Ausgabe 04/2017 | F 54017 | ISSN 1860-5648 | www.julis.de

Das Mitgliedermagazin der Jungen Liberalen GESTERN IST VORBEI!

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Nur zwei Wochen nach der Bundestagswahl kamen Junge Liberale aus ganz Deutschland am 7. und 8. Oktober in Jena zusammen. Auf dem ersten Bundeskon- gress nach der Rückkehrwar der die Freien Stimmung Demokraten hervorragend. in den Deutschen

Die Antragsdebatten waren wie immer hitzig, aber konstruktiv. Besonderstags­abgeordneten gefreut haben wir uns über den Besuch der frisch gewählten JuLi-Bundes­ und FDP-Generalsekretärin, . INHALT 04/2017

6–7 14–15 2 Kurz und Knapp Raus aus der APO, Freiheitsrechte – 4 Unsere neuen JuLi-Bundes- rein ins Vergnügen? Quo vadis? tagsabgeordneten Der Wiedereinzug der Freien Was in den nächsten vier Jahren in 6 Raus aus der APO, rein Demokraten ändert auch die Lage einer möglichen Jamaika-Koalition ins Vergnügen? der Jungen Liberalen. Sie stehen passieren muss, damit wir 2021 nicht wieder viel stärker im Fokus der im Orwell-Staat aufwachen. 8 Internationale Seite Öffentlichkeit. Das birgt Risiken, 10 Kein gemeinsamer Kompass aber auch viele Chancen. führt nach Jamaika Was nun? 16–17 22–23 12 Opposition ist eine Chance Die beste Bildung der Welt Das Gesicht des bürger- 14 Freiheitsrechte – Quo vadis? Das liberale Steckenpferd heißt lichen Antifaschismus 16 Die beste Bildung der Welt Bildung. Füllen wir die Phrase der 94 Abgeordnete der AfD ziehen 18 Digitale Strategie gesucht! „besten Bildung der Welt“ endlich in den neuen Deutschen Bundes- mit entsprechendem Inhalt. Denn tag ein. Es ist Zeit eine wirksame 20 Nur vier Jahre Zeit in unserem Bildungssystem gibt es Strategie für den Umgang mit ihnen Plädoyer für eine neue EU genug Stellen, an denen Verbesse- und dem Rechtspopulismus zu rungen nötig sind. 22 Das Gesicht des bürgerlichen entwickeln. Ein Versuch. Antifaschismus 23 Impressum

EDITORIAL Hallo, ihr Lieben!

Wir haben es geschafft! Mit fantastischen 10,7 Prozent sind die Freien Demokraten wieder in den Bundestag zu- rückgekehrt. Mit einem überdurchschnittlichen FDP-Ergebnis bei den Jung- und Erstwählern haben die Jungen Liberalen großen Anteil daran, dass von nun an wieder eine liberale Stimme im Parlament zu hören ist. Und unser Einsatz wurde belohnt: Von unseren bundesweit 70 JuLi-Kandidaten sitzen nun zwölf als Abgeordnete im neuge- wählten Bundestag. Wer diese zwölf JuLis genau sind und was sie in den kommenden vier Jahren im Bundestag bewegen wollen, kannst Du auf der nächsten Seite lesen.

Nicht nur für unsere zwölf JuLi- und die weiteren 68 FDP-Abgeordneten geht die Arbeit jetzt erst richtig los. Nach- dem sich die SPD in die Opposition verabschiedet hat, gibt es rechnerisch nur eine Mehrheit für eine Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen. Doch nachdem die FDP die Sondierungsgespräche nach über vier Wochen nun abgebrochen hat, ist die Zukunft aktuell noch sehr ungewiss. Wird es Neuwahlen geben? Sollte die FDP in eine Minderheitsregierung mit der CDU? Oder sollten wir das den Grünen überlassen? Die Jungen Liberalen müssen diesen schwierigen Prozess kritisch begleiten und – mehr noch als zuvor – Stachel im Fleisch der FDP sein. Denn Gestern ist vorbei.

Über das Morgen möchte ich deshalb in diesem jung + liberal mit Dir diskutieren. Was erwartest Du von den kom- menden vier Jahren? Wie soll Deutschland 2021 aussehen? Welche Projekte vertragen keinen weiteren Aufschub? Soll die FDP in die Regierung oder in die Opposition? Welche Themen und Forderungen müssten unbedingt in den Koalitionsvertrag? Und: Was bedeutet es für die Jungen Liberalen konkret, nicht mehr APO-Jugendorgani- sation zu sein? Einige Vorschläge kannst du in diesem Heft lesen. Viel Spaß!

Eure Laura Für Fragen und Feedback erreicht ihr mich jederzeit unter [email protected].

JUNG+LIBERAL 04/2017 Inhalt / Editorial 3 Beerrrllliiinnn UnsereUnsere iinnn BBe JuLi-Bundestagsabgeordneten uuccchhh i JuLi-Bundestagsabgeordneten rrr eeeu FFFüüü

MARIO BRANDENBURG DR. 33 Jahre, Wirtschaftsinformatiker, 31 Jahre, Politologe, wohnt in Rülzheim (Pfalz). wohnt in der Kurpfalz. 30 Jahre, Wirtschaftsingenieurin, Mario studierte Wirtschaftsinformatik und ist Nein, Jens ist nicht mit Mario verwandt. Er wohnt in Landshut. bei Europas größtem Softwarekonzern tätig. promovierte an der Universität Mannheim in Nicole studierte an der Fachhochschule Der Anspruch, die Digitalisierung voranzutrei- Politikwissenschaft und VWL und arbeitet Landshut und bringt Erfahrungen aus ben, ist somit auch neben seinem Engagement seither als Unternehmensberater. Jens möchte China, den USA und England mit. Familie, bei den Freien Demokraten beruflicher Alltag. Generationengerechtigkeit und eine Reforma- Kinder, Bildung und Landwirtschaft zählen Mario ist zudem begeisterter Fürsprecher für tion der sozialen Marktwirtschaft durchsetzen. zu ihren Herzensangelegenheiten. Gründer, Europa und setzt sich für eine verbes- Digitalisierung, Recht und Bildung sind eben- serte Gesellschafts- und Drogenpolitik ein. falls auf seiner Agenda ganz oben.

KONSTANTIN KUHLE KATHARINA KLOKE 28 Jahre, Rechtsanwalt, 30 Jahre, Rechtsreferendarin, DR. LUKAS KÖHLER wohnt in Göttingen. wohnt in Aachen. 31 Jahre, Philosoph, Konstantin ist Bundesvorsitzender der Jungen Katharina hat ihr Studium der Rechts- wohnt in München. Liberalen, hat in Paris und Hamburg Rechts- wissenschaft in Bonn absolviert und ist Denken wir neu – Lukas verinnerlicht das wissenschaft studiert und kandidierte auf Platz überzeugte Verfechterin der Freiheiten für Konzept auch im Alltag. Der promovierte sechs der Landesliste der FDP Niedersachsen. das Individuum. Recht und Generationen- Philosoph strebt nach Veränderung und Er selbst beschreibt sich als glühenden Europä- gerechtigkeit sowie Einwanderung sind lässt diesen Ansatz auch in seine Arbeit er und reiht sich somit in die pro-europäische ihre Hauptthemen. als Geschäftsführer des von ihm mitge- Tradition der Freien Demokraten ein. Weiter gründeten Zentrums für Umweltethik und sind Innere Sicherheit, Bürgerrechte, Bildung Umweltbildung einfließen. Im Fokus stehen und Digitalisierung seine Anliegen. bei Lukas insbesondere Menschenrechte, Generationengerechtigkeit und Umwelt.

4 Beerrrllliiinnn UnsereUnsere iinnn BBe JuLi-Bundestagsabgeordneten uuccchhh i JuLi-Bundestagsabgeordneten rrr eeeu FFFüüü

KATRIN HELLING-PLAHR 31 Jahre, Rechtsanwältin für Medizin- DR. recht, wohnt in Hagen. 28 Jahre, Kommunikationsreferentin, 33 Jahre, Politikwissenschaftler, Katrin ist Fachanwältin für Medizinrecht und wohnt in Kiel. wohnt in Stendal. studierte in Münster. Nach ihrem Abschluss Seit sieben Jahren ist Gyde bei den Jungen Li- Marcus studierte in Potsdam und Sidney und kam sie wieder in ihre Heimatstadt Hagen beralen in Schleswig-Holstein und kandidierte promovierte zum Thema Direkte Demokratie. zurück. In ihrem politischen Fokus stehen auf Platz vier der Landesliste für die Bundes- Seit 16 Jahren ist er politisch bei der FDP aktiv Leistungsgerechtigkeit, Recht, Gesundheit tagwahl. Sie studierte Politik und Anglistik in – der Einzug in den Bundestag war somit ein zu und Generationengerechtigkeit. Kiel und engagiert sich seit 2010 für die FDP erwartendes Ereignis. Bildung, Infrastruktur und die Jungen Liberalen. Ihr Fokus: Außenpo- und Bürgerrechte rangieren ganz oben auf litik, Europa, Digitalisierung und Familie. Marcus Agenda.

BENJAMIN STRASSER ROMAN MÜLLER-BÖHM 30 Jahre, Rechtsanwalt, 24 Jahre, Student, MATTHIAS SEESTERN-PAULY wohnt in Weingarten. wohnt in Oberhausen. 33 Jahre, Studienassessor, Vor seiner Bundestagskandidatur war Ben- wohnt in Osnabrück. Roman ist der jüngste Abgeordnete des jamin als parlamentarischer Berater für den Bundestages, was ihn jedoch nicht von der Ge- Matthias unterrichtet seit 2014 am Gymnasium Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll im Landtag staltung der politischen Trendwende abhalten in Osnabrück. Optimale Voraussetzung also, von Baden-Württemberg tätig und arbeitete wird. Ganz im Gegenteil: Roman hat konkrete seine Expertise im Politikfeld Bildung einzu- als Syndikusrechtsanwalt mit Schwerpunkt Vorstellungen, wie er Deutschland verändern bringen. Für die Themen Forschung, Demokra- Arbeitsrecht. Mit voller Überzeugung setzt er möchte. Neben seinem politischen Engagement tie und Finanzen setzt sich Matthias ebenfalls sich für Digitalisierung, Infrastruktur, Bildung studiert er Rechtswissenschaft und bereitet besonders ein. und eine starke Wirtschaft ein. sich derzeit auf sein erstes Staatsexamen vor. Seine Themen: Digitalisierung, Infrastruktur und Innere Sicherheit.

JUNG+LIBERAL 04/2017 5 Raus aus der APO, rein ins Vergnügen?

Der Wiedereinzug der Freien Demokraten ändert auch die Lage der Jungen Liberalen. Als Ju- gendorganisation einer im Bundestag – womöglich sogar in der Regierung vertretenen – Partei stehen sie viel stärker im Fokus der Öffentlichkeit. Das birgt Risiken, aber auch viele Chancen.

er auf dem Bundeskongress in Jena war, hat viel Vertrautes erlebt: Hitzige Debatten, in der Sache hart, im Stil fair, und natürlich eine gewohnt gute Mi- schungW aus Programmatik und Party. Ungewohnt war allerdings, dass die Beratung zeitweise von einem Kamerateam begleitet wurde und die Tagesschau über diese berichtete. Nach vier Jahren am Rande der Bedeutungslosigkeit muss man sich daran erst wieder gewöhnen. Die Julis sind jetzt die Jugendorganisation der vierstärksten Kraft im Bundestag. Zwölf unserer Mitglieder ver- treten künftig jung-liberale Positionen im Parlament. Sollten die JuLis Regierungsjugend werden, wird die Aufmerksamkeit sogar noch zunehmen. Das wirft viele Fragen auf. Klar ist nur: Es wird sich einiges ändern.

