Biodiversitätsforschung AFSV

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz Heft 13 (2013) S. 57–72 4 Fig., 9 Tab. urn:nbn:de:0041-afsv-01318

Prioritäten für den Wald-Naturschutz – Die Schutzverantwortung Bayerns für die Artenvielfalt in Wäldern, am Beispiel der Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae)

Priorities for nature conservation in forests – the responsibility concept applied to Bavarian forests, using ground

Stefan Müller-Kroehling

Abstract wichtige Ergänzung. Laufkäfer erfüllen alle Anforderungen an eine Modellgruppe in Bezug auf die Fragestellung der The protection of species and habitats is burdened with Verantwortung für Lebensräume, da sie artenreich in allen trade-offs regarding both diverging conservation objectives terrestrischen Lebensräumen und Höhenstufen vorkommen as well as other objectives in forests, i. e. of economic inter- und gut erforscht sind. Eine Auswertung der in Wäldern vor- est. Calls for special protection of habitats and species or kommenden Laufkäfer Bayerns in Bezug auf Habitatbindung, particular protection strategies should always be founded Gefährdung und Verantwortung ergibt, dass es vor allem on a sound scientific basis. Besides the threat level, which in die Lebensräume auf extremen Sonderstandorten sind, die gefährdete Arten, für die wir eine besondere Schutzver- itself should thus be scientifically derived and not be based antwortung haben, beheimaten. In diesen Lebensräumen on assumptions, the concept of global responsibility needs müssen die Schutzanstrengungen, die auch mit den Vorga- to be taken into consideration when defining priorities and ben des §30 BNatschG (geschützte Lebensräume) und dem strategies for nature conservation. Ground beetles meet all Anhang I der FFH-Richtlinie (und v. a. auch den prioritären requirements of a model group, since they are a diverse Lebensraumtypen) in starkem Maße kongruent sind, in aller group occurring in all terrestrial habitats and at all eleva- Konsequenz umgesetzt werden. Für die an zonale Waldtypen tions and are well-studied. Based on the study of ground wie Buchen- und Eichenwälder gebundenen Arten hingegen beetles and their habitat relations in Bavarian forests, put in ergibt die Analyse, dass die bestehenden Schutzbestimmun- relation to their threat level according to the Red Data Book gen und Schutzgebietssysteme einschließlich vorhandener and the list of “responsibility species”, a comparison of the Großschutzgebiete angesichts weniger gefährdeter Verant- responsibilities by habitat group is presented. Particularly wortungsarten offenbar ausreichen. Der konsequenteste Schutz der Wälder auf Sonderstandorten mit intakten Stand- those habitats characterized by extreme site conditions are ortsbedingungen sollte daher - zumindest gemessen an der home to endangered species with a high responsibility level. Gruppe der Laufkäfer - höchste Aufmerksamkeit genießen. The existing legal protection of these habitats, which are highly compatible with the EU habitats directive habitats of Schlüsselwörter: Biologische Vielfalt im Wald, Globale Ver- annex II, particularly the priority ones, needs to be enforced antwortung, Carabidae, Bayern. without any concessions. The more common forest habitats, like beech and oak forests, are home to responsibility species 1 Einleitung that can mostly be protected in managed forests, since they are currently not endangered. Speaking for ground beetles, Es ist ein natürlicher Reflex, das „Seltene“, ja „Exotische“ in der heimischen Fauna und Flora für besonders schützens- the strictest protection of forests on extreme habitats with wert zu halten und seine Schutzanstrengungen darauf zu intact site conditions, everywhere in Bavaria, would be of fokussieren. Dabei wird übersehen, dass es sich hierbei oft the very highest current priority regarding those species we nur um Arten handelt, die bei uns, an ihrem Arealrand, die have the highest responsibility for. „Verschleißzone“ eines oft großen Areals erreichen. Auch schützenswerte genetische Unterschiede zur Population Keywords: Forest biodiversity, Global responsibility, Cara- im Hauptteil des Areals weisen diese Arten wohl nur unter bidae, Bavaria bestimmten Voraussetzungen und keineswegs per se auf.

Zusammenfassung Diesem Ansatz wird seit einigen Jahren das Konzept der Ver- antwortung gegenübergestellt, das darauf abzielt, vorrangig Der Schutz von Arten und ihren Lebensräumen ist sowohl jene Arten zu schützen, für deren Erhalt wir aufgrund ihrer mit naturschutzfachlichen Zielkonflikten, als auch mit Ziel- Verbreitung „weltweit“ eine besondere Verantwortung tragen. konflikten mit anderen Bereichen wie der wirtschaftlichen Dies ist in Übereinstimmung mit internationalen Übereinkom- Nutzung, behaftet. Forderungen nach dem besonderen men wie der Konvention zur Biologischen Vielfalt (CBD 1992). Schutz von Lebensräumen und Arten sollten daher immer Das neue Bundesnaturschutzgesetz sieht in §54(1) vor, den auf wissenschaftlicher Grundlage fußen. Neben dem Aspekt Verantwortungsarten auch erstmals einen gesetzlichen der Gefährdung, der in modernen Roten Listen zunehmend Schutzstatus auf dem Verordnungswege zu verleihen. weniger gutachterlich hergeleitet wird, gewinnt das Konzept weltweiter Verantwortung an Bedeutung, und ist bei der Für manche Artengruppen wurden bereits Artenlisten Festlegung eines Handlungsbedarfs im Naturschutz eine mit Einstufung zur Verantwortung veröffentlicht, so auch

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 57 AFSV Biodiversitätsforschung

Gefährdungs/Schutzver- Schutzverantwortung gering, Schutzverantwortung hoch, da kleines Verbrei- antwortung => Handlungsbedarf da großes Verbreitungsgebiet tungsgebiet und / oder hoher Anteil daran oder am Arealrand

Gefährdung/Stenökie und Bindung Kein Handlungsbedarf Kein Handlungsbedarf (Art gedeiht „im an bestimmte Faktoren gering Kielwasser“)1

Gefährdung/Stenökie und Bindung Geringer Handlungsbedarf sehr hoher Handlungsbedarf! Hauptpriorität des an bestimmte Faktoren hoch Naturschutzes laut CBD!

Abb. 1: Handlungsbedarf als Matrix aus Verantwortung und Gefährdung (aus Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2009). Die Matrix ist anzuwenden auf die kleinste, „evolutionär signifikante Einheit“ („ESU“), also auch Unterarten oder Rassen2, d. h. alle nachgewiesenen oder aufgrund der Morphologie zu vermutenden geographischen Manifestierungen der genetischen Vielfalt.

Fig. 1: Need for action as a matrix of responsibility and threat (from Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2009). To be applied for the smallest define evo- lutionary significant unit (ESU), e. g. subspecies and races. 1 Der kontroverse Begriff wird hier bewusst gewählt, auch ohne der Kielwassertheorie anzuhängen. 2 Da z. T. diskutiert wird, wie subspezifische Taxone einzustufen sind, ob als Unterart oder nur als Rasse, wofür Carabus menetriesi pacholei ein prominentes Beispiel ist (vgl. Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006b). für die Laufkäfer (Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. 2004)1. Diese ●● welche notwendigen Schutzmaßnahmen sich aus artenreiche Artengruppe mit ihren etwa 500 heimischen den bekannten Habitatansprüchen der Arten ableiten Vertretern bietet alle Grundlagen dafür, als repräsentative lassen Gruppe den Zusammenhang zwischen Gefährdung und Verantwortung exemplarisch zu beleuchten, wie etwa guten Letztlich kann das Konzept der Verantwortung dann helfen Erforschungsstand, stabile Taxonomie und Verbreitung in ●● Bereiche höchsten Handlungsbedarfs zu erkennen allen terrestrischen und semiterrestrischen Lebensräumen. Als bodenlebende Arten von sehr unterschiedlicher Aus- ●● Prioritäten zu setzen breitungsfähigkeit spiegeln die Laufkäfer alle Aspekte rund um den Standort wider, einschließlich des aufstockenden ●● Begrenzte Ressourcen gezielt einzusetzen Bestandes und vorkommender Schlüsselstrukturen wie Totholz. ●● bei Zielkonflikten Prioritäten zu setzen bzw. die Dis- kussion um Prioritäten zu versachlichen Die Laufkäfer sind daher als Beispiel, aber auch stellver- tretend für andere, nicht so gut erforschte Artengruppen, ●● Bereiche dringendsten Forschungsbedarfs zu für die Betrachtung der Handlungsschwerpunkte in Bezug ermitteln auf Gefährdung und Verantwortung im Wald besonders Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass die geeignet. Schutzgüter mit geringerer Verantwortung zu vernachläs- Als Betrachtungsebene sollen dabei die wichtigsten Wald- sigen sind. Auch diese Arten sind Teil einer artenreichen, vielfältigen Landschaft und können zum Beispiel teilweise als typen gelten, nach denen die Arten hier geordnet werden gute Indikatoren für intakte, vielfältige Lebensräume dienen. sollen. Als Grundlage dafür können Untersuchungen zu den in Bayerns Wäldern vorkommenden Laufkäfern und ihren Zusammenfassend kann aus Verantwortung und Gefährdung Lebensraumansprüchen dienen (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2001, eine Matrix erstellt werden, die den Handlungsbedarf fokus- 2006a, 2006b, 2008a (Moore), 2007 (Eichenwälder), 2008b siert (Abb. 1). (Kiefernwälder); Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. 2009 (Fichtenwäl- der), 2009 und 2010 (Buchenwälder)). Eine ausführliche Erst aus der Summe von Gefährdung und Verantwortung Zusammenschau der Ergebnisse, auf denen auch die hier ergibt sich konsequenterweise der tatsächliche Handlungs- vorgestellten Zuordnungen beruhen, ist in Vorbereitung. bedarf, und erst verknüpft mit den Habitatanforderungen, v. a. der Bindung an bestimmte Lebensräume und bestimmte Auf dieser Basis soll dargelegt werden Requisiten können daraus Schutzstrategien entwickelt wer- den (Abb. 2). ●● welchen Waldarten Bayerns eine besondere Schutz- verantwortung zukommt 2 Methodischer Ansatz ●● welche Waldhabitate diese Arten besiedeln Grundlage der Auswertungen sind die Liste der Arten ●● welchen Beitrag die einzelnen Wald-Lebensräume mit besonderer Verantwortung von Mü l l e r -Mo t z f e l d et zum Erhalt der Arten mit besonderer Schutzverant- al. (2004) und die aktuellen Roten Listen für Bayern und wortung leisten können und müssen und Deutschland (Lo r e n z 2004, Tr a u t n e r et al. 1996). Die seither neu in Bayern nachgewiesenen oder neu unterschiedenen sieben Arten wurden gutachtlich in Bezug auf Gefährdung 1 Einschließlich der Sandlaufkäfer, die vielfach als eigene Familie und Verantwortung geprüft. Mit Amara pulpani befindet sich (Cicindelidae) aufgefasst werden. darunter eine mögliche Verantwortungsart. Für manche der

58 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

oder dieselben Ansprüche hat wie die anderen dort gelisteten Arten.

