehr- licher Zielstellungen möglich.

Zur besseren Einordnung der Ergebnisse der Prognose-Nullfallbetrachtun- gen wird in der hier vorliegenden verkehrlichen Bewertung im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung ein erster Ausblick auf den Planfall und damit auf die verkehrlichen Wirkungen des Vorhabens Siemensstadt 2.0 gegeben.

Letztendlich ist es Ziel, den städtebaulichen Entwicklungsprozess in ein Be- bauungsplanverfahren zu transformieren, in welchem auch die Erkenntnisse der verkehrlichen Bewertungen einfließen. Dazu wird der Bebauungsplan 5- 123 aufgestellt.

10 VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH Bebauungsplanverfahren 5-123, "Siemensstadt 2.0" Berlin, verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

2 Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

2.1 Abgrenzung des Untersuchungsraumes

In der Abbildung 2.1 ist die Lage des Planungsgebietes im Westen , und hier genauer im östlichen Teil von Spandau dargestellt. Es umfasst die Bebauungsplanfläche, welche aus der Wettbewerbsfläche Siemensstadt 2.0 transformiert wird.

Abbildung 2.1: Übersicht

Sowohl im Analysezustand als auch im Prognosehorizont werden im Kon- text der verkehrlichen Bewertungen Wechselwirkungen mit den umliegenden Quartieren und übergeordneten Raumstrukturen betrachtet.

2.2 Zielsetzung und Rahmenbedingungen der verkehrlichen Bewertung

Die verkehrliche Bewertung ist in einem Bebauungsplanverfahren einzubin- den und soll eine konkrete Abgrenzung und Definition der baulichen und rechtlichen Bedingungen abbilden, welche auf den heutigen und

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

zukünftigen verkehrlichen Rahmenbedingungen der umgebenden Raum- und Infrastruktur aufbauen.

Das vorliegende Dokument stellt eine Aktualisierung der verkehrlichen Ein- schätzung des Projektes vom Juli 20191 dar. Die verkehrliche Einschätzung hatte zum Ziel, gutachterliche Grundlagen für den städtebaulichen Wettbe- werb des Gesamtgebietes zur Verfügung zu stellen.

Auf Grundlage des Gewinnerentwurfs ist die verkehrliche Bewertung so weit zu präzisieren, dass die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens „Sie- mensstadt 2.0“ unter den konkret anzunehmenden Entwicklungen betrachtet werden. Darin enthalten müssen in jedem Fall auch Vorhaben sein, die von der Entwicklung der Siemensstadt nicht abhängig sind bzw. unabhängig von diesem Vorhaben realisiert werden (Kapitel 4). Derartige Vorhaben können verschiedenen Charakter aufweisen, beispielsweise kön- nen dies

 die städtebauliche Entwicklung weiterer Flächen im Untersuchungs- gebiet  Infrastrukturmaßnahmen (einzelne oder mehrere Verkehrsarten be- treffend) oder  die Umsetzung heute vorhandenen Baurechts auf den Entwicklungs- flächen des zu betrachtenden Vorhabens sein.

In der vorliegenden Form stellt die verkehrliche Bewertung einen Zwischen- bericht dar, welcher im Rahmen der frühzeitigen öffentlichen Beteiligung Chancen und Risiken des Projektes im verkehrlichen Spannungsfeld be- leuchtet. Das Kapitel, welches die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens betrachtet, ist als erster Ausblick dargestellt. Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung werden wertvolle Hinweise zur Ausgestaltung der Bewertungsgrundlage für den Planfall erwartet, also für die Umsetzung des Vorhabens Siemensstadt 2.0.

2.3 Verwendete planerische Grundlagen

Grundsätzlich legt die verkehrliche Bewertung die Inhalte des Berliner Mo- bilitätsgesetzes, welches am 28. Juni 2018 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, zugrunde. Darin heißt es: „Berlin soll mobiler, sicherer und klimafreundlicher werden. In einer wachsenden Millionenstadt wie Ber- lin gelingt das nur, wenn alle Verkehrsmittel – also Bus, Bahn, Fahrrad, Auto,

1 VCDB: Verkehrliche Einschätzung Berlin „Siemensstadt 2.0“, Juli 2019

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Fußverkehr – mit ihren Stärken berücksichtigt werden. Dem Umweltverbund von Fuß- und Radverkehr sowie ÖPNV kommt dabei eine besondere Rolle zu, weil er sehr effizient bei den benötigten Flächen ist. Dafür schafft das Mobilitätsgesetz eine Grundlage, die alle Interessen in den Blick nimmt2“. Ausgehend von diesen allgemeinen Grundsätzen leitet sich der Planungs- auftrag ab, die Raum- und Infrastruktur der zukünftigen „Siemensstadt 2.0“ im Kontext der Anforderungen der Verkehrsarten des Umweltverbundes und unter Beachtung von grundsätzlichen Aspekten des Kfz-Verkehrs zu entwi- ckeln.

Der Stadtentwicklungsplan Verkehr Berlin, Senatsbeschluss vom 29. März 2011 (StEP Verkehr 2025), ist ein „Kursbuch“ für die verkehrlichen Entwick- lungen der nächsten Jahre und enthält als strategische Rahmenplanung der Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung in Berlin neben konkreten Maßnah- menansätzen auch Leitziele, die wiederum mit der angestrebten Entwicklung im Untersuchungsraum korrespondieren sollen. Beispiele hier- für sind:

 Zukunftsfähige Mobilität für alle  Großstadt mit hoher Lebensqualität  Sauber. Leise. Postfossil.

Insbesondere bei den Zielen mit sozialer Dimension kann ein konkreter Un- tersuchungsbedarf für die Potenzialfläche Siemensstadt abgeleitet werden. Nachfolgender Auszug aus dem StEP Verkehr 2025 soll dies verdeutlichen.

 Qualitätsziel: Stärkung der polyzentrischen Stadtstruktur: Verbesse- rung der Erreichbarkeit städtischer Teilräume und Stadtteile untereinander sowie mit den innerstädtischen Hauptzentren  Daraus abgeleitete Handlungsziele:  Angleichung der Reisezeiten im ÖPNV zwischen der Innen- stadt und den westlichen äußeren Teilräumen einerseits und den östlichen äußeren Teilräumen andererseits  Verbesserung der tangentialen Verbindungen in den äußeren Stadträumen  Sicherung lageüblicher Erschließungsqualitäten in den Ge- bieten städtebaulicher Entwicklung

Unter anderem aufgrund verschiedener Entwicklungen und dem Einfluss neuer Rahmenbedingungen erhielt die Senatsverwaltung für Umwelt,

2 Quelle | https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/mobilitaetsgesetz/

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) den Auftrag, den StEP Verkehr fortzu- schreiben, dabei auf Erreichtem aufzubauen und neue Entwicklung aufzugreifen. Infolgedessen befindet sich der StEP Verkehr momentan in der zweiten Fortschreibung und soll zukünftig als „Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr“ den Rahmen für die Entwicklungen vorgeben. Be- zugsjahr für die Ziele des neuen Plans wird das Jahr 2030 sein, das Leitbild wird mit dem Zeithorizont 2050 eine darüber hinaus gehende, längerfristige Perspektive für die Mobilität der Zukunft entwickeln. In Vorgriff auf den StEP 2030 werden abgestimmte Entwicklungen in die Untersuchung mit über- nommen. Im weiteren Verlauf dieses Projektes wird vereinfacht die Begrifflichkeiten StEP verwendet.

Ein weiteres – vor allem für ein attraktives und angemessenes ÖPNV- Angebot im Untersuchungsraum – relevantes Rahmendokument bildet der Nahverkehrsplan (NVP). Als gesetzlich vorgesehenes Planungsinstrument setzt dieser für ganz Berlin die Standards und Vorgaben für Umfang und Qualität der Leistungen von S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn, Bus, Fähre und Regionalverkehr fest und bildet damit die Grundlage für die ÖPNV- Angebotsplanung.

Des Weiteren finden ausgewählte Verordnungen und Leitfäden für Berlin als Rahmen für die potenziellen Planungsvorhaben und zukünftigen Entwick- lungen Beachtung. Hierbei insbesondere zu erwähnen sind:

 Ausführungsvorschriften zu § 50 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) über Stellplätze für Kraftfahrzeuge für schwer Gehbehinderte und Behinderte im Rollstuhl und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder (AV Stellplätze) vom 11. Dezember 2007  Ausführungsvorschriften zu § 7 des Berliner Straßengesetzes über Geh- und Radwege (AV Geh- und Radwege) vom 16. Mai 2013  Fahrradparken in Berlin, März 2018

Die AV Stellplätze ist derzeit außer Kraft gesetzt, die Regelungen sind im Sinne einer Selbstbindung weiterhin anzuwenden.

Als grundsätzliche planerische Grundlagen kommen die Fachliteraturen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) zur Anwendung, welche jeweils die neuesten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis abbilden. Für die Planungen im Untersuchungsraum sind insbeson- dere die folgenden Dokumente zu berücksichtigen:

 Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt), Ausgabe 2006

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

 Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA), Ausgabe 2002  Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA), Ausgabe 2010  Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR), Ausgabe 2005  Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs (EAÖ), Ausgabe 2013  Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS), Ausgabe 2015

Die maßgebenden Mobilitätsparameter wurden dem System repräsentative Verkehrsbefragungen (SrV, 2018) entnommen.

2.4 Verwendung des Verkehrsmodells

Betrachtet werden die Auswirkungen des Vorhabens zum Prognosehorizont 2030. Aufgrund der weiträumigen Bedeutung des Vorhabens wurde das vollständige makroskopische Verkehrsmodell des Landes Berlin von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zur Verfügung ge- stellt. Die darin enthaltene Berechnung des Fuß-, Rad-, öffentlichen und motorisierten Individualverkehrs ermöglicht eine qualifizierte Einschätzung der aus der Planung resultierenden Verkehrsmengen sowohl hinsichtlich der Verkehrsaufteilung auf die Verkehrsarten (ÖPNV, MIV, zu Fuß gehen und Radverkehr) als auch die Verkehrsverteilung (Quell- und Zielwahl) sowie die Wegewahl in Bezug auf das vorhandene Straßen- und ÖV-Netz.

Für die vorliegende Untersuchung fand eine Verfeinerung der Verkehrsbe- zirksstruktur im Kernuntersuchungsgebiet statt, um die lokalen Verkehrsverhältnisse genauer abbilden zu können. Hierzu wurden Verkehrs- bezirke gesplittet, Anbindungen überarbeitet sowie Strecken und Knotenpunkte angepasst und eingefügt.

Des Weiteren sind die berechneten derzeitigen Verkehre des Siemensareals auf Grundlage von vorhandenen Stellplätzen auf die einzelnen Ausfahrten des Werkareals verteilt.

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Bezirksgrenzen IV-Anbindungen

Abbildung 2.2: Beispiel Modifikationen des Teilnetzes (oben vorher, unten nachher)

Das um die angesprochenen Verfeinerungen angepasste Prognosenetz dient in der weiteren Betrachtung als Basis für alle verkehrlichen

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Bewertungen und ist damit vom Grundsatz her sowohl für den Prognose- Nullfall als auch für den Prognoseplanfall relevant. Die Verkehrsmodellie- rung liefert im Ergebnis Werte für den DTVw (durchschnittlich täglicher Verkehr an einem Werktag). Anhand von Spitzenstundenfaktoren werden diese Tagesbelastungen auf die maßgebenden Stundenwerte umgerech- net. Diese finden Eingang in die Leistungsfähigkeitsberechnungen (vgl. Kapitel 2.5).

2.5 Bewertungen der Verkehrsqualität

Im Zuge der verkehrlichen Bewertung werden die sich einstellenden Ver- kehrsströme in Bezug zur vorhandenen Infrastruktur und zu den sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Restriktionen gesetzt.

2.5.1 Leistungsfähigkeitsbetrachtungen

Die Bewertung der Leistungsfähigkeit erfolgt an den Schnittpunkten der das Plangebiet umgebenden Hauptverkehrsstraßen (vgl. Abbildung 3.1). Die Betrachtung des Planfalles enthält zusätzlich die relevanten Anbindungen an das Gebiet entsprechend dem geplanten Erschließungssystem. Als Grundlage der Bewertung dient das standardisierte Verfahren nach dem HBS 20153. Anhand der Wartezeit wird für jeden Verkehrsstrom die Qualität des Verkehrsablaufs bewertet. Es werden die Qualitätsstufen A bis F unter- schieden, die in der nachfolgenden Tabelle kurz erläutert werden.

Qualitäts- Charakterisierung und Grenzwerte der mittleren Wartezeiten stufe (QSV) bei vorfahrtgeregelten Knotenpunkten

QSV A die Wartezeiten sind sehr kurz

QSV B die Wartezeiten sind kurz

QSV C die Wartezeiten sind spürbar

QSV D die Wartezeiten sind beträchtlich

QSV E die Wartezeiten sind sehr lang

QSV F Überlastung der Verkehrsanlage; die Wartezeiten sind extrem lang

Tabelle 2.1: Definition der Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs gemäß HBS

3 FGSV: Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Ausgabe 2015

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Im Ergebnis können Qualitätsstufen für alle Verkehrsteilnehmerarten ausge- geben werden. Für die verschiedenen Verkehrsteilnehmer gelten dabei verschiedene Ansätze in der Bewertung der Wartezeiten. Bei den Kfz sind es mittlere Wartezeiten, bei Fußgängern und Radfahrern sind es maximale Wartezeiten.