German Demut statt German Hochmut

Erfolg ist eine gefährliche Sache. Er verführt dazu, sich auszuruhen und gegenüber weniger er- folgreichen Konkurrenten arrogant und überheblich zu werden. Das ist in der Politik nicht anders Photo by Ishan @seefromthesky on Unsplash Ishan @seefromthesky by Photo als im Beruf oder im Privatleben. Das Wichtigste ist deshalb, einen kühlen Kopf zu bewahren. Die Wahlperiode 2009 begann mit dem größten Erfolg in der Geschichte der FDP und endete mit einem historischen Absturz. Wichtig ist deshalb, dass wir den Wahlerfolg, der zu einem guten Stück auch den JuLis und dem sehr guten Ergebnis bei den jungen Wählern zu verdanken ist, nicht als Abschluss unseres Modernisierungsprozesses sehen, sondern als Arbeitsauftrag, ihn fortzuführen. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, sondern müssen umso engagierter für liberale Themen eintreten.

6 Das Ausscheiden aus dem Bundestag war kein Zufall. Aus den Fehlern tagswahlen dieses Jahr deutlich zu übertreffen. von damals müssen wir heute die richtigen Schlüsse ziehen. Liberale Po- Im Übrigen hängt die innverbandliche Vielfalt stark mit dem Wirken sitionen dürfen nicht zur Beliebigkeit hin verwässert werden. Die JuLis nach außen, eben wieder der Empathie als Grundeinstellung, zusammen. sind diejenigen, die immer wieder mit neuen Vorschlägen Debatten in Immer noch gelten die Jungliberalen als die, bei denen Businness-Out- der FDP anstoßen müssen. Zugleich müssen wir auch darauf achten, fits Pflicht sind. Solche Klischees verschwinden nicht leicht. Es braucht dass unsere gemeinsamen Grundwerte und Wahlversprechen von der stetige Übung, zu zeigen, dass wir ein offener Verband sind, wo sich jeder Mutterpartei nicht geopfert werden. Denn eines sollte jedem bewusst und jede wohlfühlen kann. Das fängt mit Details an. Die Übersetzung sein: Eine zweite Chance zum Neuanfang wird es für die Freien Demo- für Gehörlose beim Bundeskongress war ein schönes Zeichen. kraten nicht geben.

Programmatik neu denken Strukturreformen: Die unendliche Geschichte

Im Wahlkampf herrschte um des gemeinsamen Erfolges willen ein Burg- Seit 2013 hat sich einiges getan bei den Freien Demokraten. Vieles wurde frieden innerhalb der Partei und zwischen den Freien Demokraten und von den JuLis angestoßen. Nach dem grandiosen Erfolg fiele es leicht, den JuLis. Nach der Wahl ist wieder Zeit für inhaltliche Auseinander- sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Es ist aber noch einiges zu setzungen. Im Wahlkampf fielen manche Äußerungen von führenden tun. Die Listenaufstellung darf gerne noch transparenter, die Diskussi- FDP-Politikern, die kritikwürdig sind. Ein Beispiel ist die bewusst miss- onskultur noch lebhafter werden. Gerade wenn es mal wieder schlechter verständliche Aussage von zur Krim-Annexion. Es ist läuft, ist es wichtig, auf Fehler hinzuweisen. Die Möglichkeiten der Digi- die Verantwortung der JuLis, diejenigen zu sein, die solche Aussagen talisierung sind auch parteiintern stärker zu nutzen. – parteiintern, aber auch offen – kritisieren. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit der „neuen FDP“ ist, dass sie Der Erfolg der Freien Demokraten bei jungen Menschen legitimiert nicht, jetzt wo sie wieder Ämter und Mandate hat, in alte Selbstherrlich- die JuLis, in den kommenden Jahren weiter die inhaltliche Debatte zu keit verfällt. Die Beteiligung der Basis muss beibehalten und ausgebaut prägen. Manche Themen laden dazu ein, jeweils einen Schritt weiter zu werden. Die früher zuweilen etwas kalt-elitäre Art der FDP-Amtsträger, gehen. Das Bekenntnis der FDP zur Cannabis-Legalisierung sollte nur muss dauerhaft durch die im Leitbildprozess verankerte Empathie er- der Anfang einer umfassenden Legalisierungsstrategie sein. Die Ehe setzt werden. für alle muss zur Elternschaft für alle führen, auch über Eizellen- und Gerade weil die JuLis diese Strukturreformen bei den Freien Demo- Samenspenden oder Leihmutterschaft. Die JuLis müssen darauf hin- kraten vorantreiben, müssen sie auch selbst weiter an sich arbeiten. wirken, dass Freiheitsbeschränkungen aller Art, egal ob auf wirtschaft- Vielleicht noch stärker als bei der FDP müssen die JuLis Mitglieder, die lichem oder gesellschaftlichem Gebiet, nicht nur limitiert bleiben, son- nicht in großen Städten leben, anders als über die klassische Kreisver- dern konsequent zurückgenommen werden. Schließlich sollte auch der bandsstruktur erreichen. Die Hemmschwelle, sich zu beteiligen, auch zu aus liberaler Sicht wohl sensibelste Politikbereich, das Strafrecht, einer kandidieren, muss weiter sinken. Die Arbeit der Strukturkommissionen gründlichen Überprüfung unterzogen werden. sollte in absehbarer Zeit fortgesetzt und bestehende Vorschläge evalu- iert werden. In einer Zeit, in der erstmals wieder die Hoffnung auf eine Eine einmalige Chance Vertiefung der EU durch eine neue deutsch-französische Achse besteht und in der echte europäische Parteien und Wahlen möglich scheinen, ist auch über die bessere alltägliche Vernetzung in der europäischen li- Die Wahlerfolge der Freien Demokraten eröffnen uns JuLis viele Mög- beralen Familie nachzudenken. Wir Liberale sollten dort Vorreiter sein. lichkeiten, liberale Politik umzusetzen. Und wo wir sie nicht umsetzen können, haben wir immerhin wieder die großen Bühnen der Parlamente, um für liberale Ideen zu werben. Die JuLis werden wieder wahrgenom- Freiheit für jeden – Mehr Vielfalt bei den JuLis men und sollten die Aufmerksamkeit nutzen, um liberale Anliegen stär- ker in den Fokus zu rücken. Wir JuLis stellen den Einzelnen in den Mittelpunkt der Politik. Das ist Parallel zum Bundeskongress fand der Deutschlandtag der Jungen eine universale Botschaft, die für jeden Menschen mehr persönliche Union statt. Im Minutentakt wurden dort Anträge abgenickt, die zuvor Freiheit verspricht. Umso wichtiger ist es, dass unser Verband die ganze von einer Antragskommission bewertet wurden. Echte Debatten gab es Breite der Gesellschaft widerspiegelt. nicht. Wer dies mit den mehrstündigen Beratungen und der unverändert Die JuLis haben immer noch zu wenige weibliche Mitglieder. Dadurch guten Diskussionskultur vergleicht, die bei uns herrschten, wird den Op- fällt es auch oft schwer, weibliche Kandidaten zu gewinnen, wodurch timismus haben, dass es den JuLis gelingen wird, dort weiterzumachen, wiederrum die nach außen wirkenden Vorbilder fehlen. Es geht darum, wo wir vor der Wahl aufgehört haben: Kritisch, aber konstruktiv die FDP noch mehr Verständnis zu fördern bei Frauen, die vielleicht davor zu- inhaltlich zu prägen. Wir haben jetzt die Chance, zu zeigen, warum es rückschrecken, Ansprüche auf Ämter geltend zu machen, obwohl sie ge- eine liberale Politik in Deutschland braucht. Nutzen wir sie! eignet sind, und bei Männern, die (auch unbewusst) in bisher männlich dominierten Gremien dazu neigen, auch wieder Männer für freiwerden- MARC BAUER (22) leitet das Landesprojekt Liberale Straf- de Posten auszuwählen. So könnte auch dazu beigetragen werden, den rechtsreform der Julis NRW. Ihr erreicht ihn unter bauer@lhg- doch auffallend niedrigen Frauenanteil bei den Bundestags- und Land- nrw.de

JUNG+LIBERAL 04/2017 7 INTERNATIONALE SEITE

NOCH FRAGEN?

Bei Fragen zu unserer internationalen Arbeit steht Dir unser International Officer, Katharina ([email protected]) oder das Internationale Komitee ([email protected]) gerne Rede Liebe Julis! und Antwort. die Bundestagswahl ist vorbei und die Parteien verhandeln über die neue Ausrichtung der Bundesrepublik. Der noch ungewisse Ausgang wird dabei auch intensiv aus dem Ausland beobachtet. Wie wird das Ergebnis der Bundestagswahl in anderen Staaten wahrgenommen? Welche Auswirkungen wird das Ergebnis auf der internationalen Ebene haben? Dies wollen wir euch auf diesen Seiten erzählen. Viele Spaß beim Lesen. Eure Katharina

NAHER OSTEN Fortschritt auf

AFRIKA leisen Sohlen Mehr Kooperation LARISSA SAAR (20) studiert in Bonn. Sie leitet im Internationalen Komitee die Naher Osten- und Nord­afrika- mit Afrika Gruppe. Ihr erreicht sie unter [email protected] inen Tag nach der Bundestagswahl bezeichnete Al-Jazeera NADINE MAYER (27) ist Studentin in Hagen und sowohl als Gewinnerin als auch als Verliererin Leiterin der Afrika-Gruppe des Internationalen E der Wahl. Der Sender beschäftigte sich darüber hinaus mit den an- Komitees. Ihr erreicht sie unter [email protected] stehenden Koalitionsverhandlungen, vor allem aber auch mit den Nach der Bundestagswahl schauen die afrikanischen Veränderungen in Deutschland nach der Flüchtlingskrise und dem GLänder optimistisch in die Zukunft und hoffen auf die Aufstieg der AfD. Verbesserung und Weiterentwicklung der transnationalen Doch die Veränderungen, denen sich Deutschland nach der Wahl Beziehungen. Liberal-orientierte Partnerorganisationen wie stellen muss, sind vielfältiger als nur der Zustrom von Flüchtlingen beispielsweise in Tansania verfolgten die Wahlen und teilten in den vergangenen Jahren. Deutschland muss sich den Heraus- unsere Freude über den Wiedereinzug der Freien Demokraten forderungen einer globalisierten Welt stellen, wozu auch gehört, in den Bundestag. mit Ländern im Nahen Osten zusammenzuarbeiten – und zwar ins- Wo besteht Handlungsbedarf? In internationalen Koope- besondere, bevor dort akute Konfliktherde entstehen. Gerade hier rationen und Investments besteht großes Potential für die sollte die FDP als Partei der Weltoffenheit und des Fortschritts die fortschreitende Stärkung afrikanischer Staaten. Es sind In- Regierungsarbeit mitprägen. Eine proaktive Entwicklungspolitik vestitionen und Know-How-Vermittlung in Start-Ups, die Ver- muss Akzente setzen, damit in vier Jahren nicht erneut ein einziges besserung der nationalen Sicherheit und des Umweltschutzes Thema den Wahlkampf beherrscht. sowie die Unterstützung lokaler Produzenten notwendig. Ins- besondere im Energiesektor sind infrastrukturelle Lösungen durch Kooperation gegeben. Liberale sind gefordert, demokratische Organisationen vor Ort zu stärken, Abhängigkeiten und Handelsbarrieren zu ver- ringern und ihre soziale Aufmerksamkeit und interkulturelle Kompetenzen zu steigern.