Die hier verwendeten Habitatgruppen entsprechen der bei Wa l e n t o w s k i et al. (2006) verwendeten Gliederung in folgen- der Weise:

●● Buchen- und Buchenmischwälder, einschließlich der Tannen- und Bergmischwälder

●● Eichen- und Eichenmischwälder

●● Edellaubbaumwälder, aufgeteilt in Schluchtwälder und Feuchtwälder

●● Moorwälder

●● Kiefernwälder außerhalb der Moore Abb. 2: Entwicklung von Schutzkonzepte aus Gefährdung, Ver- ●● Fichtenwälder außerhalb der Moore, zusammen mit antwortung und Habitatanforderungen. Krummholz und Lärchen-Zirbenwald Fig. 2: Deriving protection strategies from threat, responsibility and habitat requirements. Eine noch stärkere Untergliederung würde den Nutzwert des hier angestellten vergleichenden Überblicks eher reduzieren. in Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. (2004) aufgeführten Unterarten Als Grundlage für die Zuordnung der Arten zu Habitat- scheint die Verbreitung in Deutschland noch ungeklärt, doch gruppen, die nur für Bayern Gültigkeit beansprucht, dienen ist es aus Vorsichtsgründen sinnvoll, sie bis zur definitiven neben der Literatur eigene Auswertungen von 920 Probe- Klärung hier aufzunehmen. flächen in ganz Bayern (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2005, 2006a, b, 2007, 2008a, b, 2009, Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. 2009, und Als Arten mit besonderer Schutzverantwortung werden in Vorber.). Die Verwendung von Literatur ist vor allem bei hier folgende Kategorien verwendet (vgl. Gr u t t k e et al. 2004, extrem seltenen Arten, für die der Daten- und Nachweistand Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. 2004): nicht für statistische Auswertungen ausreicht, unabdingbar. „!!“ als (Unter)Arten höchster Verantwortung („in besonde- Eine Quelle war Ko c h (1989) als Teil des renommierten rem Maße verantwortlich“), mit sehr hohem Anteil am „Fr e u d e -Ha r d e -Lo h s e “ („Die Käfer Mitteleuropas“). Die darin Weltbestand oder weltweit vom Aussterben bedrohten zu findende, weit gefasste Auflistung der beobachteten Arten Habitate ist, richtig angewandt, eine wertvolle Quelle (vgl. auch Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2001), wie auch der enger gefasste, „!“ als (Unter)Arten mit hoher Verantwortung („in ebenfalls auf Experteneinschätzung beruhende „Habitatprä- hohem Maße verantwortlich“), mit hohem Anteil am ferenzkatalog“ für Deutschland (GAC 2009), und ferner auch Weltbestand Hu r k a (1996) für Tschechien, mit Verhältnissen, die Bayern recht nahe kommen, sowie zahlreiche weitere Quellen Berücksichtigt sind ferner alle Arten mit der Einstufung „rz“, (aufgeführt in Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2001ff). Die genannten Lite- das sind „raumbedeutsame Arten mit zentraleuropäischer raturwerke Ko c h (1989) und GAC (2009) entsprechen sich in Verbreitung“, nicht hingegen die „re“-Arten, da es sich dabei ihren Kernaussagen für die meisten Arten weitgehend. Ko c h um „weniger raumbedeutsame Arten mit europäischer Ver- (1989) hat den Vorteil, die Wälder z. T. stärker nach Typen zu breitung“ handelt (vgl. Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. 2004). Es geht differenzieren, und listet auch vermeintlich „weniger wichtige“ also nur um Arten, für die hohe und höchste Schutzverant- Lebensräume der Arten auf. wortung besteht. Unterschiedliche Definitionen bzw. Verwendungen und abge- In Bezug auf die „Rote Liste“ sind jene Arten als gefährdet leitete Begriffe von „Waldarten“ sind in Gebrauch („stenöke anzusehen, die den Kategorien „0“ (verschollen) bis „3“ Waldart“, „echte Waldart“, „Wald-Offenland-Art“). (gefährdet) angehören, ferner die Kategorie „R“ (Arten mit beschränkter Verbreitung und anzunehmender Gefährdung) Zwei Aspekte vermischen sich in diesen Ansätzen bzw. sowie die Kategorie „D“ (Daten mit defizitärem Kenntnis- Konzepten: stand, aber anzunehmender Gefährdung). Die Arten der „Vorwarnstufe“ („V“) sind jedoch nur potenziell gefährdet, also ●● die Möglichkeit des Vorkommen in Wäldern (und sei es auch nur ganz bestimmten Waldtypen oder zwar vielfach rückläufig, aktuell aber zumindest in manchen Waldphasen) Landesteilen noch weiter verbreitet. ●● die Ausschließlichkeit des Vorkommens in Wäldern Die Habitate wurden in Habitatgruppen gegliedert, um die relevanten Arten zu strukturieren. Jede Art hat aber natürlich „Waldarten“ können unterschiedlich eng definiert werden und 2 ein artindividuelles Anspruchsprofil („Nische“ ), so dass eine unterschiedliche Gruppen beinhalten: Gruppenbildung nicht bedeutet, dass jede der dort aufgeführ- ten Arten in allen Lebensräumen dieser Gruppe vorkommt, ●● ausschließlich in Wäldern vorkommende Arten

2 Auch wenn der Begriff als Bezeichnung von Lebensraum- ●● weit überwiegend in Wäldern vorkommende Arten ausschnitten in die Kritik geraten ist, ist er doch geeignet, die artindividuelle Lebensraumrealisierung zu bezeichnen. ●● überwiegend in Wäldern vorkommende Arten

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 59 AFSV Biodiversitätsforschung

●● genau so oft in Wäldern wie im Offenland vorkom- sofern sie ein nennenswertes „Standbein“ im Wald haben. mende Arten Das bedeutet nicht, dass den Wald die alleinige Schutz- verantwortung trifft, oder diese Arten Waldlebensräume ●● (in der Regel) nicht in geschlossenen Wäldern, wohl notwendigerweise bevorzugen. Dies gilt nur für jene Arten, aber auf Lichtungen, Kahlschlägen oder Sondersitu- die laut beschriebener Waldbindung in der Literatur und den ationen vorkommende Arten eigenen Daten zumindest in Bayern als „reine Waldarten“ aufzufassen sind, und die in den Tabellen in der Spalte „RW“ ●● regelmäßig in Wäldern, ggfs. auch nur ganz bestimm- vermerkt sind. Hierunter wurden auch jene Arten gefasst, die ten Sonderstandorten im Wald, ganz unabhängig eine sehr starke Bevorzugung von Wald zeigen, auch wenn davon, ob die Art auch im Offenland auftritt und hier sie z. T. in bestimmte offene Lebensräume „ausstrahlen“, sogar häufig(er) ist wie etwa carinatus oder Molops elatus. Entscheidend Alle diese Arten sind Waldarten. Lediglich „Irrläufer“, die nur hierfür ist der Fragestellung der Arbeit entsprechend, die Ein- sehr sporadisch in Waldhabitaten auftreten, sind aus dieser stufung, ob dem Wald für den Erhalt dieser Art im Zweifelsfall Definition auszuschließen (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2001). die entscheidende Verantwortung zukommt.

Mü l l e r -Kr o e h l i n g (2001, 2008a) hat auf die notwendiger Manche Arten besiedeln Waldhabitate in mehr als einer Weise Fragestellung-bezogene und insofern oftmals missver- Habitatgruppe. Sie wurden (ggfs. gutachterlich) einer Haupt- ständliche und zu enge Verwendung des Begriffs „Waldarten“ gruppe zugeordnet und dies erläutert, sind aber bei der hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass für anderen Gruppe im Text mit erwähnt und ihr Bezug zur wei- viele Fragestellungen auch jene Arten Waldarten sind, die in teren Habitatgruppe erläutert, soweit es sich um bedeutsame Wäldern ein mehr als nur zufälliges Vorkommen haben und Teilhabitate handelt. in reinen Waldgebieten leben können, auch dann, wenn sie in der heutigen Landschaft außerhalb von Wäldern häufiger Angesichts der Seltenheit mancher Arten setzt die vollständige auftreten. Bearbeitung einer Gruppe für angewandte Fragestellun- gen voraus, dass manche Einstufungen auch gutachterlich Es ist klar, dass für „reine Waldarten“, die ausschließlich oder geführt werden. Dies erscheint das kleinere Übel gegenüber weitgehend ausschließlich in Wäldern auftreten, der Aspekt einer unvollständigen Bearbeitung. Gutachterliche Zuweisun- der Verantwortung gänzlich den Wald trifft. Es ist aber sinn- gen sind im Text als solche gekennzeichnet und begründet. voll, auch Arten zu berücksichtigen, die nur „auch“ in Wäldern Im Zweifelsfall werden Arten, wenn die Quellen-Lage darauf auftreten, neben anderen Habitaten. Dies muss aus dem hindeutet, den „mittleren Standorten“ zugewiesen, mithin Vorsichtsprinzip heraus zumindest bei jenen Arten gelten, den Buchenwäldern. Dies trifft beispielsweise auch auf alle deren Lebensräume im Offenland durch starken Rückgang häufigen, in zahlreichen verschiedenen Wald- und Forstge- bedroht sind (z. B. Heidebewohner Olisthopus rotundatus), sellschaften auftretenden Arten zu. oder bei denen aufgrund extrem Seltenheit (der Nachweise) die genauen Vorzugslebensräume nicht bekannt sind. Der Sofern eine konkrete Beziehung zu bestimmten Habitattypen Ansatz, hier nicht nur reine Waldarten aufzunehmen, bedeu- besteht, wird daraus hingewiesen. Die Begriffe „Charakterart“ tet letztlich, sich der Teilverantwortung auch für diese Arten und „charakteristische Art“ werden dabei wie folgt verwendet im Wald zu stellen. (vgl. hierzu ggfs. Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2008a):

Besonders für viele Gebirgsbewohner ist noch nicht unbe- ●● Charakterart : auf einen Lebensraum (weitgehend) dingt abschließend bekannt, ob ihre Vorzugslebensräume in beschränkte Art, im Sinne einer „Differentialart“ offenen Gebirgslebensräumen oder in Wäldern liegen, da viele von ihnen aus beiden gemeldet wurden. Es wäre daher leicht- ●● charakteristische Art: sehr stetig in dem Lebens- sinnig, diese Arten ausschließlich den offenen Gebirgsbiotopen raum auftretende Art, ohne zwangsläufig auch an zuzuordnen, zumal gerade Lebensräume der Hochlagen es diesen gebunden zu sein oder ihn zu präferieren; sein werden, die einem besonderen Klima-Druck ausgesetzt oder aber Charakterart (die also auch immer gleich- sein dürften (Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. 2009). zeitig eine charakteristische Art ist)

Es gibt „Mehrlebensraumbewohner“, die z. T. stenök sind, d. h. keineswegs „überall“ vorkommen, aber dennoch in z. T. 3 Lebensräume der Wald-Verantwor- in sehr unterschiedlichen Lebensräumen ihre „Nische“ rea- tungsarten: Vorkommen von Arten lisiert haben, z. T. auch teils im Wald, teils im Offenland. Es mit besonderer Schutzverantwor- wäre sowohl falsch, sie unbedingt ausschließlich dem Wald oder dem Offenland zuzuordnen, als auch, sie als euryök tung nach Habitatgruppen oder eurytop einzustufen. 3.1 Buchen- und Bergmischwälder Gerade Wälder (oder bestimmte Waldphasen) und natürli- cherweise offene Sonderstandorte als natürliche, d. h. in ihrer Bayern wäre in der Klimaxvegetation von Natur aus auf zwei Entstehung vom Grunde her nicht auf menschliches Wirken Dritteln der Standorte ein „Buchenland“ (Wa l e n t o w s k i et al. angewiesene Lebensräume (wenn auch in Mitteleuropa auf 2006), weswegen diese Habitatgruppe an den Anfang gestellt ganzer Fläche mit Bewirtschaftungseinfluss und anderen wird. Auch angesichts aktueller Diskussionen um die „beson- Kultureinflüssen), sind auch bei der Frage nach Schutzkon- dere Schutzverantwortung Deutschlands“ für den Erhalt der zepten ein besonders belangvoller Aspekt, gerade auch für Artenvielfalt von Buchenwäldern, die der „zentralen Lage“ die „Wald-Offenland-Arten“. Deutschlands im weltweiten Verbreitungsareal von Buchen- wäldern postuliert wird (kritisch hierzu z. B. Wa l e n t o w s k i Manche der Arten treten also auch außerhalb von Wäl- et al. 2010), ist die Betrachtung dieses Lebensraumes von dern auf, und auch diese Arten wurden hier berücksichtigt, besonderem Interesse.

60 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Tab. 1: Verantwortungsarten der Buchenwälder (Höhe: Meereshöhe, m = montan und a = alpin; RB = Raumbezug; SV = Schutzverant- wortung; AR = Arealrandlange (vgl. Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. 2004); RW = Reine Waldart (eig. Auswertung); Abkürzungen siehe Methodik.