Lichtsignalanlage Vorfahrtknoten Qualitätsstufe mittlere Wartezeit [s] maximale Wartezeit [s] mittlere Wartezeit [s] ÖV MIV Fußgänger Radfahrer MIV Fußgänger Radfahrer QSV A ≤ 5 ≤ 20 ≤ 30 ≤ 10 ≤ 5 QSV B ≤ 15 ≤ 35 ≤ 40 ≤ 20 ≤ 10 QSV C ≤ 25 ≤ 50 ≤ 55 ≤ 30 ≤ 15 QSV D ≤ 40 ≤ 70 ≤ 70 ≤ 45 ≤ 25 QSV E ≤ 60 > 70 ≤ 85 > 45 ≤ 35 QSV F > 60 - > 70 - > 35

Abbildung 2.3: Wartezeiten der Verkehrssysteme4

Maßgebend für die Einstufung des gesamten Knotenpunkts ist jeweils die schlechteste Bewertung der beteiligten Verkehrsströme. Zu beachten ist, dass die (mittlere bzw. maximale) Wartezeit eine theoretische Größe dar- stellt und sich im realen Verkehrsablauf Abweichungen von dieser Rechengröße einstellen können.

Berechnet werden die Leistungsfähigkeiten für die Analyse und den Prog- nose-Nullfall in einem ersten Schritt im jeweils gültigen Signalprogramm. In einem zweiten Schritt werden kapazitätssteigernde Maßnahmen geprüft, falls die benötigte Leistungsfähigkeit nicht erreicht werden kann.

Eine Ausnahme bildet der Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm. In der Verkehrsuntersuchung zur Gartenfelder Insel5 wurde dem Knotenpunkt mit den darin beschriebenen Vorhaben keine ausreichende Leistungsfähigkeit attestiert. In der genannten Untersuchung wurde ein Vor- schlag zur zukünftigen Ausgestaltung des Knotenpunktes unterbreitet. Dieser wurde in den Prognose-Nullfall übertragen.

Der Motardstraße / Otternbuchtstraße ist im Bestand als Vorfahrtknoten an- gelegt. Der Knotenpunkt an der Motardstraße ist im Prognose-Nullfall als

4 ÖV: Bewertung bei eigenem Fahrstreifen, sonst wie MIV 5VCDB GmbH: Verkehrs- und Machbarkeitsuntersuchung Gartenfelder Insel, April 2018

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Methodik und Umfang des verkehrlichen Beitrags

Vorfahrtknoten nicht leistungsfähig. Daher wird für diesen Knotenpunkt eine Signalsteuerung entwickelt.

2.5.2 Koordinierungsbetrachtungen

Neben den reinen knotenpunktbezogenen Leistungsfähigkeitsbetrachtun- gen sind für den Kfz-Verkehr darüber hinaus die Koordinierung der Verkehrsströme auf der Nonnendammallee maßgebend. Diese drückt sich insbesondere in der Ausgestaltung der Signalprogramme der betreffenden Knotenpunkte und daraus resultierender Anforderungen aus, darüber wird diesem Aspekt auch im gesamten Projektverlauf besonderes Augenmerk geschenkt

2.5.3 Auslastungsbetrachtungen

Der öffentliche Verkehr wird mit seinen Angebotsausprägungen (Linienwe- gen, Takten, Betriebszeiten) vollumfänglich im Modell berücksichtigt. Dem heutigen Stand der Modellierung folgend wird die Auslastung nur unzu- reichend in der Qualitätsbewertung erfasst, daher erfolgt für die wichtigsten ÖPNV-Produkte eine Gegenüberstellung von Angebot (Kapazität) und Nachfrage.

2.5.4 Netzbetrachtungen

Insbesondere für Fußgänger und Radfahrer ergeben sich in einem städti- schen Wegenetz Wirkungen, die über Aspekte der Leistungsfähigkeit hinausgehen. Erreichbarkeiten, Querungsmöglichkeiten und auch Fragen der Verkehrssicherheit sind mit entscheidend für tatsächliche und wahrge- nommene Verkehrsqualitäten und gehen daher mit in die Betrachtungen ein.

Darüber hinaus sind städtebauliche Aspekte (Auslösen besonderer Betrof- fenheiten, Schleichverkehre etc.) Gegenstand der verkehrlichen Bewertungen.

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Verkehrliche Analyse

3 Verkehrliche Analyse

Im Rahmen der verkehrlichen Analyse wird die bestehende Charakteristik des verkehrlichen Angebots und die heutige Erschließung des Gebietes durch die einzelnen Verkehrsarten betrachtet. Neben einer Vor-Ort-Analyse wurden maßgebliche Unterlagen und Informationen, z. B. verfügbare Ver- kehrszählungen für das Untersuchungsgebiet ausgewertet. Die nachfolgenden Unterkapitel umfassen die wesentlichen Erkenntnisse und Aussagen dieser Betrachtungen.

3.1 Lage und Abgrenzung des Untersuchungsgebiets

Das Untersuchungsgebiet ist in Abbildung 3.1 dargestellt. Es wird im We- sentlichen von den das Plangebiet umgebenden Straßenzügen (Saatwinkler Damm, Rohrdamm, Motardstraße, Paulsternstraße, Gartenfelder Straße) begrenzt. Die Nonnendammallee – eine wichtige Ost-Westverbindung zwi- schen Spandau und der Autobahn A 100 / A 111 – durchschneidet das südliche Areal und teilt den Campus in zwei Teilbereiche. Daneben werden die Verknüpfungspunkte mit den umliegenden Netzelementen betrachtet, sofern dies für eine Bewertung als notwendig betrachtet wird.

In der Abbildung 3.1 ist das B-Plan-Gebiet der „Siemensstadt 2.0“ schema- tisch dargestellt. Folgende Knotenpunkte werden dabei besonders betrachtet:

 Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm  Gartenfelder Straße / Paulsternstraße  Paulsternstraße / Eventpark  Nonnendammallee / Paulsternstraße  Motardstraße / Otternbuchstraße  Rohrdamm / Motardstraße  Nonnendammallee / Rohrdamm  Rohrdamm / Straße am Schaltwerk  Rohrdamm / Saatwinkler Damm

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Verkehrliche Analyse

Abbildung 3.1: Untersuchungsgebiet

Auf dem heutigen Areal des Bebauungsplanverfahren gibt es verschiedene Nutzungen. Das Gebiet der Siemensstadt 2.0 selbst wird zur besseren Übersicht zukünftig in vier Bereiche unterteilt (A bis D, vgl. Abbildung 3.2). An der nördlichen Spitze (zukünftig Areal A) befinden sich Gärten (der Sie- mens-Mitarbeiter). Der bedeutend größere Anteil der Nutzungen wird durch das Produktionsareal sowie den Verwaltungen geprägt. Auf den Arealen B (neues Schaltwerk) und D (Dynamowerk) befinden sich die Produktionsflä- chen. Im Bereich C stehen das Verwaltungsgebäude, das Hochhaus (HHSW) sowie das Prüffeld der Einheit „Hochspannung“ und vorhandenen Produktionsstätten (Altes Schaltwerk).

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Verkehrliche Analyse

Abbildung 3.2: Übersicht der Teilareale des Bebauungsplangebiet (Quelle Planausschnitt: [phase 1])6

Im Osten und Süden angrenzend finden sich weitere Teilflächen (C+ und D+), die derzeit als Parkplätze genutzt werden.

Im zukünftigen Areal A sind hauptsächlich Wohnungen vorgesehen. Einige Angebote im Einzelhandel sowie eine Kita werden die Wohnnutzungen durchmischen.

Auf dem Areal B (neues Schaltwerk) finden sich Verdichtungsareale an der Paulsternstraße (Büro und Gewerbe).

Die Produktion auf dem Areal C wird auf die Areale B und D aufgeteilt. Auf dem Areal C bleibt die Verwaltung erhalten. Die als Entwicklungsfläche Zent- rum gekennzeichnete Fläche erfährt eine Durchmischung verschiedenster Nutzungen: Wohnnutzung, Büro- und Gewerbenutzungen, Schule und Kita, Forschung und Ausbildung, Beherbergung, ein Konferenz-Zentrum und ver- schiedene Einzelhandelseinrichtungen. Eine Durchmischung

6 Stand: Juli 2019

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verschiedenster urbaner Nutzungen und vor allem die durchgängige Öffent- lichkeit des Stadtquartiers stehen im Vordergrund der Entwicklungen.

In einem späteren Verfahren wird der Bereich um das Verwaltungsgebäude als „Vertiefungsteil“ separat betrachtet. In der hier vorliegenden Untersu- chung wird das gesamte Untersuchungsgebiet betrachtet.

3.2 Angrenzende Nutzungen

Westlich, nördlich und östlich grenzt Wohnbebauung an. Östlich (auf einem Teilgebiet der alten Siemensstadt) wird die Wohnnutzung durch Gewerbe- nutzungen durchmischt (siehe Abbildung 3.3).

Westlich des Siemens-Geländes befindet sich ein Einkaufszentrum, wel- ches zum einen am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paul- sternstraße / Otternbuchstraße angebunden ist. Zum anderen finden sich eine Zufahrt an der Nonnendammallee.

Abbildung 3.3: Angrenzende Nutzungen

Südlich der Nonnendammallee (und westlich des Untersuchungsgebietes) sind verschiedene Unternehmen und Gewerbe angesiedelt.

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Im Südosten, entlang des Wohlrabedamms, schließen sich mehrere tech- nologische Nutzungen an.

3.3 Verkehrliche Organisation

Quelle Kartengrundlage: Geoportal Berlin / Überge- ordnetes Straßennetz Bestand

Abbildung 3.4: Einteilung des Straßennetzes nach StEP 2025

Das Untersuchungsgebiet wird von mehreren Hauptverkehrsstraßen umge- ben. Der Rohrdamm ist als örtliche Straßenverbindung der Kategorie III (örtliche Straßenverbindung) nach StEP gekennzeichnet, die Motardstraße als Ergänzungsstraße. Nonnendammallee, Saatwinkler Damm und die Achse Gartenfelder Straße / Paulsternstraße sind als übergeordnete Stra- ßenverbindungen (Kategorie II) nach StEP ausgewiesen.

Auf diesen Straßen ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit 50 km/h an- gegeben.

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Auf der Nonnendammallee befindet sich ein breiter Mittelstreifen, der ver- schiedene Nutzungen aufnimmt (Grünfläche, Parkfläche). Er ist an mehreren Stellen durchbrochen und ermöglicht damit, anliegende Instituti- onen aus allen Richtungen zu erschließen. Durch den Mittelstreifen werden die vier Fahrstreifen je Richtung voneinander abgetrennt. Der rechte Fahr- streifen wird zumeist von ruhendem Verkehr in Anspruch genommen.

Auch an den anderen Straßenzügen gibt es keine Einschränkungen in den Erreichbarkeiten und möglichen Fahrtbeziehungen. Sie sind jeweils mit ei- nem Fahrstreifen pro Richtung angelegt (mit Aufweitungen an den Knotenpunkten). Auf der Paulsternstraße sind abschnittsweise Stellplätze auf einem Parkstreifen ausgewiesen.

Die untersuchten Knotenpunkte sind überwiegend als Lichtsignalanlage be- trieben, Ausnahmen sind die als Vorfahrtsknoten organisierten Knotenpunkt Otternbuchstraße / Motardstraße und Rohrdamm / Straße Am Schaltwerk.

3.4 Kfz-Belastungen

Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt dieser Verkehrsmengenkarte für das Untersuchungsgebiet.

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Abbildung 3.5: Ausschnitt Verkehrsmengenkarte (Angaben in Tausend Fahrzeugen/24h)

Von SenUVK, Abteilung VI (ehemals VLB7) wurden die aktuellsten Verkehrs- erhebungen der Knotenpunkte zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurden am Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm am 28.05.2019 sowie an den Knotenpunkten Motardstraße / Otternbuchtstraße, Rohr- damm / Straße Am Schaltwerk und Paulsternstraße / Zufahrt Einkaufszentrum jeweils am 19.11.2019 durch die VCDB Knotenstromzäh- lungen durchgeführt. Die Belastungsbilder der Knotenstromerhebungen sind größtenteils sehr gut mit der Verkehrsmengenkarte 2014 in Einklang zu bringen. Einzig am Knotenpunkt Saatwinkler Damm / Rohrdamm passen die aktuellsten erhobenen Daten (16.09.2019) schlecht zu den erhobenen Daten (starker Übereckverkehr von West nach Süd). Hier können Einflüsse wie Baustellen oder Unfälle vermutet werden. Diese Diskrepanz wird im wei- teren Projektverlauf berücksichtigt.

Auf der Nonnendammallee sind Verkehrsbelastungen zwischen ca. 45.000 Kfz/24h und ca. 50.000 Kfz/24h zu finden. Die parallel dazu

7 Verkehrslenkung Berlin

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Verkehrliche Analyse verlaufende Motardstraße befahren ca. 10.000 Kfz/24h. Anhand der Karte ist erkennbar, dass es im Zuge der Motardstraße nicht unerheblichen Schleichverkehr gibt, der die Knotenpunkte Nonnendammallee / Paulstern- straße und Nonnendammallee / Rohrdamm umfährt (in Fahrtrichtung Südwesten komplett möglich, in Fahrtrichtung Nordosten teilweise). Ab süd- lich der Motardstraße beträgt die Verkehrsbelastung auf dem Rohrdamm ca. 20.000 Kfz/24h. Nördlich davon ist die Belastung deutlich geringer.

Die Achse Gartenfelder Straße / Paulsternstraße wird von ca. 20.000 Fahr- zeugen pro Tag befahren. Zwischen Saatwinkler Damm und dem Abzweig der Gartenfelder Straße nach Westen steigt die Belastung auf knapp 30.000 Fahrzeuge pro Tag an. Den Saatwinkler Damm befahren ca. 12.000 Fahr- zeuge pro Tag.

Aus den vorhandenen Erhebungsdaten wurden die für Leistungsfähigkeits- betrachtungen maßgebenden Belastungen in den Spitzenstunden entnommen (Abbildung 3.6). An nahezu allen untersuchten Knotenpunkten war die Spitzenstunde am Nachmittag (Spitzenstunde spät) höher als die Spitzenstunde am Vormittag (Spitzenstunde früh).