8 Internationale Seite SÜDAMERIKA Mehr Beachtung für einen unterschätzten Kontinent

MICHAEL BÖDECKER (23) studiert in Göttingen und ist Leiter der Latein- und Südamerika-Gruppe des Internationalen Komitees. Ihr erreicht ihn unter [email protected]

rgentinien war das Land in Südamerika, en widmete man Angela Merkel ganze Arti- der außenpolitisch gesehen immer mehr aus Ain dem man sich am stärksten mit der kel, während in Mexiko die Bundestagswahl dem Blickwinkel geraten ist. Es bleibt zu hof- Bundestagswahl beschäftigt hat. Dort sah in den Medien kaum eine Rolle spielte. Man fen, dass die neue Regierung dem Kontinent man mit Sorge den Aufschwung rechter Par- sieht, dass Deutschland viel Aufmerksamkeit außenpolitisch mehr Beachtung schenken teien wie der AfD und kritisierte Gaulands in Lateinamerika geschenkt wird, was aller- wird und die Potentiale, die dieser bietet, er- Aussage, man müsse einen Schlussstrich un- dings kaum auf Gegenseitigkeit beruht. La- kennt und auch nutzt. ter die Nazivergangenheit ziehen. In Brasili- teinamerika ist ein unterschätzter Kontinent,

NORDAMERIKA ASIEN Chance für die Reaktion in China

Handelspolitik FRANZISKA BRASSE (21) studiert in Oxford und leitet im Internationalen Komitee die Asien-Gruppe. Ihr NICOLAS LEMBECK (29) ist Parlamentarischer Referent und erreicht sie unter [email protected] Doktorand aus Hamburg. Er leitet die Gruppe zu Nordamerika, Ozeanien und UN im Internationalen Komitee. Ihr erreicht ihn n China wurde die Wahl grundsätzlich mit Gelassenheit ent- unter [email protected] Igegengenommen. Ein wenig Aufregung verursachte das Ab- schneiden der AfD, da Deutschland in den Augen Chinas derzeit m politischen Konflikt liegt immer die Chance, entstehende Dynami- als einer der verlässlichsten Partner in Europa gesehen wird. So Iken positiv in neue Ideen umzusetzen. Eine Chance für Deutschland, war es für die Chinesen verwunderlich, dass auch hier eine rechte aber auch für die Beziehungen nach Nordamerika. Konfliktlinien gibt es Partei so viele Stimmen erzielen konnte. Viel gefährlicher könn- genug. Im Fokus ist dabei häufig die internationale Handelspolitik. Wäh- ten in der kommenden Legislaturperiode jedoch die Grünen für rend die Verhandlungen zu TTIP stocken, könnte das bereits vorläufig in China werden, da sie China gegenüber – insbesondere wegen der Kraft getretene europäisch-kanadische Freihandelsabkommen (CETA) ein Menschenrechtsbilanz – sehr kritisch sind. Es ist zwar wichtig, die neuer Anstoß sein, globalen Freihandel neu zu denken. Die anstehende wirtschaftlichen Beziehungen weiter auszubauen, jedoch sollten Ratifizierung durch Deutschland wäre ein starkes Signal, Fortschritte bei auch die Freien Demokraten als Menschenrechtspartei Probleme Transparenz, Handelsgerichtsbarkeit und Standards anzuerkennen und ge- in diesem Bereich immer ansprechen – auch gegenüber Partner- meinsam mit Kanada weiter für einen inklusiveren Freihandel zu kämpfen. ländern. Denn: CETA ist nicht perfekt, aber es ist das Beste, was wir bisher kennen.

EUROPA Willkommen in der neuen Realität, Deutschland!

MARCEL SCHOCH (25) arbeitet in Ludwigsburg als Produktmanager und ist Leiter der Europa-Gruppe im Internationalen Komitee. Ihr erreicht ihn unter [email protected]

o wurde das deutsche Wahlergebnis, mit Blick auf den Einzug Nun ist es an uns, der Vereinheitlichung von Schulden, wie sie un- Sder AfD in den deutschen Bundestag, in den meisten europäischen ter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron durch die Nachbarländern wahrgenommen. Doch auch das starke Abschneiden Einführung von Eurobonds vorschlägt, ein alternatives Konzept zur der FDP blieb nicht unbemerkt. Neben der Hoffnung auf neue Impulse nachhaltigen Lösung der Euro-Krise und zur stärkeren europäischen für Europa, mischt sich jedoch auch die Sorge einer verstärkten Auste- Integration gegenüberzustellen. Ob das jedoch gelingt, ohne beim ritäts- (also Sparpolitik) unter einer deutschen Regierung mit liberaler Thema gemeinsamer europäischer Haushalt näher zusammenzurü- Beteiligung. cken, bleibt fraglich.

Internationale Seite JUNG+LIBERAL 04/2017 9 Kein gemeinsamer Kompass führt nach Jamaika Was nun?

In Deutschland ist es leider unglaublich einfach, eine Mehrheit gegen etwas zu finden. Risi- ken und mögliche Probleme sind ja schließlich meist so offensichtlich und versperren einem die Sicht auf neue Wege. Doch wenn es darum geht, Chancen und Möglichkeiten auszuloten, fehlen oft der Mut oder die Vorstellungskraft. Dabei brauchte man gerade von Letzterem so einiges für ein Jamaika-Bündnis. Doch auch für eine andere Regierungsoption braucht es Mut: eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung.

Vizekanzler zu werden, auch ein Minis- terposten war zum Greifen nah. Auf beides hat er verzichtet, weil ihm eines wichtiger war: urz nachdem die FDP die Sondierungsgesprä- der Respekt gegenüber dem Wählerwillen. Die FDP Kche verlassen hat, twitterte die ehemalige Bundestagsab- von 2017 ist nicht mehr dieselbe wie die 2013. Und das ist geordnete der CDU und jetzige Kolumnisten der WELT, gut so. Kristina Schröder, dass sie es besonders bedauerlich finde, Trotz vieler gemeinsamer Ideen dass damit auch Schwarz-Gelb vom Tisch sei. Dies ist je- reicht es nicht für Jamaika doch nicht unbedingt der Fall. Die größten Differenzen gab es zwischen Grünen und FDP, auch wenn dies oft bestritten Union, FDP und Grüne haben trotz aller Differenzen eine wurde. Die Arroganz der Grünen, die auch beim Scheitern Gemeinsamkeit, die es ihnen in den nächsten vier Jahren der FDP bei der Bundestagswahl 2013 deutlich wurde, zeig- theoretisch ermöglicht hätte, eine funktionierende Regie- te sich erneut am Montagabend bei hart aber fair. In den rung zu bilden. Sie alle sind bürgerliche Parteien der Mitte. Sondierungsgesprächen beteuerten die Grünen immer wie- Jamaika wäre eine Gelegenheit gewesen, die Ränder von der, sie würden im Bereich Migration auf die FDP und die links und rechts zu schmälern, indem das Bündnis die Pro- Union zugehen – was vor allem das Abweichen von reali- bleme löst, die die Populisten zu lösen versprechen. Und tätsfernen Positionen bedeutete. Bei hart aber fair fiel es der es bestanden mehr Gemeinsamkeiten, als man zunächst Grünen-Chefin Simone Peter aber auf einmal wieder sehr annimmt. Hatte man im Wahlkampf die einzelnen Partei- leicht, die Schuld der FDP zuzuschieben und gleichzeitig en zum Thema Digitalisierung befragt, so antworteten im gegen die CSU zu wettern: „Bei Asyl gibt es keine Begren- Kern alle das Gleiche: Mehr investieren und die Chancen zung.“ Undifferenziert. Überheblich. Stur. der Digitalisierung nutzen. Dasselbe konnte man beim Von Seiten der FDP hieß es von Anfang an: Wenn wir Thema Polizei beobachten. Oder hat man schon ein- unsere Überzeugungen nicht umsetzen können, gehen wir mal einen Politiker weniger Geld für die Polizei for- keine Regierung ein. Und jeder, der nun Christian Lindner dern hören? Doch trotz aller Gemeinsamkeiten, als opportunistisch hinstellt, soll sich doch einmal Folgen- gab es in den Sondierungen viele ungeklärte des vor Augen führen: Christian Lindner stand kurz davor, Streitpunkte. Mehr Geld für Bildung, Polizei,

10 Digitalisierung, Infrastruktur und gleichzeitig eine Abschaf- Kopfschütteln aus. Und alle AfD-Wähler, die sich nun darüber fung des Solis sind nicht möglich, wenn man die schwarze Null beschweren, wie lange die Sondierungen gedauert haben und beibehalten will. Es ist nun Mal auch eine Frage der Fi- wie viele linke Ideen die Grünen doch mit in eine Regierung nanzen, ob das alles so umzusetzen ist wie geplant. bringen würden, sollten sich bewusstwerden, dass sie ihre Selbst beim Thema Einwanderung haben sich alle Stimme einer Partei schenkten, die eine klare Oppositionspar- Jamaika-Parteien in den letzten Monaten ein Stück tei ist. Hätten sie ihre Stimme der FDP oder der Union gegeben, weit angenähert. Man müsse zwischen Flucht, Asyl so hätten sie die Grünen aus der Regierung raushalten können und Zuwanderung unterscheiden, man brauche ein und ein gemeinsamer Nenner zwischen Union und FDP wäre Zuwanderungskonzept nach kanadischem Vorbild, auch schneller gefunden worden. man müsse die Flüchtlinge besser unter den EU-Staa- Neuwahlen würden rund 90 Millionen Euro kosten – ten verteilen. Auch hier gilt: Einzig und allein die und wahrscheinlich überhaupt nichts bringen Umsetzung fehlte noch. Während sich die Grünen an den Familiennachzug klammern, verkrampft Nun scheint es nur noch zwei Möglichkeiten zu geben: Große sich die CSU mit ihrer Obergrenze. Betrachtet Koalition oder Neuwahlen. Vor allem Letzteres ist momentan man die ganze Flüchtlingsdebatte einmal nüch- hoch im Kurs. Doch warum sind Neuwahlen gerade so populär? tern, so müsste man doch erkennen, dass Be- Was ist wenn – und so sagen es derzeitige Meinungstrends vo- griffe wie Familiennachzug oder Obergrenze raus – es wieder nur für Jamaika oder eine Große Koalition rei- blanker Hohn sind. Die Familien, die wirklich in chen wird? Wollen wir dann so lange neu wählen lassen, bis uns Krieg oder unter der Schreckensherrschaft des IS das Ergebnis gefällt? Je zersplitterter die Parteienlandschaft leben, haben gar kein Geld, um sich von Schlep- ist, umso länger dauert eben die Regierungsbildung, dies kann pern nach Europa bringen zu lassen. Diejenigen, die man momentan auch in den Niederlanden beobachten. ihre Familie in den Trümmern Aleppos verloren haben, wis- Attraktiver, aber auch gewagter als Neuwahlen, wäre eine sen oft gar nicht, ob der Rest der Familie überhaupt noch lebt, Minderheitsregierung. Man müsse sich von Entscheidung zu geschweige denn, wo er sich befindet. Schutzlager müssen zen- Entscheidung eine Mehrheit suchen. Das würde die Demokra- tral dort errichtet werden, wo die Flüchtlinge auch hinkommen, tie beleben, Politikverdrossenheit verringern und vor allen ohne ihr Leben dabei zu riskieren. Hingegen müssen Tunesien Dingen könnte es keine Partei mehr geben, die sich vollkom- und Marokko endlich zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wer- men aus der Verantwortung zieht und sich als Protestpartei po- den. Immerhin sind sie für viele auch heute noch Urlaubsländer. sitioniert. Jede einzige Partei wäre eine etablierte Partei. Zudem ist auch die Obergrenze ein lächerlicher Versuch, die Eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung Flüchtlinge zurückzuhalten. Das Leid von Menschen kann man hat eine Chance verdient keinesfalls auf eine x-beliebige Zahl limitieren. Angela Merkel machte bei den Sondierungen zwei entscheiden- Protestwahl ist sinnlos de Fehler, die verantwortlich waren für das Scheitern von Ja- Die Opposition war in den letzten vier Jahren kaum maika. Der erste Fehler war, die Sondierungen in einer großen zu hören. Die Grünen und die Linken bejubelten Gruppe zu beginnen. Effizienter wäre es gewesen, acht Spitzen- insgeheim die Mietpreisbremse, den Mindest- politiker, aus jeder Partei zwei, an einen Tisch zu holen und ein lohn und die Frauenquote. Der einzige Kritik- gemeinsames Fundament zu erschaffen, auf dem anschließend punkt, den sie kleinlaut anbringen konnten: Alle verschiedene Expertengruppen gemeinsam die Details hätten drei Maßnahmen seien zu niedrig angesetzt. Mit ausloten können. Der zweite Fehler war zu versuchen, die Libe- der AfD und der FDP kommen nun zwei Parteien ralen mit halbherzigen Kompromissen zu besänftigen. hinzu, die – was selbst Gegner zugeben müssen Sollten nun tatsächlich Gespräche zwischen Union und FDP – den Bundestag endlich wieder streitbar machen. aufgenommen werden, so hätte man eine andere Ausgangspo- Doch auch wenn beide Parteien den Stillstand der sition als bei Jamaika. Beim Soli müsste die FDP wahrschein- Großen Koalition vehement kritisierten, so unterschei- lich Abstriche machen, bei der anlasslosen Vorratsdatenspei- det sie doch die Art und Weise der Kritik. Während die cherung wiederum müsste sich die Union auf die Liberalen Liberalen immer wieder an die Vernunft appellierten und zubewegen. Man würde sich in der Mitte treffen. Eine schwarz- an die Einhaltung bestehender Gesetze, baute die AfD ihren gelbe Minderheitsregierung könnte also funktionieren, voraus- gesamten Wahlkampf auf Hetze und Ausländerfeindlichkeit gesetzt die Union betrachtet die FDP endlich als Partner und auf. Es wurde gefordert, allen Türken, die bei dem Referendum nicht mehr als Mehrheitsbeschaffer. um Erdogan für Ja gestimmt haben, den deutschen Pass weg- zunehmen. Wie das bei einer geheimen, demokratischen Wahl STEFANIE UNBEHAUEN (21) studiert Wirtschafts- passieren sollte, wurde natürlich nicht weiter ausgeführt. Es wissenschaften in Nürnberg. In ihrer Freizeit spielt sie wurde gefordert, eine türkischstämmige Deutsche nach Ana- gerne Tennis und engagiert sich für die DKMS. Ihr er- tolien zu entsorgen und den Begriff völkisch wieder positiv reicht sie unter [email protected] zu belegen. Bei vielen Nicht-AfD-Wählern löste das alles nur