Tab. 1: Responsibility species of beech forests (altitude: m. ASL; m = montane; a = alpine; RB = range relation; SV = protection responsibil- ity; AR = situated at range border (cf. Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. 2004); RW = strict forest species; abbreviations see text (methods).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Pterostichus selmanni selmanni (Du f t s c h m i d alp hm 1 1 rz !! Gr 1 1812)

Pterostichus selmanni roubali (Sc h a u b e r g e r o-euro hm 1 1 re ! Gr 1 1927)

Pterostichus unctulatus (Du f t s c h m i d 1812) alp-sudet-carpat m-hm R V rz Gr 1

Molops piceus austriacus (Ga n g l b a u e r 1889) o-alp-carpat * D rz Gr 1

Trechus montanellus (Emm i n g e r & Ha r o l d sudet-carpat m R R rz Gr 1 1868)

Carabus linnei (Pa n z e r 1810) z/o-euro m-sa * V rz Gr 1

Carabus scheidleri (Pa n z e r 1799) z/so-euro p-m * V rz Gr

Pterostichus burmeisteri (He e r 1838) z-euro m-hm * * rz ! 1

Molops elatus (Fa b r i c i u s 1801) z-euro m * * rz ! Gr 1

Abax ovalis (Du f t s c h m i d 1812) z-euro c-hm * * rz ! Gr 1

Trichotichnus laevicollis (Du f t s c h m i d 1812) w/z/s/o-euro p-a * * rz 1

Die Liste enthält immerhin 11 Arten bzw. Unterarten. Unge- Nachweise der Unterart roubali aus dem Bayerischen fähr zwei Drittel davon sind aktuell ungefährdet (einschließlich Wald-Böhmerwald stammen aus dem Urwaldgebiet Boubin Arten der Vorwarnstufe, „V“, die auch tatsächlich in Bayern (Sc h a u b e r g e r 1927, Sk o u p y 2004). Im Urwald Rothwald in aktuell als ungefährdet und nicht rückläufig angesehen wer- Österreich tritt diese Art in hoher Dichte auf (Waitzbauer den dürfen). Weder die charakteristischen Buchenwald-Arten 2003). Pa i l l & Ka h l e n (2009) zufolge benötigt die Art grö- (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2009) Pterostichus burmeisteri, Molops ßere Mengen liegenden Totholzes und ungestörten Boden. elatus, Abax ovalis noch Trichotichnus laevicollis sind gefähr- Auch Hu r k a (1996) zufolge tritt er in Tschechien bevorzugt det. Alle vier sind in der Lage, auch in Wirtschaftswäldern in Urwäldern auf. Dieser Laufkäfer kann daher wohl als „Ur- in stabilen Populationen vorzukommen, auch bei künstlich waldreliktart“ angesprochen werden. Bemerkenswert ist daher, erhöhtem Nadelholzanteil. In größeren, reinen Nadelforsten dass er offenbar auch im recht gut erforschten National- fehlen sie hingegen teilweise, oder zeigen deutlich ausge- park Bayerischer Wald nicht auftritt, auch nicht in den dünnte Verbreitung und geringe Aktivitätsdichten. Quasi-Urwäldern und Altwaldrelikten „Mittelsteighütte“ und „Zwieselerwaldhaus“ (Untersuchung von 2008, unveröff.). Manche der montanen Arten in dieser Liste zeigen an der „montanen Schwelle“ in manchen Landesteilen Pterostichus unctulatus ist schwierig einer Habitatgruppe bereits „Ausfallerscheinungen“, d. h. sind in Gebieten ver- zuzuordnen. Er tritt neben Funden in Buchenwäldern (31 %) schollen, in denen (sub)montane Bedingungen nicht mehr aus regelmäßig und sogar mit gewisser Bevorzugung auch in Fich- reichend ausgeprägt sind. Dies gilt zum Beispiel offenbar für tenforsten auf Buchenstandorten auf (57 %, N = 70), so z. B. Pterostichus burmeisteri und Abax ovalis auf der Münchner im Ebersberger Forst (eig. Daten unveröff.). Ferner lebt er mit Schotterebene (eig. Erhebungen 2011, unveröff.). Beides sind gewisser Regelmäßigkeit auch in Fichten-Moorrandwäldern Arten mit streng zweijähriger Entwicklung (Lö s e r 1972, La m p e (sh. Abschnitt Moorwald). Das in Südwestbayern beobach- 1975, We i d e m a n n 1971) und klimatischen Grenzen in Bayern. tete Auftreten in Moorrandwäldern kann aber beispielsweise Bayernweit gesehen sind sie aber dennoch gegenwärtig für den Bayerischen Wald (vgl. Ap f e l b a c h e r & Ge i s s 2006) ungefährdet. nicht bestätigt werden, trotz guten Erforschungsstandes der Moore einschließlich der Randwälder (Mü l l e r -Kr o e h l i n g Fast alle, aber doch nicht alle Arten dieser Gruppe finden in 2006b u. a.). Er wird hier tendenziell in die Habitatgruppe bewirtschafteten Wäldern Lebensgrundlagen: der Buchenwaldbewohner als mittlerem „Standortsbereich“ Pterostichus selmanni, der in Mitteleuropa in zwei Unterarten gestellt, da eine Bindung an eine konkrete andere Habitat- auftritt, ist in Bayern vom Aussterben bedroht und wurde gruppe nicht deutlich genug erwiesen ist. offenbar seit mehreren Jahrzehnten nicht nachgewiesen. Es Für manche der Arten besteht Forschungsbedarf. Die Zart- ist anzunehmen, dass er bereits natürlicherweise in Bayern laufkäfer-Art Trechus montanellus, wie P. selmanni eine Art nur das Ostbayerische Grenzgebirge (oder auch nur den der Alpen und des Bayerischen Waldes, wird in Mitteleuropa Bayerischen Wald) und die Alpen3 besiedelte. so selten nachgewiesen, dass die exakte Eingrenzung der besiedelten Habitate schwierig erscheint. Nach Hu r k a (1996)

3 Die dort vorkommende Unterart ist in Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. ist er „sehr selten und sehr lokal; in feuchten bis nassen Habi- (2004) für Deutschland aufgeführt, das Vorkommen in den taten, gegenüber Beschattung indifferent: Wälder, Bachläufe; deutschen Alpen bedarf allerdings der Bestätigung, Bergland“. Ko c h (1989) nennt als Habitatanforderungen „in

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 61 AFSV Biodiversitätsforschung

Waldstreu und Moos“. Offenbar lebt sie ausgeprägt montan Kr o e h l i n g 2009), ist die Verantwortung so hoch, dass für (Bu r m e i s t e r 1939): „bei 1.000 m und höher“). Lo m p e (mdl. diese Unterart die Einstufung „!!“ zutreffender wäre. Diese Mitt.) hält sie für eine echte Waldart der montanen Stufe, ausbreitungsschwache Art ist an basenreiche Standorte, so dass sie trotz gewisser Bezugnahme in der Literatur zu hohe Totholzvorräte und Habitattradition hoch signifikant Feuchthabitaten zu den Waldarten des Bergmischwaldes gebunden (Totholzvorräte > 10 Vfm / ha, Chi2 18,9875, DF 1, gestellt wird, was weiterer Klärung bedarf. p < 0,0001, vgl. Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2009). 69 % der nach- gewiesenen Individuen stammen aus Schluchtwäldern Zwei weitere, nicht in die Liste aufgenommene Arten verdie- (N = 8 7 ) . nen zumindest Erwähnung: Pterostichus transversalis, der als „vom Aussterben bedroht“ Es ist anzunehmen, dass auch der Schluchtwaldlaufkäfer gilt, ist eine rein zentraleuropäisch verbreitete Art (rz) und in (Carabus irregularis) in der ursprünglichen Waldlandschaft, Bayern nur im Voralpenland und Alpen sowie dem Bayeri- zumindest in Gebieten mit höherer Basenausstattung, nicht schen Wald verbreitet. Neben eigentlichen Schluchtwäldern nur in Schluchtwäldern (s. u.), sondern regelmäßiger auch tritt er beispielsweise im Bergmischwald der Alpen auch an in Buchenwäldern vorkam, und erst im Zug versauernd Bachläufen auf, die ihm offenbar ähnliche Lebensbedingun- wirkender Faktoren wie Totholzarmut, sauren Niederschlä- gen bieten. 80 % der nachgewiesenen Individuen stammen gen, Stickstoff-Einträgen und Nadelholz-Reinbeständen in aus Schluchtwäldern (N = 5). Durch hohe Totholzvorräte Buchenwäldern selten geworden ist (30 % der nachgewie- scheint er gefördert zu werden. senen Individuen, N = 87) (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2009). Dafür spricht, dass er in manchen Teilen Deutschlands in Buchen- Die Zartlaufkäfer-Art Trechus rotundipennis kommt in Bayern wäldern auf Kalkstandorten mit ausreichendem Totholzvorrat nur in den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen vor (Pa i l l gute Vorkommen hat (ebenda). & Ka h l e n 2009), wo sie submontan bis subalpin „ausgespro- chen feuchte Waldstandorte besiedelt. Bevorzugt werden Licinus hoffmannsseggi (Pa n z e r 1797) ist ebenfalls ein monta- laubholzreiche Graben- und Schluchtwälder (Ahorn-Eschen- ner Bewohner basenreicher Wälder mit einer Spezialisierung Edellaubwald, Grauerlen-Hangwald), wo die Art meist im auf Mollusken als Nahrung. Außerhalb des Alpenraumes Uferbereich kleiner Bäche und Quellgerinne in der tiefen gibt es von dieser Art aus Bayern nur alte Nachweise, aus Laubstreu lebt“ (Pa i l l & Ka h l e n 2009). Neuere Nachweise der nördlichen Frankenalb (Fr i e d r i c h 1993). In Bezug auf der selten nachgewiesenen Art aus Bayern fehlen offenbar, die Schutzverantwortung wäre diese Art mit Verbreitung so dass Forschungsbedarf besteht. in mitteleuropäischen Gebirgen, Balkan und Karpaten möglicherweise ähnlich zu bewerten wie der fast identisch Die Ahlenläufer-Art Bembidion doderoi kommt neben Bach- verbreitete Carabus irregularis, ist es aber bei Mü l l e r -Mo t z - habitaten (s. u.) ferner in nur temporär Wasser führenden, f e l d et al. (2004) nicht. Diese Art wäre dann möglicherweise schattigen Schluchten vor (Hu r k a 1996), und ist insofern in in der obigen Tabelle zu ergänzen. Im Karpatenraum bevor- gewisser Hinsicht auch ein „Schluchtwaldbewohner“, der zugt die Art Buchen(ur)wälder (Ri z u n & Ch u m a k 2003). daher hier erwähnt werden soll. Aus der Gruppe der Buchen- wald-Arten sind Pterostichus burmeisteri, Molops elatus, Abax ovalis und Trichotichnus laevicollis hier zu erwähnen, 3.2 Schluchtwälder da sie regelmäßig auch in Schluchtwäldern auftreten. Schlucht- und Hangmischwälder sind ein gesetzlich Der Erhalt der vorhandenen Schluchtwälder und Bach- geschützter Waldlebensraum und prioritärer Lebensraum schluchten mit ihrem eigenen Schluchtwaldklima, der nach FFH-Richtlinie, der von Natur aus nur relativ geringe baumartenreichen, natürlichen Mischbestockung und ausrei- Flächenanteile einnimmt. Sie sind durch ein mäßig kühl- chend hohen Totholzvorräten (v. a. auch liegend) ist Garant feuchtes Klima, nährstoffreiche Bedingungen und Hanglage für den Erhalt dieser Verantwortungsarten. Besonders in mit bewegtem oder blockreichen Boden geprägt. Im Netz sauren Mittelgebirgen stellen die Schluchtwälder mit ihrer der Bayerischen Naturwaldreservate sind sie, gemessen an langen Faunentradition unersetzbare Refugien für diesen ihrem flächenmäßigen Vorkommen, „überrepräsentiert“, da Bestandteil der heimischen Fauna dar. sie sich durch Unzugänglichkeit und starke Hanglage oftmals erfolgreich einer intensiven Nutzung (Erschließung, Brenn- holznutzung, Nadelholzanbau) entzogen haben. 3.3 Eichen-Hainbuchenwälder und Eichen- Für drei Arten aus der Habitatgruppe der Schluchtwälder Trockenwälder besitzt Bayern eine besondere Schutzverantwortung. Für Eichen-Hainbuchenwälder und Eichen-Trockenwälder neh- den Schluchtwaldlaufkäfer (Carabus irregularis) in seiner men in Bayern von Natur aus eher geringe, jedoch aufgrund mitteleuropäischen Unterart irregularis, dessen relativ kleines von früher viel weiter verbreiteter Waldnutzungsformen Verbreitungsgebiet in Bayern seinen Mittelpunkt hat (Mü l l e r - (Stockausschlagwälder, Weidewälder) sekundär deutlich

Tab. 2: Verantwortungsarten der Schluchtwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 2: Responsibility species of ravine forests (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Carabus irregularis (Fa b r i c i u s 1792) z/so-euro c-ha V 3 ! Gr 1

Trechus rotundipennis (Du f t s c h m i d 1812) o-alp hm R R rz Gr 1

Pterostichus transversalis (Du f t s c h m i d 1812) o-alp m-sa 1 1 rz Gr 1

62 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Tab. 3: Verantwortungsarten der Eichen-Hainbuchenwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 3: Responsibility species of oak-hornbeam forests (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Abax carinatus porcatus (Du f t s c h m i d 1812) z-euro m 3 3 rz ! Gr 1