Abbildung 3.6: Spitzenstundenbelastungen der Knotenpunkte

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Dabei ist zu beachten, dass die Straßen(-züge) aufgrund ihrer Lagen im Netz und ihrer Verkehrsbedeutungen unterschiedlich ausgeprägte Belas- tungsspitzen aufweisen. Auf der Nonnendammallee zeigt sich keine ausgeprägte, sondern eine abgeflachte Spitzenbelastung zur Hauptver- kehrszeit (vormittags wie nachmittags). Der Zustand einer hohen Verkehrsbelastung ist damit nicht auf einzelne Zeitbereiche begrenzt, son- dern zeigt sich über einen ausgedehnten Zeitraum (am Nachmittag ist die Summe der zufließenden Verkehrsströme pro Stunde von 14 Uhr bis 19 Uhr) nahezu gleich hoch. Ähnliche Aussagen lassen sich für die Knotenpunkte des Rohrdammes treffen. Dem gegenüber sind die Belastungsspitzen an den Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm deutlich ausge- prägt.

Abbildung 3.7: Spitzenstundenfaktoren der Knotenpunkte

Die erhobenen Belastungswerte können auf 24-Stunden-Werte eines Werk- tages hochgerechnet werden. In der Tabelle 3.1 sind die nachmittäglichen Spitzenbelastungen (Kfz und Lkw) der erhobenen Knotenpunkte dargestellt sowie deren Tagesbelastungen und die daraus resultierenden Spitzenstun- denfaktoren für Kfz und Lkw.

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DTVw Spitzenstunde spät

Knotenpunkt Fak- tor Faktor Kfz/h Lkw/h Kfz/h Kfz Lkw/h Lkw Gartenfelder Str. / Saatwinkler 31.400 1.510 2.475 7,9% 93 3,8% Damm Gartenfelder Str. 34.400 1.970 2.901 8,4% 125 4,3% / Paulsternstr. Paulsternstr. / 25.100 1.460 1.929 7,7% 73 3,8% Einkaufszentrum Nonnendam- mallee / 63.630 3.450 4.272 7,1% 141 3,3% Paulsternstraße Motardstr. / Ot- 11.800 640 913 7,7% 38 4,2% ternbuchtstr. Rohrdamm / 23.750 1.440 1.856 7,8% 60 3,2% Motardstraße Nonnendam- mallee / 57.950 3.200 4.350 7,5% 184 4,2% Rohrdamm Rohrdamm / Straße Am 9.450 330 742 7,9% 20 2,7% Schaltwerk Saatwinkler Damm / Rohr- 26.550 1.250 1.783 6,7% 100 5,6% damm

Tabelle 3.1: Spitzenstundenfaktoren

3.5 Fußverkehr

Fußwege sind rund um das Entwicklungsareal vorhanden. In der folgenden Abbildung sind ergänzend dazu die Lagen von Haltestellen des ÖPNV und ungesicherte sowie gesicherte Querungsstellen (durch Lichtsignalanlagen) angegeben (weitere Ausführungen zum ÖPNV in Kapitel 3.7).

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Abbildung 3.8: Infrastruktur des Fußverkehres

Prinzipiell ist die Verknüpfung des Plangebietes mit den umliegenden Quel- len und Zielen gegeben. Die Gehwege sind teilweise schmaler als es der heutige Standard vorsieht (Rohrdamm, Motardstraße und teilweise Garten- felder Straße). An einigen Stellen sind die Gehwege mit einer Breite von weniger als 1,50 m ausgeführt. Die EFA oder die AV Gehwege sehen deut- lich größere Breiten vor (mindestens 2,50 m und besser 3,00 m). Für das Plangebiet von besonderer Relevanz sind dahingehend aber nur die zu schmalen bzw. fehlenden Gehwege auf der Otternbuchtstraße. Die anderen Gehwege weisen eine Mindestbreite von 2 m auf – eine als ausreichend breit für bestehende Anlagen in einem gewachsenen städtischen Umfeld einzuschätzende Breite, auch wenn größere Breiten wünschenswert wären.

Die Gartenanlage nördlich der Trasse der kann an verschie- denen Stellen zu Fuß durchquert werden.

Auf dem Rohrdamm finden sich ein Fußgängerüberweg („Zebrastreifen“) und eine Fußgänger-LSA um das Queren (zusätzlich zu den signalisierten Knotenpunkten) zu erleichtern.

Auf der Nonnendammallee ergänzen Durchbrüche der Mittelinsel die Que- rungsmöglichkeiten. Direkt vor dem Verwaltungsgebäude von Siemens

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befindet sich eine Fußgänger-LSA. Zwei weitere unsignalisierte Durchbrü- che befinden sich westlich davon.

Die Querungshilfen befinden sich zumeist in der Nähe von ÖPNV- Haltestellen und unterstützen damit den Zugang zu diesen Systemen.

3.6 Radverkehr

Entlang der Achse Gartenfelder Straße / Paulsternstraße und an der Non- nendammallee sind je Fahrtrichtung zumeist nicht benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen vorhanden. Dieser Umstand weist darauf hin, dass sie im derzeitigen Ausbauzustand nicht die Voraussetzungen für eine anzuord- nende Benutzungspflicht aufweisen. Die Breite der Anlagen ist dafür nicht ausreichend, weder nach RASt8, noch nach den ERA9. Abbildung 3.9 gibt einen Überblick über die im Untersuchungsgebiet vorhandenen Radver- kehrsanlagen.

Abbildung 3.9: Infrastruktur des Radverkehres

Auf dem Saatwinkler Damm sind keine separaten Radverkehrsanlagen vor- handen, was aufgrund der Netzfunktion der Straße zu erwarten wäre. Als Angebot für schutzbedürftige Radfahrer ist der Gehweg für Radfahrer

8 FGSV: Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 9 FGSV: Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen, Ausgabe 2010

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Verkehrliche Analyse freigegeben. Diese Lösung stellt einen ungünstigen Kompromiss für Fuß- gänger und Radfahrer dar. Aufgrund der Kfz-Belastung (ca. 12.000 Kfz/24h) ist die getrennte Führung von den Kfz und den Fußgängern die empfohlene Lösung nach den aktuellen Richtlinien, die zu erwartenden Fußgänger- und Radfahrermengen lassen wiederum die jetzt praktizierte Lösung als nicht zielführend erscheinen.

Entlang des Rohrdammes verläuft auf der Westseite in Richtung Süden eine nicht benutzungspflichtige Radanlage, die in beide Fahrtrichtungen befah- ren werden kann. Dies ist aufgrund der vorhandenen Minderbreiten sehr kritisch zu betrachten.

Entlang der Motardstraße und auf dem Rohrdamm (nördlich Nonnendam- mallee) in Fahrtrichtung Norden wird der Radfahrer im Mischverkehr geführt.

Abbildung 3.10: Führungsformen Radverkehr

Dem Diagramm in Abbildung 3.10 ist die gemäß Richtlinie geeignete Füh- rungsform für die Radfahrer zu entnehmen. Grundsätzlich ist das Diagramm so zu verstehen, dass die sich ergebende Führungsform angestrebt werden soll. Sollte dies aus Abwägungsgründen (Platzverfügbarkeit etc.) nicht mög- lich sein, ist der Lösungsansatz der nächst niedrigeren Rubrik zu wählen. Es gibt Belastungsbereiche, wo Führungsformen verschiedener Belas- tungsklassen denkbar sind. Dies betrifft im Untersuchungsgebiet den

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Saatwinkler Damm, wo vom Grundsatz her und unabhängig von dem Vor- haben Siemensstadt 2.0 sowohl Radwege oder Radfahrsteifen (Beispiel für eine Separierung) als auch Schutzstreifen (als ein Ansatz für eine Teilsepa- rierung) denkbar sind. Letztere sind auch vor dem Hintergrund der im Zuge der StVO-Novellierung intensivierten Abstandsthematik zu bewerten, so dass letztendlich für den Saatwinkler Damm Radfahrstreifen oder Radwege empfohlen werden.

Radabstellanlagen befinden sich an der U-Bahn-Station Rohrdamm. Diese sind in ihrer Anzahl aber nicht ausreichend dimensioniert, so dass zusätzlich Stadtmöblierungen genutzt werden, um Fahrräder abzustellen. An anderen Stellen finden sich Abstellanlagen nur in vereinzelter Anzahl.

3.7 Öffentlicher Verkehr

Das Untersuchungsgebiet ist bereits heute in Teilen gut an das ÖPNV-Netz angeschlossen. Vor allem durch die U 7 ist eine schnelle und leistungsfä- hige Verbindung in Richtung Innenstadt gegeben. Abbildung 3.11 zeigt einen Ausschnitt des Liniennetzplanes der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe AG).

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Abbildung 3.11: Ausschnitt Liniennetzplan BVG

In der folgenden Tabelle sind die Bedienqualitäten der Linien für die Haupt- verkehrszeit aufgeführt, welche den im NVP (Nahverkehrsplan Berlin 2019 – 2023) definierten Bedienstandards genügen.

System Linie Linienverlauf Taktung in HVZ* U- U 7 S+ U Rathaus Spandau <> 4 bis 5 Minuten Bahn U Bus X33 S+ U Rathaus Spandau <> 6 bis 7 Minuten Märkisches Viertel, Wilhelmsru- her Damm

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System Linie Linienverlauf Taktung in HVZ* Bus 123 S+ U Hauptbahnhof <> 10 bis 20 Minuten Saatwinkler Damm / Mäckeritz- wiesen Bus 133 Alt- <> 20 Minuten U Bus 139 , Werderstr. <> 10 bis 20 Minuten S Messe Nord/ICC * HVZ = Hauptverkehrszeit (6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr)

Tabelle 3.2: ÖPNV-Angebot

Ebenfalls im Rahmen der Bedienstandards sind Bedienzeiträume für die verschiedenen ÖPNV-Angebote definiert. Für die U-Bahn und Busangebote sind diese getrennt nach den Verkehrstagen in der Tabelle 3.3 angegeben und hinsichtlich der Einhaltung im Untersuchungsgebiet bewertet.

geforderter Bedienzeit- Einhaltung im Untersu- raum für U-Bahn und chungsgebiet (UG) Bus im Tagesverkehr 4:30/5:30 bis X (Bus X33 nur 05:00 Montag bis Freitag 0:30/1:00 bis 23:00 im Einsatz) Samstag 5:30/7:00 bis 1:00 ✓ X (Bus X33 nur 09:00 Sonntag 7:00/8:00 bis 0:30 bis 23:00 im Einsatz)

Tabelle 3.3: Bedienstandards - Bedienzeiträume

Darüber hinaus sind im NVP Verbindungsstandards für Zentren innerhalb des Berliner Stadtgebiets definiert, die eine angemessene Erreichbarkeit wichtiger Ziele sichern sollen. Zu diesen Zielen gehören als Zentrumsberei- che die City West mit dem Zoologischen Garten und dem Kurfürstendamm sowie mit dem Potsdamer Platz und dem Alexanderplatz. Die Zent- rumsbereiche sollen mit einer maximalen komplexen Reisezeit von 60 Minuten und maximal zwei erforderlichen Umstiegen erreichbar sein, was für die Siemensstadt von den möglichen fünf Starthaltestellen U Paulsternstraße, U Rohrdamm, Paulsternstraße / Gartenfelder Straße, Schaltwerk sowie Straße am Schaltwerk stets gegeben ist. Weiterhin gilt die Station S + U Rathaus Spandau als Hauptzentrum in näherer Umgebung

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Verkehrliche Analyse des Untersuchungsgebiets10, welche durch die direkte Verbindung mit der U 7 innerhalb des zulässigen Zeitfensters von maximal 40 Minuten inklusive bis zu einem Umstieg ebenfalls den Verbindungsstandards genügend er- reichbar ist. Kritisch hingegen ist die Erreichbarkeit des Ortsteilzentrums zu bewerten, welches an der Haltestelle Popitzweg verortet ist10: Hier ist laut NVP eine umsteigefreie Verbindung zu gewährleisten, was jedoch nur für die Starthaltestellen U Rohrdamm und Straße am Schaltwerk durch die Bus- linie 123 ermöglicht wird. Von den Starthaltestellen weiter im westlichen Bereich des Untersuchungsgebiets ist stets ein Umstieg erforderlich.

Zur Verdeutlichung der Verbindungsqualität des Untersuchungsgebiets mit den im NVP definierten Zielen sind in der Abbildung 3.12 die kürzesten Ver- bindungen von den oben genannten Starthaltestellen in unmittelbarer Umgebung des Untersuchungsgebiets zur morgendlichen Hauptverkehrs- zeit an Schultagen zu den jeweiligen Zielen dargestellt. Es ist für jede Verbindung angegeben, welche Linie zuerst genutzt wird, wie lang die Rei- sezeit (Beförderungszeit + Umsteigezeit + Abgangszeit) ist und wie viele Umstiege erforderlich sind.

Abbildung 3.12: Verbindungsqualität in morgendlicher Hauptverkehrszeit an Schultagen

10 Anlage 1 zum Nahverkehrsplan Berlin 2019 – 2023, S. 12

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Es fällt auf, dass für die schnellste Verbindung meist die U 7 erforderlich ist. Die Buslinien übernehmen Zubringerfunktionen.

Neben den im NVP definierten Zielen ist für die Siemensstadt aufgrund des national und international bedeutenden Industriestandorts auch die Verbin- dungsqualität zu Berliner Flughäfen relevant. Im Bestand kann der Flughafen Tegel in ca. 15 Minuten mit einem erforderlichen Umstieg erreicht werden. Mit Eröffnung des Flughafens BER voraussichtlich im Oktober 2020 schließt der Flughafen Tegel und es sind nunmehr deutlich weitere Wege erforderlich: Die Reisezeit wird auf über 50 Minuten steigen und zusätzliche Umstiege sind ebenfalls notwendig. Die Auswirkungen geplanter Auswei- tungen und Anpassungen am ÖPNV-Angebot auf die Verbindung zwischen der Siemensstadt und dem Flughafen BER sind im Kapitel 4.1 detailliert dar- gelegt.

