Wiederaufbaukonzept Altes Frankfurter Schauspielhaus

Konzept für die Freilegung, Sanierung und Ergänzung des Seeling-Baus

Erarbeitet von der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt

Stand Februar 2020

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„Ein edler Ort zieht edle Menschen an und weiß sie festzuhalten.“

Johann-Wolfgang von Goethe

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Wiederaufbaukonzept Altes Frankfurter Schauspielhaus

Konzept für die Freilegung, Sanierung und Ergänzung des historischen

Seeling-Baus von 1902 am Willy-Brandt-Platz in Frankfurt am Main.

Erarbeitet von der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt

Urheber und Rechteinhaber dieses Konzepts ist die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt. Die Urheber erteilen Vertretern der Stadt Frankfurt, den kommunalen Behörden, den kommunalen Fraktionen und Parteien, sowie den Medien ausdrücklich die Genehmigung, daraus zu zitieren, bzw. das Konzept derart umzusetzen. Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen gemacht, allerdings ohne Gewähr.

Quellen: FPF Architekten, Hamburg Braun Schlockermann Dreesen Stuhlemmer Architekten Architekt Matthias Feuer Wiener Burgtheater Staedel-Museum Stadt Frankfurt Institut für Stadtgeschichte Google-Earth Computervisualisierungen: André Gansel, mit freundlicher Genehmigung von Pro Altstadt Frankfurt e.V.

Impressum: Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt Vorsitzender: Tobias Rüger, Münchener Straße 11, 60329 Frankfurt Mail: [email protected] www.frankfurterschauspielhaus.de

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1. Die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt

Die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt präsentierte sich erstmals am 23. Mai 2018 im Frankfurter Presseclub als Verein. Ihr Vorsitzender ist der Frankfurter Musik- künstler Tobias Rüger. Ziel des Vereins ist es, das alte Frankfurter Schauspielhaus am Willy-Brandt-Platz wieder freizulegen und die Nachkriegszerstörungen an dem Gebäude durch Anbauten wieder rückgängig zu machen. Die Idee zum Wiederaufbau geht auf eine Initiative aus dem Juli 2016 des Frankfurter Marketingfachmanns und Gründer des Altstadt-Forums Jürgen E. Aha zurück. Vorbild des Vereinskonzepts ist die fast namens- gleiche, 1964 gegründete „Aktionsgemeinschaft Opernhaus“, welche seinerzeit gegen Abrissbestrebungen der Kommunalpolitik und für den Erhalt und Instandsetzung der Alten Oper kämpfte. Ziel der neu gegründeten Aktionsgemeinschaft ist die Wieder- herstellung des Schauspielhausgebäudes und seine spätere Nutzung wieder als Sprech- theater mit größerem Zuschauerraum und überregionaler Strahlkraft.

Knapp 100 Bürger sind dem Verein bereits beigetreten, darunter viele namhafte Frank- furter. Die Aktionsgemeinschaft verfügt außerdem über einen 16-Köpfigen Fachbeirat. Der Verein lädt zu Abendveranstaltungen und zu monatlichen Round Tables ein, betreibt einen eigenen YouTube-Kanal (Schauspielhaus-TV), unterhält Informationsstände und gibt das „Schauspielhaus-Journal“ heraus.

Fotoimpression aus dem Frankfurter Presseclub des damaligen Vorstands www.frankfurterschauspielhaus.de

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Der Fachbeirat der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt 2019/20

In alphabetischer Reihenfolge / Stand Februar 2020:

Annette Ahme Historikerin, Berlin/Frankfurt

Thomas Albrecht Architekt (Master of Architecture) Hilmer Sattler Architekten, Berlin

Assessor jur. Christian Annies Immobilienökonom Conwoii Invest GmbH, Frankfurt

Assessor jur. Lukas Augustin Projektentwickler, Mainz Ehemaliger Geschäftsführer der Mainzer Aufbaugesellschaft

Wilhelm Derix Glaskunst-Berater und Senior-Chef Derix Glasstudios GmbH, Taunusstein

Dipl.- Kfm. Peter Dischliev Bauunternehmer Peimex Consulting Dischliev Bau, Frankfurt

Rechtsanwalt Alfred Gangel Leitender Magistratsdirektor a.D. Stadt Frankfurt am Main

Ingrid El Sigai Künstlerische Leiterin Die Kleine Oper Bad Homburg

Dipl.- Ing. Sassan Philipp Haschemi Architekturgestalter und Inhaber des CI Beratungsunternehmens Sassan Haschemi & Associates, Frankfurt

(Fortsetzung nächste Seite)

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Marc Jordi Architekt und Bildender Künstler Jordi & Keller Architekten, Berlin

Jürgen Lenz Sachverständiger und Gutachter zur Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke (BSG). AIM Agentur für Immobilienmanagement, Frankfurt

Dipl.- Ing. Rüdiger Patzschke Architekt Patzschke & Partner Architekten, Berlin

DIpl.- Ing. York Stuhlemmer Architekt Stuhlemmer Architekten, Berlin

Dipl.- Ing. Heidrun Weitz Architektin AKH COO Frankfurter Grundbesitz GmbH, Ffm

Christian Wolf Immobilienprojektentwickler Geschäftsführer Franconofurt AG, Frankfurt

v.l.n.r: Peter Dischliev, Lukas Augustin und Thomas Mann MdEP a.D.

Ingrid El Sigai, die Kleine Oper Bad Homburg

Adlon-Architekt Rüdiger Patzschke

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Inhaltsangabe:

1. Status Quo Theaterdoppelanlage S. 7 2. Technischer Zustand heute S. 7 3. Wegfall der Interimsspielstätte bedeutet hohe Einsparungen S. 9 4. Der große Irrtum einer Theaterdoppelanlage: Jetzt die Bühnen trennen S.10 5. Der erste Schritt: Opernhaus verlegen S.11 6. Kostenberechnung neues Opernhaus S.17 7. Verbleib der „Goldwolken“ und des Chagall-Gemäldes S.18 8. Städtebauliche Komponente: Die Bockenheimer wird zur „Opern-Allee“ S.19

9. Das alte Frankfurter Schauspielhaus und seine Bedeutung für Frankfurt S.20 10. Wiederherstellung des Schauspielhauses am Willy-Brandt-Platz S.21 11. Besonderheiten des Seeling-Baus S.32 12. Der Seeling-Bau: „Nur“ Historismus? Eine Einordnung S.32 13. Die große Jüdische Tradition des Schauspielhauses S.36

14. Die städtebauliche Bedeutung des Seeling-Baus S.42 15. Die Städtebauliche Funktion am Mikrostandort S.43 16. Der Seeling-Bau in der Ökobilanz: Besonders klimafreundlich S.44 17. Qualitätssteigerung für die Mitarbeiter der städtischen Bühnen S.47

18. Das Kammerspiel S.48 19. Themenkomplex moderne Theatertechnik in historischen Gebäuden S.49 20. Kostet ein historisches Schauspielhaus mehr als ein modernes? S.50 21. Seeling-Bau Fassadenberechnung nach Stuhlemmer S.51 22. Kostenberechnung Seeling-Bau + Anbauten S.52 23. Weitere Erlöse: Veräußerung des östlichen Gebäudeflügels S.53 24. Weitere Einnahmen: Der Frankfurter Schauspielhaus-Fonds S.53 25. Weitere Kostenerleichterungen durch Zuschüsse der öffentlichen Hand S.55 26. Zusammenfassung der Gesamtkalkulation S.58

27. „Die große Rochade“: Zeitstrahl und Bauabfolge S.59 28. Die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt S.62

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Executive Summary

Die 10 meistgestellten Fragen rund um den Wiederaufbau des alten Schauspielhauses:

1. Passt heutige Bühnentechnik überhaupt in ein historisches Schauspielhaus-Gebäude?

Eindeutig ja. Es gibt weltweit viele Beispiele historischer Theater, bei denen das auch funktioniert: Siehe das Burg-Theater in Wien oder das Teatro Real in Madrid.

2. Soll das Schauspiel alleine am Willy-Brandt-Platz verbleiben, so wie früher?

Ja, denn Oper und Schauspiel brauchen nach heutiger Anforderung für Nebenflächen und Büroflächen mehr Platz. Beides zusammen geht nicht mehr am Willy-Brandt-Platz.

3. Und was wird aus der Oper?

Schon heute steht fest: Oper und Schauspiel brauchen mehr Raum. Also muss die Oper umziehen. Dafür setzt sich bereits eine „Bürgerstiftung Neue “ ein (siehe www.stiftung-neue-oper-frankfurt.de). Ein neuer Standort auf der Fläche der heutigen Frankfurter Sparkasse ist wahrscheinlich und aus unserer Sicht auch sinnvoll.

4. Könnte man zusätzlich noch ein Hochhaus auf dem Schauspielhaus-Areal bauen?

Das ist grundsätzlich im südlichen Quartiersbereich möglich. Ein zusätzliches, kommerziell verwertbares Gebäude wäre sinnvoll, beispielsweise ein Hotel oder hochwertiges Wohnen.

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5. Aber ist der Wiederaufbau des alten Schauspielhauses nicht zu teuer?

Nein, es kann sogar günstiger werden als ein Neubau. Das Kerngebäude steht ja noch und muss nur freigelegt werden. Die übrigen Anbauten konnten im Voraus bereits kalkuliert werden. Resultat: Ein m² Elbphilharmonie-Fassade kostete 4.500 €. Ein m² Sandstein-Fassade nur 2.700 €.

6. Was soll denn das Alte Schauspielhaus kosten?

Nach den aufwändigen Berechnungen, die ein renommiertes Frankfurter Architekturbüro für die Aktionsgemeinschaft erstellt hat, inkl. Risikozuschlägen ca. 420 Mio. €.

7. Zu den 420 Mio. € kämen ja noch das neue Opernhaus. Zusammen wären das ca. 800 Mio.€?

Nein. 1.: Man muss von den 420 Mio. € ca. 50 Mio. € abziehen, die die Vermarktung des östlichen Flügels als Hotel einbrächten. Und für den prachtvollen Seeling-Bau ließen sich leichter Bundes- und Landesmittel einwerben. 2.: Und die Bürgerstiftung will die Oper unabhängig finanzieren.

8. Sollten wir aber als moderne Großstadt nicht besser ein modernes Schauspielhaus bauen?

Nein, denn das historische Theater steht ja mit seinem Kerngebäude noch da. Das muss unbedingt erhalten bleiben. Und der Erfolg der neuen Altstadt zeigt: Die Menschen lieben historische Bauten.

9. Passt der Seeling-Bau von 1902 überhaupt noch zu unseren modernen Öko- Erfordernissen?

Ja, und zwar hervorragend: Neue Studien zeigen, dass Beton-Glas-Gebäude sehr klima- schädlich sind und viel Energie benötigen. Der Primärenergiebedarf von Sandstein nicht.

10. Setzen wir mit einem Theaterbau von 1902 zwischen der Skyline das richtige Zeichen?

Frankfurt hat im Krieg fast alle seine schönen Theater verloren. Besucher suchen das europäische Flair. Und gerade bei jungen Menschen steht traditionelle Architektur wieder sehr hoch im Kurs.

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2. Status Quo Theaterdoppelanlage

Der Neubau der maroden Frankfurter Theaterdoppelanlage von 1963, bestehend aus Oper, Schauspiel und Kammerspiel, würde dem Gutachten des Hamburger Büros PFP zufolge

ca. 868 Mio. Euro kosten. Eine Sanierung käme nicht viel günstiger und läge dem Gutachten zufolge bei ca. 840 Mio. Euro. Als Konsequenz stellte Kulturdezernentin Ina Hartwig im September 2017 einen städtischen Expertenausschuss zusammen, um mögliche Einsparungen zu prüfen.

Technischer Zustand heute

Die heutige Theaterdoppelanlage verfügt über 11.200 m² Fläche. 15 Klimaanlagen laufen nur noch mit einer Leistung von 60%. Die 40 Kälteanlagen bringen noch 40 % Leistung. Wenn sie komplett ausfallen, muss nach der Versammlungsstättenverordnung der Spiel- betrieb eingestellt werden. Es hat schon zahlreiche Wasserrohrbrüche gegeben, weil die ältesten Leitungen noch aus der Zeit des 1944 bei Bombenangriffen beschädigten Seeling-Bau stammen und 120 Jahre alt sind.

Ein Neubau beider Spielhäuser am Willy-Brandt-Platz, verbunden mit dem Wunsch der Intendanzen, 10.000 m² mehr Büro- und Nutzfläche zu erhalten, jedoch unter Vermei- dung eines Hochhauses, ist die Quadratur des Kreises und schlichtweg unmöglich.

Zudem hat sich immer wieder gezeigt, dass die Konzentration technisch hochkomplexer Gebäude auf kompaktem Raum die Wahrscheinlichkeit technisch oder feuerpolizeilich bedingter Folgekomplikationen dramatisch erhöht. Und zwar nicht linear, sondern expo- nentiell! Beispiele sind das seinerzeit erst viel später eröffnete Frankfurter Metropolis- Kino, die Elbphilharmonie oder andere komplexe Bauwerke. Auch ein Denkmalschutz des Glasfoyers von 1963, wie vom Landesdenkmalchef Heinz Wionski initiiert, ist unmöglich, da dann auch das Foyer komplett rekonstruiert werden müsste.

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Warnendes Beispiel Kölner Oper

Der Blick nach Köln sollte uns allen zur Mahnung gereichen. Dort bildet die aktuelle Sanierung des Kölner Opernhauses ein wahrhaft abschreckendes Beispiel. Die Sanie- rungskosten der Oper wurden 2012 zunächst auf 253 Mio. Euro geschätzt und sind mittlerweile auf 630 Mio. Euro gestiegen. Inklusive Kreditzinsen soll das Projekt am Ende nach neuesten Berechnungen (Stand Januar 2020) sage und schreibe 841 Mio. Euro kosten. Jedoch: Damit ist die Kostenobergrenze noch nicht erreicht. Rechnet man weitere Kostensteigerungen, sowie die zuzurechnenden Kosten für die Ersatzspielstätten hinzu, wird man bis 2023 auf annähernd eine Milliarde Euro kommen! Klaus Schäfer, kultur- politischer Sprecher der Kölner SPD-Fraktion hierzu: „Wir nähern uns langsam Ausmaßen wie bei der Elbphilharmonie, ohne dass wir dafür ein neues Gebäude haben.“

Lehren ziehen aus dem Negativbeispiel Kölner Oper: Die Sanierungskosten stiegen von ursprünglich 130 Mio. Euro auf bislang 630 Mio. Euro und könnten die 1 Mrd.-Grenze erreichen, ohne dafür ein neues Gebäude zu erhalten. Das Risiko in Frankfurt ist eher noch größer zu veranschlagen.