Carabus ulrichii fastuosus (Pa l l i a r d i 1825) z/so-euro p-m 3 V rz Gr

Carabus monilis (Fa b r i c i u s 1792) w/z-euro p-m V 3 rz Gr

Abax parallelus (Du f t s c h m i d 1812) z-euro m * * rz ! Gr 1 größere Flächen ein. jüngeren Vergangenheit in Bayern auf Restflächen von wenigen tausend Hektaren zurückgegangen. Die Gefähr- Dieser Waldtyp weist entsprechend seines in Europa eher dung vieler Arten wird mit diesem Rückgang in Verbindung süd-östlichen Verbreitungsschwerpunktes keine Arten gebracht (Bä r n t h o l 2003). Für keine der hier aufzuführen- höchster Schutzverantwortung (Kategorie „!!“) für Bayern auf. den Arten ist mittelwaldartige Nutzung eine Voraussetzung Nur eine der hier zu nennenden vier Verantwortungsarten der Habitateignung (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2007). In primären ist eine echte Charakterart dieses Habitattyps, die anderen Ausprägungen, d. h. auf tonigen oder stark wechselfeuchten Arten kommen in einer breiteren Palette von Wäldern vor, Standorten, und hier durchaus auch in eher schattigen Natur- bevorzugen aber zumindest in Bayern unter den Waldhabi- wäldern (Naturwaldreservaten), treten diese Charakterarten taten Eichenwälder. in besonders großer Vielfalt auf (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2007), so dass dieser Artengruppe relativ leicht geholfen werden Abax carinatus mit der Unterart porcatus ist in Mitteleuropa kann, denn sie lebt bevorzugt auf den früher so genannten eine recht streng an Eichen-Hainbuchenwälder auf tonigem „Eichen-Zwangsstandorten“. Da es sich überwiegend um Substrat gebundene Art (Indicator Species Analysis, IndVal wärmeliebende Arten handelt, dürfte auch vom Klimawandel 26,1, p = 0,02). Im osteuropäischen Verbreitungszentrum tritt keine Gefährdung dieser Arten ausgehen. sie auch in anderen Waldlebensräumen auf. Eine Bindung an andere Faktoren als sehr bindigen Boden (Bodenart Ton, Chi2 63,4373, DF 1, p < 0,0001) ist allerdings nicht bekannt. 3.4 Hochlagen-Nadelwälder einschließlich 80 % der nachgewiesenen Individuen stammen aus Eichen- Krummholz wäldern (N = 402). Bayerns Anteil am Alpenbogen ist klein, und der Anteil dieses Die wesentlich häufigere Schwesterart Abax parallelus gilt in Naturraumes an der bayerischen Landesfläche liegt nur bei Norddeutschland als Charakterart von Eichen-Hainbuchen- etwa 5%. Außerhalb der Alpen treten alpine Lebensräume wäldern (As s m a n n 1995), tritt in Süddeutschland jedoch in nur sehr kleinflächig und azonal in wenigen Mittelgebirgen verschiedenen Waldtypen des Flach- und Hügellandes ver- auf. breitet auf. Eine Bevorzugung des Eichen-Hainbuchenwaldes ist aber auch in Bayern durch die hohe Stetigkeit des Auftre- Diese Gruppe ist dennoch besonders reich an verantwor- tens erkennbar. Obwohl eine Bindung an den Habitattyp in tungsrelevanten Arten, was natürlich an der Tendenz zur Bayern nicht gegeben ist (Indicator Species Analysis, IndVal (Unter)artbildung bis hin zum Endemismus in den Gebirgs- 12,1, p = 0,16), ist sie daher in dieser Auswertung am ehesten stöcken Europas und der großen Zahl von Arten liegt, die in dieser Habitatgruppe zu stellen. 30 % der Individuen wur- ausschließlich in den Alpen oder sogar nur einem Teil des den in Eichenwäldern nachgewiesen (N = 3015). Alpenbogens vorkommen.

Carabus ulrichii ist in seiner neben der Nominatform bei uns Zwölf Arten oder Unterarten dieser Habitatgruppe sind in vorkommenden Unterart fastuosus gelistet. Dies ist eine im Bayern strikt auf die Alpen oder sogar nur die Ostalpen warm-trockenen Teil Osteuropas weit verbreitete Art, die beschränkt. Da Bayern nur geringen Anteil am Alpenbogen in die östlichsten Landesteile Deutschlands einstrahlt. Sie bzw. den Ostalpen hat, sind dies keine Arten allerhöchster besiedelt in Bayern Trockenwälder der Auen und Eichenwäl- Schutzverantwortung, sondern solche der Kategorie „rz“, der (50 % der nachgewiesenen Individuen, N = 62), wie die also zentraleuropäisch verbreitete Arten. Fast alle sind in der Naturwaldreservate „Echinger Lohe“ und „Fasanerie“ der Roten Liste als „R“ eingestuft, ihre Gefährdung liegt demnach Münchner Schotterebene, sowie auch trockenes Grünland, in ihrem engen geographischen Verbreitungsgebiet und ihrer wie zum Beispiel die Brennen auf Kiesstandorten der Auen. Seltenheit in diesem begründet.

Carabus monilis ist hingegen eine westlich verbreitete Art. Es wurden dem Ansatz der Arbeit entsprechend alle Gebirgs- Sie lebt neben Funden in feuchten Eichen-Hainbuchenwäl- arten aufgenommen, von denen bekannt ist, dass ein nicht dern (85 % nachgewiesener Individuen, N = 26) bei uns auch unerheblicher Teil ihrer Populationen in Waldhabitaten lebt. in Feuchtwiesen und Auwäldern. Näher am Zentrum ihrer Wie in allen anderen Tabellen wird nur für die mit „RW“ ver- Verbreitung, in der Schweiz (z. B. Ma r g g i 1992) und Baden- merkten Arten angenommen, dass sie mehr oder weniger Württemberg, stellt sie bereits erkennbar weniger spezielle ausschließlich in Wäldern (und Waldlichtungen usw.) leben. Ansprüche an den Wald als Habitat – ein Beispiel für das Gesetz der regionalen Stenökie. Fast alle der Arten, die in diese Gruppe fallen, sind also keine reinen Waldbewohner, sondern besiedeln auch alpine Häufig wurden Eichen-Hainbuchenwälder in der Vergan- Offenland-Biotope wie alpines Grasland, Felsheiden und genheit in Stockausschlagwirtschaft, v. a. als Mittelwälder Blockhalden. Alle kommen im Wald auch in natürlicherweise bewirtschaftet. Diese historische Nutzungsform ist in der stark nadelholzbetonten Habitaten im Wald vor (Hochlagen-

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 63 AFSV Biodiversitätsforschung

Tab. 4: Verantwortungsarten der Hochlagenwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 4: Responsibility species of high elevation forests (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Oreonebria castanea sumavica (Ob e n b e r g e r 1922) sudet m-sa R 1 rz !! Gr

Trechus alpicola (St u r m 1825) o-alp-bohem hm R 2 rz Gr (1)

Oreonebria castanea castanea (Bo n e l l i 1810) w-alp sa-ha R R rz Gr

Oreonebria picea (De j e a n 1826) w/z/s-alp a k.A. k.A. rz Gr

Carabus alpestris (St u r m 1815) z/o-alp sa-a R R rz Gr

Carabus fabricii (Du f t s c h m i d 1812) alp-carpat a R R rz Gr

Carabus germarii (St u r m 1815) alp c-a R R rz Gr

Oreonebria austriaca (Ga n g l b a u e r 1889) o-alp a-ha R R rz Gr

Pterostichus jurinei (Pa n z e r 1803) alp-carpat hm-a R R rz Gr

Pterostichus subsinuatus (De j e a n 1828) z/o-alp sa R R rz Gr 1

Trechus pinkeri (Ga n g l b a u e r 1891) o-alp sa-a R R rz Gr

Carabus sylvestris haberfelneri (Ga n g l b a u e r 1891) alp a * V rz Gr

Pterostichus multipunctatus (De j e a n 1828) z/w-alp m-a * * rz Gr

Pterostichus panzeri (Pa n z e r 1803) z/o-alp hm-a * * rz (!) Gr

Nadelwald, Latschengebüsch u. ä.), so dass aktuell bei Süden des Berchtesgadener Landes vor (Pa i l l & Ka h l e n diesen Arten wohl von einer konkreten Gefährdung zumin- 2009). Diese Autoren stufen sie (für Österreich) als Schnee- dest durch Nadelholzanbau nicht auszugehen ist. Die Arten rand- und Schneebodenart ein, die u. a. auch in „subalpinen dieser Gruppe unterliegen aber insgesamt einem besonders Buschwäldern“ (Latsche, Grünerle) lebt. hohen Druck durch den Klimawandel, v. a. die Mittelgebirgs- Vorkommen der nicht auf die Alpen beschränkten Arten. Dies Die Unterart haberfelneri des Bergwald-Großlaufkäfers sind Nebria castanea sumavica als nur im Bayerischen Wald (Carabus sylvestris) ist ein Endemit der Nordostalpen vorkommende Unterart, sowie der im Bayerischen Wald vor- und kommt in Deutschland in den Ostalpen vor (Pa i l l & kommende Trechus alpicola. Dieser Zartlaufkäfer besiedelt Ka h l e n 2009). Diese Art besiedelt eine breite Palette hoch- Hochlagenwälder und deren Lichtungen und Kontaktbio- montaner bis alpiner Lebensräume, von der oberen Zone des tope wie Blockhalden (76 % nachgewiesener Individuen, Bergmischwaldes bis zu alpinen Lebensräumen oberhalb N = 353), sowie Peitschenmoos-Fichtenwälder der Tallagen. der Waldgrenze. Selbst eine starke Erwärmung des Klimas wird eine Art dieses Verbreitungstyps wohl durch „vertikale Für den Zartlaufkäfer T. splendens (siehe Abschnitt Moore) Ausweichbewegungen“, also eine Höhenverschiebung des gilt eine ungefähr umgekehrte Bedeutung von Hochlagen- Lebensraumes, ausgleichen können. und Moorwäldern. Trechus pinkeri ist eine Ostalpen-Art, die bis in die Berchtes- Oreonebria picea ist in den Roten Listen Deutschlands und gadener Alpen vorkommt, und in der „obersten Waldregion Bayerns noch nicht geführt, obwohl die Art seit längerem und im Krummholzgebüsch“ lebt (Bu r m e i s t e r 1939). Neben aus Deutschland bekannt war (z. B. Ge i s e r 1984, Da f f n e r subalpinem Nadelwald kommt sie auch in (hoch gelegenen?) 1991, in Pa i l l & Ka h l e n 2009). Mit der Arbeit von Hu b e r et al. Bergmischwäldern vor (Ko c h 1989, Pa i l l & Ka h l e n 2009), (2005) wurden ihre Vorkommen im deutschen Alpengebiet doch wird sie hier aufgrund der genannten Literaturangaben überprüft. Hu b e r et al. (2005) heben hervor, dass sie auch in gutachtlich zum Hochlagenwald gestellt. gehölzbestandenen Habitaten wie z. B. Latschengebüschen lebt. An Kalkstandorte gebunden und in den gesamten Nordal- pen verbreitet ist Pterostichus panzeri (Pa i l l & Ka h l e n Oreonebria castanea kommt Hu b e r et al. (2005) zufolge 2009). In Österreich stufen Pa i l l & Ka h l e n (2009) die Art hingegen nicht in Gehölzbiotopen vor, was aber sowohl für vorwiegend als Bewohner alpiner Felsrasen ein, doch Berchtesgaden (subsp. castanea) als auch den Bayerischen bewohnt die Art nach Ko c h (1989) auch die obere Wald- Wald (subsp. sumavica) aufgrund eigener Daten durchaus region. Außerhalb der Alpen kommt er in Deutschland nur der Fall ist. Die Unterart sumavica, die von manchen Autoren im Schwarzwald vor, und ist hier u. a. ein Bewohner von sogar als eigene Art aufgefasst wird (z. B. Bo h a c 2005), ist ein Bachschluchten. Endemit des Böhmerwaldes und als solche eine der Arten mit der höchsten Schutzverantwortung Bayerns überhaupt. Pterostichus unctulatus (siehe Buchenwälder) tritt regelmäßig Besiedelt werden neben blockreichen Hochlagenwäldern und auch in subalpinen Nadelwäldern bis hin zu Latschenge- Latschenfeldern vor allem Kaltluft erzeugende Blockhalden büschen auf (eig. Daten,unveröff.), und soll daher hier auch (Mo l e n d a 2000). erwähnt werden.

Oreonebria austriaca kommt in Bayern nur im äußersten Ganz offenbar sind die Habitatpräferenzen vieler Arten in den

64 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Tab. 5: Verantwortungsarten der Au- und Sumpfwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 5: Responsibility species of floodplain and swamp forests (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Carabus variolosus nodulosus (Cr e u t z e r 1799) z-euro m 1 1 rz !! Gr 1

Bembidion starkii (Sc h a u m 1860) alp-carpat m 1 1 rz ! 1

Bembidion doderoi (Ga n g l b a u e r 1891) alp-apen-carpat m 2 2 rz Gr 1

Amara schimperi (We n c k e r 1866) z-euro m-hm 1 2 rz !

Patrobus australis (J. Sa h l b e r g 1875) n/z-euro p-c 2 R re !

