Obermain—Tagblatt 28.08.2020

Wie kommt das Gemüse zum Verbraucher? Solidarische Landwirtschaft, Selbsterntegärten, Abo—Kisten: Beim Infoabend der Öko—Modellregion Obermain—Jura werden viele Modelle vorgestellt. Die Neugierde ist groß. Wie lassen sich solche Ideen tatsächlich umsetzen?

Von CORINNA TÜBEL HOCHSTADT Es ist ein Trend der Corona-Krise: verstärkt vor Ort einkau- fen. „Dieser Wunsch, sich regional zu versorgen, ist noch mal gestiegen“, be- richtet Michael Stromer, Leiter der Um- weltstation und Kreisfachbe- rater für Gartenkultur und Iandespflege. Die regionale Produktion und Vermark- tung dieser Lebensmittel, insbesondere von Obst und Gemüse, ist ein Ziel der Oko-Modellregion Obermain-Jura, die am Dienstagabend zum Infoabend vor der Katzogelhalle in Hochstadt am eingeladen hatte. Unter den rund 30 Teilnehmern be- finden sich neben Fachkundigen aus den Bereichen Landwirtschaft und Garten auch viele neugierige Iaien. Im Vorfeld hatten Projektmanagerin Bianca Faber und ihr Team eine Umfrage unter den heimischen Landwirten ge- startet und viel Interesse an einem Ein-