JUNG+LIBERAL 04/2017 11 Opposition ist Mist

eine Chance.

dessen Veröffentlichung in die Polit-Realität geführt. Jamaika ist gescheitert. Zu unter- schiedlich waren die Grundphilosophien. Zu unterschiedlich die Lösungsansätze in den Als Franz Müntefering im Jahr 2004 mit sei- Bereichen Bildungs-, Einwanderungs- und Kli- nem bekannten Satz „Opposition ist Mist“ auf mapolitik. Das waren zumindest die großen ja- potentielle Machtoptionen nach der Bundes- maikanischen Knackpunkte. tagswahl anspielte, konnten er und wir nicht Es hätte gelingen können ahnen, dass wir 13 Jahre später alle seine Aus- sage entschieden umdeuten müssten. „Feigling!“, „Er stürzt Deutschland sehenden ugegeben: An dieser Stelle hätte in Auges in eine schwere Krise!“ oder „Inszenie- Zdiesem Magazin ein Appell an die FDP stehen rung für innerparteiliche Interessen“. Selten sollen. Inhalt des Appels wäre gewesen, dass war der Shitstorm-Gegenwind schockbedingt die FDP die Oppositionsrolle nicht scheuen von vielen Seiten stärker, lauter und fassungs- solle, sofern in den Sondierungsgesprächen loser. Doch auch selten habe ich von so vielen ersichtlich werde, dass ein potentieller Koa- Personen, für welche die FDP bisher unwählbar litionsvertrag vielmehr von einer liberalen war, anerkennende Worte erfahren. Der späte Sauklaue geprägt wäre als von einer liberalen Abend des 19. November wird ein sagenum- Handschrift. Wie wir wissen, wurde der Kon- wogender Abend bleiben. Klar ist aber: Die junktiv meines möglichen Textes noch vor FDP ist aus ihrem lakaienartigen Mehrheitsbe-

12 schaffer-Image der Kohl-Jahre herausgetreten risch schlechteste Ergebnis nicht als Auftrag und hat verdeutlicht, dass es bei den Jamaika- für eine zwingend notwendige „große“ Koali- Verhandlungen nicht bloß um schwarz-grüne tion verkaufen. Doch zum einen halte ich das Einigungen unter gelber Duldung ging. Argument, man dürfe der AfD unter keinen War Jamaika unmöglich? Nein, auf keinen Umständen die Rolle des Oppositionsführers Fall! Die FDP hätte sich durchaus damit ab- zukommen lassen, für vorgeschoben, da es finden können, wenn einzelne Trendwenden keinen Unterschied macht, ob nach der Regie- nicht erreicht worden wären und in anderen rungserklärung zunächst Herr Gauland oder Punkten aus „weiter so“ „etwas anders in die Frau Nahles spricht. Wie immer in der Politik gleiche Richtung“ geworden wäre. Vielleicht machen Positionen und Inhalte den wirklichen hätte ja der Soli für 75% der Bevölkerung weg- Unterschied für das Land. Zum anderen sollte fallen können und hätte so der schwarz-grünen man wenigstens das Gespräch suchen und ver- Gerechtigkeits-Definition entsprochen. Viel- suchen, eigene Positionen möglichst deutlich leicht hätte sich ein weiterer blumiger Begriff in einem potentiellen Koalitionsvertrag unter- der CSU-Obergrenze finden lassen können. zubringen. Aber nein. Keine Angst vor Neuwahlen Statement gegen eine Politik – die Chancen der Opposition der Floskeln Was die Schlussfolgerungen aus der jetzigen „Denken wir neu“ war das Motto der Bundes- Situation sein werden, ist noch nicht ganz tagswahlkampagne der Freien Demokraten. klar. Im Falle von Neuwahlen weisen aktuelle „Denken wir neu“ hieß dabei neben optischen, Umfragen auf wenig veränderte Stimmungs- personellen und inhaltlichen Umstrukturie- bilder hin. Die Union schwächelt weiter, sodass rungen jedoch auch, aus den Fehlern der Koali- Schwarz-Gelb in unerreichbare Ferne rückt. tionsverhandlungen von 2009 zu lernen. Nicht Was die FDP angeht, ist mit einem ähnlichen noch einmal sollten liberale Positionen unter- Ergebnis wie im September zu rechnen. Doch jocht werden. Nicht noch einmal sollte sich die selbst wenn die FDP ein schwächeres Resultat FDP mit faulen Kompromissen begnügen. erzielen sollte, wäre eine selbstbewusste Op- Im Wahlwerbespot der FDP wurde von positionsrolle besser als eine Koalition, in der Christian Lindner noch die rhetorische Frage man die eigenen Visionen von Deutschland gestellt, wie ein Land aussehen würde, welches und die von über einer Millionen Deutschen man neu „auf der grünen Wiese“ errichten mit den Füßen getreten hätte. Alleine aus kann. Alles neu – das geht mit 11 Prozent der diesem Grund sollten wir Neuwahlen nicht Wählerstimmen natürlich nicht. Kompromis- fürchten. se müssen getätigt werden. Nach all dem, was Eine Rolle in der Opposition, die wohl unab- nach außen dringt, war die FDP auch in ausrei- hängig jeglicher Szenarien folgen wird, sollten chendem Maße bereit zu solchen Kompromis- wir nicht als Scheitern, sondern vielmehr als sen. Doch wer sagt, dass es staatspolitisch Not- Chance sehen. Sie bietet die Chance, neben li- wendigkeit sei, Jamaika einzugehen, obwohl beralen Gesetzesinitiativen und konsequenter die Gefahr besteht, nach vier Jahren ein Land Kritik an der Regierung, interne Thinktanks geschaffen zu haben, was sich kein bisschen sprudeln zu lassen. Es bietet sich die Chance näher an der Vision des „Deutschlands der grü- für alle Mitglieder und gerade für alle JuLis, nen Wiese“ befindet, sondern wohl eher noch sich inhaltlich einzubringen. Es bietet sich die Liebe JuLis, es liegt auch in unseren Händen, weiter entfernt ist? Chance, quer zu denken, vielleicht auch un- in Zukunft Wähler anzusprechen, die nie darü- bequeme Themen anzusprechen oder Ideen ber nachgedacht haben, ihre Stimme den Libe- Sozialdemokratische Doppelmoral zu Themen zu entwickeln, mit denen man die ralen zu geben. Haben wir keine Angst. Stehen Um 18:01 Uhr am 24. September verkündete die Freien Demokraten vielleicht nicht sofort in wir zu unseren Überzeugungen. SPD unmittelbar nach Erscheinen der ersten Verbindung bringt. Natürlich sollte das auch Prognose, dass 20,5 Prozent der Wählerstim- unabhängig von der Rolle der FDP geschehen. TIM SCHÜTZ (20) ist dualer Student men der klare Auftrag wären, sich fluchtartig Dennoch gefällt mir die Vorstellung einer FDP, bei einem Baukonzern in Essen. Seit vor jeglichen Sondierungsgesprächen zu drü- die aus vier Jahren der Oppositionsarbeit in- dem Abschluss seiner Ausbildung cken. Natürlich hat nicht Un- haltlich gestärkt und schlagfertig wie nie zu- ist er Mitglied der JuLis, bei denen er als stell- recht, wenn er davon spricht, Verantwortung vor angreifen und dabei auf eine tatsächliche vertretender Bundesarbeitskreisleiter Verkehr & könne auch von Seiten der Opposition getra- Veränderung durch Trendwenden hinarbeiten Umwelt tätig ist. Ihr erreicht ihn unter schuetz. gen werden. Auch will ich der SPD das histo- kann. [email protected]

JUNG+LIBERAL 04/2017 13 Freiheitsrechte quo vadis?