Agonum scitulum (De j e a n 1828) z/w-euro p-m 3 D rz Gr

Trechus pilisensis pilisensis (Cs i k i 1918) sudet-carpat m V V rz ! Gr 1

Trechus pilisensis sudeticus (Pa w l o w s k i 1975) Sudet m V V rz ! Gr 1

(bayerischen) Ostalpen noch nicht vergleichend repräsentativ Fast alle Arten dieser Gruppe sind ausbreitungsfähig, so dass über alle Lebensräume erforscht, anders als beispielsweise ihr Habitat gegebenenfalls nach einer Wiederherstellung oder in der Schweiz (Ma r g g i 1992, Lu k a et al. 2009). Revitalisierung wieder besiedelt werden kann. Für Carabus variolosus kann dies nicht gelten, da die Art nicht flugfähig ist, und auch ihr Habitat nicht oder nur sehr eingeschränkt wie- 3.5 Au- und Sumpfwälder (mineralische derherstellbar ist. Diese Art benötigt sickernasse Waldsümpfe Feuchtwälder) und Flachwasserbereiche in Sumpf-und Bachauwäldern, in Die große Vielfalt von Au- und Sumpfwäldern und ihren denen sie auch unter Wasser jagt, und starkes Totholz im Ausprägungen, machen sie zum mit Abstand artenreichsten Uferbereich als Tagesversteck und Winterquartier. Lebensraum auch für die Gruppe der Laufkäfer (Mü l l e r - Der Schutz oder die Wiederherstellung natürlicher Fließ- Kr o e h l i n g 2001). gewässer und ihrer Begleitvegetation, in denen natürliche Aus der Gruppe mineralischer Feuchtwälder sind zwei Arten Hochwasserereignisse stattfinden können, ist der beste der RL-Kategorie „1“ besonders hervorzuheben, zumal für Schutz für die Arten dieser Gruppe. Quellbereiche und Wald- beide höchste bzw. sehr hohe Schutzverantwortung besteht. sümpfe bedürfen dabei eines besonders strengen Schutzes, Während jedoch Carabus variolosus nodulosus eine Art was angesichts des aktuell grassierenden, epidemischen stabiler Quellhabitate in Wäldern ist, ist Bembidion starkii mög- Eschen-Triebsterbens von besonderer Dringlichkeit ist. licherweise stärker an Dynamik wie Hochwasserereignisse angepasst. Pa i l l & Ka h l e n (2009) nennt als Habitat dieser 3.6 Moorwälder Art „wechselfeuchte Schlammufer“ und „Schlammbänke an langsam fließenden Tieflandbächen“ und führen aus, dass die Viele ursprüngliche Moorflächen Bayerns sind, anders als im Art im gesamten Areal selten und gefährdet sei. atlantischen Moorgebiet Norddeutschlands, von Natur aus teilweise bewaldet oder licht mit Gehölzen bestockt, und dies in Bembidion doderoi ist ein hoch spezialisierter Bewohner einer beachtlichen Vielfalt. Wald auf Moor ist keineswegs stets kühl-feuchter, bewaldeter Ufer rasch fließender Gebirgsbä- Folge einer früheren Entwässerung oder Anpflanzung, was bei che, u. a. der Spritzzone von Wasserfällen sowie im Moos der Zielfestlegung und im angewandten Moorschutz allzu oft von Quellbereichen (Ma r g g i 1992). Neben diesen Feuchtha- zu wenig beachtet wird (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006b, 2008a). bitaten kommt sie auch in nur temporär Wasser führenden, schattigen Schluchten vor (Hu r k a 1996). Die hier zu nennenden Arten sind Moorwaldbewohner, treten also zumindest zu einem erheblichen Teil ihres Habitatspekt- Amara schimperi ist keine echte Waldart, sondern besiedelt rums in Bezug auf Moore auch in Moorwäldern auf. u. a. Lichtungen in Auwäldern. Trechus pilisensis kommt in Europa in mehreren Unterarten vor. Neben Feucht- Carabus menetriesi pacholei ist im striktesten Sinne (d. h. wäldern besiedelt er erfolgreich auch Feuchtstellen und ohne die Rassen bzw. Unterarten des Voralpenlandes und sekundäre Versumpfung in Bergmischwäldern, wie selbst pseudogranulatus des Erzgebirges, die beide im Sinne des Baumsturzlücken. Anhanges II der FFH-RL aber zum C. m. pacholei zu zählen

Tab. 6: Verantwortungsarten der Moorwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 6: Responsibility species of bog forests (legend cf. Tab. 1). Reine Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR Waldart Carabus menetriesi pacholei (So k o l a r 1911) z-euro hm 1 1 rz !!

Trechus splendens (Ge mm i n g e r & Ha r o l d o-alp-carpat hm V rz Gr 1 1868)

Trechus amplicollis (Fa i r m a i r e 1859) z-euro m R R rz Gr

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 65 AFSV Biodiversitätsforschung sind) ein Endemit des Böhmerwaldes. Zusammen mit den Moore spezialisiert, oder bevorzugt diese. Der Erhalt und beiden disjunkten Voralpen-Formen witzgalli (Re i s e r 2006) gegebenenfalls die Wiederherstellung hydrologisch intakter und knabli (Mandl 1951) handelt es sich um Taxone, für die Moorwälder sind für diese Arten von großer Bedeutung, eine sehr hohe Schutzverantwortung besteht. Er besiedelt gerade auch im Klimawandel. Die Beseitigung intakter verschiedene Lebensräume im Kontext von Regenmooren Moor- und Moorrandwälder, in denen der Hochmoorlaufkäfer mit Eiszeittradition. Im Bayerischen Wald sind die in den Tal- vorkommt, um Lebensräume und bessere „Durchfliegbar- mooren häufig Spirkenfilze, in den höheren Lagen hingegen keit“ der Landschaft für das Birkwild zu schaffen (für das eher offene Quellmoore (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006b). wir keinerlei besondere Schutzverantwortung haben), sollte hingegen der Vergangenheit angehören und bedürfte einer Trechus splendens ist bevorzugt ein Moorwaldbewohner Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 FFH-Richtlinie, bzw. stellt (66 % nachgewiesener Individuen in Moorwäldern und 71 % ohne eine solche einen schwerwiegenden Verstoß gegen in Mooren insgesamt, N = 129), tritt daneben aber auch in Schutzvorschriften dieser Richtlinie dar. (oftmals wohl durch die Rohhumusauflage und sehr hohe Niederschläge bei niedrigen Temperaturen ähnliche Bedin- gungen bietenden) Hochlagenwäldern auf. 3.7 Kiefernwälder Kiefernwälder würden von Natur aus in Mitteleuropa außer- Trechus amplicollis lebt nach Bu r m e i s t e r (1939) „an Gebirgs- halb von Mooren nur sehr kleine Flächen auf ärmsten bächen (bis 1.300 m) unter feuchtem Buchenlaub, […], im Dünensanden und ähnlichen Extremstandorten einnehmen. Schlamm, in Moor- und Sumpfgebieten. Überwinterung unter Ihre charakteristischen, hoch spezialisierten Bewohner sind Rinden morscher Baumstämme (Erle).“ Hu r k a (1958) zufolge trotz der eher wärmegetönten Wahrnehmung von Kiefernwäl- besiedelt er „Waldtorfmoore (auch kleine) der subalpinen dern nördlich, ja boreal verbreitete Arten, wie die Waldkiefer Zone“ und wird deswegen hier in diese Gruppe gestellt, was selbst auch (Bu s s l e r & Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2007, Mü l l e r - aber Gegenstand weiterer Untersuchungen sein sollte. Kr o e h l i n g 2007). Zwei weitere Zartlaufkäfer (Trechus)-Arten verdienen in die- Es ist daher konsequent, dass auch nur eine Verantwortungs- ser Habitatgruppe zumindest Erwähnung: art unter den Laufkäfern in dieser Gruppe zu nennen ist. Pa w l o w s k i (1975) stuft T. montanellus als „sphagnophil oder Der mit dem irreführenden wissenschaftlichen Namen verse- muscicol“ ein, so dass er neben Bergmischwäldern (siehe hene, da nicht auf Äckern vorkommende Carabus arvensis dort) auch in Mooren vorkommt. Ob das den tatsächlichen besiedelt in mehreren Unterarten ein weit in die Taiga hinein- Habitatpräferenzen der extrem seltenen Art, die bei uns reichendes und bis Japan sich erstreckendes Areal. In Bayern im Bayerischen Wald und den Alpen vorkommt, entspricht, lebt er neben Kiefernheiden, „Heidemooren“, Latschenfilzen bedarf wohl noch weiterer Klärung. und lichten Hochlagenwäldern auch auf Kahlflächen höherer T. alpicola besiedeln neben Hochlagenwäldern (siehe dort), Lagen der Mittelgebirge, sowie stellenweise auch in Berg- und hier oft auch die kleinflächig vorhandenen Vermoorun- mischwäldern. Er ist wegen dieser Vielfalt an Habitaten und gen auch Moorwald (v. a. Peitschenmoos-Fichtenwald, der weiten Verbreitung als Art weder eine Verantwortungsart den so genannten Aufichtenwald). T. alpicola hat auch die noch stark gefährdet. Für die Unterart noricus, des (Schwei- Fähigkeit, als besonderes Habitat die winzigen, dauerkalten zer) Jura und der Nord- und Ostalpen (Tu r i n et al. 2003) Kondenswassermoore am Kaltluftaustritt von Blockhalden besteht hingegen eine Schutzverantwortung. Tu r i n et al. zu besiedeln. (2003) zufolge besiedelt diese Unterart „hauptsächlich alpine Wiesen oberhalb 1.800 m“, wurde jedoch beispielsweise in Pterostichus unctulatus tritt regelmäßig neben Buchen- aktuellen Klimawandel-Forschungsprojekt (KLIP12) in den wäldern und Fichtenforsten auch in Fichten-dominierten Alpen wiederholt auch im Bergmischwald gefunden (Mü l l e r - Moorrandwäldern Südwestbayerns auf (9 % der nachge- Kr o e h l i n g et al. in Vorber.). wiesenen Individuen, N = 70), was sich laut Beschreibung von Fundorten im Baden-Württembergischen Alpenvorland Mit Amara pulpani Ku l t (1949) müsste wohl eine weitere (Tr a u t n e r 1992) dort offenbar ähnlich verhält. Art in dieser Gruppe ergänzt werden. Da sie aber in der Verantwortungsarten-Liste von Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. (2004) Immerhin sechs Verantwortungsarten, drei davon mit ebenso wie in den bayerischen und deutschen Roten Listen Schwerpunktvorkommen und eine davon mit allerhöchster bisher fehlt, kann sie hier nur nachrichtlich aufgeführt werden. Schutzverantwortung, kommen in Bayerns Moorwäldern vor. Bereits Pa i l l (2003) und auch Sc h ä f e r (2005) wiesen auf Keine der Verantwortungsarten der Moore ist auf offene das Vorkommen auch in Deutschland hin, und die Art wurde von Ku l t (1949) und Hu r k a & Ru z i c k o v a (1999) ausführlich beschrieben, einschließlich der Larve4. Sie besiedelt neben Kalkmagerrasen des Jura und Isartales (u. a. Rosenau) auch

Tab. 7: Verantwortungsarten der Kiefernwälder (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 7: Responsibility species of pine forests (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Carabus arvensis noricus (So k o l a r 1910) z-euro a V 3 rz !

4 So dass es sehr bedauerlich ist, dass diese „gute Art“ in Deutschland lange Zeit irrtümlich für ein Synonym von A. com- munis gehalten wurde und z.T. noch wird

66 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Tab. 8: Verantwortungsarten der Kleinstandorte und Sonderhabitate (Legende vgl. Tab. 1).

Tab. 8: Responsibility species of special microhabitats (legend cf. Tab. 1).