Der Nahverkehrsplan definiert Erschließungsstandards für den ÖPNV (ein- heitliche Standards für alle Verkehrsmittel). Demnach gilt eine Siedlungsfläche als dann erschlossen, wenn der Abstand zur nächsten Hal- testelle (mit mindestens 20-Minuten-Takt) den Toleranzwert von 400 m Luftlinie bzw. den Zielwert von 300 m Luftlinie nicht überschreitet. Der stren- gere Zielwert ist für einen geringeren Anteil der Gesamtbevölkerung Berlins (80 %) zu erfüllen, während der Toleranzwert für 96 % der Gesamtbevölke- rung erfüllt werden muss. Das heißt, Wohngebiete die nicht mit dem Zielwert erschlossen werden, gelten nicht automatisch als „Erschließungslücke ge- mäß den Vorgaben des Nahverkehrsplans“. Die Abbildung 3.13 zeigt, dass der Großteil des Entwicklungsgebietes mindestens mit dem Toleranzwert, zum Großteil aber auch mit dem Zielwert erschlossen ist. Davon ausgenom- men sind einige Bereiche im nördlichen Bereich der Siemensstadt.

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Abbildung 3.13: Haltestelleneinzugsbereiche

Die Erschließung des Gebietes durch den ÖPNV kann insgesamt als gut bezeichnet werden. In Richtung Innenstadt ist die Bedienqualität besser als in die äußeren Stadtteile (zum Beispiel in Richtung Spandau).

Die Bushaltestellen sind, mit Ausnahme einer Haltestelle Paulstern- straße / Gartenfelder Straße, nicht barrierefrei ausgebaut.

3.8 Bewertung des Verkehrsablaufs

3.8.1 Bewertung der Leistungsfähigkeiten für Kfz

Auf der Grundlage der vorhandenen Signalprogramme und den Spitzen- stunden aus den Erhebungen wurden die betrachteten Knotenpunkte mittels des Verfahrens nach HBS 2015 auf ihre Leistungsfähigkeit hin über- prüft.

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Für den Kfz-Verkehr ergab sich ein differenziertes Bild. In der Abbildung 3.14 sind die berechneten Qualitätsstufen sowie die Kapazitätsreserven auf den kritischen Strömen dargestellt. Die Signalanlagen im Untersuchungsgebiet weisen allesamt einen hohen Auslastungsgrad auf. Teilweise sind die in den Unterlagen hinterlegten Festzeitprogramme der Hauptverkehrszeit nicht ausreichend leistungsfähig. Da die Signalanlagen verkehrsabhängig schal- ten, wurden Umverteilungen von Freigabezeiten soweit angenommen, dass die bestmögliche Qualitätsstufe erreicht wird.

Abbildung 3.14: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsberechnungen Kfz Analyse

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An den hoch belasteten Knotenpunkten der Nonnendammallee kann die Qualitätsstufe D gerade so erreicht werden. Es ist teilweise zu vermuten, dass diese in Praxis unter Umständen möglicherweise verfehlt wird. Der Grund hierfür ist in den Linksabbiegevorgängen zu finden, welche nicht auf jeder Relation voreinander stattfinden können. Aufgrund der Knotenpunkt- geometrie müssen sich die Linksabbieger nebeneinander aufstellen (sich somit gegenseitig umfahren) und durchdringen sich gegenseitig. Neben Kapazitätseinbußen sind damit Einschränkungen in der Verkehrssicherheit zu erwarten.

Die Knotenpunkte Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm und Saatwinkler Damm / Rohrdamm werden schlechter als in der Untersuchung 2019 be- wertet. Hierzu liegen aktualisierte Verkehrsbelastungszahlen vor, die über den in der Untersuchung 2019 verwendeten Verkehrsbelastungszahlen lie- gen. Für den Knotenpunkt Saatwinkler Damm / Rohrdamm sind dazu die Anmerkungen aus Kapitel 3.4 zu beachten (Inkonsistenz in den Belastungs- werten). Die Bewertung ergibt für die aktuellsten Belastungszahlen (aufgrund des starken Übereckverkehrs von Westen nach Süden) die Qua- litätsstufe F. Mit den Belastungszahlen der Erhebung aus 2014 würde der Knotenpunkt mit der Qualitätsstufe B bewertet werden.

Dem Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Paulsternstraße kann nur die Qua- litätsstufe E zugeordnet werden. Dieser Knotenpunkt befindet sich bereits heute am Rande seiner Leistungsfähigkeit.

Die beiden vorfahrtgeregelten Knotenpunkte Motardstraße / Otternbucht- straße und Rohrdamm / Straße am Schaltwerk weisen gute bis sehr gute Qualitätsstufen auf.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Knotenpunkte im Hauptverkehrsstra- ßennetz in ihren derzeitigen Ausbauzuständen teilweise nur sehr wenige Kapazitätsreserven aufweisen.

3.8.2 Grüne Welle Nonnendammallee

Die Knotenpunkte Nonnendammallee / Paulsternstraße und Nonnendam- mallee / Rohrdamm sind teilweise miteinander koordiniert. Allerdings bezieht sich die Koordinierung auf einen begrenzten Zeitbereich, da die Knotenpunkte am Nachmittag teilweise verschiedene Umlaufzeiten aufwei- sen. Zur Zeit der höchsten Belastung am Knotenpunkt Nonnendammallee / Rohrdamm (14.00 – 15.00 Uhr) weisen beide Knoten- punkte die gleiche Umlaufzeit auf (70 s) und können entsprechend dem

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Verkehrliche Analyse folgenden Bild koordiniert werden. Zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr er- folgt die Signalisierung am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paulsternstraße mit einer Umlaufzeit von 90 s, während der Knotenpunkt am Rohrdamm weiterhin mit einer Umlaufzeit von 70 s be- trieben wird.

Abbildung 3.15: Schema Grüne Welle Nonnendammallee

Die Fußgänger-LSA ist in die Koordinierung integriert. Die Koordinierung ist nur stadtauswärts vollständig möglich. In Richtung Spandau (blaues Band in Abbildung 3.15) kann an den drei Knotenpunkten ohne Halte durchge- fahren werden. In Gegenrichtung wird die Koordinierung unterbrochen. Die Fußgänger-LSA auf Höhe des Verwaltungsgebäudes stellt theoretisch den Punkt dar, an dem sich beide Grünbänder überschneiden würden und in diesem Fall eine Koordinierung in beide Richtungen gleichzeitig möglich wäre. Dann würde eine Unterbrechung der Koordinierung in Richtung Osten am Knotenpunkt Nonnendammallee / Rohrdamm erfolgen. Deshalb erfolgt auf Höhe der Fußgänger-LSA die Unterbrechung der Koordinierung in Rich- tung Osten. Dadurch kann in Fahrtrichtung Osten danach die Signalanlage am Rohrdamm ohne erneuten Halt überquert werden. Diese Steuerung führt dazu, dass an der Fußgänger-LSA nicht wie gewöhnlich beide Fahrtrichtun- gen zeitgleich, sondern nacheinander angehalten werden.

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3.8.3 Siemensdamm / A 100

Die Zufahrt Siemensdamm / A100 muss ebenfalls auf Grund der in Kapi- tel 3.1 gennannten Funktion betrachtet werden. Laut Aussage der Verkehrsregelungszentrale kann der Zufluss vom Siemensdamm auf das Autobahndreieck in Fahrtrichtung Süden gesperrt werden, um im Bereich der Zusammenführung von A 100 und A 111 den Verkehrs- fluss zu verbessern bzw. auch, um einen Rückstau der A 111 in den Tunnel Tegel zu verhindern. Dabei gibt es keinen fest definierten Schwellenwert für die Sperrung. Diese wird proaktiv oder bei Unfällen eingeleitet.

Bei Sperrung der Zufahrt Siemensdamm kann die A 100 über die Zufahrt Jakob-Kaiser-Damm erreicht werden.

3.8.4 Bewertung der Leistungsfähigkeit für Fußgänger und Radfahrer

Die Bewertung der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte bezieht sich bei Fußgängern und Radfahrern nicht auf die Kapazität der Verkehrssysteme, sondern auf die Bewertung der (maximalen) Wartezeiten.

Die maximalen Wartezeiten für Fußgänger an den signalisierten Knoten- punkten werden mit D bewertet. Die hohen Kfz-Verkehrsbelastungen führen dazu, dass geringer belastete Kfz-Ströme weniger Freigabezeit erhalten – und damit werden gleichzeitig freigegebene Fußgänger- und Radfah- rerströme ebenfalls in ihren Freigabezeiten begrenzt.

An den Knotenpunkten der Nonnendammallee ist – aufgrund der breiten Mittelinsel – damit zu rechnen, dass die Nonnendammallee nicht in einem Zug gequert werden kann. Dann ergeben sich – für das Überqueren des kompletten Straßenzuges – sehr lange Wartezeiten (Qualitätsstufe F). Am Knotenpunkt Nonnendammallee / Rohrdamm ist dies sehr wahrscheinlich und kann des Öfteren beobachtet werden. Mit dem geprüften Signalpro- gramm hingegen werden Wartezeiten ermittelt, die der Qualitätsstufe C zuzuordnen sind. Allerdings führt bereits eine Sekunde weniger Freigabezeit für die Fußgänger zu den beschriebenen sehr langen Wartezeiten – Ursache dafür ist, dass die Freigabezeit nicht ausreichend ist, die erste Furt und den Mittelstreifen zu überqueren und die zweite Furt noch während der Freiga- bezeit zu erreichen. Somit muss der Querende zweimal warten.

Radfahrer, welche die nicht benutzungspflichtigen Radverkehrsanlagen nut- zen, werden in ihren Wartezeiten wie Fußgänger bewertet. Radfahrer auf der Fahrbahn bekommen zwar die gleichen Freigabezeiten wie Kfz. Jedoch

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Verkehrliche Analyse werden bei Radfahrern die maximalen und nicht wie bei Kfz die mittleren Wartezeiten angesetzt. Dies führt dazu, dass bei gleichen Freigabezeiten die Radfahrer im Regelfall mindestens eine Qualitätsstufe schlechter bewer- tet werden als die Kfz.

An den vorfahrtgeregelten Knotenpunkten werden deutlich geringere maxi- male Wartezeiten für Fußgänger (und Radfahrer) ausgewiesen:

 am Knotenpunkt Motardstraße / Otternbuchtstraße QSV B und  am Knotenpunkt Rohrdamm / Am Schaltwerk QSV A. Der Verkehrsraum Nonnendammallee ermöglicht nur bestimmten Tageszei- ten für Fußgänger das Queren in einem Zug (keine Wartezeiten auf dem Mittelstreifen). Insbesondere in den Spitzenstunden ist dies aufgrund der anliegenden Kfz-Mengen und dem Erfordernis der Mindestleistungsfähig- keit für den MIV nicht möglich.

Bemerkenswert sind die teilweise niedrigen Umlaufzeiten der LSA im Unter- suchungsgebiet (bspw. 70 s am Knotenpunkt Nonnendammallee / Rohrdamm). Diese sind für den Fußverkehr aber auch für die Radfahrer vorteilhaft, da sie deren Wartezeiten reduzieren helfen.

Höhere Umlaufzeiten als 90 s sind im Untersuchungsgebiet nicht zu ver- zeichnen.

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3.9 Unfallauswertung

Abbildung 3.16: Unfälle mit Personenschaden 201811

Im Unfallatlas wurde recherchiert, wie viele Unfälle mit Personenschaden im Jahr 2018 im Untersuchungsgebiet aufgenommen wurden (Unfälle mit Sachschaden werden nicht im Unfallatlas dargestellt).

Es wurden 34 Unfälle mit leichtem Personenschaden und 12 Unfälle mit schwerem Personenschaden im Unfallatlas hinterlegt. In der Abbildung 3.16 sind diese räumlich eingeordnet. Aufgrund der Anzahl möglicher Konflikt- punkte konzentriert sich das Unfallgeschehen auf die Knotenpunkte, eine Unfallhäufung an einem bestimmten Punkt ist aber nicht erkennbar.

Bei neun der Unfälle waren Radfahrer beteiligt, bei weiteren vier Unfällen Fußgänger. Ein erhöhtes Risiko für diese Verkehrsteilnehmer, im Untersu- chungsgebiet zu verunglücken, besteht damit nicht.

11 Quelle: Unfallatlas, https://unfallatlas.statistikportal.de/, abgerufen im Mai 2020

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Verkehrliche Analyse

3.10 Auslastung ÖPNV

Im nachfolgenden Kapitel werden die Kapazitäten wichtiger ÖPNV- Angebote der gemäß Verkehrsmodell zu verzeichnender Nachfrage gegen- übergestellt. Referenziert wird auf eine Spitzenstunde, der Anteil dieser am täglichen Gesamtverkehr wird – Erfahrungswerten folgend – mit 12% ange- setzt. Der Gesamtverkehr wird dem makroskopischen Verkehrsmodell entnommen.

Fahrgäste Fahrgäste Nr. Linie Von HS Nach HS pro Tag pro Stunde 1 Paulsternstr Rohrdamm 28.500 3.420

2 U7 Rohrdamm Paulsternstr 29.000 3.480 Paulsternstr./ 3 Bus 133 Gartenfeld 900 108 Gartenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 4 Bus 133 Gartenfeld 900 108 tenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 5 Bus 139 Paulsternstr. 1.800 216 tenfelder Str. Paulsternstr./ 6 Bus 139 Paulsternstr. 1.600 192 Gartenfelder Str. Paulsternstr./ 7 Bus X33 Gartenfeld 3.500 420 Gartenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 8 Bus X33 Gartenfeld 4.000 480 tenfelder Str.