Fazit

Vor diesem technisch wie finanziell unkalkulierbarem Wagnis einer Sanierung ist auch in Frankfurt am Main daher dringend abzuraten! Daher begrüßen wir die Entscheidung der Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig vom 22.01.2020, die maroden Teile der Theater- doppelanlage niederzulegen, die Bühnen wieder auseinanderzulegen und ein Spielhaus, nämlich das Schauspiel, am Willy-Brandt-Platz zu belassen.

Insbesondere stützen wir uns auf die Analyse des ehemaligen Frankfurter Baustadtrats und Planungsdezernenten und anerkannten Immobilienfachmanns Dr. Martin Wentz, der ebenfalls vorschlug, beide Spielhäuser besser zu trennen und die Oper in neuer Form an einen anderen Ort zu verlegen. Herr Dr. Wentz hat zwischenzeitlich mit seiner Bürger- stiftung Neue Oper Frankfurt (www.stiftung-neue-oper-frankfurt.de) eine umfassende

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Planung zum Neubau einer Oper vorgelegt, die sehr schlüssig ist und zum Gesamtkon- zept der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus wie ein Puzzlestück passt.

3. Interimsspielstätten unbedingt vermeiden

Noch immer erhoffen sich einige, wie beispielsweise die Grünen, dass Oper und Schau- spiel am Willy-Brandt-Platz beisammenbleiben sollten. Dies würde jedoch bedeuten, dass dann jeweils die Oper oder später das Schauspiel über einen Zeitraum von mehreren Jahren in provisorische Spielstätten wie beispielsweise in eine Messe- oder Lagerhalle am Stadtrand umziehen müsste.

Zudem sind die vielgerühmten „Synergieeffekte“ nicht so hoch, wie das immer beschwor- en wurde. In einem Gespräch mit Schauspielhaus-Intendanten Anselm Weber 2018 hat sich dieser Vertretern der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus gegenüber dahingehend geäußert, dass die besagten Synergieeffekte viel geringer seien, als das immer behauptet wird und dass sich dieses Mantra der angeblichen Synergieeffekte in Frankfurt als alter

Zopf herausgestellt hat. Eine Trennung der Häuser würde von ihm aus in Ordnung gehen.

Interimsspielstätten haben zudem drei entscheidende Nachteile:

a. Nachteile für Künstler und die Belegschaft: Auslagerungen von Bühnen und Büros sind mit erheblichen Beeinträchtigungen des Spielbetriebs und mit Unannehmlichkeiten für die Mitarbeiter der Bühnen verbun- den. Fachleute haben davor gewarnt, dass dadurch auch internationale Spitzen- besetzungen aus Oper und Schauspiel abwandern könnten, und zwar dauerhaft.

b. Nachteile für den Ticketverkauf: Ebenfalls abwandern würden in solch einem Falle die Besucher des Schauspiels und der Oper. Die Anzahl der verkauften Abos könnte spürbar sinken und Theater- experten warnten unlängst bei einer der Abendveranstaltungen zum Thema Bühnensanierung davor, dass durch solch einen einschneidenden Eingriff der Besucherstrom gerade beim Theater abreißen könnte, und zwar mit Blick auf die neue, heranwachsende Generation, für immer.

c. Kosten: Vor allem sprächen jedoch die zusätzlich entstehenden Kosten gegen provisorische Spielstätten. Der Wegfall der angedachten Interimsspielstätten und eine Entscheidung für eine dauerhafte Lösung bedeutete laut Gutachten des Büros PFP und nach Aussagen von Stadtrat a.D. Dr. Martin Wentz ein Einsparpotential von knapp 80 Mio. Euro. Diese Zahl wurde jüngst auch durch das neuerliche Gutachten der Stabstelle Städtische Bühnen Frankfurt untermauert.

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Als Lösung haben wir daher das Konzept Die Großen Rochade entwickelt, welches wir am Ende dieses Konzepts näher erläutern werden. Dieses deckt sich übrigens fast haargenau mit der Konzeption der Bürgerstiftung Neue Oper. Fazit: Durch den Wegfall des Interims ergäben sich nach unserer Kalkulation ein

Einsparpotential von ca. 78.000.000 Euro.

4. Der große Irrtum einer „Theaterdoppelanlage“ - Jetzt die Bühnen trennen!

Die Planung einer gemeinsamen „Theaterdoppelanlage“ aus dem Jahr 1963 war gut gemeint, jedoch nicht zu Ende gedacht. Denn gerade die vielbeachtete Theaterbauten- Ausstellung 2019 im Deutschen Architekturmuseum DAM hat gezeigt, dass kaum eine andere Kulturmetropole ihre Oper und ihr Schauspiel zusammengelegt haben. Die Gründe sind vielfältig, liegen aber auch darin, dass beide Spielhäuser eben höchst unterschiedli- che Zielgruppen ansprechen.

Das Konzept rächt sich nun nach vielen Jahren bei der nächsten, nämlich unserer Genera- tion. Der gravierendste Denkfehler bei solch einer Konzeption ist nämlich der, dass bei turnusmäßig anstehenden Renovierungen die Sanierungskosten immer gleich doppelt anfallen. Bei zwei getrennten Spielstätten kann die Kommune beispielsweise das eine Haus im einen Jahrzehnt und das andere im anderen Jahrzehnt sanieren und somit den Mittelzufluss strecken. Bei einer Doppelanlage ist dies schwer möglich. Von daher lehnen wir eine erneute Theaterdoppelanlage am Osthafen, wie vom kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Dr. Thomas Dürbeck, vorgeschlagen, ab.

Denn: Das Problem bliebe, bzw. die Generation nach uns würde in ca. 40 Jahren erneut vor der gleichen Problematik stehen. In Zeiten, in denen man weg geht von großen Technikdimensionen und sich kleinteiligeren Strukturen hinwendet, wäre eine solch kurzsichtige und wenig nachhaltige Planung nicht mehr zeitgemäß.

Klare Konsequenz: Oper und Schauspiel trennen.

„Vererbt uns bloß nicht dieses Problem!“ (Doppelanlage bedeutet: Alle 40 Jahre doppelte Sanierungskosten = Fehlplanung!) 13

5. Der erste Schritt: Der Neubau eines Opernhauses

Es führt kein Weg daran vorbei: Frankfurt benötigt ein neues Opernhaus. Jedoch nicht am Willy-Brandt-Platz, sondern an einer anderen Stelle, an der ausreichend Platz vorhanden ist. Die Oper sollte an einem passenden Ort, vorzugsweise auf dem Grundstück des Bockenheimer Kultur-Campus, oder aber am Osthafen neu errichtet werde. Gerne in einer spektakulären, modernen Architektur, die für überregionale Strahlkraft sorgen kann. Dies wäre der erste notwendige Schritt im Rahmen unseres Konzepts „Die große Rochade“.

Beispielhafte Darstellung

Die Bürgerstiftung Neue Oper hat bereits ein umfassendes Konzept erarbeitet, jedoch wird es am Ende in jedem Falle zu einem Architektenwettbewerb kommen. Insofern sind die hier aufgeführten Darstellungen nur vorläufig:

Grafik: Wentz&Co

Grafik: Wentz&Co

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Als mögliche Standorte sind derzeit mindestens fünf Örtlichkeiten im Gespräch:

a. Der Bockenheimer Kultur-Campus:

Ursprünglich war dort geplant, die Musikhochschule zu errichten und weitere kulturelle Einrichtungen zu etablieren. Doch die Projektierung rund um das Gelände des ehemaligen Universitätsareals ist ins Stocken geraten. Noch immer sind Zuständigkeiten und Nutzung des Areals nicht geklärt. Es wäre daher gut möglich, an diesem Ort das neue Operngebäude zu errichten. Nach unseren Berechnungen wäre dort ausreichend Platz und die Zufahrtsmöglichkeiten und Erschließungsstraßen wären hervorragend geeignet.

Grafik: KulturCampus Bockenheim Möglicher Standort für den Neubau

eines Opernhauses

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Städtebauliche Komponente: Bockenheimer Landstraße wird zur „Opern-Allee“

Die Positionierung einer neuen Oper auf dem Bockenheimer Kulturcampus brächte die Chance für eine besonders reizvolle, städtebauliche Lösung mit sich: Am östlichen Ende der Bockenheimer Landstraße befände sich die Alte Oper und am westlichen Ende die „Neue Oper“. Aus der Bockenheimer Landstraße entstünde eine „Opern-Allee“. Entlang der Allee könnten Skulpturen und Kunstobjekte zum Thema Oper und Opernstücke entste- hen. Informationstafeln und Bodenplatten machen aus der Bockenheimer eine Flanier- meile zum Erleben und Lernen und einen „Walk of Fame“ rund um das Thema Oper.

Insgesamt würden alle drei Spielhäuser, also Oper, Alte Oper und Schauspielhaus zusammen ein unverwechselbares „Kultur-Dreieck“ mit überregionaler Strahlkraft für Frankfurt bilden, die sich alle fußläufig erreichen ließen.

Gestaltungsbeispiel für die Bockenheimer Landstraße als neue „Opern-Allee“ (Zusatzbezeichnung). Bildquelle: Google

Neue Oper

„Opern-Allee“

Alte Oper

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b. Areal gegenüber Konzerthaus Alte Oper mit Teilen der Wallanlage

Derzeit wird ein Standort in der Nähe der Alten Oper diskutiert. Dabei soll das ehemalige Mövenpick-Gebäude als Ausganspunkt erworben werden und weitere Bereiche der Wallanlage zur Errichtung einer modernen Oper hinzugenommen werden. Insbesondere Teile der SPD-Fraktion und die Grünen bevorzugen wohl diesen Standort. Nach unseren ersten Vermessungen ist jedoch Herrn Michael Guntersdorf, Leiter der Stabsstelle Bühnen beizupflichten, welcher diesen Standort für eine Oper als ungeeignet, weil für zu klein hält. Problematisch wäre auch die Verstellung der Blickbeziehung aus der Alten Oper Richtung Wallanlage, sowie die Unterbrechung der historischen Wegebeziehungen innerhalb der Wallanlage.

Zudem wäre es den Menschen kaum zu erklären, in Zeiten der Klimawechsels und der Erwärmung unserer Städte, ein Stück wertvoller Wallanlage zu versiegeln.

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c. Standort am Osthafen:

Mitarbeiter der Stadt Frankfurt, Studenten und verschiedene Architekturbüros haben immer wieder auch eine „Hafen-Oper“ ins Gespräch gebracht.

Frankfurter Stadtverordnete besuchten im Sommer 2018 die Städte Kopenhagen und Oslo und waren von der Wirkung einer Spielstätte direkt am Wasser sehr angetan. Die Osloer Oper und die Opera Kopenhagen gelten in der Tat als gelungene Beispiele.

Opera Kopenhagen

Oper Oslo Foto: City of Oslo

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Eine solche Idee ist ausdrücklich zu begrüßen, denn sie weitet den Blick und gibt einen wichtigen Impuls zur Stadtentwicklung unserer rasant wachsenden „Main“- Metropole.

Der Vorstoß des kulturpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion im Römer Dr. Thomas Dürbeck, die Oper neben die EZB und den Hafenpark zu verlegen, dort wo derzeit noch die Raab Karcher-Hallen sind, ist daher ein mutiger Vorschlag und könnte zu einer sehr attraktiven Lösung führen. Jedoch die Verlegung von Oper UND Schauspiel, bei gleichzeitiger Errichtung einer neuen Theaterdoppelanlage am Osthafen, ist ein Irrweg aus den 60er Jahren. Dies lehnen wir entschieden ab, wie auch weite Teile der Bevölkerung und der CDU-Mitglieder selber die Idee ablehnen.

Bildquelle: Google

Beispiel aus der Architekturklasse der FH Darmstadt

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d) Lösung der „kleinen Rochade am Osthafen“

Ein Hindernis bei der Lösung Osthafen ist immer noch das bestehende langfristige Mietsverhältnis zwischen der Stadt Frankfurt und dem Unternehmen Raab Karcher, welches dort immer noch Hallen stehen hat und betreibt. Da jedoch mit dem Bau der Oper bald beginnen sollte, könnte ein kreativer Ausweg für Abhilfe schaffen:

Eine kleine Standortverschiebung auf das südliche Gelände des Osthafen-Parks könnte die Lösung sein. Diese „kleine Rochade“ hätte zudem den Vorteil, dass die neue Oper noch näher an die EZB rücken würde und damit eine visuelle Verbindung entstünde. Dies wiederum könnte vielleicht zu einer weiteren Annäherung des Opern-Konzepts an die EZB und damit zu einer „European-Opera“ mit entsprechender Förderung führen. Die alternative Lage am Main würde zudem eine entspanntere Blickbeziehung über den Main ermöglichen und zudem eine im Sommer betriebene Freilichtbühne auf dem Main, ähnlich der Bregenzer Seebühne, ermöglichen

Zug um Zug muss dann freilich mit einiger zeitlicher Verzögerung das Grundstück von Raab Karcher entmietet werden und der Osthafen-Park dort neu entstehen. Die gerade erst investierten Mittel für die Herrichtung des südlichen Osthafen-Parks sind in der Gesamtbetrachtung zu vernachlässigen.

Ausgleichsfläche

Neue Oper

Main-Bühne

Foto: Google Earth

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e) Grundstück der Deutschen Rentenversicherung am Schaumainkai:

Aktuell ist zu vernehmen, dass die Deutsche Rentenversicherung eventuell erwägt, ihren Sitz am Schaumainkai aufzugeben. Damit würde eines der wenigen noch nicht kulturell genutzten Grundstücke am Museumsufer frei werden.

Eine moderne Oper zwischen den Museen, die sich dann im Main spiegeln würde, wäre eine weitere reizvolle Lösung und eine Bereicherung für das Museumsufer als Kunst- und Kulturmeile.