Was in den nächsten vier Jahren passieren muss, damit wir 2021 nicht im Orwell-Staat aufwachen.

verschlüsselte Messenger Dienste wie WhatsApp sollen mit dem Tro- janer ins Visier genommen werden. Auch die Videoüberwachung hat dieses Jahr ein neues, besorgniserregendes Level erreicht. So wurde am n den gescheiterten Sondierungsgesprächen standen vor allem die Bahnhof Berlin-Südkreuz der Modellversuch einer Gesichtserkennungs- IThemen Einwanderung, Energie und Wirtschaft im Fokus. Die Themen software gestartet. Die dafür notwendigen freiwilligen Probanden für Datenschutz und Privatsphäre spielen hingegen nur eine Nebenrolle. ein tägliches Abgleichen waren erstaunlich schnell gefunden. Zudem Gerade die Haltung der Union in Fragen zur informellen Selbstbestim- wurde im Mai das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz beschlos- mung, Datenschutz und Sicherheit lassen dauerhaft zu wünschen übrig sen, welches den Ausbau der Überwachungsinfrastruktur befördern und waren wohl ein Stimmungskiller für Jamaika – zumindest aus libe- soll, insbesondere an belebten Orten wie Clubs oder Einkaufszentren. raler Sicht. Als digitales Sorgenkind haben sich CDU und CSU in der Ebenfalls neu im Programm: Der Kennzeichenscanner. Er soll PKW- Vergangenheit schon öfter durch Kontrollwut oder schlichtes Nichtwis- Nummernschilder erfassen und diese mit Datenbanken abgleichen, um sen ins Abseits manövriert. Sei es der ehemalige Innenmister Friedrich mögliche Fahndungsersuche zu erkennen. Doch nicht nur der Überwa- mit seinem Supergrundrecht auf Sicherheit, das sich in der gemeinen chungsstaat wurde ausgebaut, auch andere Freiheiten wurden ungeniert Ausgabe des Grundgesetzes gar nicht wiederfindet. Sei es Thomas de eingeschränkt. Maizière, welcher den Unterschied zwischen einer WhatsApp-Nachricht So wurde im Sommer in Bayern die Gefährderhaft (eher Unendlich- und einer SMS nicht kennt oder sei es Bundeskanzlerin Merkel, für die keitshaft) eingeführt. Danach ist es möglich, Verdächtige auf unbe- das Netz noch Neuland ist. Zwar lassen sich solche Äußerungen noch als stimmte Zeit festzusetzen. Zwar muss alle drei Wochen ein Richter über witzig und unbeholfen abtun, doch wenn auf diesem Wissensfundament den weiteren Verbleib entscheiden, doch die Prozedur ist geeignet, die Gesetzesinitiativen aufbauen, die unsere verfassungsmäßig garantier- Haft ins Unendliche zu dehnen. ten Freiheiten immer weiter verengen, wird daraus schnell bitterer Ernst. Auch die Meinungsfreiheit musste herbe einstecken. Seit Oktober ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz aka Meinungsfreiheitsbekämp- Freiheitsfreie Räume schaffen fungsgesetz in Kraft. Auch hier stecken wie immer plausible Argumente Schon ein (sehr unvollständiger) Blick auf die letzten beiden Jahre reicht dahinter, so sollen Hass im Netz und Fake News unterbunden werden. aus, um der Freiheit retrospektive beim Erodieren zuschauen zu können. Zur konsequenten Durchsetzung sollen dann Anbieter von Social-Me- Hier eine kurze Auswahl. Dauerbrenner Nummer eins: Die Vorratsda- dia-Plattformen entsprechende Beiträge löschen. Ansonsten droht eine tenspeicherung. 2015 unter Union und SPD eingeführt ist sie wohl das Strafzahlung. Als wirtschaftlich orientiertes Unternehmen entfernt man größte Feindbild für die digitale Selbstbestimmung. Bei dem Verfahren dann natürlich lieber zu viel als zu wenig. Das Schlimmste dabei ist, werden Kommunikationsdaten, Standortdaten oder auch IP-Adressen dass die Betreiber Richter spielen und juristische Entscheidungen anti- ohne konkreten Anlass gespeichert. Diese erlauben Rückschlüsse auf zipieren müssen. Neben dem Tritt für die Rechtstaatlichkeit sind solche Verhaltensmuster und Persönlichkeit der Betroffenen, ohne dass dabei Löschzwänge natürlich auch gut geeignet, kritische Meinungen oder die Kommunikationsinhalte ausgelesen werden müssen. Die anfallen- Beiträge weg zu filtern. den Metadaten sind für eine hinreichende Charakterisierung der Nutzer Ein Blick über den Tellerrand zu unseren französischen Nachbarn ausreichend. Immerhin ist die Vorratsdatenspeicherung seit einer Klage zeigt, dass es sich mit einem verhängten Ausnahmezustand auch dauer- Mitte dieses Jahres ausgesetzt. haft gut leben lässt. Seit dem Anschlag in Paris Ende 2015 wurde dieser Erst dieses Jahr wurde ein solides Fundament für die Quellen-Tele- sechsmal verlängert. Metallische Absperrgitter, weniger öffentliche Ver- kommunikationsüberwachung aka Staatstrojaner beschlossen. Die anstaltungen und patrouillierende Soldaten an öffentlichen Plätzen ge- Kompetenz beinhaltet das Bespitzeln von Nutzerendgeräten und das hören inzwischen zum Alltag. Und ist der Ausnahmezustand erst einmal fleißige Abfischen der entsprechenden Daten. Gerade Ende-zu-Ende lang genug in Kraft, ist die Hürde der Rücknahme umso höher. Hat sich

14 die Bevölkerung erst einmal an diesen Zustand samt eingeschränkter meintlichen Sicherheitsmaßnahmen zu belasten, welche stets mit dem Grundrechte gewöhnt, liegt das Kind im Brunnen. Das neue Anti-Terror „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“-Mantra Gesetz, welches seit November den Ausnahmezustand ablöst, räumt begleitet wird, ist weder zielführend, noch stärkt sie den Rechtsstaat. den Sicherheitsbehörden übrigens nahezu gleiche Rechte wie im Aus- Die Aufgabe der Liberalen ist es, dafür zu sorgen, dass nicht der Bür- nahmezustand ein. Ein stärkerer Fokus auf Sicherheit mag sinnvoll sein, ger, sondern der Staat gläsern ist. Dazu gehört es, Maßnahmen wie das doch mit dieser kurzzeitig erfolgsversprechenden und von Aktionismus Netzwerkdurchsetzungsgesetz abzublocken. Der nächste unsinnige Photo by arvin by Photo febry on Unsplash getriebenen Politik auf Sichtflug wird man früher oder später eine böse Vorschlag steht schon in den Startlöchern und wurde vom designierten Bruchlandung erleiden. sächsischen Ministerpräsident Kretschmer vorgetragen. Danach sollen mittels Facial-Profiling bestimmte Verdächtige ermittelt werden, etwa Zeit zum Handeln Menschen mit Piercings, die zum Beispiel am Steuer eines teuren Autos Um aber genau solchen Entwicklungen vorzubeugen, beziehungswei- sitzen. Klingt nach einer schlechten Folge der dystopischen Netflix-Serie se entgegenzuwirken, braucht es eine freiheitliche politische Kraft, die Black Mirror, ist es aber leider bittere Realität. Sollten übrigens auch Rot- mit der FDP nun auch wieder im Bundestag vertreten ist. Mit Blick auf haarige zu der Gruppe der Verdächtigen gezählt werden, könnte es für die Regierungsbeteiligung in NRW ist jedoch der Wille, die Bürger Kretschmer eng werden. vor staatlicher Repression zu schützen, zumindest in Frage zu stellen. Es zeigt sich also, wo die Entwicklung hinläuft und auf welchem Ni- Gerade erst wurde unter Mitwirkung der Freien Demokraten die Kenn- veau über das Thema Sicherheit debattiert wird. Auch wenn die abst- zeichnungspflicht für Polizisten wieder abgeschafft. Die fadenscheinige rusesten Gesetzesinitiativen später vom Bundesverfassungsgericht Begründung: Die Polizisten würden sich durch die Kennzeichnung be- kassiert werden, ist eine Politik, in der systematisch versucht wird, lästigt fühlen und Misstrauen werde gesät. Das Recht der Bürger, sich Grundrechte zu beschneiden, ein Armutszeugnis. Die Aufgabe ist also gegen staatliche Maßnahmen bei Fehlverhalten wehren zu können, soll- klar: Korrektiv und Garant der Freiheit und persönlichen Selbstbestim- te aus liberaler Sicht mehr Gewicht haben, als dass sich Polizisten beläs- mung – digital wie analog. Wenn von allen Seiten gegen unsere freiheit- tigt fühlen könnten. lich-demokratische Grundordnung geschossen wird, ist es Aufgabe der Was ist nun also von der FDP in einem möglichen Jamaika-Bündnis Liberalen, die Stimme der Vernunft zu sein. zu erwarten? Da wäre die schon angesprochene Vorratsdatenspeiche- rung, die dringend wieder abgeschafft gehört. Die Union argumentiert DENNIS HÄNEL (26) studiert Rechtswissenschaft an der Uni- aus dem Neuland heraus damit, dass Cyberkriminalität auch mit Cyber- versität Leipzig und ist stellvertretender Vorsitzender von Frei- maßnahmen bekämpft werden muss. Soweit, so konsequent. Doch die er Campus, der liberalen Hochschulgruppe Leipzig. Ihr erreicht in der Union traditionelle Bereitschaft, auch potentielle Opfer mit ver- ihn unter: [email protected]

JUNG+LIBERAL 04/2017 15 Die beste Bildung der Welt

Nur eine leere Phrase? nen möge. Ich fände so eine Gesellschaft großartig. Man müsste nicht mehr danach fragen, welche Leistungen und Geschenke der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern zukommen lassen soll, nicht mehr danach fra- gen, was bekomme ich eigentlich vom Staat, sondern umgekehrt. Man fragt: Was kann ich durch ihn erreichen? Eine Gesellschaft also, die weg kommt von der nährenden Muttermilch des Staates und erwachsen wird. Natürlich bleibt die Mutter weiter ein enger Teil, aber man ist bereit, sel- Politiker sind Meister darin, Leuten etwas zu versprechen, ber für sich zu sorgen. Genau das wollen wir mit unserer Bildungspolitik dass so gut klingt, dass niemand ernsthaft dagegen sein kann erreichen. Was also muss die nächsten vier Jahre gemacht werden? und es gleichzeitig so vage ist, dass sich niemand angegriffen fühlt. Zeit für mehr Gerechtigkeit. Klar für Sicherheit. Um- Am wichtigsten ist wohl, noch vor mehr Geld und flexiblen Rahmenbe- weltschutz. Freiheit. – Wenn es nach diesen Phrasen gehen dingungen, die Qualität der Bildung, der im großen Maße noch der Teil würde, sind alle Parteien wählbar. Vielleicht haben sich Teile der Eigenverantwortung fehlt. Von der KiTa bis zur Hochschule bringen der sogenannten alten FDP das genau so gedacht. Bloß nicht wir den Lernenden in unserem Land bei, was wir für richtig und wichtig bewegen, nicht zucken, weiter im programmatischen Vaku- halten und lassen sie das auswendig lernen. Wir brauchen uns also nicht um verharren, um ja keinen Wähler zu verschrecken. Damit wundern, wenn Schülerinnen und Schüler nach der Mittleren Reife oder ist jetzt Schluss. dem Abitur klagen, sie können Gedichtinterpretationen in zig Sprachen durchführen, aber noch nicht mal einen Mietvertrag abschließen. Es bleiben uns also zwei Möglichkeiten. Entweder muss jeder Mietvertrag ie Erneuerung zeigt sich maßgeb- mindestens einen dreihebigen Jambus beinhalten oder wir vermitteln lich und endgültig nicht mit der in der Schule auch die Werkzeuge, sich eigenständig mit der Welt zu Zuschaustellung neuer Farben oder beschäftigen. Ich würde Letzteres bevorzugen. In jedem Fall braucht es der Aufstellung neuer Gesichter, für die beste Bildung aber auch die besten Lehrerinnen und Lehrer. Klar Dsondern der Umsetzung der Inhalte. Nach den sollte man sich dafür aussprechen, dass diese schon vor dem Referenda- entbehrungsreichen Jahren in der grau-nassen riat Kontakt zu Schülern haben, über eine leistungsabhängige Bezah- außerparlamentarischen Opposition ist nun lung nachdenken und die Verbeamtung abschaffen. Es kann nicht sein, wieder heiter Sonnenschein. Doch kein Grund, dass ein Lehrer zehn Jahre vor der Pension einmal eine Overhead-Folie an Urlaub zu denken. Gerade jetzt, in den Ko- vorbereitet und die jedes Jahr einfach neu auflegt und abschreiben lässt. alitionsverhandlungen, werden die Weichen Schlechte Lehrer müssen auch entlassen werden können. gestellt, an denen uns die Wählerinnen und Wähler 2021 messen werden und müssen. Voll- Das Kooperationsverbot muss fallen mundig haben wir um ihr Vertrauen gebuhlt, ihnen als reuiger Büßer versprochen, alles an- ders machen zu wollen und verstanden zu ha- Bundestag und Bundesregierung geben viel Geld für viel Unsinn aus, ben. Also: Zeit für Nägel mit Köpfen! die Bildung gehört nicht dazu. Gerade hier wird zuerst der Rotstift an- gesetzt, wenn doch mal gespart werden muss. Die Konsequenz: Alleine bei den Hochschulen gibt es einen Sanierungsstau von 30 Milliarden Das liberale Steckenpferd Euro. Tendenz steigend. Die beste Technik, die engagiertesten Lehrer und das sinnvollste Konzept nutzen nichts, wenn es bei Regen von der Das liberale Steckenpferd heißt Bildung. Kei- ne andere Partei hat verstanden, dass Bildung der Schlüssel dazu ist, eine Gesellschaft zu er- reichen, in der Träume möglich sind und jede Türe offensteht, solange man sie denn nur öff-