LJ' stieg in den Gemüseanbau eruiert — 'r’ unter bestimmten Bedingungen. .1 ‚5-. :‘ J, . ‚f H _ b' Solidarische Landwirtschaft: J "t "fy‘k- L Ernteteilung “inaktiv! [i 8.: Wie diese aussehen könnten, stellt die Michael Stromer, Leiter der Umweltstation Weismain und Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, plädierte dafür, das verbreitete Einkaufsverhalten der Projektmanagerin anhand von verschie- Menschen während der Corona-Krise als Chance zu sehen: mehr Engagement für regionale Produkte und ihre Vermarktung. FOTOS: CORINNA TÜBEL denen Modellen aus benachbarten Landkreisen vor: Im Rahmen einer Soli- darischen Landwirtschaft wird etwa auf hier jedoch stellten sich Fragen: „Wer welt, für die heimischen Betriebe, für tet und wie, brauche ich nicht gleich der Milch: „Wir wollten damals unab- einer Fläche Gemüse angebaut und die lernt die fachlich an?“ und „Wer sorgt et- eine gesunde Ernährung.“ Bianca Faber eine Zertifizierung.“ Dabei spricht er das hängiger von den Milchhöfen werden Ernte regelmäßig an die Mitglieder dieser wa für die Grundvorbereitung des Bo- führt weiter aus, dass mit dem Kauf re- schwierige Thema der Zertifizierung zum und die Milchpreise ein Stück weit selbst Gemeinschaft aufgeteilt. Dafür unter- dens?“ gionaler Produkte die Region und ihre Bio-Betrieb an, für deren Zurückhaltung bestimmen. Es läuft sehr gut!“ Als einer stützen diese mit monatlichen Beiträgen Struktur, ihre Systeme und die Men- oft finanzielle Mittel oder mangelnde be- von rund 50 Direktvermarktern sowie den gesamten landwirtschaftlichen Be- Direktvermarktungsmodell schen dahinter unterstützt werden. triebliche Voraussetzungen trotz ent- einer von sechs Automatenverkaufsstel— trieb. Abo-Kiste mit Obst und/oder Gemüse Außerdem seien die Transportwege kür- sprechender Qualität verantwortlich lenleitern in der Region Obermain-Jura Die Abo-Kiste mit Obst und/oder Ge- zer und klirnaneutraler, die Transparenz sind. Auch Stefan Schnapp, der zusam- setzt er auf regionale Qualität. müse, mittlerweile ein beliebtes Direkt- besser. men mit seinem Vater Inhaber der „Durch die Wegeinsparung vermarktungsmodell, war vielen be- „Und das heißt nicht: Regional ist Milchtankstelle in Hochstadt am Main Neue Kulturformen auf Acker und Saisonalität vieler kannt. Miriam Gehringer, eine der Initia- immer teurer: Durch die Wegeinsparung ist, findet die vorgestellten Ideen gut, de- zwischen Roth und Thelitz torinnen für den geplanten Dorfladen in und Saisonalität vieler regionaler Pro- ren Umsetzung jedoch schwierig: „Mit Die Öko-Modellregion Obermain-Jura regionaler Produkte‚können , findet diese sowie die weite- dukte, können diese sogar günstiger als dem Anbau von Gemüse muss man sich kann bereits auf viele Erfolgsprojekte zu- diese sogar günstiger als ren Ideen gut: „Sie sind realistisch und herkömmliche Waren sein.“ gut auskennen, es gibt zum Beispiel viele rückblicken: Mit Andreas Kremer aus am Puls der Zei .“ Ein geeignetes Grundstück für eine Krankheiten, auf die man dann reagie- Roth etwa gibt es einen Nebenerwerbs- herkömmliche Waren sein.“ Ihrer Ansicht nach haben regionale dieser oder noch kommender Ideen ren muss.“ Er selbst baut bislang Getreide landwirt und künftigen Bio-Bauer, der Produkte nur gute Seiten: „für die Um- stünde bereit: Bernd Kraus aus Wolfsloch an — zusätzlich zur Direktvermarktung für einen Feldversuch seinen Acker zwi- _Iiianca Faber, Projektmanagerin Oko-Modellregion Obermain-Jura würde einen Teil seiner Felder für den schen Roth und Thelitz zur Verfügung Gemüseanbau zur Verfügung stellen. gestellt hatte. Mit dem Anbau neuer Kul- Dennoch betont Michael Stromer: „Wir turformen wie Hafer, verschiedenen Lin- Die Erzeuger könnten kleine Bio-Be- haben heute keinen Königsweg vorberei- sen und Ackerbohnen leistet er einen triebe mit einem entsprechenden Zweig tet und erwarten kein festes Ergebnis wertvollen Beitrag zum Ausbau des öko- sein oder ein Zusammenschluss aus heute.“ Doch der Grundstein ist gelegt: logischen Iandbaus. !-_‘ mehreren Einzelerzeugem oder Höfen fit“. “u Viele Neugierige füllen am Ende des „Die Linsen sind gut gewachsen, wer- oder ein Verein. Oder eine Genossen- Abends eine Interessensbekundung für den nun gereinigt und abgepackt — in schaft beziehungsweise Kooperative stel- die ein oder andere Idee aus — als An- Kronach, also auch in der Region,“ verrät le den Gärtner oder Landwirt an. bauer, Abnehmer oder Emteteiler. Aus er. Bald könnten sie auch in ausgewähl- Die Frage von Anton Reinhardt, Kreis- diesen könnte ein neuer Arbeitskreis ge- ten regionalen Supermärkten erhältlich vorsitzender des Bunds Naturschutz bildet werden. sein. Den am Dienstag vorgestellten , ob ein Landwirt davon leben Ideen gegenüber zeigt er sich aufge- könne, ist berechtigt: Zunächst wäre die- Idealismus statt schlossen und neugierig. ses Modell wohl als Betriebszweig besser, Perfektionismus und Zertifizierung so Bianca Faber. Jedoch bestehe natürlich „Wir sollten die Corona-Krise nutzen, Interessierte können diese Veranstaltung immer Verhandlungsspielraum. an unserem Verhalten etwas zu ändern“, nochmals am Dienstag, 1. September, um vertritt auch Anton Reinhardt und be- 18 Uhr in der kleinen Stadthalle besuchen. Selbsterntegarten: fürwortet die vorgestellten Modelle: Um kurze formlose Anmeldung wird ge- Wer lernt Laien fachlich an? „Solche regionalen Strukturen helfen ei- beten bei: Projektmanagerin Bianca Faber, Auch die Idee des Selbstemtegartens, nander. Man ist nicht mehr Konkurrent, Landratsamt Lichtenfels, Kronacher Straße bei dem das Land in einzelne Parzellen Andreas Kremer, NebenenNerbsIand- sondern Unterstützer und hilft sich Stefan Schnapp, mit der Milchtankstel— 32, 96215 Lichtenfels, E-mail.-Adresse aufgeteilt wird, macht das Publikum wirt und künftiger Bio-Bauer, kann be- gegenseitig. Wir wollen es im Kleinen an- Ie in Hochstadt am Main als einer von bianca‚[email protected]‚ neugierig. Das Konzept könne beispiels- reits auf ein Erfolgsprojekt mit der packen und uns mit dem, was hier ge- vielen Direktvermarktern im Landkreis, ‘@0173—3178470. weise einen gemeinsamenJungpflanzen- Oko-Modellregion Obermain-Jura zu- schieht, identifizieren.“ Dabei müsse befünNortet die Ideen — weiß aber um Weitere Information gibt es unter kauf, Arbeitsteilung und gegenseitiges rückblicken und zeigt sich den neuen nicht gleich alles perfekt sein, plädiert er. die Komplexität und das benötigte htts/wwwoekomodellregionen.bayern/ Voneinander—Lernen beinhalten. Auch Modellen gegenüber aufgeschlossen. „Wenn ich weiß, wer etwas bewirtschaf- Fachwissen bei Gemüseanbau. obermain-jura.