Bildquelle: Google

f) Das Areal der Hauptverwaltung der Frankfurter Sparkasse:

Das südliche Areal der Frankfurter Sparkasse an der Neuen Mainzer Straße würde sich gleich aus mehreren Gründen anbieten. Zum einen ist dort ohnehin eine Neu- projektierung geplant. Ein Hochhaus mit einer Gesamthöhe von ca. 200m könnte dort ebenso noch Platz finden, wie auch weitere Bürogebäude als Arrondierung.

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Mit den Vorständen von Fraspa und Helaba sollten daher sofort Verhandlungen beginnen. Zudem ist die Hauptverwaltung der Frankfurter Sparkasse ohnehin in die Jahre gekommen und auch der überdimensionierte Schalterraum erfüllt längst seine Zwecke nicht mehr. Außerdem liegt das Kundenzentrum im südlichen Bereich des Areals für die Kunden der Frankfurter Sparkasse hier in keiner günstigen Lauflage. Ein Standortwechsel wäre auch für das Kreditinstitut sinnvoll. An dieser Stelle würde sich ein modernes Operngebäude sehr gut machen und könnte seitens der Taunusanlage mit einer markanten Silhouette zwischen den dominanten Hoch- häusern hervorstechen. Eine sehr spannende Blickbeziehung entstünde! Freiluft- Cafés könnten sich bis in die Wallanlage ziehen und die nahegelegene U-Bahn und der S-Bahn-Knotenpunkt Taunusanlage sind leicht zu Fuß erreichbar. Bildquelle: Google

S- Bahnstation Taunusanlage + U- Bahnstation fußläufig

Öffnung und Belebung der

Taunusanlage durch Operncafé-

Außenbestuhlungen

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6. Kostenberechnung neues Opernhaus

Was würde der Neubau einer Oper kosten? Die Baukosten eines neuen Operngebäudes wurden 2018 durch das renommierte Büro Braun Schlockermann Dreesen errechnet. Die Zahlen wurden aus dem existierenden Gutachten des bereits erwähnten Hamburger Büros PFP herausgezogen und separiert und betragen demnach

370.455.000 Euro.

Wir weisen darauf hin, dass diese Kosten bereits die zu erwartenden Preissteigerungen, sowie Risikozuschläge inkludieren (Zusammenfassung der Kosten separat anbei). Nicht berechnet sind Mehrkosten, die entstehen würden, wenn eine besonders kostenintensive Fassade entstünde. Hierbei ist frühzeitig auch auf die Auswahl eines kostenbewussten Architekturbüros zu achten. Architekten wie Jean Nouvelle oder das Büro Zaha Hadid sprengen oft jegliche Konventionen, auch und gerade in finanzieller Hinsicht!

Angang Dezember 2018 präsentierte die bereits erwähnte Bürgerstiftung Neue Oper Frankfurt ein eigenes Konzept aus der Feder von Dr. Martin Wentz. Demnach würde eine Neue Oper nur

240.000.000 Euro kosten, dies jedoch netto. Das Grundstück würde von der Stadt gratis gestellt werden. Wir können diese Zahl nicht prüfen und sie erscheint uns etwas niedrig. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus, darüber zu urteilen, weshalb wir auch diese Zahl ungeprüft nur in den Raum gestellt sehen wollen. Wir begrüßen jedoch, dass die Stiftung das Operngebäude fertig an die Stadt Frankfurt vermieten möchte. Am Ende der Tilgungszeit fallen Grundstück und Gebäude an die Stadt heim. So könnte die Stadt erhebliche Investitionskosten einsparen.

Foto: Wentz&Co

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7. Verbleib der „Goldwolken“ und des Chagall-Gemäldes

Während die kühle Architektur der Theaterdoppelanlage beim Großteil der Bürger wenig Sympathie erfährt, so erfreuen sich doch zwei Kunstwerke noch immer großer Beliebtheit: Die Plastik „Goldwolken“ des ungarischen Künstlers Zoltan Kemeny und das 1959 ent- standene Gemälde „Commedia dell Árte“ von Marc Chagall.

Diese Pretiosen sollten erhalten und in die neue Oper integriert werden. Eine ent- sprechende Aufgabenstellung sollte in die Ausschreibungsunterlagen des durchzu- führenden Architekturwettbewerbes für die neue Oper aufgenommen werden.

Foto: City of Oslo

Foto: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt

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8. Das alte Frankfurter Schauspielhaus und seine Bedeutung für Frankfurt

Als Konsequenz zur rasant wachsenden Bevölkerung Ende des 19. Jahrhunderts, gönnte sich Frankfurt ein neues Schauspielhaus, welches 1902 am südlichen Ende der Wall- anlage, westlich der Altstadt eröffnet wurde. Architekt war der Berliner Heinrich Seeling, einer der renommiertesten Architekten seiner Zeit. Er erbaute auch weitere Opern und Theater, die teilweise heute noch stehen und sich großer Beliebtheit erfreuen.

Der Seeling-Bau entstand im Stil der ausklingenden Neorenaissance und trug bereits markante Jugendstil-Elemente. Gleichwohl trug die Architektur des neuen Frankfurter Kulturtempels keinerlei Insignien des Kaiserreichs oder Preußens. Ganz im Gegenteil: Es befanden sich ausschließlich Frankfurter Wappen und Symbole auf der Fassade, sowie zahlreiche Reliefs, die klassischen europäischen Figuren der Dichtung und des Theaters wie z.B. Molière, Shakespeare, Calderón, etc. huldigten.

Foto: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt

Die Frankfurter waren stolz auf ihr Schauspielhaus. Noch heute findet man tausende von Postkarten mit dem Schauspielhaus-Motiv, welches gleichberechtigt neben Römer und Alter Oper zu sehen war.

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Prominente Gebäude, die von prominenten Architekten errichtet wurden, werden später oft nach ihrem Schöpfer benannt. So auch beim „Poeltzig-Bau“, beim „Schürmann-Bau“, oder bei der Berliner „Gropius-Stadt“. Daher nennt man das alte Frankfurter Schauspiel- haus auch gerne nach seinem Baumeister Heinrich Seeling.

Er war zunächst Assistenz von Wilhelm Böckmann, welcher das japanische Justizministe- rium, aber auch die Danziger Synagoge baute. Seeling wurde einer der renommiertesten Architekten seiner Zeit und entwarf zahlreiche Theaterbauten, wie z.B. das Nürnberger Opernhaus, das Hoftheater Gera, oder das Theater am Schiffbauerdamm in Berlin. Alle Gebäude existieren heute noch und werden noch immer sehr geschätzt. 1896 wurde Seeling sogar Mitglied der Preußischen Akademie der Künste.

Sein Entwurf des Frankfurter Schauspiel- hauses wurde zunächst kritisiert, weil der gesamte Komplex im Gegensatz zur Oper eher funktional wie eine Fabrik aufgebaut war: Asymmetrisch angelegt mit Torein- fahrten, Lagerhallen und sogar mit einem eigenen Kraftwerk. Das war manchen zu progressiv. Wer jedoch die Architektur Seelings heute als „billigen Historismus“ bezeichnet, zeigt, dass er sich mit dem Genius dieses Baumeisters nicht wirklich beschäftigt hat. Der Seeling-Bau war über- aus zweckmäßig konzipiert und seiner Zeit voraus.

Foto: Kulturstiftung Preußischer Kulturbesitz

Christian Heinrich Seeling, 01.10.1852 – 15.02.1932

Fürstliches Hoftheater Gera

Theater am Schiffbauerdamm in Berlin Die Nürnberger Oper 26

9. Das Alte Schauspielhaus: Ein Preußen-Bau?

Immer wieder hört man Vorwürfe, beim alten Schauspielhaus handele es sich um einen „Wilhelminischen Prachtbau“, gar um „preußisches Machtgehabe“. Mögen sich derlei Gedanken beim ersten flüchtigen Betrachten aufdrängen, so fallen diese Deutungsver- suche doch rasch in sich zusammen, wenn man den Seeling-Bau einmal nüchtern nach Kultur- und Kunsthistorischen Gesichtspunkten betrachtet:

Keine Wilhelminischen Insignien

Freilich ist nicht zu leugnen, dass das Gebäude von 1899 bis 1902 gebaut wurde, also in der Blütezeit des wilhelminischen Kaiserreichs. Betrachtet man sich die reich geschmückte Jugendstilfassade einmal genauer, so ist jedoch von Kaiser und Preußen

nichts, aber auch nicht eine einzige Insignie zu finden. Die beiden Adler auf den Risaliten sind eindeutig Frankfurter Adler und keine preußischen. Die beiden Fassaden- Büsten bilden Schiller und Goethe ab. Die Figurengruppen stellen mystische Elfen dar, die seit dem alten Griechenland bekannt waren als „Tragödie“ und „Komödie“.

Frankfurter Adler (am Schauspielhaus) Preußen-Adler

Ein europäisches Kulturgebäude

Die seitlichen Friese beinhalten Inschriften europäischer Künstler und Dichter wie Molière, Shakespeare, Calderón und anderen. Auf dem Dach thronte eine ägyptische Sphinx und die zierliche Figur ganz droben auf der Kuppelspitze war nicht etwa Germania, sondern die damals noch etwas bekanntere Frankfurter Schutzheilige „Francofurtia“.

Selbst bei der Einweihung 1902 war kein Kaiser zugegen und da die Frankfurter zur Einweihung auch keine Kaiserflagge hissen wollten, verzichtete man dem Artikel der damaligen Bauzeitung nach ganz auf Flaggen, um einer diplomatischen Verwicklung zu entgehen.

Dramatisches Bevölkerungswachstum machte Neubau erforderlich

Der Bau des Schauspielhauses war demnach auch kein preußischer „Machtbeweis“ son- dern schlicht aus der Notwendigkeit erwachsen, dass Frankfurt gegen Ende des 19. Jahr- hunderts einen enormen Bevölkerungszuwachs erhielt und das Frankfurter Bürgertum nach mehr Angebot in Kunst und Kultur suchte. So wuchs die Frankfurter Bevölkerung

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von 56.000 Menschen im Jahr 1840 geradezu explosionsartig auf 335.00 im Jahre 1910. Da war ein gutes Unterhaltungsangebot gefragt.

10. Die Alte Oper als Kaiserliches Pendant

Wenn es denn ein kaiserlich geprägtes Konzerthaus in Frankfurt gibt, dann ist es doch eher die Alte Oper, denn diese wurde 1880 im Beisein von Reichsgründer Kaiser Wilhelm eingeweiht. Die Oper kostete 6.8 Mio. Reichsmark, das weitaus bescheidenere Schau- spielhaus nur 3 Mio. Reichsmark.

Wilhelm II ließ es sich denn auch nicht nehmen, später ein Reiterstandbild seines Groß- vaters und Reichsgründers Kaiser Wilhelm I vor der Oper aufstellen zu lassen, welches im 2. Weltkrieg wieder eingeschmolzen wurde. Und das Café rund um die heutige Alte Oper nannte man „Kaisergarten“.

Neben dem Schauspielhaus hingegen stellte man 1910 dann den bekannten Märchen- brunnen auf. Den großzügigen Innenhof nannte man „Lustgarten“. Insofern war das Schauspielhaus geradezu das künstlerich-europäisch-musische Pendant zum preußi- schen und klar symmetrisch gegliederten Opernbau.

Und auch inhaltlich gab sich die Programmleitung des Frankfurter Schauspielhauses stets eher experimentell und progressiv: Dort wurden in der Weimarer Zeit bedeutende ex- pressionistische Inszenierungen uraufgeführt. Das Frankfurter Schauspielhaus galt als experimentierfreudiges Haus, meist jenseits von bürgerlichem Muff und viele europäische Schauspieler gaben sich die Klinke in die Hand.

Fazit: Das Frankfurter Schauspielhaus war ein europäischer Musentempel mit typisch Frankfurter Einfärbung und kein nationaler Prunkbau.

Architektur und Symbolik - Gegenüberstellung Opernhaus vs. Schauspielhaus:

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11. Die Wiederherstellung des Schauspielhauses am Willy-Brandt-Platz

Foto: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt Entgegen anderslautender Behauptungen wurde das Alte Schauspielhaus im zweiten Weltkrieg nur geringfügig beschädigt. Eine Brandbombe demolierte 1944 Kuppel und Bühnenturm. Die eigentliche Zerstörung geschah in der Nachkriegszeit in einem schleichenden Prozess.

Nach dem Krieg beschloss der Magistrat der Stadt Frankfurt zunächst, das Schauspielhaus nicht wieder aufzubauen. Sozialer Wohnungsbau und Krankenhäuser seien wichtiger als Kultur. Daraufhin formierte sich Bürgerprotest, bei dem das Schauspiel, seine Belegschaft und die Bevölkerung Frankfurts Hand in Hand zusammenarbeiteten. 1950 schließlich sammelten die Bürger 50.000 Unterschriften, was den Römer extrem unter Druck setzte.

Noch im Jahr 1950 beschloss die Stadtver- ordnetenversammlung daher, das Schau- spielhaus wiederaufzubauen, jedoch als Oper, genannt „Großes Haus“. Infolge- dessen wurde die Kuppel nicht wie vorher, sondern mit einer kubusförmigen Kuppel wieder aufgebaut. Auch einige andere Bau- teile wurden abgeschlagen, jedoch exis- tierte der Seeling-Bau weiter. 1951 wurde das Gebäude dann als „Großes Haus“/Oper feierlich eingeweiht.

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1902-1944

1951-1962 Fotos: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt

Der Wiederaufbau des alten Schauspielhauses nunmehr als Oper, kam nur auf massiven Druck des Patronatsvereins hin zustande. Nachdem man mit einer Lotterie 822.000 DM gesammelt hatte, erhöhte man die Forderungen bei der Stadt. Oberbürgermeister Kolb erwiderte: „Die Bürgerschaft hat bewiesen, welch erregte Liebe und Leidenschaftlichkeit sie für das Theater als Mittelpunkt des Kulturlebens empfindet“. Auch beim Land Hessen wurde Druck ausgeübt: „Das Land Hessen möge seiner größten Stadt jenes loyale und großzügige Verständnis entgegenbringen, das es für kleinere und weniger bedeutende

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Städte so selbstverständlich bezeugt.“ Am 23. Dezember 1951 konnte die Frankfurter Oper ihre neue Spielstätte im restaurierten ehemaligen Schauspielhaus festlich eröffnen.