Art Verbr.-typ Höhe RL D RL BY RB SV AR RW

Cicindela sylvicola (De j e a n 1822) z-euro m V V rz ! Gr

Schneeheide-Kiefernwälder (u. a. NWR Ascholdinger Au, Rohboden in Bergmischwäldern, vor allem an Böschungen. NWR Jakelberg) (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006b). Nach Hu r k a Sie wird bzw. wurde daher wohl durch forstlichen Wegebau (1996) ist diese Art, die höchstwahrscheinlich selten und und Kleinentnahmestellen im Wald gefördert, sofern dabei gefährdet (RL-Einstufung für Bayern wohl mindestens 3), vegetationsarme Böschungen entstanden (vgl. z. B. Kl e s s zentraleuropäisch verbreitet, und wäre insofern in Bezug auf 1961, Tr a u t n e r & De t z e l 1994). Die Art ist in ihrem Bestand die Verantwortung mindestens mit „rz“ einzustufen. sicher rückläufig (lt. Bestandseinschätzung des Entwurfs zur neuen RL Deutschlands) und es erscheint fraglich, ob ihr Pterostichus quadrifoveolatus Letzner, 1852 ist eine „ausge- Schutz ohne die Ersatzlebensräume dauerhaft gesichert ist, sprochen europäische Art“ (Pa a r m a n n 1966) und hätte daher die sicher durch Sukzession (und durch Stickstoffeinträge wohl auch als Verantwortungsart eingestuft werden können, noch verstärkt) auch zurückgehen. Daher sollte überprüft ist aber in Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. (2004) nicht aufgeführt. werden, ob der aktuelle Status laut Roter Liste Bayerns Diese pyrophile, also an Waldbrandhabitate angepasste und (Vorwarnstufe) dieser Situation ausreichend Rechnung diese bevorzugende Art (Pa a r m a n n 1966) wäre ebenfalls in trägt. der Habitatgruppe der Kiefernwälder aufzunehmen. 94 % alle Individuen der Art (N = 215) wurden in Brandhabitaten nachgewiesen, die übrigen in (halb)natürlichen Kiefernwäl- 3.9 Arten mit höchster Verantwortung dern auf Sand. Es ist sinnvoll, am Schluss der Betrachtungen jene Arten noch einmal in den Mittelpunkt zu stellen, für die das aller- (Halb)natürliche Kiefernwälder sind stark rückläufig, nicht höchste Maß an Verantwortung besteht (Kategorie „!!“), und zuletzt durch die erheblichen Stickstoffeinträge aus der Luft. die zugleich hochgradig gefährdet sind, um den dringlichsten Ihr Schutz wird wohl am ehesten dort gelingen, wo natürliche Handlungsbedarf für ihren Schutz zu formulieren. Dynamik (in räumlicher Nähe zu aktuellen Vorkommen) auch die Neuentstehung durch Sukzession roher Lockersande Es handelt sich um vier Arten mit für Mitteleuropa spezifi- zulässt. Die Alternative, der Erhalt der Flechten-Kieferwälder schen Unterarten, die alle in Bayern auf der Roten Liste als an Ort und Stelle, erfordert sehr aufwändige Maßnahmen wie „vom Aussterben bedroht“ (Kat. 1) geführt werden. Auch die die künstliche Streuentfernung. Eine hohe Bedeutung und zwei in Bayern vorkommenden der in Anhang II der FFH- „Verantwortung“ kommt neben den militärischen Übungsplät- Richtlinie geführten Laufkäfer-Arten sind darunter. zen in diesem Zusammenhang potenziell auch Sandgruben beziehungsweise ihrer Folgenutzung zu. Zwei davon sind reine Waldarten, kommen also ausschließ- lich in Wäldern vor. Die beiden anderen Arten besiedeln sehr spezielle Waldlebensräume, kommen aber ebenfalls häufig 3.8 Kleinstandorte in natürlichen Offenlebensräumen vor. Dies leitet zu den Kleinstandorten über. Manche Arten sind nicht an bestimmte Waldhabitate im pflanzensoziologischen Drei der Arten sind Bewohner von „Sonderstandorten“ wie Sinne gebunden, sondern benötigen bestimmten „Sonders- Quellsümpfen, Mooren und Moorwäldern und Fichten- tandorte“ oder „Sonderstrukturen“ im Wald. Hochlagenwäldern mit Blockhalden. Nur eine der Arten ist mit Pterostichus selmanni eine Art „normaler“ Wälder. Sie Die Sandlaufkäfer-Art C. sylvicola ist eine solche Art. kommt bzw. kam in Bayern laut Mü l l e r -Mo t z f e l d et al. (2004) Sie besiedelt vegetationsfreie oder -arme Störstellen mit in zwei Unterarten vor, wobei die in den Alpen vorkommende

Tab. 9: Verantwortungsarten höchster Verantwortung und Handlungsbedarfs (Legende vgl. Tab. 1); FFH = Anhang der FFH-Richtlinie; * = prioritäre Art der FFH-RL.

Tab. 9: Species of highest responsibility and need for action (legend cf. Tab. 1); FFH = EU habitats directive, appendix II; * = priority species of the habitats directive.

Art Verbr.-typ/ RL D/RL Lebensräume Lebens- FFH RB SV AR RW Höhe BY im Wald räume im Offenland Pterostichus selmanni selmanni Buchen-/ Alp (hm) 1/1 - rz !! Gr 1 (Du f t s c h m i d 1812) Bergmischwälder Carabus variolosus nodulosus Bach-/ z-euro (m) 1/1 - II/IV rz !! Gr 1 (Cr e u t z e r 1799) Sumpfwälder Oreonebria castanea sumavica sudet Hochlagenwäl- R/1 Blockhalden rz !! Gr (Ob e n b e r g e r 1922) (m-sa) der Carabus menetriesi pacholei Hochlagen- z-euro (hm) 1/1 Moorwälder II* rz !! (So k o l a r 1911) Quellmoore

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 67 AFSV Biodiversitätsforschung

Unterart selmanni als „!!“, die in der böhmischen Masse nodulosus) in den letzten 100 bis 200 Jahren viel Areal endemische Unterart „roubali“ nur als „!“ eingestuft wird verloren, und ist in mehreren Ländern und Bundesländern (und möglicherweise mit „!!“ eingestuft werden sollte). Ob die (Belgien, Niedersachsen, Baden-Württemberg) daher heute Nominatform in Bayern (aktuell) vorkommt, bedarf der Bestä- ausgestorben, verschollen oder extrem selten geworden. Die tigung, kann aber möglicherweise aufgrund des begrenzten Art benötigt bewaldete Quellsümpfe als stabilen Lebensraum, Erforschungsstandes im Alpenraum zum jetzigen Zeitpunkt in denen in den meisten Fällen die Esche (Fraxinus excelsior) auch nicht ausgeschlossen werden (s. o.). die dominierende Baumart ist. Durch das derzeit grassierende Eschen-Triebsterben, mit teilweise bestandsweisen Ausfall Für beide Unterarten kann angenommen werden, dass sie der Baumschicht und Verjüngung, wird diese Verantwor- bei uns so hohe Ansprüche an die Ausstattung der Wälder vor tungsart und FFH-Anhang II-Art (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006c) allem mit Totholz haben, dass man sie als „Urwaldreliktart“ höchstwahrscheinlich massiv betroffen werden. Es wäre in auffassen kann (vgl. Hu r k a 1996). Eine für 622 zonale Wälder diesem Zusammenhang extrem wichtig, die betroffenen Wäl- ganz Mittel- und Osteuropas durchgeführte Indikatorarten- der nicht abrupt zu räumen (vorsorgliche Räumungshiebe, analyse (Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. in Vorber.) auf Artebene um Entwertung und Preisverfall vorzugreifen), sondern einen ergab allerdings keine signifikante Bindung an Urwälder, da Restschirm zu belassen, wo immer möglich. Vermeidung die Art zumindest in Teilen des Verbreitungsgebietes (wie einer Befahrung und schonende Rückeverfahren sollten den Westalpen) offenbar auch in naturnah genutzten Berg- auch in Zeiten bestandsweisen Ausfalls nicht zur Disposition wäldern auftritt. stehen, sondern sind die einzig akzeptable Form der Holznut- zung und -bringung. Mindestens ein Teilvorkommen wurde in Der Böhmerwald-Berg-Dammläufer (Oreonebria casta- jüngerer Vergangenheit durch einen nicht genehmigten, ille- nea sumavica) besiedelt kältegeprägte Hochlagenstandorte galen Wegebau in einem bayerischen FFH-Gebiet zerstört. des Bayerischen Waldes, wie Blockhalden mit Kaltluftregime, Auch Quellfassungen, Fischteiche und Freizeit-Grundstücke und Hochlagen-Fichten-Blockwald. Durch den Klimawandel haben in den letzten Jahrzehnten die Habitatfläche zum Teil dürfte eine Art mit so hohen Ansprüchen an den „Kälte- erheblich und überwiegend unwiederbringlich reduziert. haushalt“ des Lebensraumes negativ betroffen werden. Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. (2009) zufolge wird das Areal natürli- Der ebenfalls, und in diesem Fall sogar als prioritäre Art nach cher Fichtenwälder der Hochlagen im Bayerischen Wald stark FFH-Richtlinie geschützte Hochmoorlaufkäfer (Carabus zurückgehen. Das abrupte Kahlfallen des „Hochwaldes“ durch menetriesi pacholei) bewohnt naturbelassene Moorgebiete Borkenkäfer-Kalamitäten dürfte sich auf einige Populationen mit Habitattradition. Zumindest in Ostbayern werden dabei der Art ungünstig ausgewirkt haben. Immerhin besteht Grund Moorwälder durchaus bevorzugt, während im Allgäu und zu der Hoffnung, dass sie solche ungünstigen Phasen in jenen in höheren Lagen eher offene Übergangs- und Quellmoore Teilgebieten ihres Vorkommens überdauern kann, wo Kaltluft- den Vorzugslebensraum darzustellen scheinen (Mü l l e r - geprägte Blockhalden ihr als Rückzugsraum zur Verfügung Kr o e h l i n g 2006b). Werden mit einem zu starren Leitbild stehen. Das war bei der Wiederholungsaufnahme (2004 zu naturnaher Moore, das zu stark auf offene Hochmoorwei- 2010) im zwischenzeitlich weitgehend durch Borkenkäferfraß ten fokussiert, Moorwälder gerodet, kann auch bei aktiven kahl gefallenen NWR „Markscheide“ zu beobachten. Naturschutzmaßnahmen das Habitat dieser Art geschädigt werden. Nachweisliche Habitatverluste hat die Art, auch in jüngerer Zeit, durch den Bau oder Ausbau von Skipisten erlitten. Da Wie viele Moorbewohner ist der Hochmoorlaufkäfer eine der Lebensraum nicht wiederherstellbar ist, sollten alle Zer- Art, die von einem wärmer werdenden Klima negativ betrof- störungen strikt vermieden werden. fen sein wird, vor allem in durch frühere Entwässerung vorgeschädigten Mooren. Die Klimahülle für diese Art auf Der Gruben-Großlaufkäfer (Carabus variolosus) hat Basis einer Vorkommens- und Literaturrecherche (aus im mitteleuropäischen Teil seines Areals (als Unterart Mü l l e r -Kr o e h l i n g et al. 2013, Abb. 3). zeigt, dass der

Abb. 3: Klimahülle des Hochmoorlauf- käfers (Carabus menetriesi pacholei); Mü l l e r -Kr o e h l i n g , En g e l h a r d t & Kö l l i n g 2013.

Fig. 3: Climate envelope for the Raised bog large ground (Carabus menetriesi pacholei); Mü l l e r - Kr o e h l i n g , En g e l h a r d t & Kö l l i n g 2013.