Tabelle 3.4: ÖPNV-Nachfrage Analysemodell

Mit den bekannten Kapazitäten der Fahrzeuge und den Taktfrequenzen der Verkehrsmittel können die folgenden Auslastungsgrade ermittelt werden:

Fahrten Kapazität je Fahr- Kapazität je Nr. pro Auslastung zeug Stunde Stunde 1 15 748 11.220 30 %

2 15 748 11.220 31 %

3 3 105 315 34 %

4 3 105 315 34 %

VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH 45 Bebauungsplanverfahren 5-123, "Siemensstadt 2.0" Berlin, verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

Verkehrliche Analyse

Fahrten Kapazität je Fahr- Kapazität je Nr. pro Auslastung zeug Stunde Stunde 5 3 70 210 103 %

6 3 70 210 91 %

7 6 105 630 65 %

8 6 105 630 74 %

Tabelle 3.5: ÖPNV-Auslastungen Analysemodell

Die Auslastungen der betrachteten Streckenabschnitte im Analysemodell weisen bis auf die Linie 139 keine Engpässe auf und stellen somit ein kom- fortables ÖV-Angebot dar. Die Linie 139 ist im Analysemodell 2014 mit einem 20 min Takt abgebildet. Im Vergleich zu dem Fahrplanstand 2020 ist eine Verbesserung der Auslastung der Linie 139 anzunehmen, da in der Hauptverkehrszeit auf dem Abschnitt Werderstr – Paulsternstr. im 10 min Takt gefahren wird.

3.11 Verkehrliche Erschließung des Plangebietes

Der Geltungsbereich des B-Planes wird durch die Nonnendammallee in eine südliche und eine nördliche Teilfläche getrennt. Diese einzelnen Teilflä- chen werden im Bestand nach dem unten gennannten System erschlossen. Dieses System kann sich durch den vorgesehenen Bebauungsplan verän- dern.

Auf dem nördlichen Teilareal A gab es bis 2019 nur Gärten. Diese wurden zwischenzeitlich beräumt, so dass das bestehende Verkehrsaufkommen vernachlässigt werden kann.

Sämtliche großen Lkw-Verkehre (Sattelzüge) der Bereiche B und C müssen die Zufahrt an der Paulsternstraße nutzen. Nach einer aktuellen Erhebung des Wachschutzes befahren ca. 120 Lkw pro Tag diese Zufahrt. Etwa die Hälfte davon sind große Lkw (Sattelzüge). Weiterhin befahren etwa 50 Pkw pro Tag diese Zufahrt. Eine zweite für Lkw nutzbare Zufahrt gibt es am Rohr- damm. Erhebungen dieser oder der anderen Zufahrten oder der Parkplätze gibt es nicht. Eine Abschätzung des Verkehrsaufkommens über die Flä- chengrößen ergibt ein Kfz-Verkehrsaufkommen von etwa 11.000 Kfz- Fahrten pro Tag für die Bereiche B und C. Eine harte Trennung der Bereiche

46 VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH Bebauungsplanverfahren 5-123, "Siemensstadt 2.0" Berlin, verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

Verkehrliche Analyse ist nicht möglich, da die Parkplätze im Osten beiden Bereichen zugeordnet sind. Die Parkplätze sind über die Nonnendammallee, die Paulsternstraße sowie die Straße am Schaltwerk zu erreichen (Abbildung 3.17). Die Feuer- wehrzufahrt am nördlichen Rand der Produktionsfläche B steht nicht als Zuwegung zur Verfügung.

Abbildung 3.17: Zufahrten nördliches Wettbewerbsgebiet

Der südliche Bereich (Produktionsfläche D) wird über die Nonnendam- mallee, Motardstraße und eine Zufahrt am Rohrdamm erschlossen. Aus Zählungen des Sicherheitsdienstes ist zu entnehmen, dass die Zufahrt Rohrdamm von etwa 100 Fahrzeugen pro Tag genutzt wird. Davon sind etwa 20 Fahrzeuge Lkw. Entlang der Motardstraße befinden sich vier Zu- fahrten, von denen aber nur eine derzeit genutzt wird. Diese Zufahrt nutzen etwa 70 Fahrzeuge pro Tag (unter der Woche kann der Schwerverkehrsan- teil etwa 50 % betragen). Für die Zufahrt Nonnendammallee liegen keine Erhebungen vor. Diese ist nur eingeschränkt nutzbar, da die Mittelinsel an dieser Stelle nicht durchbrochen ist. Sie ist für Lkw gesperrt. Der Parkplatz für die Mitarbeiter befindet sich südlich der Motardstraße. Für dessen Nut- zung gibt es keine aktuellen Erhebungen. Auf Grundlage der Gebietsgröße des Areals D kann ein heutiges Verkehrsaufkommen von ca. 2.100 Kfz-Fahr- ten/24h geschätzt werden. Weiterhin gibt es eine Ausfahrt für ausnahmsweise Schwertransporte an der Nonnendammallee, welche nur für begleitete Ausfahrten genutzt wird (ca. einmal pro Woche, in den

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Verkehrliche Analyse verkehrsschwachen Zeiten, vgl. Abbildung 3.18). Diese Ausfahrt ist aus be- trieblichen Gründen zwingend zu erhalten.

Abbildung 3.18: Zufahrten südliches Wettbewerbsgebiet

Auf den Arealen verteilt sind verschiedene Parkierungsanlagen an den Zu- fahrten angelegt. Im Westen ist über die Paulsternstraße ein Parkplatz mit ca. 230 Pkw Stellplätzen und ca. 100 überdachten Fahrradstellplätzen er- reichbar. Am westlichen Ende der Straße Am Schaltwerk ist ein Parkplatz mit etwa 370 Pkw- und 180 Fahrradstellplätzen zu erreichen. Ein zweiter Parkplatz mit etwa 370 Pkw-Stellplätze kann im östlichen Teil der Straße Am Schaltwerk angefahren werden. Entlang der Nonnendammallee finden sich etwa 540 Pkw- und ca. 230 Radstellplätze. Über die Nonnendammallee ist zusätzlich ein Parkplatz am Verwaltungsgebäude erreichbar, auf dem wei- tere ca. 370 Pkw-Stellplätze (und ca. 150 Radstellplätze) liegen. Dieser Parkplatz ist ebenfalls über den Rohrdamm zu erreichen. Insgesamt stehen auf dem Areal nördlich der Nonnendammallee damit ca. 1.900 Stellplätze für Pkw und ca. 660 Radstellplätze zur Verfügung.

Zusätzlich zu den Kfz-Zufahrten gibt es für Fußgänger weitere Eingänge auf das Werksgelände durch Drehkreuze.

Für das Areal D stehen ca. 500 Pkw-Stellplätze und ca. 200 Radstellplätze zur Verfügung. Auch hier gibt es zusätzlich zu den Kfz-Zufahrten Drehkreuze für Fußgänger.

48 VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH Bebauungsplanverfahren 5-123, "Siemensstadt 2.0" Berlin, verkehrlicher Beitrag zur frühzeitigen Beteiligung

Verkehrliche Analyse

Die U-Bahnhöfe Paulsternstraße und vor allem Rohrdamm sind die Haupt- zugänge für ÖPNV-Nutzer zum Plangebiet.

3.12 Zusammenfassung der Analyseergebnisse

Die das Plangebiet umgebenden Straßen weisen ein hohes Verkehrsauf- kommen auf. Entsprechend stark ausgelastet sind die Knotenpunkte. Im derzeitigen Ausbauzustand sind für die gegenwärtigen Verkehrsmengen die nötigen Leistungsfähigkeiten an den Knotenpunkten auch in den Spitzen- stunden noch vorhanden. Es können jedoch nur geringe Leistungsfähigkeitsreserven ausgewiesen werden, insbesondere an den Knotenpunkten Gartenfelder Straße / Paulsternstraße sowie abgestuft Non- nendammallee / Paulsternstraße und Nonnendammallee / Rohrdamm ist dies zu konstatieren.

Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass die an den Knotenpunkten der Non- nendammallee stattfindenden Linksabbiegevorgänge größtenteils durch die geometrischen Randbedingungen in ihren Qualitäten gemindert wer- den, was einerseits die Leistungsfähigkeit weiter reduziert und andererseits mit Blick auf die Verkehrssicherheit problematisch ist.

Die Erschließungsqualität im ÖPNV kann als gut bewertet werden. Eine bes- sere Anbindung an südwestlich gelegene Gebiete wäre wünschenswert.

Die vorhandenen, meist nicht benutzungspflichtigen, Radanlagen entspre- chen in ihren Breiten zumeist nicht dem heutigen Standard.

Es ist davon auszugehen, dass nicht der komplette derzeitige Stellplatzbe- darf auf siemens-eigenen Flächen realisiert ist und dass ein Teil der Beschäftigten / Kunden ihre Fahrzeuge im öffentlichen Straßenraum abstel- len. Die etwa 900 Stellplätze für Fahrräder werden nicht als ausreichend angesehen. Es kann beobachtet werden, dass rund um die Eingangsberei- che Fahrräder im Straßenraum abgestellt werden.

Das Unfallgeschehen auf den das Areal des Bebauungsplans umgebenden Straßen ist nicht erhöht und entspricht dem Rahmen, der aufgrund der Ver- kehrsfunktionen der Straßenzüge zu erwarten ist. Ein erhöhtes Risiko für Fußgänger oder Radfahrer wurde nicht festgestellt.

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Prognose-Nullfall

4 Prognose-Nullfall

Der Prognose-Nullfall umfasst – wie einleitend in der verkehrlichen Bewer- tung umfassend dargelegt – alle Entwicklungen bis zum Prognosehorizont (hier 2030), welche unabhängig vom im Planfall zu betrachtenden Vorhaben (hier Siemensstadt 2.0) wahrscheinlich umgesetzt werden bzw. für deren Umsetzung es eine rechtsgültige Grundlage gibt/gäbe.

Die Prognose-Nullfallbetrachtungen wurden auf der Grundlage des überge- benen makroskopischen Verkehrsmodells des Landes Berlin durchgeführt. Rahmenbedingungen und Entwicklungen wurden einerseits aus dem Mo- dell abgeleitet, andererseits waren die maßgebenden Rahmendokumente des Landes Berlin hierfür prägend. Details hierzu sind dem Kapiteln 2.2 bis 2.4 dieses Berichtes zu entnehmen.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Entwicklungen und Vorhaben, die der- zeit teilweise nicht final bestimmt werden können, da sich die zugrunde liegenden Planungen derzeit noch in den Anfangsphasen befinden (z. B. zur Führung eines Radschnellweg in Ost-West-Relation). Die folgenden Un- terkapitel beschreiben die zugrunde gelegten Rahmenbedingungen.

4.1 Zu berücksichtigende Infrastruktur- und ÖPNV- Angebotsvorhaben

Folgende Infrastrukturmaßnahmen, deren Begründung unabhängig vom Vorhaben Siemensstadt 2.0 zu sehen sind, sind Gegenstand der Prognose- Nullfallbetrachtungen:

 Verbindungsstraße zwischen Gartenfelder Straße und Daumstraße inklusive des Ausbaus des Knotenpunktes Saatwinkler Damm / Gar- tenfelder Straße  Verlängerung der Paulsternstraße in Richtung Süden bis zum Span- dauer Damm / Charlottenburger Chaussee  Infrastrukturanpassungen im Bereich der Stadtautobahn A 100  S-Bahn-Ergänzung Siemensstadt (S 21) bis Gartenfeld im 10-Minu- ten-Takt (Siemensbahn)  neue Straßenbahnlinien zwischen Paulsternstraße/UTR – Garten- feld – Rathaus Spandau – Heerstraße Nord

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Prognose-Nullfall

Neben den genannten Maßnahmen gibt es weitere Maßnahmen, die im NVP (Nahverkehrsplan Berlin 2019 – 2023) festgeschrieben sind, im makrosko- pischen Verkehrsmodell in der Prognose-Nullfall-Betrachtung jedoch nicht enthalten sind. Sie sind in der Tabelle 4.1 zusammengetragen. Die Ursache für deren Nicht-Berücksichtigung im Modell ist, dass es keine konkretisie- rende Umsetzungsplanung bzw. Beschlusslage gibt.

ÖPNV-Angebotsvorhaben Planungshorizont Verdichtung der Buslinie 123 auf einen 10- 2023 Minuten-Takt zwischen Mäckeritzwiesen und Popitzweg Verdichtung der Buslinie 139 auf einen 10- 2023 Minuten-Takt zwischen Eschenweg und Paulsternstraße Ausbau der Haltestelle U Paulsternstraße zu nicht genannt; einem Anschlusspunkt zwischen U-Bahn und zählt zur Ausbau-Ka- Bus in der Schwachverkehrszeit tegorie 1 (Vorgabe) Verdichtung der U 7 auf einen 3,3-Minuten- nicht konkret ge- Takt auf der gesamten Strecke nannt; voraussichtlich erst nach 2023 realisier- bar Verlängerung der U 7 von Rudow zum BER offen

Tabelle 4.1: weitere ÖPNV-Angebotsvorhaben

Für die U7 wurde zwar kein dichterer Takt in den Hauptverkehrszeiten an- gesetzt, jedoch werden die Fahrplanzeiten, in denen der vorhandene 4- Minuten-Takt gilt, gegenüber dem Ist-Zustand ausgeweitet.

Auch wenn die vorgenannten Maßnahmen im Modell nicht umgesetzt sind, werden sie im weiteren Verlauf der Untersuchung mitgedacht. Vor allem die Taktverdichtung der U7 und der Ausbau der Haltestelle Paulsternstraße stei- gern die Angebotsqualität für die ÖV-Nutzer.

Wie im Kapitel 3.7 beschrieben, ist die ÖPNV-Verbindungsqualität zum nächstgelegenen Flughafen für das Untersuchungsgebiet von besonderem Interesse. Durch die für Oktober 2020 zu erwartende Schließung des Flug- hafens Tegel steigt die Reisezeit von ca. 15 Minuten (zum Flughafen Tegel) auf über 50 Minuten (zum Flughafen BER). Die Reaktivierung der Siemens- bahn, welche laut NVP bis zum Jahr 2025 realisiert sein soll, bringt

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Prognose-Nullfall

diesbezüglich keine signifikante Verbesserung mit sich. Erst in Kombination mit der Eröffnung der Dresdner Bahn, über welche ab 2026 der Flughafen- express FEX den Berliner Hauptbahnhof mit dem BER in ca. 20 Minuten verbinden soll, ist eine Reduzierung der Reisezeit von der Siemensstadt zum Flughafen auf ca. 45 Minuten mit nur einem erforderlichen Umstieg möglich. Die potenzielle Verlängerung der U 7 bewirkt darüber hinaus keine weitere Verkürzung der Reisezeit für diese Relation. Wegen der umwegigen Linienführung in der Berliner Innenstadt beträgt die Beförderungszeit zwi- schen der Siemensstadt und dem Flughafen BER voraussichtlich über 60 Minuten. Jedoch ist es eine Direktverbindung, die keine Umsteige erfordert.