Doch auch diese räumliche Lösung war nicht von Dauer. Obwohl sich die Bürger dagegen wehrten, entschied die Stadt Frankfurt, das „Große Haus“ zu erweitern und mit dem neuen Theater zusammen eine „Theaterdoppelanlage“ zu errichten. 1962 wurde schließlich mit der Zerstörung der Fassade und dem Abhacken der Jugendstil-Ornamente begonnen. Beunruhigte Bürger wurden von Oberbürgermeister Bockelmann damit beruhigt, dass alle Skulpturen eingelagert werden würden. Die Büsten von Goethe und Schiller landeten jedoch im Schutt. Die Panther-Quadriga durfte sich ein Schrotthändler abholen. Ein solcher Umgang mit Baukunst war und bleibt frevelhaft und ist zu verurteilen. Daher ist die Wiederherstellung des Seeling-Baus auch ein Stück Frankfurter Stadtreparatur.

1962

Von Osten kommend, bahnte sich 1962 das neue Theater in Form einer Stahl-Glas-Konstruktion unaufhaltsam seinen Weg, um dann schließlich auch die historische Fassade des Seeling-Baus zu erreichen und zu verhüllen. Vorher wurden wertvolle Büsten, unter anderem von Goethe und Schiller abgeschlagen und achtlos auf die Straße geworfen.

Foto: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt 31

12. Ein großer Teil steht noch da

Die Verfasser dieses Konzepts lehnen moderne Architektur keinesfalls ab. Am Willy- Brandt-Platz jedoch würde der Seeling-Bau als historischer Leitbau wieder eine wichtige städtebauliche Funktion in der Frankfurter Innenstadt erfüllen. Zum einen stellt er städteplanerisch ein wichtiges Scharnier dar zwischen der Innenstadt/Altstadt und dem Bahnhofsviertel. Zudem gewinnt die südliche Mikrolage mit dem benachbarten Jüdischen Museum durch seinen Erweiterungsbau auch eine neue Bedeutung. Der Seeling-Bau soll und kann als Ikone des Jugendstil und letzter Vertreter der einstmals zahlreichen Frank- furter Theaterbauten eine wichtige Funktion als Drehscheibe spielen.

Das Frankfurter Schauspiel ist der Nukleus der heutigen Theaterdoppelanlage und sollte aus Traditionsgründen am Willy-Brandt-Platz verbleiben. Der noch immer bestehende Gebäudekern des Seeling-Baus von 1902 sollte wieder freigelegt und das Gebäude für die Theaternutzung saniert, sowie mit modernen Ergänzungsbauten im südlichen Bereich erweitert werden. Der noch vorhandene Kernbau, in dem heute die Opernaufführungen stattfinden, macht noch ca. 50% der Gesamtfassade des Theaterbaus aus.

Die Gesamtdarstellung zeigt: Drei äußeren Bauteile (braun) sollen historisch wiederhergestellt werden. Es handelt sich dabei um die Bauteilgruppen:

- Altes Schauspielhaus

- Kolonnaden mit der Außen- und Hofbestuhlung (ca. 500 Sitzplätze) - Östliche Blockrandbebauung mit dem markanten Eckturm (Faust-Eck) und dem

- Innenhof mit südlichem Wirtschaftshof

Im hinteren, also südlichen Bereich, können Ergänzungsbauten im moderneren Stil angefügt werden, soweit die gegenwärtigen Räume nicht wiederverwendet werden könnten. Der Innenhof könnte überdacht werden und als Eingangssituation für das Kammerspiel fungieren.

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Es verbietet sich geradezu, das Alte Schauspielhaus erneut zu beschädigen oder gar abzureißen, da noch ca. 30% aller Bauteile des Ursprungbaus vorhanden sind und sogar 50% der Fassaden des damaligen Theaterbaus.

Historischer Theaterbau von 1902/Seeling-Bau:

Von der Gesamtfassade des Theaterbaus (grün) sind noch ca. 50% erhalten!

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Visualisierungen: Andre Gansel

Visualisierungen: Andre Gansel

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Visualisierungen: Andre Gansel

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Für eine Freilegung, Sanierung und Ergänzung des alten Schauspielhauses sprechen vor allem diese drei Gründe:

a. Gebäudekern, Treppenhaus und zahlreiche Reliefs und Bauteile sind noch erhalten:

Der Gebäudekern im Neorenaissance-Stil von 1902, insbesondere die West- und die Ostfassaden sind fast unbeschädigt und befinden sich hinter der 120m langen Glasfassade des Apel-Baus von 1963.

Darüber hinaus sind die Treppenhäuser im Jugendstil noch voll erhalten, weshalb stark davon auszugehen ist, dass nach Niederlegung der Glasfront auch wesentliche Teile der Portalfassade samt Reliefs und Figuren noch zu finden sein werden.

Diese seltenen Fotodokumente beweisen: Sowohl die Ost- wie auch die Westfassade des alten Schauspielhauses bestehen noch. 36

Aber auch die beiden vorderen Treppenhäuser mit ihren reizvollen Jugendstil-Geländern, sowie weitere Skulpturen und Bauteile. All dies ist derzeit umbaut und kann im Rahmen der Freilegung des Seeling- Baus wieder fachgerecht saniert werden.

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Die Panter-Quadriga des Schauspielhauses mit der Musengöttin ERATO existiert noch und wurde auf die Alte Oper gehievt. Die beiden Turm-Schwäne wurden neulich in einer Werbeagentur entdeckt.

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Ebenso wurde erst jüngst die wohl letzte existierende Türklinke des Seeling-Baus aus purer Bronze gefunden. Sie stammte von der Tür des früheren Direktors und wurde dem ersten Generalintendanten Harry Buckwitz zu seiner Amtseinführung 1951 als Geschenk überreicht.

Dank eines großen Zufalls stieß die Aktionsgemeinschaft 2018 auf die letzte noch erhaltene Türklinke (Bild oben) des alten Schauspielhauses. Die schwere Bronze-Klinke wurde am 23. Dezember 1951 dem ersten Generalintendanten des „Großen Hauses“, Harry Buckwitz, sozusagen als Schlüssel-Symbol überreicht.

Ebenfalls erst 2018 wurde eine Sauciere gefunden (Bild unten), die vom ursprünglichen Schauspielhaus-Restaurant von 1902 stammen muss. Besonders prägnant ist die Jugendstil-Typografie und der grüne Adler mit dem „F“ in der Mitte. Ab 1902 nannte sich das Restaurant wohl noch „Schauspielhaus-Restaurant“. Erst später nannte es sich „Faust-Restauration“, weshalb bis in die 60er Jahre die Ecke noch „Faust-Eck“ genannt wurde.

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b) 500 Sitzplätze und mehr: Der Außenbereich des Seeling-Baus

Obgleich der Seeling-Bau über hundert Jahre alt ist, entspricht er doch ganz aktuellen Bedürfnissen des modernen Menschen: Nach der Theatervorstellung möchte man sich nicht mehr hinter eine Scheibe setzen (Theaterdoppelanlage), sondern man drängt raus ins Freie. Die Kolonnaden begrenzen den Innenhof mit seinen mehr als 350 Sitzplätzen. Vor den Kolonnaden befanden sich noch einmal 160 Sitzplätze. Insgesamt würden also wieder ca. 500 Sitzplätze im Freien entstehen.

Eingerahmt würde das ganze durch die romantische Jugendstil-Fassade des Seeling-Baus, die abends festlich beleuchtet wird und ganztägig zum Verweilen einlädt. Somit wird aus dem Willy-Brandt-Platz, welcher heute ein kühler Durchgangsort ist, wieder ein urbaner Platz mit Verweilqualität und vermutlich wieder der schönste Platz Frankfurts. Insbeson- dere wird somit städtebaulich ein vitales Bindeglied zwischen dem Bahnhofsviertel und dem Innenstadt-Kern geschaffen, der dort derzeit fehlt.

Im Sommer mit Jalousien

Der Architekt Heinrich Seeling ließ sich von den Kolonnaden des benachbarten Hotels Frankfurter Hof inspirieren.

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Der Kolonnadenhof als „Marketing-Tool“ für das Schauspiel

Der Kolonnadenhof ist das „grüne Zimmer“ des Schauspielhaus-Komplexes. Mehr als 500 Besucher können hier wieder rund um die Uhr sitzen und Getränke oder Kulinarik genie- ßen. Wie schon vor 80 Jahren. Von planerischer Weitsichtigkeit zeugten die Emporen,

auf denen kleine Freilichtkonzerte aufgeführt wurden. Heute würden wir empfehlen, dort kleine Ausschnitte aus dem aktuellen Theaterprogramm zu präsentieren, um bei den Besuchern für die

laufende Vorstellung zu werben. Mainz zeigt derlei

Aufführungen vor seinem Theater schon heute als

Straßentheater und der Werbeeffekt ist enorm.

Theaterbesucher können in den Pausen ohne Umwege nach außen treten und genießen von den räumlich getrennten Balkonen aus den Blick in Kolonnadenhof und in den Stadtraum

Kurze Theater-Ausschnitte von 10 min. Länge dienen der Unterhaltung der Hof-Besucher und werben für das Programm

Bis zu 500 Menschen fänden vor und hinter den Kolonnaden Platz

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Der Kolonnadenhof als „Grünes Zimmer“ und als Verlängerung der Wallanlage

Der Kolonnadenhof wurde bereits im Wege eines aufwändigen Visualisierungsverfahrens nachgebaut und lässt bereits die architektonische Qualität und die hervorragende Materialität erahnen. Die historischen Fassaden bieten ein romantisches Ambiente für ein Frankfurt, das bislang arm an Plätzen mit Verweilqualität ist. Es könnte ein bezahlbarer Gegenpol zum Opernplatz entstehen, der eher als teure Premium-Location bekannt ist.

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c) Die qualitätsvolle Jugendstil-Architektur

Die Architektur des Seeling-Baus wirkt verspielt und zufällig, folgte jedoch einer logi- schen Zweckmäßigkeit: Während das eigentliche Spielhaus rechts angeordnet war, ordnete man den erforderlichen Wohnblock links an. Im hinteren Bereich befanden sich Werkstatt, Nebenräume sogar ein eigenes Kraftwerk (die Idee eines eigenen Blockheiz- kraftwerkes ist ja heute auch wieder aktuell). Alle drei Gebäudekörper umfassten den damals so genannten „Lustgarten“ als vitalen Mittelpunkt des Quartiers, welcher ganz- tägig geöffnet war.

Solch ein Garten mit mehr als 500 Sitzgelegenheiten wäre gerade heute wieder sehr beliebt und würde dafür sorgen, dass das Schauspielhaus rund um die Uhr belebt wäre.

Die Architektur im Neorenaissance- und Jugendstil war kunstvoll gearbeitet und entfaltet eine romantische Aura, die gerade bei jüngeren Menschen weder sehr gefragt ist. Die Fassade wurde aus „Gelbem Bamberger Schilfsandstein“ gefertigt. Dieser ist heute noch lieferbar und kann von der Firma Bamberger Natursteinwerk Graser geliefert werden (www.bamberger–natursteinwerk.de). Die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus hat sich bereits vor Ort umgeschaut.

Kolonnadenhof (früher „Lustgarten“) Nutzung für zweierlei Gastronomie: Großer Bürger-Biergarten und kleinere premium-Gastronomie

Das „Faust-Eck“

Kolonnaden Im südlichen Bereich schließen sich Werkstatt, Büros und Proberäume in zeitgenössischer Architektur an Außengastronomie den historischen Hauptbau an. Hauptbau- Theatergebäude (beinhaltet heute die Oper)

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Der ursprünglich als „Lustgarten“ bezeichnete prachtvolle Innenhof könnte wieder das lebendige Herz des gesamten Quartiers werden und permanent geöffnet sein.

Sämtliche Bauteile wurden bereits aufwändig virtuell aufgebaut. Hier das sogenannte „Faust-Eck“

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Über Jahrzehnte präsentierte sich das markante „Faust-Eck“ als bekannter städtischer Treffpunkt und als Konterpart zum gegenüberliegenden Fürstenhof -Turm.

Mögliche Hotel- Nutzung oder Wohnen

Der östliche Gebäudeteil könnte mit hochpreisigen Wohnungen oder mit einem Hotel beplant und auf Erbpachtbasis vermarktet werden.

Die Einnahmen mit einem Buchwert von ca. 50 Mio. Euro könnten den Entwicklungskosten des Schauspielhauses zugute gerechnet werden. 45

13. Die besonderen Bildhauerarbeiten am Alten Schauspielhaus

Die Steinmetz- und Skulpturenarbeiten machen einen wesentlichen Teil des Wertes des alten Schauspielhauses aus. Es handelt sich dabei um Skulpturen, die zum Teil noch in klassischer Neorenaissance-Manier gearbeitet wurden. Die überwiegende Zahl von Figuren und Reliefs waren jedoch bereits klare Botschafter des Jugendstils. Unzweifelhaft ist das Frankfurter Schauspiel damit das größte Jugendstilgebäude, das je in Frankfurt stand. Gerade dies macht es so einzigartig und wertvoll.

Die Arbeiten wurden von zwei namhaften Künstlern ihrer Zeit gefertigt. Das war zum einen der deutsch-italienischen Künstler Augusto Varnesi (02. Februar 1866 – 15. August1941) und der namhafte Bildhauer Franz Krüger (12. Juli 1849-17. Juli 1912).

Das Tympanon

Das Tympanon des Empfangstrakts schmückte der italienische Bildhauer Augusto Varnesi mit der Figurengruppe „Tragödie und Komödie“. Darunter befinden sich zwei Medusenköpfe, ein Helios mit Strahlenkranz und zwei Reliefs von Franz Krüger, die alle schon im Jugendstil gearbeitet sind (Figuren sind heute vermutlich verschalt).