68 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Überschneidungsbereich zwischen den Ansprüchen der Art Kritische Anmerkungen zum Begriff „Hotspot“ sowie und den Klimabedingungen zukünftig kleiner wird. Damit die zur Frage genetischer Vielfalt Moore, die heute einen Lebensraum dieser vom Aussterben bedrohten Art darstellen, auch in einer Klimaerwärmung, und Deutschland liegt nicht in einem globalen Hotspot der v. a. in Trockensommern, weiterhin als Habitate fungieren Biodiversität. Der ursprünglich auf weltweite Biodiver- können, müssen gegebenenfalls die ursprünglichen hydrolo- sitätszentren bezogene Begriff wird neuerdings auch gischen Verhältnisse wiederhergestellt werden. für einzelne Waldgebiete oder sogar Waldbestände mit hoher Zahl nachgewiesener, seltener oder gefährdeter Arten in Deutschland oder Bayern verwendet. Da der 3.10 Zusammenfassung und Formulierung ursprüngliche Begriff sich auf natürliche Mannigfaltig- einer Schutzstrategie: keitszentren bezieht, mit einer oftmals extrem hohen natürlichen Artenausstattung (bspw. 200 Ameisenarten Zusammenfassend ergibt sich im Vergleich der Habi- auf einem einzelnen Baum im peruanischen Regenwald), tatgruppen ein Bild (Abb. 4), aus dem Buchenwälder, erscheint es wenig sinnvoll, den eingeführten Begriff auf deutsche Verhältnisse zu übertragen, da die hier festzu- stellenden unterschiedlichen Artenzahlen ja erstens in aller Regel eine Folge der Bewirtschaftungsgeschichte, und zweitens bei vielen Artengruppen auch heute noch eines inhomogenen Erforschungsstandes sind. Der Begriff bezieht sich eigentlich auf Mannigfaltigkeitszentren, die es in Bayern für manche Gruppen (z. B. die Sorbus-Arten) durchaus gibt. Wird er aber als „begriffliche Umwidmung“, für Häufungen seltener oder gefährdeter Arten in Gebie- ten verwendet, erfährt er einen Bedeutungswandel. Nicht ausreichend präzise Definitionen, ja missverständliche Begriffe erschweren die Zieldiskussion und Konsens- findung in Wissenschaft und Praxis. Ähnliches gilt für die Verwendung des Begriffs „Urwaldreliktarten“, wenn eigentlich Urwaldstrukturzeiger gemeint sind, die z. T. auf- Abb. 4: Vergleich der Wald-Hauptvorkommen der Wald-Verant- grund ihrer Ausbreitungsfähigkeit durchaus nicht reliktär wortungsarten, nach Artenzahlen und ihrer aktuellen verbreitet sind und schwerpunktmäßig in Parks und Alleen bayerischen Rote-Liste-Einstufung. Da nur Arten hoher vorkommen. und höchster Verantwortung (!, !!, rz) einbezogen sind, wurde hier auf eine weitere Differenzierung der Verant- Deutschland ist bedingt durch seine Eiszeitgeschichte wortungsstufen verzichtet. Jede Art ist nur einer Gruppe relativ arm an endemischen Arten. Viel mehr Endemiten zugeordnet (HLW = Hochlagenwald). weisen in Europa jene Regionen auf, die über eine län- gere, ungebrochene Zeit der Artentwicklung verfügen, wie Fig. 4: Comparison of the main habitat groups by their responsi- etwa Südalpen, Balkan-Halbinsel oder Karpatenbogen. bility species and their threat level according to the Red Diese Regionen sind es auch, allen voran wohl der West- Data Book. Since only species of high and highest res- balkan, aus denen nacheiszeitlich viele der Waldarten zu ponsibility (!, !!, rz) are included, a further differentiation uns zurückwanderten, ebenso wie die Buche. of these levels was not undertaken. Every species was only assigned to one of the habitat groups (HLW = high Endemische Taxa gibt es in Mitteleuropa vor allem auf elevation forest habitats). Ebene der Unterarten und Rassen. Obwohl beispielsweise Ko l b e (1907, 1912, 1917) eindrucksvoll dargelegt hat, wie es auch im Quartär in Abhängigkeit von der Lage der Hochlagen-Fichtenwälder und Feuchtwälder besonders Eiszeitrefugien und der Entstehungszentren der Arten im herausragen. Tertiär und davor zur Bildung von Unterarten und Rassen bei Laufkäfern kam, werden diese doch in der heutigen, Für 9,4 % der in Bayern heimischen 481 Laufkäfer-Arten angewandten Laufkäferkunde vielfach ignoriert oder für besteht eine Verantwortung zu ihrem Erhalt in Bayerns Wäl- nicht valide erklärt (vgl. das Beispiel Carabus menetriesi, dern einschließlich ihrer Sonderstandorte. Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006b). Dies, obwohl beispielsweise Elf (2,3 % der bayerischen Fauna) sind Arten der zonalen Ko c h & Th i e l e (1980) anhand des Pterostichus nigrita- Artkomplexes zeigen konnte, wie sich selbst äußerlich Wälder, der Buchenwald-Ökosysteme. Eine davon, deren sehr ähnliche Arten aufgrund der divergierenden Ent- Gefährdung aktuell schwer abzuschätzen ist, hat eine bereits wicklung ökologisch erheblich unterschiedlich verhalten natürlicherweise sehr beschränkte Verbreitung („R“) und ist können. Den Unterarten und Rassen sollte aber schon möglicherweise gefährdet. Die übrigen Verantwortungsarten deswegen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, weil dieser Habitatgruppe sind ungefährdet, bis auf eine, außer- sie Ausdruck der genetischen Vielfalt, und diese eine der halb der Alpen aktuell verschollene Art. Säulen der Biologischen Vielfalt (auch laut CBD) ist. Vierunddreißig (7,1 %) weitere Verantwortungsarten leben in Wäldern auf Sonderstandorten. Die meisten dieser Arten sind gefährdet, zum Teil sogar stark. Dies unterstreicht die hohe Bedeutung azonaler Waldgesellschaften (und ihrer offenen Kontaktbiotope) auf Sonderstandorten für die Artenvielfalt (Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2001). Hier, und nicht bei den zonalen Wäldern, muss aus Sicht der Verantwortung die höchste

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 69 AFSV Biodiversitätsforschung

Priorität für den Schutz der Wald-Artenvielfalt liegen. Es geht wesentlich größere Zahl endemischer Arten verfügen, ist um Arten der es aus wissenschaftlicher Sicht dringlicher, den verbleiben- den ursprünglichen Buchenwäldern in diesen Gebieten den ● Hochlagen-Nadelwälder, die allerdings oftmals auch ● höchsten Schutz angedeihen zu lassen (Wa l e n t o w s k i et al. im alpinen Offenland vorkommen. Die wenigen nicht 2010). Den relativ wenigen, an die Gruppe der Buchen- und in den Alpen, sondern nur im Mittelgebirge vorkom- Bergmischwälder gebundenen und bei uns auch gefährdeten menden Vertreter dieser Gruppe sind im Bezug auf Arten wird durch Ausweisung weiterer Großschutzgebiete den Klimawandel wahrscheinlich besonders ge- außerhalb ihres konkreten Vorkommensgebietes hingegen fährdet. Für sie ist ein gezielte Gefährdungsanalyse nicht geholfen. In den Teilen Bayerns (Ostalpenraum und und ggfs. ein spezifisches Monitoring zu empfehlen. Bayerischer Wald), wo sie ursprünglich vorkamen und auch ●● Au- und Sumpfwälder, mit einigen stark gefährdeten möglicherweise jetzt noch vorkommen, existieren bereits oder sogar vom Aussterben bedrohten Arten; für zwei Wald-Nationalparke. diese Arten ist der Erhalt oder die Wiederherstellung der natürlichen Hydrologie die entscheidende Der konsequente Schutz der Lebensräume auf Extremstand- Stellgröße orten, die in Naturwaldreservaten (völlig zu Recht!) bereits jetzt „überrepräsentiert“ sind, muss aus Sicht der weltweiten ●● Moorwälder, für die in Bezug auf die Hydrologie das- Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt höchste Prio- selbe gilt, während die naturnahe Moorbestockung rität haben. Dies kann aber auch die Ausweisung weiterer oftmals sogar weniger stark im Fokus aktiver Natur- Naturwaldreservate dieser Waldtypen bedeuten, wenn die schutz-Maßnahmen stehen sollte. Voraussetzungen hierfür gegeben sind.

●● Eichen-Wälder, wobei es in Bezug auf die Verantwor- Unter den Laufkäfern kann man – nach aktuellem Kenntnis- tung ganz vorrangig um primäre Eichenwälder auf stand - für folgende Arten sagen, dass sie als Arten mit hoher Pelosolen geht, und eine Nutzung dieser Wälder als Verantwortung eingestuft sind und (in Mitteleuropa5) in der Mittelwald keine entscheidende Rolle spielt. Regel nicht in normal bewirtschafteten Wäldern auftreten: ●● Schluchtwälder, mit relativ wenigen, aber hochspezi- alisierten Reliktarten. A) Arten ungenutzter zonaler Wälder normaler Standorte: Natürliche Störstellen und Kiefernwälder spielen mit je einer (Unter)Art ebenfalls eine, wenn auch untergeordnete Rolle. Pterostichus selmanni: Gerade die Art der Störstellen, der Bergwald-Sandlaufkäfer, ! Pterostichus selmanni roubali; Endemit der Böhmischen kann jedoch aufzeigen, dass es notwendig ist, viele Maß- Masse nahmen differenziert zu betrachten. Diese Art, die trockene, !! Pterostichus selmanni selmanni; Alpen sandig-lehmige Hänge mit geringer Vegetationsdeckung besiedelt, hat vom Wegebau und den dafür notwendigen B) Arten mit stark erhöhten Anforderungen an Kleinentnahmestellen im Mittelgebirge sicher profitiert. Andere Arten, wie der Gruben-Großlaufkäfer, der seine Vor- Urwaldstrukturen in Laubwäldern, wie insbeson- kommen in Feuchtwäldern am Hangfuß hat, die sich oftmals dere erhöhte Laubtotholzvorräte: aus topographischen Gründen besonders für eine Erschlie- ! Carabus irregularis ßung „anbieten“, hat in der Vergangenheit vielerorts durch Wegebaumaßnahmen und Lebensraum verloren oder ganze rz Pterostichus transversalis Vorkommen eingebüßt.

Der konsequente, sehr ernst genommene gesetzliche C) Arten extremer Sonderstandorte, in denen in der Schutz der Lebensräume auf Sonderstandorten und der sie Regel eine Nutzung weitgehend ausscheidet bzw. prägenden Standortsbedingungen durch Art. 6d(1), später allenfalls eine sehr schonende Nutzung mit Spezi- den Art. 13c BayNatschG und heute den direkt geltenden alverfahren (Seilbringung usw.) möglich ist: §30c BNatschG, und durch alle Beteiligten, ist die Basislinie für den Erhalt der Vorkommen der allermeisten Verantwor- !! Oreonebria castanea sumavica; Endemit der Böhmischen tungsarten. Dort, wo die Standortsbedingungen, v. a. die Masse Hydrologie nicht mehr intakt sind, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, möglichst naturnahe Verhältnisse !! Carabus variolosus nodulosus; Südbayern wiederherzustellen. !! Carabus menetriesi pacholei; Bayerischer Wald; Südwest- bayern; Südostbayern 3.11 Integration oder Segregation? Die beiden letzteren Arten sind Anhang-Arten der FFH-RL Die „zentralen Lage“ und der hohe natürliche Anteil am welt- (vgl. Mü l l e r -Kr o e h l i n g 2006a, b). Das Vorkommen erster Art weiten Areal von Buchenwäldern bedingt, dass es durchaus liegt in den Hochlagen des Bayerischen Waldes und daher zu einige Arten gibt, für die wir aus dieser Gruppe hohe Schutz- einem Großteil im Nationalpark Bayerischer Wald, bzw. den verantwortung haben, auch wenn darunter fast keine (Sub) FFH-Gebieten am Dreisessel und Arber. endemiten sind. Erfreulicher Weise sind darunter nur wenige Arten, die auch gefährdet sind, da die meisten Arten bei uns über eine ausreichende ökologische Plastizität verfügen, um 5 Da es in ganz Deutschland seit langem keine Urwälder mehr auch in Wirtschaftswäldern leben zu können. gibt, ist eine Aussage nur für Mitteleuropa einschließlich der verbleibenden Urwaldgebiete der Ostalpen und des Karpaten- Da Buchenwälder in anderen Teilen Europas über eine bogens möglich.

70 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) Biodiversitätsforschung AFSV