Photo by Joanna Kosinska on Unsplash Joanna Kosinska by Photo 16 Decke tropft, die Schüler sich von der Toilette ekeln oder die Heizung im Winter ausfällt. Klar muss das Kooperationsverbot fallen. Die Union erzählt zwar unentwegt die Mär der finanzpo- litischen Hintertür, durch die eine Förderung durch den Bund bereits möglich ist, doch zu einfach lässt sie sich entlarven. Sie will einfach von ihren eigenen Fehlern ablenken, zum Bei- spiel jenem, dass sie den versprochenen Digi- talpakt in der letzten Legislatur krachend ge- gen die Wand gefahren hat. Kein Wunder, dass Bundesministerin Wanka das Handtuch wirft. Es wird Zeit, dass der nächste Finanzminister oder die nächste Finanzministerin die Scher- ben aufkehrt und das versprochene Geld für Digitalisierung an den Schulen ermöglicht.

Elitenförderung ist in links-alternativen Krei- sen, die ihre Kinder gerne auf Waldorfschulen und Internate schicken, zum Schimpfwort ge- worden. Ich gebe mich also geschlagen und eti- kettiere das Wort einfach um: Genieverdachts- unterstützung. Darum geht es im Kern nämlich auch. Jedes Kind steht erstmal unter Geniever- dacht. Bildung darf nicht zum engen Korsett werden, sondern die individuellen Stärken fördern und Talente von morgen unterstützen. Um die besten Rahmenbedingungen zu schaf- fen, muss die Stipendienkultur ausgebaut, das elternunabhängige BAföG für Studierende und Geschichte. Aber Liberale haben sich noch nie vor großen Aufgaben ge- Auszubildende eingeführt und der Wettbewerb scheut. Denken wir neu. zwischen den pädagogischen Konzepten zuge- lassen werden. Für die nächsten vier Jahre wünsche ich mir eine progressive Koalition, die Digitalisierung nicht zum neuen Feindbild aufsteigen lässt und sich pragmatisch mit Bildungspolitik beschäftigen kann. Das hätte durchaus Keine Scheu vor großen Aufgaben Jamaika sein können. Was es nicht sein kann, haben wir in den letzten vier Jahren gesehen – eine Große Koalition. Den Stillstand haben wir Abzuschaffen ist hingegen der Wettbewerb zwar durch eine starke Wirtschaft ausgleichen können, nochmal wird das zwischen den Bundesländern. Nicht Bre- aber nicht gut gehen. Zu sehr bedingen sich Talentförderung, Forschung, men und Bayern sind Konkurrenten, sondern Entwicklung, Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze. Wenn wir Wohlstand Deutschland und die USA, Russland und Chi- erhalten wollen, dann müssen wir heute schon die Weichen für morgen na. Was für viele selbsterklärend klingt, ist stellen, denn mit den aktuellen Systemen sind wir morgen abgehängt. Es längst nicht überall angekommen, obwohl es ist die Bildungspolitik, der Umgang mit den Talenten als Ressourcen, die der Kern des Hauptanliegens der besten Bil- unsere Zukunft entscheiden wird. Wir müssen es uns nur langsam mal dung der Welt ist. Denn wir sprechen hier nicht klarmachen. im Plural. Es soll gerade nicht 16 beste Bildun- gen der Welt geben, sondern eine. Für alle. In Deutschland. Der Bildungsföderalismus muss JOHANNES DALLHEIMER (22) studiert Wirtschaftswissen- fallen, die Länder auf diese Kompetenz ver- schaften und ist Bundesvorsitzender der Liberalen Hochschul- zichten. Es wäre die größte Veränderung in gruppen. Ihr erreicht ihn unter [email protected] den Bund-Land-Beziehungen in der neueren

JUNG+LIBERAL 04/2017 17 Digitale Strategie gesucht!

Die Digitalisierung war eines der Hype-Themen des vergangenen Bundestagswahlkampfes. Und hat gleichzeitig gezeigt, wie groß der Wunsch der Wähler nach einer Digitalisierungs-Strategie für unser Land ist. Nicht zuletzt die FDP konnte davon profitieren und Stimmen gewinnen. Doch nun ist es nach der Wahl und nun reicht es nicht mehr, die Buzzwords zu kennen und flammende Reden zu halten. Nun geht es an die Umsetzung.

nd da gibt es mehrere Stol- persteine zu bewältigen. Die gute Nachricht: Der Bundestag soll im UJahr 2018 WLAN bekommen. Die schlechte Nachricht: Das World Economic Forum sieht nen und Werkbänken ihr Geld verdient. Hier Deutschland auf Platz 12 des weltweiten Net- sind wir von einer flächenendeckenden Digita- work Readiness Index. Die EU Kommission lisierung und damit einhergehenden Effizienz- vergibt an Deutschland Platz 10 des Digital Steigerung meilenweit entfernt. Aber ganz be- Economy and Society Index. Sogar innerhalb sonders diese Menschen gilt es abzuholen und der EU sind wir also schon schlecht aufgestellt, mitzunehmen auf dem Weg in die digitale Welt. obwohl wir da doch so gerne eine Führungspo- Den Umgang mit digitalen Anwendungen und liche Bedarf liegt. Gleichzeitig werden gerade sition einnehmen. Kleinere Mitgliedsstaaten die Zusammenarbeit mit Maschinen zu erler- mittelständische Unternehmen außerhalb der wie Estland oder Finnland laufen uns digital nen, wird für sie die einzige Chance sein, Ar- Ballungsgebiete von solchen Initiativen kaum davon. beit zu finden, wenn weiterhin Arbeitsplätze in erreicht. Gerade hier liegt aber viel Digitali- der deutschen Industrie abgebaut werden. sierungs-Potential. Doch um Menschen und Macher im Parlament? Unternehmen flächendeckend zu erreichen, Fangt endlich an, zusammen zu Und was passiert in Deutschland? Es fehlt an braucht es nicht nur eine umfassende Digitali- arbeiten! Machern in der Politik. Wer eine Social Media sierungs-Strategie, sondern auch die zeitnahe Kampagne im Wahlkampf befüllen kann, ist Was mir auffällt ist, dass Digitalisierung im- Umsetzung von Meilensteinen. Schließlich noch lange nicht in der Lage, eine nachhaltige mer noch zu oft als oberflächliches Einzelthe- werden Digitalisierungs-Projekte durch Steu- Strategie für einen digital zurückgebliebenen ma gedacht wird. Man kann sich nicht mit ern finanziert. Wirtschaftsstandort zu entwerfen. Dass wir etwas schmücken, dass man nicht umsetzt. Um die Digitalisierung Deutschlands zu ko- sehr wahrscheinlich eine Regierung aus vier Besonders nicht in der digitalen Welt, denn ordinieren, wird vielerorts ein Digitalministeri- Parteien bekommen, macht die Sache nicht Digitalisierung schafft vor allem eins: Nach- um gefordert. Allerdings gibt es auch Experten einfacher. vollziehbarkeit und Transparenz. So manches die mahnen, dass ein zusätzliches bürokratisch Neben der technischen Expertise fehlt un- Unternehmen hat das schon gelernt, die Politik organisiertes Ministerium der falsche Weg ter anderem die Arbeitnehmer-Perspektive im noch nicht. In den letzten Jahren haben sich im wäre, um einer dynamischen Entwicklung wie Parlament. Wer selber am Schreibtisch arbeitet politischen Bereich auf allen Ebenen Personen, der Digitalen Transformation Herr zu werden. und einen mehr oder weniger schnellen Inter- Institutionen und Initiativen die Digitalisie- Meiner Ansicht nach bräuchte es erst einmal netanschluss nutzen kann, vergisst schnell, rung unseres Landes auf die Fahne geschrie- eine Bestandsaufnahme, welche Digitalisie- dass in vielen Unternehmen knapp die Hälfte ben, doch kaum einer arbeitet kooperativ oder rungs-Initiativen und Förderungen es bereits der Belegschaft an völlig undigitalen Maschi- weiß, was der andere tut oder wo der tatsäch- gibt und wo noch Lücken zu schließen sind.

18 gehung von Datenschutz und IT Sicherheit. Daher finde ich beide persönlich viel fraglicher als die Überlegung einer umfassenden und si- cheren Datenbank für Bürgerdaten. Solche technisch-politischen Diskussionen werden natürlich vorrangig unter Experten ge- führt. Und genau da liegt ein weiteres Problem: Viel zu viele Bürger trauen sich gar nicht, in die Diskussion zur Digitalisierung einzustei- gen, weil ihnen das technische Grundwissen fehlt. Bisher ist unklar, wer die Verantwortung trägt, Menschen verschiedener Altersgruppen zu mündigen Bürgern einer digitalen Welt aus- und weiterzubilden. Wer ist hier zuständig? Schulen, Unternehmen, Politik, oder jeder Ein- zelne selber? Sicher ist jedenfalls: Wer etwas nicht versteht, reagiert mit Angst und lehnt Neuheiten schneller ab. Die Freien Demokra- ten haben es im Wahlkampf thematisiert. Angst ist vielleicht die größte Hürde auf dem Weg zum digitalen Deutschland.