Neben den benannten Maßnahmen ist zusätzlich dazu ein Radschnellweg in die Überlegungen einzubeziehen. Derzeit laufen Planungen für einen Radschnellweg in Ost-West-Richtung. Eine konkrete Linienführung und/o- der Anschlusspunkte an das Untersuchungsgebiet können derzeit noch nicht benannt werden. Varianten über die Nonnendammallee oder die Motardstraße scheinen momentan am wahrscheinlichsten zu sein, eine Führung durch das Areal der Siemensstadt 2.0 ist dahingegen ausge- schlossen.

4.2 Entwicklung der Raumstruktur

Neben geänderten Infrastrukturdaten enthält die Prognose-Nullfallbetrach- tung Änderungen in den Raumstrukturen. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die berücksichtigten Veränderungen.

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Prognose-Nullfall

Abbildung 4.1: Entwicklungen der Raumstruktur12

Die veränderten Raumstrukturen sind im Zusammenhang mit den Infrastruk- turänderungen zu bewerten. Die veränderten Raumstrukturdaten wurden (mit Ausnahme der Ausnutzung des vollen Baurechts auf dem Siemens- Areal) dem makroskopischen Modell entnommen. Auf die baurechtlich möglichen Entwicklungspotentiale auf dem Siemens-Areal selbst wird im Kapitel 4.3 gesondert eingegangen.

4.3 Entwicklungen auf dem Siemensareal (Ausnutzung vorhandener Baurechte)

In Abstimmung zwischen den maßgebenden Gebietskörperschaften und dem Eigentümer der Flächen besteht die Möglichkeit, dass für die Flächen des Siemensareals vorhandene Baurecht zu nutzen und entsprechende Verdichtungen vorzunehmen.

Die Entwicklung des Siemensareals unter Ausnutzung des vorhandenen Baurechtes beruht auf den Angaben der Siemens AG.

Unter der Annahme, dass sich die vorhandene Nutzungsverteilung zwi- schen Büro und Gewerbe nicht grundlegend ändert, sind folgende Flächen

12 Modifizierte Darstellung eines Ausschnittes aus dem Verkehrsmodell des Landes Berlin

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Prognose-Nullfall und die daraus resultierenden Strukturgrößen als Zielgrößen dieser Entwick- lung zu Grunde gelegt:

Bestand BGF [m²] PNF BGF [m²] Areal Indust- Summe Büro Industrie Summe Büro rie A 0 0 0 85.390 38.400 46.990

B 70.260 8.640 61.620 232.230 63.680 168.550

C 227.840 132.150 95.690 556.070 360.360 195.710

D 130.770 23.540 107.230 243.360 58.960 184.400

Tabelle 4.2: Entwicklung der Strukturdaten im PNF

Zusätzlich zu der gewerblichen Erweiterung des Siemensareals werden 11.330 m² GF für Wohnnutzung angenommen. Zur Ermittlung der Struktur- daten sind folgende, zwischen den Projektbeteiligten (u. a. Bezirksamt und SenUVK) abgestimmte Ansätze gewählt:

 40 m² BGF/Mitarbeiter für Büronutzung  90 m² BGF /Mitarbeiter für Industrienutzung  100 m² je Wohneinheit  2 Einwohner je Wohneinheit

Als Eingangsgröße für das Verkehrsmodell ergeben sich somit folgende Da- ten:

Zunahme an genutzter Flä- Areal che Arbeitsplätze PNF Einwohner PNF (Industrie + Büro) A + 85.390 m², neue Fläche 1.480 0

B + 161.970 m², + 230 % 3.470 0

C + 328.230 m², + 144 % 11.190 227

D + 112.590 m², +86 % 3.530 0

Tabelle 4.3: Einwohner und Arbeitsplätze auf dem Siemensareal im PNF

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Prognose-Nullfall

Dieser Entwicklung der Strukturdaten unterstellt ebenfalls, dass die vorhan- denen Parkraumangebote auf dem Siemensareal an die zusätzliche Nachfrage angepasst werden (z. B. durch Parkhäuser). Eine maßgebende Änderung der inneren Erschließung wird nicht angenommen, sodass die Aufteilung auf die Zufahrten sich nicht gegenüber der Analyse unterschei- det.

Der private Personenverkehr und dessen Aufteilung auf die Verkehrssys- teme sowie Strecken und ÖV-Angebote werden mittels des makroskopischen Modells berechnet. Die verkehrssystemfeinen Summen der Verkehrsaufkommen pro Tag sind für das komplette Siemensareal für den Prognose-Nullfall im Vergleich zur Analyse in der nachfolgenden Ta- belle dargestellt.

Bezug Kennwert ÖV MIV Anzahl Analyse 3.800 5.600 Wege Anzahl PNF 16.700 21.900 Wege PNF - Differenz +12.900 +16.300 Analyse der Wege

Tabelle 4.4: Analyse & Prognose-Nullfall: Wege pro Tag mit Bezug zum Siemensareal

Das Wirtschaftsverkehrsaufkommen in Form von Pkw-Wirtschaftsverkehrs- fahrten und Lkw-Fahrten wird nicht modellintern auf der Grundlage von Strukturkennziffern erzeugt. Diese Verkehrsströme werden innerhalb des Modells des Landes Berlin durch eine Matrix vorgegeben, welche – so auch beim vorliegenden Vorhaben – auf Basis der Entwicklung von Arbeitsplätzen und Einwohnern pro Bezirk hochgerechnet wird. Die Gewichtung ist dabei 75% Arbeitsplätze und 25% Einwohner. Die Wegesuche (Verkehrsumle- gung) erfolgt wiederum vollständig im makroskopischen Modell.

In der Summe ergeben sich somit für den Prognose-Nullfall 10.000 Pkw- Wirtschaftsverkehrsfahrten pro Werktag und 3.900 Lkw-Fahrten pro Werktag mit Bezug zum kompletten Siemensareal. Dies sind zusätzliche 2.200 Lkw- Fahrten pro Werktag und zusätzliche 5.100 Pkw-Wirtschaftsverkehrsfahrten pro Werktag im Vergleich zur Analyse.

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Prognose-Nullfall

4.4 Resultierende Kfz-Verkehrsbelastungen

Die oben genannten Vorhaben und Entwicklungen haben teilweise erhö- hende und teilweise reduzierende Wirkungen auf den Kfz-Verkehr. In einem ersten Schritt wurden die sich einstellenden Verkehrsmengen auf das Ver- kehrsnetz umgelegt (Wegewahl in Abhängigkeit der vorhandenen Angebote und deren Kapazitäten). Die Abbildung 4.2 zeigt die sich im Prognose-Null- fall (PNF) einstellenden werktäglichen Querschnittsbelastungen.

Abbildung 4.2: Verkehrsbelastungen [DTVw] Prognose-Nullfall13

Für die Nonnendammallee wird eine Querschnittsbelastung von über 50.000 Kfz/24h ausgewiesen. Die Achse Paulsternstraße / Gartenfelder Straße wird teilweise von über 23.000 Kfz/24h befahren und der Saatwinkler Damm von ca. 18.500 Kfz/24h. Auf dem Rohrdamm werden ca. 14.600 Kfz/24h erwartet, auf der Motardstraße etwa 14.400 Kfz/24h. Damit steigt die Kfz-Belastung auf allen das Plangebiet umgebenden Straßen ab- schnittsweise sehr deutlich an. Die Abbildung 4.3 zeigt die Belastungsänderungen zwischen Analysefall und Prognose-Nullfall. Die Einflüsse der Entwicklungen in Gartenfeld sind darin deutlich abzulesen.

13 Berechnungsergebnis auf der Grundlage des Verkehrsmodells des Landes Berlin

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Prognose-Nullfall

Aber auch die Verlängerung der Paulsternstraße über die Spree führt zu Ver- änderungen der Verkehrsströme im erheblichen Maße.

Dabei sind in Summe aller zu erwartenden Wirkungen lediglich auf den Stra- ßenzügen von Gartenfelder Straße (West) und Nonnendammallee (West) Rückgänge in den Verkehrsbelastungen zu erwarten.

Abbildung 4.3: Differenzplot Prognose-Nullfall - Analyse14

Das Umlegungsergebnis an sich ist schlüssig und plausibel. Einzig im Be- reich Rohrdamm / Straße Am Schaltwerk reagiert das Modell mit unerwarteten Verkehrsverlagerungen. Es wird Verkehr vom Rohrdamm in den Janischweg verlagert. Offensichtlich bewertet das Modell diesen Weg als relevante Alternative, um an den Parkplatz in der Straße Am Schaltwerk zu gelangen.

14 Berechnungsergebnis auf der Grundlage des Verkehrsmodells des Landes Berlin

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Prognose-Nullfall

Abbildung 4.4: Verkehrsbelastungen [DTVw] Prognose-Nullfall: Ausschnitt Janischweg

4.5 Bewertung des Verkehrsablaufs

4.5.1 Ergebnisse Kfz-Verkehr

Mit den aus dem Verkehrsmodell des Prognose-Nullfalls entnommenen Ver- kehrsströmen der nachmittäglichen Hauptverkehrszeit wurden die Leistungsfähigkeiten der Knotenpunkte bewertet. Verwendet wurde der in der Analyse ermittelte Spitzenstundenfaktor für jeden Knotenpunkt, der auf alle Ströme des jeweiligen Knotenpunktes übertragen wurde.

Lediglich am Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm sind – unabhängig von sich einstellenden Ergebnissen des Prognosenull- falls bauliche Veränderungen gegenüber dem Analysezustand vorgesehen (zukünftig zwei Geradeausfahrstreifen je Richtung sowie zwei

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Prognose-Nullfall

Linksabbiegestreifen aus dem Saatwinkler Damm, vgl. Abbildung 4.5). Für die anderen Knotenpunkte gelten die Ausbaustandards des Analysezustan- des.

Abbildung 4.5: Ausbau Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm (Systemskizze)

Prinzipiell wurden keine kapazitätsfördernden Maßnahmen entwickelt, wenn die notwendige Leistungsfähigkeit gegeben ist. Es wurden minimale Ein- griffe in Form von adäquaten Anpassungen in die Signalzeitenpläne geprüft, um deren mögliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit (Sensitivität der LSA-Steuerung) zu überprüfen. Ziel war es, durch leichte Modifikationen möglichst günstige Qualitätsstufen für Kfz-Verkehre zu erreichen und dabei einerseits eine möglichst große Vergleichbarkeit der Zustände zwischen Analyse und Prognose-Nullfall zu gewährleisten und andererseits vorhan- dene Steuerungsphilosophien von Lichtsignalanlagen (bspw. im Hinblick auf maximale Fußgängerwartezeiten) nicht signifikant zu verändern. Die nachfolgende Grafik fasst die Berechnungsergebnisse zusammen.

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Prognose-Nullfall

Abbildung 4.6: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsreserven im Prognose-Nullfall (ohne Maßnahmen)

Tendenziell werden durch die Nullfallbetrachtungen die Analyseergebnisse bestätigt. Für den Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Saatwinkler Damm kann trotz der deutlich gestiegenen Verkehrsbelastung unter Berücksichti- gung des geplanten Ausbaus die Qualitätsstufe C beibehalten werden. Die Entlastung am Knotenpunkt Gartenfelder Straße / Paulsternstraße führt zu einem verbesserten Verkehrsablauf (Ursache ist die Reduktion der Linksab- bieger aus Süden kommend).

Der Knotenpunkt Motardstraße / Otternbuchtstraße ist als Vorfahrtknoten nicht leistungsfähig. Es wurde eine Signalanlage mit einer Umlaufzeit von 60 Sekunden angesetzt. Für den Knotenpunkt ergibt sich damit die Quali- tätsstufe C.

Der Knotenpunkt Rohrdamm / Straße Am Schaltwerk ist ohne Maßnahmen in seinem heutigen Zustand in der Lage, die anfallenden Mehrverkehre auf- zunehmen und wird als Vorfahrtknoten mit der Qualitätsstufe B bewertet. An dieser Stelle sei nochmals auf die Auffälligkeit der Modellergebnisse in die- sem kleinräumigen Bereich hingewiesen (vgl. Kapitel 4.4).

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Prognose-Nullfall

Keine Reserven sind am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paulsternstraße im derzeitigen Ausbauzustand vorhanden, die Leistungsfähigkeit kann für diesen Knotenpunkt nicht attestiert werden. Hier wird bei Realisierung der Brücke über die Spree die Infrastruktur entsprechend den geänderten Ver- kehrsströmen angepasst werden müssen. Es ist davon auszugehen, dass mit der Planfeststellung dieser Infrastrukturmaßnahme eine ausreichende Leistungsfähigkeit mit Leistungsfähigkeitsreserven nachgewiesen werden muss. Hierzu sind derzeit keine weitergehenden Informationen verfügbar, so dass zu Sicherstellung der Leistungsfähigkeit entsprechende Maßnah- men auch im Prognose-Nullfall entwickelt wurden.

Am Knotenpunkt Nonnendammallee / Rohrdamm sind im Ausbauzustand ebenfalls keine Reserven vorhanden. Die Anwendung „kleiner“ Maßnahmen (Freigabezeitverschiebungen, Umlaufzeitanpassung) bringt kein leistungs- fähiges Ergebnis für den Knotenpunkt. Hauptsächlich ursächlich dafür sind die Linksabbieger aus den Nebenrichtungen.