Forschungsbedarf u. a. besteht in folgenden Feldern: Fr i e d r i c h , H. (1993): Licinus hoffmannseggi Pa n z e r , 1797 – Bestätigt für die Rheinprovinz. Mitteilungen Arbeitsge- ●● Gefährdung und Schutzstrategien (v. a. auch im meinschaft Rheinischer Koleopterologen (Bonn) 3 (4): Lichte des Klimawandels) für Hochlagenbewohner 131-134. (ebenso sinnvoll wie auch für Gipfelendemiten der Hu b e r C., Ma r g g i , W. (2005): Raumbedeutsamkeit und alpinen Zone wie Trechus latibuli (vgl. Pa i l l & Ka h l e n Schutzverantwortung am Beispiel der Laufkäfer der 2009)) Schweiz (Coleoptera, Carabidae) mit Ergänzungen zur Roten Liste. Mitteilungen der Schweiz. Entomol. Gesell- ●● Bestandssituation und Gefährdung der montanen schaft 78: 375 -397. Arten mit disjunkter Verbreitung, wie v. a. mehrerer Hu b e r , C., Fr i t z e , M.-A., Mu s t e r , C. (2005): Über das Vorkom- Trechus-Arten, für die aus der jüngeren Vergangen- men von Oreonebria picea (De j e a n , 1826) in Deutschland, heit Nachweise aus Bayern fehlen. Österreich (Vorarlberg) und Liechtenstein. Ent. Bl. 101: ●● Unterart-Taxonomie, und mögliche (Unter)artberech- 107-114. tigung von in Bayern vorkommenden, subspezifischen Hu r k a , K. (1958): Versuch einer Zusammenfassung der mon- Taxa wie Oreonebria castanea sumavia, Carabus tanen Carabidenfauna von Krkonose (Riesengebirge). menetriesi witzgalli (incl. knabli) (Re i s e r 2006) oder Acta Faun. Ent. Mus. Prag. 3 (33): 31-53. des 2007 erstmals in Bayern und der gesamten Hu r k a , K. (1996): Carabidae of the Czech and Slovak Repu- Böhmischen Masse nachgewiesenen Leistus monta- blics. Kabourek, Zlin: 565 S. nus als möglicher subsp. nov. (Mü l l e r -Kr o e h l i n g , Hu r k a , K., Ru z i c k o v a , A. (1999): Classification of the Amara unveröff.) communis species aggregate based on the egg and larval stage characters. Acta. Socl. Zool. Bohem. 63: 451-461. Vor allem für die im Rahmen dieser Arbeit gutachterlich Ko l b e , H. (1907): Über die Elemente der Insektenfauna Deutsch- vorgenommenen Zuordnungen von Arten mit eher geringem lands. Ein kurzer Abriss. Ent. Wochenbl. 24: 2, 3, 6. Nachweisstand und ungenügendem Kenntnisstand in der Ko l b e , H. (1912): Glazialzeitliche Reliktfaunen im hohen Nor- Literatur werden weitere, gezielte Erhebungen zweifellos den. Dt. Ent. Z. 1912: 33-63. wichtige neue Erkenntnisse erbringen. Ko l b e , H. (1917): Studien über die Verbreitung und Herkunft einiger Artengruppen der Coleopteren-Gattung Carabus, besonders der intricatus-Gruppe. Dt. Ent. Z. 1917: 295- Literatur 321. As s m a n n , T. (1995): Laufkäfer als Reliktarten alter Wälder in Ku l t , K. (1949): Amara pulpani sp. n.a. nove spubspecie Nordwestdeutschland. Mitt. Dtsch. Ges. allg. angew. Ent. druhu rodu Pterostichus z CSR [Amara pulpani sp. n. and 10: 305-308. new subspecies of Pterostichus from Czechoslovakia]. Ap f e l b a c h e r , F., Ge i s s , G. (2006): Liste der Käfer des östli- Entomolgicke listy (Folia entomologica, Brno) 12: 77-88. chen Bayerischen Waldes. Der Bayerische Wald N.F. 20 La m p e , K.H. (1975): Die Fortpflanzungsbiologie und Ökologie (1-2): 3-44. des Carabiden Abax ovalis Df t . und der Einfluss der Bä r n t h o l , R. (2003): Nieder- und Mittelwald in Franken. Umweltfaktoren Bodentemperatur, Bodenfeuchtigkeit und Waldwirtschaftsformen aus dem Mittelalter. Fränkisches Photoperiode auf die Entwicklung in Anpassung an die Freilandmuseum, Bad Windsheim: 152 S. Jahreszeit. Zool. Jb. Syst. 102: 128-170. Bl a s c h k e , M., Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., Bu s s l e r , H. (2008): Lö s e r , S. (1972): Art und Ursachen der Verbreitung einiger Ergebnisse aus der Naturwaldforschung in Bayern: Vielfalt Carabidenarten im Grenzraum Ebene-Mittelgebirge. oder Einfalt in der Kiefer? AFZ/Der Wald 19: 1012-1014. Zool. Jb. Syst. 99: 213-262. Bo h a c , J. (2005): Brouci - strevlikoviti. In: Ku c e r a , T. (Hrsg.): Lo r e n z , W. (1992): Rote Liste der Laufkäfer Bayerns. Schrif- Cervena kniha biotopu tenr. Bayer. LfU 111: 100-109. (http://www.biomonitoring.cz/biotop_cerv_kn/texty/8/ Lu k a , H., Ma r g g i , W., Hu b e r , C., Go n s e t h , Y., Na g e l , P. (2009): texty/tax_skupiny/strevlikoviti_bohac.pdf). Coleoptera, Carabidae. Ecology-Atlas. Fauna Helvetica Bo h n , U., Go l l u b , G., He t t w e r , C., Ne u h ä u s l o v a , Z., Sc h l ü - 24: 677 S. t e r , H., We b e r , H. (2003, Bearb.): Karte der natürlichen Ma r g g i , W.A. (1992): Faunistik der Sandlaufkäfer und Lauf- Vegetation Europas (Erläuterungsband). Landwirtschafts- käfer der Schweiz, Teil 1 (Text). Documenta Faunistica verlag, Münster: 655 S. + Karten. Helvetiae 13: 1- 477. Bu s s l e r , H., Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2007): Käferarten als Ma y e r , Y., Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., Ge r s t m e i e r , R. (2006): Zeiger autochthoner Kiefernstandorte in Bayern. LWF Laufkäfer in Laubwäldern als Zeigerarten für die Bestand- Wissen 57: 52-56. stradition und die Naturnähe der Bestockung. Mitt. Fl a d e , M. (2000): Verantwortung des Artenschutzes in DGAAE. 15: 117-122. Europa. – LWF-Bericht 27: 93-101. Mo l e n d a , R. (2000): Zum Reliktstatus von Nebria castanea GAC (2009): Lebensraumpräferenzen der Laufkäfer Deutsch- und Pterostichus negligens. Acta Univ. Purkyn, Usti n. L. lands. Wissensbasierter Katalog. Angew. Carabidologie stud. biol. 4: 151-157. Suppl. 5: 1-45. Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2001): Welchen Lebensräumen Gr u t t k e , H., Lu d w i g , G., Sc h n i t t l e r , M., Bi n o t -Ha f k e , M., entstammt die heutige Artenvielfalt in Mitteleuropa (am Fr i t z l a r , F., Ku h n , J., As s s m a n n , T., Br u n k e n , H., De n z , O., Beispiel der Laufkäfer). Natur u. Kulturlands. 5: 99-109. De t z e l , P., He n l e , K., Ku h l m a n n , M., La u f e r , H., Ma t e r n , Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2005): Laufkäfergemeinschaften als A., Me i n i g , H., Mü l l e r -Mo t z f e l d , G., Sc h ü t z , P., Vo i t h , Zielartensystem für die nach Artikel 13d BayNatschG J., We l k , E. (2004): Memorandum: Verantwortlichkeit geschützten Waldgesellschaften und die Wald-Lebens- Deutschlands für die weltweite Erhaltung von Arten. In: raumtypen des Anhanges I der FFH-Richtlinie in Bayerns Gr u t t k e , H. (Bearb.): Ermittlung der Verantwortlichkeit Wäldern, unter Einbeziehung der natürlicherweise wald- für die Erhaltung mitteleuropäischer Arten. Naturschutz freien Sonderstandorte im Wald. - Abschlussbericht des u. Biolog. Vielf. 8: 273-280. Kuratoriumsprojektes V52 (LWF), Freising: 248 S.

Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013) 71 AFSV Biodiversitätsforschung

Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2006a): Laufkäfergemeinschaften Ri z u n V, Ch u m a k , V (2003) : Carabid Beetle Communities als Zielartensystem für geschützte Waldgesellschaften. (Coleoptera, Carabidae) in virgin beech forests of the Tagungsb. Forstwiss. Tagung Tharandt 20-22.9.2006: Ukrainian Carpathians. Vestnik zoologii. Suppl. N 16: 72. 114-120. Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2006b): Verbreitung und Lebens- Sc h ä f e r , P. (2005): Ein aktueller Nachweis von Amara pulpani raumansprüche der prioritären FFH-Anhang II-Art Kult, 1949 in Westfalen. Ent. Nachr. Ber. 49 (3-4): 226-227. Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetriesi pacholei) in Ost- Sc h a u b e r g e r , E. (1927): Pterosticus (Calopterus) selmanni bayern. Angewandte Carabidologie Suppl. 4: 65-85. roubali n. subsp. Beitr. Zur Kenntnis der paläarktischen Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2006c): Ist der Gruben-Großlaufkäfer Carabiciden. Ent. Anz. 7 (16): 177-178. Carabus (variolosus) nodulosus ein Taxon des Anhanges Sk o u p y , V. (2004): Strevlikoviti brouci Ceske a Slovenske II der FFH-Richtlinie in Deutschland? Waldökologie online republiky ve sbirce Jana Pulpana (Ground beetles of the 3: 57-62. Czech and Slovak Republics of Jan Pulpan’s collection). Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2007): Laufkäfer unterschiedlich Jan Farkač a Vladimír Skoupý v nakladatelství Public bewirtschafteter fränkischer Eichenwälder, unter beson- History,Praha, 213 pp. derer Berücksichtigung der Bedeutung von Mittelwäldern Tr a u t n e r , J. (1992): Zu Verbreitung und Habitat des Laufkäfers für die Biodiversität. Angewandte Carabidologie 8: Pterostichus (Haptoderus) unctulatus (Du f t s c h m i d , 1812) 51-68. und seinem Vorkommen in Baden-Württemberg. Mitt. ent. Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2008a): Laufkäfer, Zeigerarten für Ver. Stuttgart 27: 8 4 - 87. Naturnähe. LWF aktuell 63: 14-18. Tr a u t n e r , J., De t z e l , P. (1994): Die Sandlaufkäfer Baden- Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2008b): Kiefern-Naturwälder und Kie- Württembergs. Ökologie und Naturschutz 5: 1-60. fernforste. Laufkäfer als Naturnähezeiger. AFZ/Der Wald Tr a u t n e r , J., Mü l l e r -Mo t z f e l d , G., Br ä u n i c k e , M. (1996): Rote 19: 1015-1017. Liste der Sandlaufkäfer und Laufkäfer Deutschlands. Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2009): Endemische Laubwald-Lauf- (2. Fassung, Stand Dez. 1996). Naturschutz und Land- käfer in bayerischen Buchen- und Schluchtwäldern. LWF schaftsplanung 29 (9): 261-273. Wissen 61: 57-61. Tu r i n , H., Pe n e v , L., Ca s a l e , A. (2003): The Genus Carabus Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S. (2010): Laufkäfer. In: Wa l e n t o w s k i , H., in - A Synthesis. Pensoft, Sofia-Moscow: 511 pp. Bu s s l e r , H., Be r g e m e i e r , E., Bl a s c h k e , M., Fi n k e l d e y , R., Wa i t z b a u e r , W., Dr a p e l a , T., Ju s t , G., Sc h m i d l , C. (2003): Go s s n e r , M.M., Li t t , T., Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., Ph i l i p p i , Bodenlebende Arthropoden (Laufkäfer, Carabidae) G., Po p , V.V., Re i f , A., Sc h u l z e , E.-D., St r ä t z , C., Wi r t h , als Indikatoren für die Biodiversität naturnaher Wald- V. (2010): Sind die deutschen Waldnaturschutzkonzepte gesellschaften. Unveröff. Projektbericht im Auftrag adäquat für die Erhaltung der buchenwaldtypischen Flora Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Fauna? Eine kritische Bewertung basierend auf der und Wasserwirtschaft. Wien: 76 S. Herkunft der Waldarten des mitteleuropäischen Tief- und Wa l e n t o w s k i , H., Ew a l d , J., Fi s c h e r , A., Kö l l i n g , C., Tü r k , W. Hügellandes. Forstarchiv 81: 195 -217. (2006): Handbuch der natürlichen Waldgesellschaften Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., Wa l e n t o w s k i , H., Bu s s l e r , H. (2007): Bayerns. 2. Aufl., Geobotanica, Freising: 441 S. Waldnaturschutz im Klimawandel. Neue Herausforde- We i d e m a n n , G. (1971): Zur Biologie von Pterostichus metalli- rungen für den Erhalt der Biodiversität. LWF aktuell 60: cus. Faun.-Ökol. Mitt. 4: 30-36. 30-33. Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., Wa l e n t o w s k i , H., Bu s s l e r , H., Kö l l i n g , submitted: 02.12.2011 C. (2009): Natürliche Fichtenwälder im Klimawandel – reviewed: 13.01.2012 accepted: 27.01.2012 Hochgradig gefährdete Ökosysteme. LWF Wissen 63: 70-85. Autorenanschrift: Mü l l e r -Kr o e h l i n g , S., En g e l h a r d t , K., Kö l l i n g , C. (2013): Zukunftsaussichten des Hochmoorlaufkäfers (Carabus Stefan Müller-Kroehling, menetriesi) im Klimawandel. Waldökologie, Landschafts- Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft forschung u. Naturschutz 13: 73-85. Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz, 85354 Freising Mü l l e r -Mo t z f e l d , G., Tr a u t n e r , J., Br ä u n i c k e , M. (2004): E-Mail: [email protected] Raumbedeutsamkeitsanalysen und Verantwortlichkeit für den Schutz von Arten am Beispiel der Laufkäfer. Natur- schutz und Biologische Vielfalt 8: 173-195. Mü l l e r -Mo t z f e l d , G., Tr a u t n e r , J. (1994): Skalierungsvor- schläge für die Rote Liste der Laufkäfer Deutschlands. Insecta 3: 66 -77. Pa a r m a n n , W. (1966): Vergleichende Untersuchungen über die Bindung zweier Carabidenarten (P. angustatus und P. oblongopunctatus) an ihre verschiedenen Lebensräume. Z. wiss. Zool 174: 83-176. Pa i l l , W. (2003): Amara pulpani – eine valide Art in den Ost- alpen. Rev. Suisse Zool. 110 (2): 437-452. Pa i l l , W., Ka h l e n , M. (2009): Käfer. In: Ra b i t s c h , W., Es s l , F. (Hrsg.): Endemiten – Kostbarkeiten in Österreichs Pflan- zen- und Tierwelt: 627-718 und 766-783. Ri e c k e n , U., Fi n c k , P., Ra t h s , U., Sc h r ö d e r , E., Ss y m a n k , A. (2006): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands (2., fortgeschr. Fassung). Naturschutz und Biologische Vielfalt (BfN) 34: 318 S.

72 Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz 13 (2013)