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Die Fassaden-Figurengruppen

Zwei weitere Figurengruppen, jeweils aus der Hand von Augusto Varnesi, zierten die Schauspielhaus-Fassade. Über ihren Verbleib ist ebenso nichts bekannt, es kann aber gut sein, dass sie sich noch hinter der Fassade verbergen und nur verschalt wurden. Da sich Die Figuren in der konkaven

Wölbung der Fassade befanden,

spricht einiges dafür, dass sie nur verschalt wurden. Einen Grund, sie herauszulösen gab es nicht, zumal

auch keine weitere Verwendung

für die Figuren vorgesehen war.

Der Büste von Goethe und Schiller ging es ungleich schlechter. Da sie beide wohl aus der Fassade hervorragten, griff man kurzer-

hand zum Vorschlaghammer und

riss sie zu Boden. Die Büsten sind bis heute verschollen und stehen wahrscheinlich in irgendeinem

Vorgarten.

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14. Augusto Varnesi: Erfolgreicher Bildhauer und Migrant aus Italien

Seine Arbeiten für Frankfurt

Augusto Varnesi war auch Schöpfer weiterer bekannter Werke. So schuf er die prominen- ten Atlanten, welche noch heute die Brücke vom Rathaus Römer zur Kämmerei zieren. 1926 entwarf er die Brücken-Medaille zur Einweihung der neuen Alten Brücke, 1932 die Goethemedaille der Stadt Frankfurt am Main. Außerdem entwarf er die Grabmale für

namhafte Frankfurter wie Johannes von Miquel, sowie für die Familien von Bethmann und de Ridder. Er schuf auch die Pietà für das Marienkrankenhaus und Skulpturenschmuck der Matthäuskirche. Vor allem aber tat er sich hervor mit der Ausarbeitung des Goldenen Buches der Stadt Frankfurt, welches heute noch in dieser Form verwendet wird.

Wer war Augusto Varnesi?

Der italienischstämmige Bildhauer wurde als Sohn eines Bildhauers und Erzgießers 1866 in Rom geboren. Er wurde schon zu Beginn seiner künstlerischen Ausbildung an der Accademia di San Luca in Rom mit dem deutschen Bildhauer Wilhelm Widemann bekannt und übersiedelte 1883 mit diesem als sein Schüler und Gehilfe nach München. 1884 folgte er ihm nach Frankfurt am Main, als Widemann als Dozent an die dortige Kunstgewerbeschule berufen wurde. Später leistete er in Italien seinen Wehrdienst ab. Kaum bekannt ist, dass Varnesi anschließend auch für Papst Leo XIII arbeitete. Doch bald schon kehrte er nach Deutschland zurück und ging 1891 mit Wiedemann nach Berlin, wo er ihn bei der Ausführung plastischer Dekorationen im Reichstagsgebäude unterstützte. Von 1896 bis zu seinem Tod war er als freischaffender Künstler in Frankfurt am Main ansässig. Varnesi war damit ein früher Migrant, der sich in Frankfurt eine erfolgreiche Existenz schuf. Seit 1895 lehrte er ornamentales Zeichnen und Modellieren an der Technischen Hochschule Darmstadt. 1897 wurde er zum außer- planmäßigen und 1907 zum außerordentlichen Professor ernannt. Augusto Varnesi ist auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.

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15. Franz Krüger - Schöpfer der Panter-Quadriga und genialer Bildhauer

Einem zweiten Genie verdankt der Seeling-Bau seine Unverwechselbarkeit und seine kunstvolle Originalität: Dem Bildhauer Franz Krüger (*12. Juli 1849 in Berlin; † 17. Juli 1912 in Frankfurt am Main). Der gelernte Kunstgießer und Bildhauer migrierte ebenfalls nach Frankfurt, wenn auch nur aus Berlin kommen. Krüger schuf gleich drei wichtige Teile des Seeling-Baus: Die reizvollen Reliefs entlang des Fries, wie sie heute noch zu sehen sind, die Francofurtia, die einst hochdroben die Kuppel des Schauspielhauses zierte und die Panterquadriga mit der Göttin Erato. Heute ziert die Quadriga das Dach der Alten Oper. Dereinst wird sie wieder „nachhause“ zum Schauspielhaus kommen.

Franz Krügers reiches Oevre

Krüger schuf auch die Figuren „Wahrheit und Dichtung“ auf dem

Opernbau, sowie die Uhrengruppe an der Innenfassade des Frankfurter

Hauptbahnhofs. Er gestaltete aber auch zahlreiche Reiterstandbilder

und Portraitreliefs, so z.B. die bronzene Gedenktafel an der Paulskirche, die noch heute dort an das 50. Jubiläum der National-

versammlung erinnert.

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16. Der Seeling-Bau: „Nur“ Historismus? Einordnung und Richtigstellungen

Im Zuge der Diskussion um eine Wiederherstellung des Seeling-Baus wurde das Neorenaissancegebäude des öfteren auch mit dem negativ konnotierten Begriff des „Historismus“ belegt. Dies geschieht immer wieder von interessierter Seite, um den Eindruck zu vermitteln, die Architektur wäre minderwertig. Der neue Leiter der Stabsstelle Bühnen der Kulturdezernentin, der Immobilienmann Michael Guntersdorf meinte neulich, „es gäbe bedeutsamere Architektur“. Andere, meist selbsternannte Fachleute sprechen von „Stangenware“. Die Reste des Schauspielhauses seien nicht wert, erhalten zu werden, weil „wilhelminisch“. Eine Wiederherstellung sei gar abzulehnen.

In der Tat werden Baustile in jeder Zeit immer wieder neu bewertet und beurteilt. So gilt beispielsweise der Jugendstil heute als hochwertig und edel. In den 1930er und 40er Jahren galt er als billig und Abbild von industrieller Serienfertigung. Der Historismus, wenn man den Begriff denn unbedingt verwenden will, kommt infolge von Betrachtungen von Kunsthistorikern und Wissenschaftlern in seiner Bewertung heute wieder zu großen Ehren. Kritiker sind mit ihrem Wissenstand offenbar beim Stand der Debatte in den 80er Jahren stehengeblieben. Hier wollen wir gerne helfen:

Minderwertig?: Die Dresdner Semper-Oper Minderwertig?: Der Berliner Dom

Der renommierte und im Jahr 2011 verstorbene Denkmalpfleger und Gründer der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Prof. Gottfried Kiesow, hatte sich in seinen letzten Jahren intensivst mit dem Historismus beschäftigt und sein Werturteil fällt überraschend positiv aus. Dank seiner Untersuchungen ist der Historismus heute als eigenständiger Stil genauso anerkannt, wie die davor liegenden Stilepochen. 2007 formulierte Kiesow: „Alle Stile müssen nach ihrem Ausklingen erst durch das Fegefeuer einer allgemeinen Verdammnis schreiten, weil Enkel das ablehnen, was Großväter hinterlassen haben.“

Wurde dem Historismus lange Zeit nachgesagt, keine Originalität zu besitzen, wird er in Zeiten der Postmoderne, mittlerweile trotz mangelnder Einheitlichkeit differenzierter

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betrachtet. Heute sind denkmalgeschützte Immobilien aus der Zeit von Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts bis circa 1920 - ob Häuser oder Eigentums-wohnungen - begehrte Objekte für Anleger, Investoren und Selbstnutzer. Die Fach-plattform „Capital und Denkmal“ merkt an: „Mit seinen Mischformen, Adaptionen und Rückgriffen auf unzählige Stil- und Kulturepochen der Vergangenheit sowie seiner variantenreichen Formen- und Detailvielfalt in Sachen schmückendem Beiwerk, bietet der Historismus für viele Immobilienkäufer eine willkommene Alternative zur kühlen Eleganz und sachlichen Funktionalität der Moderne.“

Treibende Kraft des Historismus war das aufstrebende Bürgertum. Diese Gesellschaftsschicht hatte aufgrund der industriellen Revolution einen massiven Wandel erlebt, der in der sogenannten „Gründerzeit-Epoche“ seinen Höhepunkt fand. Dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein aufgrund des wachsenden gesellschaftlichen Einflusses und wirtschaftlichen Reichtums wurde - nicht zuletzt für jeden sichtbar - durch reprä- sentative Bauwerke Ausdruck verliehen. Zuerst, indem das Bürgertum den Adel nach- ahmte, später auch verstärkt durch eigenständigere Kreationen. Doch weshalb lastet dem Historismus ein bisweilen negatives Image an? Offenbar lag es auch an den seinerzeit schweren, eklektischen Inneneinrichtungen der neureichen Bürgerwohnungen, die zum schlechten Ruf des Historismus-Stils beitrugen.

Stil- und Design-Merkmale des Historismus

Neben repräsentativen Bürgerhäusern entstanden im Historismus auch zahlreiche berühmte öffentliche Gebäude und Denkmäler, wie der Berliner Reichstag oder der Berliner Dom, der Kristallpalast in London. Eines jedoch unterscheidet die Bauwerke des Historismus von ihren geschichtlichen Vorbildern - sie ähnelten diesen in der Regel nur äußerlich. Was Baukonstruktion und Raumgestaltung im Historismus anging, bedienten sich die Architekten dagegen aus dem Spektrum der vielen neuen Materialien und Technologien ihrer Zeit. Stichworte sind hier Eisen und Glas oder die industrielle Farben- produktion. Besonders letztere hatte einen großen Einfluss, da sich die beschränkte Palette der natürlichen Farbpigmente mit der Entdeckung der künstlichen Farbher- stellung schlagartig vervielfältigte.

Was ist Neorenaissance?

Man spricht beim Historismus im Zusammenhang mit seiner Stilvielfalt auch von den sogenannten Neostilen - zum Beispiel von Neo-Romanik, Neo-Gotik, Neo-Renaissance, Neo-Manierismus, Neo-Barock, Neo-Rokoko oder auch von orientalisierendem Histo-

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rismus. Letzterer bedient sich nah- und fernöstlichen Gestaltungselementen. So wurden beispielsweise alte gotische Baudenkmäler, wie der Kölner Dom oder das Ulmer Münster nach Jahrhunderten vollendet und alte Burgruinen wurden nach historischen Vorgaben, aber mit modernen Techniken restauriert und wieder aufgebaut. Andere berühmte Bauwerke wurden von Grund auf neu geschaffen, wie beispielsweise die Semper-Oper in Dresden oder die Münchner Feldherrnhalle. Beide werden dem Neo-Renaissance-Stil zugeordnet.

Berühmte Vertreter des Historismus

Bekannte Architekten des Historismus waren der Engländer Thomas Cole oder der Deutsche Karl Friedrich Schinkel. Berühmte Designer waren unter anderem der Schreiner Michael Thonet aus dem Rheinland, aus dessen Werkstatt die berühmten „Wiener Kaffeehausstühle“ stammen. In seiner Spätphase inspirierte der Historismus teilweise den Jugendstil, der sich um die Wende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert als eigenständiger Stil etablierte und sich heute auf dem Immobilien-markt besonders großer Beliebtheit erfreut.

Fazit

Sofern Vertreter aus Politik oder Planung die Architektur des Seeling-Baus heute weiterhin als minderwertig und nicht erhaltenswert bezeichnen, zeigen sie damit auf, dass an ihnen die Fachdebatte der letzten 30 Jahre rund um den Historismus komplett vorbeigegangen ist. Diesen Kommentatoren empfehlen wir daher die alte lateinische Weisheit: „Si tacuisses, philosophus mansisses“.

Michael Thonet Karl Friedrich Schinkel Thomas Cole

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17. Die große jüdische Tradition des alten Frankfurter Schauspielhauses

Seit seiner Eröffnung 1902 bis zu seiner Verstümmelung 1963 war der Seeling-Bau Spielstätte und Wirkungsfeld vieler bekannter jüdischer Schauspieler, Regisseure und Intendanten. Es ist bedauerlich, dass dies heute kaum noch Beachtung findet und in der öffentlichen Diskussion um den möglichen Erhalt dieses Traditionsgebäudes überhaupt nicht zur Sprache kommt.

Doch schon vor seiner Eröffnung wirkten namhafte jüdische Unternehmer dabei mit, dass das 2,1 Mio. Reichsmark teure Neorenaissancegebäude überhaupt finanziert und gebaut werden konnte. Zu nennen sind vor allem bekannte Mäzene Frankfurts, wie z.B. die Familie Carl von Weinberg und Leo Gans (weitere jüdische Familien waren an der Finanzierung beteiligt. Die Namen werden derzeit noch recherchiert).

Prof Emil Claar

Emil Claar ist in diesem Konzept ein wichtiger Name, denn 1902 wurde er der erste Generalintendant des soeben eröffneten neuen Schauspielhauses.

Der 1842 in Lwiw geborene österreichische Schauspieler hieß eigentlich Emil Rappaport. Nach verschiedenen Zwischenstationen in Österreich, Berlin und Leipzig, kam er 1879 nach Frankfurt am Main, wo er sodann Intendant der Vereinigten Stadttheater wurde.

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Claar erlebte 1880 die Eröffnung des Opernhauses und widmete sich ab 1902 nur noch dem Schauspielhaus, in dem er sogleich viele neue Akzente setze. Claar öffnete das Theater durch die Einführung von Volks- und Nachmittagsvorstellungen für weitere Bevölkerungskreise. Unter seiner Führung erwarben sich die städtischen Bühnen einen Ruf als eine der führenden deutschen Bühnen.

Mathilde Einzig

Schon gleich nach der Eröffnung 1902 spielten viele jüdische Schauspieler im Seeling- Bau. Zuvorderst zu nennen ist die aus einer alten Familie Frankfurts stammende, 1886 geborene Schauspielerin Mathilde Einzig. Ihr Vater war erster Konzertmeister der Oper Frankfurt. Sie wurde in Frankfurt geboren und starb auch in ihrer Heimatstadt, in der sie auch gerne in Mundart-Theaterstücken von Adolf Stoltze auftrat. Sie war eine begnadete Charakterdarstellerin und galt beim Publikum als eine der beliebtesten Schauspieler- innen ihrer Zeit. Einzig gründete die Frankfurter Schauspielschule und nahm bei den

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ersten Römerbergfestspielen 1932 teil. 1933 musste sie in die Schweiz emigrieren und lebte zeitweise in London, Luzern und Palästina. 1957 kehrte sie jedoch ganz nach Frankfurt zurück und erhielt die Ehrenmitgliedschaft der Städtischen Bühnen für ihre Leistung für das Frankfurter Theaterleben. Mathilde Einzig galt als besonders eman- zipierte Frau und zeigte durch ihre Beliebtheit, wie eng die jüdischen Schauspieler in das Frankfurter Kulturleben integriert waren. Sie starb 1963 in Frankfurt am Main.