…auch innerhalb der EU

Und noch viel schlimmer: Während wir so be- schäftigt damit waren, die Digitale Transfor- mation unseres Landes vor uns her zu treiben, hat sich die Europäische Union sehr wohl mit dem Thema beschäftigt. Und das aus deutscher Sicht nicht unbedingt in unserem Sinne. Die im Mai 2018 in Kraft tretende Datenschutz- Grundverordnung lässt besonders Gründer Vor allem im Bereich digitale Verwaltung. Es Wir werden uns als Gesellschaft Gedanken und Entwickler im Bereich Datenverarbeitung ist dabei eher unwahrscheinlich, dass der Staat machen müssen, ob unsere bürokratische Or- und Machine Learning mit dem Kopf schüt- alleine – innerhalb eines angemessenen Zeit- ganisations-Struktur noch sinnvoll ist. Ob wir teln. Der Umgang mit Daten wird zwar regu- raums – sichere digitale Verwaltungslösungen nicht lieber eine umfassende Bürgerdatenbank lierter, allerdings dadurch für den Verbraucher bereitstellen kann. An Public-Private-Partner- mit validen Identitäten und funktionierenden nicht unbedingt sicherer. Die nächste Initiati- ships führt hier kaum ein Weg vorbei. Denn eGovernment-Funktionen haben wollen, als ve im Bereich IT-Sicherheit ist schon geplant. nur, wenn die Verwaltung in der Lage ist, ein- unvernetzte Datenbanken und Menschen, die Und Europa verliert abermals eine Chance, in heitliche und sichere Funktionen und Schnitt- in der digitalen und der analogen Welt durch Sachen Zukunftstechnologien auf Augenhö- stellen bereitzustellen, lohnt es sich auch für sämtliche System fallen, weil sie nicht zugeord- he mit anderen Tech-Standorten zu kommen. die Unternehmen, die sich bisher vor der Digi- net werden können. Denn wer für sein Tech-Startup aufgrund be- talisierung drücken, das papierlose Büro einzu- Wer jetzt gleich Überwachungsstaat ruft, hindernder Regulierungspolitik keinen Markt führen. Das hat wiederum direkten Einfluss auf sollte sich mit dem Thema tiefergehend ausei- in Europa sieht, packt seinen Laptop und geht. die digitalen Fähigkeiten der Mitarbeiter. Da- nandersetzen. Unter IT Sicherheits-Experten Das sollten wir verhindern. mit sind wir dann zwar kein digitaler Vorreiter, diskutieren wir aktuell nicht nur den Bundest- aber auf dem Weg in die richtige Richtung. rojaner für Online-Durchsuchungen, sondern CAROLIN DESIRÉE TÖPFER (28) auch die neu geschaffene Zentrale Stelle für ist Politologin, IT-Sicherheits-Exper- Wir brauchen technisch-politische Informationstechnik im Sicherheitsbereich tin und Datenschutzbeauftragte. Sie Diskussionen kritisch. Dort wird unter anderem an Metho- beschäftigt sich mit komplexen IT-Infrastruk- Wenn wir in Zukunft eine starke digitale Wirt- den zur Umgehung von Verschlüsselungen turen und bloggt auf www.digitalisierung-jetzt. schaft haben wollen, wird dies nur möglich geforscht, um Polizeibehörden und Geheim- de zu den technischen und sozialen Herausfor- sein, wenn auch unsere Infrastruktur umfas- diensten Zugriff auf gesicherte Daten zu er- derungen der Digitalen Transformation. Ihr er- send digital wird – auf einer sicheren Basis. möglichen. Beide Initiativen dienen der Um- reicht sie unter [email protected]

JUNG+LIBERAL 04/2017 19 Nur vier Jahre Zeit Ein Plädoyer für eine neue EU

schätzen zu können, muss man zunächst einen Blick auf unsere Nachbarländer werfen. Viele von ihnen hatten auch in den letzten Monaten Wahlen und die waren zumindest in Sachen Europa um einiges entscheidender als die Bun- Für die Liberalen war die Bundestagswahl ein DDie ganze Welt hat am Tag der Bundestagswahl destagswahl. Schließlich stellte sich bei uns voller Erfolg. Aber auch nationalistische Po- auf Deutschland geschaut. Klar, die Zukunft nie wirklich die Frage, ob die proeuropäischen pulisten sind ins Parlament eingezogen. Und der größten Wirtschaftskraft der Europäischen Kräfte im Parlament keine Mehrheit haben wür- genau aus diesem Grund muss sich die EU jetzt Union geht alle etwas an. Viele Probleme in Eu- den. reformieren. Denn aufgrund der politischen ropa müssen gelöst werden und zwar möglichst Konstellationen in Europa haben wir vielleicht schnell. Es geht ja um existenzielle Fragen Ein Blick über den nur vier Jahre Zeit. wie Brexit, gemeinsame Sicherheitspolitik, die nationalen Tellerrand Flüchtlingskrise oder die Reform der Eurozone. Die Abwahl der Großen Koalition wurde des- halb auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten Entscheidend dabei sind natürlich zunächst mit neugieriger Erwartung betrachtet. Man einmal die Wahlen in unserem Nachbarland ging vielerorts fast schon automatisch von ei- Frankreich. Nach einem dreckigen Wahlkampf nem weiteren Erdrutschsieg Merkels aus. Nun mit gegenseitigen Anschuldigungen von allen kam das alles etwas anders. Die Probleme von Seiten und einer desaströsen Grand Débat von vorher müssen aber immer noch gelöst werden. Marine Le Pen und Emmanuel Macron ging Um die Entwicklung der Europäischen Union Letzterer zwar als klarer Sieger hervor. Doch und Europas in den nächsten vier Jahren ab- der Schein trügt, wenn man ungültige Stimmen Photo by Jordan Whitfield on Unsplash by Photo

20 und Enthaltungsstimmen mitrechnet. Gleiches Fakten, die man als überzeugter Proeuropäer Vorstandes. Aber gerade auf den nationalen gilt auch für die Parlamentswahlen. Die abso- manchmal schönredet, obwohl man sich für Ebenen muss das noch ankommen, auch bei lute Mehrheit hilft Macron bei seinen Reform- einen Lösungsansatz lieber mit ihnen konfron- der FDP. Das Ziel muss sein, drittstärkste Frak- bestrebungen, aber ein Zeichen für eine große tieren sollte. Die Union braucht Reformen, da tion bei den Europawahlen in zwei Jahren zu Unterstützung in der Bevölkerung war sie nie. sind sich die meisten einig, aber bei der Frage werden und das erreicht man nur gemeinsam. Nun kann man Macron zugutehalten, dass er nach dem Wie gehen die Antworten weit aus- Einer der grundlegenden inhaltlichen Punk- seine Wahlversprechen schnell umsetzt. Aber einander. Macron ist sicherlich ein Hoffnungs- te wird vor allem die Demokratisierung und gerade bei seinen Arbeitsmarktreformen ist träger für Reformen innerhalb der EU, aber Entbürokratisierung der EU sein. Ein gestärk- dieses Tempo für viele Franzosen nicht wirk- auch kein Allheilmittel. Selbst bekennende Li- tes Europäisches Parlament mit Initiativrecht lich erstrebenswert. Und bei der nächsten Wahl berale neigen anscheinend teilweise zu Popu- könnte zum Beispiel die Brüssel-Bubble öff- müssen die Reformen schon Erfolge gezeigt ha- lismus und EU-Verteufelung. Auch damit muss nen und näher an die Bürgerinnen und Bürger ben. Ansonsten könnte der rechtspopulistische man sich auseinandersetzen. Was wir aber vor bringen. Auch eine Entschlackung der Euro- Front National das Feld übernehmen. allem beachten sollten: Es könnte noch schlim- päischen Kommission muss ganz oben auf der Ein weiterer Knackpunkt wird in den nächs- mer kommen. To-Do-Liste stehen, wenn man eine Reform ten Monaten und Jahren auf jeden Fall Ös- glaubwürdig vertreten möchte. terreich sein. Der designierte Bundeskanzler Am wichtigsten ist aber eine Veränderung Denken wir neu – die Aufgaben der Sebastian Kurz hat seiner Partei einen Erneu- der Kommunikation über die EU. Hier wäre es Liberalen für eine neue EU erungskurs auf die Fahne geschrieben und ihr wünschenswert, wenn die liberalen Kräfte in- im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen nerhalb der EU klare Kante geben. Und zwar Anstrich gegeben. Der hat sich auch inhalt- In Deutschland haben wir im Vergleich dazu denen gegenüber, die als nationale Regierun- lich bemerkbar gemacht. Die ÖVP konnte im Glück gehabt. Ja, auch bei uns haben die Popu- gen gerne die EU als Ganzes kritisieren, ob- Wahlkampf vor allem mit dem Werben für eine listen einen Erfolg einfahren können. Aber ins- wohl sie selbst ein Teil der Institution sind. De- restriktive Flüchtlingspolitik punkten, oftmals gesamt überwiegt bei der Wahl trotzdem ein nen gegenüber, die mit falschen Behauptungen konnte man gar nicht mehr feststellen, ob eine klares Bekenntnis zu unserem Grundgesetz versuchen, Stimmungen zum Stimmenfang Aussage von Seiten der ÖVP oder der rechtspo- und unserer europäischen Identität. auszunutzen. Und auch denen gegenüber, die pulistischen FPÖ getroffen wurde. Nun sitzen Die Freien Demokraten und vor allem auch sich zwar proeuropäisch nennen, aber im ent- beide Parteien am Verhandlungstisch für eine die Jungen Liberalen bekennen sich klar und scheidenden Moment doch nicht dafür gerade- Koalition, die zwar laut Kurz der EU positiv ge- deutlich zur Europäischen Union. In unserem stehen. genüberstehen soll. Dennoch darf zu erwarten jungliberalen Wahlprogramm haben wir uns Die Bedingungen sind klar. Wir haben mög- sein, dass es mit FPÖ-Ministern im Rat der Eu- damit nicht ohne Grund an erster Stelle mit der licherweise nur vier Jahre Zeit. Der Populis- ropäischen Union nicht gerade einfacher wird, Thematik befasst. Die Liberalen wissen um den mus hat leider noch Potential zu wachsen. Die notwendige Reformen durchzusetzen. Man Wert der EU, und sind auch aufgrund ihres Ein- Liberalen müssen diese Zeit nutzen, um die EU kann aber zumindest die Hoffnung haben, tretens dafür wieder im Bundestag vertreten. endlich von einer dauerhaft reformbedürftigen dass die liberalen Kräfte der NEOS nach ihrem Deshalb muss es jetzt an die Arbeit gehen – im in eine transparente, bürgernahe und effizien- fulminanten Wahlkampf in der Opposition or- Parlament und idealerweise dann auch in einer te Institution umzuwandeln. Deshalb: Denken dentlich Druck machen werden. Regierung, die diese proeuropäische Haltung wir die EU neu. Aber die Liste der europäischen Länder mit vehement vertritt. internen Komplikationen geht weiter. Die nach Dabei ist die Rolle der ALDE hervorzuheben. JULIUS GRAACK (19) hat letztes monatelangem Verhandeln gebildete Koalition Im Moment sind die Gruppe im Europäischen Jahr einen Freiwilligendienst bei des niederländischen Premierministers Mark Parlament und die Partei immer noch ein Sam- der Europäischen Parlamentarischen Rutte sitzt alles andere als im festen Sattel. melsurium vieler nationaler Parteien mit unter- Gesellschaft in Straßburg absolviert und stu- In der Tschechischen Republik ist mit Andrej schiedlichen Meinungen. In der ALDE-Gruppe diert seit Oktober in Göttingen Philosophie und Babis ein skandalgeplagter Multimillionär sind mehr als die Hälfte der repräsentierten VWL. Ihr erreicht ihn unter [email protected] bald möglicherweise Ministerpräsident, der es Nationalitäten jeweils durch unterschiedliche wohl als erstes Mitglied der liberalen Familie nationale Parteien vertreten. Für Deutsch- geschafft hat, mit Trump oder Berlusconi ver- land sitzen derzeit beispielweise drei FDP- glichen zu werden. Und in Italien bemüht sich Abgeordnete in der Fraktion, aber auch eine eben dieser Berlusconi um eine rechtskonser- Abgeordnete der Freien Wähler. Diese Vielfalt vative Regierungsmehrheit bei der kommen- muss als Stärke genutzt werden, denn uns eint den Wahl, ebenfalls gestützt von Populisten der Reformwille für eine demokratischere EU. wie der Lega Nord. Das passiert glücklicherweise schon auf vielen All das kann natürlich in gewisser Weise be- Ebenen, gestützt durch eine hervorragende Ar- unruhigen, es sind aber eben auch die harten beit des ALDE- und insbesondere des LYMEC- Photo by Jordan Whitfield on Unsplash by Photo