Der Knotenpunkt Rohrdamm / Motardstraße weist unter den Verkehrsbelas- tungen des Prognose-Nullfalls geringe Reserven auf. Jedoch muss davon ausgegangen werden, dass der Ausbauzustand das Limit in der Leistungs- fähigkeit darstellt und Belastungszunahmen am Knotenpunkt nicht mehr abwickelbar sind.

Für die drei genannten Knotenpunkte (Nonnendammallee / Paulsternstraße, Nonnendammallee / Rohrdamm und Rohrdamm / Motardstraße) wurden daher verschiedene Ansätze geprüft, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

Mögliche Maßnahmen am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paulstern- straße sind:

 Eigene Linksabbiegephasen  Umlenkung der Linksabbieger aus Süden über einen Bypass über die Boltonstraße an die Nonnendammallee (westlich des Knoten- punktes)  Umlenkung der Linksabbieger aus Norden über die westliche Non- nendammallee und eine neu zu schaffende Wendemöglichkeit westliches des Knotenpunktes.

Die Kombination der Maßnahmen zur Umlenkung der Linksabbieger führt letztlich zu dem Ergebnis, dass die Kapazität des Knotenpunktes derart er- höht werden konnte, dass die Leistungsfähigkeit im Prognose-Nullfall geben ist. Allerdings ist die dabei erzielte Kapazitätsreserve nahezu null.

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Prognose-Nullfall

Die Abwicklung zusätzlichen Verkehrsströme (bedingt durch die Umlenkung der Linksabbieger) ist möglich. Sowohl am Knotenpunkt Nonnendam- mallee / Boltonstraße als auch am Knotenpunkt Boltonstraße / Motardstraße sind entsprechende Räume/Infrastrukturen vorhanden, um dies realisieren zu können (vgl. Abbildung 4.7). Der Straßen- raum der Boltonstraße ist dafür im gesamten westlichen Teil umzugestalten (Zweirichtungsverkehr, Überführung oder andere Lösung zur Querung der südlichen Richtungsfahrbahn der Nonnendammallee).

Abbildung 4.7: Prinzipskizze zur Führung der Linksabbieger am Knotenpunkt Nonnendammallee / Paulsternstraße

Da die Linksabbieger aus den Nebenrichtungen am Knotenpunkt Nonnend- ammallee / Rohrdamm maßgeblich die Leistungsfähigkeit bestimmen, wurden neben der Erhöhung der Umlaufzeit auf 90 s verschiedene Möglich- keiten der Kapazitätssteigerung geprüft, die ihren Schwerpunkt auf diesen Verkehrsströmen haben:

 Eigene Linksabbiegephasen  Getrennte Signalisierung der nördlichen und südlichen Zufahrt  Nutzung aller vorhandenen Fahrstreifen auf der Nonnendammallee zur Reduzierung der notwendigen Freigabezeit in den Geradeaus- strömen (bedingt ein absolutes Halteverbot auf den jeweils rechten Fahrstreifen).

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Prognose-Nullfall

Lediglich die Nutzung aller Geradeausfahrstreifen erbrachte eine Kapazi- tätssteigerung, so dass der Knotenpunkt mit der Qualitätsstufe E bewertet wird. Auch an diesem Knotenpunkt beträgt die Kapazitätsreserve trotzdem nahezu null.

Die Umlaufzeiten der Knotenpunkte Nonnendammallee / Paulsternstraße und Nonnendammallee / Rohrdamm sind in Folge der kapazitätsbedingten Anpassungen nun gleich (jeweils 90 Sekunden), so dass eine Koordinierung beider Knotenpunkte prinzipiell möglich ist.

Abbildung 4.8: Koordinierungsband Nonnendammallee PNF, TU=90 s

Für den Knotenpunkt Rohrdamm / Motardstraße erfolgte die Überprüfung zur Steigerung der Kapazitäten für zwei Ansätze:

 mehrstreifiger Kreisverkehr (signalisiert und unsignalisiert)  Zusätzlicher Fahrstreifen in der nördlichen Zufahrt (separater Rechts- abbiegestreifen)

Der mehrstreifige Kreisverkehr weist nicht die erforderlichen Kapazitäten auf. Insgesamt wird durch den Rechtsabbiegestreifen die Kapazität nur in

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Prognose-Nullfall

geringem Umfang erhöht, die verbleibende Kapazitätsreserve steigt etwas an. In der südlichen Zufahrt wurde weiterhin die Aufstelllänge für den Links- abbieger angepasst.

Die Abbildung 4.9 fasst die Ergebnisse der Leistungsfähigkeitsbetrachtun- gen mit den beschriebenen Maßnahmen zusammen.

Abbildung 4.9: Ergebnisse Leistungsfähigkeitsreserven im Prognose-Nullfall (mit Maßnahmen)

Maßnahmen an den Knotenpunkten können direkte Auswirkungen auf das Kfz-Belastungsbild nicht nur am betrachteten Knotenpunkt haben. Daher wurde eine Rückkopplung mit den Maßnahmen im makroskopischen Mo- dell vorgenommen, um eine möglicherweise veränderte Wegewahl von Kfz erfassen und bewerten zu können.

4.5.2 Rückkopplung innerhalb der Maßnahmenbewertung

In einem weiteren Schritt erfolgte, mit Einbezug der vorgeschlagenen Maß- nahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Verkehrsqualität im

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Prognose-Nullfall

Prognose-Nullfall eine Rückkopplung mit dem makroskopischen Modell, um die verkehrlichen Wirkungen der möglichen Maßnahmen zu überprüfen.

Es zeigt sich deutlich ein starker regional begrenzter Zusammenhang der Maßnahmen mit Verlagerungswirkungen (Abbildung 4.10), hauptsächlich ausgelöst durch die umgeleiteten Linksabbieger am Knotenpunkt Non- nendammallee / Paulsternstraße. So wird die Motardstraße für Verkehrsströme aus Süden in Richtung Westen attraktiver. Die Abbildung 4.11 zeigt in einem größeren Netzausschnitt, dass Verlagerungswirkungen zumeist unmittelbar im Untersuchungsgebiet zu verzeichnen sind. Lediglich aus dem Bereich Gartenfeld sind Verlagerungen von der Paulsternstraße auf die Daumstraße zu erwarten.

Abbildung 4.10: Differenzbild PNF ohne und mit Maßnahmen (Ausschnitt Nonnendammallee)

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Prognose-Nullfall

Abbildung 4.11: Differenzbild PNF ohne und mit Maßnahmen (Ausschnitt Bereich Spandau)

Die festgestellten Rückkopplungen verstärken die Wirkungen der ange- dachten Maßnahmen. Konflikte (Maßnahmenunwirksamkeit oder neue Defizite) sind nicht zu erwarten.

4.5.3 Rad- und Fußverkehr

Höhere Kfz-Belastungen auf den Strecken und an den Knotenpunkten füh- ren zu weiteren Einschränkungen des nicht-motorisierten Verkehrs. Querungsbedingungen verschlechtern sich, durch längere Umlaufzeiten an den Signalanlagen steigen die maximalen Wartezeiten für Fußgänger und Radfahrer und letztendlich schränken „Lärm“ und „Abgase“ die Verkehrs- teilnehmer ein.

Vor allem auf dem Saatwinkler Damm ist eine deutliche Steigerung des Kfz- Verkehrs zu erwarten. Die in Kapitel 3.6 benannten Defizite in der Radweg- führung potenzieren sich damit. Die nach dem Regelwerk anzuwendende Führungsform wird deutlich in Richtung Radweg / Radfahrstreifen verscho- ben. Zumindest bei Radwegen ist damit auch eine Vergrößerung der

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Prognose-Nullfall

Fußgängerflächen zwingend mitzuplanen, um Konflikte mit Fußgängern und Radfahrern zu minimieren.

Auf dem Rohrdamm sind ebenfalls deutliche Steigerungen der Kfz-Belas- tungen zu erwarten, vor allem im südlichen Teilbereich. Damit verschieben sich die nach Regelwerk anzuwendenden Führungsformen im Radverkehr wie auf dem Saatwinkler Damm in Richtung Radfahrstreifen / Radweg.

Auch in der Motardstraße ist durch die angezeigten Veränderungen ein deutlicher Anstieg der Kfz-Belastungen zu erwarten, so dass die Belas- tungswerte eine Änderung der Radverkehrsführungsform erfordern würden.

Positiv hervorzuheben ist die Anbindung des Untersuchungsgebietes an die Radschnellwegverbindung, auch wenn deren Lage noch nicht feststeht. Sollte sie über die Nonnendammallee führen, sind vor allem die Verbindun- gen auf Paulsternstraße, Rohrdamm und Otternbuchtstraße so auszugestalten, dass eine zügige und sichere Einleitung auf die Radschnell- wegverbindung möglich ist. Dazu sind die Belange des Fußverkehrs unbedingt zu beachten.

Die zusätzlichen Ausbauten der Bahnhöfe bzw. Umsteigepunkte an der Sie- mensbahn und am Knotenpunkt Paulsternstraße helfen, die Wege für Fußgänger (und ÖV-Nutzer) kurz zu halten. Entsprechende Abstellmöglich- keiten für Radfahrer (B&R) müssen hier Sorge tragen, dass kein Attraktivitätsdefizit einer Radnutzung entgegensteht.

4.5.4 Auslastungen des ÖPNV

Im nachfolgenden Kapitel werden die Kapazitäten wichtiger ÖPNV- Angebote der gemäß Verkehrsmodell zu verzeichnender Nachfrage pro Werktag (Abbildung 4.12) gegenübergestellt.

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Prognose-Nullfall

Abbildung 4.12: verkehrssystemfeine ÖV-Belastung [Personen/Werktag] Prognose-Nullfall

Analog der in Kapitel 3.10 benannten Methodik ergeben sich die folgenden Auslastungen:

Fahrgäste Fahrgäste Nr. Linie Von HS Nach HS pro Tag pro Stunde 1 U7 Paulsternstr Rohrdamm 33.100 3.972

2 U7 Rohrdamm Paulsternstr 33.600 4.032 Siemens- 3 Siemensstadt Wernerwerk 11.900 1.428 bahn S10 Siemens- 4 Wernerwerk Siemensstadt 13.300 1.596 bahn S10 Paulsternstr./ 5 Bus 133 Gartenfeld 900 108 Gartenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 6 Bus 133 Gartenfeld 1.100 132 tenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 7 Bus 139 Paulsternstr 1.400 168 tenfelder Str. Paulsternstr./ 8 Bus 139 Paulsternstr 1.600 192 Gartenfelder Str.

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Prognose-Nullfall

Fahrgäste Fahrgäste Nr. Linie Von HS Nach HS pro Tag pro Stunde Paulsternstr./ 9 Tram X33 Gartenfeld 4.000 480 Gartenfelder Str. Paulsternstr./ Gar- 10 Tram X33 Gartenfeld 4.500 540 tenfelder Str.

Tabelle 4.5: ÖPNV-Nachfrage PNF

Fahrten Kapazität je Fahr- Kapazität je Nr. pro Auslastung zeug Stunde Stunde 1 15 748 11.220 35%

2 15 748 11.220 36%

3 6 588 3.528 40%

4 6 588 3.528 45%

5 3 105 315 34%

6 3 105 315 42%

7 3 70 210 80%

8 3 70 210 91%

9 6 185 1.110 43%

10 6 185 1.110 49%

Tabelle 4.6: ÖPNV-Auslastungen PNF

Mit Ausnahme der Buslinie 139 (Zeilen 7 und 8) bleiben die Auslastungen in einem mittleren Niveau, so dass prinzipiell keine Engpässe erwartet werden.

Im Vergleich zur Analyse sind in der Prognose Nachfrageanstiege trotz zu- sätzlichem Angebot der Siemensbahn zu verzeichnen, was die Auslastung leicht ansteigen lässt. Durch den Betrieb der Linie X33 als Straßenbahn kann die Kapazität erheblich erhöht werden, wodurch sich die mittlere Auslastung stark verbessert. Eine Sensitivitätsanalyse der U7 im 3,3 min-Takt hat ge- zeigt, dass die zusätzliche Kapazität pro Stunde einen erwarteten Nachfragegewinn erzeugt. Die Auslastung der U7 bleibt dabei allerdings vergleichsweise auf einem ähnlichen Niveau.

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Prognose-Nullfall

4.5.5 Ergebnisbewertung im Netzkontext

Es ist davon auszugehen, dass sich selbst mit den angesprochenen Maß- nahmen an den Knotenpunkten Leistungsfähigkeitsreserven einstellen werden, die von benachbarten Knotenpunkten abhängig sind. Da im Prog- nosenullfall alle maßgebenden Knotenpunkte für die Abwicklung der Verkehrsströme in Ost-West/West-Ost und West-Süd/Süd-West Relation an ihren Leistungsfähigkeitsgrenzen sind, kann im Gegensatz zum Analysefall das Qualitätsniveau des Gesamtsystems durch das Prinzip der kommuni- zierenden Röhren nicht mehr entscheidende angehoben werden.

An den wichtigen Netzknoten der Nonnendammallee können durch Modifi- kationen in der Signalsteuerung Kapazitätssteigerungen erreicht werden, jedoch auf einem insgesamt niedrigen Niveau. An beiden Knotenpunkten führt die Durchdringung von Kfz-Verkehren in Ost-West-Richtung und in Süd-West-Richtung zu einer sehr starken Auslastung der Verkehrsinfrastruk- turen.

Durch eine Verbesserung des ÖPNV-Angebotes (vor allem Siemensbahn, Verdichtung U 7) erfolgt eine Verschiebung des Modal-Split innerhalb des Untersuchungsgebietes zu dessen Gunsten (vor allem in Richtung Süden und Südosten).

Tendenziell größere Reserven für den Kfz-Verkehr werden in nördlicher Rich- tung vorhanden sein. Trotz der Verbesserung der ÖPNV-Angebote auf U- Bahn und S-Bahn werden die Reserven für den Kfz-Verkehr in südliche Rich- tung (sowohl in den Relationen Südwest als auch Südost) begrenzt bleiben.