Sophie König

Sophie König stammte ursprünglich aus Bratislava und Vater und Bruder waren bereits Sänger. Nach ihrer Ausbildung zur Sängerin in Wien entwickelte die 1854 in Budapest geborene Darstellerin ausgezeichnete Fähigkeiten, so dass sogar Johann Strauss auf sie aufmerksam wurde.

Es war Leopold Sonnemann selber, der Sophie König in Leipzig entdeckte, so dass kurze Zeit Später Emil Claar sie aus Leipzig wegholte und verpflichtete.

Sophie König war eine der ersten Schauspielerinnen im Seeling-Bau und spielte dort bis zu ihrer Pensionierung 1925. 1943 starb sie hochbetagt unter haftähnlichen Bedingungen in Frankfurt.

Adele Schönfeld

Die im Dreikaiserjahr geborene Schauspielerin begann schon mit 16 Jahren Aufführun-gen in bekannten Shakespeare-Stücken zu spielen. Lange Zeit gab sie die jugendliche Geliebte. Später spielte sie in Frankfurt vor allem in Goethe–Stücken wie Egmont und Faust.

Adele Schönfeld heiratete in den 20ern einen Engländer, was ihr wohl 1933 das Leben rettete. Als „Halbjüdin“ emigrierte sie in die Heimat ihres Mannes und starb dort 1952.

Max Bertuch

Max Bertuch war das, was man einen echten „Frankfurter Bub“ nennt. 1890 in eine Frankfurter Musikerfamilie geboren, erhielt er zunächst eine Ausbildung am Hochschen

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Konservatorium. Schon früh arbeitete Bertuch als Autor von Bühnen-stücken, aber auch als Kapellmeister und Operettenschreiber konnte er sich bewähren.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung entwickelte sich Bertuchs weiterer Lebensweg als bitteres Drama. Während seine Frau 1939 in die USA ausreisen konnte, konnte er ihr nicht folgen und strandete in Frankreich. Dort in einem Lager interniert, führte er im November 1939 noch Regie beim Stück “Im nicht ganz weissen Rössel“. 1942 wurde er überraschend abgeholt und nach Majdanek verschleppt, wo er wohl kurz nach seiner Ankunft ermordet wurde. Max Bertuchs Name steht heute auf der Gedenktafel der Städtischen Bühnen.

Kurt Katsch

Der 1893 im Zarenreich geborene Kurt Katsch war eine besonders schillernde Persönlichkeit. Als russischer Staatsbürger wurde er früh in die Armee eingezogen und geriet danach in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er blieb jedoch in Berlin und besuchte dort die Max-Reinhardt-Schule. Katsch gastierte an vielen deutschen Theatern und spielte dann eine längere Zeit am Frankfurter Schauspiel. Interessant ist, dass Katsch bereits seit 1918 auch vor der Filmkamera stand und damit zu den ersten Filmschauspielern überhaupt gehörte. 1933 trat er dem Jüdischen Kulturbund an und emigrierte dann über Polen schließlich in die USA. Dort begann er eine neue Karriere als gutbeschäftigter Darsteller in Nebenrollen und spielte meist düstere und brutale Typen. Dort stand Kurt „Katch“, wie er sich dann amerikanisiert nannte, mit Stars wie Marlon Brando, Dean Martin und Montgomery Clift vor der Kamera.

Arthur Sakheim

Der 1884 in Lettland geborene Arthur Sakheim war Regisseur und Dramaturg. Nach dem Ersten Weltkrieg fand Sakheim als Redakteur zunächst bei der Zeitschrift „Blätter der Städtischen Bühnen“ in Frankfurt am Main eine Anstellung. Von dort kam er 1926 als Spielleiter an das Schauspielhaus Frankfurt unter Vertrag. Im Sommer 1931 wurde er vom Intendanten des Schauspielhauses, selbst jüdischer Herkunft, wegen „undeutschen“ Spielplans fristlos entlassen. Er erkrankte im Sommerurlaub in Hiddensee an einer Blinddarmentzündung. Bald nach der Operation bekam er eine Lungenentzündung. Er starb am 23. August 1931 in der Charité in Berlin.

Alwin Kronacher

Der 1880 in Bamberg geborene Regisseur und Schauspieler Alwin Kronacher promovierte zunächst in Rechtswissenschaft und widmete sich dann der Schauspielkunst, bevor er 1929 als Nachfolger Richard Weicherts zum Intendanten des Frankfurter Schauspiel-

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hauses berufen wurde. 1933 wurde er wegen seiner „nichtarischen Herkunft“ und seines „undeutschen“ Spiel-plans beurlaubt. Er gehörte zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des Theaterlebens in der Weimarer Republik und förderte in Leipzig besonders das expressionistische Theater und inszenierte vor allem Werke von .

Norbert Schiller

Der in Wien geborenen Schauspieler Norbert Schiller, der eigentlich Norbert Veilchenblüth hieß, startete seine Karriere im Wiener Burgtheater. Von 1922 bis 1928 war er fest beim Frankfurter Schauspiel fest engagiert. Später war er Regisseur beim Jüdischen Kulturbund Rhein-Ruhr und Schauspieler beim Kulturbund Rhein-Main.

Wie so viele seiner jüdischen Kollegen emigrierte er dann 1939 in die USA und stieg dort in den Film ein. Seine Schwester konnte dem Holocaust nicht entfliehen und starb vermutlich in Ausschwitz. In fast 100 Kino- und Fernsehfilmen konnte man Norbert Schiller sehen, meist jedoch in Nebenrollen. Darunter waren prominente Filme wie Hitchcocks „Der zerrissene Vorhang“ oder Stanley Kramers „Das Urteil von Nürnberg“. Maximilian Schell war von Norbert Schiller begeistert und versuchte ihm in Europa wieder Anschlussaufträge zu geben. Es entstand eine innige Freundschaft, auch zu Maria Schell. Schiller starb 1988 hochbetagt im sonnigen Santa Barbara.

Harry Buckwitz

Ein Name mit ganz besonderer Bedeutung für das Frankfurter Schauspielhaus ist der 1904 in München geborene Harry Buckwitz. Ab 1925 arbeitete er an verschiedenen deutschen Bühnen in Recklinghausen, Bochum, Mainz, Freiburg und Augsburg. 1937 wurde Buckwitz als „Halbjude“ aus der Reichstheaterkammer ausgeschlossen, was faktisch einem Auftrittsverbot gleichkam.

1951 wurde Harry Buckwitz erster Generalintendant im Alten Frankfurter Schauspielhaus, welches nun als Oper fungierte. In seiner Frankfurter Zeit widmete sich Buckwitz vor allem der Inszenierung von Stücken Bertolt Brechts und war besonders mit dessen Der kaukasische Kreidekreis (1955) und Mutter Courage (1958) erfolgreich. Daneben kamen vor allem zeitgenössische Autoren wie Friedrich Dürrenmatt, , Rolf Hochhuth, Arthur Miller und Jean-Paul Sartre erstmals in Deutschland zur Aufführung. Harry Buckwitz´ Geschenk zur Übernahme der Intendanz 1951 war die letzte erhaltene Türklinke des alten Schauspielhauses (siehe unten), welche sich heute im Besitz der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt befindet (siehe auch Seite 26).

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18. Die städtebauliche Bedeutung des Seeling-Baus

Wer den Seeling-Bau nur als solitäres Gebäude sieht, hat seine städtebauliche Bedeu- tung nicht verstanden. Der Blogspot „Stadtgestaltung Frankfurt“ stellte hierzu sehr treffend fest: „Die Frankfurter Wallanlagen sollten als Grünanlage mit Prachtbauten geschmückt werden. Das Ensemble der repräsentativen Solitäre bestand aus der Alten Oper und dem 1902 von Heinrich Seeling erbauten Alten Schauspielhaus. Mit der Umwandlung des Schauspielhaus in den 60ger Jahren, ist dieses beeindruckende Ensemble verloren gegangen.“

Alte Oper

Wallanlage

Schauspielhaus

Bildquelle: Google

Oper und Schauspiel standen also in direktem Bezug zueinander. Sie waren zwei Perlen, die wie aufgereiht an einer Schnur, der Wallanlage, hingen. Nur eine Wiederherstellung des Alten Schauspielhauses in Frankfurt am Main, macht die historischen Bezüge der Spielstätten wieder erlebbar.

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Maßstäblichkeit und Größenverhältnisse

Das Alte Schauspielhaus maß ziemlich genau 100m in der Breite und war damit doppelt so breit wie die Alte Oper. Durch den langgestreckten Gebäudekörper und die Öffnung durch den Kolonnadenhof wirkt das Gebäude zwar noch sehr repräsentativ, nimmt sich jedoch zum Willy-Brandt-Platz deutlich zurück. Auch durch die rückwärtige Anordnung der Kuppel wirkt die Fassade zum Platz nicht so erdrückend wie die heutige Glasfassade der Theaterdoppelanlage.

47m

50m 100m

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Städtebauliche Funktion am Mikrostandort

Die derzeitige Theaterdoppelanlage schottet sich zu ihrem Umfeld ab. Insbesondere im Erdgeschoss ist der Kulturbau fast den ganzen Tag über geschlossen. Das Gebäude leistet keinen Beitrag zur Stadtqualität und ist mit dafür verantwortlich, das der Willy- Brandt-Platz heute ein zugiger Transit ist, statt ein urbaner Raum zum Verweilen.

Der historische Seeling-Bau kann diese Urbanität besser liefern als jeder moderne Nachfolgebau. Er ermöglicht eine ganztägige Nutzung mit dem Kolonnadenhof und schafft neue Wege- und Blickbeziehungen. Insofern ist das Alte Schauspielhaus bemerkenswert modern und vielseitig. Es bereichert die Innenstadt und macht den Stadtraum zum Erlebnisraum. Für Frankfurter, Touristen und Theaterbesucher.

Kulturmeile Wallanlage Eurotower

Straßenbahn Wegeverbindung zur Zeil Neue Raumtiefe

vergrößert den Platz! Wegeverbindung Wegeverbindung zum zur Altstadt Bahnhofsviertel

Begrünter Fassaden-Verlauf der Theaterdoppelanlage Kolonnadenhof

Umgestaltung der Süd-Fassade mit kleinen Geschäften. Umbenennung der Hofstraße.

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21. Der Seeling-Bau in der Ökobilanz: Besonders Klimafreundlich

Mehr denn je werfen Neuprojektierungen in der Immobilienwirtschaft die Frage nach der Ökobilanz und der Klimafreundlichkeit auf. Dabei stehen folgende 3 Punkte im Mittelpunkt der Betrachtung:

a. Umweltfreundlichkeit der verwendeten Baustoffe b. Primärenergiebedarf bei der Materialgewinnung c. Versiegelung / Anteil Grünflächen d. Dauerhaftigkeit des Gebäudes e. Energiefreundlichkeit im Betrieb

Nach näherer Betrachtung würde der Seeling-Bau wegen seiner überwiegenden Ver- wendung von Naturstein und geringeren Stahl- und Glasanteilen gegenüber konven- tionelle Theaterbauten über geradezu herausragende ökologische Vorteile verfügen:

Zu a / Baustoffe

Bislang wird immer noch zu wenig auf die Herkunft der Materialien und ihren logistischen Aufwand geachtet. Beispielsweise stammen die Kopfsteinpflaster aus der gerade errichteten Frankfurter Altstadt aus Vietnam! Dies sorgt für eine sehr negative CO²-Bilanz. Die Fassade des Kernbaus des Seeling-Gebäudes steht noch, müsste also nicht aufwendig ersetzt werden. Auch die exakte Herkunft des Sandsteins konnten wir zwischenzeitlich ermitteln. Er würde aus dem gleichen Steinbruch stammen, aus dem er auch 1899 geschlagen wurde, dem Bamberger Schilf. Die neu zu ergänzenden Fassadenelemente können dort immer noch abgebaut werden. Es handelt sich dabei um den „Gelben Bamberger Schilfsandstein“, abgebaut durch die Fa. Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser. Die Entfernung von Bamberg nach Frankfurt beträgt gerade einmal 200km. Also: Kurze Wege – gute Klimabilanz!

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Zu b / Primärenergiebedarf von Naturwerkstein

Da Naturwerkstein ein im Laufe von Jahrmillionen gewachsenes Material ist, findet man es nahezu fertig in der Natur. Somit ist auf den ersten Blick für seine Herstellung überhaupt keine Energie notwendig. Lediglich bei der Gewinnung und Bearbeitung des Natursteins braucht man Energie. Doch dieser Anteil ist im Vergleich mit anderen Baustoffen, wie beispielsweise Keramik, die aus verschie- denen Rohstoffen zusammengefügt und gebrannt werden muss – sehr gering – er liegt bei 3,3% des Produktionswertes. So schneidet der Naturwerkstein im Energiebedarf im Vergleich zu anderen Baumaterialien deutlich niedriger ab. In der Wirkungskategorie Treibhauspotential ist der Naturwerkstein deutlich niedriger mit seinem CO2 – Ausstoß als andere Materialien.

Die Natursteinplatte liegt 27 % unter dem Äquivalenzwert der Betonwerksteinplatte und sogar ca., 74% geringer als die Großkeramik. Also ist Naturstein und Nachhal- tigkeit im Energiebedarf bei der Herstellung absoluter Gewinner. Wer einen Natur- werkstein aus einem lokalen Steinwerk verwendet, hinterlässt eine geringe CO2 Ausschüttung. Lokal heißt in diesem Fall, wenn der Stein mit einem LKW-Transport unter 100 km zurücklegen muss. Bei dieser Entfernung entsteht nur 0,16 Kilo- gramm CO2 Äquivalent.

Wohingegen ein Transport innerhalb Europas mit bis zu 2000 Kilometern schon auf einen deutlich höheren Wert von 3,2 Kilogramm kommt. Sobald der Stein aus China kommt, kann man nicht mehr beim Transportweg von Naturstein und Nachhaltigkeit sprechen. Denn dieser Stein muss eine Strecke von über 18.000 Kilometern per Schiff, ca. 150 Kilometer mit dem Lkw und je nach Verwendungsort 200 Kilometer mit dem Zug zurücklegen. Schon erreicht man einen Wert von 7,9 Kilogramm CO2 Ausstoß pro Quadratmeter Bodenbelag.