JUNG+LIBERAL 04/2017 21 Das Gesicht des bürgerlichen Antifaschismus Über den Umgang mit der AfD im neuen Deutschen Bundestag

Mit den 94 Abgeordneten der AfD ziehen Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung über aufbringen zu müssen. Es existiert ein zahlreiche Rechtsextremisten, Reichsbürger und der Demokratie stark in Zweifel gezogen enormer Unterschied zwischen dem leidvol- und Anhänger der sogenannten Neuen Rech- werden. len Ertragen von Meinungen und der Toleranz ten in den Deutschen Bundestag ein. Auch der Noch in den letzten Tagen des Wahlkamp- rechten Gedankenguts. Muss man faschisti- letzte Zweifler muss anerkennen: Wir haben fes haben die demokratischen Parteien die sche Meinungen also hören? Ja. Das sichert ein rechtes Problem in Deutschland. Es ist AfD und ihre Umfragewerte entweder ge- das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu. Zeit eine wirksame Strategie für den Umgang flissentlich ignoriert oder aber, wie auch die Aber deshalb dürfen solche Äußerungen noch zu entwickeln. Ein Versuch. Freien Demokraten, versucht sie im demokra- lange nicht toleriert werden. Ganz im Gegen- tischen Diskurs zu stellen und zu entlarven. teil. Zu jeder Zeit und an jeder Stelle muss as hatten wir uns anders vor- Beide Strategien haben ganz offensichtlich massiver Widerspruch der Demokraten er- gestellt. Die drei kleinen demo- nicht funktioniert. Es ist daher dringend an folgen. Die demokratische(n), progressive(n) kratischen Parteien lagen im der Zeit zu reflektieren, wie zukünftig mit die- Alternative(n) zu dem Gesagten müssen Wettstreit um den dritten Platz ser Bedrohung für unsere progressive, bunte benannt und den Menschen erklärt werden. Dbei der Bundestagswahl noch am Wahltag in Gesellschaft und das demokratische System Auch wenn diese Alternativen manchmal Umfragen gleichauf. Am Ende sollte es einen umgegangen werden sollte. Jeder Abgeordne- etwas mühsamer sind als populistisches Ge- lachenden Vierten geben. Mit großem Jubel te der demokratischen Parteien, insbesondere brabbel. Die größte Gefahr in den Debatten und Getöse zog die AfD als drittstärkste Kraft die Jungen, müssen der AfD nun nicht nur die ist, dass irgendwann eine Routine und Müdig- in den Deutschen Bundestag ein. Ohne die Stirn bieten, sondern aktiv Projekte und Ini- keit eintritt, Gegenpositionen zu formulieren. Verweigerung der SPD für eine erneute Regie- tiativen gegen Rechts starten. Aber auch die Das darf nicht passieren. rungsbildung, wären die AfD-Spitzen Alice Zivilgesellschaft und politische Gruppen wie Das Ziel der Rechten ist es nicht nur, direkt Weidel und ab sofort Op- die Jungen Liberalen müssen aktiv werden Einfluss zu gewinnen, sondern auch, die poli- positionsführer. Bei dieser Vorstellung läuft und unsere offene Gesellschaft, unsere Demo- tische Debatte Stück für Stück nach rechts zu es den meisten Demokraten eisig den Rücken kratie schützen. Aber wie kann das im Detail verschieben und so nach und nach zuvor Un- herunter. Aber auch ohne diese herausgeho- funktionieren? sagbares oder Denkbares zu normalisieren. In bene Rolle haben wir ein Problem. Das erste den vergangenen Jahren war diese Strategie Keine Toleranz für Intoleranz Mal in der Geschichte der Bundesrepublik schon enorm erfolgreich, wie die rechtspo- zieht eine offen rassistische, fremdenfeind- Für Liberale ist die Meinungsfreiheit richti- pulistischen Ausflüge von CSU und FDP im liche und reaktionäre Partei in den Bundes- gerweise ein unantastbares Gut. Das bedeutet Bundestagswahlkampf, insbesondere aber die tag ein. Bei einigen der neuen Abgeordneten aber nicht Beliebigkeit in Bezug auf die geäu- Diskussion um den Parteiaustritt von Frauke kann darüber hinaus auch die Bejahung der ßerte Meinung oder gar Toleranz ihr gegen- Petry belegen. War zu Beginn

22 Impressum

noch ein rechtes Monster, wurde mit ihr nun dann in sie vorzustoßen. Das zu verhindern jung + liberal ist das Mitgliedermagazin des Bundesverbandes der Jungen Liberalen. Es der Abgang der letzten Moderaten betrauert. geht nur, indem selbst frühzeitig und kreativ Das Gesicht des erscheint viermal jährlich. Zu beziehen ist So funktioniert gesellschaftlicher Rechtsruck. Räume erkannt und genutzt werden. Da haben jung + liberal per Abonnement, Mitglieder Zentral für den Erfolg einer solchen Strategie auch die Freien Demokraten und Jungen Libe- der Jungen Liberalen erhalten das Magazin ist es, beständig die Agenda zu definieren und ralen noch Nachholbedarf. Das kann und soll automatisch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. die demokratischen Parteien in eigenen The- Politik natürlich nicht allein bewältigen. Die jung + liberal wird gefördert aus Mitteln des bürgerlichen Bundesministeriums für Familien, Senioren, men wie etwa der Flüchtlingspolitik vor sich Zivilgesellschaft – auch das hat sich im Osten Frauen und Jugend (BMFSFJ). herzutreiben. Das dürfen die demokratischen der Republik gezeigt – ist hervorragend darin, Parteien nicht weiter hinnehmen. Raus aus Projekte gegen Rechts zu führen. Auch präven- Herausgeber: Antifaschismus der Defensive und selbst die politische Agen- tive Jugendarbeit, etwa in Sportvereinen oder Bundesverband Junge Liberale e.V. da bestimmen. Das ist mühsam, auch weil die Jugendfeuerwehren, kann stark zur Demokra- Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin Telefon: (030) 680 78 55-0 AfD-Fraktion keine konstruktive Rolle im Par- tieerziehung beitragen. Was aber all diesen Telefax: (030) 680 78 55 -22 lament einnehmen muss und wird. Mit der vie- Organisationen und ihren Freiwilligen fehlt, E-Mail: [email protected] Über den Umgang mit der AfD len Zeit und den neuen Mitarbeitern haben sie ist Geld und politische Anerkennung. Beides nichts anderes zu tun, als zu stören und debat- ließe sich als Teil einer neuen Bundesregierung Chefredaktion (V.i.S.d.P): im neuen Deutschen Bundestag tenbestimmende Anträge zu stellen. Trotzdem schnell ändern. Laura Schieritz ([email protected])

haben Gauland und Weidel lang genug domi- In der Vergangenheit haben sich die Freien Autoren: niert. Zeit, sie zu marginalisieren. Demokraten bei der öffentlichen Beteiligung Marc Bauer, Michael Bödecker, Franziska Bras- an Demonstrationen und Aktionen gegen se, Johannes Dallheimer, Julius Graack, Dennis Europa statt Nationalismus Rechts besonders schwergetan. Breite Bündnis- Hänel, Nicolas Lembeck, Nadine Mayer, Larissa Ausländer- und Europafeindlichkeit dürfen se aus Parteien, Gewerkschaften und zivilge- Saar, Lasse Roth, Marcel Schoch, Katharina Schreiner, Tim Schütz, Carolin Desirée Töpfer, keinen Platz in unserem Parlament und Gesell- sellschaftlichen Akteuren werden regelmäßig Stefanie Unbehauen schaft haben. Das müssen die demokratischen ohne deren Beteiligung gebildet. Dabei steht Parteien klar vorleben. Es hilft am Ende nur der die Tür eigentlich immer offen. Es drängt sich Auflage: 11.000 Exemplare AfD, wenn sich die Freien Demokraten scheib- der Eindruck auf, dass es die Kooperation mit chenweise von ihrer großen europapolitischen diesen tendenziell eher linken Organisationen Gestaltung: Himmel & Jord, Berlin

Vision eines europäischen Bundesstaats ver- offenbar auch bei so einem wichtigen Zweck Mit dem Namen des Autors versehene Beiträ- abschieden. Dieses Ziel muss gerade vor dem für viele Freidemokraten unmöglich ist. Das ge geben nicht unbedingt die Meinung der Hintergrund des wiederkehrenden Nationalis- oft genannte „Wir laufen nicht mit der Antifa“- Redaktion wieder. Nachdruck mit Quellenan- mus stärker denn je betont werden. Dazu gehört Argument kommt nur zu gelegen, um keine gabe erwünscht, Belegexemplar erbeten. Für sicher auch, nicht jedem Akt der europäischen öffentliche Front gegen Rechts zeigen zu müs- unverlangt eingesandte Fotos und Manuskrip- te übernehmen wir keine Haftung Solidarität eine Absage zu erteilen. Europa war sen. Das muss sich ändern. Der Protest gegen

und ist mehr als nur ein ärgerlicher Posten im Rechts darf nicht den Linken überlassen wer- Bei Fragen zur Ausgabe, für eine Aufnahme Haushalt. Es ist unsere Werte- und Friedens- den. In Zukunft müssen auch gelbe Fahnen zu in den Autorenverteiler, bezüglich Leserbriefe ordnung. Gerade mit Blick auf rechtspopulis- sehen sein. und Blattkritik bitte einfach eine E-Mail an tische und -extreme Entwicklungen in anderen Wenn die Freien Demokraten und Jungen [email protected] schicken. Photo by Oliver Cole on Unsplash Cole Oliver by Photo europäischen Staaten müssen wir mehr denn Liberalen es ernst meinen mit offener, bunter Bildnachweise je bereit sein, auch über reines Eigeninteresse Gesellschaft, ist es jetzt die Zeit, das zu zeigen, S.4/5: Berlin Icons von Anna Weiss / The Noun Project hinaus in die europäische Idee zu investieren. aktiv zu werden, Haltung zu zeigen. Sowohl im Sofern nicht anders ausgewiesen sind alle Fotos und Illustrationen Politisch und finanziell. Ergreifen wir also die Parlament, in der Zivilgesellschaft als auch auf © JuLis/privat sowie Himmel & Jord GmbH, Berlin ausgestreckte Hand Emmanuel Macrons. der Straße. Wir können und müssen das Ge- Illustrationen dieser Ausgabe wurden mithilfe Materials von unsplash.com erstellt und sind nicht gesondert sicht des bürgerlichen Antifaschismus in die- ausgewiesen. Keine Räume geben sem Land werden. Das ist nicht zuletzt auch die Vertreter der Rechten nutzen jeden Raum, jede Hypothek bei den Wählerinnen und Wählern Bühne, die sie kriegen können. Das hat sich für das großartige Wahlergebnis. jüngst auf der Frankfurter Buchmesse ein- drucksvoll bestätigt, zeigt sich aber auch schon LASSE ROTH (29) ist Analyst für Au- seit Jahren in der Jugendarbeit von rechten ßen- und Sicherheitspolitik und ehe- informieren Kameradschaften in Teilen Ostdeutschlands. maliges Mitglied im Bundesvorstand Stichwort: Jugendfreizeiten und Jugendbe- der Jungen Liberalen. Er ist genervt von Ausflü- treuung. Anders als liberale Kräfte sind Rech- gen nach rechts und wünscht sich schon lange neuigkeiten te darin trainiert und äußerst begabt, auch einen wirklichen liberalen Antifaschismus. Ihr mitmachen unkonventionelle Räume zu erkennen und erreicht ihn unter [email protected] julis.de

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