Aus dem Gesamtkontext der Verkehrsmengenentwicklung heraus ist es wünschenswert, über die bekannten Entwicklungen hinaus nicht-motori- sierte Verkehre insbesondere auch in Richtung des Zentrums von Spandau und des Entwicklungsquartiers der Gartenfelder Insel zu stärken.

Für die nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmer ist nicht davon auszugehen, dass sie bezüglich der Wartezeiten besser bewertet werden als in der Ana- lyse (vgl. Kapitel 3.8.4).

Durch den Radschnellweg (je nach Trassenverlauf und dafür notwendige Änderungen der Infrastruktur) sind möglicherweise Minderungen in den Leistungsfähigkeiten der Knotenpunkte für Kfz zu erwarten (zum Beispiel durch entsprechend priorisierte Signalsteuerungen oder dem teilweisen Entfall des Mittelstreifens auf der Nonnendammallee). Endgültige Aussagen dazu sind im Rahmen der verkehrlichen Einschätzung nicht möglich.

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Prognose-Nullfall

4.6 Zusammenfassung der Betrachtungen im Prognose-Nullfall

Hinsichtlich der Bedingungen für den ÖPNV sind Verbesserungen in den Anbindungen an die Innenstadt vor allem durch die Siemensbahn zu erwar- ten. Es ist zu erkennen, dass weiterführender Entwicklungsbedarf im nachgeordneten ÖPNV-Netz besteht (Busangebot) bzw. dafür Sorge getra- gen werden muss, dass die Zugangsstellen der höherwertigen ÖPNV- Systeme S- und U-Bahn gut mit dem nicht motorisierten Verkehr erreichbar sind.

Für den Radverkehr wird ein Radschnellweg die Zentren (Spandau im Wes- ten und Berlin Mitte im Osten) besser miteinander verknüpfen. Es ist daher von einer insgesamt leichten und auf den Relationen in Richtung Innenstadt merklichen Verbesserung der Bedingungen im Umweltverbund auszuge- hen.

Die Ausweisung der Leistungsfähigkeitsreserven an den Knotenpunkten zeigt insgesamt, dass die weitere Stärkung der Umweltverbünde bzw. die Entwicklung der Siemensstadt 2.0 entsprechend der Belange dieser Ver- kehrsarten im Blickpunkt stehen muss. Kfz-seitig sind auch mit zwingend umzusetzenden Maßnahmen sehr wenige Reserven für zusätzliche Ver- kehre vorhanden.

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Ausblick Prognose-Planfall

5 Ausblick Prognose-Planfall

Die Ausführungen zum Planfall stellen einen ersten Ausblick dar. Es erfolgt noch keine detaillierte Berechnung und Gegenüberstellung der Erkennt- nisse zum Prognosenullfall. Dennoch liefern die im Folgenden darlegten Tendenzen erste wichtige Erkenntnisse zu den verkehrlichen Wirkungen des Vorhabens Siemensstadt 2.0,

5.1 Entwicklungen Siemensstadt 2.0

Das insgesamt ungefähr 70 ha große Entwicklungsareal soll als grundsätz- lich öffentliches Quartier entwickelt werden (produktionsbedingt werden die Produktionsflächen auf dem Areal B, das Prüffeld auf dem Areal C und die Produktionsflächen auf dem Areal D voraussichtlich eingezäunt bleiben). Dazu sollen die bisher der Öffentlichkeit unzugänglichen Industrieflächen durch moderne Büro- und Gewerbenutzungen, Forschungseinrichtungen und Wohnflächen ergänzt und verdichtet werden. Die neuen Nutzungen er- zeugen zudem einen Bedarf an Versorgungs- und sozialen Einrichtungen (zum Beispiel Kita und Schule). Der Masterplan (Stand 07/2020) bündelt in seinen Konzepten die folgenden Nutzungen:

A Entwicklungsfläche Nord Flächenbedarf BGF [m²]

Planung Wohnen 88.400

Planung Einzelhandel 1.500

Planung Kita 1.000

B Produktionsfläche Nord Flächenbedarf BGF [m²]

Planung Büro und Gewerbe 43.000

Bestand Industrie/Produktion 61.620

C Entwicklungsfläche Zentrum Flächenbedarf BGF [m²]

Planung Wohnen 187.200

Planung Einzelhandel 11.800

Planung Kita 2.800

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Ausblick Prognose-Planfall

Planung Schule 10.600

Planung Büro und Gewerbe 248.700

Planung Forschung und Ausbildung 48.800

Planung Sonderfunktionen 10.100

Planung Beherbergungsgewerbe 52.400

Planung Conference Center 7.900

D Produktionsfläche Süd Flächenbedarf BGF [m²]

Planung Büro und Gewerbe 129.300

Planung Forschung und Ausbildung 20.700

Planung Sonderfunktionen 2.500

Bestand Industrie/Produktion 107.230

Tabelle 5.1: Entwicklungsflächen Prognose-Planfall

Die als „Bestand“ gekennzeichneten Produktionsareale existieren heute be- reits und enthalten zukünftig die aus der Teilfläche C verlagerten Produktionsbereiche. In den Modellberechnungen wird dies insofern be- rücksichtigt, als dass jeweils die Hälfte der Flächenanteile nach B und D aufaddiert werden. Damit wird die bestehende Anzahl an Beschäftigten auf diese Bereiche verlagert. In Realität ist ein Ausbau der Produktionsflächen (in BGF) hingegen nicht in diesem Maße zu erwarten, daher sind in der Ta- belle 5.1 die bestehenden BGF der Produktionen aufgeführt.

Bei den Versorgungseinrichtungen ist davon auszugehen, dass diese hauptsächlich den Bedarf im Gebiet decken. Zusätzlich werden kleinteilige Nahversorger das Gebiet bereichern, die unter Umständen auch auf umlie- gende Quartiere Strahlkraft entwickeln.

Die Entwicklung der Areale geht einher mit der Entwicklung moderner Ar- beitsplätze, Innovationen und alternativen Konzepten.

Gegenüber den angenommenen Nutzungen im Prognose-Nullfall ändern sich die Raumstrukturen und das damit verbundene Verkehrsverhalten deutlich. Der neue Nutzungsmix in den hinterlegten Strukturen lässt zeitliche

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Ausblick Prognose-Planfall

Verlagerungen, flexiblere Reaktionen und eine stärkere Nutzung von Mikro- mobilitäten erwarten.

5.2 Ausblick auf die Verkehrspotentiale

5.2.1 Allgemeines

Angesetzt wird eine Vollentwicklung der Flächen, wie oben beschrieben. Das bedeutet, es erfolgt keine Sensitivitätsbetrachtung oder eine Abschät- zung aufgrund von Teilentwicklungen. Lediglich für den Vertiefungsteil rund um das heutige Verwaltungsgebäude werden die verkehrlichen Wirkungen in einem späteren Verkehrsgutachten separat dargestellt.

Die für die Berechnung des Verkehrsmodells benötigten Strukturdaten wer- den für jedes Areal separat abgeschätzt. Die Ermittlung erfolgt dabei nach den Hinweisen zur Schätzung des Verkehrsaufkommens für Gebietstypen der FGSV. Eingangsgrößen zur Abschätzung der Strukturdaten mit diesem Vorgehen sind die geplanten Bruttogeschossflächen der einzelnen Nutzun- gen. Aus diesen werden die maßgebenden Strukturgrößen ermittelt. Im Detail wurden folgende Berechnungsansätze verwendet:

Summe der Eingangs- Maßgebender Kenn- Nutzung größen [m² BGF] wert Wohnen 275.500 50 m²/Einwohner 140 m²/Besch.; Einzelhandel 13.300 60 % Anteil Verkaufs- fläche an BGF Büro und Gewerbe 421.000 40 m²/Besch.

Sonderfunktionen 12.500 100 m²/ Besch. Beherbergungsge- 52.400 75 m²/ Besch. werbe Conference Center 7.900 190 m²/ Besch.

Industrie/Produktion 264.50015 90 m²/ Besch. 0,18 Plätze/m² BGF; Kita 3.800 0,18 Besch./Platz

15 Summe bestehender Produktionen auf den Flächen B, C und D

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Ausblick Prognose-Planfall

Summe der Eingangs- Maßgebender Kenn- Nutzung größen [m² BGF] wert 0,105 Plätze/m² BGF; Schule 10.600 0,04 Besch./Platz Forschung und Ausbil- 69.500 80 m²/Besch. dung

Tabelle 5.2: Annahmen der Verkehrserzeugung für den Prognose-Planfall – Strukturgrößen

Damit lassen sich die folgenden ausgewählte Strukturgrößen für das Sie- mensareal abschätzen:

 ca. 15.500 Beschäftigte  ca. 5.500 Einwohner  ca. 670 Kita-Plätze und ca. 1.100 Schulplätze

Zusätzlich zu den Strukturdaten für den privaten Personenverkehr sind die Wirtschaftsverkehrsfahrten sowie die Tourismusverkehre für das Gebiet be- rechnet. Dafür sind folgende Kennwerte verwendet:

 Wirtschafts-Kfz-Fahrten / Einwohner: 0,1  SV-Anteil für Wohnnutzung: 0 %  Wirtschafts-Kfz-Fahrten / Beschäftigten: 0,5  SV-Anteil für Industrie: 40 %  SV-Anteil für restliche Nutzung: 5 %  Tourismuswege / Beschäftigten: 9  Anteil ÖV von Touristen: 98 %16  Anteil MIV von Touristen: 2 %

5.2.2 Tendenzielle Entwicklung der Verkehrspotentiale

Die nachfolgend dargestellten Kennziffern verdeutlichen, dass mit den Strukturdaten des Planfalls eine Mobilitätsentwicklung möglich ist, welche die Nutzung des Umweltverbundes stärker in den Mittelpunkt stellt. Dies zeigt, dass die im Vorhaben Siemensstadt 2.0 angedachte Raumstruktur eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung stützt.

16 auf Grundlage vorhandener Tourismusverkehre des betroffenen Bezirks

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Ausblick Prognose-Planfall

Bezug Kennwert ÖV MIV Anzahl PNF 16.700 21.900 Wege Anzahl Planfall 20.800 24.000 Wege Planfall - Differenz +4.100 +2.100 PNF der Wege

Tabelle 5.3: PNF & Prognose-Planfall: Wege pro Tag mit Bezug zum Siemensareal

Zusätzlich zum privaten Personenverkehr nach Tabelle 5.3 ist zu berück- sichtigen:

 8.800 Pkw-Wirtschaftsverkehrsfahrten pro Werktag  1.200 Fahrten pro Werktag weniger als im PNF  1.000 Lkw-Fahrten pro Werktag  2.900 Fahrten pro Werktag weniger als im PNF  100 MIV-Tourismuswege pro Werktag  6.200 ÖV-Tourismuswege pro Werktag

In Summe ergibt sich damit gegenüber dem Prognose-Nullfall eine margi- nale Entlastung im Kfz-Verkehr, die Befunde zu den Qualitätskennwerten der Leistungsfähigkeit werden weitestgehend ähnlich zu den Ausführungen im Prognosenullfall sein.

5.3 Ausblick auf verkehrliche Wirkungen

Insgesamt sinkt die Kfz-Belastung im Untersuchungsgebiet gegenüber dem Prognose-Nullfall leicht ab. Daraus werden jedoch kaum Freiheiten in der Organisation an den Knotenpunkten des Hauptverkehrsstraßennetzes resultieren.

Daher sollte die weitere Stärkung des Umweltverbundes im Vordergrund weiterer Überlegungen zur zukünftigen Erschließung des Areals und umlie- gender Quartiere im Vordergrund stehen.

Der ÖV erfährt gegenüber dem Prognose-Nullfall eine erhöhte Nachfrage, ohne jedoch an Auslastungsgrenzen zu stoßen. Die offensichtlich vorhan- denen Potentiale sollten weiter ausgebaut werden.

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Ausblick Prognose-Planfall

Vor dem Hintergrund der Stärkung des Umweltverbundes ist vor allem die Vernetzung der beteiligten Verkehrssysteme anzuraten. Weiterhin ist die An- bindung an den geplanten Radschnellweg mitzudenken.

Da das gesamte Quartier offen und durchlässig sein soll, ist auch dafür sor- gen, dass die Vernetzung mit umliegenden Quartieren an strategischen Stellen gesichert ist.

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Zusammenfassung

6 Zusammenfassung

Ziel der Untersuchung ist es, im Rahmen der frühzeitigen öffentlichen Betei- ligung für die verkehrlichen Rahmenbedingungen des Vorhabens Siemensstadt 2.0 (Analyse wie Prognose-Nullfall) zu sensibilisieren. Die dar- gestellten Inhalte von Analyse und Prognose-Nullfall stellen die weiteren Untersuchungsinhalte auf ein gefestigtes Fundament.

Die vorliegende Untersuchung weist nur sehr geringe Reserven in den Leis- tungsfähigkeiten im Kfz-Verkehr im umliegenden Straßennetz auf, teilweise nur unter Zuhilfenahme angenommener Maßnahmen zur Beseitigung von Kapazitätsengpässen. Daher wird der Ansatz der Siemensstadt 2.0 (auto- arme Entwicklung) als richtig und zweckmäßig angesehen und soll weiterverfolgt werden.

Mit der Entwicklung der Siemensstadt 2.0 besteht die Chance, mit zeitge- mäßen Mobilitätsangeboten einerseits einen attraktiven Gewerbe- und Wohnstandort zu entwickeln und andererseits Mobilität in einer Form befrie- digen zu lassen, die sowohl den Anforderungen der umgebenden Raum- und Infrastruktur gerecht werden kann und andererseits als nutzerfreundlich und nachhaltig empfunden wird.

Die detaillierte Herausarbeitung von verkehrlichen Wirkungen des Vorha- bens Siemensstadt 2.0 erfolgt im weiteren Projektverlauf.

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