Quelle: DNV Nachhaltigkeitsstudie

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Zu c: Versiegelung/ Anteil Grünflächen

Zu c / Versiegelung und Anteil Grünflächen

Durch den Abriss der maroden 60-Jahre-Anbauten, würde nicht nur der Seeling-Bau, sondern auch der Innenhof wieder freigelegt werden. Dieser sollte mit zahlreichen Pflanzen begrünt werden. Außerdem ließen sich die Dächer der modernen Anbauten im südlichen Bereich begrünen, da es sich um Flachdächer handelt.

Begrünter Innenhof, ca. 1.100m²

Begrünte Dachfläche, ca. 3.000m²

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Zu d / Dauerhaftigkeit eines Gebäudes

Es ist eine Binsenweisheit, dass historische Gebäude in Massivsteinbauweise in Naturstein oft ein Vielfaches an Lebenserwartung haben, als beispielsweise Glas- Stahl-Konstruktionen. Die massiven oder vorgehängten Massivsteine verfügen über eine längere Lebensdauer und wirken zeitlos. Sanierungen sind gleichwohl alle 30 Jahre erforderlich. Dies wirkt sich jedoch zumeist auf den Standard im Innenausbau und auf Themenbereich wie Fenster und Bedachung aus. Der grundsätzliche Bau wird meist nicht angerührt.

Zu e / Energiefreundlichkeit im Betrieb

Auch und gerade im Energiebereich wirkt sich eine Massivsteinkonstruktion viel vorteilhafter aus, als eine Fassade mit großen Glasflächen. Große Glasfassaden sind ein Ausdruck des aktuellen Zeitgeschmacks. Die Ökobilanz hingegen ist miserabel: Die meist dreifachverglasten Scheiben weisen einen sehr hohen Energieaufwand aus, was alleine die Herstellung betrifft. Zudem heizen sie sich rasch auf, ein Effekt, der in Zeiten des Klimawandels immer kritischer wird.

Also hilft gegen Aufheizung nur der vermehrte Einsatz von Klimaanlagen, was wiederum die Energiezufuhr erhöht. Abhilfe schaffen vielfach Aluminiumjalousien. Anhand des Allianzgebäudes am Frankfurter Mainufer kann man hier jedoch die zweifelhafte Ästhetik betrachten. Denn da ist es bei Sonneneinfall schnell vorbei mit der vielbeschworenen Transparenz.

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22. Qualitätssteigerung für die Mitarbeiter der Städtischen Bühnen

Bei der Belegschaft der Städtischen Bühnen herrscht derzeit große Verunsicherung, was man angesichts vieler Offener Fragen rund um die Zukunft der Bühnen auch verstehen kann. Das vorliegende Konzept brächte allerdings entscheidende Vorteile für Mitarbeiter und Künstler:

- Keine Interimsspielstätte bei Konzept „Große Rochade“:

Zum einen würde durch unser Konzept „Die Große Rochade“ keine Zwischennutzung notwendig. Das heißt, unbequeme Zwischenstationen in einer Messehalle oder am Stadtrand wie beispielsweise in Fechenheim, würden entfallen.

- Mehr Außenflächen für Bühnen-Mitarbeiter:

Zum anderen würden die Mitarbeiter der Städtischen Bühnen ungleich besser Arbeitsbedingungen vorfinden. Der Seeling-Bau verfügt über wesentlich mehr Außenflächen als vergleichbare moderne Bühnenbauten. Mitarbeiter hätten die Chance, bei warmen Temperaturen auch draußen ihr Mittagessen einzunehmen, statt hinter Glasfassaden.

Die Kantine könnte sich auch mit der Außengastronomie im Innenhof verschmelzen und Schauspieler und Mitarbeiter hätten dann die Gelegenheit, mit den Bürgern direkt in Kontakt zu treten und ihre Meinung zu hören.

Im großen Innenhof könnte sich eine Freiluft-

Kantine mit dem öffentlichen Restauranthof Die beiden Hoch-Terrassen könnten exklusiv den verschmelzen Mitarbeitern überlassen werden. Als Freifläche zum Mittagessen, oder als Entspannungsraum. Eine hervorragende Location mit Skyline-Blick.

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- Besseres Arbeitsklima durch höhere Decken

Im besonderen Flair eines Altbaus macht das Arbeiten gleich mehr Spaß. Das bedeutet meist hohe Decken, großzügige Räume und eine interessante Umgebung.

Solch ein Ambiente hat natürlich auch Einfluss auf die Unternehmenskultur. Einige Arbeitgeber sorgen in ihrem Altbau-Büro zusätzlich für schickes, modernes Design und kombinieren so alt mit neu.

Der Seeling-Bau würde über diese Vorteile verfügen. Bei einem modern geplanten Bühnenbau würden diese Vorteile mit Sicherheit den üblichen Rationalisierungen im Raumkonzept zum Opfer fallen. Arbeitsräume werden hinsichtlich Größe und Deckenhöhe dann meist kostenoptimiert, das heißt, deutlich kleiner gestaltet.

- Betriebskindergarten mit Außenbereich

Aufgrund der architektonischen Grundkonzeption des Seeling-Baus verfügt das Gebäude nicht nur über einen 1000m² großen Innenhof, sondern auch über gleich mehrere Terrassen. Eine der Terrassen könnte als Außenbereich für die Anbindung eines Betriebskindergartens genutzt werden. Dazu gibt es gleich mehrere Möglichkeiten.

- Zwei Standorte für Schauspiel und Oper entzerrt Platzsituation

Die Mitarbeiter der Bühnen klagen zu Recht über drangvolle Enge und wer je die Büros aufgesucht hat, wird das gut verstehen. Nur eine Separierung beider Spielhäuser kann zu einer Entspannung und zu mehr Raum für den einzelnen Mitarbeiter führen. Die Mitarbeiter eines künftigen Opernhauses im Osthafen werden über andere, ebenso reizvolle Vorteile verfügen: Einen wundervollen Blick über den Main und – je nach Lage- auch über die Skyline. Grünbereiche im nebengelegenen Osthafen-Park animieren zum Spazierengehen und entspanntere Einkaufssituationen findet man in der näheren Umgebung. Die ÖPNV-Situation vor Ort müsste freilich noch verbessert werden.

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23. Das Kammerspiel

Eigentlich handelt es sich bei dem Gebäudekomplex am Willy-Brandt-Platz nicht um eine Theaterdoppelanlage, sondern um eine „Triplexanlage“, denn zu oft wird in den Diskussionen und Betrachtungen das Kammerspiel unterschlagen.

Im Falle einer Auseinanderlegung von Schauspiel und Oper, sollte das Kammerspiel logischerweise beim Schauspiel, also am Willy-Brandt-Platz verbleiben. Für einen Saal mit knapp 200 Zuschauerplätzen ist dort noch genügend Raum. Zudem bietet der Seeling- Bau die Möglichkeit, das Entree des Kammerspiels endlich weg zu verlegen, von der verkehrsumtosten Ecke am südöstlichen Eck des Bühnen-quartieres.

Unser Vorschlag lautet, dass der Eingang in den Innenhof gelegt werden sollte. Somit hätte das Kammerspiel gleich ein eigenes, wesentlich attraktiveres Entree. Nach den Vorstellungen kann man sich gleich in den Garten setzen und dort seinen Wein genießen. Besser geht es nicht.

Möglicher Zugang zum Kammerspiel durch den Innenhof

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24. Themenkomplex Moderne Theatertechnik in historischen Gebäuden

Lässt sich moderne Technik überhaupt in einem historischen Seeling-Bau unterbringen?

Ganz eindeutig: Ja. Europaweit gibt es historische Baudenkmäler, die noch immer als Theater genutzt werden und dabei hervorragend funktionieren. Die in Frankfurt immer wieder geäußerte Behauptung, moderne Bühnentechnik würde sich nicht mit historischer Bauweise vertragen, stimmt einfach nicht. Zwei Beispiele seien hier genannt:

Beispiel 1: Das Burg-Theater in Wien

Das 1880 erbaute Theater ist eine feste Kulturgröße Österreichs und eines der beliebtesten Theater Europas. Das Gebäude existiert ohne jegliche Anbauten und steht in seiner Grundstruktur trotz verschiedener Umbauten im Prinzip unverändert.

Beispiel 2: Das Gran Teatre del Liceu in Barcelona

Das größte spanische Opernhaus wurde 1847 eröffnet und wurde nach einem Brand 1994 fachmännisch rekonstruiert und 1999 wiedereröffnet. Es verfügt über 2.280 Sitzplätze.

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Maße Altes Schauspielhaus vs. Aktuelles Schauspiel im Vergleich

Immer wieder wird von unkundiger Seite behauptet, dass ein modernes Theater ja nicht mehr in ein historisches Schauspielhausgebäude passen könne. Gegenbeweise in Wien, Lissabon und Barcelona haben wir bereits aufgeführt.

Um aber genau zu sein, haben wir die Maße der Bühnenräume „Altes Schauspiel vs. aktuelles Schauspiel“ noch einmal recherchiert und nebeneinandergestellt. Fazit: Die Bühne des alten Schauspielhauses war größer. Der Zuschauerraum und die die Bühnen- raumhöhe des Seeling-Baus von 1902 war sogar deutlich größer. Das historische Theater hat zudem deutlich mehr Besucher gefasst. Lediglich die Portalbreite des historischen Theaters war nur 10m breit, statt heute 24. Dies war dem Umstand geschuldet, dass auch seitliche Logen angeordnet waren. Portale waren damals zudem generell schmaler. Wenn man auf diese verzichtet, kann man im alten Schauspielhaus auch eine 24m breites

Bühnenportal realisieren. Heutiges Historisches Bemerkungen Schauspiel Schauspielhaus

Zuschauer 680 1.166 = 70% mehr Plätze als im hist. Schauspielhaus Bühnenraumbreite 24m 24m Bühnenraumtiefe 23m 25m Bühnenraumhöhe 26m 30m Portalhöhe 8m 8,5m Sichtbarer, äußerer Bühnen-„Rahmen“ Portalbreite 24m 10m* *Portal kann erweitert werden, wenn seitliche Ränge entfallen Zuschauerraum 11m 17m Maximale Raumhöhe Höhe

Blick in das heutige Frankfurter Schauspiel

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1902

2020

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25. Kostet ein historisches Schauspielhaus mehr als ein modernes?

Grundsätzlich nicht. Bezüglich der Baukosten ist festzuhalten, dass der Löwenanteil der Projektenwicklung eines Schauspielhauses ähnlich hoch wäre, egal ob es sich um eine traditionelle oder um eine moderne Architektur handelt. Kosten wie beispielsweise Planung, Fachpersonal, Abriss, Aushub, Tiefbau, Tragwerksplanung und Theatertechnik blieben gleich. Lediglich die Fassade könnte in unserem Fall kostenintensiver werden, da es sich beim Neorenaissance-Stil um Natursandstein und um Bildhauerarbeiten handelt. Andererseits sind bedeutende Teile des alten Schauspielhauses samt der Jugendstil- Treppenhäuser noch vorhanden und müssen nur freigelegt und saniert werden. Dies spart Kosten ein.

Am aufschlussreichsten ist der unmittelbare Kostenvergleich von Fassaden pro Quadratmeter:

Quadratmeterpreise einer Fassade im Mittel:

- Hochwertige Natursteinfassade bei einem Bürogebäude 600 Euro

- Fassade modernes Schauspielhaus geschätzt gem. PFP 1.500 Euro

- Natursteinfassade Schauspielhaus (vorläufige Schätzung) 2.800 Euro

- Fassade der Elbphilharmonie und neues Pariser Konzerthauses 4.500 Euro

Fazit: Auch und gerade bei modernen Schauspielhäusern spielt eine unverwechselbare und edle Fassade mit neuen architektonischen Experimenten eine immer größere und wichtigere Rolle. Damit steigen Anforderung und Kosten. Daher können die Fassaden- kosten eines modern gestalteten Schauspielhauses sogar noch deutlich höher ausfallen als die einer Neorenaissance-Fassade!

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26. Seeling-Bau-Fassadenberechnung nach Stuhlemmer

Das renommierte Architekturbüro von York Stuhlemmer Berlin hatte in der Frühphase die Fassaden für das Berliner Schloss und für das Braunschweiger Schloss berechnet. York Stuhlemmer hat auf Basis unserer Daten in Frankfurt auch die Kosten für die Sandstein- fassade des Frankfurter Schauspielhauses errechnet.

Diese betragen inkl. Bildhauerarbeiten und Montage ca. 11,5 Mio. Euro.

Davon in Abzug gebracht werden müssten jedoch die Kosten, die im Falle eines moder- nen Baus sowieso anfallen würden. Entsprechend groß oder gering wäre das ermittelte Delta. Grob gerechnet gehen wir davon aus, dass dieses Delta, also die Mehrkosten für die Fassade des Seeling-Baus nur ca. 6 Mio. Euro betragen würden.

Berechnungsgrundlage für die Fassadenberechnung: Sämtliche Fassaden des Bühnenhauses, sowie die Längsfassade des Kolonnadenhofes, nicht jedoch der

geplante östliche Anbau (Faust-Eck), der ggf. ja als separate Projektentwicklung beispielsweise in Form eines Hotels errichtet werden könnte.

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Seeling-Bau Fassadenberechnung nach Stuhlemmer

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27. Kostenberechnung Seeling-Bau + Ergänzungsbauten:

Freilegung, Sanierung, Ergänzung und Anbau des Seeling-Baus durch angepasste Teile, sowie die Rekonstruktion der östlichen Blockrandbebauung wurden von Braun Schlocker- mann Dreesen 2018 erneut auf Basis und des Zahlenmaterials des PFP-Gutachtens errechnet und betragen demnach:

420.132.000 Euro

28. Weitere Erlöse: Veräußerung des östlichen Gebäudeflügels

Bei einer Errichtung des Schauspielhauses am alten Standort Willy-Brandt-Platz, würde der östliche Gebäudebereich nicht betriebsnotwendig sein und könnte veräußert werden (siehe rote Linie unten), beispielsweise für ein Hotel. Da eine Veräußerung eines städtischen Grundstücks jedoch nicht mehr praktiziert wird, könnte die ABG Holding diesen Gebäudeteil projektieren, bauen und als Wohnimmobilie oder Hotel zu Höchst- preisen auf Erbpachtbasis vermarkten. Die hierbei eingespielten Erlöse könnten in die Gesamtkalkulation einfließen und beliefen sich nach jetziger erster Schätzung auf ca.

50.000.000 Euro

(Rest-Saldo: 370.132.000 Euro)

Der östliche Gebäuderiegel könnte für Fremdnutzung, etwa für hochwertige Wohnungen oder für ein Hotel auf Erbpacht-Basis veräußert werden und somit zu einem Teil das Schauspielhaus gegenfinanzieren.

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29. Weitere Einnahmen: Der geplante „Frankfurter Schauspielhaus-Fonds“

Nach dem Vorbild der seinerzeitigen „Aktionsgemeinschaft Opernhaus e.V.“ zur Rettung der Alten Oper, gründete sich im April 2018 eine „Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus“. Diese Initiative wird, wie seinerzeit auch, eine Spendenkampagne in Gang setzen und bei Frankfurter Bürgern und Unternehmern um finanzielle Unterstützung werben.

Der damaligen Aktionsgemeinschaft Opernhaus war es gelungen, innerhalb von 10 Jahren, 20 Mio. D-Mark für den Wiederaufbau (valutiert wie heute etwa in Euro) zu sammeln. Es wird angestrebt, zur Finanzierung des Wiederaufbaus des alten Schauspiel- hauses einen Spendenbeitrag von 46 Mio. Euro zu erzielen, der in einem Zeitraum von acht Jahren, und zwar von 2021 bis 2031 gesammelt werden sollte. Zu solch einer Spendenaktion wurde auch jüngst vom renommierten Architekt Christoph Ingenhoven geraten, da dies auch den Zusammenhalt der Frankfurter Stadtgesellschaft stärke.

Zum Vergleich: Städel- und Schirn-Direktor Max Hollein war es seinerzeit gelungen, für den Erweiterungsbau des Städel in wenigen Jahren mit seiner „Gelbe Gummistiefel“- Kampagne 26 Mio. Euro Privatspenden zu sammeln. Dem Initiator des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses, Wilhelm von Boddien ist es gelungen, in acht Jahren 85 Mio. Euro an Spendengeldern zu sammeln. Herr von Boddien ist auch bereit, die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus in der Umsetzung und Ausformung einer solchen Kampagne zu beraten.

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In der Gesamtbetrachtung sehen wir also die Möglichkeit, mittels einer gut konzipierten Spendenkampagne (z.B. durch Widmung von einzelnen Säulen und anderen Werksteinen) und unter Mithilfe von fähigen Protagonisten, in einem Zeitraum von zehn Jahren ein

Spendenaufkommen von (geschätzten)

46.000.000 Euro

(Rest-Saldo Schauspielhaus: 324.132.000 Euro) zu erzielen. Im vorangegangenen Kapitel haben wir dargelegt, wie wir die Kosten des Wiederaufbaus des Schauspielhauses mittels einer langangelegten Spendenaktion reduzieren würden. Da insbesondere der historische Seeling-Bau auf eine lange Frankfurter Tradition zurückblickt und seine Freilegung und „Wiederentdeckung“ als wichtiger Frankfurter Kulturbau bei der Bevölkerung große Emotionen hervorruft, würden wir die bereits erwähnte Spendenkampagne allein auf das Schauspielhaus richten.

Ebenso würden wir Förderanfragen bei Land und Bund auf das alte Schauspielhaus hin ausrichten. Zum einen, weil Frankfurt als internationalste Stadt Hessens mit einem historischen Schauspielhaus sich damit in eine Reihe stellt mit anderen europäischen Metropolen und ihren historischen Theaterhäusern wie z.B. in Wien, Paris oder Barcelona. Zum anderen, weil Frankfurt am Main durch die Zuweisung des Titels „Europastadt“ mit Sitz der Europäischen Zentralbank EZB, aber auch insbesondere nach dem BREXIT verstärkt nationale Aufgaben übernimmt und hierfür Förderungen reklamieren sollte, um als internationaler Finanzplatz von Rang auch ein entsprechendes Kulturangebot im Premium-Format präsentieren zu können.

a. Landesmittel Während der städtische Haushalt immer mehr darunter leidet, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, wie beispielsweise vermehrte Ausgaben im Sozia- lbereich, im Bau von Schulen, Kindergärten, Verkehrsmaßnahmen, etc., vermeldet der Hessische Finanzminister jedes Jahr neue Rekordeinnahmen. Darüber hinaus wird das Frankfurter Kulturangebot extrem stark auch von Bewohnern der ganzen Rhein-Main-Region und darüber hinaus in Anspruch genommen. Dies kann die Mainmetropole im bisherigen Maßstab nicht mehr alleine leisten. Wir sind daher der Meinung, dass sich das Land selbstverständlich beim Wiederaufbau des alten Schauspielhauses engagieren sollte, und zwar mit mindestens

20% = 84.026.400 Euro

Im Gegenzug könnte die Oper in Zukunft „Hessische Staatsoper“ heißen, denn bislang hat Hessen zwar ein Staatstheater, aber keine Staatsoper. Viele andere

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Bundesländer wie Bayern, Berlin, Baden-Württemberg, Sachsen, etc. verfügen über eine Staatsoper. Insofern ist dies ein erprobtes und bewährtes „Label“.

In diesem Falle sollte die Hessische Staatsoper aber auch zu einem Teil bei den laufenden Kosten vom Land gefördert werden. Stadtkämmerer Uwe Becker hat ja bereits Ansprüche an das Land formuliert. Zunächst müsste aber genau definiert werden, wie hoch die Zuschüsse genau wären und ein zumindest grober Fahrplan für den Bau von Oper und Schauspiel müsste erst einmal verabschiedet werden.

Wir möchten bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass diese Landesmittel ja kameralistisch gesehen nicht auf einen Schlag flössen, sondern über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren im Rahmen eines Mittelabflussplans zugewendet werden würden, was einem jährlichen Landeszuschuss von „nur noch“ 8,4 Mio. Euro entspräche. b. Bundesmittel Als mit Abstand wichtigster Finanzplatz Deutschlands mit dem größten Flughafen der Republik, sollte die Freilegung und Ergänzung auch Bundesmittel zustehen. Nach unserer Auffassung sollte sich der Bund hierbei mit ebenfalls

20% = 84.026.400 Euro

beteiligen. Die Begründung fällt leicht, denn wir haben einmal nachgeforscht, welche Kulturbauprojekte der Bund in den vergangenen 10 Jahren in welchem Bundesland gefördert hat. Das Ergebnis ist ernüchternd: Große und größte Bundesmittel flossen nicht nur in Projekte in Berlin und andere schwache Bundesländer, sondern auch an vermeintlich reiche Städte wie Hamburg oder Mannheim. Fazit: Frankfurt findet sich schon lange nicht mehr auf solch einer Förderliste.

Bundesmittel - Einige Beispiele aus jüngerer Zeit: - Landestheater Oberpfalz 2018: 12 Mio. Euro - Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Ostdeutschland: 79 Mio. Euro - Nationaltheater Mannheim 2018: 80 Mio. Euro - Verschiedene große Kulturprojekte in Hamburg (2015 – 2020): 139 Mio. Euro - Die Bundeshauptstadt erhält aus dem Haushalt der Beauftragten für Kultur und Medien jährlich sogar 428 Mio. Euro!

Diese vorgenannten Beispiele lassen nur eine Schlussfolgerung zu: Jetzt ist Frankfurt mal an der Reihe! Insbesondere das Beispiel der Förderung des Nationaltheaters in Mannheim mit einem Förderbetrag von 80 Mio. Euro bietet sich

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erstklassig als Referenzgröße an und sollte als Beispiel herangezogen werden. Wobei noch die Bemerkung erlaubt sei, dass der Name „Nationaltheater“ doch etwas aufgeplustert erscheint und dieses Theater über das Bundesland Baden- Württemberg hinaus kaum Bedeutung hat. Es sei noch darauf hinzuweisen, dass die Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt bereits mit fast allen Frankfurter Bundestagsabgeordneten über mögliche Bundeszuschüsse gesprochen hat und ausnahmslos alle MdBs bereit waren, in Berlin Fördergelder für eine Oper in Frankfurt zu reklamieren. Aber auch hier gilt natürlich: Zunächst muss die Stadt einen verbindlichen Beschluss formulieren und die Kosten, sowie der konkrete Förderbetrag, müssen klar formuliert werden.

30. Kosten und mögliche Zuschüsse für die Neue Oper

Die Kosten für den Neubau einer Oper inklusive Technik als Stand-Alone-Lösung würde gemäß der vorliegenden Kostenschätzung der Hamburger Architekturbüros PFP, so wie sie vom Frankfurter Büro Braun Schlockermann Dreesen herausgezogen wurden, 370.455.000,- Euro betragen. Diese Kosten beinhalten bereits Risiko- zuschläge und Aufschläge im Sinne allgemeiner Kostensteigerungen über den gesamten Planungs-zeitraum. Der Betrag könnte sich theoretisch nach oben verschieben, wenn eine besonders extreme Architektur realisiert werden müsste (siehe Elbphilharmonie). Daher sollten bei einem noch durchzuführenden Architektenwettbewerb die Baukosten unbedingt ein wichtiges Entscheidungs- kriterium sein, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

EU-Mittel

Bereits seit Jahren fördert die EZB in Frankfurt die sehr beliebten „Europäischen Kulturtage“. Dieses Jahr förderte die EZB zudem die vielbeachtete Aufführung des HR-Sinfonieorchesters in der Weseler Werft. Der vom kulturpolitischen Sprecher der CDU, Dr. Thomas Dürbeck ins Gespräch gebrachte Opernstandort Osthafen, gleich neben der EZB, lässt einmal mehr hoffen, dass sich die EZB oder die EU doch für eine Förderung einer neuen Oper in Reichweite der Europäischen Zentralbank erwärmen würde. Grundsätzlich steht diesem Ansinnen das „nonterritoriale Prinzip“ der EZB entgegen. Dies bedeutet, dass die Europäische Nationalbank grundsätzlich kein EZB-Land mit Projekten bevorzugen darf. Andererseits gibt es ja bereits jedes Jahr die Europäischen Kulturtage, und zwar nur in Frankfurt. Zudem haben wir mit dem Europaabgeordneten Thomas Mann a.D. einen Mitstreiter gefunden, der sich bereits heute schon für unser Konzept sehr einsetzt. Daher ist eine Förderung einer solchen neuen Oper aus Brüssel durchaus in Reichweite des Möglichen, vielleicht sogar einst als eine „European Opera Frankfurt“.

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31. Zusammenfassung der Gesamtkalkulation

Grundlage für die Bau- und Planungskosten für Oper und Schauspielhaus ist das bereits erwähnte Gutachten des Hamburger Planungsbüros PFP. Das renommierte Architektur- büro Braun & Schlockermann hatte bereits 1987 den nach dem Brand in der Theater- doppelanlage den Neubau konzipiert und auch umgesetzt.

Das Nachfolge-Büro hat nunmehr auf Grundlage der Zahlen des PFP-Gutachtens eine neue Kostenberechnung erstellt und ermittelt, was eine getrennte Errichtung, bzw. Sanierung beider Gebäude kosten würde. Hierbei wurden folgende Zahlen ermittelt:

Baukosten brutto inklusive Risikozuschlag und Preissteigerungen:

Schauspielhaus: = 420.132.000 Euro

- abzgl. 20% Finanzierungsbeitrag Land Hessen* = - 84.026.400 Euro

- abzgl. 20% Finanzierungsbeitrag Bund* = - 84.026.400 Euro

- abzgl. Erlös aus Vermarktung Schauspielh. Ostflügel: = - 50.000.000 Euro

- abzgl. Einnahmen aus Spendenfonds in 10 Jahren: = - 46.000.000 Euro

Summe Schauspielhaus = 156.079.200 Euro

Bauzeit bei theoretisch sofortiger Beauftragung: ca. 10 Jahre

* Mittelzufluss verteilt auf 10 Jahre Die Kosten beinhalten allgemeine Kostensteigerung und Risikozuschläge, sowie die Abrisskosten. Zur Einhaltung der Kosten wäre es jedoch eine unabdingbare Voraussetzung, ein fähiges Planungs- und Bausteuerungsteam zu haben, wie beispielsweise beim Berliner Schloss. Hier wurden die Gesamtbaukosten von 595 Mio. Euro, sowie der Bauzeitplan fast exakt eingehalten.

Neues Opernhaus: = 240.000.000 Euro

(netto, gem. Berechnung

Bürgerstiftung Neue Oper)

Die Summe für das neue Opernhaus könnte überwiegend aus der Bürgerstiftung Neues Opernhaus gespeist werden, welche sich bereits gegründet und 5 Mio. Stiftungskapital eingezahlt hat. Noch hat sich die Stadt nicht durchgerungen, dem zuzustimmen.

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32. „Die Große Rochade“: Zeitstrahl und Bauabfolge

Vorgenannte Einsparungsmöglichkeiten können nur dann erzielt werden, wenn sich Land und Bund entsprechend an den Kosten beteiligen und wenn Bau und Umzug der beiden Spielhäuser in folgender Reihenfolge erfolgen. Somit entfiele auch der Betrag für Zwischennutzungen in Höhe von 78.000.000 Mio. Euro: a. 2021: Start der Architektenausschreibung Neubau Opernhaus (beispielsw. Osthafen) b. 2022: Baubeginn neue Oper c. 2027: Umzug und Eröffnung der neuen Oper d. 2027: Abriss „West-Flügel“ (ehemalige Oper), bzw. Freilegung Seeling-Bau e. 2030: Fertigstellung und Umzug des Schauspiels in fertiggestellten West-Flügel f. 2030: Abriss des Ost-Flügels (bisheriges Schauspielhaus von 1962) g. 2032: Fertigstellung des Ost-Flügels mit historischer Blockrandbebauung, Kolonnaden und Hofgarten. Fertigstellung des Gesamtensembles am Willy-Brandt-Platz

Alternativ-Ort???

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